Veilchenzauber - Isabella Muhr - E-Book

Veilchenzauber E-Book

Isabella Muhr

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Beschreibung

Eine Geschichte über Freundschaft, schwere Entscheidungen und den Zauber eines neuen Anfangs Die lebensfrohe Linda leidet unter der abweisenden Art ihres Mannes Dennis, der sich seit der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter immer mehr verändert. Als Linda unerwartet Trost bei ihrem verständnisvollen Nachbarn findet, beginnt für sie eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ihre Standfestigkeit und Treue werden gehörig auf die Probe gestellt. Soll sie sich auf den neuen Mann in ihrem Leben einlassen oder kann sie ihre Ehe doch noch retten? Zum Glück ist Linda nicht allein, denn Ihre besten Freundinnen Ella und Nadine stehen ihr zur Seite. Beistand hat Linda auch bitter nötig, denn die Dinge zwischen ihr und Dennis spitzen sich gefährlich zu. Nach einem Riesenkrach flüchtet Linda zu Ella nach Hause. Langsam begreift Linda, dass sie ihre Vergangenheit bewältigen muss, wenn sie wirklich glücklich werden will … »Veilchenzauber« ist der zweite Band der Blumenzauber-Reihe und erzählt Lindas Geschichte. Es handelt sich hierbei um einen in sich abgeschlossenen Roman, der unabhängig von den anderen beiden Teilen gelesen werden kann. Von Isabella Muhr sind in der Blumenzauber-Reihe bei Forever erschienen: Schneeglöckchenzauber (Band 1) Veilchenzauber (Band 2) Eisblumenzauber (Band 3)

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Seitenzahl: 359

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Die AutorinIsabella Muhr, geboren 1984 in Moosburg an der Isar, lebt und liebt seit 2001 in München und arbeitet dort als Erzieherin. Bereits zu Schulzeiten hat sie ihre Klassenkameraden mit kleinen Kurzgeschichten unterhalten und sich schließlich kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag den großen Traum vom ersten eigenen Roman erfüllt. Seither schreibt sie mit Begeisterung an neuen Projekten. Zusammen mit ihrem Mann, ihren beiden Söhnen und ihrer Katze wohnt sie am Münchener Stadtrand und backt und häkelt, als hätte sie eine Großfamilie.

Das BuchWas für ein Mensch möchtest du sein?  Die lebensfrohe Linda leidet unter der abweisenden Art ihres Mannes Dennis, der sich seit der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter immer mehr verändert. Als Linda unerwartet Trost bei ihrem verständnisvollen Nachbarn findet, beginnt für sie eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ihre Standfestigkeit und Treue werden gehörig auf die Probe gestellt. Soll sie sich auf den neuen Mann in ihrem Leben einlassen oder kann sie ihre Ehe doch noch retten? Zum Glück ist Linda nicht allein, denn Ihre besten Freundinnen Ella und Nadine stehen ihr zur Seite. Beistand hat Linda auch bitter nötig, denn die Dinge zwischen ihr und Dennis spitzen sich gefährlich zu. Nach einem Riesenkrach flüchtet Linda zu Ella nach Hause. Langsam begreift Linda, dass sie ihre Vergangenheit bewältigen muss, wenn sie wirklich glücklich werden will …  »Veilchenzauber« ist der zweite Band der Blumenzauber-Reihe und erzählt Lindas Geschichte. Es handelt sich hierbei um einen in sich abgeschlossenen Roman, der unabhängig von den anderen beiden Teilen gelesen werden kann.  Von Isabella Muhr ist bereits in der Blumenzauber-Reihe bei Forever erschienen: »Schneeglöckchenzauber« (Band 1)

Isabella Muhr

Veilchenzauber

Roman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

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Dies ist ein fiktiver Roman. Orte, Events, Markennamen und Organisationen werden in einem fiktiven Zusammenhang verwendet. Alle Handlungen und Personen sind frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Informationen zur Blumenzauber-Reihe

Die melancholische Nadine, die lebenslustige Linda und die introvertierte Ella könnten unterschiedlicher nicht sein. Was die drei Freundinnen verbindet, ist ihre neue Rolle als Mutter und ein Winter voller Veränderungen. Während sich Linda mit dem Gedanken beschäftigt, ihren Mann zu betrügen, versucht Nadine gerade verzweifelt, eben dies nicht zu tun. Ella wollte eigentlich nur mit ihren Freundinnen einen Abend lang abschalten und Spaß haben, da trifft sie ausgerechnet auf ihren Exfreund Chris …

Drei Geschichten über Freundschaft, Liebe und die Erkenntnis, dass man sein Happy End nicht finden kann, bevor man nicht zu sich selbst gefunden hat.

Protagonisten:

Nadine Fischbach

Mann: Torsten Seifert

Sohn: Fynn Fischbach

Linda Blodig

Mann: Dennis Blodig

Tochter: Luisa Blodig

Ella Steinbeck

Mann: Ralf Steinbeck

Tochter: Sophia Steinbeck

Für jeden Einzelnen von euch.

Seid nett zueinander, dann wird alles gut.

»Wenn du das tust, was du selbst für richtig hältst, und dir treu bleibst – wenn du auf dein Gewissen hörst und stets deinem Herzen folgst, dann bist du in diesem Leben der Gewinner.«

Prolog

Juli 2000

Linda hatte die Matratze ihres noch unaufgebauten Bettes unter das Fenster der Dachschräge geschoben und starrte nun angestrengt in den strahlend blauen Himmel. Mit ihrem tragbaren CD-Player bewaffnet, versuchte sie sich auf das vertraute Blau zu konzentrieren und dabei auszublenden, wie andersartig es in ihrem neuen Kinderzimmer roch. Die rotzigen Stimmen der Bandmitglieder von Limp Bizkit hallten in gedämpfter Form aus den Kopfhörern von den nackten Wänden wider und füllten den bisher nur spärlich möblierten Raum.

Als sie einen Schatten an der Tür bemerkte, wandte sie nur widerwillig ihren Kopf zur Seite. Mürrisch, wie es sich für einen Teenager gehörte, starrte sie ihrem Vater ins Gesicht und drückte die Pause-Taste.

»Mama meinte, du würdest dich weigern, deine Umzugskartons nach oben zu tragen«, begann er ohne Umschweife, als er sich ihrer Aufmerksamkeit sicher war. »Willst du darüber reden?«

Anstatt ihm zu antworten, schaltete sie wieder die Musik ein und präsentierte ihm trotzig ihre Rückenansicht. Die Matratze senkte sich unter dem Gewicht ihres sich setzenden Vaters leicht ab, und wenige Augenblicke später konnte sie seine warme Hand auf ihrem Rücken spüren. Linda merkte, wie sich aufgrund dieser tröstlichen Geste gegen ihren Willen ein Kloß in ihrem Hals bildete. Sie wollte nicht schon wieder weinen.

