Verfluchte Eifel - Thomas Michalski - E-Book

Verfluchte Eifel E-Book

Thomas Michalski

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Beschreibung

Dunkle, schauerliche Wälder und geheimnisvolle, im Nebel verborgene Moore – die Eifel kann ein gruseliger Ort sein. Das merken auch immer wieder Fremde, die sich in diese kalte und regnerische Region wagen. Verfluchte Eifel vereint zwei schaurige Novellen in einem Band. Sie schildern die Eifel von ihrer bedrohlichen und mysteriösen Seite, fußen aber auf der Realität. Sie führen tief hinein in einen Landstrich, der auch heute noch von tiefen Wäldern gekennzeichnet ist und dessen Bevölkerung sich Fremden gegenüber meistens verschließt.

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Dunkle, schauerliche Wälder und geheimnisvolle, im Nebel verborgene Moore – die Eifel kann ein sehr gruseliger Ort sein. Das merken auch immer wieder Fremde, die sich in diese kalte und regnerische Region wagen.

Verfluchte Eifel vereint zwei schaurige Novellen in einem Band. Sie schildern die Eifel von ihrer bedrohlichen und mysteriösen Seite, fußen aber auf der Realität. Sie führen tief hinein in einen Landstrich, der auch heute noch von tiefen Wäldern gekennzeichnet ist und dessen Bevölkerung sich Fremden gegenüber zumeist verschließt.

Über den Autor

Thomas Michalski ist selbst in der Eifel groß geworden und kennt daher die Region von Seiten, wie sie nur den Einheimischen zugänglich sind. Auch heute schlägt sein Herz noch für sie und er ist sich sicher, dass es ihn eines Tages zurück in die Heimat verschlagen wird.

Er hat bereits mehrere Bücher verfasst und war 2014 für den Deutschen Phantastikpreis nominiert. Er arbeitet als Setzer und Grafiker und lebt derzeit in Aachen.

Weitere Bücher von Thomas Michalski

Belletristik

Schleier aus Schnee

Verdorbene Asche (2016)

Weltenscherben (2016)

Sachbücher

Einfach Filme machen

Für Anke. Für Lina.

Ihr wisst wofür.

Besonderer Dank

Besonderer Dank gebührt an dieser Stelle einer Gruppe von Menschen, ohne die es – man verzeihe mir diese verbrauchte Floskel, denn hier ist sie einfach wahr – dieses Buch nicht hätte geben können.

Mein Dank gebührt der Eifelarea Film GbR, unserer Amateur- und NoBudget-Filmgruppe, in deren kreativen Geistern die Geschichten der verfluchten Eifel ihren Anfang nahmen.

Mein Dank gebührt Néomi Havinga, Markus Heinen, Ralf Murk und Matthias Schaffrath, die an den beiden Filmprojekten, die diesem Buch als Grundlage dienten, federführend beteiligt waren.

Wer mehr über diese Projekte und den Wechsel des Mediums hin zum geschriebenen Wort erfahren möchte, der kann dies im Nachwort dieses Buches ab S. 93 tun.

Wer hingegen wissen möchte, woran wir gerade arbeiten, der wird im Internet fündig und kann stets die neuesten Neuigkeiten zur Eifelarea Film in unserem Blog unter http://eifelarea.wordpress.com auffinden.

Ein ganz anderer Dank sei zudem an Judith Vogt gerichtet, die einigen Protagonisten aus der zweiten Geschichte dieses Büchleins im dritten Band ihrer „Geister des Landes“-Trilogie einen Auftritt gegönnt hat. Ich mag den Gedanken, dass in der Eifel die unterschiedlichsten Mystery-Universen scheinbar je nur ein, zwei Orte voneinander entfernt sind.

Inhaltsverzeichnis

Das Dorfgeheimnis

Prolog

Fünf Tage später. Die Gegenwart.

