Unternehmensziel Wohlbefinden - Ernst Fritz-Schubert - E-Book

Unternehmensziel Wohlbefinden E-Book

Ernst Fritz-Schubert

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Beschreibung

Heutzutage wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich nicht nur an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, sondern auch am Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu messen. Nur mithilfe einer Werte-Entwicklung und einer konsequenten werteorientierten Führung kann es gelingen, dass Arbeit nicht zur Last, sondern zur Lust wird. Der Autor beschreibt, wie das Unternehmen "engelbert strauss" seine Werte am Menschen ausrichtet und das Wohlbefinden jedes Einzelnen wichtig ist. Inhalte: - Unternehmenskultur verändern - Grundlagen der Wissenschaft zum psychologischen Wohlbefinden - Kriterien für eine wertebasierte Unternehmenskultur - Prinzipien einer mitarbeiterorientierten Führung - Modelle und Tools zur Stärkung der mitarbeiterorientierten Führung

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[5]Inhalt

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwort1 Die Unternehmenskultur verändert sich2 Unternehmen auf Sinnsuche2.1 Charismatische Sinnstifter gesucht2.2 Rahmenbedingungen für Sinnerleben schaffen2.3 Das Unternehmen als soziales System3 Grundlagen zum Unternehmensziel Wohlbefinden3.1 Unternehmen als Musterbrecher des konservativen Systemverständnisses3.2 Grundlagen der Forschung zum Wohlbefinden3.3 Die Bedeutung des Psychologischen Wohlbefindens3.4 Das Konzept des Flourishing3.5 Die Positive Psychologie und Martin Seligmans Verständnis von Flourishing3.6 Das europäische Verständnis des Flourishing3.7 Das Konstrukt der seelischen Gesundheit von Becker4 Die Bedeutung der Forschungsergebnisse für das Wohlbefinden in Unternehmen5 Wie kann das Unternehmensziel Wohlbefinden realisiert werden?5.1 Kriterien für eine erfolgreiche Implementierung einer wertebasierten Unternehmenskultur5.2 Prinzipien einer mitarbeiterorientierten Führung6 Das praktische Beispiel der engelbert strauss GmbH &Co. KG6.1 Aufmerksamkeitsfokussierung für Werte und Wohlbefinden6.2 Werte und Wohlbefinden auf der Agenda der Entscheidungsträger6.3 Ideen, Konzepte, Entscheidungen und Umsetzung von Werten7 Modelle und Tools zur Stärkung mitarbeiterorientierter Führung im Unternehmen7.1 Die Förderung der Selbstaktualisierung auf der Grundlage des Tetraedermodells7.2 Förderung der Selbstregulation durch den Wertekompass7.3 Die Förderung der Sinnfindung durch den Resonanzwürfel8 Zusammenfassung und AusblickLiteraturverzeichnisDer Autor
[1]

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Haufe Lexware GmbH & Co KG

[4]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-648-15738-1

Bestell-Nr. 10689-0001

ePub:

ISBN 978-3-648-15739-8

Bestell-Nr. 10689-0100

ePDF:

ISBN 978-3-648-15740-4

Bestell-Nr. 10689-0150

Dr. Ernst Fritz-Schubert

Unternehmensziel Wohlbefinden

1. Auflage, September 2021

© 2021 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © Stoffers Grafik-Design

Gestaltungskonzept/Design der Abbildungen: Rolf Schubert, Designer, Frankfurt am Main, [email protected]