»Ist es wegen Paul?«, fragte er vorsichtig und zog ihr dabei einen der beiden Stöpsel aus dem Ohr. Linda richtete sich auf und sah ihrem Vater ins Gesicht. Tränen brannten in ihren Augen, und sie musste sich beherrschen, nicht loszubrüllen.

»Ja! Es ist wegen Paul, der mich bestimmt jetzt schon ausgetauscht hat und wahrscheinlich nicht mal mehr weiß, wie ich heiße. Es ist wegen Susi, die mich mit Sicherheit nicht jeden Tag anrufen wird, so wie sie es versprochen hat. Es ist wegen Henry, an dessen Kiosk ich jeden Monat meine GiRL! gekauft habe und ohne den mein Montag einfach nicht mehr derselbe ist.« Ihre lila gefärbten Haare fielen ihr in lauter kleinen geflochtenen Zöpfen vors Gesicht, als sie fortfuhr aufzuzählen:

»Es ist wegen meinem alten Kinderzimmer, das ich geliebt habe und das ich mir nicht mit meinem kleinen Bruder teilen musste. Es ist, weil es sich hier unter der drückenden Dachschräge dieses Uralthauses mitten im Nirgendwo anfühlt, als wäre ich in ein gottverdammtes Dritte-Welt-Land verschleppt worden.«

Die Tränen liefen ihr nun über das Gesicht und tropften auf ihre gemusterte Strumpfhose, während ihr die Stimme versagte. Sie spürte den Blick ihres Vaters auf sich ruhen, der stumm zuhörte, aber sie hatte nicht mehr die Kraft, ihn länger anzusehen.

»Hier ist ja nicht einmal ein beschissener Supermarkt, den ich zu Fuß erreichen könnte!«, jammerte sie, nun deutlich ruhiger, als sich der erste Zorn mit ihren Worten Platz gemacht hatte. In einer dramatischen Geste warf sie ihre Arme so hoch, wie es die schrägen Holzbretter an der Decke zuließen, und sah ihren Vater wieder an. Dieser sah blass und erschöpft aus und wirkte mit einem Mal viel älter, als er eigentlich war. Seine Augen ruhten auf seiner wütenden Tochter, und die Traurigkeit, die Linda darin lesen konnte, brach ihr fast das Herz. Mit einem Mal bereute sie ihren verbalen Ausbruch. Er quälte sich ohnehin genug, was seine Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Auswirkungen auf die familiären Umstände betraf, da waren Vorwürfe von seiner Tochter wirklich das Letzte, was er gebrauchen konnte. Nicht zum ersten Mal ärgerte sie sich über die Tatsache, dass sie sich von ihren Emotionen zu sehr beherrschen ließ. Denk nach, bevor du sprichst!, schimpfte sie in sich hinein. Als die Firma ihres Vaters vor zwei Jahren pleitegegangen war, war er bereits 49 gewesen, und die Aussichten, eine neue Stelle zu bekommen, waren gleich null. Das Geld wurde schnell knapp, und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als aufs Land zu ziehen, wo die Lebenshaltungskosten humaner waren als in der Stadt.

Bereitwillig ließ sie sich von ihm in seine Arme ziehen und drückte ihre Wange an seine kräftige Schulter.

»Du wirst neue Freunde finden, das verspreche ich dir. Du bist ein tolles Mädchen. Es wird keine zwei Wochen dauern, da werden uns die Kids hier in der Gegend die Bude einrennen«, versicherte er seiner Tochter mit belegter Stimme. Er versuchte aufmunternd zu klingen und sich seine Betroffenheit nicht anmerken zu lassen, was Linda nur noch mehr schmerzte. Beherzt drückte sie sich an ihren Vater – unsicher, wer von ihnen beiden gerade mehr Trost brauchte – und fühlte sich mit einem Mal sehr klein und verletzlich. »Was ist, wenn sie mich nicht mögen?«, wisperte sie ängstlich.

Vorsichtig, aber bestimmt drückte Karl Riedel seine Tochter von sich weg. »Linda«, begann er ernst. Mit seiner großen Hand, die wie immer nach frischer Erde roch, hob er ihren Kopf, der aufgrund bedrückender Selbstzweifel nach unten gesackt war, an und zwinkerte ihr zu. »Linda, mein Schatz, du musst deinen Kopf immer hoch halten. Du bist doch ein Teil der Familie Riedel! Und ist die Familie Riedel etwa nicht großartig?« Er betonte dabei seine mit übertriebenen Gesten untermauerten Worte so, als wäre er Jim Carrey in Ace Ventura, womit er seiner Tochter zuverlässig ein Lächeln ins Gesicht zurückzauberte. Sie lächelten sich eine Weile zugewandt an und versuchten ihre trostlose Situation auszublenden. Dann sagte ihr Vater:

»Du wirst schon sehen, alles wird gut werden.«

15 Jahre später

1

September 2015

Linda schnaubte wie ein asthmatisches Eichhörnchen, als sie mit ihren hohen Absätzen hastig über den Gehweg tippelte. Diese hallten geräuschvoll auf dem Asphalt wider und überzeugten Linda mit jedem Schritt ein wenig mehr davon, dass ihr Schädel augenblicklich zu platzen drohte. Mit hektischen Bewegungen fingerte sie ihr Smartphone aus der Handtasche, die am Kinderwagen baumelte, um die Uhrzeit in Erfahrung zu bringen. Ihre langen Fingernägel klapperten wie Storchenschnäbel gegen das Display, als sie den Code für die Tastensperre eingab, um ihre Nachrichten zu checken. Ein Blick auf die digitale Anzeige bestätigte all ihre Befürchtungen. Sie war wieder einmal viel zu spät dran. Ohne das Tempo zu drosseln, ließ sie das Handy in ihre Handtasche zurückgleiten und sah sich nach einer geeigneten Stelle um, die Straße zu überqueren.

Ihre Tochter Luisa hatte es geschafft, sich kurz bevor sie aufbrechen wollten ihren Saft komplett über die Hose zu kippen, und dann war auch noch das Glätteisen kaputtgegangen. Gestresst pustete sich Linda eine krause Haarsträhne aus dem Gesicht, als sie den Kinderwagen über die Straße rollte, und stellte mit Entsetzen fest, dass sie anfing zu schwitzen. Es war wesentlich wärmer, als es aussah, und Linda hatte sich eine viel zu dicke Jacke übergeworfen. Gepaart mit dem Glätteisen-Drama waren das alles in allem fatale Voraussetzungen für ihr Vorhaben. Sie seufzte angestrengt und hielt für einen Moment inne. Mit geschlossenen Augen atmete sie einmal tief durch und mahnte sich zur Ruhe.

Das Schicksal schien ihr wohl genau das bestätigen zu wollen, was ihr Gewissen ihr ohnehin schon permanent ins Ohr brüllte. Nämlich dass das, was sie vorhatte, eine blöde Idee war. Nicht, dass ihre Freundinnen Ella und Nadine genau diese Erkenntnis nicht bereits hätten durchblicken lassen, als Linda von ihrer Idee, sich heimlich mit einem anderen Mann zu treffen, berichtet hatte.

