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Psychodynamische Konzepte bilden eine Basis für das Verstehen und Behandeln psychischer Störungen. Die Autorin beschreibt allgemeine Grundlagen wie Beziehungsmuster, Konfliktdynamik, psychische Struktur nach unterschiedlichen theoretischen Ansätzen (Objektbeziehungstheorie, Bindungstheorie etc.), aus denen sie Behandlungsprinzipien ableitet. Den Hauptteil bilden Darstellungen psychischer Störungen: Depressive, Angst- und Zwangsstörungen, Ess-, Persönlichkeits-, traumatische Störungen und Schizophrenie. Das Verstehen und Behandeln folgt psychodynamischen Prinzipien einschließlich störungsspezifischer Modifikationen. Die Störungsbilder sowie die Anwendung psychodynamischer Konzepte werden durch Fallbeispiele verdeutlicht. Ein Handbuch für Professionelle in der psychosozialen-therapeutischen Praxis und Studierende der Psychologie, Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Medizin.
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Seitenzahl: 633
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Psychodynamische Konzepte bilden eine Basis für das Verstehen und Behandeln psychischer Störungen. Die Autorin beschreibt allgemeine Grundlagen wie Beziehungsmuster, Konfliktdynamik, psychische Struktur nach unterschiedlichen theoretischen Ansätzen (Objektbeziehungstheorie, Bindungstheorie etc.), aus denen sie Behandlungsprinzipien ableitet. Den Hauptteil bilden Darstellungen psychischer Störungen: Depressive, Angst- und Zwangsstörungen, Ess-, Persönlichkeits-, traumatische Störungen und Schizophrenie. Das Verstehen und Behandeln folgt psychodynamischen Prinzipien einschließlich störungsspezifischer Modifikationen. Die Störungsbilder sowie die Anwendung psychodynamischer Konzepte werden durch Fallbeispiele verdeutlicht. Ein Handbuch für Professionelle in der psychosozialen-therapeutischen Praxis und Studierende der Psychologie, Sozialpädagogik, Sozialarbeit und Medizin.
Prof. Dr. Magdalena Stemmer-Lück lehrt klinische Psychologie an der Katholischen Hochschule NRW in Münster. Sie arbeitet als Psychoanalytikerin (DPG) und Supervisorin (DGSv).
Magdalena Stemmer-Lück
Verstehen und Behandeln von psychischen Störungen
Psychodynamische Konzepte in der psychosozialen Praxis
Verlag W. Kohlhammer
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © 2009 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany
ISBN 978-3-17-019509-7
E-Book-Formate
pdf:
978-3-17-022803-0
epub:
978-3-17-028072-4
mobi:
978-3-17-028073-1
Einführung
I Grundlagen
1 Psychische Gesundheit und psychische Störung/Krankheit
1.1 Modelle psychischer Gesundheit und Störung/Krankheit
1.2 Psychische Störung als Steigerung oder Hemmung normaler psychischer Prozesse
1.3 Merkmale psychischer Störung
1.4 Klassifikationssysteme psychischer Störung
1.5 Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik
2 Allgemeine Grundlagen psychodynamischer Konzepte
2.1 Begriffsklärung: psychodynamisch – psychoanalytisch – tiefenpsychologisch
2.2 Psychische Entwicklung als intersubjektiver Prozess
2.3 Innere Welt – Äußere Welt
2.4 Dynamik des Unbewussten
2.5 Neurobiologische Ansätze und psychodynamische Konzepte
3 Psychodynamische Konzepte zum Verstehen psychischer Störungen
3.1 Krankheitserleben
3.2 Beziehungsmuster
3.2.1 Beziehung als Herz psychodynamischer Theorien
3.2.2 Beziehung als internalisierte und modifizierte Objektbeziehung
3.2.3 Beziehung als generalisierte Interaktion
3.2.4 Beziehung als inneres Arbeitungsmodell (Bindungstheorie)
3.3 Konfliktdynamik
3.3.1 Was sind Konflikte?
3.3.2 Unbewusste Konflikte und psychische Störung
3.3.3 Konfliktarten
3.4 Psychische Struktur
3.4.1 Psychische Struktur und Beziehungsgestaltung
3.4.2 Strukturkonzepte
3.4.3 Strukturelle Fähigkeiten
3.4.4 Strukturelle Störungen
4 Psychodynamische Behandlungsprinzipien in der psychosozialen Praxis
4.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – aktuelle Situation als Ausgangspunkt
4.2 Arbeit an der aktuellen Beziehungsdynamik
4.3 Arbeit in der Übertragung-Gegenübertragung
4.3.1 Wandlungen des Übertragung-Gegenübertragung-Konzepts
4.3.2 Übertragung-Gegenübertragung in der Objektbeziehungstheorie
4.3.3 Übertragung-Gegenübertragung als Projektive Identifikation
4.3.4 Reinszenierung – Szenisches Verstehen
4.4 Bearbeitung der aktuellen Konfliktdynamik
4.5 Förderung und Stärkung der psychischen Struktur
4.5.1 Förderung und Stärkung der Ich-Funktionen
4.5.2 Förderung und Stärkung der Selbstentwicklung
4.5.3 Förderung und Stärkung aller strukturellen Fähigkeiten
4.5.4 Stärkung der Struktur durch Mentalisierung der Affektivität
4.6 Ressourcenaktivierung – Arbeit mit Ressourcen
4.7 Bezugnahme auf die Psychogenese
4.8 Orientierung an unbewussten Prozessen
II Psychische Störungen verstehen und behandeln auf der Basis psychodynamischer Konzepte
5 Einführung in psychische Störungen
6 Neurotisch-Depressive Störung
6.1 Einführung
6.2 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
6.3 Auslöser
6.4 Zentrale innerpsychische Konflikte
6.5 Psychische Struktur und Verarbeitung
6.6 Beziehungsmuster
6.7 Psychogenese
6.8 Behandlungsprinzipien
6.9 Fallbeispiel Depressive Störung
7 Angst- und Zwangsstörungen
7.1 Einführung
7.2 Zwangsstörung
7.2.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
7.2.2 Auslöser
7.2.3 Zentrale innerpsychische Konflikte
7.2.4 Psychische Struktur und Verarbeitung
7.2.5 Beziehungsmuster
7.2.6 Psychogenese
7.2.7 Behandlungsprinzipien
7.3 Phobien
7.3.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
7.3.2 Arten von Phobien
7.3.3 Auslöser
7.3.4 Zentrale innerpsychische Konflikte
7.3.5 Psychische Struktur und Verarbeitung
7.3.6 Beziehungsmuster
7.3.7 Psychogenese
7.3.8 Behandlungsprinzipien
7.4 Generalisierte Angststörung – GAS
7.4.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
7.4.2 Auslöser
7.4.3 Zentrale innerpsychische Konflikte
7.4.4 Psychische Struktur und Verarbeitung
7.4.5 Beziehungsmuster
7.4.6 Psychogenese
7.4.7 Behandlungsprinzipien
7.5 Abgrenzung zur Panikstörung
7.6 Behandlung von Angststörungen allgemein
7.7 Fallbeispiel Angststörung
8 Essstörungen
8.1 Einführung
8.2 Anorexia nervosa
8.2.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
8.2.2 Auslöser
8.2.3 Zentrale innerpsychische Konflikte
8.2.4 Psychische Struktur und Verarbeitung
8.2.5 Beziehungsmuster
8.2.6 Psychogenese
8.2.7 Aufrechterhaltende Faktoren
8.2.8 Behandlungsprinzipien
8.2.9 Fallbeispiel Anorexie
8.3 Bulimia nervosa – Ess-Brech-Sucht – Ochsenhunger
8.3.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
8.3.2 Sekundäre somatische Auswirkungen
8.3.3 Auslöser
8.3.4 Zentrale innerpsychische Konflikte
8.3.5 Psychische Struktur und Verarbeitung
8.3.6 Beziehungsmuster
8.3.7 Psychogenese
8.3.8 Behandlungsprinzipien
8.3.9 Idealtypische Unterscheidung zwischen Bulimie und Anorexie
8.4 Binge-Eating-Störung
8.4.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
8.4.2 Auslöser
8.4.3 Psychodynamik
8.4.4 Psychogenese
8.4.5 Behandlungsprinzipien
8.5 Adipositas – Fettsucht – Esssucht
8.5.1 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
8.5.2 Auslöser
8.5.3 Psychodynamik
8.5.4 Psychogenese
8.5.5 Behandlungsprinzipien
8.6 Behandlung von Essstörungen allgemein
9 Persönlichkeitsstörungen
9.1 Einführung
9.2 Borderline-Persönlichkeitsstörung
9.2.1 Zum Begriff Borderline-Persönlichkeitsstörung
9.2.2 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
9.2.3 Auslöser
9.2.4 Zentrale innerpsychische Konflikte
9.2.5 Struktur – Persönlichkeitsorganisation – Verarbeitung
9.2.6 Beziehungsmuster
9.2.7 Psychogenese
9.2.8 Behandlungsprinzipien
9.2.9 Fallbeispiel Borderline-Persönlichkeitsstörung
9.3 Narzisstische Persönlichkeitsstörung
9.3.1 Zum Begriff Narzisstische Persönlichkeitsstörung
9.3.2 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
9.3.3 Auslöser
9.3.4 Zentrale innerpsychische Konflikte
9.3.5 Struktur – Persönlichkeitsorganisation – Verarbeitung
9.3.6 Beziehungsmuster
9.3.7 Psychogenese
9.3.8 Behandlungsprinzipien
9.4 Antisoziale-dissoziale Persönlichkeitsstörung
9.4.1 Zum Begriff antisoziale-dissoziale Persönlichkeitsstörung
9.4.2 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
9.4.3 Auslöser
9.4.4 Zentrale Konflikte
9.4.5 Struktur – Persönlichkeitsorganisation – Verarbeitung
9.4.6 Beziehungsmuster
9.4.7 Psychogenese
9.4.8 Behandlungsprinzipien
9.4.9 Behandlung von psychisch gestörten Straftätern
9.5 Fallbeispiel Schizoide Persönlichkeitsstörung
9.6 Behandlung von Persönlichkeitsstörungen allgemein
10 Traumatische Störungen
10.1 Einführung
10.2 Arten von Traumatisierungen
10.3 Erscheinungsbilder – Symptome nach Traumatisierung
10.3.1 Akute Belastungsreaktion (ICD-10 F43.0)
10.3.2 Posttraumatische Belastungsstörung – PTBS (ICD-10 F43.1)
10.3.3 Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2)
10.3.4 Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10 F62.0)
10.4 Auslöser
10.5 Zentrale innerpsychische Konflikte
10.6 Psychische Struktur und Verarbeitung
10.7 Beziehungsmuster – Traumawiederholung und Reviktimisierung
10.8 Psychogenese
10.9 Traumabehandlung
10.9.1 Behandlung bei akuter Belastungsreaktion, Anpassungsstörung, andauernder Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
10.9.2 Behandlungsprinzipien bei Posttraumatischer Belastungsstörung
10.9.3 Arbeit mit der Übertragung und Gegenübertragung
10.9.4 Psychodynamisch Imaginative Trauma-Therapie
10.9.5 EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing)
10.9.6 Ego-State-Therapie
10.10 Fallbeispiel Traumatisierung durch Gewalterfahrung
11 Schizophrenie – Psychotische Störung
11.1 Einführung
11.2 Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben
11.3 Verlauf
11.4 Auslöser
11.5 Zentrale innerpsychische Dilemmata (Konflikte)
11.6 Psychische Struktur und Verarbeitung
11.7 Beziehungsmuster
11.8 Psychogenese
11.9 Behandlungsprinzipien
11.10 Fallbeispiel Schizophrenie
12 Psychohygiene versus Burnout des Professionellen in der Behandlung
Wissenschaftliche Literatur
Belletristik
Stichwortverzeichnis
Psychische Störungen werden in unserer Gesellschaft immer häufiger. Im Laufe eines jeden Jahres erleiden 27 % der EU-Bevölkerung oder 83 Millionen Menschen mindestens eine psychische Störung wie z. B. eine Depression, Schizophrenie, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, Sozialphobie, Panikstörung, generalisierte Angststörung, Zwangsstörung, somatoforme Störung oder Demenz. Das Lebenszeitrisiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, liegt allerdings mit über 50 % der Bevölkerung wesentlich höher. Ausmaß und Folgen sind dabei höchst unterschiedlich. Einige Menschen erkranken nur episodisch kurzzeitig über Wochen und Monate, andere längerfristig. Ca. 40 % sind chronisch, das heißt über Jahre oder gar von der Adoleszenz bis an ihr Lebensende, betroffen (vgl. www.psychiatrie.de/fakten, Zugriff am 13. 10. 2008). Nicht aufgeführt sind in den Faktenangaben des Psychiatrienetzes die vielen Persönlichkeitsstörungen oder Störungen infolge von Traumatisierungen. Je eher eine psychische Störung erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Chancen einer psychischen Stabilisierung. Unbehandelte psychische Störungen werden häufig chronisch, zunehmend komplexer und sind darum schwieriger zu behandeln. Je chronischer eine psychische Störung wird, desto größer ist auch die psychischen Störungen anhaftende Stigmatisierung.
