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Der Inhalt: Das Handbuch bietet eine vertiefte Darstellung des Korruptionsstrafrechts und zeigt der Verteidigung, an die in Korruptionsfällen besonders hohe Anforderungen gestellt werden, geeignete Verteidigungsstrategien auf. Die einzelnen Korruptionsdelikte sowie die typischen Begleitstraftatbestände und auch die mit Korruptionsvorwürfen einhergehenden steuerstrafrechtlichen Aspekte werden praxisnah behandelt. Erörtert werden auch die beamten-, dienst- und berufsrechtlichen Nebenfolgen einer drohenden Verurteilung wegen eines Korruptionsdelikts sowie die Auswirkungen für Firmen durch die Eintragung in sog. Korruptionsregister. Zudem sind u.a. den Themen internationale Korruption, Wähler- und Abgeordnetenbestechung sowie Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gegen den Wettbewerb eigene Kapitel gewidmet. Den Schwerpunkt setzen Bernsmann und Gatzweiler – der Reihe entsprechend – auf die prozessrechtlichen Aspekte der Verteidigung in Korruptionssachen. Dem Verteidiger wird mit "Verteidigung bei Korruptionsfällen" ein Werk an die Hand gegeben, das ihn durch umfassende Abdeckung der Materie in keiner Situation alleine lässt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
von
Prof. Dr. Klaus Bernsmann
Ruhr-Universität Bochum
und
Prof. Norbert Gatzweiler
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Köln
unter Mitarbeit
von
Dr. Katharina Rausch
Rechtsanwältin in Köln
2., neu bearbeitete Auflage
eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH
www.cfmueller.de
Verteidigung bei Korruptionsfällen › Herausgeber
Praxis der Strafverteidigung
Begründet von
Rechtsanwalt Dr. Josef Augstein (†), Hannover (bis 1984)
Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau
Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber, Göttingen (bis 2008)
Herausgegeben von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau
Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, Berlin
Schriftleitung
Rechtsanwalt[1] Dr. Felix Ruhmannseder, Wien
RAK OLG-Bezirk München
Verteidigung bei Korruptionsfällen › Autoren
Prof. Dr. Klaus Bernsmann ist Lehrstuhlinhaber für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Ruhr-Universität zu Bochum.Kontakt: [email protected]
Prof. Norbert Gatzweiler ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Köln und Honorarprofessor an der Universität zu Köln. Zudem war er langjähriger Mitherausgeber der Zeitschrift „Strafverteidigerforum“.Kontakt: [email protected]
Dr. Katharina Rausch ist Rechtsanwältin in Köln.
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
ISBN 978-3-8114-4811-7
E-Mail: [email protected]
Telefon: +49 6221/489-555Telefax: +49 6221/489-410
(c) 2014 C.F. Müller, eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbHHeidelberg, München, Landsberg, Frechen, Hamburg
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Die Strafverfolgung wegen Korruptionsdelikten hat ungebrochen Konjunktur. Wie es scheint, hat sie seit dem Jahr, in dem der vorliegende Band das erste Mal erschienen ist, sogar noch zugenommen. Dazu dürften nicht zuletzt spektakuläre Verfahren im Zusammenhang mit großen Unternehmen beigetragen haben, bei denen es zu enormen Vermögensabschöpfungen gekommen ist, Strafverfolgung sich also für den Staat buchstäblich bezahlt gemacht hat. Die Motivation, gerade bei der Bekämpfung von Korruption einen Schwerpunkt der Strafverfolgung zu setzen, wurde dadurch gewiss nicht gedämpft.
Die Verteidigung hat bei (möglichen) Korruptionsfällen einen schweren Stand. Die Tatbestände sind denkbar weit gefasst, sie beanspruchen zum Teil Geltung weit über Deutschlands Grenzen hinaus. Die Rechtsprechung hat wenig zu ihrer Eingrenzung getan. Sie räumt dem Rechtsanwender einen erheblichen Spielraum ein und beschränkt sich häufig auf den bloßen Hinweis, die Umstände des Einzelfalls seien maßgeblich. Dass die zunehmende Kasuistik mehr Rechtssicherheit schafft, darf bezweifelt werden. Die Verteidigung steht oftmals vor der Aufgabe, ein faires Verfahren und sorgfältige Rechtsanwendung erst einmal einfordern zu müssen.
Hierfür leisten die Autoren mit dem jetzt in 2. Auflage vorliegenden Band weiterhin wertvolle und vielfältige, ja man darf sagen, unverzichtbare Hilfe. Seiner Bedeutung entsprechend nimmt die Darstellung des materiellen Korruptionsstrafrechts breiten Raum ein. Ohne vertiefte Kenntnisse, wie sie hier vermittelt werden, steht die Strafverteidigung von vornherein auf verlorenem Posten. Zudem ist aber auch eine souveräne Kenntnis der prozessualen Aspekte vonnöten, die gleichfalls ausführlich dargestellt werden.
Der Anspruch der Autoren, eine möglichst umfassende und zugleich anwendungsbezogene Darstellung zu bieten, wird unterstrichen durch den angesichts internationaler Vorgaben (EU-Bestechungsgesetz, Internationales Bestechungsgesetz) notwendigen Blick über die Grenzen, die Einbeziehung der strafrechtlichen Untreue (§ 266 StGB) als typisches Begleitdelikt sowie schließlich die Erörterung der (außer-)strafrechtlichen Nebenfolgen in Korruptionsfällen.