Besonders Nadine war sichtlich empört gewesen, auch wenn sie sich zunächst aufrichtig Mühe gegeben hatte, dies vor Linda zu verbergen. Linda musste mit dem Kopf schütteln, wenn sie an den Moment auf der Holzbank am Spielplatz zurückdachte. Stocksteif hatte sie ihr gegenüber gesessen, hatte verlegen an ihrer Haarlocke herumgekaut und Linda noch nicht einmal in die Augen sehen können. Linda kannte Nadine erst seit fünf Monaten. Sie hatten sich beim Babyschwimmen kennengelernt, und seither verbrachten sie viel Zeit miteinander. Zuerst, weil sich die Kinder so wahnsinnig gut miteinander verstanden hatten, doch mit der Zeit hatte sie den schüchternen Lockenkopf richtig lieb gewonnen. Gemeinsam mit Ella trafen sie sich regelmäßig, damit die Kinder spielen und sie sich austauschen konnten. Nadine war eher der ruhige, in sich gekehrte Typ Frau. Wenn Ella und Linda heiklere Themen besprachen, hielt sie sich meist im Hintergrund, weshalb Linda absolut nicht damit gerechnet hätte, dass Nadine zu Lindas neuem Abenteuer derart vehement Stellung beziehen würde. Doch als Linda versucht hatte, ihrer Freundin die Beweggründe ihres Vorhabens begreiflich zu machen, da hatte Nadine ihre Meinung deutlich zum Ausdruck gebracht und Linda mit unangenehmen Fragen gehörig in die Ecke gedrängt. Es war beinahe so, als hätte sie sich persönlich betroffen gefühlt. »Was ist mit Luisa?«, »Findest du das nicht egoistisch?«, »Wenn das jemand mit dir machen würde …«

Linda schnaubte bei dem Gedanken an all diese in moralische Sätze gepackten erhobenen Zeigefinger verächtlich. »Wenn das jemand mit dir machen würde …«, äffte sie ihre Freundin nach, als wäre sie ein bockiger Teenager, und beschleunigte trotz ihrer Vorsätze, runterzukommen, wieder ihren Gang. »Pah!« Was Dennis schon alles mit ihr gemacht hatte!, verteidigte sie sich vor sich selbst. Beziehungsweise was er NICHT gemacht hatte. Sie wollte sich nicht schuldig fühlen wegen dem, was sie vorhatte. Wollte nicht über die Folgen nachdenken. Sie hatte keine Lust mehr, über den aktuellen Stand ihrer Ehe zu lamentieren und zu verhandeln. Sie hatte es satt zu hoffen, und diese faulen Kompromisse kotzten sie einfach nur an. Wenn das egoistisch war, bitteschön. Dann war sie eben egoistisch. Die Rolle des Buhmanns beherrschte sie seit ihrer Jugend aus dem Effeff, dieser Stempel konnte sie nicht mehr schocken. Wenn sie jemand verurteilen wollte, nur zu. Trotzig reckte Linda ihr Kinn nach vorne und straffte ihre Schultern, so als würde sie sich einem imaginären Gericht gegenüber erklären.

»Autsch!« Ein gequälter Aufschrei kam von dem Mann vor ihr. Sie war ihm vor lauter Hektik volle Granate mit dem Kinderwagen in die Hacken gerauscht. Mit einem entrüsteten Schnauben warf er einen bösen Blick hinter sich. Als er von Lindas unschuldigem Augenaufschlag eingefangen wurde, wich das Böse aus seinen Gesichtszügen, und an seine Stelle trat ein anzügliches Grinsen.

»Verzeihung«, säuselte Linda gekonnt und hob entschuldigend die Schultern. Der Mann vertiefte sein Grinsen, trat einen Schritt zur Seite und ließ sie, ganz Gentleman, mit einer galanten Armbewegung an sich vorbeiziehen. Linda erwiderte das Lächeln und schwelgte eine Weile in dem Bewusstsein, dass er ihr hinterhergaffte. Ja, sie war nicht bloß eine Mutti, sie hatte es immer noch drauf. Das schien ganz München zu realisieren. Nur Dennis nicht.

Die romantische Beziehung zu ihrem Ehemann hatte den Puls eines Igelkadavers auf einer Autobahn, seit ihre gemeinsame Tochter auf der Welt war. Linda hatte seither immer wieder mal zaghafte Versuche gestartet, der Beziehung neuen Schwung zu verpassen, doch war der Erfolg bisher ausgeblieben. Mit einem verschmitzten Grinsen dachte sie an den roten Spitzen-BH, den sie provokant unter ihrer Bluse versteckte. Farblich abgestimmt mit dem Hauch von Nichts in ihrer Unterleibsgegend war es die perfekte Seitensprung-aus-Rache-Uniform und brachte ihre üppigen Rundungen optimal zur Geltung. Ursprünglich war es für einen anderen Zweck gedacht gewesen, aber das spielte jetzt auch schon keine Rolle mehr. Es war ein Set, das sie sich noch vor der Schwangerschaft gegönnt hatte und das bisher fünfmal getragen worden war, ohne jedoch jemals gewürdigt zu werden. Heute würde sie schon dafür sorgen, dass es nicht zu übersehen wäre. Dennis wollte nicht? Fein! Wer nicht will, der hat schon. Sie würde jedenfalls nicht zur Nonne mutieren, nur weil sich Dennis wie ein impotenter Gockelhahn aufführen musste. Sie würde ihren Bedürfnissen entsprechend leben, und dieses Outfit würde ihr dabei helfen, diese Mission zu erfüllen.

Was Nadine wohl zu ihren Dessous sagen würde? Linda und sie waren so unterschiedlich, dass sich Linda eigentlich hätte denken können, dass Nadine sie nicht verstehen würde. Nadine war groß und grazil und wirkte mit ihrem jugendlichen Gesicht so zart wie eine Elfe. Die Männer mussten früher verrückt nach ihr gewesen sein. Linda konnte einfach nicht glauben, dass ihrer Freundin dieser Teil des Frauseins überhaupt nicht fehlte. Doch Nadine schien ihre Libido im Kreißsaal zusammen mit der Nabelschnur ihres Sohnes durchtrennt zu haben. Seit Linda sie kannte, war sie in einer mütterlichen Bindungshormonwolke versunken und wiegte ihren Sohn 80 Prozent ihrer Zeit auf dem Schoß, als wäre er immer noch drei Monate alt. Wenn man die beiden beobachtete, konnte man meinen, Nadine wollte sich ihren Sohn an die Hüfte binden, um mit ihm siamesische Zwillinge zu spielen. Linda versuchte das schlechte Gewissen, das langsam wieder ihren Nacken hinaufkrabbeln wollte, abzuschütteln.

