Verlorene Wahrheiten - Gila Freis - E-Book
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Verlorene Wahrheiten E-Book

Gila Freis

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Beschreibung

Die Königstochter Briseis wird Achills Kriegsbeute und an Agamemnon weitergegeben. Sie wehrt sich auf ihre, eine endgültige Art. Judith kämpft allein gegen den Feldherrn Holofernes, als ihre Stadt bedroht ist. Marie sehnt sich nach einer Ur-Gemeinschaft, die ohne Ungleichheit zwischen Mann und Frau existiert. Der „Struwwelpeter“ bringt Regine dazu, über die Schwarze Pädagogik und den Zusammenhang von Liebe und Gehorsam nachzudenken. Gila Freis erzählt von starken Frauen in einer Männerwelt voller Kriege und Machtspiele, die nach Gerechtigkeit suchen und sich gegen ihre Opferrolle wehren. Die Leser*innen tauchen ein in längst vergangene Zeiten und verlorene Wahrheiten – und finden Parallelen zum Heute, die ernüchternd sind.

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Dr. Heidi Freistedt, Autorinnenname Gila Freis, wurde 1953 in einem kleinen Dorf im Norden Thüringens geboren. Sie studierte zwei Jahre Theologie in Naumburg und Berlin. Danach war sie bis zum Ende des Berufslebens in der Wirtschaft tätig. Ihr Arbeitsschwerpunkt war das Sozialmanagement, auf diesem Gebiet hat sie auch promoviert. Nach der Wende war sie zwölf Jahre lang ehrenamtliche Bürgermeisterin. Gila Freis veröffentlichte 2021 den Roman „Trautmanns Töchter – Martha“, 2023 erschien im Mitteldeutschen Verlag ihr Roman „Johannas Welt“. Die Autorin lebt in der Nähe von Berlin.

BRISEIS GERAUBTES LEBEN

Heute würde man nicht Briseis sagen. Briseis ist ein Patronym und bedeutet, sie ist die Tochter des Brises, denn Brises war der Name ihres Vaters. Ihr eigentlicher Name war Hippodameia. Die zahlreichen Vokale gaben dem Namen einen melodischen Klang, wie ein Hauch von Frühling oder der Duft von Flieder. Hippodameia war als Mädchenname beliebt und verbreitet, weil auch die Göttin Aphrodite ihn als Beinamen trug. Und wollten nicht alle Mädchen sein oder werden wie Aphrodite? Wie die Göttin der Schönheit, der Liebe und der Fruchtbarkeit?

Ihre Mutter, die schöne Calchas, wie sie oft genannt wurde, war kurze Zeit nach der Geburt des Mädchens gestorben. Nach drei Söhnen hatte sie endlich einem Mädchen das Leben geschenkt. Ob ihr Aphrodite geholfen hatte, ob sie ihre zahlreichen Opfer angenommen hatte? Wer wusste das schon. Jedenfalls hatte sich Calchas Traum noch spät erfüllt. Vielleicht zu spät. Wenige Tage nach der Geburt starb sie in Brises Armen und in seiner unendlichen Liebe. Tagelang weinte Brises um seine Frau. Die Trauer grub sich tief in sein Herz. Seine Frau war tot, aber er konnte diesen Tod nicht aushalten. Er haderte mit den Göttern, die Leere blieb. Die Leere im Haus und die Leere in seinem Kopf und in seinem Herzen waren unüberwindlich und sie füllte jeden Tag und jede Nacht vollständig aus.

Es vergingen viele Jahre, da trat ganz allmählich an die Stelle der Trauer die Freude über die Kinder und eine tiefe Dankbarkeit. Hippodameia wuchs mit ihren Brüdern auf. Sie spielte mit ihnen, ließ sich von ihnen verwöhnen und sie lernte mit ihnen zusammen, denn Lernen fiel dem Mädchen leicht und erfüllte es mit Freude. Als sie älter wurde, bemerkte Brises, dass sie viele Wesenszüge, aber auch die Ausstrahlungskraft ihrer Mutter geerbt hatte. Häufig schien es ihm, als würde Calchas in ihrer gemeinsamen Tochter ihre Liebe noch einmal zu ihm senden. Dann ging er wortlos durch die Räume des Palastes und spürte der Vergangenheit nach und suchte Erinnerungen und in den Erinnerungen die Nähe zu seiner Calchas. Eines Tages musste er zur Kenntnis nehmen, dass Hippodameia zu einer Schönheit gereift war. Er konnte sich nur schwer damit abfinden, dass sie begehrt wurde von den jungen Männern Trojas, allen voran von ihren Cousins Hektor und Paris. Aber Hippodameia verliebte sich in Mynes, den fremden Königssohn, und mit ihm zusammen verließ sie an einem heißen Sommertag ihre Heimat Pedasos. Brises fiel der Abschied von seiner Tochter schwer. Er dachte an Calchas und überlegte, ob er vielleicht einen Fehler gemacht hatte, als er der Verbindung mit Mynes zustimmte. Aber so viel Brises auch grübelte, er wusste, dass es Liebe war und er wusste auch, dass die Liebe ihren eigenen Weg gehen würde. Hippodameia folgte ihrem Gatten nach Lyrnessos, der großen und fremden Stadt im mysisch-trojanischen Grenzbereich.

