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Paluten und seine Freunde gehen unter die Piraten
Sicher kennst du Paluten von seinem YouTube-Kanal, auf dem er in seinen Videos und Let's Plays das Minecraft-Universum erobert und coole Abenteuer erlebt. Jetzt gibt's neuen Lesestoff vom beliebten Gamer: Paluten und seine Freunde durchqueren auf der Suche nach einem legendären Schatz einen noch völlig unerforschten Teil von Freedom: das gefährliche Berschmuda-Dreieck.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 211
PALUTEN
Paluten ist ein liebenswerter und chaotischer Kürbiskopf.
EDGAR
Edgar ist Palutens allerbester Freund und begleitet Paluten bei fast jedem Abenteuer.
KAPITÄN SCHMIERHOSE
Der Kapitän ist ein echter Seebär im Dienste des Freedom Squad.
IGGI
Iggi ist ein stets gut gelaunter Golem mit verborgenen Kräften.
EVIL PALUTEN
Evil ist seit den Abenteuern auf den Schmahamas neues Mitglied des Freedom Squad.
SALLY
Sally ist eine so niedliche wie aufgeweckte Hundedame.
Über die Autoren:
Paluten ist einer der erfolgreichsten YouTuber Deutschlands. Mit seinem Minecraft-Projekt FREEDOM erschuf er eine komplette Welt, die Millionen von Zuschauern begeisterte. In »Verschollen im Berschmudadreieck« kehrt er in diese Welt zurück, um mit seinem besten Freund Edgar neue Abenteuer zu erleben!
Klaas Kern mag Raumschiffe, Segelschiffe und alle anderen Fortbewegungsmittel, die ihn zu fremden Orten bringen. In Minecraft ist er allerdings meist zu Fuß unterwegs – mit dem Pferd fällt man einfach zu oft in irgendwelche Schluchten. Wenn er nicht gerade durch FREEDOM wandert, dann lebt der freie Autor mit seinen Hunden in Berlin und denkt über neue Abenteuer nach.
Über die Illustratorin:
Irina Zinner ist freiberufliche Illustratorin aus Hamburg und illustriert alles, was ihr zwischen die Finger kommt. Dazu gehören eigene Comicprojekte und Illustrationen, die sie auf Instagram veröffentlicht, aber auch Auftragsarbeiten für Buchverlage, Trickfilme und Adventure-Games.
2. Auflage
© 2022 Community Editions GmbH
Weyerstraße 88–90
50676 Köln
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger aller Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.
Die Inhalte dieses Buches sind von Autoren und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung von Autoren und Verlag für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Dies ist kein offizielles Minecraft-Produkt. Es ist nicht von Mojang genehmigt oder mit Mojang verbunden.
»Minecraft« and all its graphics are trademark or registered trademark of Mojang Synergies AB.
© 2009–2022 Mojang.
Umschlaggestaltung und Illustration: © Irina Zinner
Abbildung Autorenfoto: © Boris Lehfeld
Redaktion: Mattis May
Satz: Achim Münster, Overath
Gesetzt aus der DINPro und der Yearbook Solid
Gesamtherstellung: Community Editions GmbH
eISBN 978-3-96096-970-9
www.community-editions.de
VERSCHOLLENIM BERSCHMUDADREIECK
Moin, Leute!
Herzlich willkommen zurück in der Welt von Minecraft FREEDOM!Holt eure Schaufeln raus, denn dieses Mal gehen wir auf Schatzsuche.Dafür müssen wir in das sagenumwobene Berschmudadreieck … ich hoffe nur, da gibt’s keine Haie! D:
Euer Pdizzle aka Palle aka Patrick :)
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
EPILOG
ANHANG
»Guten Morgen, Claudia! Guten Morgen, Edgar!«
Paluten schob seinen Kürbiskopf durch das offene Küchenfenster. Obwohl es noch früh war, saßen die beiden Schweine schon am Küchentisch und arbeiteten1. Edgar rührte mit einem Huf Teig in einer Schüssel um, Claudia faltete Apfeltaschen zusammen. Als sie Palutens Stimme hörten, sahen beide auf.
