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Warum Katalogbestellungen zur Sucht werden können, wovon Männer und Frauen wirklich träumen, weshalb jede Frau wenigstens eine Feindin haben sollte, wie Käsekuchen gegen Wechseljahrsbeschwerden hilft, und ob Männer Ähnlichkeit mit Schimpansen haben... Über diese und andere Fragen schreibt Amelie Fried intelligent, witzig und mit einer gehörigen Portion Ironie.
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Seitenzahl: 200
Das Buch
Neue Kolumnen der Bestsellerautorin. Alles dreht sich darum, wie Frauen von heute Beruf, Liebe und persönliche Leidenschaften unter einen Hut bringen. Mit viel Selbstironie berichtet Amelie Fried von ihrem eigenen Leben und dem ihrer Familie, in der man sich daran gewöhnt hat, dass nicht immer alles nach Plan läuft. Der Leser lernt dauerduschende Aupairmädchen, verliebte Kater, innere Schweinehunde und alle Vor- und Nachteile der Ehe kennen – und die Erzählerin als total versagende, schlaflose Hausfrau mit Handy-Tick und vielen anderen verborgenen Lastern.
Die Autorin
Amelie Fried wurde 1958 in Ulm geboren. Nach ihrem Studium moderierte sie zahlreiche Fernsehsendungen, darunter Live aus dem Alabama, Live aus der alten Oper, Stern-TV und Kinderella. Derzeit ist sie Gastgeberin der Talkshow 3 nach 9. Sie erhielt zahlreiche Fernsehpreise. Für ihr erstes Kinderbuch Hat Opa einen Anzug an? erhielt sie 1998 den Deutschen Jugendliteraturpreis, ihr zweites Kinderbuch Der unsichtbare Vater kam auf die Auswahlliste. Ihre Bestseller-Romane Traumfrau mit Nebenwirkungen, Am Anfang war der Seitensprung und Der Mann von nebenan wurden bereits verfilmt. Die Verfilmung von Glücksspieler ist in Vorbereitung. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von München.
Es gibt viele Sorten Menschen: Die Morgenmuffel und die Nachtmenschen. Die Kiffer und die Trinker. Die Berliner und die Münchner. Die Aufräumer und die Schlamper. Die Redner und die Schweiger. Die Behalter und die Wegwerfer. Die Zögerer und die Entscheider.
Die meisten dieser Menschen kommen im Prinzip gut miteinander aus. Ein kiffender Berliner und ein trinkender Münchner können durchaus Freunde sein. Ein schweigsamer Behalter und eine redselige Aufräumerin können durchaus ein glückliches Paar abgeben. Selbst ein morgenmuffeliger Wegwerfer und eine nachtaktive Schlamperin können sich irgendwie zusammenraufen. Schwieriger ist es bei Zögerern und Entscheidern.
Ich zum Beispiel gehöre zu den Entscheidern. Die morgendliche Frage »Was soll ich anziehen?« löse ich in maximal zwanzig Sekunden. Nachfolgende Entscheidungen wie: Fahre ich mit Auto oder S-Bahn? Möchte ich einen PC oder einen Mac? Was koche ich zu Mittag? Will ich ins Theater oder ins Kino? treffe ich ebenfalls spontan und aus dem Bauch heraus. Selbst Fragen wie: Heirate ich Jochen oder Peter? Ziehe ich nach Hamburg oder München? Nehmen wir die Wohnung oder nicht? haben mich nie länger als einen halben Tag beschäftigt. Was ich in dieser Zeit nicht entscheiden kann, entscheide ich nie mehr.
Und nun stellen Sie sich vor, ich treffe auf einen Zögerer wie – sagen wir mal, meine Tochter Paulina. Die steht jeden Morgen eine Viertelstunde vor dem Kleiderschrank und überlegt, welches Outfit ihr heute zusagt, wobei sie sich noch mindestens dreimal umentscheidet. Beim Frühstück bestellt sie: »Cornflakes. Oder nein, Haferflocken. Ach nein, doch lieber ein Brot. Mit Marmelade. Nein, lieber Honig. Oder nein, nur Butter. Überhaupt nichts.«
Nach dem Mittagessen überlegt sie ausführlich, welcher Freundin sie heute ihre Gunst schenken möchte. Annika? Jula? Dodo? Katharina? Doch lieber Jula. Oder nein, Lucy.