Gott sei Dank hatte sich Ella loyal gezeigt und ihrer Freundin mit neutralem Schweigen den Rücken gestärkt, als sich Linda ihren Freundinnen anvertraut hatte. Linda hatte sich schwer ins Zeug gelegt und ein regelrechtes Plädoyer für das Wiederentdecken der eigenen Weiblichkeit gehalten, und Ella hatte reglos auf die spielenden Kinder gestarrt und stumm zugehört. Wenn Linda ehrlich war, hätte sie sich gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Sie kannte Ella schon seit ihrer frühen Jugend. Und auch wenn lange Zeit Funkstille zwischen den beiden Frauen geherrscht hatte, sich ihre Wege erst vor Kurzem wieder gekreuzt hatten und viel passiert war, seit sie sich das letzte Mal vor knapp 14 Jahren gesehen hatten, so war Ella dennoch dieselbe geblieben. Sie war schon immer ruhig, sachlich und nüchtern gewesen. Eine emotionale Reaktion, so wie bei Nadine, wäre untypisch für sie gewesen. Ella ging grundsätzlich jede Situation erst einmal analytisch an. Sie war bereits, als sie Teenager gewesen waren, der ruhige gesetztere Typ gewesen und bildete einen auffälligen Kontrast zur leidenschaftlichen, lauten und bunten Linda. Sie war damals Lindas Hafen gewesen. Ihr Ruhepol. Ihr Fels.

Ella konnte das, was Linda fühlte, wie keine andere in Worte fassen, der Situation damit die unbändige Emotionalität rauben und sie auf ein kontrolliertes Niveau herunterschrauben. Wenn man so wollte, war Linda diejenige, die Kaugummiblasen mit ihrem Mund formte, und Ella diejenige, die mit ihrem Finger hineinpikste, um die Luft herauszulassen, bevor die Blase platzen und Linda das klebrige Zeug um die Ohren fliegen konnte.

Bei dem Gedanken an Ella packte das schlechte Gewissen die schwitzende Linda nun doch am Kragen und verpasste ihr eine ordentliche Gänsehaut. Während Linda an besagtem Tag nämlich damit beschäftigt gewesen war, ihren Freundinnen anzuvertrauen, dass sie hinterhältige betrügerische Pläne hegte, hatte Ella ihren Freundinnen offenbart, dass sie selbst Opfer eines solchen Plans geworden war. Ralf hatte sie doch tatsächlich betrogen! Lindas Gesicht verfinsterte sich, als sie an diese schreckliche Szene auf der Holzbank zurückdachte. Ihre beste Freundin hatte so unfassbar traurig und resigniert ausgesehen, als sie versucht hatte, ihr Leid so beiläufig wie möglich an den Mann zu bringen. Der Schock über diese Nachricht war groß. Besonders, weil Linda Ralf kannte und vor allem, weil sie die Anfänge von Ella und Ralf live miterlebt hatte. Für Linda waren die beiden schon immer der Inbegriff wahrer Liebe gewesen, weshalb sie gar nicht glauben mochte, dass Ralf zu so etwas fähig war. Sie wäre am liebsten noch am selben Tag mit Ella zusammen nach Hause gefahren, um Ralf mit Anlauf ins Gesicht zu springen. Gleichzeitig ärgerte sie sich auch über sich selbst. Sie hätte merken müssen, dass etwas nicht stimmte. Sie war schließlich ihre beste Freundin. Aber seither war viel Zeit vergangen, und zwischen ihnen war es nun mal nicht mehr dasselbe. Und das war einzig und alleine ihre Schuld. Der Gedanke daran hatte sie mehr als einmal um den Schlaf gebracht. Zu sehen, wie sehr Ella unter den Folgen des Seitensprungs ihres Mannes litt, machte Lindas Vorhaben nicht gerade leichter. Die halbe Nacht hatte sie versucht, sich davon zu überzeugen, dass ihre Ausgangssituation eine komplett andere war als die von Ralf, und dennoch … Diese ganze Fremdgeh-Geschichte wuchs in ihrer Schuldhaftigkeit zu einem gigantischen Berg in ihrem Inneren heran, sodass sie das Gefühl hatte, sie würde sich einen Leistenbruch holen, wenn sie den Weg bis zum Ende ginge. Was mit so viel Begeisterung und hormonellen Höhenflügen begonnen hatte, fühlte sich nun so geschmacklos an, wie feuchte Pappe roch. In ihrer Fantasie hatte es keine Glätteisen-Pannen, keine urteilenden Freundinnen oder Saftunfälle gegeben. Linda war eigentlich kein esoterisch geprägter Mensch, aber hier war sie sich sicher. Das Universum gab ihr einen Wink. Einen ziemlich deutlichen Wink. Etwa so, wie es ein Stuhl mitten ins Gesicht gewesen wäre … Als sie an ihrem Lieblingscafé Ecke Kurfürstenplatz vorbeiging, hielt sie einen Augenblick inne. Jetzt noch einen Milchkaffee und einen leckeren Muffin …,dachte sie etwas sehnsüchtig. Doch sofort hatte sie sich wieder gefangen. Sie war spät dran.

Langsam zeichnete sich am Ende des Weges ein kleiner Spielplatz ab, den Linda nun zögerlich, aber zielsicher ansteuerte. Sie hatte die Teilstation fast erreicht. Ella hatte ihr trotz ihrer Lage angeboten, für die Zeit, die Linda anderweitig zu verbringen gedachte, auf Luisa aufzupassen. Nadine hatte sich unerwartet solidarisch gezeigt und ebenfalls eingewilligt, diese Aufgabe zu übernehmen. Linda hatte angesichts der Umstände lange gezögert, doch nachdem ihr Ella mehrmals versichert hatte, dass sie okay war und dass ihr persönlicher Vorfall bereits über ein Jahr zurücklag, willigte sie schließlich ein.

So unterschiedlich, wie die drei Frauen auch sein mochten, wenn es drauf ankam, konnten sie sich immer aufeinander verlassen.

Linda fuhr leicht zusammen, als Luisa im Kinderwagen vergnügt zu quietschen begann. Sie hatte wohl die beiden Frauen, die bereits auf der Holzbank auf ihre Freundin warteten, erkannt und wedelte nun mit ihren kleinen Patschhändchen wild in der Luft herum. Sie brachte mit ihrem Freudentanz den gesamten Kinderwagen zum Vibrieren, und ihre feinen Härchen, die ihre Kopfhaut bedeckten, flatterten durch die wippende Körperbewegung wie fluffige Daunenfedern im Wind. Linda konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Ihre Tochter war mit einer Lebensfreude gesegnet, die Lindas Herz jedes Mal zum Schmelzen brachte, sobald sie sich in der Öffentlichkeit zeigte. Für Linda gab es, seit sie Mutter war, nichts Schöneres als das Glück ihrer kleinen Tochter. Sie selbst mochte sich vielleicht gerade in einem Supermarkt der Emotionen befinden und den Warenkorb randvoll mit diffusen Gefühlen gepackt haben, die alle beim Fahren durch die endlosen Gänge wild durcheinanderwirbelten, doch die Empfindungen, die sie für ihre Tochter hegte, glänzten innerhalb dieses Korbes mit Beständigkeit. Sie waren die haltgebende Konstante in diesem unübersichtlichen Chaos aus Veränderung und Herausforderung und hielten die Hoffnung auf ein glückliches Ende am Ziel eines jeden Abenteuers aufrecht. So frustriert sie auch gerade in ihrer Ehe war, so trotzig sie sich gegenüber ihrem Mann auch verhalten mochte. So hilfesuchend sie sich an Mark und seine Zuneigung klammerte. So schlecht sie sich wegen Nadine fühlte und so sehr sie Schuldgefühle bezüglich Ella plagten. Das alles waren nur Phasen. Die Liebe zu Luisa würde auf ewig bestehen und ihr die Kraft geben, all die energieraubenden Launen, die ihr Leben streiften, auszusitzen.