»Guten Morgen«, sagte Claudia. Dann bemerkte sie den Rucksack auf seinem Rücken. »Gehst du wandern?«
Paluten nickte. »Ich wollte Edgar fragen, ob er Lust hat mitzukommen.«
Die Augen seines kleinen Freunds leuchteten auf. Sie gingen oft zusammen wandern und erkundeten die Gegend rund um Dorfd2. Es war erstaunlich, wie viel man entdecken konnte, wenn man richtig hinsah.
»Na klar«, erwiderte Edgar. An seiner Nase und auf seinen rosa Wangen klebte Mehl. »Ich muss nur …«
Sogar Paluten duckte sich unter dem vorwurfsvollen Blick, den Claudia ihrem Mann zuwarf. »Du hast versprochen, dass du mir bei den Vorbereitungen fürs Abendessen hilfst.«
Edgar senkte den Kopf. »Ich dachte, wir sind gleich fertig.«
Claudia stellte sich auf die Hinterbeine und stemmte die Hufe in die Hüften. Erst jetzt bemerkte Paluten, dass sie seine Schürze mit der Aufschrift »Die Köchin hat immer recht« trug.
»Gleich fertig?«, fragte sie ungläubig. »Wir sind ja nicht mal mit den Apfeltaschen so weit. Dann müssen wir den Käse für den Nudelauflauf reiben, Edgar Junior3 aus der Schule abholen, Gemüse schneiden, den Salat ernten, das Dressing zubereiten, den Fisch mari…«
»Wir können ja nur kurz wandern«, schlug Edgar kleinlaut vor. »Und dann komme ich ganz schnell zurück.«
In Claudias Augen funkelte es drohend.
»Du wirst doch wohl nicht …«, setzte sie an, aber Paluten unterbrach sie rasch, bevor ein richtiger Streit daraus werden konnte.
»Tut mir leid«, sagte er. »Ich hatte ganz vergessen, dass wir ja Evils4 letzten Abend hier in Dorfd heute feiern. Da muss Edgar dir natürlich helfen.«
Sein Zwilling war nach ihrer Rückkehr aus der Stadt der Dinosaurier in der Unterwelt5 in Dorfd geblieben. Es fuhren nur selten Schiffe auf die Schmahamas6, wo er mittlerweile zu Hause war. Doch nun hatte sich Kapitän Schmierhose7 über Funk bereit erklärt, Evil dorthin zu bringen. Er war schon auf dem Weg ins Dorfd. Die Abfahrt war für den nächsten Tag geplant. Das musste selbstverständlich gefeiert werden.
»Es ist wirklich nett von dir, dass du alles vorbereitest und dir so viel Mühe gibst«, fügte Paluten mit einem Blick auf Claudia hinzu. »Wenn ich irgendwas tun soll, musst du es nur sagen.«
Das schien sie zu versöhnen. »Nicht nötig«, sagte sie und winkte ab. »Du hast ja schon die ganzen Zutaten besorgt. Edgar und ich haben alles im Griff. Ich weiß, wie gern er mit dir wandern geht, und es tut mir leid, dass das heute nicht klappt.«
Edgar schüttelte den Kopf. »Das muss dir nicht leidtun. Paluten und ich hatten ja die Idee, hier zu feiern. Ich helfe dir gern.«
»Gut.« Claudia nickte zufrieden, trat ans Fenster und wickelte zwei Apfeltaschen in ein Geschirrtuch. Dann reichte sie Paluten das kleine Paket. »Hier. Damit du beim Wandern nicht verhungerst.«
»Danke!« Paluten zog den Rucksack von seinen Schultern und legte die Apfeltaschen auf die Möhren und das Brot, die er als Proviant für den Weg mitgenommen hatte. Claudias Apfeltaschen waren die leckersten in ganz Freedom. Paluten lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er nur daran dachte.
