Unglaublich, dieser Jesus - Christoph von Lowtzow - E-Book

Unglaublich, dieser Jesus E-Book

Christoph von Lowtzow

0,0

Beschreibung

Fünfundsechzig Prozent der deutschen Bevölkerung machen sich Sorgen um den Zustand der Demokratie. Siebzig Prozent halten die öffentliche Debatte für zunehmend hasserfüllt. Mit welchen Werten sind wir denn unterwegs? Sind es Werte, die vor allem auf Jesus zurückgehen? Christoph von Lowtzow, evangelischer Theologe, stellt Jesus konsequent als bewundernswerten, auch heute noch überzeugenden Menschen dar. Er vertritt die Ansicht, dass der Mann aus Nazareth zunächst nicht vor allem als gottähnlich gesehen werden sollte, sondern als Mensch unter Menschen, der uns ermutigt, seinem Beispiel zu folgen. Der Beschäftigung mit Jesus stellt er jeweils die Defizite unserer gegenwärtigen Gesellschaft gegenüber mit der Frage: »Welche Werte wären heute hilfreich?« Das Büchlein kommt in leicht lesbarer Sprache daher und kann dazu beitragen, den Sorgen um unsere Demokratie Ermutigung entgegenzusetzen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 95

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Christoph von Lowtzow

Unglaublich,dieser Jesus,

Seine Werte für unsereGesellschaft – jetzt!

Copyright: © 2019 Ana Lieven & Tom Lieven

Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

Softcover

978-3-347-61612-7

Hardcover

978-3-347-61662-2

E-Book

978-3-347-61663-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

„In Deutschland sorgt sich die große Mehrheit der Menschen um den Zustand der Demokratie und den aggressiven Ton in der Öffentlichkeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Robert Bosch Stiftung und der Organisation More in Common. Die Mehrheit (65 Prozent) der Befragten macht sich aktuell „häufig Sorgen um den Zustand der Demokratie“ und findet die öffentliche Debatte sei zunehmend hasserfüllt (70 Prozent).“

Hamburger Abendblatt vom 1. Juli 2021

Auch ich teile diese Sorge und möchte möglichst viele Menschen unserer Gesellschaft ermutigten, sich auf unsere demokratiefreundlichen, friedensstiftenden, das Leben hell machenden Werte zu besinnen. Sie gehen vor allem auf Jesus zurück, denn, in der Tat, unsere demokratische Kultur verdankt gerade ihm entscheidende Impulse. Indem ich ihn als Mensch darstelle, möchte ich dringende Wünsche an unsere Gesellschaft richten.

Annäherung an Jesus

Jesus war ein Mensch, kein Halbgott. Sonst wäre er eine Gestalt aus einem Märchen. Das ist er zweifellos nicht. Meines Erachtens kann er nur als Mensch auch heute noch faszinieren – und uns für seine Werte gewinnen. Man könnte Jesus als den wichtigsten Begründer unserer Kultur ansehen, obwohl es außer ihm auch andere Einflüsse auf unsere Tradition gab. Doch er war es, der die wichtigsten Fundamente dafür gelegt hat. Mir scheint jedoch, dass er aus den Werten unserer Gesellschaft derzeit zu sehr verschwunden ist. Verdunsten sie auf Nimmer-Wiedersehen? Ich möchte dazu beitragen, ihn in die gemeinsamen Werte unserer Gesellschaft gewissermaßen zurückzuholen. Wenn ich diesen Versuch mache, möge das nicht der bekannte „Tropfen auf dem heißen Stein“ sein, sondern ein kleiner Tropfen, der sich schließlich in einer großen Menge Wasser verteilt.

Man könnte behaupten, Jesus sei „eigentlich“ gar kein Mensch wie unsereins gewesen. Die Religions-Skeptiker unter meinen Leserinnen und Lesern werden mit dem Mensch-Sein Jesu allerdings kaum Schwierigkeiten haben. Sie fragen wahrscheinlich: Was soll er sonst gewesen sein, dieser Religionsstifter? Den anderen sei gesagt: Schon in einem sehr frühen Bibeltext, im Brief des Paulus an seine Gemeinde in Philippi (um 56), heißt es: „Er wurde einem Sklaven gleich, und er wurde ein Mensch dieser Welt und teilte das Leben der Menschen.“ Auch die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse gehen davon aus, dass er ein Mensch war, obwohl sie ihn außerdem als „Sohn Gottes“ bezeichnen.