In diesem Buch geht es um die Behandlung von Menschen mit psychischer Störung, wobei der Schwerpunkt auf dem Verstehen liegt; das Verstehen ist eine unerlässliche Voraussetzung für eine angemessene Behandlung.
Die Adressaten sind professionelle Betreuer, Berater und Therapeuten, die in der psychosozialen und psychotherapeutischen Praxis mit psychisch gestörten Personen arbeiten. Ich richte mich an Psychologen, Pädagogen, Psychiater, Psychotherapeuten, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen etc., an alle, die mit psychisch Gestörten umgehen und versuchen, einen Zugang zu deren inneren und äußeren Welt zu finden und sich selbst als Teil dieser gemeinsamen Welt betrachten, sich selbst in einer kontinuierlichen Interaktion mit den Betroffenen sehen und erleben. Dies deutet bereits meinen psychodynamischen Zugang zum Verständnis psychischer Störungen an. Die Behandlung oder der Umgang mit psychisch gestörten oder psychisch kranken Menschen ist von vielen Faktoren abhängig, die miteinander interagieren.
Auf Seiten der Betroffenen ist die Behandlung abhängig von der Art der psychischen Störung, die ein breites Spektrum einnimmt. Psychische Störungen reichen von akuten Belastungsreaktionen über klassische neurotische Störungen wie Angststörungen, Essstörungen oder unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungen bis hin zu psychotischen Störungen. Des Weiteren ist die Behandlung der Betroffenen auch abhängig von der Motivation, der Kooperationsbereitschaft und den persönlichen Ressourcen.
Auf Seiten der Professionellen ist die Behandlung abhängig von den persönlichen und fachlichen Kompetenzen. Zu den persönlichen Kompetenzen gehören das Engagement, die Bezogenheit, die Belastbarkeit, die Fähigkeit zum empathischen Verstehen etc. Es ist schulenübergreifend bekannt, dass die Person des Professionellen für den Erfolg einer Behandlung eine entscheidende Rolle spielt. Zu der fachlichen Kompetenz gehören das theoretische Konzept über die Entstehung und die Behandlung der jeweiligen psychischen Störung sowie praktische Erfahrungen.
Auf Seiten der Institution ist die Behandlung abhängig vom Behandlungsauftrag und den Möglichkeiten, die in der Institution gegeben sind. Die Institutionen, in denen die Behandlung oder Betreuung von psychisch gestörten Menschen geschieht, haben ebenfalls eine enorme Bandbreite. So gibt es Betreuungen im Kontext von ambulanter Betreuung, Beratungsstellen, insbesondere Frauenberatungsstellen; es gibt stationäre Einrichtungen wie psychiatrische Kliniken, psychotherapeutische Kliniken oder auch teilstationäre wie Tageskliniken; es gibt Wohnstätten, Einrichtungen der Nachsorge etc., und es gibt private psychotherapeutische Praxen.
Das Konzept, nach dem behandelt wird, spielt eine zentrale Rolle. In diesem Buch geht es um psychodynamische Konzepte zum Verstehen und Behandeln von Menschen mit psychischen Störungen. Alle psychodynamischen Konzepte wurzeln in der Psychoanalyse. Als Psychoanalytikerin stehe ich auf dem Boden der neueren psychoanalytischen Entwicklungen. Die Frage, was unter der neueren oder modernen Psychoanalyse zu verstehen ist, ist schwer zu beantworten, da sich gerade ein Paradigmenwechsel vollzieht von der Fokussierung auf die innerpsychische Dynamik hin zur Intersubjektivität. Mit Intersubjektivität ist gemeint, dass der Mensch von Geburt oder sogar von der Zeugung an mit anderen Menschen verbunden ist und dass sich diese Verbundenheit in der psychischen Struktur niederschlägt. Damit sind Innen- und Außenwelt eng miteinander vernetzt (vgl. Altmeyer & Thomä, 2006). Die intersubjektive Sichtweise lässt sich heute in zahlreichen psychoanalytischen Strömungen beobachten. Als Wegbereiter der intersubjektiven Wende können u. a. Bowlby mit seiner Bindungstheorie, Sullivan mit seiner interpersonellen Theorie sowie Fairbairn mit seiner Objektbeziehungstheorie genannt werden. Der Durchbruch der intersubjektiven Sichtweise gelang letztlich mit der empirisch orientierten modernen Säuglingsforschung. Sie eröffnete einen anderen Blick auf das Selbst- und Welterleben des Säuglings. Danach ist der Säugling nicht passiv seiner Triebnatur ausgeliefert, sondert aktiv, initiativ und damit von Anfang an kommunikativ. So werden Interaktionsmuster bereits in den frühen Entwicklungsphasen innerpsychisch unbewusst gespeichert, wodurch sich die menschliche Psyche strukturiert. Auch die aktuellen Konzepte zum Prozess der Mentalisierung um Fonagy sind intersubjektiv angelegt. Kritiker der Konzepte von Intersubjektivität befürchten, dass der Psychoanalyse damit das Wesentliche verloren gehe, nämlich die Konzentration auf das Innerpsychische, welches sich in Beziehungen der Gegenwart in Übertragungsprozessen aufspannt. Aus meiner Sicht geht es im zeitgenössischen psychoanalytischen Diskurs jedoch nicht um Kämpfe zwischen den Schulen, sondern darum, eine immer wieder neue Balance zwischen der intra- und intersubjektiven Perspektive zu finden, denn Innenwelt und Außenwelt sind untrennbar miteinander verwoben. Altmeyer und Thomä (2006, 9) vertreten die Ansicht, „dass die Psychoanalyse sich in einer ... revolutionären Phase des Übergangs von einem zum anderen Paradigma befindet und dabei ist, Evidenzen zusammenzutragen“. Ich persönlich sehe mich ebenfalls in einer Übergangsphase, wobei es mir um eine Balance zwischen den beiden Perspektiven geht. Die Intersubjektivität, die das Intrapsychische mit einschließt, wenn auch nicht fokussiert, entspricht dem im vorliegenden Buch gewählten psychodynamischen Zugang. Damit ist es einer breiten Zielgruppe gewidmet.
Schon in meinem Buch „Beziehungsräume in der Sozialen Arbeit“ habe ich betont, dass psychoanalytisches Denken nicht nur Psychoanalytikern vorbehalten sein sollte. Psychodynamisches Denken ist grundlegend für eine Vielzahl von Behandlungskonzepten in unterschiedlichen Disziplinen und Handlungsfeldern, ob in der Psychologie, der Pädagogik, oder der Sozialen Arbeit etc. Die Grundlagen der psychodynamischen Konzepte gehen auf die Psychoanalyse zurück. Psychodynamische Konzepte sind offen für Modifikationen durch andere Behandlungsansätze. Sie beziehen die neueren Entwicklungen mit ein und ermöglichen eine größere Störungsorientierung und damit Spezialisierung.
Ich werde verschiedene psychodynamische Theorien vorstellen, die dem Verstehen und dem Behandeln dienen. Beim Verstehen geht es darum, die innere und äußere Welt des anderen sowie die eigene innere und äußere Welt zu verstehen. Bezogen auf den Sinn von Theorien möchte ich mich Mitchell anschließen, der sagt: „Theorien helfen dem Analytiker zu denken. Sie liefern Ideen für die Interaktion, die dem Kliniker verschiedene Möglichkeiten eröffnen, deren Umsetzung er inmitten der affektiven Dichte der analytischen Situation erwägen kann. Theorien weisen auf Möglichkeiten hin; sie machen auf wichtige Aspekte aufmerksam; sie leisten als Werkzeuge zur Erschließung komplexer Sachverhalte gute Dienste; sie warnen vor Gefahren“ (Mitchell, 2005, 13).
Das Buch gliedert sich in zwei große Teile. In Teil I geht es um Grundlagen psychischer Gesundheit/Störung und psychodynamischer Konzepte; in Teil II werden ausgewählte psychische Störungen auf der Basis psychodynamischer Konzepte beschrieben. In Teil I gehe ich zunächst auf allgemeine Überlegungen zur psychischen Gesundheit und psychischen Störung ein (1). Grundlegend und einführend sind Modelle von psychischer Störung und psychischer Gesundheit (1.1), wobei Gesundheit und Störung als Pole eines Kontinuums verstanden werden, die sich in einem sehr komplexen Prozess entwickeln und damit auch verändern (1.2). Auch wenn psychische Störungen dimensional betrachtet werden, ist die Frage bedeutsam, ab wann eine Person als psychisch krank gilt. Es werden einige wichtige Merkmale zur Definition einer psychischen Störung beschrieben (1.3). Psychische Störungen werden auch beschrieben und festgelegt durch die international verwendeten Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV, die wegen der Verständigung und Vergleichbarkeit psychischer Störungen aufgeführt werden (1.4). Die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik OPD-2 wird vorgestellt, da sie im Bereich der psychodynamischen und psychoanalytischen Psychotherapie entwickelt wurde. Die Diagnose erfolgt dabei nicht kategorial, sondern auf einem multitaxialen System (1.5).