Produktmanagement: Noé, Bettina

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

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[7]Vorwort

Ein Unternehmensziel Wohlbefinden mag auf den ersten Blick irritierend wirken, werden doch eher betriebswirtschaftliche Kennzahlen als Zielgrößen für Unternehmen definiert als das Wohlbefinden der in der Unternehmung Beteiligten. Tatsächlich besteht jedoch zwischen dem Wohlbefinden der Beschäftigten und den betriebswirtschaftlichen Zielen der Unternehmen ein enger Zusammenhang. Der Einfluss der Arbeit auf das Wohlbefinden aller an der Produktion oder Dienstleistung Beschäftigten ist beträchtlich. Einkommen, Gesundheit, Familie, Partnerschaft und Hobbys sind zwar wichtig, aber nirgendwo verbringen die meisten Menschen mehr Zeit als bei der Ausübung ihres Berufes. Dabei können sie ihr Tätigsein als Lust oder Last empfinden. Dies beeinflusst nicht nur ihre individuelle Gefühlslage, sondern betrifft auch ihr Arbeitsumfeld und das Arbeitsergebnis und damit die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Laut einer aktuellen Gallup-Untersuchung haben fast sechs Millionen Arbeitnehmer in Deutschland (16 Prozent) »innerlich gekündigt«, davon sind 650.000 wechselbereit und aktiv auf der Suche nach einem anderen Job. Die meisten Arbeitnehmer (69 Prozent) verrichteten Dienst nach Vorschrift (25,59 Millionen) und nur insgesamt 15 Prozent der Arbeitnehmer haben eine hohe emotionale Bindung an ihr Unternehmen und sind mit Herz und Hand dabei, wie es in der Gallup-Studie deutlich wird. (Tödtmann, 2019). Diese Zahlen machen deutlich, dass viele Mitarbeiter/-innen sich an ihrem Arbeitsplatz nicht wohlfühlen. Der dadurch entstehende volkswirtschaftliche Verlust wird jährlich mit über hundert Milliarden beziffert.

Gleichzeitig haben psychische Erkrankungen in den letzten zehn Jahren für die Arbeitswelt erheblich an Bedeutung gewonnen. Waren es früher vor allem Beschäftigungslose, die überproportional von psychischen Diagnosen betroffen waren, sind es im letzten Jahrzehnt die Berufstätigen, bei denen psychisch bedingte Fehlzeiten auffällig zunehmen. Die Gesundheitsstatistiken der Krankenkassen belegen, dass Krankschreibungen aufgrund psychischer Diagnosen vor allem seit dem Jahr 2006 kontinuierlich angestiegen sind. Innerhalb der DAK hat sich das Arbeitsunfähigkeitsvolumen aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht und depressive Episoden sind zur drittwichtigsten Einzeldiagnose bei Arbeitsunfähigkeit aufgestiegen (Statista Research Departement, 2020). Aber was können Arbeitgeber dafür tun, dass ihre Mitarbeiter/-innen glücklicher und zufriedener werden? In seiner Rede vor den Absolventen der Stanford-Universität hat es Steve Jobs vor fünfzehn Jahren auf einen einfachen Nenner gebracht: »Der einzige Weg, um wirklich zufrieden zu sein, ist, etwas zu tun, von dem du überzeugt bist, dass es eine großartige Arbeit ist.« Klar brauchen Beschäftigte materielle Anreize, aber nur, wenn für sie das »Warum« und das »Wozu« geklärt sind, weitet sich ihr Blick über den eigenen Nutzen hinaus auf die Unternehmung als ihren »sinnerfüllenden Lebensschauplatz«.

[8]Führungskräfte verfolgen deshalb nicht nur betriebswirtschaftliche Ziele, sondern sind zunehmend auch auf der Suche nach dem Purpose, dem Sinn des Unternehmens für Kunden, Mitarbeiter/-innen und Lieferanten. Das Bild vom »Homo oeconomicus«, des rational handelnden, nutzenorientierten Menschen, wird ergänzt durch neue Einsichten über die Motive, Bedürfnisse und Werte, die sein Verhalten bestimmen.

Im Unternehmen engelbert strauss GmbH & Co. KG, dessen Entwicklung in diesem Buch als praktisches Beispiel einen Schwerpunkt bildet, steht seit jeher der Mensch im Mittelpunkt. Alle Mitarbeiter/-innen arbeiten schon seit über 100 Jahren auf eine besondere Art zusammen. Firmengründer Engelbert und seine Frau Lina haben den besonderen Strauss Geist als Vorbilder durch ihre Persönlichkeiten ins Leben gerufen. Ihnen waren der familiäre Gedanke, die Werteorientierung und das Wohlbefinden jedes Einzelnen immer besonders wichtig. Sohn Norbert und Frau Gerlinde haben diese Einstellungen weiterentwickelt. Trotz der wachsenden Belegschaft haben sie es geschafft, die gelebte familiäre Unternehmenskultur aufrechtzuerhalten und für alle Mitarbeiter/-innen erlebbar zu machen. Steffen und Henning, die derzeitigen Geschäftsführer, leben den besonderen Strauss Spirit jeden Tag, deshalb ist es ihnen wichtig, diesen für alle greifbar und erfahrbar zu machen.