Gläubigen Christen wird durch diese Feststellung nicht die Möglichkeit genommen, durch ihn dem „Göttlichen“ zu begegnen. Das Geheimnis, das Mysterium um ihn bleibt. Aber er war kein getarnter Halbgott, kein himmlisches Zwitterwesen, kein Zauberer, sondern ein Mensch. Diese „historische“ Betrachtungsweise fußt auf dem, was an evangelischen Fakultäten deutscher Universitäten seit Generationen gelehrt wird und sich immer wieder als überzeugend erweist.

Ein Mensch dieser Welt! Jesus hieß höchstwahrscheinlich auf aramäisch: Jeschua Bar Joseph, Jesus, Sohn Josephs. Dass er in Markus 6, 3 – rund vier Generationen nach seiner Kreuzigung – als „Marias Sohn“ bezeichnet wird, ist mit einiger Sicherheit bereits eine Benennung im Sinne der späteren Gemeindetradition. Sie machte Gott zum biologischen Vater Jesu. Deswegen durfte Joseph nicht als sein Vater gelten. Dass Joseph sein leiblicher Vater war, erweist sich – z.B. bei genauem Hinschauen auf seine Familie mit vielen Kindern – als einleuchtend. Und warum kann Jesus nicht – als leiblicher Nachkomme Josephs – „Sohn Gottes“ sein?

Das „Irdische“ an Jesus kommt im Neuen Testament auch dadurch zum Ausdruck, dass in Markus 6 seine vier Brüder namentlich aufgeführt werden. Schwestern erwähnt Markus ebenfalls, es müssen darum mindestens zwei gewesen sein. Jesus hatte also wenigstens sechs Geschwister. Die verbreitete Annahme, Jesus sei der einzige Sohn Marias geblieben, verdankt sich der schon früh einsetzenden Marienverehrung. Noch heute wird in der Katholischen Kirche teilweise an der „immerwährenden Jungfräulichkeit Marias“ festgehalten. Darum wurden die Geschwister Jesu von einigen Theologen zu seinen „Vettern und Kusinen“ gemacht. Aber auf die Bibel kann man sich damit nicht berufen. Schon in der Weihnachtsgeschichte, Lukas Kapitel 2, wird Jesus als „erster Sohn“ Marias bezeichnet. Das stimmt mit den von den Evangelisten aufgeführten Listen seiner Geschwister überein. Somit erweisen sich Joseph und Maria mit ihren mindestens sieben Kindern als eine „normale jüdische Familie“.

Bemerkenswert ist auch, dass Jesus in seiner Heimatstadt Nazareth als Zimmermann bezeichnet wurde, griechisch Téktoon, was damals etwa „Allround-Bauhandwerker“ bedeutete. Somit ist er in jungen Jahren offensichtlich in die Fußstapfen seines Vaters getreten.

Jesus war vermutlich rund dreißig Jahre alt, als er mit seiner Verkündigung und seiner Tätigkeit als Heiler begann. Es ist nicht überliefert, wie er davor gelebt hat. Höchstwahrscheinlich übte er den Beruf des Bauhandwerkers eine Zeitlang aus, sonst hätte man ihn in seiner Heimatstadt nicht so bezeichnet. Er konnte Lesen und Schreiben und hat vielleicht bei einem Rabbi den Tanach – unser „Altes Testament“ – studiert. Er wirkte als Vorleser in Synagogen. Die Evangelien berichten, dass er oft auf der Grundlage seiner Tanach-Kenntnisse mit seinen Gegnern diskutierte. Vielleicht gab es für ihn, schon in seinen frühen Jahren, Zeiten des Umherwanderns. Sehr wahrscheinlich gehörte er eine Zeitlang zum Kreis um „Johannes den Täufer“, denn wir wissen, dass er sich von diesem taufen ließ.