Das Ende vom Lied ist, dass alle Freundinnen schon was vorhaben, und Paulina sich alleine beschäftigen muss. Fragt sich nur, womit. Malen? Lesen? Schaukeln? Oder doch lieber Fahrrad fahren?
Leicht vorzustellen, welche Szenen sich mit dem Kind im Restaurant, beim Kleiderkauf oder beim Verfassen des weihnachtlichen Wunschzettels abspielen ... eine echte Geduldsprobe!
Ob man Zögerer oder Entscheider ist, liegt in den Genen. Man kommt so auf die Welt. Aber die Fülle der Möglichkeiten löst bei den beiden Typen unterschiedliche Reaktionen aus. Die Entscheider haben die Beliebigkeit ihres Tuns erkannt und entscheiden sich ganz schnell für etwas, weil sie wissen, dass man ohnehin selten vorher weiß, was das Richtige ist. Die Zögerer wollen immer die perfekte, die einzig richtige Entscheidung treffen, und da es die meist nicht gibt, entscheiden sie lieber gar nichts, so nach dem Motto: Wer nichts macht, macht auch keine Fehler. Und so stehen sie sinnend vor dem kalten Büffet und überlegen, welche der vielen Schinkensorten wohl am leckersten schmeckt. Bis sie sich entschieden haben, ist das Büffet abgeräumt.
Hat ein Zögerer es überraschenderweise doch mal geschafft, eine Entscheidung zu treffen, hat er natürlich die allerhöchsten Erwartungen an das Ergebnis. Der Anzug, den er gekauft hat, muss mindestens zehn Jahre halten – schon um sich nicht so bald wieder für einen neuen entscheiden zu müssen. Der Mann, den frau nach jahrelangen Überlegungen geheiratet hat, muss um jeden Preis der Richtige sein – wofür hat sie sich sonst so mit der Entscheidung gequält! Dass Moden sich ändern, dass Beziehungen scheitern können, dass immer wieder neue Entscheidungen nötig werden – für den Zögerer eine schreckliche Vorstellung.
Dass Frauen von der Venus kommen und Männer vom Mars, ist hinreichend bekannt. Das müsste an und für sich noch kein Problem sein, denn wer sagt denn, dass Angehörige unterschiedlicher planetarischer Kulturen sich nicht verstehen können? Leider zeigt sich immer wieder, dass es doch ein Problem ist. Dass zwischen Männern und Frauen nicht nur Welten liegen, sondern ganze Universen. Dass sie vom Gleichen sprechen können und völlig Unterschiedliches damit meinen. Dass sie glauben, den anderen zu begreifen, und in Wahrheit nicht mal ahnen, was ihn wirklich bewegt.
Männer und Frauen können sich nicht verstehen, weil Männer ...
... das gemeinsame Ansehen eines Fußballspiels als Vorspiel betrachten
... das Lesen von Büchern für den Beginn einer Geisteskrankheit halten
... davon träumen, dass sich Frauen nach dem Sex in eine Pizza und ein Bier verwandeln
... als Zeichen der inneren Unabhängigkeit ihre Socken herumliegen lassen
... Blow-Jobs nicht für Sex halten (siehe Bill Clinton)
... zu faul sind, ihre Hemden selbst zu bügeln
... sich die Geburtstage ihrer Freunde, Frauen und Kinder nicht merken
... Weinen im Kino für unmännlich halten
... das Ansehen von Pornovideos für männlich halten
... Gespräche über die Beziehung nur führen, wenn es ums Schlussmachen geht
... sich die Namen der Freundinnen ihrer Frauen nicht merken
.. Kinder am nettesten finden, wenn sie schlafen
... Männer mit Rollenkoffern für schwul halten
... Frauen mit großem Busen für blöd halten
... Blumen nur verschenken, wenn sie ein schlechtes Gewissen haben
... lebensgefährliches Überholen für ein Zeichen von Potenz halten
... für einmal Abspülen pro Woche das Bundesverdienstkreuz erwarten
... immer das an Frauen toll finden, was die eigene Frau nicht hat
... beim Einkaufsbummel von Lähmungserscheinungen befallen werden
... lieber lautstark leiden, als einmal zum Arzt zu gehen
... immer dann wichtige Termine haben, wenn in der Schule Elternabend ist
... immer dann keine wichtigen Termine haben, wenn der Sportverein sein alljährliches todlangweiliges Grillfest veranstaltet
Männer und Frauen können sich aber auch nicht verstehen, weil Frauen ...