In den letzten Jahren ist das Unternehmen stark gewachsen, die Mitarbeiter/-innen verteilen sich räumlich immer mehr und weitere Standorte kommen hinzu. Um die neuen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, gilt es mithilfe der Orientierung an Werten die Flügel der Strausse zu stärken.

Mithilfe einer Werte-Entwicklung und der anschließenden Erarbeitung und Einführung einer konsequenten werteorientierten Führung soll die Basis für eine von Strauss-Werten geprägte Unternehmenskultur gestärkt werden. Im gemeinsamen Miteinander der Belegschaft steigert sich das Wohlbefinden jedes Einzelnen und dadurch gedeiht das gesamte Unternehmen.

Ausgehend von diesem Verständnis werden nachfolgend auf der wissenschaftlichen Grundlage der neueren Forschungen zum Subjektiven und Psychologischen Wohlbefinden und der seelischen Gesundheit Möglichkeiten aufgezeigt, wie diese im Unternehmenskontext umgesetzt werden können.

[9]1Die Unternehmenskultur verändert sich

Immer mehr Verbraucher möchten Produkte von Unternehmen kaufen, die für Belange eintreten, die ihnen wichtig sind, das gilt in Bezug auf Nachhaltigkeit, Klimawandel, soziale Gerechtigkeit oder auch für die Gender-Frage. In Zukunft werden Unternehmen, die nicht glaubhaft vermitteln, dass durch sie die Welt ein bisschen besser wird, um ihre Marktpositionen bangen müssen (Weiguny, 2019). Auch in der Mitarbeiterführung zeichnen sich marktbedingte Veränderungen ab. Klassischerweise wurden Unternehmen eher hierarchisch von oben nach unten gegliedert und transaktional geführt. Transaktionale Führung beschreibt die zielgerichtete Leitung von Personen innerhalb einer Organisation über transparente und rationale Tauschprozesse. Die Arbeitsergebnisse werden durch Lohn und Gehalt honoriert, also menschliche Leistung gegen Geld getauscht. Das unterstellte Menschenbild sieht einen rational handelnden Mitarbeitenden, der sich aus rein finanziellem Kalkül engagiert. Angesichts der veränderten Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmer wird es allerdings immer schwerer mit materiellen Leistungsanreizen geeignete und motivierte Mitarbeiter/-innen zu finden. Dazu kommt, dass die nachwachsende Belegschaft der sogenannten Generationen Y (Geburtsjahrgänge von 1982–1996) und Z (1997–2012) sehr selbstbewusst ist und nicht nur selbst Haltung zeigen möchte, sondern dies auch von ihren Führungskräften erwartet. Bei Google haben vor ein paar Jahren 20.000 Mitarbeiter/-innen die Arbeit niedergelegt, um gegen sexuelle Belästigung und für die »Me Too«-Bewegung einzutreten (Drösser, 2018). Beim Cloud-Anbieter Salesforce haben Hunderte Mitarbeiter/-innen ihren CEO aufgefordert, die Verträge mit der »Border Patrol Agency« aufzulösen, nachdem Familien an der Grenze zu Mexiko grausam getrennt worden waren. Das sind ganz neue Formen der Beteiligung der Belegschaft an Entscheidungsprozessen. Wenn die Beschäftigten bestimmen, mit wem sie Geschäfte machen und für welche Werte das Unternehmen steht, dann entsteht in diesen eine Art Mitarbeiter-Demokratie, die auch die Führungsebene betrifft. Die Unternehmensführung ist dadurch gefordert, z. B. für bestimmte Personengruppen einzutreten, aktiv den Klimaschutz zu fördern oder gesunde Lebensgewohnheiten zu fördern. Der Zeitgeist hat sich verändert.