Als sich die Reifen des Kinderwagens mit dem Kies rund um den Spielplatz vereinigten, blieb Linda etwas unsicher stehen. Ihre Freundinnen waren nur noch einen Steinwurf von ihr entfernt und würden ihr Luisa abnehmen, damit sie sich auf den Weg zu Mark machen konnte. Sie fühlte sich aufgewühlt und unbehaglich angesichts der Tatsache, dass sie etwas vordergründig Verwerfliches vorhatte, über das ihre Freundinnen genau Bescheid wussten. Ihre Fingerknöchel krampften sich um den Griff des Kinderwagens, den sie wie einen Schutzschild vor sich abgestellt hatte. Sie beschloss, sich zusammenzureißen, und startete einen Versuch, das bedrückende Gefühl in ihrer Magengegend wegzulächeln. Doch als sie Ella, die ihr mit einem ermunternden Augenzwinkern entgegenkam und ihr somit die letzten Schritte abnahm, erblickte, gefror ihr das Lächeln auf den Lippen. Sie sah Ella seit dem Gespräch mit ganz anderen Augen, und ein unbändiges Mitgefühl verdrängte all die anderen Emotionen. Sie wusste, dass es Ella schlecht ging. Sie wusste, dass das, was Ralf ihr angetan hatte, nicht in Ordnung war. Und sie wusste auch, dass sie dennoch genau das Gleiche in weniger als einer halben Stunde tun würde. Sie schluckte hart, bevor sie sich hinter dem Kinderwagen hervorwagte und ihre Freundin beherzt in die Arme schloss.

»Du bist zu spät«, tadelte Ella sie mit gespielter Strenge. Linda löste sich mit einem unbeeindruckten Schmunzeln aus der Umarmung und zeigte an sich herab. »Pünktlich sein oder heiß aussehen? Wofür ich mich da wohl entschieden habe?«, fachsimpelte sie übertrieben grüblerisch. Ella verdrehte nur leicht die Augen und stemmte die Hände in die Hüften. Bevor sie etwas Gemeines erwidern konnte, setzte Linda nach: »Und ich würde es jederzeit wieder tun!«

Anstatt auf Lindas Frotzelei einzugehen, beendete Ella die Show und erkundigte sich: »Bist du sehr nervös?«

Lindas Miene wurde ernst. Wie immer bröckelte ihr fröhlich zur Schau gestellter Schutzpanzer in der Nähe ihrer ehemals besten Freundin, und ihre Gute-Miene-zum-bösen-Spiel-Scharade löste sich in Wohlgefallen auf. Sie zuckte etwas mutlos mit den Schultern, dann gab sie zu: »Ich fürchte, ich mach mir gleich in mein rotes Spitzenhöschen, um ehrlich zu sein. Diese Situation ist ziemlich abgefahren, oder nicht?«

»Dann lass es doch einfach«, entgegnete Ella, und ihr Gesichtsausdruck wirkte wie immer aufgeschlossen und gütig. Linda senkte den Blick und schüttelte mürrisch den Kopf. »Du verstehst das nicht. Man kann das nicht nachvollziehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat.« In ihren Augen glitzerte etwas Flehentliches, als sie wieder zu ihrer Freundin aufsah. »Hältst du mich für ein mieses Flittchen, Ella?« Ella schnaubte entgegen Lindas Erwartung laut auf. Sie wirkte leicht verärgert, als sie Lindas Frage mit einem vehementen Kopfschütteln quittierte.

»Du bist kein Flittchen«, kommentierte sie entschieden. »Du warst früher keins, und du bist auch heute keins. Du bist unglücklich und tust etwas dagegen. Das ist in Ordnung, also hör auf, immer an dir zu zweifeln!« Fröstelnd rieb sich Linda ihre Oberarme. So taff, wie sie gerne wäre, so unsicher war sie in Wirklichkeit. Auch wenn sie sich gerne selbst immer wieder vorbetete, dass die Meinung anderer ohne Belang für sie war, so hielten ihr ihre Selbstzweifel doch immer wieder den Spiegel vor. Verstohlen wagte sie einen Blick über Ellas Schulter hinüber zu Nadine, die noch immer auf der Holzbank saß. »Und was ist mit ihr?«, fragte sie mit ungewollt piepsiger Stimme und nickte dabei mit dem Kinn in Nadines Richtung. »Hat sie sich schon das Maul über mich und meine Flittchen-Qualitäten zerrissen?« Ella folgte Lindas Blick hinüber zu Nadine, die mittlerweile angestrengt in ihrer Handtasche herumkramte.

»Ich werde mit ihr reden«, versprach Ella und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Freundin. Beruhigend strich sie Linda über den Arm und wiederholte: »Du bist kein Flittchen.«

Linda begann, ihre Nervosität an ihrer Bluse, die unter der Jacke hervorlugte, auszulassen und zupfte daran herum, als wäre sie ein Vogel Strauß, der Futter suchte. Ellas Zuspruch in Anbetracht ihrer eigenen Situation rührte Linda tief. Nur zu gerne hätte sie sich bei ihrer Freundin revanchiert. Ihr etwas Gutes getan. Aber sie kannte Ella. Ihr war am ehesten geholfen, wenn man ihr den Freiraum gab, den sie brauchte, um solcherlei Dinge mit sich selbst auszumachen. Ella benötigte lediglich jemanden, der als Sicherheitsnetz fungierte und im richtigen Augenblick zur Stelle war, wenn ihr die Kraft ausging, sich selbst zu halten. Damals, als sie beide noch Teenager gewesen waren und Ella von ihrer ersten großen Liebe verlassen worden war, da hatte Linda diese Rolle meisterhaft ausgefüllt. Doch als diese Sache mit Ralf passiert war, hatte sie lediglich durch Abwesenheit geglänzt. Schuldbewusst biss sie sich auf die Unterlippe. Dann schüttelte sie entschlossen all die unliebsamen Erinnerungen an ihre Vergangenheit in den Kies und wechselte abrupt das Thema.