»Kommen eigentlich alle, die eingeladen sind?«, fragte Paluten.
»Fast alle«, sagte Edgar. »Evil natürlich, du, Claudia, Junior und ich und General Dieter8. Iggi der Golem9 möchte nicht, weil er so spät schon schläft, Penelope10 und Professor Ente11 sind auf dem Weg zu einer jährlichen Vogeltagung. Vielleicht kann ihr ja dort jemand das Fliegen beibringen.«
»Das wäre schön«, erwiderte Paluten. Sie hatten das Sauriermädchen Penny bei ihrem letzten großen Abenteuer in der Unterwelt kennengelernt. Penny hatte zwar Flügel, wusste aber nicht, wie man damit flog. In ihrer Welt hatte es niemanden gegeben, der ihr das beibringen konnte. Deshalb war sie mit nach Dorfd gekommen. Nun hatte sich Professor Ente dieser Herausforderung gestellt, bisher jedoch ohne Erfolg. Paluten hoffte, dass die Vögel Penny helfen konnten. Er wäre selbst gern mitgegangen, aber dann hätte er Evils Abreise verpasst. Und er wollte seinen Zwilling nicht einfach so nach Hause fahren lassen.
Er schwang sich den Rucksack auf den Rücken. »Dann bis heute Abend!«
Teig tropfte von Edgars Huf, als er Paluten damit zuwinkte. »Viel Spaß!«
»Bring Appetit mit!«, rief Claudia, bevor sie sich wieder dem Backpapier zuwandte. »Und komm nicht zu spät!«
Paluten grinste und überließ die beiden ihren Vorbereitungen. Es war schade, dass sein bester Freund ihn nicht begleiten konnte, aber er musste das Versprechen, das er Claudia gegeben hatte, natürlich halten. Und heute Abend essen wir ja alle zusammen, fügte er in Gedanken hinzu. Er freute sich richtig darauf.
Er ging an der Stadtmauer entlang in Richtung Tor. So früh am Morgen schliefen die meisten Dorfdbewohner noch, und es war so still, dass man das Rauschen des Meers hören konnte.
»Guten Morgen, Paluten«, sagte eine helle, freundliche Stimme hinter ihm. Als Paluten sich umdrehte, sah er Iggi, den kleinen Golem, der gerade aus seinem »Haus« trat. Im Gegensatz zu den meisten Golems konnte er sprechen und hatte einen eigenen Willen. Das lag an dem leuchtenden roten Energiekern in seiner ansonsten hellbraunen Brust.
»Hallo, Iggi«, antwortete Paluten erfreut. »Wieso bist du denn schon so früh auf?«
Iggi hob den Werkzeugkasten hoch, den er in der rechten Hand hielt. »Iggi baut ein Haus für einen Freund«, sagte er stolz.
»Das ist aber nett von dir«, erwiderte Paluten. Der kleine Golem war sogar ein richtig guter Häuserbauer, das hatte er schon gesehen. Was fast schon zwangsläufig zu Palutens nächster Frage führte. »Wieso baust du eigentlich nur anderen ein Haus und nicht dir selbst?«
Iggi legte verwirrt den Kopf schief. »Iggi hat ein Haus.«
Paluten warf einen Blick auf die drei Platten Mondgestein, die wie ein umgedrehtes U an der Stadtmauer lehnten. »Du könntest was viel Schöneres bauen.«
»Das stimmt«, gab der Golem zu, »aber in einem großen Haus mit vielen Zimmern würde sich Iggi vielleicht verlaufen. So weiß Iggi immer, wo der Ausgang ist.«
Das war logisch, entschied Paluten. »Hauptsache, du fühlst dich wohl«, sagte er.
