Vampires of New York 6 - Stefania Blackthorne - E-Book

Vampires of New York 6 E-Book

Stefania Blackthorne

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Beschreibung

Mysteriöse Morde geschehen in der Stadt - und es trifft immer das Oberhaupt eines Clans. Zunächst wird Carlita ermordet aufgefunden, danach Keira. Als Kate Smith getötet wird, beschuldigt Kahtryn Lara, dass sie für deren Tod verantwortlich ist, da sie angeblich Zeugin des Mordes an ihrer Schwester war. Lara beteuert ihre Unschuld. Als noch mehr merkwürdige Dinge geschehen, für die sie verantwortlich gemacht wird, beschleicht Lara allmählich eine Ahnung:  Jemand, der ihr bis aufs Haar gleicht, ist für das Chaos in der Stadt verantwortlich. Und diese Person ist niemand Geringeres als Alicandra, ihr dunkler Zwilling.   Lara ahnt nicht, dass ihre schwerste Herausforderung bevorsteht...

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Stefania Blackthorne

Vampires of New York 6

Dunkler Zwilling

Texte: © Copyright by Stefania Blackthorne Umschlag: © Copyright by Stefania Blackthorne www.deviantart.com/blacklady999 Models: Shutterstock Hintergrund: AshenSorrow Designs BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Vampires of New York 6 - Dunkler Zwilling

Vampires of New York 

Band 6 

 

~Dunkler Zwilling~

Prolog

 

Prolog

 

Alicandra

 

Die Unterwelt

 

Alicandra saß zur Rechten der Göttin Ereshkigal und trotzte ihrem Schicksal. Viel zu lange schon harrte sie hier unten aus – so viele Jahrhunderte bereits! Und das nur, weil Lilith sie verraten hatte! Lilith, die einst ihre engste Gefährtin gewesen war. Mit ihr zusammen hatte sie ganze Dörfer ausgelöscht, sich am Blut von Menschen und Kindern bereichert. Beinahe hatten sie es geschafft, sich die Welt der Sterblichen zu unterwerfen. Doch dann war diese verdammte Hekate aufgetaucht und hatte Lilith an ihren Schwur gebunden! Aber Alicandra war damit niemals einverstanden gewesen. Sie war die Oberhäuptin des Schatten Clans gewesen und sie hatten sich niemandem unterworfen – weder Lilith, noch irgendeiner Gottheit! Mit Ausnahme von Ereshkigal, der Unterweltgöttin, der Alicandra immer treu gedient hatte. Sie war zu Lebzeiten ihre Hohepriesterin gewesen und stand in ihrer Gunst. Wie sie selbst, war Ereshkigal furchtlos. Die Unterwelt war ihr Reich, über das sie herrschte. Sie entschied über Tod und Wiedergeburt. So hatte Ereshkigal auf Alicandras Wunsch hin, ihre Seele gespalten und einen Teil in die Zukunft geschickt, wo sie wiedergeboren werden sollte. Seit jenem Tag wandelte Alicandra als halbes Seelenwesen durch die Unterwelt – und ihr größter Wunsch war es, sich mit dem anderen Teil ihrer Seele wieder zu vereinen! Doch dazu musste sie die Unterwelt verlassen. Und das konnte sie nicht. Nicht solange Lilith ebenfalls noch hier unten weilte – auf welcher Ebene auch immer sie sich befand. Diese verdammte Lilith hatte Alicandra vor Jahrhunderten mit einem Fluch belegt, weil sie aufständisch gewesen war. Sollte Lilith sterben, so starb auch sie. Und als Lilith der Hexenverbrennung zum Opfer fiel, war auch Alicandras Schicksal besiegelt.

Mit einem Seufzer verließ sie den Platz neben Ereshkigal und den Palast aus Lapislazuli, in dem die Göttin hauste. Alicandra trat nach draußen. Hier war alles düster, der Boden steinig, Bäume mit verdorrten Zweigen kreuzten ihren Weg. Wie lange schon hatte sie die Schönheit der menschlichen Welt nicht mehr erblickt, wie lange schon keinen Vollmond mehr betrachtet oder die Brise des sanften Nachtwindes verspürt. Oder den Geschmack warmen, menschlichen Blutes geschmeckt...