Die Menschen sind heute individueller denn je. Jeder Einzelne besinnt sich mehr auf sich selbst und fragt sich, was zu ihm persönlich passt und was ihm weiterhilft. Die veränderte Anspruchshaltung insbesondere der jüngeren Generationen führt zu neuen Herausforderungen der Personalführung. Altbewährte und tradierte Führungskonzepte müssen neu überdacht und an die veränderten Bedingungen angepasst werden.

Berater und Coaches empfehlen den Unternehmensleitungen, ihre Rahmenkonzepte und konkrete Verhaltensweisen neu zu durchdenken und auf eine Belegschaft zu set[10]zen, die neben Lohn und Gehalt auch aus innerer Überzeugung und Verbundenheit im Unternehmen tätig ist.

Schnellcheck:

Verbraucher kaufen vermehrt von Unternehmen mit ethischen Grundsätzen.Führungskräfte müssen Stellung zu gesellschaftlichen Fragen beziehen.Für die Generation Y und Z braucht die Personalführung neue Konzepte.

[11]2Unternehmen auf Sinnsuche

2.1Charismatische Sinnstifter gesucht

Unter dem Begriff Purpose sollen Bedeutsamkeit und Sinn der beruflichen Tätigkeit in der Unternehmung vermittelt werden, die über das reine nutzenorientierte Streben hinausgehen. Die Führungskräfte sind deshalb gefordert, eine kollektiv sinnstiftende Beschreibung der Tätigkeit zu entwickeln, die die Mitarbeiter/-innen emotional anspricht und zu hoher Identifikation und Motivation führt (Babcock-Roberson & Strickland, 2010). Um die tiefgreifenden Veränderungen im Denken und Handeln der Mitarbeiter/-innen zu erreichen, soll eine charismatische Führung immer wieder dazu anregen, bestehende Denkmodelle, Normen und Sichtweisen infrage zu stellen.

Charismatische Leader verfügen über großes Selbstvertrauen und strahlen das aus. Sie haben eine klare Vorstellung von der Zukunft ihrer Organisation. Durch ihre starken kommunikativen Fähigkeiten finden sie zudem die richtigen Worte und Symbole, um ihre Erwartungen an die Mitglieder der Organisation nachhaltig zu vermitteln. Dabei setzen sie auf ihre Vorbildfunktion und überzeugen die Zuhörerschaft nicht nur rational, sondern auch emotional.

Apple-Gründer Steve Jobs wird folgender Satz zugeschrieben: »Menschen müssen durch Ideen überzeugt werden, nicht durch Hierarchien.« Larry Page, Elon Musk, Mark Zuckerberg und viele andere Unternehmer versuchen deshalb ihre Mitarbeiter/-innen und Kunden für neue und unbekannte Visionen zu begeistern. So sollen private Missionen im Weltall neue Horizonte eröffnen. Mit Facebook können Menschen aus verschiedenen Kulturen näher zusammenrücken und mit Google kann das Wissen weltweit erweitert werden. Alle genannten Visionen sollen direkt oder indirekt »sinnstiftend« einen Beitrag für eine bessere Welt leisten.

2.2Rahmenbedingungen für Sinnerleben schaffen

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass der Sinn im Leben subjektiv ist und sich im Laufe der Zeit verändern kann. Der Sinn wird deshalb nicht gestiftet, sondern von jedem Einzelnen auf seine individuelle Art und Weise gefunden. Junge Mitarbeiter/-innen finden ihren Sinn auf andere Weise als langjährige Betriebsangehörige oder ältere Mitarbeiter/-innen. Auch Männer und Frauen haben unterschiedliche Zugänge bei der Sinnfindung. Zudem gilt es, die private und familiäre Situation zu berücksichtigen, um auf das Sinnerleben in der Familienplanung oder in der Pflege von Angehörigen einzugehen.