Wie schon die erste Auflage spiegelt auch die Neuauflage die langjährige wissenschaftliche und praktische Befassung der Autoren mit der Materie wider. Die bewährte Darstellung wurde durchweg aktualisiert und erweitert. Unverändert geblieben sind die kritische Haltung der Autoren gegenüber überbordender Kriminalisierung sowie ihre davon getragene Argumentationsfreudigkeit. Die engagierte Darstellung wird nicht müde, Schwächen und Unstimmigkeiten nicht zuletzt der Rechtsprechung aufzuzeigen. Sie bietet damit gerade der Strafverteidigung eine Fülle von Anregungen beim „Kampf ums Recht“. Aber auch Richter und Staatsanwälte können davon nur profitieren. Als gleichermaßen praxisorientierte und zugleich kritisch reflektierte Darstellung der Materie hat das Buch schwerlich Seinesgleichen.
Dafür gebührt den Autoren nach wie vor Dank und Anerkennung.
Im Dezember 2013
Passau Werner Beulke
Berlin Alexander Ignor
Vorwort der Herausgeber
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB
A.Grundsätzliches
B.Der „Amtsträger“ als Ausgangspunkt
I.Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Allgemeines
II.Amtsträger – Einzelheiten
1.Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2a
2.Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2b – sonstiges öffentlich-rechtliches Amtsmerkmal
3.Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2c – Die einzelnen Merkmale
a)Behörde
b)Sonstige Stelle
c)Bestellung
d)Exkurs – Zur Verdeutlichung
e)Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
C.Vorteilsannahme, § 331 StGB
I.Vorteil
1.Allgemeines
2.Immaterielle Vorteile
3.Drittvorteile
II.Tathandlungen
1.Vorbemerkung
2.Fordern und Anbieten
3.Sich-Versprechen-Lassen
4.Annehmen
III.Unrechtsvereinbarung – Dienstausübung – Diensthandlung
1.Allgemeines
2.Dienstausübung und Diensthandlung
IV.Unrechtsvereinbarung – „Für“
V.Sozialadäquanz
VI.Vorsatz – Unrechtsbewusstsein
VII.Genehmigung, § 331 Abs. 3 StGB
D.Bestechlichkeit, § 332 StGB
I.Allgemeines
II.Täterkreis – Tathandlungen
III.Pflichtwidrige Diensthandlungen und Unrechtsvereinbarung
IV.Ermessen
V.Vorsatz und Unrechtsbewusstsein
E.Vorteilsgewährung, § 333 StGB
I.Allgemeines
II.Tathandlungen
1.Anbieten
2.Versprechen
3.Gewähren
III.Vorteil
IV.Für die Dienstausübung
V.Genehmigung, § 333 Abs. 3 StGB
F.Bestechung, § 334 StGB
G.Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und der Bestechung, § 335 StGB
H.Sonderprobleme, §§ 331 ff. StGB
I.Sponsoring
II.Wahlkampfspenden
III.Drittmitteleinwerbung im Hochschulbereich
I.Verjährung
J.Beteiligung
K.Konkurrenzen
Teil 2Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten, § 108e StGB
Teil 3Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 Abs. 1 und 2 StGB
A.Allgemeines
B.Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr, § 299 Abs. 1 StGB
I.Täterkreis
II.Tathandlungen
C.Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 299 Abs. 2 StGB
I.Täterkreis
II.Tathandlungen
III.Rechtswidrigkeit/Irrtum/Tätige Reue
D.Bestechlichkeit und Bestechung im ausländischen Wettbewerb, § 299 Abs. 3 StGB
E.Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, § 300 StGB
Teil 4Untreue (§ 266 StGB) in Korruptionsfällen
A.Einführung
B.Tathandlungen
C.Sonderproblem: „Kick-Back“-Zahlungen
D.Sonderproblem: „Schwarze Kassen“
E.Einverständnis/Einwilligung, „hypothetische Einwilligung“
F.Vermögensschaden und schadensgleiche Vermögensgefährdung
Teil 5Internationale Korruption
A.EU-Bestechungsgesetz (EUBestG)
I.Tathandlungen
II.Täterkreis
III.Räumlicher Geltungsbereich
IV.Risiko der Doppelverfolgung
V.Frage des Vorrangs mehrerer nebeneinander geführter Ermittlungsverfahren
VI.Exkurs: Auslieferungsrisiken bei internationalen Korruptionsfällen
B.Internationales Bestechungsgesetz (IntBestG)
I.Tathandlungen
II.Täterkreis
Teil 6EXKURS Korruptionsrisiken im Hochschulbereich – Steuerstrafverfahren im Zusammenhang mit Korruptionsfällen
A.Allgemeines
B.Die sekundäre Bedeutung steuerstrafrechtlicher Verfolgung gegenüber der Verfolgung von Korruptionsdelikten
C.Die steuerstrafrechtlichen Risiken im Einzelnen
I.Die Notwendigkeit der Überprüfung etwaiger steuerpflichtiger Tätigkeiten im Hochschulbereich
II.Steuerstrafrechtliche Risiken im Zusammenhang mit der Strafverfolgung von Reisen von Aufsichtsrats-, Verwaltungsrats- und Beiratsmitgliedern