Als Alicandra weiterlief, erregte plötzlich ein vorbeihuschender roter Haarschopf ihre Aufmerksamkeit. Sie hielt inne und blickte sich um. Lilith! Kein Zweifel! Wohin wollte sie? Unauffällig folgte Alicandra ihr und stoppte an einem verdorrten Baum, hinter dem sie hervorlugte. Einige Meter vor ihr stand Lilith und vor ihr hatte sich soeben ein Portal geöffnet. Was ging da vor sich? Wollte Lilith etwa aus der Unterwelt entwischen? Wer hatte ihre Seele beschwört?

Nein, meine Liebe! Du gehst nicht ohne mich in die Welt der Sterblichen zurück!, dachte Alicandra bitter.

Als Lilith durch das Portal trat, folgte Alicandra ihr unauffällig, bevor es sich wieder schließen konnte...

Kapitel 1

 

Kapitel 1

 

Keira

 

Keira wandelte durch die dunklen Gassen Manhattans. In ihr tobte der Hunger nach Blut – oder war es die Wut, die tief in ihr brodelte? Ihre Rachepläne an Kate und Kathryn Smith waren gescheitert und Darlas Tod blieb weiterhin ungerächt! Dazu kam, dass Carlita vor einigen Nächten tot aufgefunden worden war. Ihr ganzer Körper war ausgetrocknet, als sei sie mumifiziert worden. Es war ein Rätsel, wie das passiert war. War Carlita in ein derart tiefes Loch gefallen, dass sie sich dazu entschieden hatte, kein Blut mehr zu sich zu nehmen und zu sterben? Die Oberhäuptin des Draconian Clans hatte all ihre Gefährtinnen im Kampf gegen Hekate und den Black Moon Clan verloren. Und nun, da Carlita ebenfalls tot war, war der Draconian Clan ein für alle Mal ausgelöscht.

Keira musste nicht lange nach einem Opfer für sich suchen. Ein junges Mädchen kreuzte ihren Weg, deren Gedanken sie manipulierte, damit sie nicht um Hilfe schrie. Als Keira satt getrunken war, ließ sie das Mädchen gehen, nachdem sie ihre Erinnerungen daran ausgelöscht hatte, was eben passiert war. Keira leckte sich die Blutreste aus den Mundwinkeln. Als sie sich umdrehen wollte, um ihren Weg fortzusetzen, fuhr sie unwillkürlich zusammen. Vor ihr stand Lara. Keira hielt sich die Brust und stieß scharf die Luft aus. Lara lächelte ihr entgegen.

"Hallo, Keira."

Keira beäugte sie argwöhnisch. Was wollte sie? Und warum war sie so überfreundlich? Wollte sie Keira etwa verspotten, weil sie wieder einmal gescheitert waren?

"Was willst du von mir?", erwiderte Keira schnaubend.

Lara hob fragend die Brauen.

"Wieso so unfreundlich, Keira?"

"Seit wann reden wir miteinander?", gab die Oberhäuptin des Dark Blood Clans unwirsch zurück. "Willst du mir unter die Nase reiben, dass wir den Kampf gegen euch verloren haben? Das kannst du dir sparen!"

Keira stampfte wütend an Lara vorbei.

"Nein, das möchte ich nicht", hörte sie Lara hinter ihr sagen.

Keira hielt inne und warf stirnrunzelnd einen Blick nach hinten über ihre Schulter.

"Was dann?"

Lara lief langsam auf sie zu und lächelte geheimnisvoll.

"Ich möchte etwas Anderes von dir, Keira."

"Was?"

Ehe Keira sich versah, packte Lara sie an den Schultern und schleuderte sie blitzschnell gegen eine Wand. Keiras Körper prallte daran ab und sie blieb bäuchlings auf dem Boden liegen. Sie keuchte und versuchte, sich wieder aufzurichten. Was zum Teufel fiel ihr eigentlich ein? Keira fixierte Lara vernichtend.

"Du willst kämpfen?!"

Lara lächelte noch immer geheimnisvoll – und es lag ein Hauch von Bösartigkeit darin. So hatte Keira sie noch nie zuvor gesehen. Was war mit Lara los? Was für ein Problem hatte sie? Und warum war sie auf einmal so stark? Lara ging in die Hocke und beäugte Keira herausfordernd.

"Nein...."