Auch wenn mein grundlegendes Verständnis ein interaktives bio-psycho-soziales Modell ist, konzentriere ich mich im Weiteren auf die psychische, genauer die psychodynamische Perspektive. Von daher folgen allgemeine Grundlagen psychodynamischer Konzepte (2), wobei diese für alle Menschen gelten, für psychisch gesunde wie für psychisch gestörte. Der Begriff „psychodynamisch“ bedarf einer Begriffsklärung in Abgrenzung zu „psychoanalytisch“ und „tiefenpsychologisch“, was letztlich jedoch nicht eindeutig möglich ist (2.1). Psychische Entwicklung wird im psychodynamischen Denken als Prozess verstanden, der in Beziehungen erfolgt; dies gilt für die normale wie für die gestörte Entwicklung. So kann psychische Störung auch als Ausdruck gestörter Beziehungsmuster gesehen werden. Den Entwicklungsprozess, der die Grundlage für eine psychische Störung bilden kann, beschreibe ich nach unterschiedlichen theoretischen Ansätzen (Konflikt, Objektbeziehung, Bindung, Entwicklung des Selbstempfinden, Mentalisierung und Affektregulierung) (2.2). Mit dem Verständnis, dass psychische Entwicklung in einem intersubjektiven Prozess geschieht, wird bereits eine weitere psychodynamische Grundlage deutlich, nämlich die Wechselwirkung zwischen innerer und äußerer Welt (2.3). Ein Wesenskern im psychodynamischen Denken ist die Annahme einer unbewussten Dynamik. Im Unbewussten werden frühe präverbale Erfahrungen gespeichert, Konflikte gelöst, Kompromissbildungen geschaffen, Schutzmechanismen aktiviert etc. (2.4). Das Kapitel über allgemeine psychodynamische Grundlagen abschließend werden psychodynamische mit neurobiologischen Konzepten verknüpft. Insbesondere die neurobiologischen Ansätze haben die Grundlagen psychodynamischer Konzepte empirisch bestätigt (2.5).
Nach der Einführung in allgemeine Grundlagen psychodynamischer Ansätze konzentriere ich mich in Kapitel 3 auf die psychischen Dimensionen, die in psychodynamischen Konzepten zunächst für das Verstehen von psychischen Störungen bedeutsam sind. Im psychodynamischen Denken sind Verstehen und Behandeln nicht voneinander zu trennen. Im Einzelnen geht es beim Verstehen von psychischen Störungen um das Krankheitserleben der Betroffenen (3.1), die zentralen Beziehungsmuster (3.2), die Konfliktdynamik (3.3) und die psychische Struktur (3.4). Bei der Auswahl der Dimensionen lehne ich mich an die der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD-2) an, die auf psychodynamischen Konzepten aufbaut. Die ausgewählten Dimensionen werden bei den einzelnen psychischen Störungsbildern in Teil II wieder aufgegriffen. Bei der Ausführung der psychodynamisch bedeutsamen Dimensionen beziehe ich mich auf folgende theoretische Zugänge: Konflikt, Struktur (Ich-Psychologie, Objektbeziehungstheorie, Selbstentwicklung), Bindung, Interaktionelle Säuglingsforschung sowie Mentalisierung. Auf diese Konzepte werde ich mich im Folgenden immer wieder beziehen. Die Weiterentwicklung theoretischer psychodynamisch orientierter Ansätze „boomt“ zurzeit. Dies ist sicher auch im Kontext mit dem oben erwähnten Paradigmenwechsel zu sehen.
Nach der Vorstellung von psychodynamischen Konzepten zum Verstehen psychischer Störungen geht es folgerichtig um psychodynamische Behandlungsprinzipien in der psychosozialen Praxis (4). Die Behandlungsprinzipien sind aus den zuvor eingeführten Konzepten abgeleitet und werden in ganz unterschiedlichen Praxisfeldern angewandt. Im Einzelnen geht es um das Erscheinungsbild der Störung, die Symptomatik und die aktuelle Situation, die Ausgangspunkt für eine Behandlung oder Beratung sind (4.1). Als erster Schwerpunkt wird das Konzept der dysfunktionalen Beziehungsmuster aufgegriffen, was sich in der aktuellen Beziehungsdynamik im Behandlungsgeschehen und außerhalb des Behandlungsgeschehens zeigen kann und bearbeitet wird. Da in psychodynamischen Konzepten auf das aktuelle Geschehen fokussiert wird, habe ich zwischen der Arbeit an der aktuellen Beziehungsdynamik (4.2) und der Arbeit mit dem Übertragungs-Gegenübertragungsgeschehen (4.3) differenziert. Ich beschreibe die Wandlungen des Übertragungs-Gegenübertragungs-Konzepts von der Externalisierung des innerpsychischen Raumes des Analysanden auf den Analytiker bis zu einem interaktionell ausgeformten Raum, den die Beteiligten gemeinsam gestalten (4.3.1). Im Folgenden werden für die psychosoziale Praxis hilfreiche Behandlungskonzepte vorgestellt. Das Übertragungs-Gegenübertragungsgeschehen in der Objektbeziehungstheorie (4.3.2), als Projektive Identifikation (4.3.3) und als Reinszenierung, das dann in der gesamten Szene zu verstehen und zu bearbeiten ist (4.3.4). Die Bearbeitung der innerpsychischen und innerpersonellen Konfliktdynamik, die sich natürlich auch im Beziehungsgeschehen zeigt, ist das nächste wichtige Behandlungsprinzip (4.4). Recht ausführlich gehe ich dann auf das Behandlungsprinzip der Stärkung der psychischen Struktur ein (4.5). Dies ist deswegen so wichtig, weil sich die meisten Klienten in der psychosozialen Praxis durch strukturelle Störungen auszeichnen. Auch wird die psychische Struktur im heutigen Diskurs als Bühne betrachtet, auf der sich die konflikthaften Beziehungsmuster entfalten. Die Behandlungsprinzipien zur Stärkung der Struktur sind aus in 3.4 vorgestellten Strukturkonzepten abgeleitet. Im Einzelnen gehe ich auf die Stärkung der psychischen Struktur durch die Stärkung und Förderung der Ich-Funktionen (4.5.1), der Selbstentwicklung (4.5.2), aller strukturellen Fähigkeiten nach der OPD (4.5.3) und der Mentalisierung der Affektivität (4.5.4) ein. Da die Arbeit mit den Ressourcen heute ebenfalls zentral im psychodynamischen Diskurs ist, habe ich ihr ein separates Kapitel gewidmet, obwohl sie auch als Stärkung der psychischen Struktur angesehen werden kann. Sie setzt jedoch mit der innerpsychischen und interaktiven Ressourcenaktivierung (4.6) besondere Akzente. Um die psychische Störung in dem Gewordensein zu verstehen, wird immer wieder Bezug auf die jeweilige Entwicklungsgeschichte, die Psychogenese (4.7) genommen. Das Verstehen der aktuellen Problematik oder Symptomatik erfolgt stets vor dem Hintergrund vergangener Beziehungserfahrungen. Das letzte Behandlungsprinzip, was alle vorangestellten durchzieht, ist die Orientierung an unbewussten Prozessen (4.8). Es geht um Bewusstmachung aktueller, unbewusster Konflikte und Beziehungsmuster mit dem Ziel, neue Möglichkeiten des Umgangs mit den Konflikten in Beziehungen zu finden und im weiteren Schritt zu erproben. Die Behandlungsprinzipien werden in ganz unterschiedlichen Settings von der stationären Milieutherapie über betreutes Wohnen und Beratungen bis hin zur ambulanten Einzel- und Gruppentherapie angewandt. Die Hinwendung zur konkreten Praxis erfolgt in Teil II, in dem psychische Störung nach unterschiedlichen Störungsbildern ausdifferenziert betrachtet wird. Auch dort werden psychodynamische Behandlungsprinzipien vorgestellt, jedoch immer auf die jeweilige Störung bezogen.
Im umfangreichen Teil II, dem eigentlichen Kern der Arbeit, folgen Beschreibungen von unterschiedlichen Störungen auf der Basis von psychodynamischen Konzepten. Bei der Auswahl beziehe ich mich auf die Störungsbilder, denen Professionelle in unterschiedlichen psychosozialen Feldern nach meinen subjektiven Erfahrungen am häufigsten begegnen, wobei ich die zahlreichen stoffgebundenen Suchterkrankungen wegen der spezifischen Dynamik nicht mit einbezogen habe. Es geht um ein Verstehen der psychischen Störungen mit Hilfe der zuvor beschriebenen psychodynamischen Konzepte, und es werden Leitlinien oder Orientierungshilfen für die Behandlung abgeleitet, die der Logik der psychodynamischen Konzepte folgen. Dabei werden durchaus auch Handlungsorientierungen aus anderen Behandlungsansätzen mit einbezogen, doch immer an der jeweils spezifischen Störung orientiert. Dies ist durchaus im Sinne psychodynamischer Konzepte. Die Theorien werden an Hand von grau hinterlegten Fallbeispielen verdeutlicht, die ich aus eigenen Supervisionen zusammengestellt habe. Die Fallbeispiele, die die einzelnen Störungsbilder veranschaulichen, entstammen den oben genannten Praxisfeldern. Die Gliederung der einzelnen Störungsbilder wie auch der Fallbeispiele folgt der bisher vorgestellten Logik und Gliederungsstruktur: Erscheinungsbild – Symptomatik – Krankheitserleben, Auslöser, innerpsychische Konflikte, psychische Struktur, Beziehungsmuster, Psychogenese und Behandlungsprinzipien. Nach einer Einführung (5) werden folgende psychische Störungen vorgestellt: Neurotisch-depressive Störung (6), Angst- und Zwangsstörungen (7), Essstörungen (8), Persönlichkeitsstörungen (9), Traumatische Störungen (10), Schizophrenie als psychotische Störung (11). Teil II wird abgeschlossen mit Überlegungen zur Psychohygiene des Professionellen zur Vermeidung eines Burnouts (12) in der Arbeit mit psychisch gestörten Menschen.
Wenn dir’s im Kopf und Herzen schwirrt,was kannst du besseres haben?Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt,der lasse sich begraben.
(Johann W. Goethe)
Auch wenn in diesem Buch der Schwerpunkt auf dem Verstehen und Behandeln von psychischen Störungen liegt, möchte ich diese in ein generelles Verständnis von psychischer Gesundheit eingebettet betrachten. Psychische Gesundheit ist ein Aspekt von Gesundheit schlechthin und ist insofern nicht zu trennen von allgemeinen Gesundheitskonzepten, die den psychischen Zustand als integralen Bestandteil mit einbeziehen.
Im Folgenden werden einige Modelle von psychischer Gesundheit und Krankheit/Störung vorgestellt. Psychische Störung wird als ein psychisches Phänomen betrachtet, welches auf einem Kontinuum als Steigerung oder Hemmung normaler psychischer Prozesse angesiedelt ist. Der Begriff „psychische Störung“ wird als Oberbegriff verstanden, der verschiedene Störungsarten bzw. Krankheiten einschließt. Auch wenn psychische Störungen dimensional mit unterschiedlicher Ausprägung betrachtet werden, bleibt doch immer die Frage, ab wann eine Person als psychisch krank gilt. Zur Orientierung werden einige allgemeine und psychodynamisch spezifische Merkmale ausgeführt. Es werden international anerkannte Klassifikationssysteme zur Einordnung psychischer Störungen vorgestellt. Die Betrachtung von psychischer Störung und Gesundheit wird mit der Vorstellung eines operationalisierten diagnostischen Instruments abgeschlossen, das auf psychodynamischen Grundlagen basiert.
Voranstellen möchte ich die Charta der Weltgesundheitsorganisation von 1986. Darin wird Gesundheit als ein „umfassendes körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden“ verstanden. „Gesundheit steht für ein positives Konzept, das die Bedeutung sozialer und individueller Ressourcen für die Gesundheit ebenso betont wie die körperlichen Fähigkeiten“ (Ottawa Charta der Weltgesundheitsorganisation 1986). Entscheidend ist dabei, dass in der Charta von einem körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefinden gesprochen wird. Dies zeigt die Annahme eines bio-psycho-sozialen Modells von psychischer Gesundheit bzw. Krankheit.