Es erweist sich als faszinierend und beglückend, Jesus nicht vergoldet oder übernatürlich zu sehen – nicht einmal seine „Wundertaten“. Letzteres mag manchen meiner Leserinnen und Leser am schwersten fallen. Ich werde den Versuch unternehmen, auch über diese Taten Plausibles und keineswegs „Ungläubiges“ zu sagen. Und ich finde, man geht beglückt und bereichert aus dieser Sichtweise hervor: „Unglaublich, dieser Jesus!“

Es ist mir wichtig, die Tatsache, dass Jesus ein Mensch war, schon zu Beginn dieses Büchleins fest zu verankern. Sonst kehren manche gläubigen Leserinnen und Leser – insbesondere beim Lesen des Abschnitts über Jesu Taten als Heiler – vielleicht nur allzu bald in die Gewohnheit zurück, ihn für einen Halbgott zu halten.

Folgerungen für unsere Gesellschaft

Wer genau hinsieht, bemerkt, dass sich in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft etwas verändert hat. Viele von uns dachten: Den Faschismus haben wir hinter uns. Stimmt das? Es stimmt vermutlich nur in der Hinsicht, dass er nicht genau in der Gestalt wiederkehrt, wie er sich in Deutschland und Italien einst breit gemacht hat – mit schrecklichen Folgen für fast die ganze Welt. Wenn wir darauf zurückblicken, schauen wir in einen bodenlosen Abgrund menschlicher Bosheit – neben „banalem“ berechnendem Handeln. Aber haben wir faschistisches Denken und Handeln deswegen wirklich hinter uns? Meinte nicht eine Mehrheit in Deutschland bisher, unsere Demokratie sei beinah unverwundbar, weil wir in den letzten Jahrzehnten gute Erfahrungen mit ihr gemacht haben? Dachte nicht auch eine Mehrheit von uns: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind – unbeirrt – eine vorbildliche Demokratie? Die meisten von uns ist dies durch das Agieren von Donald Trump fraglich geworden.

In unserer Westlichen Welt liebäugeln erschreckend viele Menschen mit autoritären Gesellschaftsformen. Sie haben zwar verschiedene Zielsetzungen und sind deswegen bisher nicht besonders schlagkräftig, aber wehe, wenn diese unterschiedlichen Hoffnungen und Zielsetzungen irgendwann wieder einmal in einer einzigen „Bewegung“ gebündelt werden! Diejenigen, die auf eine bittere oder aggressive Weise „denen da oben“ nichts Gutes – mehr – zutrauen, gesellen sich womöglich zu ihnen. Eine demagogische Zusammenfassung solcher Kräfte kann sich als äußerst gefährlich für unsere Demokratie erweisen. Wurde nicht gerade das von Donald Trump ins Werk gesetzt?

Wohlgemerkt, ich bin weder Kulturpessimist noch ein Evangelikaler. Ersterer hegt keinerlei Hoffnung für unsere Zivilisation. Letzterer will unsere Welt „retten“, weil sie – gemessen an der wörtlich verstandenen Bibel – angeblich auf dem falschen Weg ist. Ich denke in eine andere Richtung. Ich befürchte: Wir Bewohner des „Westens“ sind in der Gefahr, unsere gemeinsamen Werte zu verlieren. Sie sind es, die unser Miteinander und unsere Demokratie entscheidend tragen.