III.Strafprozessuale Beweisverwertungsverbote im Zusammenhang mit Offenbarungen im Besteuerungsverfahren über den Erhalt korruptiver Zuwendungen
IV.Auswirkungen von Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren des Empfängers möglicher korruptiver Zuwendungen
V.Verjährung
Teil 7Prozessrechtliche Aspekte der Verteidigung in Korruptionsfällen
A.Ermittlungsbehörden
I.Die Ermittlungsorgane der Polizei
II.Bundeskriminalamt
III.Landeskriminalämter
IV.Korruptionsdezernate bei den örtlichen Polizeibehörden
V.Die Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung
VI.Zollkriminalamt und Zollfahndungsämter
B.Beweisrechtliche Probleme bei Korruptionsverdacht
C.Das Ermittlungsverfahren in Korruptionsfällen
I.Allgemeines
II.Gründe für die Einleitung von Ermittlungsverfahren in Korruptionsfällen
III.Vorbeugende Beratung bei drohenden Zwangsmaßnahmen in Korruptionsfällen
IV.Durchsuchung und Beschlagnahme
V.Vorbeugende Beratung und Vorbereitung von Unternehmen auf Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen
1.Anwesenheitsrecht bei Durchsuchungen (§ 106 Abs. 1 StPO)
2.Beschlagnahme
VI.Vorbereitung von Mitarbeitern auf Durchsuchungs- und Vernehmungsmaßnahmen
1.Informatorische Befragung
2.Vernehmung als Zeuge
3.Beschuldigtenvernehmung
VII.Koordination von Verteidigung und Zeugenbeiständen
VIII.Untersuchungshaft in Korruptionsfällen
1.Die Untersuchungshaftvoraussetzung des dringenden Tatverdachts
2.Haftgründe – Flucht- und Verdunkelungsgefahr bei Korruptionsfällen
D.Das Zwischenverfahren – Geltendmachung von fehlenden Verfahrensvoraussetzungen bzw. bestehenden Verfahrenshindernissen durch Verteidigerschriftsätze
I.Grundsätzliches
II.Sachliche gerichtliche Zuständigkeit
III.Verfahrenshindernisse
IV.Grundsatz der Spezialität
V.Die Beantragung von Beweiserhebungen im Zwischenverfahren, § 202 StPO
VI.Verbrauch der Strafklage – ne bis in idem
E.Das Hauptverfahren
I.Besondere Beweiserhebungsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Feststellung einer vermeintlichen Unrechtsvereinbarung in Korruptionsfällen
II.Übertragung von angloamerikanischen Verteidigungsstrategien auf Korruptionsstrafverfahren in Deutschland
F.Organisation und Vorbereitung der Verteidigung im Korruptionsstrafverfahren
I.Anforderungsprofile an Verteidiger in Korruptionsstrafverfahren
II.Notwendigkeit eines hohen Spezialisierungsgrades
III.Durchsetzungsfähigkeit
IV.Grundsätzliche Konfliktbereitschaft
V.Kommunikation und strategische Kompetenz
VI.Prozessstrategien im Zusammenhang mit Verfahrensabsprachen und Ergebnisabreden
VII.Umgang mit Medien in Korruptionsfällen
VIII.Zusammenarbeit zwischen Verteidigern mehrerer in einem Verfahren Angeklagter
IX.Die Zusammenarbeit mit Unternehmensanwälten
X.Die Einbindung von anwaltlichen Spezialisten anderer Fachrichtungen
XI.Einbindung von Sachverständigen
XII.Zusammenarbeit mit Rechtsgutachtern aus dem Wissenschaftsbereich
XIII.Zusammenarbeit mit ausländischen Strafverteidigern im Zusammenhang mit internationalen Rechtshilfeverfahren
Teil 8Strafrechtliche und außerstrafrechtliche Nebenfolgen in Korruptionsfällen
A.Verfall
I.Adressaten einer Verfallsanordnung
II.Objekt des Verfalls nach § 73 StGB
III.Vermögensabschöpfung nach § 73a Satz 1 StGB
IV.Ausschluss des Verfalls, § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB
V.Härtevorschrift des § 73c StGB
VI.Dinglicher Arrest als Sicherungsmaßnahme
VII.Rückgewinnungshilfe, § 111b Abs. 5 StPO
VIII.Verteidigungsmöglichkeit gegen die Arrestanordnung, §§ 111b StPO ff.
B.Beamten- und dienstrechtliche Folgen
C.Vermögensstrafe für das Unternehmen, § 30 OWiG
D.Eintragung in sogenannte Korruptionsregister
E.Zu den Regelungen in den einzelnen Bundesländern
F.Internationale Sanktionslisten
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
a.A.
anderer Ansicht
a.a.O.
am angegebenen Ort
a.F.
alte Fassung
a.M.
anderer Meinung
abl.
ablehnend
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
abw.
abweichend
AG
Aktiengesellschaft
AktG
Aktiengesetz
Alt.
Alternative
AMG
Arzneimittelgesetz
Anm.
Anmerkung
AnwBl.
Anwaltsblatt (Zeitschrift)
AO
Abgabenordnung
AP
Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts
ArbGG
Arbeitsgerichtsgesetz
Art.