.. immer noch glauben, dass Männer kein Vorspiel mögen
.. sich für die schlechteren Autofahrer halten
.. dazu neigen, Sex und Liebe zu verwechseln
... das Reden über die Beziehung oft wichtiger finden als die Beziehung selbst
... ein schlechtes Gewissen kriegen, wenn sie Überstunden machen und Spaß dabei haben
... ein noch schlechteres Gewissen kriegen, wenn sie keine Überstunden machen
... gelungene Kindergeburtstage für das Wichtigste in ihrem Leben halten
... einen harmlosen Witz als sexuelle Belästigung missverstehen
... Kritik an ihrer Arbeit mit Kritik an ihrer Person verwechseln
... die Frage »kommst du noch mit rauf« für einen verkappten Heiratsantrag halten
... davon träumen, dass Männer sich nach dem Sex in ein Schaumbad und ein Glas Champagner verwandeln
... das Tragen von unbequemen Schuhen für weiblich halten
... Erfolg im Beruf für unweiblich halten
... sich die Namen der Spieler des Lieblingsvereins ihres Mannes nicht merken
... sich aber sämtliche Namen sämtlicher Ex-Freundinnen ihres Mannes merken
.. blöd genug sind, die Hemden ihrer Männer zu bügeln
... das Lesen von Büchern für ein Zeichen von Intelligenz halten
.. sich nach einem Streit mit Blumen abspeisen lassen
... eine entspannende Nackenmassage einer anstrengenden Liebesnacht vorziehen
... glauben, dass ein Mann sensibel ist, nur weil er im Kino heult
... Frauen mit großem Busen für blöd halten
Ich bin ein so guter Mensch!
Ich liebe meine Familie, ich achte meine Mitmenschen, ich spende für wohltätige Zwecke, ich vollbringe mein Tagwerk ohne zu Murren, ich fahre nicht betrunken Auto, ich fahre nicht schwarz mit der S-Bahn, ich fälsche keine Bewirtungsquittungen, ich rede nicht schlecht über andere, ich bin dankbar für das was ich habe, ich empfinde Mitgefühl für Kranke, ich kippe kein Altöl in die Natur, ich gehe wählen, ich klaue keine Zeitungen, ich kriege ein schlechtes Gewissen, wenn ich ein Polizeiauto sehe, ich werfe keine Lebensmittel weg, ich trenne zehn Sorten Müll, ich engagiere mich für eine Tierschutzorganisation, für AIDS-Kranke und gegen Ausländerfeindlichkeit, ich erzähle keine Polenwitze und bin gegen Kinderarbeit in aller Welt ... ach Gott, was bin ich für ein guter Mensch!
Und wissen Sie was? Manchmal langweilt mich das Gut-Sein zu Tode.
Wäre es nicht viel lustiger, eine von diesen Giftspritzen zu sein, die sich scharfzüngig über andere hermachen, sobald die den Raum verlassen haben? Wäre das Leben nicht interessanter, wenn ich mich trauen würde, hin und wieder schwarz zu fahren oder einen Lippenstift zu klauen? Wäre es nicht enorm befreiend, politisch unkorrekte Witze zu reißen?