»Iggi fühlt sich sehr wohl.« Der kleine Golem nickte und bog in eine Gasse ab. Die Wache, die ihm entgegenkam, versuchte, nach links auszuweichen, aber Iggi scherte in dieselbe Richtung aus, sodass sie wieder nicht aneinander vorbeikamen. Sie gingen beide nach rechts, mit demselben Ergebnis. Dann wieder nach links. Nach rechts. Es sah aus, als würden sie miteinander tanzen. Dabei wollten sie nur aneinander vorbei. Aber das gelang ihnen einfach nicht.
Paluten seufzte. »Iggi«, sagte er. »Bleib stehen und beweg dich nicht.«
Der Golem hielt mit erhobenem Bein inne, als wäre er eingefroren.
»Wache«, fuhr Paluten fort. »Du machst einen Schritt nach rechts.«
Der uniformierte Mann mit dem schlecht sitzenden Helm ging nach links.
»Dein rechts«, sagte Paluten.
»Oh!« Die Wache machte einen Schritt nach rechts.
»Und jetzt gehst du einfach geradeaus.«
Die Wache befolgte Palutens Anweisung und ging problemlos an dem erstarrten Golem vorbei.
»Iggi, du kannst jetzt auch weitergehen.«
Der kleine Golem stellte sich erleichtert wieder auf beide Füße. »Danke, Paluten«, sagten er und die Wache gleichzeitig. Dann setzten sie ihren Weg fort.
Paluten winkte ihnen zu und verließ das Dorf. Vor ihm breitete sich eine grüne, hügelige Landschaft aus. Das wird bestimmt ein toller Tag, dachte er. Und wer weiß, vielleicht stolpere ich sogar in ein Abenteuer.
Er rückte seinen Rucksack zurecht und ging los.
Es war schon fast Mittag, als Paluten auf dem Hügel ankam. Die Sonne stand hoch am Himmel, und ihm war warm. Der Aufstieg war anstrengend gewesen, aber er hatte sich gelohnt. Von hier oben konnte man auf der einen Seite die ganze Küste und das Meer sehen. Ein Schäfer zog dort mit seiner Herde entlang. Die Tiere sahen aus der Ferne wie kleine weiße Wolken aus. Man konnte sogar ganz leise ihr »Määäh« hören.
Als Paluten sich umdrehte, sah er eine kleine Lichtung, die von viel Gestrüpp und Büschen umgeben war. Weit dahinter ragte der schneebedeckte Gipfel von Mount Schmeverest12 auf. Paluten grinste spontan, als er an das Abenteuer dachte, das er und Edgar dort erlebt hatten. Und an den leckeren Kaiserschmarren, den er in der Berghütte gegessen hatte.
Bei dem Gedanken knurrte sein Magen so laut, dass einige Vögel im Gebüsch erschrocken hochflatterten. »Entschuldigung!«, rief Paluten, doch die Vögel kehrten nicht auf ihre Zweige zurück. Sie kreisten über dem Gestrüpp, den Blick misstrauisch nach unten gerichtet. Als würden sie dort etwas beobachten. Paluten sah aber nur Zweige und dichtes grünes Laub.
Sein Magenknurren lenkte ihn von den Vögeln ab. So eine Wanderung machte hungrig. Er war froh, dass ihm Claudia die Apfeltaschen mitgegeben hatte. Ein toller Nachtisch.
Er zog den Rucksack von den Schultern, ging zum Rand der Lichtung und setzte sich auf einen flachen Stein. Das Gestrüpp schützte ihn vor dem Wind, der hier oben viel kräftiger wehte als unten im Tal. Paluten breitete eine kleine Decke neben sich aus und legte sein Essen darauf – erst einmal die gesunden Sachen, also die Karotten und das Brot. Seine Lieblingswasserflasche Flaschi hatte er natürlich auch dabei. Er ging nie ohne sie wandern.
Aber wo war sie? Paluten kramte zwischen Karotten, Äpfeln und Claudias Apfeltaschen herum. Dazwischen stieß er auf ein Seil, eine Mütze und einen Schal von der letzten Winterwanderung und Sonnenmilch von der letzten Sommerwanderung. Ich sollte den Rucksack vielleicht auch mal ausräumen, dachte er. Dann stießen seine Finger auf etwas Hartes und Kaltes.
