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Wofür UKW steht? Na, für Unsere kleine Welt natürlich. Leser der Nürnberger Nachrichten wissen, wovon die Rede ist, denn so heißt die seit Mai 2015 in jeder Montagsausgabe erscheinende Kolumne im Feuilleton. Und dieser Titel klingt nicht zufällig vertraut, ist doch ars-vivendi- Autor Ewald Arenz den Abonnenten des Blattes als Verfasser der beliebten Reihe Meine kleine Welt schon lange ein Begriff. An diesen Erfolg knüpft die neue Serie an, die sich - charmant und pointiert - um die Tücken des Familienlebens und den ganz alltäglichen Wahnsinn dreht. Der Clou daran: Ewald Arenz teilt sich die Kolumne mit seinen Geschwistern Sigrun und Helwig Arenz, die ebenfalls schriftstellerisch tätig sind. Kein Wunder also, dass Texte voller Witz und Esprit entstanden sind. Augenzwinkernd, ironisch, vergnüglich - und nun erstmals in einem Band versammelt. Eine Familie, drei Autoren: rund 40 Kolumnen der Geschwister Ewald, Sigrun und Helwig Arenz. Kongenial illustriert von Lu Tuong.
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Seitenzahl: 118
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Ewald, Sigrun & Helwig
Arenz
Unsere kleine Welt
Mit Illustrationen von
Tuong Vi Lu
ars vivendi
Vollständige eBook-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Originalausgabe (1. Auflage März 2016)
© 2016 by ars vivendi verlag GmbH & Co. KG, Bauhof 1, 90556 Cadolzburg
Alle Rechte vorbehalten
www.arsvivendi.com
Umschlaggestaltung: FYFF, Nürnberg, unter Verwendung einer Illustration von Tuong Vi Lu
Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag
eISBN 978-3-86913-709-4
Die meisten Geschichten erschienen vorab unter dem Kolumnentitel »Unsere kleine Welt« in den Nürnberger Nachrichten.
Verlag und Autoren danken Steffen Radlmaier und dem Verlagshaus Nürnberger Presse für die gute Zusammenarbeit.
Inhalt
Zärtliche Bande
Fernsehgebot
Umzug im Familienkreis
Familie im Schlepptau
Kleine Geschenke
Kleider machen Leute
Der Meister ruft
Kleine Lügen
Rock im Rachepark
Happy Mother’s Day
Reisen bildet …
Immer schön cool bleiben
Fahrradrevolution
Die böse Macht
Ab in den Urlaub
Dramatische Ironie
Kitsch
Reise nach Moskau
Kultur der Rache
Alle Tassen im Schrank
Der goldene Tod
Vorsorgeuntersuchung
Alle Rezensionen, die ich nie geschrieben habe
Darwin
Literarisches Hitzegewitter
Brüder und Heilige
Zynische Bonmots
Reformatoren
Träume
Outdoorwahn
Schwein gehabt
Rosenkrawallier
Maskenball
Explosive Literatur
Ironie zur Buchmesse
Ländliche Idylle
Sprunghafte Künstler
Himmlische Ruhe
Materie
Volkswirtschaftsweise
Friede auf Erden
Autor mit fünf Buchstaben
Femmes fatales
Fußball à la Beethoven
Friseur
Autoren und Illustratorin
Zärtliche Bande
Es war im Kaisersaal der Burg. Alle Nichtmusiker beim Empfang der ION versuchten so auszusehen, als hätte der Ministerpräsident sie persönlich eingeladen. Ich auch. Deshalb arbeitete ich mich geschickt in seine Richtung, als er zu reden begann, damit er mir zuwinken konnte, sobald er mich entdeckte. Ich hätte gerne noch konzentrierter zugehört, aber eine ausgesprochen hübsche, lockige Dame in roter Seidenbluse stand schräg vor mir. Im Gegensatz zu mir sah sie so aus, als wäre sie wirklich persönlich eingeladen worden. An ihrer Handtasche baumelte ein Notenschlüssel und ich rätselte, ob das ein geheimes Organistinnenabzeichen war, als mir so unvermittelt eine andere Dame ins Ohr flüsterte, dass ich zusammenfuhr. »Sie haben also wieder geheiratet!«, sagte die Stimme fast anklagend. Ich drehte mich zu ihr um. Wenn der Ministerpräsident die persönlich eingeladen hatte, sah ich schwarz für die Zukunft Bayerns. Sie war um die fünfzig, und ihr Outfit wies darauf hin, dass sie von Lennons Tod noch nicht erfahren hatte. »Was?«, fragte ich etwas fassungslos. »Wieso wieder verheiratet? Ich bin noch nicht einmal geschieden.« – »Die ist schon deutlich jünger als Sie?«, fuhr die Frau neugierig flüsternd fort, »aber ihre Krimis sind viel spannender!« Immerhin schien sie so viel Restsensibilität zu haben, dass sie merkte, wie sehr mich Zweifel an meinem literarischen Können trafen, und fuhr hastig fort: »Ich mag Ihre romantischen Sachen ja, aber die Krimis Ihrer Frau – wow!«