Bereits Ende der 1970er Jahre formulierte Engel (1980, 1996) ein bio-psychosoziales Modell von Gesundheit – Störung/Krankheit. Der Grundgedanke dieses Modells besteht darin, dass alle drei Faktoren – biologisch-organische, psychische und soziale – sowohl für sich genommen als auch in sich kontinuierlich ändernden Wechselbeziehungen stehen. Aus diesen Faktoren und deren Veränderungen lassen sich die Entstehung und der Verlauf von Störungen erklären. Die entscheidende Ebene für die Wahrnehmung einer Krankheit oder Störung ist nach Engel die Person mit ihren Verhaltensweisen und Erfahrungen. Ebenen für die Behandlung sind die partnerschaftlichen, familiären, gesellschaftlichen Ebenen bis hin zur Biosphäre/Umwelt. Psychische und soziale Faktoren sind genauso bedeutsam wie biologische und müssen bei der Diagnostik und der Behandlung mit einbezogen werden. Dies belegt die psycho-biologische und psycho-neuroimmunologische Forschung, die vielfältige Zusammenhänge und Verknüpfungen aufzeigt zwischen psychosozialen Belastungen (Stressoren), psycho-sozialen Bewältigungsmechanismen und immunologischen und hormonalen Reaktionen, die über psychophysiologische Vorgänge zu Erkrankungen führen.
Genau im Spannungsfeld dieses Dreiecks von bio-psycho-sozialen Faktoren oder Bedingungen lokalisiert Lorenzer (1988), Psychoanalytiker, Philosoph und Soziologe, der zur Frankfurter Schule gerechnet werden kann, den wissenschaftlichen Ansatz der Psychoanalyse. Danach kann menschliches Verhalten und Erleben nur unter der Berücksichtigung biologischer, psychologischer und sozialer Einflüsse hinreichend verstanden und erklärt werden. Da die Psychoanalyse der Boden aller psychodynamischen Konzepte ist, entspricht das bio-psycho-soziale Modell dem psychodynamischen Denken.
Auch dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell liegt die Annahme zugrunde, dass biopsycho-soziale Faktoren in ihrem Zusammenwirken bei der Entstehung psychischer Störungen eine zentrale Rolle spielen. Sie bedingen eine gewisse Vulnerabilität (Verletzlichkeit, Verwundbarkeit) des Individuums, d. h. eine Bereitschaft zu erkranken. Die Bereitschaft oder Disposition ist nicht notgedrungen zeitstabil. Zur manifesten (psychischen) Erkrankung kommt es jedoch erst dann, wenn noch äußere oder innere Stressfaktoren bzw. besondere Belastungen hinzukommen. Es wird von einer individuell unterschiedlichen Vulnerabilität wie auch manifesten Erkrankung ausgegangen. So reagieren manche Menschen bei privatem oder beruflichem Stress mit Ängsten, andere mit Zwängen, Depressionen, psychotischen Episoden oder mit körperlichen Erkrankungen wie z. B. einem Magengeschwür. Weiterhin spielt eine erhebliche Rolle, welches soziale Netz bzw. welche Unterstützung der Betroffene hat und welche eigenen Bewältigungsmöglichkeiten er in der Erkennung und Bewältigung von typischen Krankheitssymptomen entwickelt hat. Dieses Modell wurde von Zubin und Spring (1977) für die Entstehung der Schizophrenie eingeführt, gilt aber nach heutigem Verständnis als allgemeines Erklärungsmodell bei vielen psychischen Störungen. Es wird auch „Diathese-Stress-Modell“ genannt.
Der Medizinsoziologe Antonovsky (1997) kritisierte die pathogenetische Sichtweise für die Entstehung und Behandlung von (psychischen) Störungen. Er stellt der pathogenetischen Sichtweise die salutogentische Sichtweise gegenüber. (Salus lateinisch: Heil, Glück, Unverletztheit, Gesundheit; Genese griechisch: Entstehung). Für ihn ist die Frage nach der Entstehung von Störungen ineffektiv. Viel wichtiger sei es, zu fragen, wie es Individuen trotz enormer Belastungen schaffen, gesund zu bleiben bzw. keine Auffälligkeiten oder Störungen zu entwickeln. Der Gesundheitswissenschaftler fordert eine Erforschung der Ressourcen, also jener Faktoren, die die Menschen widerstandsfähiger machen. Diese Widerstandsressourcen nennt er „generalisierte Widerstandsressourcen“. Es sind Ressourcen, die stabile Menschen bei belastenden Lebens- und Alltagserfahrungen mobilisieren, um nicht krank zu werden oder zu dekompensieren. Diese Widerstandsressourcen wirken nicht allein, sie sind an ein individuelles Kohärenzgefühl gebunden. Bezogen auf das Kohärenzgefühl unterscheidet Antonovsky drei Dimensionen:
Verstehbarkeit (Sense of Comprehensibility): eine grundlegende Lebenseinstellung und ein überdauerndes und zugleich dynamisches Gefühl von Zuversicht; so sind etwa Krankheitserfahrungen interpretierbar und brechen nicht völlig unerklärlich und unbeeinflussbar über die betroffene Person herein.
Machbarkeit (Sense of Manageability): die Überzeugung, dass dem Einzelnen verschiedene Ressourcen zur Problem- und Krisenbewältigung zur Verfügung stehen.
Bedeutsamkeit (Sense of Meaningfulness): das Leben wird als emotional und sinnvoll empfunden; Kranke sehen etwa die Anforderungen der Krankheit als eine Lebenskrise an, die es zu bewältigen gilt.
Antonovsky lehnt eine ideale Definition von Gesundheit ab. Er versteht Gesundheit und damit auch psychische Gesundheit als einen dynamischen Prozess, der sehr labil und nie ganz erfolgreich ist. Die salutogenetische Sichtweise psychischer Störungen ist eine notwendige und enorm bereichernde Sichtweise, die im psychosozialen Bereich wie auch in der Forschung häufig zu kurz kommt. Sie ist für die konkrete Diagnose und Behandlung in der psychosozialen Praxis jedoch nicht ausreichend und bedarf der Ergänzung.
Da der zentrale theoretische Ansatz hier ein psychodynamischer ist, darf ein psychodynamisches Modell von psychischer Gesundheit und Störung nicht fehlen. Wie bereits erwähnt, geht die Annahme eines bio-psycho-sozialen Modells von psychischer Gesundheit und Krankheit ebenfalls ins psychodynamische Denken ein. Auch die Annahme einer Vulnerabilität als Disposition verknüpft mit Stressfaktoren, die als Auslöser wirken, ist in psychodynamischen Theorien zentral. Die salutogenetische Sicht geht im Kontext der verstärkten Ressourcenorientierung ebenfalls in psychodynamische Konzepte ein.
Die psychodynamisch-psychoanalytische Theorieentwicklung erfolgte überwiegend aus der Sicht der Störung, insofern mangelt es an einer Definition von Gesundheit. „Gesundheit ist ein virtuelles Ideal, das zwar angestrebt, aber selten erreicht wird“ (Rudolf & Grande, 2002, 175). Gesund ist, wer noch nicht die Kriterien von Krankheit bzw. Störung erfüllt. An anderer Stelle beschreibt Rudolf ein gesundes Lebensgefühl als die Fähigkeit, freudvolle Affekte wie „Freude, Glück, Interesse, Neugier, Zuneigung, Lust, Stolz, Zufriedenheit“ ebenso zu erleben und auszudrücken wie „Angst, Ärger, Traurigkeit, Scham, Schuldgefühle“ (Rudolf, 2004, 49). Auf der Seite der Störung gibt es im psychodynamischen Denken sehr differenzierte und sehr brauchbare Konzepte. Innerpsychisch spielen die unbewusste Konfliktneigung sowie strukturelle Merkmale und Funktionen eine zentrale Rolle bei der Störungsdisposition, die sich dann als Symptomatik, als dysfunktionale Beziehungsgestaltung, als dysfunktionale Auseinandersetzung mit den Lebensanforderungen und im subjektiven Erleben zeigen können. Es geht nicht nur um Konfliktneigungen und strukturelle Merkmale, sondern auch um den Umgang damit, d. h. um sog. Coping-Strategien.
Das Besondere im psychodynamisch-psychoanalytischen Verständnis ist die Einbeziehung oder Fokussierung der Tiefendimension des Menschen. Hinter dem beobachtbaren Verhalten existiert die Schicht des subjektiven Erlebens und Denkens und dahinter die Schicht der unbewussten psychischen Bereitschaften und Dynamiken. Diese innerpsychischen Kräfte sind dem Bewusstsein primär nicht zugänglich, haben aber eine enorme Wirkkraft und spielen bei der Ausbildung psychischer Störungen eine wesentliche Rolle. Zentrale Konzepte sind die der innerpsychischen Konflikte und der innerpsychischen Struktur. Die Konfliktdisposition ist zentral bei der psychoneurotischen Entwicklung. Die Konfliktverarbeitung ist immer auch abhängig von der innerpsychischen Struktur. Insofern kann die Struktur bzw. das funktionelle Strukturniveau als übergeordnetes Konzept im psychodynamischen Denken angesehen werden. Der Begriff psychische Struktur hat selbst im psychoanalytisch-psychodynamischen Diskurs unterschiedliche Bedeutungen. Zusammengefasst kann Struktur als ein System von psychischen Funktionen beschrieben werden, „welche für die Organisation des Selbst und seine Beziehungen zu inneren und äußeren Objekten erforderlich sind“ (Rudolf, 2004, 58). Bei diesen Funktionen handelt es sich um intrapsychische und um interpersonale Vorgänge. Sie dienen der Aufrechterhaltung des inneren Gleichgewichts und der Beziehung zu den anderen. Die strukturellen Auffälligkeiten sind umso ausgeprägter, je schwerer die psychische Störung ist und umgekehrt. Ich werde noch ausführlicher darauf eingehen.
In medizinisch-psychiatrischen Konzepten von psychischer Krankheit geht es um eine krankhaft veränderte Psyche, um einen Defekt. Gesund ist jemand, der keinen Defekt hat und symptomfrei ist. In medizinischen Konzepten von Gesundheit und Krankheit bilden Kategorien die Voraussetzungen für Diagnose und Klassifikationsmöglichkeiten und dienen der Verständigung und Forschungszwecken. Es geht um qualitativ anderes, abnormes Verhalten und Erleben; somit sind es qualitativ andere Tatbestände, die ein Individuum hat oder nicht hat (Vollmöller, 2001, 51).
In psychoanalytischen Konzepten von psychischer Gesundheit oder Krankheit imponiert bereits Freud mit seinem damals neu eingeführten Paradigma, dass zwischen psychischer Gesundheit und Krankheit eine Kontinuität bestehe. Freud sieht das psychische Geschehen bei psychischer Krankheit qualitativ nicht unterschiedlich zu psychischer Gesundheit. Die beiden durchaus unterschiedlichen Zustände können als Komplementärbegiffe bezeichnet werden, die auf einem Kontinuum die beiden Extreme bezeichnen. Der Unterschied zwischen den beiden Zuständen bemisst sich nach Freud an dem Maß von Genuss- und Leistungsfähigkeit, über das der Mensch verfügt bzw. das er bewahren konnte (vgl. Fischer & Steinlechner, 1992, 71).