»Habe ich etwas zwischen den Zähnen hängen?«, erkundigte sie sich und bleckte der Freundin ihre Zähne entgegen. Nachdem Ella mit dem Kopf geschüttelt hatte, fuhr sie sich durch das ungeglättete Haar.

»Was machst du denn da?«, wollte Ella wissen und hob demonstrativ ihre Armbanduhr an. Linda zog mit ihrer Lippe einen Flunsch.

»Meine Haare«, jammerte sie lediglich, als wäre damit alles gesagt.

»Was ist mit deinen Haaren? Die sitzen doch eins a!«, befand Ella, und leise Ungeduld schwang in ihrer Aussage mit. Sie hasste Unpünktlichkeit fast so sehr wie Linda ein ungepflegtes Äußeres. Linda lachte amüsiert auf.

»Eins a? Wohl eher zwei b!« Kurzentschlossen fischte sie ein Haargummi aus dem Seitenfach ihrer Handtasche und bändigte ihre weizenblonde Wallemähne in Form eines Knäuelprovisoriums am Hinterkopf. Sie seufzte hektisch. Wieso war sie nur so nervös? Sie war Mark schon zigmal begegnet. Er wusste, wie sie aussah. Er schenkte ihr sogar anzügliche Blicke, wenn sie in ausgeleierten Jeans auf dem Spielplatz herumlungerte. Doch diesmal waren die Voraussetzungen andere, und sie fühlte sich der Situation einfach gewachsener, wenn sie sich in ihrem Körper wohl, gestylt und somit irgendwie unangreifbar fühlte. Ella, die inzwischen Luisa aus dem Kinderwagen genommen und sich auf die Hüfte gesetzt hatte, hob skeptisch eine Augenbraue.

»Viel besser«, urteilte sie und ließ keinen Zweifel daran, wie ironisch sie diese Aussage meinte.

»Ja, du mit deinem Bob hast leicht reden. Deine Haare sitzen immer.« Linda streckte ihrer Freundin die Zunge raus, bevor sie sich die Handtasche auf die Schulter warf und Ella mitsamt ihrer Tochter in die Arme zog. Sie umarmte ihre beiden Lieben fest und versuchte, sich das Stück Sicherheit, welches ihr diese Umarmung gab, für den weiteren Weg abzuknapsen. Luisa bekam zum Abschied noch einen Kuss. Bevor sich Linda zum Gehen wandte, riskierte sie einen erneuten Blick auf Nadine. Diese zuckte zusammen, als sie Lindas Blick wahrnahm, und versteckte sich sofort wieder hinter ihrer Handtasche. Linda stieß erneut die Luft aus ihren Lungen, doch diesmal war es nicht die Hektik, die ihren Atem beeinflusste, sondern aufflammende Wut. Entnervt wandte sie sich von den Frauen ab und stolzierte hocherhobenen Hauptes über den Gehweg davon. Sie trampelte wie ein wütender Stier um die nächste Ecke, und das Hallen ihrer Absätze auf dem Pflaster schmerzte in ihren Ohren.

***

Nadines offensichtliche Wertung ihr gegenüber traf Linda schwer. Soweit sie informiert war, erging es ihrer Freundin nicht anders. Im Endeffekt litten alle drei unter der Umstellung, die die Geburten ihrer Kinder mit sich gebracht hatten. Wieso also dieses Unverständnis? Genau dieser Umstand hatte die Frauen doch erst als Leidensgenossinnen zusammengeschweißt. Hatte ihnen ein vertrautes Gesprächsthema gesichert, auf das sie gerne bei ihren Zusammentreffen zurückgriffen, wenn ihnen die Diskussionen über Babynahrung und BPA-freie Schnuller auf die Nerven gingen.

Es war das 21. Jahrhundert, verdammt! Nadine sollte sich gefälligst nicht so spießig anstellen. Dennis benahm sich seit Monaten wie ein Riesenarsch, und sie würde den Teufel tun und als verzweifeltes Hausmütterchen Trübsal blasen. Das Opferlamm konnte ruhig jemand anderer spielen, das war nicht Lindas Ding. Sollte Dennis ruhig merken, wohin sein stures Schweigen und seine wachsende Ignoranz führten. Und Nadine gleich dazu. Linda jedenfalls hatte schon lange damit aufgehört, Dinge nur zu tun, weil sie erwartet wurden, oder (noch schlimmer) um anderen zu gefallen. Die Leute dachten über einen, was sie denken wollten, völlig unabhängig davon, was man tat oder nicht tat, sagte oder nicht sagte. Das hatte sie zu Schulzeiten nur allzu deutlich zu spüren bekommen, und sie hatte sich damals geschworen, sich nie wieder von der Meinung anderer Leute beeinflussen zu lassen. Die Welt war ein Geflecht aus unzähligen Gegensätzen und ineinandergreifenden Übergängen. Wenn sie dieser Tatsache nicht aufgeschlossen, mit Flexibilität und Handlungsbereitschaft entgegentrat, würde sie sich auf Dauer nur selbst das Leben schwer machen. Sie würde definitiv an niemandem festhalten, der ihre dargebotene Hand überhaupt nicht ergreifen wollte. Auch nicht, wenn das bedeutete ein Eheversprechen zu brechen.

Das Wort »Flittchen« hallte schmerzhaft in ihrem Inneren wider. Auch wenn Nadine es nie wirklich ausgesprochen hatte, glaubte Linda, es dennoch deutlich in ihrem Blick gelesen zu haben. Du bist paranoid, schalt sie sich und schüttelte den Kopf. Nadine ist nicht Marita …

Nachdenklich rieb sie sich die Stirn und überlegte angestrengt, ob die Chance bestand, dass sich eine Kopfschmerztablette in ihrer Handtasche versteckte. All diese widersprüchlichen Emotionen machten ihr schwer zu schaffen. Das hättest du dir früher überlegen müssen, fuhr sie sich selbst an, als sie in die nächste Seitenstraße einbog. Die Wolken hatten den Himmel für sich eingenommen und tauchten die Stadt in ein tristes Grau. Noch so ein Wink …

Linda hatte das Gefühl, als liefe ihr Körper stur und in Eigenregie voraus, während ihr Geist noch hadernd, verwirrt und völlig unvorbereitet von ihm hinterhergezogen wurde. Wie einer dieser bunten, mit Helium gefüllten Partyluftballons, die man auf jedem Jahrmarkt erstehen konnte, zappelten ihre zweifelnden Gedanken haltlos in der Schwerelosigkeit vor sich hin, während Lindas Füße unerbittlich ihrem Ziel entgegenschritten.

Sie war schon fast an der U-Bahn-Station Hohenzollernstraße angelangt, da vibrierte ihr Handy. Auf dem Display konnte sie Ellas Namen lesen.

»Alles in Ordnung?«, meldete sich Linda, ohne sich mit irgendwelchen Begrüßungsfloskeln aufzuhalten.