Drei Wochen zuvor

Heute

Zwei Woche zuvor

Heute

Vor elf Tagen

Heute

Vor neun Tagen

Heute

Vor acht Tagen

Heute

Vor drei Tagen

Heute

Vor drei Tagen

Heute

Vorgestern

Heute

Zeitgleich

Epilog

Verfluchte Eifel

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Ein Nachwort

Von den Filmen vor dem Buch

Die Idee: Ein Horrorfilm

Xulu – Kein Film für die ganze Familie

Verfluchte Eifel – Zu viele Darsteller an zu wenig Tagen

Nachwehen

Weitere Informationen

Das Dorfgeheimnis

Prolog

Die Kegel seiner Scheinwerfer schnitten wie ein Messer durch die Dunkelheit der Nacht. Martin musste sich alle Mühe geben, den Wagen in der Spur zu halten, als er die Serpentinen bei nahezu voller Geschwindigkeit herab ins Dorf nahm. Aber vielleicht würde er noch pünktlich kommen, rechtzeitig, um sie zu warnen.

Die einsamen Lichter vereinzelter Häuser rauschten wie Striche an seinem Fenster vorbei und auch das Ortsschild war kaum mehr als ein Schemen im Dunkeln. Gut, dass er den Weg zu Sabine auswendig kannte.

Endlich kam ihr Haus in Sicht. Licht fiel aus den Fenstern heraus auf die Straße; sie war also daheim. Quietschend kam sein kleiner Wagen hinter einem schwarzen Kombi zu stehen. Martin schwang sich heraus, stürmte den kleinen Weg zu Sabines Haustüre entlang – und stockte. Die Türe war nicht verschlossen wie sonst, sie war nur angelehnt.

Er sah sich um, doch die Schwärze der Nacht um ihn herum ließ ihn gerade noch die Wagen entlang der Straße erahnen. Also nahm er allen Mut zusammen und öffnete leise die Haustüre. Er ging ein, zwei Schritte hinein, hielt dann wieder inne. Hatte er etwas gehört?

Er lauschte, doch da war nur Stille. Vorsichtig ging er einen Schritt weiter. Ob er nach Sabine rufen sollte? Noch einen Schritt. Wieder hielt er inne. Da war doch ein Geräusch!

Martin hatte noch immer nicht begriffen, dass es Schritte hinter ihm waren, die er gehört hatte, als er den starken Schmerz am Schädel spürte. Eigentümlich langsam realisierte er noch, dass sich sein Hinterkopf pulsierend und warm anfühlte, der Marmorboden, auf den er fiel, im Gegenzug eiskalt. Doch dann bemächtigte sich ein kühler, stiller Schlaf seiner Seele.

Fünf Tage später. Die Gegenwart.

Zuerst waren die Städte entlang der Schienenstrecke kleinen Ortschaften gewichen, und nun hatten auch diese den Weg freigemacht für ein karges, leeres Land und vereinzelte Bauernhöfe. Während sich die Regionalbahn langsam ihren Weg in die Ausläufer der Eifel bahnte, konnte Robert sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Zivilisation regelrecht vor diesem Landstrich zurückwich. Als sei er versehentlich in einen Zug gestiegen, der ihn auf einem geheimen Pfad heraus aus Deutschland und hinein in die Einöde der russischenTaiga.

Nadelbäume und einzelne Sträucher ragten aus einem halb vom Nebel bedeckten Boden hervor in einer Landschaft, deren zentrale Farbe man als ein blasses Gelbgrün beschreiben konnte.

Es war kein Urlaub, der Robert in diese fremdartige Landschaft geführt hatte. »Bräuche und Riten in der Eifel« hatte spannend geklungen, als die Hausarbeitsthemen für dieses Semester vergeben wurden und der Gedanke, das alles vor Ort zu recherchieren wirkte umso attraktiver.

Nun musste Robert zugeben, dass ihm Zweifel an dieser ganzen Idee kamen. Er saß in einer Bahn, deren Waggons so alt waren, dass vermutlich schon vor dreißig Jahren hier Leute transportiert worden waren. Die Sitze waren mit einem fleckigen, bräunlichen Kunstlederbezug und einigen rostigen Schrauben versehen, einige Waggons sogar noch mit einzelnen Sitzabteilen.