Keira konnte kaum reagieren. Plötzlich fiel Lara über sie her und wirbelte sie herum, sodass sie unter ihr auf dem Boden lag. Sie kauerte auf ihr und drückte ihre Schultern zu Boden. Keira versuchte, sie von sich zu stoßen, doch sie schaffte es nicht. Lara war viel zu stark.

"Hör auf dich zu wehren. Das wird dir nichts bringen", meinte Lara mit einem süffisanten Grinsen.

"Lass mich verdammt noch mal los!"

"Das werde ich. Aber erst, wenn ich mir das geholt habe, was ich von dir möchte"

Keira blickte sie verständnislos an.

"Was willst....!"

Sie konnte ihren Satz nicht mehr zu Ende sprechen. Lara hatte ihre Reißzähne in ihre Halsschlagader gejagt und begann, von ihrem Blut zu trinken. Keira war nicht in der Lage, sich dagegen zu wehren. Mit jedem Tropfen, den Lara aus ihr saugte, fühlte Keira, wie sie schwächer und schwächer wurde – bis auf einmal alles um sie herum in Finsternis versank....

 

 

 

Alicandra

 

Alicandra ließ von Keiras Hals ab. Der Körper der Dark Blood Oberhäuptin war vollkommen ausgetrocknet und fahl, nachdem sie all ihr Blut getrunken hatte. Alicandra seufzte zufrieden. Eine weitere Blutlinie floss nun durch ihre Adern. Vor kurzem hatte sie das Blut von Carlita, der Oberhäuptin des Draconian Clans, in sich aufgenommen, welches ihr übernatürliche Stärke verliehen hatte – und nun hatte sie sich des Blutes des Dark Blood Clans bemächtigt. Es strömte wie flüssiges Feuer durch ihre Venen. Das war die Wut des Dark Blood Clans, die Alicandra nun ihr Eigen nennen konnte.

Sie erhob sich von Keiras ausgedörrtem Leichnam und schenkte ihr einen letzten Blick.

"Ich wünsche angenehme Träume", murmelte sie und schritt durch die Nacht davon.

 

 

 

Shadow

 

Lara

 

Adrian umfasste meine Hüften und hievte mich auf seinen Schreibtisch. Wir küssten uns leidenschaftlich, während ich meine Arme um seinen Hals schlang.

"Am liebsten würde ich dich hier und jetzt auf dem Tisch nehmen, Lara", raunte er in mein Ohr. Seine raue, düstere Stimme jagte mir eine wohlige Gänsehaut über den Körper.

"Was hält dich davon ab?", erwiderte ich schelmisch.

Ein spitzbübisches Grinsen umspielte Adrians Lippen.

"Eigentlich gar nichts."

Unsere Lippen trafen sich erneut. Während ich mich nach hinten auf dem Tisch zurückfallen ließ, zog ich ihn sanft mit mir, sodass er auf mir lag. Seine Hände wanderten zum Saum meines schwarzen Minikleides und schoben es über meinen Hintern nach oben. In diesem Moment klopfte es an der Tür. Adrian ließ von mir ab und stieß genervt die Luft aus.

"Ja, bitte?!", rief er und ich konnte sehen, wie er die Augen verdrehte.

"Ich bin es! Sasha!"

Während Adrian zur Tür lief, erhob ich mich vom Tisch und schob mein Kleid wieder zurecht. Als Sasha eintrat, fiel mir sofort ihr besorgter Gesichtsausdruck auf.

"Was ist passiert?", fragte ich sie.

"Keira ist tot", erwiderte sie. "Sie wurde in demselben Zustand wie Carlita vor einigen Nächten aufgefunden. Vollkommen ausgetrocknet und blutleer."

Adrian und ich tauschten einen Blick. Ich konnte nicht gerade behaupten, dass es Schade um Keira war. Jedoch war es seltsam, dass sie, ebenso wie Carlita, innerhalb so kurzer Zeit völlig mumifiziert aufgefunden worden war.

"Das kann kein Zufall sein, oder?", meinte ich. "Wer tut so etwas?"

Er hob die Schultern.

"Ich habe keine Ahnung..." Adrian wandte sich an Sasha. "Dann hat der Dark Blood Clan von jetzt an wohl eine neue Oberhäuptin – Farah."