Es ist nicht nur langweilig, immerzu gut zu sein, es ist auch irre anstrengend. Denn es wäre doch gelogen, wenn wir behaupteten, frei von niederen Instinkten zu sein. Wo, bitte schön, sollen wir denn mit denen hin? Natürlich sind wir schadenfroh, wenn unserem bescheuerten Nachbarn das Moped ausbricht und er eine Delle in sein eigenes Auto fährt. Wenn unsere Lieblingsfeindin von ihrem Lover verlassen wird. Oder irgendein männlicher Wichtigtuer nach dem Verlesen einer Wichtigtuer-Rede übers Mikrofonkabel stolpert. Nur zeigen dürfen wir es nicht, denn Schadenfreude ist nun mal kein feiner Zug.
Ebenso wenig wie Gier, Geiz, Neid, Eifersucht, Missgunst oder Bosheit. Das sind Eigenschaften, die wir alle ganz schrecklich finden, und natürlich sind wir selbst völlig frei davon.
Oder?
Bei genauerem Nachdenken drängt sich ein furchtbarer Verdacht auf: Bin ich vielleicht nur deshalb so ein wahnsinnig guter Mensch geworden, weil ich mich die ganze Zeit anstrenge, meine niederen Instinkte zu bekämpfen? Spende ich womöglich nur, weil ich in Wahrheit geizig bin? Bin ich nur deshalb nett zu meinen Mitmenschen, weil ich sie eigentlich für Idioten halte? Und echauffiere ich mich über Fremdenfeindlichkeit, weil auch in mir selbst die Angst vor dem Fremden lauert?
Könnte doch sein, dass unser Gut-Sein nichts anderes ist als das Ergebnis unseres Kampfes mit den eigenen Schatten. Dass all die niederen Instinkte sehr wohl in uns sind, dass wir aber ständig bestrebt sind, sie nicht herauszulassen. Es ist niederschmetternd, aber vermutlich wahr: Wir können nur gut sein, weil wir schlecht sind!
Wenn das stimmt, sollten wir unsere Schattenseiten mal mit anderen Augen betrachten. Ist doch toll, dass wir solche wilden, ungezügelten Anteile in uns haben! Dass wir nicht wirklich nur die langweiligen Gutmenschen ohne Abgründe sind, in denen nichts brodelt außer den Verdauungssäften. Ich mag die Vorstellung, dass in uns allen etwas Mephistophelisches steckt.
Mal ehrlich: Wer hat nicht schon mal davon geträumt, eine Bank zu überfallen, der besten Freundin den Mann auszuspannen, oder wenigstens mal die Kinder zu verhauen, wenn sie sich mal wieder besonders schrecklich aufführen. Wie gerne möchte man mal bei einem vornehmen Abendessen die Füße auf den Tisch legen und laut »Scheiße!« sagen. Oder ohne schlechtes Gewissen diese Sorte Witze weitererzählen, die frauenfeindlich und unanständig sind, aber leider trotzdem furchtbar lustig. Was wäre es für ein Genuss, mal so richtig böse zu sein!
Zu dumm, dass wir uns nicht trauen. Weil wir gelernt haben, dass nur nette Mädchen geliebt werden. Dass nur gute Menschen in den Himmel kommen. Und dass nur ein gutes Gewissen ein weiches Ruhekissen ist. Also belassen wir’s dabei, uns das Böse-Sein hie und da mal vorzustellen und die Leute zu bewundern, die sich trauen böse zu sein. Nicht umsonst faszinieren uns gerissene Gauner, freche Mädchen und Bösewichter aller Art.
Ich finde, Pünktlichkeit ist ein dehnbarer Begriff. Wenn mein Zug um 10.00 Uhr abfährt, bin ich pünktlich, wenn ich um 9.59 Uhr auf dem Bahnsteig ankomme. Wenn eine Party um 20.00 Uhr beginnt, bin ich auch noch pünktlich, wenn ich um 20.15 Uhr dort eintreffe. Vermutlich sind mir die Gastgeber sogar dankbar, dass ich nicht Punkt acht da bin; schließlich können sie nicht alle Gäste auf einmal begrüßen.