Das Ziel seiner Reise war ein junger Mann namens Martin. Robert hatte ihn im Internet kennengelernt, da sich auch Martin in einigen Foren zum Thema herumtrieb. Martin aber lebte selbst in der Eifel und so waren sie geradezu spontan auf den Plan verfallen, sich einmal persönlich vor Ort zu treffen, um etwas »gelebte Wissenschaft« zu betreiben. Also hatte sich Robert mit Martin und seiner Freundin Sabine verabredet – und nun saß er dort in dieser Regionalbahn.

Die nahezu unverständliche, rauschende Durchsage gab den nächsten Halt an. Endstation und Roberts Ziel. Er klappte den Laptop zu und machte sich bereit, sich dieses Land einmal näher zu beschauen.

Er legte sich also seinen Schal um, zog den Mantel über, schulterte den Rucksack und trat ins Freie. Es war kalt in der Eifel, unerwartet kalt sogar. Der Wind fegte am Bahnhof erbarmungslos die Schienen entlang und drang direkt durch Mark und Bein. Bahnhof wäre aber ohnehin zu viel gesagt, denn mehr als eine gepflasterte Zeile, die von dem einzelnen Schienenstrang zur Straße führte, und ein altes rostiges Geländer waren dort nicht vorzufinden. Die Straße, die auf der Karte noch als ausgewachsene Bundesstraße gekennzeichnet war, erwies sich als nicht mehr als ein geteerter Ackerweg, kaum breit genug, als dass zwei Kleinwagen dort nebeneinander Platz gefunden hätten.

Vor allem aber stand Robert alleine dort am Bahnsteig. Von Martin keine Spur.

Wäre es ein voller Bahnsteig gewesen, dann wäre es natürlich möglich, dass er ihn einfach übersehen hätte, kannte er ihn doch nur von einigen, wenigen Fotos her. Aber Robert stand dort ganz alleine, ratlos und unsicher, ob er nun zu Fuß sein Glück versuchen oder doch lieber warten sollte.

Dann gelang es einem Geräusch, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Langsam und behäbig, dunklen Rauch aus allen Rohren pustend, nahte tatsächlich ein Traktor.

Robert harrte geduldig aus, bis der Bauer fast auf seiner Höhe war, dann trat er an den Straßenrand und rief zum Fahrer hinauf, dass er Rat brauche. Einen langen Moment glaubte er, der Kerl würde ihn einfach überfahren, aber dann kam er doch noch neben ihm zu stehen. Sie unterhielten sich kurz und der Bauer fragte, wohin Robert genau wolle. Roberts Antwort löste Unverständnis aus.

»Da willst du hin?« fragte der Bauer ganz erstaunt, mit hörbarem, regionalen Einschlag.

Robert erklärte ihm, dass er seinen Freund Martin dort besuchen wolle und letztlich willigte der Bauer ein, ihn bis zum Ortsschild mitzunehmen. Zwar weigerte er sich standhaft, die letzten zweihundert Meter in den Ort auch noch zu fahren, aber die, so dachte sich Robert, würde er schon ganz ohne Probleme selbst finden.

Also stieg er auf und weiter ging die Fahrt.

Der Bauer erwies sich als schweigsam bis an den Rande der Unfreundlichkeit, hielt aber zumindest Wort. Eine ermüdent langsame Fahrt durch die deprimierende Herbstlandschaft später sah sich Robert neben dem grünen Ortsschild stehen, das sein Ziel markierte. In einigen Metern Entfernung stand tatsächlich ein ausgebrannter Kleinwagen im Wald, den man dort einfach eine Böschung herabgeschickt hatte, aber über eine Talsenke hinweg blickte er auf eine kleine Ansammlung von Häusern, die so auf den ersten Blick sogar durchaus einladend wirkten. Das Wetter allerdings meinte es bisher nicht gut mit ihm.

Bei Martin hatte das alles sehr einladend geklungen. »Wir haben hier die meiste Zeit des Jahres schönes Wetter«, hatte er einmal geschrieben. »Schätze, wir haben das Sonnenfleckchen der Eifel abbekommen. Es ist nass genug für die Felder, aber trocken genug für die Menschen. Und selbst wenn im Nachbarort noch dicke Hagelkörner vom Himmel fallen, bei uns ist es schlimmstenfalls Nieselregen.«

Wenige Momente im vollen Wind auf der kleinen Anhöhe, auf der der Bauer Robert abgesetzt hatte, ließen schnell verstehen, woher die Region in früheren Zeiten ihren Namen »preußisch Sibirien« hatte. Dunkelgraue bis tiefschwarze Schwaden türmten sich entlang der Wipfel der umliegenden Waldstreifen in die Höhe und ragten wie Monolithen vor einer grauen Wand auf Dunst und Wolken auf. An verschiedenen Stellen stiegen Nebelbänke wie Rauchzeichen einer fremden Zivilisation in die Höhe und die Luft roch bereits nach Regen.