Artikel
AT
Allgemeiner Teil
Aufl.
Auflage
ausf.
ausführlich
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BAG
Bundesarbeitsgericht
BayObLG
Bayerisches Oberstes Landesgericht
BayObLGSt
Entscheidungssammlung des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen
BB
Betriebsberater (Zeitschrift)
BBG
Bundesbeamtengesetz
Bd.
Band
Beschl.
Beschluss
betr.
betreffend
BFH
Bundesfinanzhof
BFHE
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHR
BGH-Rechtsprechung
BGHSt
Entscheidungen des BGH in Strafsachen
BGHZ
Entscheidungen des BGH in Zivilsachen
BKA
Bundeskriminalamt
BMF
Bundesministerium der Finanzen
BNotO
Bundesnotarordnung
BRRG
Beamtenrechtsrahmengesetz
BStBl.
Bundessteuerblatt
BT
Besonderer Teil
BT-Drucks.
Bundestagdrucksache
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BZRG
Bundeszentralregistergesetz
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
d.h.
das heißt
DB
Deutsche Bahn
DBGrG
Gesetz über die Gründung einer Deutsche Bahn Aktiengesellschaft
ders.
derselbe
dies.
dieselbe(n)
DJT
Deutscher Juristentag
DR
Deutsches Recht (Zeitschrift)
DRiZ
Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift)
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
DVBl.
Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift)
EG
Europäische Gemeinschaft
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EGStGB
Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch
Einl.
Einleitung
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
EStG
Einkommensteuergesetz
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
EuAlÜbk
Europäisches Auslieferungsübereinkommen
EUBestG
EU-Bestechungsgesetz
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuZW
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
f., ff.
folgende
Fn.
Fußnote
FS
Festschrift
GA
Goltdammerʼs Archiv für Strafrecht (Zeitschrift)
gem.
gemäß
GesR
Gesundheitsrecht (Zeitschrift)
GewStG
Gewerbesteuergesetz
GEZ
Gebühreneinzugszentrale
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GKÖD
Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
GO
Gemeindeordnung
grds.
grundsätzlich
Gr S
Großer Senat
GRUR
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift)
GS
Gedächtnisschrift
GTZ
Gesellschaft für technische Zusammenarbeit
GVG
Gerichtsverfassungsgesetz
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
GwG
Geldwäschegesetz
h.A.
herrschende Ansicht
h.M.
herrschende Meinung
HansOLG
Hanseatisches Oberlandesgericht
HGB
Handelsgesetzbuch
HRRS
Online-Zeitschrift für Höchstrichterliche Rechtssprechung im Strafrecht
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
i.E.
im Ergebnis
insbes.
insbesondere
IntBestG
Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung
IRG
Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen
i.S.d.
im Sinne der/des
IStGHG
Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
i.S.v.
im Sinne von
i.Ü.
im Übrigen
i.V.m.
in Verbindung mit
JMBl.
Justizministerialblatt
JR
Juristische Rundschau (Zeitschrift)
Js
Ermittlungsverfahren in Strafsachen (Registerzeichen der Staatsanwaltschaft)
Jura
Juristische Ausbildung (Zeitschrift)
JuS
Juristische Schulung (Zeitschrift)
JZ
Juristenzeitung (Zeitschrift)
Kap.
Kapitel
KG
Kammergericht
Komm.
Kommentar
KorrBekG
Korruptionsbekämpfungsgesetz
KStG
Körperschaftssteuergesetz
LBG
Landesbeamtengesetz
LG
Landgericht
lit.
litera (Buchstabe)
LVerf.
Landesverfassung
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
MDR
Monatsschrift für deutsches Recht (Zeitschrift)
MedR
Medizinrecht (Zeitschrift)
MPG
Gesetz über Medizinprodukte
MRK
Menschenrechtskonvention
n.F.
neue Fassung
NGO
Niedersächsische Gemeindeordnung
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
NJW-RR
Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport (Zeitschrift)
Nr.
Nummer
NStZ
Neue Zeitschrift für Strafrecht
NStZ-RR
Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungsreport
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NWVBl
Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
NZA
Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht
o.g.
oben genannt(e)
OECD
Organisation for Economic Cooperation and Development
OLAF
Office européen de lutte antifraude (Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung)
OLG
Oberlandesgericht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
ParlStG
Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre
PPP
Public-Private-Partnership
Prot.
Protokoll
RFinStV
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag
RG
Reichsgericht
RGebStV
Rundfunkgebührenstaatsvertrag
RG HRR
Höchstrichterliche Rechtssprechung des Reichsgerichts
RGSt
Entscheidungen des RG in Strafsachen
RIW
Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift)
Rn.
Randnummer
Rspr.
Rechtsprechung
RStV
Rundfunkstaatsvertrag
S., s.
Satz, Seite, siehe
s.o.
siehe oben
SDÜ
Schengener Durchführungsübereinkommen
SGB
Sozialgesetzbuch
sog.
sogenannte
SteuFa
Steuerfahndung
StGB
Strafgesetzbuch
StPO
Strafprozessordnung
StraFO
Strafverteidigerforum (Zeitschrift)
StrafRÄndG
Strafrechtsänderungsgesetz
st. Rspr.