»Aha!«, rief er triumphierend aus, als er Flaschi aus dem Rucksack zog. »Du hattest dich aber gut versteckt.«
Paluten legte Flaschi neben sich auf die Decke, während er zusah, wie sich die Schafherde unten auf einer großen Wiese verteilte. Sie hatten wohl auch Lust auf Mittagessen. Er tastete nach einer Karotte, öffnete den Mund … und hielt inne.
Die Spitze fehlte. Nein, sie fehlte nicht einfach nur, sie war abgebissen worden. Er konnte die Spuren von kleinen Zähnen deutlich erkennen. Ihm fielen die Vögel ein, die eben so misstrauisch das Gestrüpp beobachtet hatten. Darin knurpste und schmatzte doch etwas.
Hmmm …, dachte Paluten. Langsam schob er seine Hand in den Rucksack und nahm eine frische, unbeschädigte Karotte heraus. Ohne sich umzudrehen, legte er sie auf die Decke. Dann hielt er den Atem an und lauschte.
Das Schmatzen und Knurpsen verstummte. Einen Moment später raschelte es im Gestrüpp. Paluten fuhr herum. Vor ihm stand eine kleine, schwarz-weiß gefleckte Hündin, die ihn mit großen Augen anstarrte. Die Karotte lag quer in ihrem Maul, und sie hatte sich halb abgewandt, als hätte sie gerade zurück ins Gebüsch schleichen wollen.
»Wer bist du denn?«, fragte Paluten überrascht.
Die Hündin überwand ihren Schreck, wich ein Stück zurück und zerkaute hastig ihre Beute.
Paluten stemmte die Hände in die Hüften. »Hey!« Du kannst doch nicht einfach fremdes Essen klauen, lag ihm auf der Zunge, doch da fiel ihm etwas auf. Die kleine Hündin trug ein rotes Halsband. Darauf stand etwas in Druckbuchstaben. Das war bestimmt ihr Name. Gut. Dann konnte Paluten die Besitzer ausfindig machen und ihnen erzählen, dass ihre Hündin hungrigen Wanderern das Essen wegnahm.
Er beugte sich langsam vor, um die Buchstaben besser erkennen zu können. Die Hündin hob zwar kurz den Blick, widmete sich dann aber wieder schmatzend ihrer Karotte. Dabei rutschte ihr Halsband ein wenig nach oben, und Paluten sah, dass dort gar kein Name stand, sondern zwei Wörter: ZU VERSCHENKEN.
»Zu verschenken?«, wiederholte er ungläubig. »Jemand hat dich ausgesetzt?«
Paluten ließ die Arme sinken. Mitleid überkam ihn. Was für ein Ungeheuer setzte einen Hund einfach so aus? Die Kleine war ganz allein auf der Welt. Niemand gab ihr etwas zu fressen oder kümmerte sich um sie. Kein Wunder, dass sie die Karotten geklaut hatte. Sie war hungrig.
»Du armer kleiner Fratz.«
Die Hündin schluckte das letzte Stück Karotte herunter, leckte sich über die Lippen und legte den Kopf schief. Ihre braunen Augen musterten Paluten neugierig und aufmerksam.
Er seufzte, griff in seinen Rucksack und zog das Geschirrtuch mit Claudias Apfeltaschen heraus. Er faltete es auseinander und legte den Inhalt auf die Decke. Als die Hündin das Gebäck sah, wurden ihre Augen groß. Sie schmatzte, als könnte sie es bereits schmecken.
Paluten brach eine der Apfeltaschen in zwei Hälften und reichte ihr eine. »Komm», sagte er sanft. »Es ist genug für uns beide da.«
Die Hündin machte den Hals lang und nahm ihm das Stück ganz vorsichtig mit den Zähnen aus der Hand.