Sasha nickte.

"Es wird morgen Nacht eine Clanversammlung in Lucians Haus geben. Ich bin gekommen, um euch das zu sagen. Luna hat mich soeben davon unterrichtet."

 

 

 

Lucians Anwesen

 

Die Nacht darauf

 

Wir hatten uns wie immer um den großen Konferenztisch versammelt. Alle Clans und deren Oberhäupter waren hier: Kate und Kathryn Smith, David DiAngelo, Buffy Anderson, Adrian - und zu guter Letzt Farah, der die Betrübnis förmlich ins Gesicht geschrieben stand. Obwohl ich mich nie sonderlich gut mit Darla, Keira und Farah verstanden hatte, empfand ich doch Mitgefühl. Es musste schwer für sie sein, innerhalb kürzester Zeit schon die Zweite ihrer engsten Freundinnen verloren zu haben. Im Gegensatz zu Keira und Darla, die beide sehr impulsive Charaktere gewesen waren, hatte Farah sich stets überwiegend im Hintergrund gehalten. Sie schien mir eine sehr ruhige und fokussierte Person zu sein – wenn der Schein nicht trog.

Ganz Besonders freute ich mich, Buffy wiederzusehen. Sie war lange Zeit mit The Craft auf Tournee gewesen und viel zu lange hatte ich sie nicht mehr live auf der Bühne gesehen. Ich musste Adrian unbedingt vorschlagen, dass er sie im Shadow auftreten ließ.

Luna und Lucian betraten das Besprechungszimmer und nahmen wie üblich am oberen Ende des Tisches Platz. Die weißhaarige Vampirkönigin trug ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid mit einem langen Schlitz. Ihren Hals schmückte das Vampirpendel.

Lucian trug ein schwarzes Langarmhemd und gleichfarbige Hosen.

"Schön, dass ihr alle hier seid", leitete Luna die Versammlung ein. "Wie euch sicherlich zu Ohren gekommen ist, gab es in letzter Zeit zwei mysteriöse Todesfälle – zum einen Carlita und zum anderen Keira."

Als Luna den Namen der verstorbenen Oberhäuptin des Dark Blood Clans nannte, verengten sich Farahs graue Augen zu Schlitzen und Tränen blitzten in ihnen auf.

"Wer kann das getan haben?", meldete sich Kathryn Smith zu Wort.

Farah fixierte sie mit einem argwöhnischen Blick und ihre Stimme schnitt wie ein eisiger Wind durch den Raum.

"Vielleicht ihr?"

"Wir?", gaben Kate und Kathryn wie aus einem Mund zurück.

Farah erhob sich von ihrem Stuhl, stemmte die Handflächen auf der Tischplatte ab und beugte sich zu den Smith-Schwestern hinüber.

"Wer sonst könnte es gewesen sein?! Ihr habt Carlita gehasst und ihr hasst uns!"

Kathryn gab sich vollkommen unbeeindruckt.

"Falls du es noch nicht mitbekommen hast, Farah: Der Blood Witch Clan hat ein Friedensabkommen mit dem Black Moon Clan geschlossen."

Farah kniff verächtlich die Augen zusammen.

"Als ob ihr euch an so etwas halten würdet!", entgegnete sie mit krächzender Stimme und ließ sich wieder in ihren Stuhl zurückfallen.

"Wer kann es dann gewesen sein?", meinte Adrian und ich konnte einen Hauch von Sarkasmus in seiner Stimme vernehmen. Ich stieß ihm leicht mit dem Ellenbogen in die Seite.

"Kate und Kathryn haben in der Tat ein Friedensabkommen mit uns und sie haben sich in letzter Zeit wirklich nichts zu Schulden kommen lassen", warf Luna ein. "Daher möchte ich, dass ihr von diesen Verdächtigungen ihnen gegenüber Abstand nehmt."

"Könnte sonst noch irgendjemand Groll gegen Keira gehegt haben?", meldete sich David DiAngelo, das Oberhaupt der Lords, zu Wort.

Farahs Blick schweifte durch den Raum und blieb schließlich an Julian hängen, der neben Amanda am gegenüberliegenden Ende des Tisches saß. Sie schmunzelte süffisant.

"Was ist mit dir, Julian?"

Er sah sie verwirrt an und runzelte die Stirn.