Ständige Rechtsprechung
StV
Strafverteidiger (Zeitschrift)
Tab.
Tabelle
TV-L
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder
u.a.
unter anderem
UStG
Umsatzsteuergesetz
usw.
und so weiter
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
v.
von, vom
v.a.
vor allem
VG
Verwaltungsgericht
vgl.
vergleiche
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG
Verwaltungsvollstreckungsgesetz
WBeauftrG
Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
WissR
Wissenschaftsrecht (Zeitschrift)
wistra
Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht
WRP
Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift)
WRV
Weimarer Reichsverfassung
WStG
Wehrstrafgesetz
z.B.
zum Beispiel
ZG
Zeitschrift für Gesetzgebung
z.T.
zum Teil
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZPO
Zivilprozessordnung
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
ZStW
Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft
ZUM
Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht
A.Grundsätzliches
B.Der „Amtsträger“ als Ausgangspunkt
C.Vorteilsannahme, § 331 StGB
D.Bestechlichkeit, § 332 StGB
E.Vorteilsgewährung, § 333 StGB
F.Bestechung, § 334 StGB
G.Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und der Bestechung, § 335 StGB
H.Sonderprobleme, §§ 331 ff. StGB
I.Verjährung
J.Beteiligung
K.Konkurrenzen
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB › A. Grundsätzliches
1
Die Korruptionsdelikte im engeren Sinn (§§ 331 ff.; 299 f.)[1] haben Justizorgane und Strafverteidigung schon immer vor zahlreiche materiell-strafrechtliche Probleme gestellt. Das hat nicht nur mit z. T. recht schillernden Tatbestandsmerkmalen, sondern z. T. auch mit dem – grundsätzlich prekären – Zusammenspiel von Legaldefinitionen (früher: § 359 a. F.; heute: § 11 Abs. 1 Nr. 2-4) und den Vorschriften des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches zu tun, in denen sie zu verwenden sind. Bei den Korruptionsstraftaten nach §§ 331 ff. und dem insoweit beachtlichen sog. „Amtsträgerbegriff“ kommt hinzu, dass diese Deliktsgruppe wie keine andere rasanten volkswirtschaftlich-gesellschaftspolitisch verursachten Veränderungen der Rechtstatsachen ausgesetzt ist, die die Rufe nach dem Gesetzgeber und/oder nach einer flexiblen, möglichst expansiven (Neu-)Interpretation überkommener Begriffe provozieren.
2
Man denke nur an die, derzeit abgelebten neo-liberalen Deregulierungsaktivitäten des Staates und die damit verbundene Privatisierung von früher öffentlich-rechtlich, genauer: hoheitlich wahrgenommenen Unternehmungen und die gleichzeitige Konjunktur der sich hauptsächlich in den Medien abspielenden Korruptionsaufdeckungs- und -bekämpfungsaktivitäten. Bei den Korruptionsdelikten, die das Ansehen staatlicher Institutionen schützen sollen, hat das dazu geführt, dass unter dem Banner der Reinerhaltung der Ausübung öffentlicher Ämter („Amtsträger“) in Wahrheit nicht mehr nur der Staat, sondern auch das sich in die Markt-Gesellschaft begebende para-staatliche Unternehmen zumindest strafrechtlich – zu Lasten des Führungspersonals – „staatliche“ Weihen erhält.[2]
Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind immer solche des StGB.
Vgl. näher: Bernsmann StV 2009, 308 ff.
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB › B. Der „Amtsträger“ als Ausgangspunkt
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB › B › I. Amtsträger – § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB – Allgemeines
3
Ein zentraler, in vielen Aspekten allerdings offener, d. h. noch ungeklärter Begriff, der die Vor-Entscheidung über die Anwendbarkeit der §§ 331 ff. trifft, ist der des „Amtsträgers“.
4
Der „Amtsträger“ ist typischer Täter einer Vorteilsannahme (§ 331) bzw. der Bestechlichkeit (§ 332) und ebenso klassischer Adressat der Vorteilsgewährung (§ 333) bzw. der Bestechung (§ 334). Auch in der Praxis geht es nicht selten vorentscheidend darum, ob die handelnden Personen „Amtsträger“ sind oder nicht.