Ich stelle mir die ethischen Werte unserer Gesellschaft wie ein Spinnennetz vor. Es wird vor allem durch seine Mitte zusammengehalten. Verschwindet die Mitte oder wird sie schwach, zerreißt das Netz. Die geistige Mitte, ohne die eine demokratische Gesellschaft keinen Zusammenhalt hat, besteht aus den gemeinsamen traditionellen Werten der Menschen, die zu dieser Gesellschaft gehören. Eine Diktatur oder eine „gelenkte Demokratie“, etwa nach osteuropäischem Muster, versucht, ihren Bürgerinnen und Bürgern die von ihr gewünschten Werte – möglicherweise nach einer ersten Zustimmung von einem Teil der Bevölkerung – von oben aufzudrücken. Das kann z.B. der Nationalsozialismus sein, der Kommunismus oder – wie im heutigen Russland – eine sehr autoritäre enge Verbindung von aggressivem Nationalismus und Religion. Diese Gesellschaften haben jedoch keine von den Menschen freiwillig getragene gemeinsame Werte-Mitte, darum müssen sie mit gezielter staatlicher Propaganda, mit dem Niederhalten unerwünschter Meinungen, letztlich sogar mit Gewalt zusammengehalten werden. Sowie die teils verlogene Propaganda und die Gewalt nachlassen, zerfällt das System, entweder durch äußere Einwirkung oder durch die Auflehnung der Bevölkerung gegen seine Regierung und die von ihr vertretenen „Werte“. Es war beim Zusammenbruch des von der Sowjetunion geführten sogenannten Ostblocks zu erleben.

In einer Demokratie, die diese Bezeichnung verdient, sind die Bürger und Bürgerinnen ständig dabei, die Werte ihres Gemeinwesens zu „erzeugen“, denn ihr demokratischer Staat darf das nicht. Er soll in dieser Beziehung neutral sein, sonst verwandelt er sich nur allzu bald in ein autoritäres Gebilde. Die Vergangenheit, etwa in Gestalt des Nationalsozialismus, zeigt: Gemeinsame Werte für ein gutes Leben in einem friedlichen, nationalen und internationalen Miteinander, gehen schneller verloren, als manch einer glauben mag. Sie waren spätestens seit 1933 aus Deutschland verschwunden, bis wir Deutschen uns in der Bundesrepublik – nach anfänglichem Diktat durch die westlichen Alliierten – neu auf sie besannen.

Um welche Werte handelt es sich? Erstaunlich genug – sie gehören alle zur „Nächstenliebe“, wie sie Jesus verkündigt und vorgelebt hat:

- Hilfsbereitschaft,

- Zuhörwilligkeit,

- Verstehen-Wollen des anderen,

- gegenseitiger Respekt,

- Toleranz,

- Akzeptanz,

- Ehrlichkeit,

- Gerechtigkeit,

- Verantwortungsbewusstsein,

- Barmherzigkeit.

- Damit verwandt sind:

- Akzeptanz der Gleichbehandlung von Mann und Frau,

- unbedingte Liebe zu Kindern,

- die Freiheit, seine Überzeugung öffentlich zu äußern,

- die Freiheit der Berufswahl,

- die Freiheit, nach Belieben zu reisen,

- die Freiheit, Gruppen und Parteien zu bilden.

Jeder einzelne dieser Werte ist tatsächlich ein „Abkömmling“ der Nächstenliebe, wobei auch ein ursprünglich ferner Mitmensch oder ein Gegner zum Nächsten werden kann.

Oder wächst die Bereitschaft, andere ihre Meinung äußern zu lassen, etwa nicht letzten Endes aus der Nächstenliebe? Oder beruht die Gleichbehandlung von Frau und Mann etwa nicht auf der Nächstenliebe? Oder wächst ein gerechter Ausgleich vorhandener Güter nicht aus der Nächstenliebe?

Einer der frühen Nachfolger Jesu wird in zweierlei Hinsicht noch deutlicher. Der Apostel Paulus war überwältigt von der Erkenntnis, dass Jesus die Menschen von der Herrschaft jeden starren Gesetzes befreien könne – durch Glauben und Liebe.Und so schreibt er an die Galater, einer von ihm gegründeten Gemeinde in Kleinasien: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ Hier erscheint also, um das Jahr 55 – in „christlichem Zusammenhang“ – der uns heute so wichtige Wert Freiheit! Und auch die Gleichheit der Menschen wird von Paulus in diesem Brief ausdrücklich betont: „Es hat nichts zu sagen, ob ein Mensch Jude ist oder Nichtjude, ob im Sklavenstand oder frei, ob Mann oder Frau. Durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle ein