"Was soll mit mir sein?"

Farahs Augen blitzten vernichtend.

"Hattest du nicht auch einen Grund, Groll gegen Keira zu hegen? Immerhin machte sie deine Schwester zu einer von uns."

Julian lachte mit einem Mal laut auf.

"Ich soll Keira getötet haben, Farah? Im Ernst?"

"Wieso nicht? Du hättest immerhin einen Grund dazu", erwiderte Farah in einem etwas ruhigeren Tonfall.

"Cordelia und ich verstehen uns Bestens, Farah. Für mich gäbe es keinen Grund, so etwas zu tun. Außerdem bin ich nicht wie ihr", gab Julian zurück.

"Vollkommen absurd, dass es Julian war!", warf Amanda ein. "Keira wurde gestern Nacht getötet. Er war die ganze Zeit über mit mir zusammen."

"Das erscheint mir auch vollkommen abwegig", meinte Lucian. "Das würde auch nicht erklären, weshalb Carlita auf dieselbe Weise getötet wurde."

Alle stimmten dem zu.

"Mit gegenseitigen Beschuldigungen werden wir auch nicht weiterkommen", stellte Luna fest.

"Hast du nicht irgendwelche Vorahnungen oder Visionen, Luna?", fragte ich sie.

Sie verneinte.

"Bisher nicht."

"Könnten es Vampirjäger sein?", wollte Sasha wissen.

"Wenn das so wäre, dann hätten sie die beiden vermutlich vollkommen ausbluten lassen . Dieser mumifizierte Zustand eines Vampirs entsteht nur, wenn er vollkommen blutleer ist", beantwortete Adrian nachdenklich ihre Frage.

Luna stimmte ihm zu.

"Das ist wahr. Man fand aber keinerlei Verletzungen an ihren Körpern, die darauf hindeuten, dass man sie hat ausbluten lassen. Außerdem ist das bei Vampiren nicht so einfach, da wir alle Selbstheilungskräfte besitzen. Daher gehe ich davon aus, dass es ein Vampir war, der beide getötet hat."

"Dann muss dieser Jemand all ihr Blut in sich aufgenommen haben", stellte ich fest und überlegte. Ich musste daran denken, dass ich neulich von "Andrés" Blut getrunken hatte, um herauszufinden, wer er wirklich war – und hatte festgestellt, dass sich Adrian hinter ihm verbarg. Wenn sein Ur-Vampirblut mich nicht in die Knie gezwungen hätte, hätte ich ihn dann vermutlich auch getötet? Das wäre mir niemals gelungen, da die Kraft seines Blutes so verzehrend war, dass ich an einem gewissen Punkt einfach aufhören musste. Und ich erinnerte mich zu gut, wie schlecht ich mich danach gefühlt hatte. Wie war es dann einem anderen Vampir möglich, einen Ur-Vampir vollkommen leerzutrinken? Wobei es sich nur bei Carlita um eine Ur-Vampirin gehandelt hatte.

Luna seufzte.

"Ich befürchte, wir kommen an dieser Stelle nicht weiter. Daher möchte ich euch alle darum bitten, eure Augen offenzuhalten und umgehend Bericht zu erstatten, wenn ihr etwas Ungewöhnliches bemerkt."

Mit diesen Worten beendete sie die Clanversammlung. Nach und nach verließen alle anderen Clan-Oberhäupter das Besprechungszimmer. Nur Buffy wartete noch einen Moment in der Türe und lächelte mich an. Womöglich musste sie sich ebenso freuen, mich wiederzusehen. Als ich mich von meinem Stuhl erhob, hielt ich für einen Moment inne. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass hinter mir ein Schatten war, der mich beobachtete. Ich sah mich verwirrt um, konnte aber nichts Ungewöhnliches feststellen.

"Was ist los?", fragte Adrian stirnrunzelnd.

"Nichts. Alles in Ordnung. Lass uns gehen", erwiderte ich und lief mit ihm zur Türe.