In psychologischen und sozialwissenschaftlichen Konzepten geht es um gestörtes und auffälliges Verhalten und Erleben. Der entscheidende Unterschied ist die Annahme eines Kontinuums zwischen normalen und abnormalen Prozessen. Demnach sind psychische Störungen oder Auffälligkeiten lediglich „Steigerungen oder Hemmungen der normalen psychischen Prozesse“ (Münsterberg, 1912; zit. in Baumann & Perrez, 1998, 28), ein Defekt wird nicht angenommen. Mit anderen Worten wird bei der Analyse von abnormalem Verhalten und Erleben kein „qualitativer Sprung“ von der Kategorie gesund in die Kategorie defekt angenommen. Auch Antonovsky (1997) hat die Annahme eines Kontinuums zwischen Gesundheit und Krankheit postuliert. Danach sind Menschen mehr oder weniger gesund oder krank/gestört.
Wittchen weist darauf hin, dass eine kategoriale Definition kein Widerspruch zur dimensionalen Herangehensweise sein muss. Es wird grundsätzlich anerkannt, dass die meisten psychischen Phänomene befriedigender dimensional als kategorial zu beschreiben sind. Für eine Diagnose oder für Forschungszwecke werden jedoch dimensional erfasste Phänomene „über Cut-off-Werte kategorial interpretiert“ (2006, 29).
Da der Begriff Krankheit mehr den medizinischen Modellen zugerechnet und bei psychischen Phänomenen ein Kontinuum angenommen wird, wird in neueren Konzepten der neutralere Begriff der psychischen Störung bevorzugt. Der Begriff „psychische Störung“ eignet sich als übergeordnetes Paradigma; er bietet sich als Oberbegriff an, der die verschiedenen Störungsarten – einschließlich der Krankheiten – umfasst. Dies ist auch in die aktuellen Klassifikationssysteme aufgenommen worden. So wird heute von disorder (Störung) und nicht mehr von disease (Krankheit) gesprochen. Daher werde ich im Folgenden von psychischer Störung sprechen.
Auch wenn psychische Störungen dimensional als Steigerung oder Hemmung normaler psychischer Prozesse betrachtet werden, bleibt doch immer die Frage, ab wann eine Person als psychisch krank gilt. Die Beantwortung dieser Frage ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, so vom Alter, vom Geschlecht, von der kulturellen und sozialen Umgebung, von gesellschaftlich bedingten Störungskonzepten, vom Zeitgeist sowie vom Gesundheitssystem. Auch kann sie von der subjektiven Befindlichkeit des Betroffenen, vom Krankheitserleben als auch von außen anhand von diagnostischen Kriterien beurteilt werden.
Es gibt keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition psychischer Störungen; die Definitionen sind abhängig von den Perspektiven und Konzepten der Diagnostiker. Nach Comer hat sich keine der im Laufe der Jahre vorgeschlagenen Definitionen durchgesetzt. Die meisten Definitionen haben jedoch folgende gemeinsamen Merkmale: „Devianz, Leidensdruck, Beeinträchtigung und Gefährdung“ (Comer, 1995, 3). Dies sind zentrale Merkmale, die in der Fachliteratur zur Definition von psychischer Störung diskutiert werden.
Devianz/Abweichung: Gestörtes Erleben und Verhalten ist abweichend oder deviant. Das Merkmal der Abweichung beinhaltet das Problem, dass Abweichungen immer einen Bezugspunkt, eine Norm benötigen, wonach man sie feststellen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass es ganz unterschiedliche Arten von Normen zur Orientierung gibt. So gibt es statistische, soziale, gesellschaftliche, funktionale und ideale Normen, nach denen ein Verhalten und Erleben als angemessen oder unangemessen beurteilt werden kann. Statistische Normabweichungen allein als Bezugssystem für psychische Störungen eignen sich nicht, denn es besteht nicht zwangsläufig ein Zusammenhang zwischen statistischer Normabweichung und psychischer Störung. Dies zeigen Beispiele von Extrembegabungen wie Intelligenz oder Musikalität, die keinesfalls als psychische Störung bezeichnet werden.
Was als normal angesehen wird und was nicht, variiert von Gesellschaft zu Gesellschaft. Die Normen einer Gesellschaft wurzeln in ihrer jeweiligen Kultur, ihrer Geschichte, ihren Werten, Institutionen, Gewohnheiten, Fähigkeiten, ihrer Technologie, ihrer Kunst und ihrer Wissenschaft. So kann eine Gesellschaft, deren Kultur Wettbewerb und Durchsetzungskraft sehr schätzt, aggressives Verhalten akzeptieren. Eine andere, die Wert auf Höflichkeit, Zusammenarbeit und Freundlichkeit legt, mag dies als inakzeptabel und sogar gestört betrachten. Die Werte einer Gesellschaft können sich auch mit der Zeit ändern und damit die Ansichten über psychische Normabweichungen oder Störungen ebenfalls. In der westlichen Gesellschaft beispielsweise galt es vor 100 Jahren als unangemessen und seltsam, wenn eine verheiratete Frau berufstätig war, heute ist es beinahe umgekehrt, genau dieses Verhalten wird geschätzt. Ein anderes Beispiel für die normative Veränderung für das, was als normal gilt, ist die Einstellung zur Sexualität. In bestimmten Kulturen muss eine Frau jungfräulich in die Ehe gehen, in anderen wiederum gehört sexuelle Vorerfahrung zur Norm. Die Norm, ob ein Verhalten als abweichend eingeschätzt wird, ist auch abhängig von institutionellen und ärztlichen oder psychotherapeutischen Vorstellungen und Konzepten sowie sozialpolitischen Erwägungen und Bewegungen. Auch die öffentlichen Medien spielen eine herausragende Rolle bei der Festschreibung dessen, was normal und was abweichend ist, z.B. im sexuellen Verhalten oder Schönheitsideal.
Leidensdruck: Viele klinische Theoretiker vertreten die Ansicht, dass der Leidensdruck der Betroffenen für die Definition einer psychischen Störung von zentraler Bedeutung ist. Ganz sicher leiden Menschen mit Angststörungen oder Depressionen sehr. Es gibt aber auch Betroffene, die die Abweichung gar nicht als solche wahrnehmen und daher nicht darunter leiden. So ist z. B. der fehlende Leidensdruck ein Charakteristikum bei vielen Persönlichkeitsstörungen und manchen Psychosen; oft leidet die Umgebung unter der Störung und nicht der Betroffene selbst. Manche als manisch bezeichnete Menschen fühlen sich oft wunderbar und werden dennoch als psychisch gestört diagnostiziert. In manchen Fällen sind es gerade die Euphorie und das unverhältnismäßige Gefühl von Wohlbefinden, welches als psychisch gestört betrachtet wird. Neben dem Leidensdruck als subjektive Einschätzung gibt es noch viele andere Facetten des Krankheitserlebens (vgl. 3.1).
Beeinträchtigung: Eine psychische Störung beeinträchtigt tendenziell die Alltagstüchtigkeit, die Bewältigung der Lebensanforderungen allgemein. Sie erregt oder verwirrt die Betroffenen oder lenkt sie so sehr ab, dass sie nicht mehr für sich sorgen, die üblichen sozialen Beziehungen aufrechterhalten oder effektiv arbeiten können. Natürlich spielt der Grad der Beeinträchtigung eine Rolle wie auch das Umfeld, in dem der Betroffene lebt. Wenn jemand nicht in der Lage ist, eine Flugreise zu unternehmen, beeinträchtigt dies das Leben eines Bankangestellten wahrscheinlich nicht sehr. Das Leben eines Piloten würde dadurch jedoch sehr beeinträchtigt. Auch bei diesem Merkmal spielt der Einfluss der Kultur eine Rolle, denn unsere westliche Gesellschaft hält es für sehr wichtig, dass man alltägliche Verrichtungen in einer effektiven und selbstbestätigenden Weise ausführt.
Gefährdung: Psychische Störungen können in solchen Verhaltensweisen gipfeln, die die Betroffenen selbst oder andere Menschen gefährden. Eine psychische Verfassung, die gekennzeichnet ist durch ein herabgesetztes Urteilsvermögen, Feindseligkeit oder Fehlinterpretationen, kann eine Gefahr bedeuten. So kann beispielsweise ein Klient, der sich in einem psychotischen Wahn einen Waffen- und Munitionsvorrat anlegt, sich selbst und andere gefährden. „Zwar wird Selbst- oder Fremdgefährdung gewöhnlich als Kriterium für psychische Störungen genannt, doch nach den Ergebnissen der Forschung ist beides eher die Ausnahme als die Regel. Trotz populärer Fehleinschätzungen stellen die meisten Menschen, die mit Angst, Depression und sogar bizarren Verhaltensmustern zu kämpfen haben, keine unmittelbare Gefahr für sich oder andere dar“ (Comer, 1995, 6). Selbstgefährdung kann im Rahmen von Suizidalität auftreten, Fremdgefährdungen bei ausgeprägtem destruktiven Verhalten.
Dysfunktionale Beziehungsmuster: Im psychodynamischen Verständnis wird dann von einer psychischen Störung gesprochen, wenn dysfunktionale Beziehungsmuster und Lebensbewältigungsmuster vorliegen. Das als psychisch gestört bezeichnete Verhalten und Erleben kann in einen Zusammenhang zu einer unbewussten Konfliktdynamik und strukturellen Funktionsstörungen gebracht werden. Das psychodynamische Verständnis von psychischer Störung sei hier nur angedeutet, da in den nachfolgenden Kapiteln differenziert darauf eingegangen wird.
Kranken- bzw. Sozialversicherung: Nicht unerwähnt bleiben soll noch die Festlegung einer psychischen Störung durch das Leistungsgesetz der Kranken- bzw. Sozialversicherung. In diesem Sinne ist Störung oder Krankheit ein rechtlicher Zweckbegriff, durch den festgelegt wird, ab wann die Leistungspflicht der Versicherung greift. Die Diagnose wird im Allgemeinen durch einen Arzt oder einen zugelassenen Psychotherapeuten festgelegt. „In der Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes ist Krankheit im Sinne gesetzlicher Krankenversicherung ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand, der entweder Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat“ (Meyer et al., 1991; zit. in Pauls, 2004, 77). Dies zeigt die Etikettierungs- oder Definitionsmacht der Ärzte und des Gesundheitssystems.
Klassifikationssysteme dienen aufgrund der internationalen Vereinheitlichung der Verständigung und der Forschung, jedoch nicht primär dem Verstehen. Da es in diesem Kapitel um Konzepte von psychischer Gesundheit und Störung geht, dürfen sie nicht unerwähnt bleiben, da in unserem Gesundheits- und Sozialsystem häufig auf dieser Basis definiert wird, ob eine Person psychisch krank oder gesund ist. Auch wird bei der Beschreibung der einzelnen Störungsbilder in Teil II immer darauf Bezug genommen. Es gibt zwei wichtige Klassifikationssysteme:
Das in Deutschland am häufigsten verwendete, seit 1998 gültige und verbindliche Klassifikationssystem ist das ICD-10 der WHO. Die Gliederung erfolgte nach ätiologischen und syndromatologischen Gesichtspunkten sowie nach Verlaufsmerkmalen. Das ICD-10 umfasst insgesamt 10 Hauptkategorien, die durch den vorangestellten Buchstaben F das Vorliegen einer psychischen Störung anzeigen und durch nachfolgende, meist vierstellige Zahlenkombinationen weitere Spezifikationen bezeichnen.