[12]Unternehmen können deshalb bestenfalls Rahmenbedingungen schaffen, die das Sinnerleben für Mitarbeiter/-innen und Konsumenten ermöglicht. Um dies zu erreichen, müssen sie sich ihrer Verantwortung als Treiber wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungsprozesse bewusst werden. Als bedeutsame Akteure auf den Märkten befriedigen sie nämlich nicht nur materielle Bedürfnisse, sondern übersetzen die hinter diesen Bedürfnissen stehenden individuellen und kollektiven Wünsche und Sehnsüchte in konkrete Produkte und Dienstleistungen. Mit diesem Potenzial können sie Haltungen und Einstellungen der Belegschaft und der Verbraucher beeinflussen. Mit ihren finanziellen und personellen Ressourcen sind Unternehmen darüber hinaus in der Lage, nachhaltige Veränderungsprozesse in Wirtschaft und Gesellschaft anzustoßen. Unternehmen könnten somit quasi als Pioniere mit einer systemischen Brille Kosten, Nachfrage und Produkte als Aktionsparameter betrachten, um damit die Ziele eines im Unternehmen vereinbarten Wertekonsenses zu realisieren.

2.3Das Unternehmen als soziales System

Galt das Unternehmen in der Vergangenheit als ein vorwiegend ökonomisch-technisches Gebilde mit dem betriebswirtschaftlichen Ziel, die Produktionsfaktoren Mensch, Betriebsmittel und Werkstoff optimal zu kombinieren, so steht jetzt eine komplexere Betrachtungsweise im Vordergrund. Neben der berechenbaren optimalen Kombination der Produktionsfaktoren gilt es, eine Vielzahl von internen und externen Einflussgrößen zu berücksichtigen. Dabei muss auch das Bild eines Mitarbeiters als »Homo oeconomicus«, der rational handelt und quantitativ messbar ist, angepasst werden.

Im Verständnis des Unternehmens als wirtschaftliches und soziales System werden die Beschäftigten als selbstbestimmte Individuen betrachtet, die im Produktionsprozess qualitativ und quantitativ miteinander agieren, um den Bestand und die Weiterentwicklung der gesamten Unternehmung zu stützen. Das gelingt, wenn jeder Einzelne die Aktivitäten für sich und die übrigen Beteiligten des Systems als tauglich bzw. sinnvoll bewertet (Luhmann, 1984). Im Sinne Luhmanns würden an die Stelle konservativer, hierarchischer Führungsstile und positionsgebundener Weisungsmacht ein aufgabenorientiertes Organisationssystem treten, das als »Supportive Leadership« die einzelnen Mitarbeiter/-innen fördert und selbstorganisierte Teams unterstützt, um durch optimalen Ressourceneinsatz und effiziente Prozesssteuerung die komplexen Aufgabenstellungen zu lösen und die vereinbarten Ziele zu realisieren (Kammel & Hentze, 1996). Das Unternehmen würde so selbst zu einem sozialen System, in dem auf unterschiedlichen Ebenen gemeinschaftliche, individuelle und unternehmerische Werte und Ziele gefunden und realisiert werden. Diese systemorientierte kollektive Sichtweise würde dadurch zugleich auch die lösungsorientierte Zusammenführung unterschiedlicher ökonomischer, institutioneller und ökologischer Interessen ermöglichen und die Identifikation der Mitarbeiter/-innen mit dem Unternehmen fördern.

[13]Eine solche Form von Führung als Leadership steht im Kontrast zu einem Verständnis des nutzenmaximierenden Managements, das nicht das Beste, sondern das Meiste aus Mensch und Organisation herausholen möchte. Untersuchungen belegen, dass ein solches Führungsverständnis den Unternehmenserfolg erhöhen kann. Eine Studie des Bundesarbeitsministeriums belegt, dass eine mitarbeiterorientierte Unternehmensführung bis zu 31 Prozent des Unternehmensgewinns ausmacht. Die Studie weist auf den signifikanten Zusammenhang zwischen Mitarbeiterengagement und Unternehmenserfolg hin (Hauser, Schubert & Aichner, 2006).