 

 

 

 

Alicandra

 

Da bist du ja, meine andere Hälfte, dachte Alicandra, als sie unbemerkt durch das Fenster zu Lucians Konferenzraum spähte. Niemand konnte sie sehen, denn sie hatte sich in einen Schattennebel gehüllt. Dann war Ereshkigal ihrer Bitte tatsächlich nachgekommen und ihre andere Seelenhälfte war in der Zukunft wiedergeboren worden. Welch verblüffende Ähnlichkeit die Andere mit ihr hatte. Das musste wohl Lara sein. Carlita hatte diesen Namen ausgerufen, als Alicandra sie tötete. Und Keira hatte sie ebenfalls mit diesem Namen angesprochen. Und wie es aussah, kannte diese Lara sämtliche Oberhäupter aller Clans. In diesem Fall dürfte es für Alicandra nicht besonders schwer sein, an sie alle heranzukommen – und sie dasselbe Schicksal erleiden zu lassen wie Carlita und Keira.

Ich werde sie mir alle holen... Alle!

Und Adrian war auch hier. Alicandra verzog die Lippen zu einem Grinsen.

Adrian... wie sehr du mich in alten Zeiten vergöttert hast! Es verwundert mich nicht, dass du Gefallen an meiner anderen Seelenhälfte gefunden hast.

Kapitel 2

Kapitel 2

 

Lara

 

"Hey, Buffy!", sagte ich und fiel ihr um den Hals.

"Hi, Lara", erwiderte sie freudig und erwiderte meine Umarmung. Als wir uns voneinander lösten, fiel ihr Blick auf Adrian.

"Und du bist...?", fragte die rothaarige Sängerin von The Craft.

"Ich bin Adrian, das Oberhaupt des Shadow Clans", erwiderte er und hielt ihr die Hand hin. Verwirrung machte sich in Buffys Gesicht breit.

"Das letzte Mal, als wir eine Versammlung hatten, war André Phillippe das Oberhaupt des Shadow Clans."

"Ich bin André Phillippe", meinte Adrian und grinste, während Buffy einen verständnislosen Eindruck machte.

"Aha...", gab sie irritiert zurück.

"Eine lange Geschichte, Buffy", erwiderte ich zwinkernd.

"Okaaaaay....", sagte sie lachend. "Und ihr beide seid jetzt ein Paar, wie ich sehe?"

Ich nickte.

"Ja, das stimmt."

"Oh, Mann. Ich hab ja einiges verpasst, während wir auf Tournee waren." Ein Grinsen umspielte Buffys Lippen.

"Apropos....", meinte ich und wandte mich an Adrian. "Wie wäre es, wenn du Buffy fragst, ob The Craft nicht im Shadow auftreten wollen?"

"Wieso nicht?", meinte Adrian. "Das heißt, wenn Buffy einverstanden ist?"

"Ja, klar! Das wäre supercool!", erwiderte Buffy freudig. "Ich spreche mit den Anderen und dann kontaktiere ich dich, Adrian."

Er streckte ihr seine Visitenkarte hin.

"Super – dann freue ich mich, von euch zu hören!"

"Wenn du jetzt nichts weiter vorhast, dann könntest du doch mit uns ins Shadow kommen und die Location schon einmal begutachten", schlug ich Buffy zwinkernd vor.

"Warum nicht? Ich habe nichts Anderes geplant für heute Abend", gab Buffy zurück und warf ihre roten, langen Haare nach hinten.

"Dann lasst uns fahren", meinte Adrian.

 

ξ

 

"Wow!", hauchte Buffy, als wir das Shadow betraten. "Du hast echt einen scharfen Laden, Adrian!"

Adrian grinste zufrieden.

"Vielen Dank, Buffy."

"Die Location ist gerade zu perfekt für ein Konzert. Viel größer als das Black Heaven. Das Einzige, was noch fehlt, ist eine Bühne", meinte Buffy und rieb sich das Kinn, während sie die Stirn in Falten legte.

"Das ist kein Problem. Bis zu eurem Auftritt habe ich alles organisiert. Der Platz da hinten zwischen den zwei großen Friedhofsengeln..." Adrian deutete in die Richtung, wo sich die beiden Statuen befanden. "Der wäre perfekt, um eine Bühne dort aufzubauen. Auch als permanente Auftrittsmöglichkeit."

Buffy stieß vor Freude einen Pfiff aus.