Mein Mann sieht das anders. Wenn wir um acht Uhr eingeladen sind, steht er ab halb sieben wippend im Badezimmer, heuchelt Interesse für mein Outfit und macht mich nervös. Meistens sagt er nicht mal was. Ich weiß aber genau, was er sagen würde, wenn er was sagen würde. Stattdessen steht er einfach nur herum und sieht mir beim Haarefönen und Wimperntuschen zu. Er selbst ist natürlich längst fertig angezogen und rasiert.
Ich weiß auch nicht, woran es liegt, aber egal, wie viel Zeit ich zur Verfügung habe, am Ende gerate ich immer in Stress. Mir bricht der Schweiß aus, meine mühsam gefönten Haare fallen zusammen, die Klamotten gefallen mir plötzlich nicht mehr, ich werde hektisch und kriege schlechte Laune. Meist verlassen wir wütend das Haus, streiten im Auto noch ein bisschen, und geloben uns dann gegenseitig Besserung.
Mein Mann gehört zu den Menschen, die dreimal kontrollieren, ob alle Fenster und Türen geschlossen sind, bevor er aus dem Haus geht. Er hat alle seine Steuerbelege sorgsam geordnet und immer einen Überblick über den Stand der Haushaltskasse.
Ich hingegen bin imstande, in einem Geschäft zu bezahlen, mich freundlich zu verabschieden – und die Ware liegen zu lassen. Ich merke mir die Geburtstage wildfremder Leute, vergesse aber meinen eigenen Hochzeitstag. Ich schließe mein Auto nicht ab, lasse meine Handtasche mit Geld und Papieren irgendwo rumliegen, verlege ständig wichtige Dokumente und habe keinen blassen Schimmer, wie hoch oder niedrig unser Kontostand ist.
Meinen Mann macht das wahnsinnig. Mich macht es wahnsinnig, dass es ihn wahnsinnig macht. Wir wissen, dass wir in diesen Dingen nie zusammenkommen werden. Dass wir trotzdem seit über zehn Jahren glücklich verheiratet sind, beweist einmal mehr die These, dass man jemanden nicht wegen seiner guten Eigenschaften liebt, sondern trotz seiner schlechten!
Eine Paarbeziehung ist eine Art permanenter Theaterinszenierung, in der jeder seine genau festgelegte Rolle zu spielen hat. Sie die Chaotische und Vergessliche, er der Pünktliche und Zuverlässige. Sie die Spontane und Impulsive, er der Überlegte und Systematische.
Sie die Aufbrausende und Cholerische, er der Besänftigende und Mäßigende.
Vermutlich beruht die Qualität einer Beziehung auf dem geglückten Zusammenspiel der Charaktere, weniger darauf, die Unterschiede zwischen ihnen aus der Welt schaffen zu wollen.
Anfangs glaubt man ja, man könnte den anderen verändern. Man könnte ihm abgewöhnen, seine Hemden falsch herum auf den Bügel zu hängen, das Essen schon vor dem Probieren nachzusalzen, das nasse Handtuch aufs Bett zu schmeißen. Nach ein paar Monaten macht sich Ernüchterung breit, nach ein paar Jahren Resignation. Menschen ändern sich nicht.
Bleibt uns Frauen also nichts anderes übrig, als dieses fremdartige Wesen neben uns, genannt Mann, mit Liebe und Interesse zu betrachten. So nehme ich staunend wahr, dass der Alien an meiner Seite wirklich völlig glücklich ist, wenn Bayern gegen Schalke gewonnen hat. Dass er ein dreigängiges Nouvelle-Cuisine-Menü stehen lässt für ein Wurstbrot mit Senf. Dass er sich tatsächlich daran erinnert, wo er seit zwanzig Jahren irgendein Teil für seinen Gitarrenverstärker aufbewahrt. Und ich bemühe mich, tolerant zu reagieren, wenn er nach dem zwölften Einrichtungsladen die Lust auf Shopping verliert, meine Begeisterung für Beziehungsratgeber einfach nicht teilen will und es nicht lassen kann, das Haus aufzuräumen, weil Gäste kommen.