Der Sommer war vorüber. Brises vermisste seine Tochter. An jedem Tag, der verging, fehlte ihm ihr helles Lachen, das einst durch die Räume des Palastes schallte. Er lauschte vergeblich auf das laute Klappern ihrer Sandalen auf den Marmorböden. Gern hätte er noch einmal das Rauschen ihrer Umhänge vernommen, aber seit sie fort war, war in seinem Palast und in seinem Herzen eine schmerzhafte Stille eingezogen, die auch seine drei Söhne nicht durchbrechen konnten. Brises ging durch die kleine Pforte hinaus in den Garten des Palastes. Als er den Hügel hinaufstieg und sich auf die alte Bank neben dem Olivenbaum setzte, spürte er die Last der Jahre und seines Lebens Müdigkeit. Mit Calchas und mit der Tochter wären seine Tage schöner und kraftvoller gewesen. Ich bin undankbar, stellte er nach kurzer Überlegung fest. Die Götter haben mich reich beschenkt und ich sollte, statt zu klagen und zu hadern, ihnen lieber baldmöglichst ein großes Kalb oder zwei Lämmer opfern. Mit diesem Plan war er vorerst zufrieden und allmählich zog wieder etwas Ruhe in sein unstetes Herz. Brises atmete die kalte Abendluft, die vom Idagebirge herabkam, tief in seine Lungen. Bin ich nicht wie Zeus und schaue auf die Welt herab, dachte er und lächelte dabei. Tatsächlich, von hier oben hatte er einen guten Blick hinunter auf Pedasos. Er liebte seine Stadt und die ganze Region im Nordwesten Anatoliens. Er liebte das Land, das man die Troas nannte, dass im Nordwesten durch die Dardanellen, im Westen von der Ägäis begrenzt wurde und im Osten getrennt wurde durch das Bergmassiv mit dem Ida Gebirge. Die Troas war ein fruchtbares Land. Die Olivenbäume bedeckten wie ein dichter Wald die Erde. Wer hatte all die Bäume gepflanzt?, fragte sich Brises. Am Horizont sah er den Karamandaras träge dahinfließen. Ein weit verzweigter Fluss, wie er wusste, der das Süßwasser aus den Bergen herab ins Tal führte und die zahlreichen Gärten der Stadt mit reichlich Wasser üppig beschenkte. Ein zuverlässiger Fluss, dachte Brises, anders als der Simois, der als Gebirgsbach vom Ida aus den Bergen gesprungen kam und bisweilen unberechenbar war. Brises hatte den Simois schon einmal, als er in Troja war, gesehen. Er floss aufgeregt zunächst an der Stadt vorbei und vermischte sich dann unterhalb der Stadt mit dem großen Karamandaras. Brises Gedanken blieben bei Troja hängen. Troja, die große und sehr reiche Stadt an den Dardanellen. Wo lagerte sein Schwager Priamos nur das ganze Gold?, fragte er sich, ohne eine einleuchtende Antwort zu finden. Und es kommt immer mehr Gold hinzu. Brises war nicht neidisch. Nein, wirklich nicht. Priamos war ein gutmütiger Mann mit einem großen Herzen und einer freigiebigen Opferbereitschaft. Auch hatte er selbst vor vielen Jahren Gold von Priamos erhalten, als er die Umfassungsmauer seines Palastes verstärken wollte. Es war der Wind. Er allein wehte den Trojanern das Gold in die Truhen. Die Trojaner kontrollierten den Zugang zum Schwarzen Meer. Der Wind wehte, wie es ihm beliebte, überlegte Brises, und ohne irgendjemandes Zutun wehte er das Gold in die Truhen der Stadt. Er musste über das eigene Wortspiel schmunzeln. Die Schiffe gingen in Troja vor Anker, wenn der Wind ausblieb und sie nicht weitersegeln konnten, mussten sie ruhen und sich gedulden. Sie warteten, lagerten und handelten. Sie mussten Wegezoll, Schutzgebühr und Lotsenentgelt zahlen, bis der Wind sie weitertrug. Brises dachte gern an seinen Freund und Verbündeten, den König Priamos. Sie waren inzwischen beide alt geworden. Priamos war gesegnet, und ja, Brises hätte es gern gesehen, wenn Hektor, Priamos Sohn, seine Hippodameia geheiratet hätte. Brises machte es sich auf der Bank gemütlich. Er streckte seine Füße aus und dachte wieder an Calchas. Die Erinnerung schmerzte immer noch. In ihrer Jugend saßen sie oft hier zusammen und schaute in den Sonnenuntergang. Calchas war als Fürstin klug und weitsichtig und in heilkundigen Fragen wissend. Sie opferte hingebungsvoll den Göttern und hielt ihrer beider Glück immer in der Balance. Oh, Calchas, stöhnte Brises leise auf, warum konntest du dich selbst nicht heilen. Als er eine reife Olive, die über ihm hing, pflücken wollte, wanderten seine Blicke die große Allee entlang, die von Zedern gesäumt war und die direkt zu seinem Palast führt. Es war die schönste Straße in Pedasos. Da sah Brises zwei unbekannte Reiter, die sich rasch seinem Palast näherten. Der Höflichkeit ergeben, stand er von seiner Bank auf und ging durch die Gartenpforte zurück. Hätte er damals gewusst, dass er niemals wieder seinen Garten betreten würde, hätte er sich noch einmal umgewendet und noch einmal seiner Erinnerung nachgespürt. Die fremden Reiter waren Boten aus Lyrnessos. Halb verhungert, verzweifelt, müde und am Ende ihrer Kräfte berichteten sie, dass ihre Stadt seit Tagen von Achill und seiner Armee belagert wurde. Als sie aufbrachen, konnte sich die Stadt mit letzten Kräften noch verteidigen, aber niemand wusste zu sagen, wie lange sich der Widerstand gegen Achill noch halten konnte. Warum hatte der große Achill seine Armee gegen Lyrnessos geführt, Brises verstand diese Strategie nicht. Auch die Reiter wussten keine Antwort. Noch als er die Boten reichlich bewirten ließ, kam ein weiterer, vollkommen erschöpfter und verwundeter Reiter und berichtete, dass Lyrnessos gefallen sei und der König Mynes ermordet wurde. „Alle männlichen Einwohner und die schwangeren Frauen liegen getötet in ihrem Blut. Der Gestank der Toten hatte sich in der ganzen Stadt ausgebreitet und war in den Himmel gestiegen wie der Gestank von unzähligen Opfertieren“, murmelte er verzweifelt. Dann wurde der Reiter ohnmächtig. Zwei Bedienstete trugen ihn zu einem Lager und versorgten seine Wunden. Was ist mit meiner Tochter?, fragte sich Brises, würden die Götter ein Einsehen haben mit den Frauen, mit den Überlebenden? Der Reiter hob langsam unter Stöhnen seinen Kopf. War er wieder bei Bewusstsein? Als er einen Schluck Wein getrunken hatte, berichtete der Schwerverletzte im Flüsterton, wie er, als er floh, noch gesehen habe, dass Achill selbst und ein weiterer Krieger Hippodameia, die Königin, weggeführt haben. Brises seufzte laut auf. Da erkannte der Bote, dass es sich bei Hippodameia um die Tochter des Hauses gehandelt haben muss. Er raffte sich mit letzten Kräften von seinem Lager auf und fiel vor Brises auf die Knie und bat den alten Fürsten um Gnade, nicht für die schlimme Botschaft bestraft zu werden. Brises winkte ab, und sagte traurig: „Ruhe dich aus und gesunde, Mann, dann kehre zurück in deine Heimat.“ Vom Hörensagen kannte Brises diesen schrecklichen Brauch der Griechen, im Krieg alle Männer und Knaben zu töten und selbst schwangere Frauen umzubringen, weil sie möglicherweise männliche Nachkommen gebären könnten. Er wusste auch, was mit allen anderen Frauen, auch mit seiner Hippodameia, passieren würde und das Grausen hatte ihn gepackt. Wie sollte er helfen, was konnte er tun gegen Achill, den gottähnlichen Krieger, den tapfersten, stärksten, kampfeswütigsten und grausamsten griechischen Helden und seine Krieger? Sein Hirn war wie leer, alle Gedanken waren erstickt in Angst und Ohnmacht. Sein Kopf drohte zu zerspringen. Da war plötzlich ein Schrei in der Welt. Ein Schrei, wie von einer Salpinx oder von einem Cornu. Ein unüberhörbarer Angstschrei breitete sich über der Stadt aus. Einen Augenblick lang glaubte Brises, dass das Signal nur in seinem Kopf vorhanden sei. Aber da war es wieder. Brises kannte den Hilferuf, der von den Trompeten und Hörnern von den Zinnen seines Palastes kam. Es war das höchste Alarmsignal in der Stadt. Das konnte nur Brand oder Angriff bedeuten. Nein, es roch nicht nach Brand. Brises begriff sofort die Gefahr für seine Stadt. Also würde Achill auch seine Stadt plündern wollen. Er rief seine drei Söhne zu sich und besprach mit ihnen eine mögliche Verteidigungsstrategie. Dann versammelte er in allergrößter Eile die Frauen und Kinder auf dem Dach seiner Zitadelle. Mehr konnte er in der kurzen Zeit nicht tun. Die Myrmidonen hatten inzwischen die Stadt erreicht und schlossen sie mit ihrer Armee ein. Achill hatte die ganze Stadt nur wenige Stunden belagert und dann die drei Stadttore gleichzeitig gestürmt. Der zehnfachen Übermacht unterlag Pelasus sofort. Brises selbst sah vom Dach der Zitadelle, wie seine Söhne in einem ungleichen Kampf starben. Er sah auch, wie die Myrmidonen, allen voran Achill, seinen Söhnen die kostbaren Rüstungen auszogen und mit sich nahmen. Wie sie die Stadt plünderten und wie das Blut seiner Männer in Bächen die Bergstraßen hinabfloss. Brises fiel in eine tödliche Verzweiflung. Sein Herz pumpte keine Lebenskraft mehr in die Adern. Es war der Schmerz der Ohnmacht, der ihn drängte, sich der letzten Herabwürdigung zu entziehen. Nein, beschloss er, Achills Männer sollten seinen Anblick nicht vergessen. Das Bild eines verzweifelten alten Mannes sollte jeden einzelnen Krieger täglich in den Schlaf verfolgen und immerwährende Schuldgefühle säen. Schuld an sinnlosen Morden, Schuld an Unschuldigen und Schuld an diesem hinterhältigen ungleichen Kampf. Brises erhängte sich im Angesicht Achills und seiner Armee an den Zinnen seines Palastes. Sein königliches Gewand flatterte im Wind. Der golddurchwirkte Stoff glänzte grell in der Mittagshitze. Die Goldfäden bündelten das Sonnenlicht und schleuderte es wie zuckende Blitze von den Zinnen des Palastes herab. Weithin war der erhängte Leichnam sichtbar. Seinen dürren toten Körper umwehte schwingend sein schillernder Umhang. Wie eine Totenfahne flatterte er über die Stadt. Es war wie ein mahnendes Zeichen des allmächtigen Zeus. Den Kriegern grauste, als sie vorüberzogen. Niemand sagte ein Wort und niemand schaute nach oben. Vielleicht hatte doch Zeus selbst das Gewand des Erhängten drohend über ihnen geschwenkt. Und vielleicht hatte er sogar recht, was wollten sie hier, fragte sich der eine und der andere.