Robert beschloss, die örtliche Gaststätte aufzusuchen und dort Zuflucht zu finden, bevor das Unwetter endgültig losschlagen würde.

Drei Wochen zuvor

Ein dunkles Grollen ging von der Wolkenfront aus, als wäre sie ein lebendes Ungetüm, das sich anschickte, den ganzen Landstrich zu verschlingen. Hier oben auf der Anhöhe war es gut zu beobachten. Man sah die einzelnen Wolkentürme, schwarze und dunkelgraue Fronten und das gelegentliche, helle Leuchten vereinzelter Blitze. Und auf jeden dieser Blitze folgte wieder dieses tiefe, gespenstige Grollen.

Martin blickte zu Sabine. Ihre Augen hafteten an dem Naturschauspiel, schienen sich gar nicht lösen zu können.

»Hast du so etwas schon mal gesehen?«, fragte sie Martin andächtig.

Der musste verneinen. »Zumindest nicht hier, höchstens mal in irgendwelchen Dokus.«

»Es ist unglaublich beeindruckend.«

»Und bedrohlich«, ergänze er mit Ehrfurcht in der Stimme. »Ich glaube nicht, dass wir es noch nach Hause schaffen, bevor der Sturm über uns hereinbricht.«

Einen weiteren, langen Moment blickten sie dem nahenden Gewitter entgegen. Unaufhaltsam rollte es langsam auf sie zu. Dann begannen sie, ihre Sachen zu packen, verstauten ihre Decke im Rucksack und machten sich den kleinen Feldweg entlang zurück zum Ort.

Der Regen setzte kurz darauf ein. Mit Nieseln hielt sich das Wetter gar nicht groß auf, sondern es begann von jetzt auf gleich regelrecht zu gießen. Martin und Sabine nahmen es mit Humor, waren aber dennoch in kürzester Zeit vollkommen durchnässt. Sie rannten das erste Stück, fielen aber nach einer Weile wieder in schnelles Gehen zurück. Sie hatten gerade die Hälfte des Weges geschafft, als sie auf einem Hügel über sich das alte Kloster aufragen sahen. Gut Reichenfels.

»Meinst du, wir könnten da unterkommen?«, fragte Martin, aber Sabine schüttelte nur den Kopf.

»Ich finde die da oben in dem Kloster komisch.« erklärte sie. »Da renne ich lieber noch eine Weile durch den Regen!«

Und so liefen sie.

Der Regen hatte sich auch noch nicht gelegt, als sie eine gute Stunde später wieder in der Ortschaft ankamen.

Heute

Das einzige Gasthaus im Ort trug den malerisch klingenden Namen »Hofkeller«. Das zumindest stand auf einem vom Alter gezeichneten Schild an der Fronttür, auf der zudem der Slogan »Mer suffe jett« vermerkt war. Robert hatte keine Ahnung, was das auf Hochdeutsch heißen mochte, aber er nahm sich vor, Martin zu fragen, wenn er ihn finden würde.

So saß er in dieser Kneipe, inmitten dichter Wolken aus Biergeruch und Zigarettenqualm. Das Licht war dämmrig und die helle Display-Beleuchtung seines Laptops schien, so lange er nur auf den Schirm blickte, jedwede Außenwelt auszublenden.

Am Tresen saß die vermutlich unvermeidliche Dorf-Bande und trank ihr erstes Bier zum Nachmittag, gemeinsam mit einigen alten Leuten, die vermutlich bereits früher angefangen hatten. Ein alter, flackernder Röhrenfernseher zeigte, aus dem vielen Grün auf dem Bild zu urteilen, gerade ein Fußballspiel, während zwei uralte Spielautomaten ihre schiefen, verstimmten Melodien in den Raum piepten. Ein im Gegensatz zu den anderen Geräten erstaunlich gut gepflegter Zigarettenautomat rundete den Eindruck ab.