F0
Organische, einschließlich symptomatische psychische Störungen
F1
Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
F2
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
F3
Affektive Störungen
F4
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
F5
Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen oder Faktoren
F6
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
F7
Intelligenzminderung
F8
Entwicklungsstörungen
F9
Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F99
Nicht näher bezeichnete psychische Störungen (vgl. Dilling et al., 2005).
Das zweite bekannte Klassifikationssystem ist das DSM-IV, das von der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung herausgegeben wird und eine Beurteilung auf fünf verschiedenen Achsen erlaubt.
Achse I:
Alle psychischen Störungen mit Ausnahme von Persönlichkeitsstörungen und geistiger Behinderung.
Achse II:
Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderung.
Achse III:
Medizinische Krankheitsfaktoren.
Achse IV:
Psychosoziale und umgebungsbedingte Probleme.
Achse V:
Globale Beurteilung des Funktionsniveaus.
Achse I erfasst alle psychischen Störungen mit Ausnahme von Persönlichkeitsstörungen und geistiger Behinderung, die auf Achse II eingeordnet werden. Die Achsen I und II stellen die eigentliche Klassifikation psychischer Störungen dar. Es wurden zwei Achsen definiert, um sicher zu stellen, dass mögliche Langzeitstörungen nicht übersehen werden. Störungen auf der Achse II sind häufig die Folge von Störungen auf Achse I. Die meisten Menschen suchen psychische Hilfe bei einer Störung auf Achse I, z. B. bei einer Angststörung oder depressiven Verstimmung. Die Achsen III bis V wurden für die umfassende Beurteilung eines Menschen mit aufgenommen. Die Hinzunahme zeigt, dass auch in diesem Klassifikationssystem zum Verständnis der gesamten Lebenssituation eines Menschen mehr gehört als nur seine psychischen Symptome. Achse III erfasst die körperliche Verfassung eines Menschen, Achse IV die psychosozialen Problemen eines Menschen, dazu gehören Probleme am Arbeitsplatz, Schulden, Partnerschaftsprobleme etc. Auf Achse V erfolgt eine globale Beurteilung des Funktionsniveaus des Betroffenen in sozialen Beziehungen, im beruflichen Bereich sowie im Freizeitverhalten. Das Funktionsniveau (Ich-Funktionen) gibt Auskunft über die notwendige Art der Behandlung (vgl Hautzinger, 2002, 58 ff.). Auch in diesen Ansatz gehen bio-psycho-soziale Aspekte wie beim ICD-10 ein. Diagnosen sind anhand dieser beiden Klassifikationssysteme vergleichbar, wenn auch nicht vollständig. Das DSM-IV wird in Deutschland nicht so häufig angewendet.
Das diagnostische Instrument der ODP-2 wurde im Bereich der psychodynamischen und psychoanalytischen Psychotherapie vom Arbeitskreis OPD (2006) entwickelt und hat die Form eines multitaxialen Systems. Das Besondere an diesem diagnostischen System ist, dass psychodynamische Konzepte operationalisiert sind. Die psychischen Dimensionen wurden auf der Basis zahlreicher empirischer Untersuchungen entwickelt und operationalisiert. Das Manual wurde wiederholt überarbeitet und besitzt somit eine hohe klinische Validität. In der OPD werden die psychodynamisch relevanten Merkmale des individuellen Klienten auf vier Achsen erfasst. Eine fünfte Achse erlaubt die Verknüpfung mit der ICD-10. Ziel der OPD ist es, zwischen ausschließlich deskriptiven Systemen und psychodynamischer Diagnostik zu vermitteln. Die OPD-2 ermöglicht eine Therapieplanung durch die Bestimmung von Schwerpunkten und darauf abgestimmte Behandlungsstrategien. Sie dient ebenfalls der Veränderungsmessung und ist somit auch ein Instrument zur Qualitätssicherung. Die OPD ist für psychodynamisch orientierte Behandlungskonzepte sehr brauchbar und wird in der Praxis zunehmend häufiger zur Diagnostik, Therapieplanung und Veränderungsmessung verwendet. Die Achsen I–IV entsprechen zentralen psychodynamischen Konzepten.
Hier liegt der Akzent auf den Erlebnismomenten des Betroffenen wie dem Leidensdruck, der Veränderungsmotivation, den persönlichen Ressourcen zur Problembewältigung und der subjektiven Krankheitstheorie. Diese subjektiven Aspekte sind für die Behandlungsorientierung von großer praktischer Relevanz.
Sie basiert auf dem psychodynamischen Paradigma, dass jede Diagnostik zu jedem Zeitpunkt immer auch Beziehungsdiagnostik ist, wobei auf das Wechselspiel von Übertragung und Gegenübertragung ein großes Gewicht gelegt wird. Folgende Perspektiven werden auf dieser Achse eingenommen:
Perspektive A: Das Erleben des Patienten Der Patient erlebt sich immer wieder so, dass... Der Patient erlebt andere immer wieder so, dass...
Perspektive B: Das Erleben anderer/des Untersuchers Der Untersucher/andere erleben den Patient immer wieder so, dass... Der Untersucher/andere erleben sich immer gegenüber dem Patienten wieder so, dass...
Die innere Konfliktdynamik gehört zur klassischen psychoanalytischen Diagnostik. In der OPD werden lebensbestimmende, internalisierte Konflikte aktuellen äußerlich determinierten konflikthaften Situationen gegenübergestellt. Die Behandlung eines Konfliktes kann als Behandlungsziel definiert werden. In der OPD wurden folgende Grundkonflikte herauskristallisiert:
Abhängigkeit vs. Autonomie
Unterwerfung vs. Kontrolle
Versorgung vs. Autarkie
Selbstwertkonflikte
Über-Ich und Schuldkonflikte
Ödipal-sexuelle Konflikt
Identitätskonflikte
Mangelhafte Konfliktwahrnehmung
Konflikthafte äußere Lebensbelastung
Die Grundkonflikte werden in 3.3.3 unter Konfliktarten genauer beschrieben.
Auf dieser Achse werden Stärken und Insuffizienzen psychischer Funktionen abgebildet. Zu den bedeutsamen strukturellen Funktionen gehören:
Selbstwahrnehmung
Selbststeuerung
Abwehr
Objektwahrnehmung
Kommunikation
Bindung
Teilfunktionen können – in Kombination mit Konflikten – als Behandlungsziel festgelegt werden. Auf diese Achse/Dimensionen wird in 3.4.3 differenzierter eingegangen.
Auf dieser Achse nimmt die OPD die etablierte deskriptiv-phänomenologische Diagnostik – ICD-10 und DSM-IV – mit hinein. „Dies dient der Betonung der Notwendigkeit einer genauen Erfassung von psychopathologischen Phänomenen, die auch in einer psychodynamischen Diagnostik ihren Platz haben muss. Außerdem wurde diese Achse von der Arbeitsgruppe dazu genutzt, einige Ergänzungen der ICD-10 im Bereich der Psychosomatik (F54) vorzuschlagen“ (Arbeitskreis OPD-online, 2006).
Ich habe das System der OPD zur Bestimmung psychischer Störung und psychischer Gesundheit vorgestellt, da es die psychodynamische Diagnostik operationalisiert und sich konkrete Therapieplanungen daraus ableiten lassen. Dieses System basiert auf den zentralen psychodynamisch-psychoanalytischen Konzepten, auf die ich mich im Folgenden beziehen werde.
Die Psychoanalyse ist ... nicht aus dem Stein gesprungen oder vom Himmel gefallen, sie knüpft an Älteres an, das sie fortsetzt, sie geht aus Anregungen hervor, die sie verarbeitet.
(Sigmund Freud)
Die allgemeinen Grundannahmen psychodynamischer Konzepte gelten für jedes Verhalten und Erleben, unabhängig davon, ob es als normal, gesund oder gestört gilt. Auf das Verstehen von psychischen Störungen wird in Kapitel 3 anhand von ausgewählten Konzepten vertiefend eingegangen.
Zu den Grundlagen psychodynamischer Konzepte gehört zunächst eine Begriffsbestimmung und die Abgrenzung zu den Begriffen psychoanalytisch und tiefenpsychologisch, die alle die Wirkung von unbewussten Prozessen beschreiben, jedoch mit unterschiedlichen Akzentsetzungen und theoretischen Entwicklungen. Der Begriff psychodynamisch ist nicht eindeutig, von daher trägt eine Abgrenzung auch zu seiner Klärung bei.
Zentrale Grundlage aller psychodynamischen Richtungen ist die Annahme, dass die menschliche Entwicklung im Zusammenwirken von Reifungsaspekten mit Aspekten der Beziehung sowie indirekt mit gesellschaftlichen Aspekten geschieht. Entwicklung wird also als dynamischer intersubjektiver Prozess verstanden, der sich in der Zeitdimension vollzieht. Dies gilt für die normale wie für die gestörte Entwicklung.
Eine weitere zentrale Grundlage in allen psychodynamischen Konzepten ist die Annahme einer äußeren und einer inneren Welt und ihr Verhältnis zueinander. Reale Beziehungserfahrungen mit anderen Menschen werden zu inneren Bildern bzw. Repräsentanzen, jedoch nicht in einer direkten Abbildung, sondern in einer modifizierten Weise. Die inneren Bilder werden verändert durch Phantasien, Wünsche, Idealisierungen wie auch durch neue Erfahrungen. Besonders bedeutsam ist das Prinzip der Internalisierung von Mustern im Zusammenhang mit konflikthaften Mustern. So werden im Verlaufe der Entwicklung bedeutsame äußere Konflikte mit Bezugspersonen zu inneren Konflikten.
Wie bereits erwähnt, gehört auch die Annahme eines Unbewussten zu den allgemeinen verbindenden Grundlagen psychodynamischer Konzepte. Im Unbewussten werden Beziehungserfahrungen, Wünsche, Ängste und Konflikte gespeichert, die im aktuellen Verhalten und Erleben eine enorme Wirkkraft haben. Das heißt, dass das aktuelle Verhalten und Erleben immer auch von unbewussten Kräften mit gesteuert wird. Neben der individuellen Lebensgeschichte ist das Unbewusste auch durch kollektive und biologische Kräfte geprägt. Die enorme Wirkkraft und Intensität des Unbewussten zeigt sich in der Ausbildung von Symptomen und Verhaltensstörungen.
Die Grundlagen psychodynamischer Konzepte finden heute, insbesondere durch die neurobiologische Forschung, empirische Bestätigung. Auf jeden Fall gibt es interessante Parallelen zwischen psychodynamischen und neurobiologischen Modellen.
Psychodynamisch orientierte Theoretiker und Praktiker gehen davon aus, dass das Verhalten und Erleben von Menschen von innerpsychischen Kräften oder Tendenzen bestimmt wird, die überwiegend unbewusst sind. Diese Kräfte werden als dynamisch, also als in Bewegung befindlich oder „bewegt“ betrachtet. Die inneren Kräfte interagieren miteinander oder gegeneinander und beeinflussen oder formen das Verhalten, Denken und Erleben des Menschen. Es geht um das innerpsychische Kräftespiel. Der Begriff Dynamik weist auf Bewegung, d.h. der innerpsychische Raum wird als ständig in Bewegung begriffen. Gedanken und Gefühle entstehen und vergehen, es gilt ständig auszugleichen und Kompromisse zu finden, um eine innerpsychische Balance zu errichten etc. Dann gibt es Zeiten, in denen die innerpsychische Dynamik heftiger wird, so z.B. wenn bestimmte auslösende Situationen eine verdrängte angstvolle oder unangenehme Situation oder ein unbewusstes Trauma triggern. Die Psychodynamik spielt bei der Entstehung von psychischen Störungen eine wesentliche Rolle.