Beladen mit Gold, mit kostbaren Rüstungen von erschlagenen Fürsten und Königssöhnen, mit feurigen Rossen und prächtigen Streitwagen, mit Vieh, reichlichen Mundvorräten und einer großen Zahl erbeuteter Frauen kehrte Achill mit seinem Freund Patroclos und seinen Kriegern in sein Schiffslager vor Troja zurück. Sie hatten zwölf Stadtstaaten auf dem Seeweg und elf Städte auf ihrem Streifzug durch das bergige Mysien unterworfen. Ihre Beute war beachtlich. Die Griechen, die noch immer vor Troja lagerten, bestaunten Achills Beute, die sich bei seinen Schiffszelten auftürmte, und Neid machte sich breit, denn jeder Grieche hätte selbst gern Beute gemacht. Aber mit dem großen Völkerfürsten Agamemnon an der Spitze war ihnen bisher kein Sieg über Troja beschieden. Jahrelang lagerten sie nun schon vor den Stadttoren und hielten die Stadt erfolglos besetzt. Inzwischen waren sie kriegsmüde, die Mundvorräte gingen zur Neige und Beute hatten sie auch nicht vorzuweisen. Hinzu kam, dass sie selbst erhebliche Verluste an Kriegern, Pferden, Streitwagen und Rüstungen zu beklagen hatten. Was sollten sie also vorzeigen und womit konnten sie prahlen, wenn sie nach Hause zurücksegelten, das fragten sich täglich immer mehr. Jetzt und hier in Achills Zeltstadt aber warten sie darauf, dass Achills Beute vom Rat der Griechen verteilt würde. Diese Art des Aufteilens der Kriegsbeute war bei den Griechen üblich.