5
Der „Amtsträger“ ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2a-c legal definiert. Daraus sollte eigentlich folgen, dass der Begriff „Amtsträger“ in allen Tatbeständen, in denen er verwendet wird, einheitlich definiert wird und der Rechtsanwender damit von jeglicher Anstrengung, insbesondere von den „Kunststücken“ teleologischer Begriffsausfüllung entlastet ist. Diese „Einheitslösung“ ist pragmatisch, zugleich aber der Rechtssicherheit verbunden, weil sie die recht heteronomen Vorschriften, in denen der „Amtsträger“ als Täter, Opfer oder sonst wie vorkommt,[1] von allen teleologischen Unwägbarkeiten befreit. Für sie spricht i. Ü. auch der Wortlaut des § 11 Abs. 1 („Im Sinne dieses Gesetzes ist ...“).[2] Abgesehen davon wäre die Verwendung von Legaldefinitionen im Allgemeinen Teil als gleichsam vor die Klammer gezogene Regeln für den Besonderen Teil überflüssig, wenn die, gerade bei den Amtsdelikten überaus vagen und daher teleologisch flexibel nutzbaren Rechtsgüter letztlich dann doch zu unterschiedlichen Amtsträger-Begriffen führten. Auch der Versuch, den je unterschiedlichen Zweck der Vorschriften, in denen der „Amtsträger“ erscheint, in einem gemeinsamen Vielfachen zu bündeln, ist wenig erfolgsträchtig, weil Widerstand (§ 113) und Korruption (§§ 331 f.) kaum teleologisch relevante Gemeinsamkeiten aufweisen.[3] Der BGH folgt dem Gedanken des Einheits-Amtsträgers nicht. Er sieht sich – zumindest bei der Auslegung des Begriffs des „sonstigen Amtsträgers“ (§ 11 Abs. 1 Nr. 2c) – nicht gehindert, diesen Begriff in Ansehung seiner Verwendung in den §§ 331 ff. „unter dem Gesichtspunkt des Rechtsgüterschutzes“ zu interpretieren.[4] Dass der BGH sich mit der in der Literatur an Boden gewinnenden Auffassung, der zu Folge die Legaldefinitionen des § 11 dem Gericht die Möglichkeit einer deliktsbezogenen Auslegung nehmen solle,[5] nicht auseinandersetzt, überrascht nicht.
Teil 1 Korruptionsdelikte, §§ 331–336 StGB › B › II. Amtsträger – Einzelheiten
6
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2a ist Amtsträger, „wer nach deutschem Recht (…) Beamter oder Richter ist“.[6]
7
Der damit angesprochene „Beamte im staatsrechtlichen Sinn“ ist nach herkömmlicher Auffassung eine Person, die sich freiwillig unter förmlicher Berufung in ein öffentlich-rechtliches Sonderverhältnis begibt, das für den Betreffenden Dienst- und Treuepflichten und für den Staat Schutz- und Unterhaltspflichten begründet.[7] Auf den Dienstherrn (Bund, Land, Gemeinde, Gemeindeverband, Körperschaft) kommt es nicht an.[8] Ohne Bedeutung ist auch, ob eine Ernennung (§ 5 Abs. 1 BRRG) stattgefunden hat oder ob der Beamtenstatus unmittelbar durch einen Wahlakt bzw. eine Wahlannahmeerklärung erworben wurde.[9] Auch sog. Ehrenbeamte (§§ 3 Abs. 2; 115 BRRG) fallen unter § 11 Abs. 1 Nr. 2a.
8
Fraglich – und im Ergebnis zu verneinen - ist allerdings, ob auch solche Ehrenbeamte, die ihr Amt auf Grund einer entsprechenden gesetzlichen Pflicht zu übernehmen hatten,[10] „Amtsträger“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2a sind. Die h. M. bejaht das unter Aufgabe des Erfordernisses der Freiwilligkeit der Übernahme der „Amtsträgereigenschaft“[11] mit dem – u. a. zirkulären – Argument, ehrenamtliche Richter, die zum größten Teil auch zur Amtsübernahme verpflichtet seien, würden durch § 11 Abs. 1 Nr. 3 auch zu „Amtsträgern“. Letzteres ist dem Gesetz zumindest unmittelbar nicht zu entnehmen, würde aber, selbst wenn es zuträfe, nichts besagen. Immerhin ist in § 11 Abs. 1 Nr. 3 der „ehrenamtliche“ Richter ausdrücklich genannt, nicht aber der „Ehrenbeamte“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2a![12]
9
Von geringer praktischer Bedeutung sind Fragen in Zusammenhang mit der verwaltungsrechtlichen Wirksamkeit der Begründung des Beamtenstatus. Einigkeit besteht darüber, dass im Falle einer sog. „Nicht-Ernennung“, d. h. bei Fehlen der beamtenrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen, kein „Amtsträger“ kreiert wird. [13]
10
Entsprechendes sollte auch für eine Ernennung gelten, die etwa gem. § 8 BRRG nichtig ist, mögen auch die Handlungen der Betroffenen als „Amtshandlungen“ gelten und wirksam sein.[14]
11
Die Gegenmeinung[15] übersieht, dass der Begriff des „Amtsträgers“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2a ein rein formaler ist.
12
Der nichtige Ernennungsakt mag ggf. in eine „Bestellung“ zu einem „sonstigen Amtsträger“ nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c „umgedeutet“ werden können, das ändert jedoch nichts daran, dass es einen „Beamten“ – ex tunc – nie gegeben und der „Schein-Amtsträger“ daher objektiv auch nie ein öffentliches Amt repräsentiert hat.
13
In Zusammenhang mit den Korruptionsdelikten stellt sich die Frage, wie (ggf. vorläufig) dienstenthobene, beurlaubte oder Ruhestands-Beamte in Zusammenhang mit § 11 Abs. 1 Nr. 2a zu behandeln sind, nur ausnahmsweise, nämlich dann, wenn sie trotz ihrer (temporären) „Amts-Ferne“ Diensthandlungen i.S.d. §§ 331 ff. vornehmen (wollen bzw. sollen) und dafür Vorteile erhalten (wollen bzw. sollen), also die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 331 ff. vorliegen. Da § 11 Abs. 1 Nr. 2a an das Beamtenverhältnis im statusrechtlichen Sinn anknüpft, kommen beurlaubte und vorläufig in den Ruhestand versetzte oder vorläufig dienstenthobene Beamte zwar grundsätzlich als „Amtsträger“ in Betracht, werden allerdings im Allgemeinen nicht (mehr) mit amtlichen Aufgaben betraut werden.