»Hi, alles in Ordnung. Ich wollte dich nur fragen, ob Luisa schon gegessen hat.«

»Ach so.« Lindas Erleichterung war deutlich herauszuhören. Kraftlos rieb sie sich mit ihrer freien Hand die Nasenwurzel in der Hoffnung, ihre innere Anspannung so etwas wegzumassieren. »Ja, hat sie. Ich dachte schon, es wäre etwas passiert und ich müsste Mark absagen.«

»Möchtest du das denn?«

Linda schnaubte nur verächtlich ins Telefon, anstatt eine vernünftige Antwort zu geben.

Was sollte diese Frage? Sie hatte ja nicht vor, eine richtige Affäre daraus zu machen, verteidigte sie sich vor sich selbst. Sie wollte diese Angelegenheit mit Mark gar nicht unnötig in die Länge ziehen oder zu etwas Großem ausbauen.

»Wie gesagt, du verstehst das nicht«, beteuerte sie, nachdem sie sich eine Weile angeschwiegen hatten. »Ist ja nicht so, als beginge ich ein Verbrechen. Es ist eher wie ein Wochenendtrip – ein Kurzurlaub in ein anderes Leben.«

Nun war es Ella, die schnaubte. »Ich hoffe nur, dass dich dein kleines Abenteuer am Ende nicht genauso teuer zu stehen kommen wird, wie das bei sogenannten Wochenendtrips der Fall ist. Diese kleinen Pausen vom Alltag sind kostspielig«, gab Ella zu bedenken.

»Und dennoch die am häufigsten gewählte Ausflugsform aller Urlauber«, gab Linda schlagfertig zurück. Nervös griffen ihre Fingernägel ineinander und machten immer wieder leise Klack-Geräusche, wenn sie aneinander abrutschten.

»Ich bin nicht die Einzige, die eine Pause braucht«, setzte sie unsinnigerweise mit trotzigem Gesichtsausdruck nach (Ella konnte sie schließlich nicht sehen). »Nur dass meine Pause nicht den Namen einer Stadt, sondern den eines Mannes trägt.«

»Tu, was du für richtig hältst, Süße. Bis später.«

»Bis später.«

Na spitze! Jetzt fühlte sie sich wieder richtig mies. »Tu, was du für richtig hältst …« Schon wieder so ein Spruch, der sich wie Blei in ihren Brustkorb grub. Langsam wurde Linda ärgerlich auf sich selbst. Was sollte dieses plötzliche, unnötige Überdramatisieren? Sie war erwachsen. Sie wusste über die Existenz der einzig wahrhaftigen, sagenumwobenen großen Liebe fürs Leben ungefähr im gleichen Ausmaß Bescheid wie über den Weihnachtsmann. Es würde ein Treffen unter Erwachsenen in einem freien Land sein, nicht mehr und nicht weniger. Kein Grund, so aus der Fassung zu geraten.

Außerdem traf sie sich nicht mit einem Gangsterboss, sondern lediglich mit Mark. Mark war aus optischer Sicht eigentlich überhaupt nicht Lindas Typ. Er hatte dichtes, rotes Haar, einen zotteligen Bart, war von schlaksiger Statur und wirkte auf Linda jünger, als er war. Sie fühlte sich grundsätzlich eher zu männlicheren Exemplaren mit markanten Gesichtszügen und glatter Haut hingezogen. Aber Mark hatte mit seiner entspannten und ruhigen Ausstrahlung etwas in seinen grasgrünen Augen blitzen, das Linda für ihn einnahm. Seine zurückhaltende Art und seine stumme Bewunderung, die sich in verstohlenen Blicken und unbeholfenen Annäherungsversuchen äußerte, waren eine willkommene Abwechslung zu Dennis’ Holzhammer-Macho-Attitüde.

Es hatte total unverfänglich angefangen. Aufgrund ihrer Nachbarschaft waren sie sich ein paarmal zufällig auf dem Spielplatz in der Nähe ihrer beiden Häuser über den Weg gelaufen. Da beide Kinder hatten, die in etwa in demselben Alter waren, hatte sich auch gleich ein Gesprächsthema gefunden. Mark, der in Scheidung lebte und seinen Sohn nur jede zweite Woche bei sich zu Hause hatte, zeigte ziemlich schnell und auch sehr deutlich, dass er von Linda angetan war. Sehr engagiert hatte er sich um Luisa und seinen eigenen Sohn an der Rutsche bemüht, als sie sich das erste Mal begegnet waren, und dabei immer wieder zu ihr herübergeschielt. Auch als er sich neben ihr auf der Bank niedergelassen hatte, um seinen Sohn zu beobachten – sein Hauptaugenmerk hatte vordergründig und unmissverständlich ihr gegolten. Dieser Umstand wirkte sich fast wie ein Kulturschock auf Linda aus, war sie doch bei Dennis nach Arbeit, Sportverein, Zierfischen und Luisa auf Platz fünf in der Prioritätenrangliste nach unten gerutscht. Diese Art des Interesses an ihr und ihrer Person hatte dafür gesorgt, dass Linda regelrecht süchtig nach den Treffen mit Mark wurde. Derlei Bestätigung streichelte auf genau die Art ihr Ego, wie Dennis es untergrub. Diese neu entdeckte Form der Bestätigung war so berauschend, dass es für Linda aus emotionaler Sicht schnell kein Zurück mehr gab. Sie brauchte Mark und seine Blicke. Aus romantischer Sicht war da kaum etwas, aber das war auch nicht weiter nötig. Es war aufregend, es war spannend. Obwohl sie sich noch nicht einmal geküsst hatten, lief Lindas Kopfkino derart auf Hochtouren, wenn sie sich begegneten, dass sie nun einem Treffen ohne Anstandswauwaus in Form der Kinder nicht hatte widerstehen können. Doch jetzt, wo sie so kurz vor dem Ziel war, fühlte sich das alles gar nicht mehr so unwiderstehlich an.

Schon wieder schüttelte sie unwillig mit dem Kopf. Sie fühlte sich langsam wie eine dieser betagten Damen, die den halben Tag lang imaginäre Dialoge in ihrem Kopf austrugen und durch verhaltenes Gestikulieren der Außenwelt zeigten, dass sie langsam, aber sicher nicht mehr alle auf dem Christbaum hatten.

Ein erneutes Vibrieren in ihrer Handtasche riss sie aus ihren Gedanken.

Linda gönnte sich und ihrem erhitzten Körper eine Pause und blieb kurz stehen, um sich auf die angekündigte Nachricht aus ihrer Handtasche konzentrieren zu können. Sie identifizierte die Push-up-Mitteilung auf ihrem Smartphone als WhatsApp-Nachricht. Es war ein Foto inklusive Kommentar von Mark.

»Ich hoffe, du hast Appetit mitgebracht. Ich habe uns gerade Nachos mit Käse in den Ofen geschoben. Sind die nicht großartig?«

Im Anhang waren auf einem Bild besagte Nachos auf einem hässlichen Blümchenteller zu erkennen.