Achill aber bestimmte vor der allgemeinen Verteilung der Beute für sich ein Ehrgeschenk. Er wählte Briseis und eine junge Frau aus und ließ beide Frauen in seine Zeltstadt führen. Dieses Ehrgeschenk, eine Königin, würde ihm als Sieger, als Fürst und Anführer der Myrmidonen und als der erfolgreichste griechische Held unbestreitbar zustehen. Achill wollte Briseis als seine Beutefrau, sein Ehrgeschenk, und das schöne Mädchen allein besitzen. Er beauftragte seinen Freund Patroclos und seinen Wagenlenker, die beiden Frauen zu bewachen.

Briseis und die junge Frau wurden in die Schiffszeltstadt der Myrmidonen gebracht, die weit draußen, direkt an der Küste vor Troja aufgeschlagen war. Weitläufig erstreckte sich das enge Wegenetz zwischen den fünfzig Schiffen Achills. Die junge Frau weinte verzweifelt, wusste sie doch welches Schicksal sie erwarten würde. Briseis ging stumm in ihren Umhang gehüllt, neben den beiden fremden Männern her. Ihr war klar, von jetzt an war sie nur noch eine Sklavin. Trotzdem schritt sie aufrecht und würdevoll durch das Heerlager der Myrmidonen. Sie hatte keine Tränen, sie hatte auch keine Hoffnung, sie hatte nichts mehr, was sie verlieren konnte. Du hast nichts, du bist nichts, nichts, nichts, hämmerte es in ihrem Kopf. Sie schaute in den Himmel und atmete tief ein. Die klare kalte Seeluft der Ägäis durchströmte ihre Lungen. Atmen. Ihr Leben hatte sie noch, das begriff sie mit jedem Atemzug. Ein Leben aus Schmerz, wie geht das?, fragte sie sich. Rechts und links des Weges lagerte in großen Haufen die Kriegsbeute aus den Überfällen. Manche Rüstung und manchen Streitwagen erkannte sie an ihrem Wappen. Dabei erinnerte sie sich stumm an die Träger, an die Familien und an schöne Erlebnisse, aber sie ließ die Verzweiflung, die wild durch ihre Adern pumpte, nicht in ihr Herz eindringen. Briseis ging vorüber, ohne sich das Erschrecken anmerken zulassen. Dann sah sie es. Zwei Rüstungen und ein Streitwagen schienen, wie von der Kriegsbeute aussortiert zu sein. Sie befanden sich am Eingang zu einem großen separaten Zelt. Es waren zwei überaus prächtige silberverzierte Rüstungen mit königlichem Wappen aus Gold. Auch den Streitwagen zierte das gleiche Wappen. Die Rüstungen waren noch immer blutbefleckt. Briseis schauderte, als sie das Wappen erkannte. Es waren die Ausrüstungen von Mynes, ihrem Mann, und seinem jüngeren Bruder Epistrophos. Also waren beide tot und die Myrmidonen hatten, wie es üblich war, ihnen die Rüstungen als Siegestrophäen und das Kriegsgerät abgenommen. Sie hätte gern aufgeschrien, aber ihr Schrei hatte keinen Atem und keine Stimme. Eigentlich sollte ich auch auf dem Haufen dort liegen und warten, bis die Gier der Archäer mich ebenfalls tötet. Sie spürte eine Verachtung in sich aufsteigen, die aus grenzenloser Ohnmacht und Ausweglosigkeit resultierte. Nach Bitterkeit schmeckte der Speichel in ihrem Mund.