»Guten Appetit«, wünschte ihr Paluten höflich. Dann bissen er und die Hündin gleichzeitig in die Apfeltasche.
Sie war genauso lecker, wie er es sich vorgestellt hatte.
Als die Hündin auch die letzten Krümel von der Decke geleckt hatte, packte Paluten alles zusammen und stopfte es in den Rucksack. Die Vierbeinerin setzte sich ins Gras und leckte sich ausgiebig über die Lippen und die Nase. Dabei ließ sie Paluten allerdings nicht aus den Augen. Es kam ihm so vor, als würde sie auf etwas warten.
Er schnürte den Rucksack zu und schwang ihn sich über die Schultern. Wenn er rechtzeitig zu Evils Abschiedsessen zurück in Dorfd sein wollte, musste er bald aufbrechen.
Die Hündin blieb sitzen, als er die Lichtung verließ und den Weg nach unten betrat. Er drehte sich zu ihr um. Wollte sie etwa allein hier oben bleiben? Oder hatte sie Angst, dass Paluten sie auch im Stich lassen würde, so wie die Person, die »Zu verschenken« auf ihr Halsband geschrieben hatte?
Er nickte ihr freundlich zu. »Willst du mit?«
Paluten hatte die Frage noch nicht ganz ausgesprochen, da sprang die Hündin schon auf und schoss pfeilschnell an ihm vorbei den Weg hinunter. Dann bremste sie mit allen vier Pfoten ab, drehte sich um und bellte ihn auffordernd an.
»Ach, jetzt soll ich mitkommen?«, fragte Paluten grinsend. »Du weißt doch gar nicht, wo wir hingehen.«
Das schien die Hündin nicht zu stören. Schwanzwedelnd lief sie voran. Erst am Fuß des Hügels, wo der Weg sich teilte und in zwei verschiedene Richtungen führte, blieb sie stehen. Sie sah nach links, nach rechts, setzte sich hin und kratzte sich verlegen hinter dem Ohr.
»Rechts«, sagte Paluten.
Zu seiner Überraschung sprang seine kleine Begleiterin sofort auf und lief in die richtige Richtung.
Die ist schlau, dachte er. Und dann: Jetzt habe ich wohl einen Hund.
Das fühlte sich ziemlich gut an. Er hatte immer schon einen Hund haben wollen, nur nicht gewusst, welchen er sich aussuchen sollte. Doch jetzt hatte die Hündin sich ihn ausgesucht.
»Die Hündin«, murmelte er leise, während er einen Stock vom Weg nahm und ihn warf. Sie brauchte natürlich einen Namen, aber was für einen? Er sah zu, wie sie fröhlich hinter dem Stock herlief, ihn aufnahm und ihm vor die Füße legte.
Noch mal!, hieß das wohl.
Er warf den Stock noch einige Male, dann spielten sie Fangen. Die Hündin schlug Haken und grinste Paluten an, wenn sie es schaffte, ihm auszuweichen. Er verschob die Namenssuche auf einen späteren Zeitpunkt. Ihm würde schon der richtige einfallen. Er hatte dem Kuchendieb gleich an Gesicht und Körperbau angesehen, dass das ein Mädchen und kein Rüde war. Das schränkte die Namenswahl schon erheblich ein.
Hinter einer Biegung begegneten sie der Schafherde, die Paluten vom Hügel aus beobachtet hatte. Aus der Nähe sahen die Tiere fast noch flauschiger aus. Er stutzte. Irgendetwas stimmte nicht. Obwohl die Schafe auf einer saftigen grünen Wiese standen, fraßen sie nicht. Sie standen einfach nur im Gras und sahen sich um. Und der Schäfer lief aufgeregt zwischen ihnen hindurch, als würde er etwas suchen.
Paluten nickte der Hündin zu. »Wollen wir uns mal ansehen, was da los ist?«
Sie bellte zustimmend und lief vor.
»Guten Tag, Schäfer, guten Tag, Schafe«, sagte Paluten freundlich, als sie näher gekommen waren.