Die Ursprünge psychodynamischer Modelle liegen in der Psychoanalyse. So sind psychodynamische Modelle letztlich immer psychoanalytisch fundiert. Das Phänomen der innerpsychischen Dynamik durchzieht alle psychoanalytischen Konzepte, so wird zwischen bewusster und unbewusster Dynamik unterschieden. Es gibt eine Konfliktdynamik, Strukturdynamik, Dynamik der inneren Objektbeziehungen, Interaktionsdynamik etc.
Psychodynamisch heißt im Grunde immer psychoanalytisch fundiert, da das Konzept der Psychodynamik ein Wesenskern des psychoanalytischen Denkens ist.
Eine klare Abgrenzung zwischen psychodynamischen und psychoanalytischen Modellen ist nicht möglich, da psychodynamische Modelle auf psychoanalytischen basieren. Eine Abgrenzung wird durch den oben angedeuteten Paradigmenwechsel in der Psychoanalyse noch schwieriger. Bisher war die Konzentration auf das Innerpsychische der Wesenskern der Psychoanalyse. Mit dem Paradigmenwechsel bewegt sich die Fokussierung jedoch hin zur Intersubjektivität, wodurch mehr Annäherung erfolgt. Unterschiede bestehen eher in bestimmten Akzentsetzungen, die sich mehr auf die Behandlung als auf das Verstehen beziehen. Tendenziell lässt sich sagen, dass in dynamischen Modellen die gegenwärtigen Lebensumstände der Klienten stärker betont werden als in der Psychoanalyse. Die Übertragung wird beachtet, steht aber nicht im Mittelpunkt der Behandlung wie in der Psychoanalyse. Genetische Verknüpfungen zwischen der aktuellen Problem- oder Konfliktsituation und der Lebensgeschichte werden durchaus gemacht.
Psychodynamische und tiefenpsychologische Konzepte sind ebenfalls schwierig voneinander abzugrenzen, da die Tiefenpsychologie psychodynamische Konzepte enthält und umgekehrt. Im internationalen Diskurs wird immer von Psychodynamik gesprochen, der Begriff Tiefenpsychologie taucht dort nicht auf. „Psychodynamisch“ wird heute als Oberbegriff verwendet, der alle auf psychoanalytischer Basis gründenden Verfahren zusammenfasst (vgl. Wöller & Kruse, 2005, 7). Der Begriff „Tiefenpsychologie“ ist jedoch von historischer Bedeutung, darum sollte er nicht unerwähnt bleiben. Er bündelt eine Reihe von Ansätzen, deren theoretischer Zugang auf der Erforschung des Unbewussten liegt. Tiefenpsychologen beschäftigen sich mit dem, was in der Tiefe der menschlichen Psyche liegt. „Die Metapher von der Tiefe zielt auf Phänomene oder Ursachen, die unter bzw. hinter den Phänomenen der Oberfläche liegen“ (Hohage, 2001, 25). Es gibt drei tiefenpsychologische Richtungen oder Schulen, die unterschieden werden können, die sich im Anschluss an die „Väter“ Freud, Jung und Adler entwickelt haben. Die auf Freuds Erkenntnissen basierende Richtung wird „Psychoanalyse“ genannt.
Unter Psychoanalyse wird ganz allgemein ein Konzept zum Beschreiben und Erklären der menschlichen Psyche unter besonderer Berücksichtigung unbewusster psychodynamischer Prozesse verstanden. Diese Prozesse helfen gesundes wie auch gestörtes menschliches Verhalten und Erleben zu verstehen. Bei der Ausbildung von psychischen Störungen spielen in der Psychoanalyse unbewusste innerpsychische Konflikte eine zentrale Rolle. Die Psychoanalyse hat sich weiterentwickelt und verändert, sie ist modifiziert und präzisiert worden. Aus der sog. klassischen Psychoanalyse heraus haben sich weitergehende Theorien entwickelt, die zwar auf dem Boden der Freudschen Psychoanalyse gründen, aber doch ganz eigene neue Zugänge zum Verständnis der psychischen Wirklichkeit des Menschen konzeptualisiert haben. Als Beispiele seien hier die Ich-Psychologie, die Objektbeziehungstheorie und die Selbstpsychologie erwähnt. Es gibt aber noch weitergehende Entwicklungen, in denen eine Integration unterschiedlicher Schulen erfolgt, die letztlich alle den psychoanalytisch-psychodynamischen Prinzipien verpflichtet sind.
C.G. Jung, ein Schweizer Psychiater, der zunächst mit Freud zusammengearbeitet und sich dann getrennt hat, begründete eine eigene Philosophie des Unbewussten. Er nannte seine Lehre Analytische Psychologie, in der es um Zusammenhänge zwischen Unbewusstem und Bewusstem geht. Jung betrachtete das Unbewusste als den schöpferischen Grund des Bewusstseins. Jung fügte der Vorstellung des individuellen Unbewussten, deren Inhalte der Ontogenese entstammen, noch die des kollektiven Unbewussten hinzu, die in der Phylogenese gründen. Im kollektiven Unbewussten erkannte er die urtümlichen Prägungen und Auffassungsmuster des menschlichen Lebens, die er Archetypen nannte. Über die Archetypen sind die Menschen miteinander und mit der Natur verbunden; sie zeigen sich in Märchen, Sagen, Mythen, Kunstwerken zu allen Zeiten und in allen Kulturen. Ein die psychische Entwicklung strukturierendes Prinzip ist bei Jung der sog. Individuationsprozess, der sich in dem Zusammenspiel zwischen dem Bewussten und Komponenten des Unbewussten entwickelt. Im günstigsten Fall entwickelt sich aus dem Zusammenspiel eine sinnvolle Lebensgestaltung auf der Basis psychischer Gesundheit. Im ungünstigen Fall entstehen psychische Störungen; darunter versteht Jung schwere Beeinträchtigungen der „normalen“ Lebensverläufe. Es geht um Entwicklungsstörungen bzw. Störungen in der Individuation, die sich psychisch und physisch manifestieren können. Die auf der Jungschen analytischen Psychologie basierende Psychotherapie ist sowohl eine Behandlungsmethode für psychische Störungen als auch ein Weg zur Selbsterkenntnis und Entwicklung der Persönlichkeit (Individuation).
Adler ist der dritte bedeutende Vertreter tiefenpsychologischer Schulen. Er war ein in der Erwachsenenbildung tätiger Psychologe und zunächst Schüler Freuds. Nach dem Bruch mit Freud entwickelte er eine eigenständige Lehre, die er Individualpsychologie nannte. Mit der Betonung des Individuums wollte er den Akzent auf die Einmaligkeit und Einzigartigkeit des Menschen setzen, ohne jedoch die Bedeutung des Sozialen zu unterschätzen. Ein zentraler Grundgedanke bei Adler ist der, dass der Mensch in der Kindheit Unterlegenheitsgefühle gegenüber dem Erwachsenen hat. Diese beim Kind aufgrund seiner Hilflosigkeit vorhandenen Minderwertigkeitsgefühle sah Adler als positiven Antrieb für Wachstum und Entwicklung. Denn der Mensch versucht sie zu kompensieren, was zu hohen Leistungen führen kann. Erst negative Faktoren – wie unzureichende emotionale, soziale, ökonomische Bedingungen – in der menschlichen Entwicklung verändern das positive Minderwertigkeitsgefühl zu einem entwicklungshemmenden Minderwertigkeitskomplex. Dies kann zu extremem Macht- und Geltungsstreben, zu ausgeprägter Aggression und Durchsetzungsstärke führen. Das überhöhte Geltungs- oder Machtstreben stellt nach Adler bereits eine seelische Überkompensation eines verstärkt erlebten Minderwertigkeitsgefühls dar und gilt für ihn als psychische Störung. Der Gradmesser für psychische Gesundheit ist für Adler die Art und Weise wie der Mensch seine Lebensaufgaben Arbeit – Liebe – Gemeinschaft löst, welchen Beitrag er für die soziale Gemeinschaft leistet. Die größte Bedürftigkeit des Menschen ist bei Adler das Sozialinteresse, sein Wunsch nach Gemeinschaft. Dieses ist eine positive und verbindende Kraft. Im wachsenden Gemeinschaftsgefühl und mitmenschlicher Verbundenheit sah Adler die Wurzel zur Förderung der Gesamtheit. Das Gemeinschaftsgefühl hat seinen Ursprung in der frühen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Während bei Freud mehr die Frage nach dem Grund psychischer Störungen im Vordergrund steht, also die Kausalität, betont Adler die Notwendigkeit, nach dem Zweck von Symptomen wie Lebensäußerungen insgesamt zu fragen; er fragt bei psychischen Störungen nach der Finalität.
Innerhalb dieses tiefenpsychologischen Rahmens, wobei die Gedanken von Freud, Jung und Adler die Basis oder die Eckpfeiler bilden, haben sich zahlreiche tiefenpsychologische Richtungen entwickelt, wie die Gruppenpsychotherapie, die tiefenpsychologische Familientherapie (Stierlin, 1982), die themenzentrierte Interaktion – TZI (Cohn, 1975), die Katathym-Imaginative Psychotherapie (Leuner, 1985) oder die Gestalttherapie (Perls, 1976), um nur eine kleine Auswahl zu benennen. All diese Richtungen gehen von der Annahme unbewusster Prozesse, unbewusster Motive, unbewusster Intentionen oder unbewusster Abwehrformationen aus. Soweit zu dem breiten Rahmen tiefenpsychologischer Verfahren.
Alle psychodynamisch orientierten Theoretiker haben Konzepte über die menschliche Entwicklung formuliert. Einig sind sich alle darin, dass die psychische Entwicklung entscheidend durch Beziehungserfahrungen in einem intersubjektiven Prozess geschieht. Unterschiede bestehen in der Annahme und Konzeptualisierung unterschiedlicher Entwicklung organisierender Prinzipien, die sich in den unterschiedlichen Schulen mit anderen Akzentsetzungen historisch herauskristallisiert haben.
Beziehungserfahrungen interagieren generell mit Reifungsaspekten und sind immer in einen gesellschaftlichen Rahmen eingebettet, also entwickelt sich der Mensch innerhalb bio-psycho-sozialer Wechselwirkungen. Da es hier primär um die psychische Entwicklung geht, liegt das Hauptaugenmerk auf den Beziehungserfahrungen, durch die die innerpsychische Organisation erfolgt. Psychische Entwicklung kann allgemein verstanden werden als eine zunehmende innerpsychische Organisation oder Ausdifferenzierung in einem fortlaufenden irreversiblen Prozess, der zu einer Organisation oder Struktur der Psyche auf einem immer höheren, d.h. differenzierteren Niveau führt. Die psychische Entwicklung erfolgt in einem intersubjektiven Prozess, der entscheidend für eine gesunde oder gestörte Entwicklung ist. Der Entwicklungsprozess ist immer die Basis für psychische Gesundheit oder psychische Störung.