Diese besonders engagierten Mitarbeiter/-innen sind loyal, lern- und leistungsbereit, übernehmen Verantwortung, beweisen Teamgeist, denken unternehmerisch und arbeiten diszipliniert an der Umsetzung der Unternehmensziele. Dass solche Mitarbeiter/-innen keine Wunschvorstellungen bleiben, sondern Realität werden, setzt voraus, dass sich der Horizont des unternehmerischen Handelns erweitert. Es reicht nicht, von einer rein nutzenorientierten Anpassung an die Marktgegebenheiten auszugehen. Vielmehr verlangt es von allen Beteiligten eine positive und menschenorientierte Grundhaltung sowie eine systemische Sicht auf das Unternehmen in seiner Komplexität und auf seine Rolle in der Gesellschaft.

Schnellcheck:

Charismatische Leader haben Visionen, sind kommunikativ und sind Vorbilder.Sinn wird nicht gestiftet, sondern von jedem Einzelnen gefunden.Unternehmen müssen Rahmenbedingungen für die Sinnfindung schaffen.Aufgabenorientierte Organisationssysteme statt hierarchischer Führung.Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Mitarbeiterorientierung und Unternehmenserfolg.

[15]3Grundlagen zum Unternehmensziel Wohlbefinden

3.1Unternehmen als Musterbrecher des konservativen Systemverständnisses

Die Erweiterung des Blickwinkels vom nutzenmaximierenden Management hin zu einem Leadership, das die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten am Wertschöpfungsprozess der Unternehmung berücksichtigt und zusammenführt, ist nicht einfach. Solche Veränderungen brauchen unternehmerischen Mut und Engagement, denn bestehende Regeln, Normen und Weltanschauungen des traditionellen soziotechnischen Regimes geben eine stabile Struktur vor, die Sicherheit verspricht und deshalb systemerhaltend wirkt. Umso wichtiger ist die Bedeutung der Pionierarbeit einzelner Unternehmen, die mit Experimenten kleinschrittig die Vorzüge einer veränderten Unternehmenskultur dokumentieren. Dafür bieten sich vielfältige Möglichkeiten. Durch beispielhafte Unternehmenskultur, mitarbeiterorientierte Führung, Nachhaltigkeitskonzepte oder innovative Produkte und Dienstleistungen können Unternehmen erfolgreiche Alternativen zu dominierenden Produktions- und Konsummustern schaffen. »Damit ein Ausscheren aus der kulturell verankerten Praxis möglich wird, müssen die Übergänge niedrigschwellig und kleinschrittig sein. Es geht um Beispiele, um übertragbare Projekte, die von Pionieren/-innen geschaffen werden und ausstrahlen« (Adler & Schachtschneider, 2010). Vielleicht meinte Dieter Zetsche diesen Pioniergeist, als er bei seiner Verabschiedung 2019 in seiner »letzten Bilanz« seinem Nachfolger zurief, dass er die Suche nach dem Purpose, die Frage nach dem Sinn, vollenden solle. Was er wirklich damit meint, darüber lässt sich sicherlich streiten. Dennoch fördern die Rufe nach Purpose seitens vieler Unternehmensleitungen zumindest den längst fälligen Diskurs über die Notwendigkeit eines an immateriellen Werten orientierten Handelns in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Zeit scheint reif zu sein, eigenes und gesellschaftliches Handeln nicht nur über Quantifizierung von Gewinn, Lohn und Preis zu definieren, sondern die vielfältigen Handlungsmöglichkeiten der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter/-innen als Quelle von Wohlbefinden und Zufriedenheit zu ergründen. Unverkennbar wächst nicht nur in der Jugend und in extremen Gruppierungen, sondern auch in Politik und Gesellschaft allmählich das Bewusstsein, dass die ökologischen Grenzen des materiellen Wachstums längst überschritten wurden und eine Umkehrung dringend geboten ist. Es mehren sich die Stimmen, die den Erfolg einer Unternehmung nicht nur an ökonomischen, materiellen Maßstäben und die Lebensqualität eines Landes nicht nur über das Bruttoinlandsprodukt und die damit verbundenen pekuniären Größenordnungen definieren möchten. Offensichtlich machen immer mehr materieller Besitz und Geld die Menschen nicht glücklicher, sondern unzufrieden. Das führt zu den Fragestellungen: Welche Bedürfnisse haben [16]Menschen wirklich und wie können sie ihre Bedürfnisse tatsächlich befriedigen? Und was hat das Ganze mit Wohlbefinden zu tun?

3.2