Freunde von uns leben in einem Haus, das so wunderschön und geschmackvoll ist, dass es kürzlich sogar in einer Einrichtungszeitschrift vorgestellt wurde. Es ist von erlesener Architektur und mit edlen Designermöbeln sparsam aber wirkungsvoll eingerichtet – unsere Freunde haben wirklich einen fantastischen Geschmack!
Ihr Hund hat auch einen fantastischen Geschmack. Am liebsten liegt er auf dem weiß bezogenen Sofa. Deshalb liegt auf dem Sofa immer ein Stuhl. Will man sich in einen der weißen Sessel setzen, muss man erst mal Schüsseln, Bücher oder andere Gegenstände wegräumen, die als Hundeschutz darauf liegen. Vor dem offenen Kamin sind Körbe und Kleinmöbel als Barriere aufgebaut, weil der Hund sich gerne in der Asche wälzt, bevor er sich auf die weißen Möbel legt. Die Einrichtung unserer Freunde sieht also in Wahrheit ziemlich merkwürdig aus; gar nicht so wie auf den Fotos in der Zeitschrift.
Obendrein ist der Hund nicht nur faul, sondern auch verfressen; deshalb sieht auch die sehr schön und geschmackvoll ausgestattete Küche unserer Freunde merkwürdig aus.
Alles Essbare wird außerhalb der Reichweite eines Männchen machenden Rhodesian Ridgeback aufbewahrt, also oberhalb von einem Meter achtzig. Knapp unter der Zimmerdecke befinden sich der Brotkasten, Kekse, Chips und sonstige Leckereien. Eine unachtsam abgelegte Tüte mit teuerstem Schweizer Rohmilchkäse fiel kürzlich dem Tier zum Opfer; schicksalergeben speiste die Familie zum Abendessen Kartoffeln ohne Käse.
Der Gesichtsausdruck des Hundes, der voll gefressen auf seiner Decke lag und Blähungen hatte, spielte zwischen zerknirscht und triumphierend.
Meine Kinder finden den Hund süß. Sie finden alle Tiere süß, abgesehen vielleicht von Warzenkröten und Piranhas. Sie haben mir als Haustier bereits ein Ferkel, einen Fuchs, ein Känguruh und eine Giraffe vorgeschlagen. Auch mit Hamster, Meerschwein oder Karnickel würden sie vorlieb nehmen, aber am liebsten hätten sie natürlich einen Hund.
Auch ich liebe Tiere. Deshalb glaube ich, dass ich keinem Tier das Zusammenleben mit mir zumuten sollte. Schon, als ich noch ein Kind war und mir selbstverständlich ebenfalls ein Tier wünschte, hat sich das Verhältnis der Tiere zu mir als problematisch herausgestellt.
Die vom Taschengeld heimlich erstandene Zwergmaus verschwand sofort nach der Ankunft zu Hause hinter dem Bücherregal und ward nicht mehr gesehen. Das von einer Freundin geschenkte Hamsterpaar verschied aus unerfindlichen Gründen nach wenigen Tagen. Die Schildkröte wurde vom Nachbarkind platt getreten. Das Pferd, das ich in einem Preisausschreiben gewinnen sollte, habe ich nie gekriegt. Und die Katze, die uns schließlich zulief, wurde von meinem Vater als die Reinkarnation seiner zweiten Ehefrau erkannt, da sie ausschließlich auf seinem Bett nächtigte.
Bis heute hat sich mein ambivalentes Verhältnis zu meinen Mitgeschöpfen nicht geändert. Ich mag sie, aber sie sind nicht glücklich bei mir. Schon Topfpflanzen überleben meine Pflege nicht; keine Ahnung, was mir bei einem weiteren Versuch mit Haustieren blühen würde. Das Beispiel meiner Freundin Dorothee, deren ausgelaufenes Aquarium in der Wohnung unter ihr einen Dreitausend-Euro-Wasserschaden angerichtet hat, ist mir Warnung gewesen. Ganz abgesehen von der Geschichte mit dem Hummer, der die Abdeckung seines Wasserbeckens beiseite geschoben und das Weite gesucht hat. Mysteriöserweise konnte er in der Wohnung seiner Halter nicht gefunden werden, sollte Ihnen also mal ein herrenloser Hummer begegnen, bitte melden Sie sich!