Der Schäfer fuhr erschrocken herum. Er war ein alter Mann mit lockigen weißen Haaren und einem ebenso weißen Vollbart. Paluten fand, dass er ein bisschen wie seine Schafe aussah.
»Ist dir vielleicht ein Lamm begegnet?«, stieß der Schäfer hervor.
»Leider nicht«, erwiderte Paluten.
Der alte Mann biss sich auf die Unterlippe. Er wirkte sehr besorgt. »Ich habe es den ganzen Weg getragen und nur kurz abgesetzt, weil ich zu Mittag essen wollte. Als ich mich umdrehte, war es weg. Und jetzt finde ich es einfach nicht mehr.«
Er setzte sich schwer auf einen Stein. Ein Schaf trabte heran und legte ihm tröstend den Kopf auf die Schulter. Der Schäfer streichelte es geistesabwesend. »Ich habe Angst, dass ihm etwas passiert ist. Es ist gerade mal eine Woche alt.«
Paluten warf einen Blick zum Himmel. Es war schon später Nachmittag. Er musste sich beeilen, wenn er pünktlich zum Essen bei Edgar und Claudia sein wollte. Doch der Schäfer und seine Herde hatten ein großes Problem, das sie nicht allein lösen konnten. Ich kann sie nicht im Stich lassen, dachte er.
»Wir werden dir bei der Suche helfen«, sagte Paluten entschlossen.
Der Schäfer sah auf. »Das ist sehr nett von dir«, antwortete er, »aber ich habe wirklich schon überall gesucht. Wieso glaubst du, dass du es finden wirst?«
Das war eine gute Frage. Er dachte einen Moment lang darüber nach. Dann fiel sein Blick auf die Hündin, die schwanzwedelnd zu ihm aufsah. Natürlich! Das war die Lösung.
»Hast du etwas, das nach dem Lamm riecht?«, fragte er den Schäfer.
Der alte Mann nickte und zog ein großes braunes Tuch aus seiner Jacke. »Darin habe ich es getragen.«
»Das sollte reichen.« Paluten nahm das Tuch, ging in die Hocke und hielt es der Hündin vor die Nase. »Riechst du das?«, fragte er sie, als sie an dem Stoff schnüffelte. »Das ist der Geruch des Lamms, das wir suchen. Meinst du, dass du es finden kannst?«
Die Hündin vergrub ihre Nase in dem Tuch, nieste, schüttelte sich und hob den Kopf.
»Die sieht aber nicht wie ein Spürhund aus«, sagte der Schäfer zweifelnd.
»Warte ab.« Paluten hielt ihr das Tuch noch einmal hin. Dieses Mal roch sie etwas vorsichtiger daran. Dann wandte sie sich ab und lief schwanzwedelnd über die Wiese, die Nase auf den Boden gerichtet.
Paluten, der Schäfer und seine Herde sahen zu, wie sie immer größere Kreise zog. Sie suchte wohl die Spur des Lamms. Du schaffst das, dachte Paluten. Er blieb ganz ruhig und feuerte sie nicht an, damit sie sich voll und ganz auf ihre Aufgabe konzentrieren konnte.
Der Schäfer kratzte sich am Kopf. »Ich glaube nicht, dass das was …«
Im gleichen Moment schoss die Hündin los, nicht mehr im Kreis, sondern geradeaus. Als würde sie einem unsichtbaren Weg folgen. Genau das tat sie auch. »Sie hat die Spur des Lamms gefunden!«, rief Paluten aufgeregt. »Komm mit!«
Er lief los. Die Hündin galoppierte auf den Rand der Wiese zu. Dort war das Gelände steinig, mit vielen Felsen und schmalen Schluchten. Paluten schluckte, als er sich ein kleines Lamm in so einer gefährlichen Umgebung vorstellte. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät, dachte er und lief schneller. Der Schäfer folgte ihm keuchend.
»Wuff!«, machte die Hündin.