Der Ministerpräsident sprach eben von Tod und Verklärung, deshalb unterdrückte ich jede boshafte Antwort. Mir war jetzt klar, dass sie meine Schwester Katharina meinte, die aus nachvollziehbaren Gründen meinen Nachnamen trägt. Die Frau begann trotzdem, mir auf die Nerven zu gehen, denn die Organistin sah zu mir herüber und fand mich im intimen Gespräch mit einer anderen Frau, was, wie ich fand, missverstanden werden konnte. Aber die ließ nicht locker. »Und Ihr Sohn Jörg erst!«, schwärmte sie im lautesten Flüsterton, »sein erstes Buch ist richtig toll! Da müssen Sie aufpassen, dass er Sie nicht vom Sockel stößt, gell?« Jetzt reichte es! Für wie alt hielt die mich, wenn ich der Vater meines jüngsten Bruders sein sollte? Giftig und etwas zu laut sagte ich: »Meine Frau ist meine Schwester und mein Sohn mein Bruder!« Leider hatte der Ministerpräsident in diesem Augenblick eine Kunstpause gemacht, die von mir für alle vernehmlich gefüllt worden war. Nicht nur die Frau starrte mich entsetzt an. »Krank!«, flüsterte sie dann, während sie zurückwich. »Sie sind sehr krank!«
Tatsächlich fühlte ich mich plötzlich, als hätte ich Ebola. Um mich herum bildete sich ein komplett honoratiorenfreies Vakuum, und auch die schöne Organistin war verschwunden. Ich nehme an, im nächsten Jahr werde ich zur Internationalen Orgelwoche nicht mehr eingeladen. Wenn es so weitergeht, bleibt mir irgendwann nur noch die Familie. EA
Fernsehgebot
Es war wirklich kein Snobismus, dass ich die Frage: »Hast du gestern Germany’s Next Topmodel geschaut?« mit »Nein« beantwortete. Ich hätte sie auch verneint, wenn es um eine Sendung über Quantenmechanik gegangen wäre, und zwar einfach deshalb, weil mein Fernseher, seit ich umgezogen war, eher dekorative Funktionen erfüllte. Keine Ahnung, was ich falsch gemacht hatte, aber ich hatte keine Zeit, mich mit dem Problem zu beschäftigen, und überhaupt: Wer muss fernsehen, wenn er auch Deutschschulaufgaben korrigieren kann? Das ging so lange gut, bis der USA-Austausch unserer Schule vor der Tür stand. Für zwei Wochen würde Gina, Deutschlehrerin an unserer Partnerschule in Oregon, bei mir wohnen. »Sie schaut abends ganz gerne mal deutsche Serien an«, ließ mein Kollege Winnie beiläufig verlauten. Oha, dachte ich. Mein Fernseher empfing genau vier Sender, von denen einzig RTL II auch nur entfernt für den Konsum deutscher Fernsehserien geeignet war. Die anderen waren N 24, Eurosport und ein Verkaufssender für Haushaltswaren. (Kein Wunder, dass ich lieber korrigierte.) Nein, ehe Gina am Münchner Flughafen landete, musste etwas geschehen.
»Sie haben aber einen kleinen Fernseher«, kritisierte der TV-Techniker, als er mein Wohnzimmer betrat.
»Der ist schon größer als mein letzter«, erklärte ich halb verärgert, halb defensiv.
»Hm«, machte er. »Kabel oder Satellit?«
Nun war ich an der Reihe: »Hm«, murmelte ich unverbindlich. Ich bin ja wirklich für Emanzipation und so, aber es gibt Fragen, die muss eine Frau nicht beantworten können, finde ich.»Wo haben Sie denn diesen absurden Receiver her?«, wollte der Mann wissen, während er sich vor meinem Fernseher niederließ. »Der kann doch gar nicht funktionieren.« Ich druckste herum.
Schweigen. Mann kniet vor Maschine. Frau steht daneben und fühlt sich irgendwie unzulänglich.
»Haben Sie schon mal den Sendersuchlauf beim Fernseher durchgeführt?« Seine Stimme ließ erkennen, dass Frau sich nicht nur unzulänglich fühlte. Ich entschied, dass ich keine Würde mehr zu verlieren hatte, machte einen auf blond und lächelte süß: »Sendersuchlauf? Wie geht denn das? Ist das schwierig? Können Sie das für mich durchführen?«
»Klar. Das sind dann zwanzig Euro.«
Ich weiß nicht, ob Fernsehen dumm macht, aber es hat mich dumm dastehen lassen, was noch viel schlimmer ist. Deshalb konnte ich mir ein kleines, schadenfrohes Lächeln nicht verkneifen, als der Mann zwei Wochen später in meiner Sprechstunde in der Schule auftauchte.
»Was kann man denn da jetzt machen mit dem Jungen?«, wollte er wissen. »So kann das ja nicht weitergehen.«
»Weniger Ablenkung, mehr lesen.«
Er seufzte. »Das ist nicht so einfach. Der hängt doch die ganze Zeit am Handy oder vorm Fernseher. Den kriegt man da kaum weg.« Jetzt tat er mir fast ein bisschen leid.
»Wissen Sie was?«, schlug ich ihm freundlich vor. »Ich könnte ja bei Ihnen vorbeikommen und Ihren Fernseher richten. Wenn ich mit dem Sendersuchlauf durch bin, findet er nie wieder ein Programm, das er sehen möchte.« SA
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