14
Letzteres ist aber nach der Rechtsprechung Voraussetzung für die Begründung der Amtsträgereigenschaft;[16] die bloße formale Rechtsstellung reicht nicht.[17]
15
Zur Verdeutlichung mag die „Deutsche Bahn AG“-Entscheidung des BGH[18] dienen:
Es ging um eine etwaige Bestechung (§ 334) eines beurlaubten Beamten der Deutschen Bundesbahn (vgl. § 12 Abs. 1 DBGrG). Der BGH betrachtet den beurlaubten Beamten, der auf der Grundlage eines (neuen) Anstellungsvertrages mit der Deutschen Bahn AG tätig war, zwar statusmäßig als Beamten, prüft (und verneint) dann jedoch die Frage, ob die nunmehr ausgeübte Tätigkeit als „amtliche Aufgabe“ ausgeübt werde.[19]
16
Kirchliche Amtsträger sind grundsätzlich keine „Beamte“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2a. Sie unterfallen auch sonst, d. h. etwa in Ansehung von § 11 Abs. 1 Nr. 2b, 4 nicht dem Amtsträgerbegriff.[20] Auch wenn die großen Religionsgemeinschaften formal Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (vgl. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV), gehören ihre „Beamte“ weder formell noch materiell Teilen der unmittelbaren bzw. mittelbaren Staatsverwaltung an. Diese Amtsinhaber stehen daher auch nicht in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat.
17
Ausländische Beamte fallen nicht unter § 11 Abs. 1 Nr. 2a, es sei denn ihre Bestellung beruht – wie etwa bei Wahlkonsulen – auf deutschem Recht.[21]
18
„Amtsträger“ ist auch (§ 11 Abs. 1 Nr. 2b), wer in einem „sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht“.
19
Damit sind Personen gemeint, die in einem auf deutschem Recht beruhenden Verhältnis zu staatlichen Institutionen stehen, das dem Beamten- bzw. dem Richterverhältnis ähnlich und – zumindest auch – auf die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung gerichtet ist.[22]
20
Auch hier sollte eine Pflicht zur Übernahme der Annahme einer beamtenähnlichen Funktion der Amtsträgereigenschaft entgegenstehen.[23] Das kann z. B. bei ehrenamtlichen Wahlvorständen oder -beisitzern der Fall sein.[24] Letztere sind i. Ü. auch keine Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c, da sie ihre Funktion nicht bei einer Stelle, sondern als Wahlorgan wahrnehmen.[25]
21
In einem sonstigen Amtsverhältnis i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2b stehen z. B.:
•
Bundes- und Landesminister;
•
Parlamentarische Staatssekretäre (vgl. § 1 ParlStG);
•
der Wehrbeauftragte (vgl. § 15 Abs. 1 WBeauftrG);
•
die Datenschutzbeauftragten;
•
Notare (§ 1 BNotO), soweit sie nicht beamtet i.S.v. Nr. 1a sind, und Notarassessoren (§ 7 BNotO);
•
Referendare, soweit sie nicht „Beamte“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2a sind.
22
Nicht von § 11 Abs. 1 Nr. 2b erfasst sind gewählte Mitglieder von Volksvertretungen des Bundes, der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbänden.
23
Das war für Mitglieder von Gemeinderäten lange streitig, ist dann aber vom BGH mit variierender Begründung in dem genannten Sinn entschieden worden:
Ein kommunaler Mandatsträger ist unabhängig davon, ob eine Abstimmung oder eine sonstige unmittelbar durch seine Wahl legitimierte Tätigkeit betroffen ist, nicht Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2b und auch nicht nach Nr. 2c![26] An diesem „Abgeordnetenprivileg“ sollten auch die Parlamentspräsidenten teilhaben, mögen sie auch Dienstvorgesetzte des nicht gewählten parlamentarischen Personals sein.
24
Gewählte Volksvertreter sind in einem demokratischen Rechtsstaat von der Verwaltung als der „zweiten Gewalt“ kategorial zu trennen. Auch die Bekämpfung von Korruption ist kein Anliegen, das die Grenzen der Gewaltenteilung allzu durchlässig machen sollte. Schon deswegen nicht, weil (prozessrechtlich) legitimierte Übergriffe der Exekutive (Staatsanwaltschaft; Polizei) auch in Bezug auf die dritte Gewalt erschwert werden (vgl. § 339). Eine vergleichbare Verwaltungsferne gewährleistet in Ansehung gewählter Volksvertreter dann aber § 108e.[27]
25
Angehörige freier Berufe sind von § 11 Abs. 1 Nr. 2b selbst dann nicht erfasst, wenn ihre berufliche Tätigkeit überwiegend öffentlich-rechtlich organisiert ist und sie einer Ehrengerichtsbarkeit unterliegen.[28]
26
Auch vormundschaftlich bestellte Betreuer,[29] Vormünder, Insolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker nehmen keine öffentlichen Interessen wahr.[30]
27
Eine partiell privilegierende, abschließende Spezialregelung für Soldaten enthält § 48 WStG:
Soldaten werden in dieser Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen den „Amtsträgern“ gleichgestellt; d. h. sie sind keine „Amtsträger“ i.S.v. § 11 Abs. 2, also auch dann nicht, wenn sie im Einzelfall Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.[31]
28
Erhebliche Probleme – und damit – eigentlich – einen vergleichsweise größeren Spielraum für eine materiell-rechtlich begründete Verteidigungsaktivität – bereitet die Auslegung bzw. Bestimmung des in § 11 Abs. 1 Nr. 2c geregelten „sonstigen Amtsträgers“. Großer Optimismus ist allerdings kaum angebracht: „Lücken“, die noch vor einigen Jahren hoffen ließen, sie würden vom BGH nicht zu Lasten des Beschuldigten geschlossen, sind kaum noch vorhanden.[32]
29
Dabei geht es zum einen um nicht-beamtete (Privat-)Personen, die in öffentlich-rechtlichen Institutionen eingebunden sind, noch mehr aber um Mitarbeiter (Angestellte) privatisierter, ehemals öffentlich-rechtlich organisierter Unternehmen, die mit oder ohne Beteiligung Privater geführt werden.