Die Mitgefangene, ein junges Mädchen von vielleicht dreizehn Jahren, griff nach ihrer Hand, denn auch sie hatte die Wappen erkannt. Briseis fasste sie fest an und hielt die kleine Hand wie ein Schraubstock umschlossen. Verzweifle nicht, sollte der Händedruck zeigen. Briseis richtete sich hoch auf. Das golddurchwirkte Tuch, das einst der Vater ihr geschenkt hatte, lag locker über ihrer Schulter, als deckte es alles Schwere zu. Ihr sollt meine Angst und meine Trauer nicht sehen, beschloss sie. Auch ihren Schmerz verbarg sie hinter Würde und Verschlossenheit. Sie ging nicht durch das Heerlager wie ein Opfer, sondern sie schritt wie eine Königin. Die Kraft für ihre aufrechte Haltung nahm sie aus ihrem Stolz und ihrer Verachtung für die Rohheit dieser Krieger. Warum sollte sie sich beugen lassen, warum sollte sie sich diesen skrupellosen und brutalen Männern unterwerfen, warum sollte sie als Frau Schmerz und Gewalt erdulden, die sie nicht verursacht hatte.

Das Zelt, in das die Frauen geführt wurden, befand sich im Zentrum der Zeltstadt, eine Flucht von hier war unmöglich. Briseis erkannte das sofort.

„Ich bin Patroclos“, sagte der Bewacher zu ihrer Linken. „Das ist das Zelt des Achill, hier musst du bleiben. Dort stehen Essen und Trinken für euch bereit und das ist euer Lager. Wenn du etwas brauchst, wende dich an mich. Ich komme morgen wieder.“ Patroclos verließ mit dem anderen Bewacher Achills Zelt und beide Frauen blieben allein. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte Briseis, an ihre Begleiterin gewandt, als sie sich auf dem Lager austreckte. „Ich habe dich schon mit deiner Mutter in unserem Palast in Lyrnessos gesehen.“ – „Meine Mutter nannte mich Nephele“, sagte das Mädchen schüchtern. „Komm, Nephele, wir ruhen uns beide aus, denn wir leben noch.“ Nephele lag neben Briseis zusammengekauert, die Tränen liefen ihr über das Gesicht, aber es war kein Klagelaut zu hören. Briseis hatte mit ihrem linken Arm das Mädchen umschlungen und merkte, wie zart ihr kleiner Körper war. „Wie alt bist du?“, fragte sie voller Mitleid in die Nacht hinein. Nephele antwortete leise: „Ich bin zwölf Jahre und war das älteste Kind zu Hause. Mutter war wieder schwanger, meine beiden Schwestern und ich haben uns jetzt ein Brüderchen gewünscht. Ob sie meine Mutter auch getötet haben?“, fragte sie fast lautlos. „Ja, Nephele“, flüsterte Briseis und hielt das Mädchen fest im Arm, „die Griechen haben alle schwangeren Frauen getötet.“

Der nächste Morgen brach an und weitere Morgen folgten. Sie verließen das Zelt nicht. Patroclos und sein Diener waren die Einzigen, die zu ihnen kamen, sie versorgten und wieder gingen. Dann kündigte Patroclos eines Tages an, dass Achill wieder im Lager eingetroffen sei. Wollte er Briseis mit dieser Nachricht vorbereiten, wollte er ihr sagen, dass jetzt ihr Herr gekommen war, dessen Sklavin sie war? Briseis ahnte, was es hieß, Sklavin eines Herrn wie Achill zu sein. Sie hatte von Achill gehört. Die Erzähler beschrieben ihn als den vornehmsten Griechen, aber gleichzeitig auch als den grausamsten und brutalsten Krieger. Seine Brutalität wurde genährt durch unberechenbaren Zorn, empfindsamen Stolz, ausgeprägten Ehrbegriff und hochfahrenden Mut.

Ich bin Achills Beutefrau, diese Erkenntnis kroch in alle Nervenbahnen, beherrschte ihr Denken und Fühlen, beherrschte ihre Angst und alle Wahrnehmung. Sie lag bleischwer auf ihren Schultern, fesselte sie und drückte sie hinab in den Staub der Erde. Ich bin Staub geworden. Staub unter Achills Füßen. Andererseits war ihr auch bekannt, wie üblicherweise mit Frauen, die Kriegsbeute waren, umgegangen wurde. Sie legte sich auf ihr Lager und dachte über eine Strategie nach, wie sie Achill begegnen würde. Unruhig drehte sie sich zur Zeltwand und hörte auf das unregelmäßige Klatschen des geöffneten Vorzeltes. Einige Böen fuhren ins Vorzelt hinein und spielten mit der lose hängenden Zeltwand. Wieder hörte sie das Geräusch und merkte, dass der Wind stärker geworden war. Jetzt kamen zwei Soldaten ins Vorzelt, die vermutlich vor dem kalten Seewind Schutz suchten. Sie befestigten die Zeltwand, sodass das Klatschen des Segeltuchs aufhörte und Briseis ihrem Gespräch lauschen konnte. Als sie das Wort Pedasos aufschnappte, rückte sie noch näher an das Segeltuch des Vorzeltes heran und versuchte aufmerksam der Unterhaltung zu folgen. Wieder hörte sie jemanden „Pedasos“ sagen.

„Das war ein Kinderspiel, die Stadt einzunehmen, dort hatte niemand mit uns gerechnet“, sagte eine raue ältere Männerstimme. „Und die Beute?“, fragte eine andere Stimme, offensichtlich ein junger Mann. „Unsere Beute waren meistens nur Frauen und Mädchen, die wir als Sklaven verkaufen können, dann einige wenige königliche Rüstungen und Mundvorräte. Dieses verschlafene Nest hätte ich bald vergessen, wenn nicht Zeus uns ein Zeichen geschickt hätte, als wir schon abrücken wollten“, erwiderte der Ältere. „Wir sahen ein schreckliches Schauspiel. Der alte König war auf das Dach seines Palastes gestiegen. Hoch oben rief er mit lauter Stimme, sodass ich es nicht mehr vergessen werde:

Ich rufe dich, Nemesis, du Höchste, du Allsehende,

du Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit und des gerechten Zorns.