Die einzigen Tiere, die wir in den letzten Jahren länger beherbergt haben, waren Wespen, die sich hinter einem Holzbalken des Balkons eingenistet hatten. Die waren mir eigentlich ganz sympathisch; sie wollten nichts von mir, und ich nichts von ihnen. Komischerweise finden meine Kinder Wespen als Haustiere nicht süß.
Unsere Freunde mit der geschmackvollen Wohnungseinrichtung denken derzeit übrigens daran, ein weiteres Haustier anzuschaffen, weil der Hund außer Schlafen und Fressen nichts kann, nicht einmal die Zeitung apportieren. Deshalb erwägen sie die Anschaffung eines Zwergponys. Die sollen wahnsinnig intelligent sein. Bringen nicht nur die Zeitung, sondern auch das Bier. Schlafen im Stehen, statt auf dem Sofa. Und mögen keinen Käse.
Kürzlich bekam ich ein Geschenk. Ich packte es aus und hielt einen Karton in der Hand, auf dem Folgendes zu lesen war: »Eierkocher für bis zu 7 Eier – ideal für das große Familienfrühstück. Akustisches Signal bei abgelaufener Kochzeit, Messbecher mit Garstufenregulierung, antihaftbeschichtete Aluminium-Kochschale, integrierter Ei-Anstecher im Messbecher, Eierträger mit handlichem Griff für einfaches Abschrecken und Servieren, Ein/Aus-Schalter mit Kontroll-Leuchte, Kunststoff-Füße für rutschfesten Stand, Kabelaufwicklung im Boden, Eierträger und Haube spülmaschinengeeignet. Für stets perfekte Frühstückseier!«
Mir kam eine grauenhafte Erkenntnis: Zeit meines Lebens hatte ich kein perfektes Frühstücksei zustande gebracht! Wie hatte ich nur leben können ohne integrierten Ei-Anstecher im Messbecher und ohne Kunststoff-Füße für rutschfesten Stand! Wie hatte ich meiner Familie jahrelang Frühstückseier vorsetzen können, die auf vorsintflutliche Weise in einem Topf voller Wasser gekocht worden waren; ohne akustisches Signal bei abgelaufener Kochzeit und ohne handlichen Griff für einfaches Abschrecken und Servieren!
Mein Leben schien plötzlich sinnlos. Ich hatte als Hausfrau völlig versagt.
Mir kamen lauter Geräte in den Sinn, die ich nicht besaß. Eine Kaffeemaschine, zum Beispiel. Ich habe nie verstanden, wozu die gut sein soll, wo man doch problemlos heißes Wasser in einen aufgesetzten Filter gießen kann. Oder eine Brotschneidemaschine. Ich besitze ein Holzbrett und ein Brotmesser, und bislang hatte ich nicht das Gefühl, mir fehle etwas.
Völlig absurd erschien mir auch immer der Besitz einer Nudelmaschine; es dauert Stunden, den Teig herzustellen und auszuwalzen, alles ist total verklebt, und im Topf werden die mühsam ausgerollten Tagliatelle zu einem matschigen Klumpen.
Nun aber fragte ich mich, ob ich ohne elektrischen Cocktail-Mixer, Elektro-Entsafter, Creamer, Dampfdruckfensterreiniger, Folieneinschweißgerät für Tiefkühlkost, Teppich-Shampooniergerät, Eiswürfelbereiter und Spargelschälmaschine überhaupt noch weiterleben konnte.
All diese und viele andere Geräte finden sich im Haushalt unserer Freunde Tobias und Michaela. Sie sind so genannte »Highender«, also Endverbraucher, die immer Bescheid wissen über die neuesten technischen Errungenschaften, und Apparate besitzen, von denen ich noch nicht mal was gehört habe.