Das aktuelle Verhalten und Erleben, bewusst oder unbewusst, ist im psychodynamischen Denken nie unabhängig von dem Gewordensein zu betrachten. Wie ich heute bin, wie ich denke, wie ich reagiere, wie ich mich verhalte, wie ich Konflikte angehe und löse, wie ich mich und die Welt sehe, wie ich Beziehungen gestalte, welche Charaktereigenschaften und welche persönlichen Schwierigkeiten ich ausgebildet habe (kurz: meine Identität und Individualität), ist entscheidend geprägt durch meine Erfahrungen, die ich mit und in meinen frühen Beziehungen gemacht habe. Die Bedeutung der frühen Kindheit für die psychische Entwicklung wurde auch in zahlreichen empirischen Untersuchungen bestätigt (vgl. Werner & Langenmayr, 2006).
Wie bereits erwähnt, ist das verbindende Element aller psychodynamisch orientierten Theoretiker die Grundannahme, dass Beziehungserfahrungen die psychische Entwicklung entscheidend prägen und organisieren. Unterschiede bestehen in den die Entwicklung organisierenden Prinzipien. Ich stelle im Folgenden einige dieser Prinzipien vor, um aufzuzeigen, welche unterschiedlichen Aspekte bei der Ausbildung psychischer Störungen beteiligt sein können. Die verschiedenen Ansätze sind zu verstehen als unterschiedliche Perspektiven auf das Phänomen der psychischen Entwicklung des Menschen. Bei der Auswahl der organisierenden Prinzipien orientiere ich mich an der historischen Weiterentwicklung der theoretischen Ansätze, die den Prinzipien zugrundeliegen. Diese historisch gewachsenen theoretischen Ansätze werden im Weiteren beim Verstehen und Behandeln von psychischen Störungen wieder aufgegriffen. In diesem Kapitel geht es primär um das Aufzeigen von Prinzipien, nach denen psychische Entwicklung verstanden wird, die auch die Basis für die Entwicklung von psychischen Störungen darstellen.
In der klassischen Psychoanalyse wird der Mensch als Konfliktwesen betrachtet, dessen Leben durch immer wieder neu auftauchende Konflikte geprägt ist, die es zu bewältigen gilt. Die Konflikte wurzeln in den Trieben, Antrieben, Wünschen, Bedürfnissen des sich entwickelnden Subjekts einerseits und in deren Befriedigung bzw. fehlender Befriedigung durch das Gegenüber andererseits. Die Art der Konflikte ist abhängig von der jeweiligen psychosozialen und psychosexuellen Entwicklungsphase – so wird in der klassischen psychoanalytischen Entwicklungstheorie zwischen oralen, analen, ödipalen Konflikten unterschieden – und den frühen Beziehungserfahrungen in der jeweiligen Phase. Innerpsychische Konflikte sind in einem System verinnerlichter Beziehungen entstanden, also immer in konflikthaften Beziehungserfahrungen. Innerpsychisch ist das Vorhandensein von Konflikten an bestimmte strukturelle Voraussetzungen geknüpft, d.h. innerpsychische Konflikte bzw. Konfliktlösungen und innerpsychische Struktur sind immer miteinander verknüpft. Auf die strukturelle Entwicklung als Entwicklung organisierendes Prinzip wird weiter unten eingegangen. Zentrale Entwicklungsaufgabe ist im Konfliktmodell, Kompromisse zu finden zwischen unterschiedlichen, teilweise konflikthaften innerpsychischen Tendenzen und den Anforderungen und Möglichkeiten, die die Umwelt bietet. Anders formuliert sind die anhaltenden kompromisshaften und abwehrbezogenen (Konflikt-)Lösungen in der Auseinandersetzung mit der realen Umwelt und den Objekten das Entwicklung organisierende Prinzip. Eine gesunde stabile Persönlichkeit entwickelt sich, wenn die Entwicklungsphasen spezifischen Konflikte innerhalb des Beziehungsrahmens adäquat gelöst werden. Dann entwickeln sich aktive, flexible, liebes- und arbeitsfähige Menschen. Werden die Konflikte hingegen anhaltend nicht gelungen gelöst, kann dadurch die Basis bzw. die Disposition für eine spätere psychische Störung gelegt werden. Auf der Basis theoretischer und empirischer Grundlagen wurden zentrale Grundkonflikte herauskristallisiert, die in 3.3.3 unter dem Aspekt des Verstehens psychischer Störungen beschrieben werden.
Ein weiteres zentrales, die Entwicklung organisierendes Prinzip ist die Ausbildung der psychischen Struktur. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass das Zusammenwirken von Bedürfnissen und der Befriedigung von Bedürfnissen nicht unabhängig von der psychischen Struktur zu denken ist. Für das Strukturmodell der menschlichen Psyche hat Freud (1923) mit den drei Substrukturen Es, Ich und Über-Ich den Grundstein gelegt. Es wurde von den nachfolgenden Schulen und theoretischen Ausrichtungen immer weiter ausdifferenziert. Beinahe alle neueren theoretischen Ansätze beschäftigen sich mit der Entstehung der psychischen Struktur. Unter psychischer Entwicklung wird heute überwiegend die Entwicklung und Organisierung der psychischen Struktur verstanden, die in einem interaktionellen bzw. intersubjektiven Prozess geschieht. Die zentralen strukturellen Funktionen wurden in der OPD ebenfalls operationalisiert und ausdifferenziert; sie werden in 3.4.3 beschrieben.
In der Ich-Psychologie wurde das Konzept der Funktionsfähigkeit des Ich weiter ausdifferenziert. Das Entwicklung organisierende Prinzip ist der anhaltende Umstrukturierungsprozess, der auch Organisationsprozess genannt wird. Das Ich wird definiert durch seine Funktionen, wobei die übergeordnete oder primäre Funktion die ist, sich selbst zu organisieren (vgl. Blanck & Blanck, 1980, 32). Für das Beschreiben, Verstehen und Behandeln von psychischen Störungen sind neben den kognitiven und vermittelnden Funktionen die Abwehrfunktionen des Ich von besonderer Bedeutung. Wie sich das Ich und damit die Ich-Funktionen entwickelt und strukturiert, ist abhängig von den jeweiligen Erfahrungen, die in den einzelnen Entwicklungsphasen mit den Bezugspersonen und der Umwelt gemacht werden. Sind die Beziehungserfahrungen hinreichend gut, entwickelt sich ein stabiles Ich mit differenzierten Ich-Funktionen. Sind die Erfahrungen jedoch insbesondere in der frühen Kindheit nicht ausreichend, können sich psychische Störungen entwickeln, die als Störungen der Ich-Funktionen betrachtet werden. Als eine zentrale Ich-Funktion kann die Kontrollfähigkeit genannt werden. Sie entwickelt sich im Zusammenhang mit der Beherrschung der Motorik und der Affekte in der sog. analen Phase bzw. in der Phase der Differenzierung und Individuation (Mahler, 1978), also im zweiten/dritten Lebensjahr. Entscheidend für die Entwicklung der Affektkontrolle ist die Fusionierung von guten/angenehmen und schlechten/unangenehmen Gefühlen, die im Verlaufe einer normalen Entwicklung erlebt werden. Voraussetzung für eine Fusionierung ist das Vorhandensein von hinreichend bzw. überwiegend guten Erfahrungen und entsprechend positiven Gefühlen. Durch die Fusionierung der guten und schlechten Gefühle erfolgt eine generelle Milderung der Affekte, sodass ein breites Gefühlspektrum und Ambivalenzfähigkeit entstehen kann. Diese Fusionierung trägt entscheidend zur Ich-Strukturierung bei. Ist diese erfolgt, ist das Ich in der Lage, mit heftigen Emotionen, insbesondere aggressiven Impulsen gut umzugehen, sie zu steuern und in konstruktive, sozial akzeptierte Bahnen zu lenken. Dies ist die Basis einer gesunden psychischen Entwicklung. Natürlich gibt es unterschiedliche Grade der Fusionierung und damit unterschiedliche Grade der Steuerungsfähigkeit. Ich-Funktionsstörungen werden auch als Entwicklungsstörung beschrieben (vgl. Stemmer-Lück, 2004, 87ff.). Sie sind untrennbar verknüpft mit der Entwicklung der Objektbeziehungen und der Ausbildung der inneren Repräsentanzen.
In der Objektbeziehungstheorie ist das Entwicklung organisierende Prinzip die Internalisierung und Modifizierung von Objektbeziehungen. Der Begriff „Objekt“ hat seinen Ursprung in der philosophischen Fachsprache, in der unterschieden wird zwischen dem erkennenden Subjekt und den Objekten der Erkenntnis wie Gegenstände oder Personen. Der Begriff hat nichts mit der umgangssprachlichen Auffassung, den anderen zum Objekt zu machen und in seiner Subjekthaftigkeit nicht wahrzunehmen, zu tun. Der Begriff wird in der Psychoanalyse im ursprünglichen Sinn des Wortes als das „objectum“ verwendet, d. h. als das dem Subjekt Entgegenstehende, vom Selbst getrennte, aber immer in der Beziehung zum Selbst stehende. In diesem Sinn kann das Objekt zwei Bedeutungen haben, zum einen die äußere, real andere, vom Selbst getrennte Person, der reagierende und interagierende Partner; zum anderen das innere Bild, das sich das Subjekt vom Objekt macht. Der Begriff Objektbeziehung meint immer die inneren Bilder der zuvor erlebten und verinnerlichten Objektbeziehungen.
Internalisierung von Objektbeziehungen bedeutet, dass das Kleinkind Interaktionen zwischen sich und der signifikanten Beziehungsperson verinnerlicht. Es internalisiert also nicht nur ein Bild von dem anderen, „sondern die Beziehung zwischen dem Selbst und dem anderen, in der Form eines Selbstbilds oder einer Selbstrepräsentanz, die mit einem Objektbild oder einer Objektrepräsentanz interagiert“ (Kernberg, 2002, 14). Die erlebten Interaktionen werden also innerlich als Interaktion zwischen Selbst- und Objektrepräsentanz abgebildet. Objektbeziehungen sind Vorstellungen, innere Bilder, Niederschläge von erlebten Interaktionen. Alle Objektbeziehungen sind immer mit einem Affekt gekoppelt, da alle Erfahrungen, die der Mensch macht, affektiv getönt sind (vgl. dazu Hülshoff, 2006, 31ff.). Nach Kernberg (1980) enthält also jede Repräsentanz drei Komponenten: Das Bild des Selbst, das Bild des Objektes und die affektive Tönung.
Die internalisierten Objektbeziehungen, die Repräsentanzen erlebter Beziehungserfahrungen darstellen, entsprechen nicht den unmittelbar gemachten Erfahrungen, sondern sind durch Affekte, Wünsche und neue Erfahrungen modifiziert. Die intrapsychische Welt ist also keine eins zu eins Abbildung der erfahrenen realen Welt, sie enthält sowohl reale als auch phantasierte Beziehungen mit bedeutsamen Beziehungspersonen. Insofern wird von Modifizierung gesprochen. Zusammengefasst sind in den Repräsentanzen der Objektbeziehungen reale und phantasierte Beziehungen zu dem „bedeutsamen anderen“ miteinander verwoben und durch den Prozess der psychischen Strukturierung und anhaltenden Umstrukturierung modifiziert. Die Kombination der Vermischungen und Modifikationen beeinflusst das spätere Beziehungsverhalten. Psychische Gesundheit wie psychische Störung sind in der Objektbeziehungstheorie Folge erlebter und verinnerlichter Beziehungserfahrungen.
Während sich die Objektbeziehungstheorie primär mit den innerlich abgebildeten Interaktionen befasst, basiert die Bindungstheorie