Und ich rufe dich, Aidos, du Göttin der Scham und des göttlichen Rechts,

waltet über Achill und seine Krieger,

waltet über Leben und Tod dieser Sterblichen und

waltet über Unerbittlichkeit, Hochmut und Habgier.

Nemesis, ich rufe zu dir in meiner Not, dein ist der Menschen Gericht.

Aidos, ich rufe auch zu dir in meiner Not, dein ist alle menschliche Scham.

Er hatte ein Seil um seinen Hals und um eine Zinne gebunden und sprang von den Zinnen seines Palastes in den Tod. Er erhängte sich direkt über uns. Wie er da hoch oben hing und der Wind in sein Gewand fuhr, es aufblähte und den dürren Körper des Toten hin und her drehte, grauste es mich. Hat etwa Zeus selbst Aiolos, den Gott der Winde, geschickt, damit er den Entseelten über uns schwenkt? Hat Zeus uns gemahnt oder uns gedroht? Dieses Bild verfolgt mich. Der alte König, wie er von seinen Zinnen herabhing, verfolgt mich sogar in meine Träume. Abends trinke ich viel Wein, damit ich nicht an das Bild denken muss, aber dann, wenn ich zu viel getrunken habe, ist die Erinnerung an diesen toten König umso stärker. Du glaubst es nicht, aber die Götter strafen uns für diese Tat, ich weiß es. Diese Schuld haftet mir auf ewig an.“

Die Stimme verstummte. Briseis Herz stockte bei der Erzählung. Die gehörten Worte schnitten wie Schwerter das Leben aus ihrem Leib, sie trennten ihre Seele vom Universum und töteten alle Empfindungen, Gedanken und Hoffnungen. Sie fühlte sich in ihrem Wundschmerz todkrank und lebensmüde. „Oh, Vater“, flüsterte ein bekannter Gedanke in uralte verschüttete Denkwelten ihres Gehirns. „Vater“, sagte etwas in ihr, als würde sich alles verbleibende Leben an diesem Wort festhalten wollen. Das Wort Vater lief als salziger Tropfen über ihre Wangen. Briseis weinte hilflos, klaglos und hoffnungslos. Die Stunden vergingen, sie lag regungslos auf ihrem Lager. Nephele brachte ihr Wasser.

Als Patroclos kam, bestätigte er den Frauen, das Pedasos erobert worden war. Briseis stand majestätisch, aber wie zu Stein erstarrt vor ihm, sie hörte ihm zu, aber seine Worte erreichten sie nicht. Etwas war auch in ihr gestorben, erkannte er plötzlich. Die schöne junge Frau, die ungefähr so alt war wie er selbst, neunzehn oder zwanzig Jahre, tat ihm ehrlich leid. Sie hatte ihren Mann Mynes verloren, dann ihren Vater und ihre Brüder. Sie hatte ihre Königswürde verloren, sie hatte Ehre und Achtung ihrer Mitmenschen verloren, sie hatte ihren gesamten Besitz und auf ewig ihre Freiheit verloren. Aber sie war klug und wunderschön, und sie besaß etwas, was nur Frauen eigen ist, das erkannte Patroclos in ihren Augen. Er wusste, dass er sich für sie einsetzen würde, denn beide teilten das gleiche Schicksal, beide waren von Achill selbst ausgewählt worden.

„Nennt mich nicht mehr Briseis, ich bin fortan Hippodameia“, bat sie Patroclos. „Alles, was ich war, starb und was ich besaß, wurde mir genommen.“ Patroclos schwieg und reichte ihr mit Wasser verdünnten Wein. „Ich möchte mit dir reden“, sagte er dann leise. „Komm und setze dich zu mir, Hippodameia“. Die beiden jungen Menschen saßen sich gegenüber.

Patroclos begann zu erzählen. Ich habe als Kind beim Würfeln meinen Mitspieler getötet, weil er mich betrügen wollte. Aus Angst vor der Rache des Vaters des ermordeten Knaben brachte mich mein Vater zu Peleus, dem König der Myrmidonen. Der nahm mich herzlich auf und dort wurde ich zusammen mit Achill erzogen und ausgebildet. Wir wuchsen wie Brüder auf. Wir kennen einander wie Brüder und wir lieben uns wie Brüder. Deshalb bin ich auch Achill nach Troja gefolgt.“ Patroclos schwieg und goss Hippodameia noch etwas verdünnten Wein in ihre Trinkschale. „Du bist Achills Lieblingssklavin“, fuhr er fort, „er wird dich schützen, weil du seiner Stärke und Tapferkeit angemessen bist. Vielleicht wird dich sogar einmal heiraten, das würde deine Lage als Sklavin beenden.“ Hippodameia seufzte auf. „Soll ich den Mörder meines Mannes und meiner Familie heiraten, das kann ich nicht, auch wenn du recht hast, es wäre der einzige Ausweg für mich. Ich weiß genau, sollte Achill sein Interesse an mir verlieren oder sollte ich ihn verärgern, würde er mich verstoßen und ich müsste mein Dasein fristen, wie alle gewöhnlichen Sklavinnen, die zu widerspenstig, zu alt oder zu unattraktiv sind für die Helden Griechenlands. Ich müsste im Freien schlafen oder zusammen mit anderen Sklavinnen zusammengepfercht in Hütten oder Frauenquartieren. Wenn Achill mich verstößt, dann bin ich die niedrigste unter allen Sklavinnen.“ Beide schwiegen, Hippodameia befürchtete, sich zu sehr offenbart zu haben und Patroclos überlegte, wie er ihr helfen könnte. Dann ertönte ein Signal durch die Zeltstadt der Myrmidonen und Patroclos verabschiedete sich schnell. Gerade als er durch den Zelteingang verschwinden wollte, drehte er sich noch einmal um und sagte ins Zelt hinein, heute Abend wird dich Achill besuchen und Nephele werden sie abholen. Dann verschwand er.

