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Das Ziel von zeitgemäßem schulischem Lernen sei es, der jungen Generation ein besseres, die Grenzen ihrer Alltagserfahrungen überschreitendes Weltverständnis zu ermöglichen. Um das zu erreichen müsse sich Unterricht heute vor allem als Überzeugungsarbeit darstellen. Schülern müsse nachvollziehbar sein, sagen Ralph Schumacher und Elsbeth Stern in ihrem Beitrag zum Kursbuch 193, dass sie am Ende die Welt tatsächlich besser verstehen, wenn sie sich auf wissenschaftlich fundierte Erklärungen einlassen. Die Gestaltung von Lehrplänen und Unterricht sollte deshalb im Sinne einer konzeptuellen Umstrukturierung von Wissen den Wissensaufbau in den Mittelpunkt stellen. Was dies konkret bedeutet, zeigen die beiden Bildungsforscher an Beispielen aus den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern.
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Seitenzahl: 21
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Inhalt
Ralph Schumacher, Elsbeth SternVerstehendes Lernen Der Aufbau intelligenten Wissens im Schulunterricht
Die Autoren
Impressum
Ralph Schumacher, Elsbeth SternVerstehendes Lernen Der Aufbau intelligenten Wissens im Schulunterricht
Wer erfolgreich lehren will, muss verstehen, wie Menschen lernen. Dieser Grundsatz wird inzwischen bei der Entwicklung von Lehrplänen und Unterrichtsvorschlägen berücksichtigt und hat in den Fachdidaktiken zu einem Paradigmenwechsel geführt. In der traditionellen Stoffdidaktik ging es um die Frage, welche Inhaltsbereiche in das Schulcurriculum aufgenommen werden sollen und wie diese auf das Niveau der Schüler heruntergebrochen werden können. In der lernpsychologisch orientierten Didaktik hingegen stehen Fragen nach den Verständnisschwierigkeiten zentraler Konzepte im Mittelpunkt. Worin unterscheidet sich das Alltagsverständnis von Begriffen wie »Kraft« oder »Trägheit« vom wissenschaftlichen Verständnis in der Physik? Warum könnte es Lernenden schwerfallen, ihr Alltagsverständnis aufzugeben? Welche Vorstellungen haben sich vermischt, wenn Lernende bei der Evolutionsbiologie den Begriff der Selektion mit dem Recht des Stärkeren gleichsetzen? Nur wenn Lehrern bewusst ist, dass die Lernenden mit bestimmten Begriffen und Inhalten bereits Vorstellungen verbinden, die sehr häufig mit dem zu vermittelnden Wissenschaftsverständnis inkompatibel sind, kann schulisches Lernen gelingen. Das wurde insbesondere für die MINT-Fächer gezeigt, aber es gilt für den gesamten Bereich des schulischen Lernens. Da wir zum Lernen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern forschen, beziehen sich unsere Beispiele auf diesen Bereich. Die Aussagen zum verstehenden Lernen sind jedoch auf andere Inhalte übertragbar.
Die kognitive Psychologie hat in den letzten Jahrzehnten beachtliche Fortschritte in der Erforschung des verstehenden Lernens gemacht. Hierbei geht es um den Aufbau von Bedeutungen und Erklärungen, die uns helfen, die Welt besser zu verstehen und uns darüber mit anderen auszutauschen. Dabei ist die Art und Weise, wie Wissen aufgebaut und mit bereits bestehendem Wissen verbunden wird, entscheidend.1 Schulische Lerngelegenheiten können ihre Wirkung nur entfalten, wenn sie den Schülern Gelegenheit geben, ihr bereits verfügbares Wissen – auch wenn es fehlerhaft ist – zu aktivieren, und wenn Beschränkungen in der menschlichen Informationsverarbeitung berücksichtigt werden.2
Veränderungen, die sich durch Lernen ergeben, lassen sich auf drei Ebenen beschreiben: der des Verhaltens, der Kognition sowie der neuronalen Ebene. Die drei Ebenen hängen eng miteinander zusammen, sind aber nicht deckungsgleich, da sie für unterschiedliche Forschungsfragen herangezogen werden. Erklärungen auf der neuronalen Ebene sind für die Diagnose von individuellen Lernstörungen relevant, sie tragen aber nichts zur Optimierung von schulischen Lerngelegenheiten bei.3