Der einzige Lichtblick schien noch eine ganz hübsche, junge Frau hinter dem Tresen zu sein, die gerade gelangweilt die Gläser putzte. Nachdem Robert ernüchtert feststellen musste, dass es hier offenbar kein offenes W-LAN-Netz gab, beschloss er, sie einmal anzusprechen. Sie schien grob sein Alter zu haben, vielleicht kannte sie da auch Martin oder seine Freundin.

Er bestellte eine Cola und musste feststellen, dass das Gespräch in dem Moment, in dem das Glas den Bierdeckel vor sich berührte und sie mit einem Bleichstift einen einzelnen Strich darauf hinterlassen hatte, auch wieder vorbei war. Er beschloss, es direkter zu versuchen.

»Entschuldigung. Kennst du eigentlich Martin Schaffenberg? Oder die Sabine Wollenweber?«

Zu Roberts großer Verwunderung zögerte sie. Wie konnte sie zögern müssen? Das Dorf war klein, entweder sie kannte sie, was wahrscheinlich war, oder eben nicht. Dann aber bejahte sie vorsichtig.

»Ich war mit Martin verabredet, er wollte mich am Bahnsteig abholen«, erklärte er weiter. »Jetzt war er aber nicht da. Hast du eine Ahnung, wo er oder seine Freundin gerade sind?«

Wieder zögerte sie. Robert entging nicht der Blick, den sie mit einem älteren Herrn am Tresen wechselte, entging nicht, wie dieser unmerklich nickte, bevor er das Bierglas wieder ansetzte. Danach bejahte sie erneut.

Robert erkundigte sich als nach der Anschrift und machte sich kurz darauf wieder auf den Weg.

Schon auf dem Weg zu Sabines Haus konnte er das Gefühl nicht loswerden, dass man ihm folgte. Aber das Wetter war inzwischen derart umgeschlagen, dass man durch den dichten Vorhang aus dicken Regentropfen ohnehin kaum mehr einige Meter weit blicken konnte.

Er erreichte die entsprechende Adresse und konnte nicht anders, als sehr angenehm überrascht zu sein. Das Haus war schön, nicht so verlebt wie viele Häuser hier im Ort. Eine weiße Fassade, mit einem Stockwerk und offenbar ausgebautem Dachboden, hübsch von einer kleinen, weißen Mauer umgeben und durch einen gemauerten Torbogen von der Straße getrennt. Ein schweres Eisentor verwehrte zumindest pro forma den Eintritt auf das Grundstück, auch wenn es effektiv nicht durch ein Schloss oder so gesichert war. Robert fand an der Außenseite der Mauer eine Gegensprechanlage vor und klingelte.

Und wartete. Und klingelte. Es tat sich nichts.

Er drückte sein Gesicht so gut er eben konnte gegen das Tor und versuchte, auf die Entfernung mehr vom Haus selbst zu erkennen, blieb aber erfolglos. Der Regen lag wie ein Schleier auf der Welt und schluckte mit seinen Tropfen jede Sicht, so wie sein Prasseln einem jede Chance raubte, leisere Geräusche zu hören.

So ist es wohl auch zu erklären, dass die Dorf-Bande hinter ihn gelangte, ohne dass er sie auch nur bemerkte. Robert war kein unvorsichtiger Mensch und hatte schon immer ein gewisses Misstrauen gegenüber Schläger-Naturen gehabt, aber diese hier standen so plötzlich hinter ihm, dass es ihm komplett die Sprache verschlug.

Der Rädelsführer der Gruppe, ein großer, flachnasiger Kerl, zischte ihn direkt an: »Was willst du hier?«

»Ich bin ein Freund von Martin Schaffenberg«, erklärte Robert vorsichtig. »Wir waren am Bahnhof verabredet, aber er ist da nicht aufgetaucht.«

»Dann hat er es sich wohl anders überlegt«, meinte der Flachnasige nur.

»Wir mögen hier keine Fremden, weißt du?«, brummte ein kahlköpfiger Bursche.