Nephele, das Kind. Hippodameia konnte es kaum glauben. Sie spürte, wie ihr Blut kochte, wie die Wut in ihren Adern kreiste. Sie hätte rasen und schreien können und doch musste sie besonnen bleiben. Wie konnte sie das Kind vorbereiten, was sollte sie ihm sagen. Wie beschreibt man unvorstellbare Gewalt und nimmer endenden Schmerz?, fragte sie sich. „Oh, Nephele“, stöhnte sie leise. Nephele kam zu ihr. „Ich habe gehört“, entgegnete sie, „was Patroclos gesagt hat. Sie wollen mich heute Abend holen. Dann werde ich für Achills Krieger der Kriegspreis sein.“ Tränen liefen ihr übers Gesicht. Angst und Grauen hatte beide Frauen erfasst. Sie schwiegen eine Weile, bis Nephele fragte: „Kann ich danach weiterleben?“ Der Klang ihrer Stimme war unter drohender Ohnmacht verschüttet und die erwartete Brutalität hatte das Strahlen ihrer Augen verlöschen lassen. Nephele glich plötzlich einem hohlen Wesen ohne Leben und Seele und ohne Hoffnung auf Morgen. Als sie Hippodameia noch einmal umarmte, konnte diese spüren, wie der kleine Kinderkörper sich in ein endloses und todbringendes Beben verlor. Dann wusch sich Nephele sorgfältig und machte sich fertig, denn bis zum Abend würde es nicht mehr lange dauern.

Hippodameia bereitete sich ebenfalls auf den Abend und die erste Begegnung mit Achill vor.

Achill kam spät. Nur wenige Kerzen kämpften gegen die aufkommende Dunkelheit in Hippodameias Zelt an. Sie lag hoch aufgerichtet auf ihrem Lager und sang leise eine alte Melodie aus ihrer Kindheit. Sie unterbrach auch ihren Singsang nicht als Achill kam. Dem war es recht. Er wollte sich ohnehin nicht mit ihr unterhalten, er wollte nur den Körper dieser Frau. Jetzt wollte er sie und er wollte sie allein. Er nahm eine Kerze aus dem Ständer und stellte sie neben das Lager. Ihre dunklen lockigen Haare fielen, wie ungebändigt auf die im Kerzenschein weiß leuchtenden Schultern herab. Das Gesicht war wunderschön. Tiefe dunkle Augen und ein sinnlicher voller Mund verhießen ihm Wollust. Sie sah betörend schön aus. Er beugte sich über ihr Lager und zog langsam die Decke von ihrem Körper. Sie ließ ihn gewähren, rührte sich dabei nicht. Unter ihrem dünnen Gewand hatte sie ihre langen Beine ausgestreckt. Achill spürte seine Erregung wachsen. Sie summte nur noch. Sie besaß nicht nur einen schönen Körper, sie hatte auch eine wunderbare Stimme, stellte Achill zufrieden fest. Seine Augen ruhten auf ihr, als würden sie sich in jede Pore eingraben wollen. Ja, ich bin der Tapferste und der Stärkste der Griechen und sie ist meines Ehrgeschenkes angemessen, ging es ihm durch den Kopf. Er schmeckte den Triumpf auf den Lippen. Sie ist mein, es war mein Sieg und sie ist mein Besitz. Er hatte sich zu ihr niedergelegt und hatte ihr Gewand entfernt. Nackt war sie noch schöner. Achill fuhr mit der Hand über ihre kleinen festen Brüste und ihren Bauch. Dann die kleine Wölbung hinab zu ihrer Weiblichkeit. Ihre Haut ist weich wie ein Pfirsich und duftend und fest. Es gefiel ihm, sie so zu streicheln. Ihre Haut ist Schönheit und Leben dachte er. Gleichzeitig dachte er an sein Schwert, das sich kalt und hart anfühlte wie der Tod. Wie sein Tod, so war ihm prophezeit worden. Weg mit diesen düsteren Gedanken, überlegte er entschlossen. Diese schöne Frau hier gehört mir allein, diese Gedanken waren sehr viel angenehmer. Ihre Wärme dringt in meine Hand, in meinen Arm, in meinen Körper. Ich will ihre Wärme und ihren Leib besitzen und ihren Stolz brechen, wünschte er sich. Dann glitt seine Hand wieder über ihren Körper und verharrte an ihrem Hals. Er fasste unter ihr Kinn und zog sie einem Kuss zu sich heran. Es war ein zärtlicher Kuss. Es war eine liebevolle Werbung für seine Liebe und seine wachsende Begierde.