"Perfekt, Adrian! Also ich kann dir jetzt schon inoffiziell zusagen, dass wir in jedem Fall hier auftreten werden. Wir haben sowieso ein neues Album aufgenommen und daher wäre die Möglichkeit gerade zu perfekt, um es vorzustellen. Warte..." Sie griff in die Tasche ihrer Lederjacke und holte ihr Handy hervor. "Ich bestelle jetzt die Anderen hierher."

Dann lief sie nach draußen, um in Ruhe telefonieren zu können.

Als der Rest von The Craft im Club eintraf, waren die Anderen nicht weniger begeistert als ihre Oberhäuptin und Lead-Sängerin.

"Echt ein heißer Schuppen!", meinte Scott, als wir alle in der Lounge saßen.

"Vielen Dank", erwiderte Adrian. "Ihr seid hier jederzeit willkommen."

"Der Gig geht klar!", entgegnete Scott.

Alle Mitglieder der Band waren sich darüber einig – und ich freute mich tierisch darüber. Adrian verschwand in Richtung Bar und kehrte kurz darauf mit einer Flasche sündhaft teurem Champagner und Gläsern zurück.

"Dann lasst uns anstoßen!", meinte er euphorisch.

Wir prosteten uns zu, tranken, redeten und lachten. In diesem Moment waren die unerfreulichen Gedanken an Carlitas und Keiras Tod – und wer wohl dahinter stecken mochte – vollkommen in den Hintergrund getreten. Adrian legte den Arm um mich und zog mich an sich.

"Bist du jetzt meine neue PR-Beraterin?", sagte er neckisch und hauchte mir einen Kuss auf die Haare.

"Sieht aus, als würdest du mich brauchen", gab ich spitzbübisch zurück.

Sein Gesicht kam ganz nah an meines heran und er rieb seine Nasenspitze an meiner.

"Ich brauche dich immer, Lara...", flüsterte er. Ich konnte nicht anders, als meine Arme um seinen Hals zu schlingen und ihn zu küssen.

Ja, es war irgendwie witzig. Vor so langer Zeit hatte ich diesen Kerl dafür gehasst, weil er mich 1887 gegen meinen Willen in eine Vampirin verwandelt hatte. Dann war er in der Gestalt von André Phillippe zurückgekehrt und ich hatte mich in ihn verliebt - und später herausgefunden, dass er in Wirklichkeit Adrian war. Anfangs hatte ich versucht, mich gegen meine Gefühle zu stellen. Doch erfolglos. Mein Herz gehörte ihm und ich hatte niemals solch intensive Gefühle erlebt – außer mit Dorian. Und Julian. Eigentlich waren Dorian und Julian ein und dieselbe Person, beziehungsweise war Julian die Wiedergeburt von Dorian. Ich schob diese Gedanken an Julian schnellstmöglich bei Seite. Es war vorbei. Er hatte mich verletzt, mich betrogen – und geschlagen. Mein Vertrauen zu ihm war zerstört. Außerdem war er jetzt mit Amanda Wallace zusammen. Dennoch hatte ich manchmal das Gefühl, dass er mir immer noch hinterher trauerte. Ich sah es in seinem Blick, wenn er mich anschaute. Und er hasste Adrian wie die Pest.

"Hey, Leute! Alles klar?", ertönte plötzlich eine Stimme, die aufgrund der lauten Musik im Club gedämpft klang.

Als ich mich von Adrian löste, erblickte ich David DiAngelo, das Oberhaupt der Lords. Adrian und David schlugen ein.

"Alles Bestens!", gab Adrian zurück.

"Was haltet ihr davon, wenn wir ein wenig ab tanzen?", schlug Buffy vor.

Wir hatten nichts dagegen und begaben uns zur Tanzfläche. Es wurde gerade Framed in Blood von The 69 Eyes gespielt und uns konnte nichts mehr halten.

 

Während ich tanzte, sang ich die Lyrics mit. Framed in Blood war einer meiner Lieblingssongs...