Sind die nicht großartig …

Großartig …

Plötzlich musste Linda an ihren Vater denken, der dieses Wort immer so gerne benutzt hatte.

Sie schluckte geräuschvoll und starrte eine Weile unschlüssig auf den Käseabrieb, der sich auf dem Maisgebäck stapelte. Auf einmal wusste Linda, wo das Problem lag. Sie fühlte sich schon lange nicht mehr großartig. Im Gegenteil. Und sie würde sich erst recht nicht großartig fühlen, wenn sie sich ein vorübergehendes Hochgefühl durch eine heimliche Liebelei mit dem Nachbarsjungen erschlich. Absolut rein gar nichts war an dieser verfluchten Situation großartig.

Linda trat eine Weile unschlüssig auf der Stelle und zupfte wieder an ihrer Bluse herum. Der schwebende Luftballon mit ihren Gedanken war in den letzten Sekunden klammheimlich abhandengekommen, und so blieb ihr Körper leer und desorientiert auf dem Gehweg zurück.

Jetzt, wo sie so über ihren Vater nachdachte, fragte sie sich unwillkürlich, was er wohl davon gehalten hätte, wenn er gewusst hätte, was sie gerade im Begriff war, zu tun. Er und Lindas Mutter waren durchweg als stabiles Team aufgetreten, und das, obwohl sie die letzten Jahre seines Lebens mit massiven Geldproblemen zu kämpfen gehabt hatten und sich um zwei pubertierende Kinder hatten kümmern müssen. Die Frage nach der Schuld war in Lindas Elternhaus höchstens von Seiten der Kinder gestellt worden, und Linda konnte sich auch nicht erinnern, dass ihr Vater je Vorwürfe in den Mund genommen hätte. Er war trotz seiner Arbeitslosigkeit, die ihm in den letzten Jahren schwer zugesetzt hatte, ein tiefenentspannter und grundzufriedener Mann gewesen, der stets bemüht gewesen war, das Beste in seinen Mitmenschen zu sehen. Wenn sich Linda in den dunklen Stunden ihrer Teenagertage oft selbst nicht gemocht oder verstanden hatte, war immer er es gewesen, der diesen Part für sie übernommen und ihr dabei geholfen hatte, sich selbst besser kennen und akzeptieren zu lernen. Besonders als sie von der Stadt aufs Land hinaus gezogen waren und sich Linda mit dieser radikalen Umstellung herumgequält hatte, war er ein echter Freund und einzigartiger Zuhörer gewesen. Wie sehr er ihr doch fehlte. Für ihren Vater war die Familie immer etwas Heiliges gewesen.

Nein, ihr Vater hätte diese Mark-Geschichte nicht gut gefunden. Wahrscheinlich hätte er nicht einmal diese Dennis-Geschichte gut gefunden, aber dieser Zug war bereits abgefahren. Der andere aber noch nicht …

Synchron mit dem entschlossenen Seufzer, der aus ihrer Kehle emporstieg, ließ sie ihre Hand mit dem Handy darin sinken. Sie wagte einen flüchtigen Blick gen Himmel.

Mark würde sich total vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn sie ihm so kurzfristig absagte. Allerdings wusste sie spätestens jetzt, dass ein Besuch bei ihm zu Hause keine Option mehr für sie darstellte. Das war nicht die Linda, die sie zu sein gedachte. Für sich nicht, für ihren Vater nicht, für ihre Tochter nicht und (auch wenn er sich manchmal wie ein Arsch benahm und sie extrem wütend auf ihn war, so liebte sie ihn dennoch) für Dennis auch nicht. Nadine fand die Idee mies, sie selbst schlief wegen dieser Sache seit Tagen schlecht (wenn auch vordergründig wegen der Parallelen zu Ella) und das Universum hatte mit seiner Glätteisen-Panne heute Morgen ebenfalls seinen Senf dazugegeben. Sie sinnierte noch eine Weile vor sich hin und kickte dabei gedankenverloren ein paar Kieselsteine gegen die vergilbte Hausmauer. Mit hängenden Armen und gerunzelter Stirn trat sie eine kurze Reise in ihr Innerstes an. Sie versuchte das Chaos in die Ecke zu drängen und in sich hineinzuhorchen. Was für ein Mensch möchtest du sein, Linda?

Dann fuhr plötzlich ein Ruck durch ihren Körper, und sie widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Smartphone. Mit flinken Fingern rief sie die grüne Chat-App erneut auf, um Mark zu antworten. Sie fühlte sich elend, als sie die Worte mit der Tastatur ihres Handydisplays formte, aber auch ein wenig erleichtert.

Tut mir leid, Mark, dass ich dir so kurzfristig absagen muss, aber mir ist etwas dazwischengekommen. Und ja, die Nachos sehen wirklich großartig aus.

Erschöpft verbannte sie das Kommunikationsmittel in ihre Handtasche und beschloss, es erst heute Abend wieder hervorzuholen, um sich den vorhersehbaren Fragen, die sich vermutlich schon jetzt darauf sammeln würden, zu stellen. Der arme Mark. Jetzt war sie wirklich ein Flittchen. Wenn auch in einem anderen Sinne als ursprünglich gemeint.

Da sie weder die Nerven noch die Lust übrighatte, um ihren Freundinnen ebenfalls Rede und Antwort zu stehen, beschloss sie kurzerhand, im nächsten Kino für Zerstreuung zu sorgen. Sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung, welche Filme sich derzeit in den Kinoprogrammen tummelten, aber das war ihr auch gleichgültig. Sie wusste, wohin sie gehen musste, um im Halbdunkel bei audiovisueller Berieselung abzuschalten, und das war alles, was zählte. Sie würde ins Leopold Kino gehen, sich Nachos mit Käse bestellen (die hatten auf Marks Foto nämlich echt lecker ausgesehen), den Gedankenluftballon wieder einfangen und sich in Ruhe neu ordnen.

Als sie sich in Bewegung setzte, schmerzten ihre Glieder durch die vorangegangene Anspannung, die bis dato ihren Körper beherrscht hatte. Mit kreisenden Bewegungen lockerte sie ihre Nackenmuskulatur und begann dann, in die entgegengesetzte Richtung zur Trambahnstation zu laufen, um sich an der Münchner Freiheit den nächstbesten Kinofilm zu gönnen.

2

»Wir sind schon wieder viel zu spät dran«, ätzte Dennis mit herrischer Stimme hinter ihr, als sie gerade die Barbecuesoße für das Fleisch in ihrer Handtasche verstaute. Sie waren für diesen Samstag bei Ella und Ralf zum Grillen eingeladen worden, und Linda ging mit gemischten Gefühlen an die Sache heran. Ella und Nadine hatten keine Ahnung davon, dass außer elektronischem Buchstabenkontakt nichts gelaufen war, und Linda war nun gespannt, wie sie sich verhalten würden.

»Mach mal hin!«, bellte Dennis über den Mahagonitisch hinweg, nachdem eine Reaktion seiner Frau ausgeblieben war, und erhob sich.