Paluten lief an einem großen knorrigen Baum vorbei und sah, dass sie aufgeregt an einer Felsspalte hin- und herlief. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Wenn das Lamm dort reingefallen war … Er konnte noch nicht erkennen, wie tief die Spalte war, aber die Wände sahen ziemlich steil aus.
»Wuff!«, wiederholte die Hündin. Sie stand an der Kante und sah nach unten.
»Mäh …«, erwiderte eine klägliche Stimme aus der Spalte.
Paluten atmete auf. Das Lamm lebte. Er blieb neben der Spürnase stehen und warf ebenfalls einen Blick in die Spalte.
Das Lamm hatte großes Glück gehabt. Die Spalte war ungefähr so tief wie in einstöckiges Haus, aber voller Laub, das von dem großen Baum hinter Paluten hineingeweht worden war. Dessen Äste ragten weit über die Spalte hinweg, was für noch mehr Laub am Boden gesorgt hatte. Das Lamm war also weich gefallen. Nun stellte es sich zwischen all den bunten, raschelnden Blättern auf die Hinterbeine, als wollte es von Paluten auf den Arm genommen werden.
»Ich will dich ja da rausholen, du armer kleiner Fratz«, sagte er, um es zu beruhigen. »Du musst aber ein bisschen Geduld haben.«
Das Lamm schien ihn zu verstehen, denn es stellte sich wieder auf alle vier Hufe und sah abwartend zu ihm auf.
Paluten kraulte die Hündin hinter dem Ohr. »Das hast du wirklich gut gemacht«, lobte er, »aber wie kriegen wir das Lamm jetzt aus der Spalte?«
Er drehte den Kopf, als der schwer atmende Schäfer hinter ihm auftauchte und sich an den Baum lehnte. »Habt ihr mein … Lamm gef… gefunden?«, brachte er keuchend hervor.
»Es ist in die Felsspalte gefallen«, sagte Paluten und fügte rasch hinzu: »Keine Angst, ihm ist nichts passiert.«
Der Schäfer wischte sich erleichtert den Schweiß von der Stirn. Dann kratzte er sich am Kopf. »Und jetzt?«
»Gute Frage.« Paluten sah sich die Wände der Spalte genauer an. Sie waren wirklich fast senkrecht, und es gab so gut wie keine Vorsprünge, an denen er sich hätte festhalten können. Und selbst wenn er bis zum Boden hätte klettern können: Wie sollte er mit dem Lamm im Arm wieder nach oben kommen?
»Mäh!« Das kleine Schaf sprang ungeduldig durch das Laub.
»Wir denken ja schon nach«, erwiderte Paluten. Es musste doch eine Möglichkeit geben, an das Lamm heranzukommen. Nun trat auch der Schäfer an die Felsspalte. »Ganz schön tief«, sagte er nervös. »Um da runterzukommen, müsste man fliegen können.«
»Fliegen?«, wiederholte Paluten. Das Wort setzte sich in seinem Kopf fest und wollte nicht verschwinden. Er spürte, dass es ihn zu einer Idee führen würde. »Fliegen«, sagte er noch einmal.
Der Schäfer musterte ihn mit verwirrtem Blick. »Du kannst das so oft sagen, wie du willst. Du wirst trotzdem nicht fliegen können.«
Im selben Moment erreichten Palutens Gedanken ihr Ziel. Die Idee stand so plötzlich in seinem Kopf wie eine Feuerwerksrakete am Himmel. Er grinste. »Nein, nicht fliegen. Aber schweben.«
Er zog den Rucksack von den Schultern, öffnete ihn und nahm das Seil heraus. Die Hündin schnüffelte neugierig daran. »Wir werfen das Seil über den dicken Ast da vorne.« Er zeigte auf den, der über die Spalte ragte. »Dann binde ich mir das eine Ende um den Bauch, und ihr nehmt das andere in die Hand.« Er nickte der Hündin zu. »Oder in den Mund.«