 

Would you give me redemption in your kissGimme something that I already miss

Everybody's searching for a differenceEverybody is searching for providenceGimme just another reason to liveThings you can resistThings you cannotThey're just framed in blood

 

Ich bemerkte Davids Blick auf mir. Seine hellblauen Wolfsaugen hingen an mir, während ich mich bewegte und die Hüften im Takt wiegte. Ich spürte schon seit einiger Zeit, dass er Gefallen an mir fand. Doch mein Herz gehörte Adrian. Im Grunde mochte ich David sehr gerne, allerdings fühlte ich mich bei der Art, wie er mich manchmal ansah, unwohl. Es mochte daran liegen, was Channon Lake Sasha vor kurzem angetan hatte. Wenn ich nur daran dachte, was er mit ihr unten im Untergeschoss des Clubs gemacht hatte, während ich damit beschäftigt war, mich am Blut einer Sterblichen zu bereichern... Ich ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten, beruhigte mich jedoch sogleich wieder. Channon war tot. Er hatte seine gerechte Strafe bekommen und Sasha ging es glücklicherweise wieder besser – Dank Lunas Hilfe.

Adrian verzog sich nach einer Weile nach oben in sein Büro, während ich mit Buffy und dem Rest der Truppe an der Bar verweilte. David gesellte sich ebenfalls zu uns.

"Hey, Lara..."

Ich drehte mich zu ihm um.

"Hi, David", erwiderte ich freundlich.

Er lächelte verlegen. Dieser Ausdruck in seinem Gesicht verwirrte und belustigte mich zugleich. So ein großer böser Wolf - und doch schien er eine schüchterne Ader zu haben. Ich erinnerte mich zu gut, wie er und seine Lords sich vor kurzem in Werwölfe verwandelt hatten, um gegen Aeshma zu kämpfen, den Dämon aus der Unterwelt, den Carlita beschworen hatte, um sich an Kate und Kathryn Smith zu rächen. Ebenso erinnerte ich mich zu gut daran, wie er und seine Lords die restlichen Vampiramazonen einfach so in Stücke gerissen hatten. Es war sicherlich nicht sonderlich ratsam, den Lord Clan zu reizen.

"Darf ich dich auf einen Drink einladen?", fragte David betont lässig.

"Ja, wieso nicht?"

"Was hättest du gerne?"

"Ich nehme einen Whiskey-on-the-Rocks", erwiderte ich. David nickte grinsend und winkte sogleich dem Barkeeper zu.

"Hey! Zwei Whiskey-on-the-Rocks, bitte!"

Der Typ hinter der Theke nahm dies mit einem Nicken zur Kenntnis und kurz darauf überreichte er uns unsere Drinks.

"Also, dann... Cheers", meinte David lächelnd. "Sollen wir uns in die Lounge zurückziehen?"

"Oh... klar! Ich frage Buffy und die Anderen."

David winkte ab.

"Ich würde mich gerne ein wenig mit dir alleine unterhalten, Lara."

"Okay...", erwiderte ich stirnrunzelnd und wandte mich dann Buffy zu. "Hey, Buff. Ich bin gleich wieder bei euch, ok?"

"Alles klar!", gab Buffy zurück und reckte den Daumen nach oben. Dann folgte ich David zurück in die Lounge, wo wir auf einem der schwarzen Ledersofas Platz nahmen.

"Hör mal, Lara... Es tut mir immer noch fürchterlich leid, was Channon deiner besten Freundin angetan hat."

"Es ist nicht deine Schuld, David", erwiderte ich.

Er seufzte.

"Doch. Ich war sein Oberhaupt und ich hätte besser auf ihn achten sollen. Doch wie ich vor kurzem bereits erwähnte, tat er sich immer schwer damit, sich zu beherrschen. Und es bereitet mir vor allem in einem Punkt Unbehagen...."

Ich sah ihn erwartungsvoll an.

"Was bereitet dir Sorgen?"

David lächelte gequält.

"Die Art, wie du unseren Clan womöglich nun siehst, Lara. Wie du mich jetzt womöglich siehst: In einem schlechten Licht..."

Ich erinnerte mich daran, was ich im Zorn zu Adrian sagte, nachdem ich Sasha völlig fertig in einem der Zimmer im Untergeschoss vorgefunden hatte:

"Das ist mir egal. Channon... David... Sie sind alle gleich! Wilde Tiere, die sich alles nehmen, was sie wollen! Channon ist zu weit gegangen! Was er tut, werden die Anderen vielleicht auch tun! Soll ich die Nächste sein? Du weißt, wie David DiAngelo mich ansieht! Genauso wie Channon Sasha mit seinen Blicken aufgefressen hat. Wir sind deine Schöpfung, Adrian – Sasha und ich. Du musst uns beschützen!"