Hippodameia hatte nicht mit so viel Zärtlichkeit gerechnet. Es verunsicherte sie. Ihre Gedanken wirbelten herum. Sie dachte an ihren Mann Mynes. Er allein hatte sie begehrt und geliebt. Sie dachte an ihren toten Vater und ihre Brüder, die von eben dieser Hand, die jetzt ihren Körper berührte, gemeuchelt worden waren. Ohne es zu bemerken, stöhnte sie auf.

Achill richtete sich auf und legte seinen Umhang ab. Als er nackt vor ihrem Lager stand, sah sie seine Erregung. Er war ein wirklich schöner Mann. Jung, groß und leidenschaftlich. Zweifellos würden viele Mädchen sich nach ihm sehnen. Was soll ich nur tun? Wir sind beide nackt, hämmerte es in ihren Adern. Warum spüre ich meine Blöße so schamhaft? Achill zog sie vorsichtig von ihrem Lager hoch und umarmte sie. Hippodameias Grübeleien endeten abrupt. Ihr Körper hatte die Führung übernommen. Er reagierte, wie von vertrauter Hand geleitet. Ihre Brüste waren jetzt spitz und fest und voller Erwartung. Als sie einander nackt gegenüberstanden, erkannte Achill, wie klein sie war. Kurz entschlossen hob er sie hoch, flüsterte ihr ins Ohr, halte dich mit deinen Armen und Beinen an mir fest, und im gleichen Augenblick, als sie ihre Beine um ihn schlang, drang er in sie ein. Zu schnell und zu schmerzhaft war die Vereinigung. Dann spürte sie nur noch die Regung seines Gliedes, sein Verlangen und seine Leidenschaft. Achill stellte sein linkes Bein etwas vor und setzte Hippodameia auf seinem Oberschenkel ab, ohne dass sein Penis ihre Scheide verließ. Die Kraft seiner Hüften floss in sein angeschwollenes Glied, das er in grenzenloser Begierde immer wieder in sie hineinstieß. Jeder Stoß war zärtlich, aber lustvoll und durchdringend wie grelle Blitze am Sommerhimmel. Achill stöhnte auf, als sich seine Lenden wie in einer heftigen Explosion entleerten. Der Ausstoß seines Samens glich einem unkontrollierten Ausbruch. Wie Lava aus einem Vulkan ergoss er sich in Hippodameias Körper. Unsagbares Glück durchströmte sein Herz und eine tiefe unendlich schöne Befriedigung machte sich in seinen Lenden breit. Er spürte eine grenzenlose Allmacht in sich aufsteigen. Er spürte seine eigene Schönheit und genoss seinen Sieg über diese Frau, über alle Frauen, über alles Weibliche. Es fühlt sich an, überlegte er kurz, als wäre ich mit einem goldenen Streitwagen und sechs Rössern davor hinauf in den Himmel gefahren und Zeus selbst hätte mich als seinesgleichen willkommen geheißen. Ich, der Zeus-gleiche Achill.

Dann spürte er im ganzen Körper wie sich langsam die Ermattung ausbreitete. Er trug Hippodameia auf ihr Lager, deckte sie aber nicht zu. Die schöne Frau lag nackt vor ihm. Als sie sich auf eine Seite rollte, sah er, wie seine Feuchte aus ihrer dunkel umhaarten Scheide floss und das Tuch unter ihr durchnässte. Sie begann mit leiser Stimme wieder ihren Singsang. Singen nicht denken, singen nicht fühlen, singen nicht reden. Hippodameia schloss ihre Augen und hielt sich an dem alten Lied aus der fernen Heimat fest. Achill begehrte sie sie erneut. Er legte sich hinter sie und liebkoste mit seiner Hand ihren Rücken, ihr Gesäß und fuhr ihr gezielt zwischen die Oberschenkel. Die Feuchtigkeit war überall. Mit seiner Hand griff er Hippodameias oberes Bein winkelte es an und stellte es auf. Ihre Scheide lag offen für ihn bereit. Könnte ich jetzt ihren Schoß küssen, ich will sie schmecken, dachte er, während zwei seiner Finger versuchten in sie einzudringen. Die glitschige Nässe machte es ihm einfach, den Weg tief in ihre gehütete Grotte zu finden. Seine Erregung war wieder da. Sein lustsuchendes Glied stand aufrecht und forderte Zugang zu dieser geheimen Kammer des Glückes. Eine unbezähmbare Leidenschaft überwältigte ihn erneut. Achill konnte nicht anders als in einem Atemzug die Pforte zu stürmen, das Innere in Besitz zu nehmen und sich zu ergießen. „Oh, Hippodameia“, entfuhr es ihm. Er drehte sich auf den Rücken und streckte sich ermattet neben ihr aus. Sie spürte die Erniedrigung wie eine erdrückende tödliche Last. Blöße und Scham, nichts anderes konnte sie fühlen. Ihrem Körper hatte anfangs Achills Zärtlichkeit gefallen, aber Achill ging es nicht um ihren Körper, Achill ging es um die eigene Lust. Sie setzte sich auf, und wollte sich reinigen, aber da war Achill wieder neben ihr. Er drehte sie um, zwang sie auf die Knie und nahm sie von hinten. Dann stürzte er sich auf sie, der große Mann auf die zierliche kleine Frau und, als würde er sie als sein Eigentum brandmarken wollen, stieß er tief in ihr Inneres. Achill war im Rausch der Begierde. Hemmungslos. Bis endlich der Morgen die dunkle Nacht vertrieben hatte, fand er immer wieder neue Stellungen, die ihn erregten und immer wieder fand er seine Befriedigung erst, wenn er in ihre Scheide eingedrungen war und seinen Samen fließen lassen konnte, bis die Ermattung ihn wieder kurzzeitig überwältigte.