30
Die letztgenannten, in sog. öffentlich-privater Partnerschaft („PPP“) geführten gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen sind in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts verstärkt gegründet worden; u. a. mit der Folge, dass „Public Private Partnership“ nachgerade zu einer Modeerscheinung (und zu einem Modewort) wurde. Die Begeisterung vor allem der Kommunen ist inzwischen abgeklungen, weil insbesondere die ökonomische Bewertung dieser Unternehmensform längst nicht mehr zwingend positiv ausfällt.[33]
31
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist „Amtsträger“, wer „sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen“.
32
Es dürfte kaum eine Vorschrift des StGB geben, die das angeblich Gemeinte, d. h. den ihr nach h.A. zugeschriebenen Inhalt, „besser“ verschlüsselt als § 11 Abs. 1 Nr. 2c.[34]
33
Der Gesetzgeber, der § 11 Abs. 1 Nr. 2c durch Art. 18 Abs. 2 Nr. 5 EGStGB im Kern geschaffen und am 1.1.1975 in Kraft gesetzt, die Vorschrift aber zur „Klarstellung“ durch das KorrBekG von August 1998 noch um den – alles andere als „klar“-stellenden – Zusatz „unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform“ erweitert hat,[35] wollte damit nach eigenem Bekunden keine Änderung der Rechtslage zu der vor 1975 herbeiführen.[36]
34
Schon das Anliegen der „Klarstellung“ sollte befremden; umgesetzt worden ist es allerdings ohnehin nicht. Das Implementierungsdefizit geht in der Praxis angesichts einer inzwischen breiten Kasuistik eindeutig zu Lasten der Rechtssicherheit. Dem Gesetzgeber schwebte (ursprünglich) vor, dass über § 11 Abs. 1 Nr. 2c außer den „echten“ Beamten (im staatsrechtlichen Sinn) nur solche Personen erfasst werden sollten, die vor 1975 von der Rechtsprechung in Ansehung der allerdings wenig präzisen Vorschrift des § 359 a. F. als „Beamte im strafrechtlichen Sinn“ betrachtet wurden.[37]
35
Hinter diesem gesetzgeberischen Projekt steckt eine eher bedenkliche Vorstellung von einer Kontinuität des Staats- und Beamtenverständnisses durch die Jahrhunderte. Statt etwa auf die alles andere als neue „Flucht des Staates“ in das Privatrecht[38] adäquat, d. h. durch Anpassung des Wirtschaftsstrafrechts zu reagieren, wird dem Strafrecht zugemutet, ein neo-liberal-geprägtes Verständnis des Zusammenspiels von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu transportieren und – inzwischen antizyklisch – gegen gewandelte volkswirtschaftliche Leitvorstellungen zu zementieren.
36
In Wahrheit ist es nicht bei der Fortschreibung des inzwischen restriktiv wirkenden „Beamten im strafrechtlichen Sinn“ geblieben. Die verstärkte, wenn nicht zeitweise inflationär anmutende Nutzung privatrechtlicher Handlungsformen und privatrechtlicher Unternehmensstrukturen durch die öffentliche Hand hat nicht etwa zu einer entsprechenden auch strafrechtlichen Deregulierung, sondern – im Gegenteil – zu einer Erstreckung des Amtsträgerbegriffs auf Personen geführt, die kaum noch Ähnlichkeiten mit dem insbesondere vom Reichsgericht noch übernommenen Beamtenverständnis aufweisen und auch im Verhältnis zu den „Amtsträgern“ nach § 11 Abs. 1 Nr. 2a kaum noch Gemeinsamkeiten erkennen lassen.
37
Der Begriff der „Behörde“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist – trotz der ins Leere gehenden Legaldefinition in § 11 Abs. 1 Nr. 7 – der einzige, vergleichsweise präzise fassbare Begriff der Amtsträgerdefinition(en). Unter „Behörde“ wird herkömmlich eine „in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln verstanden, die … dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates … tätig zu sein“.[39]
38
Dieser „strafrechtliche“ Behördenbegriff ist damit erheblich enger als der in § 1 Abs. 4 VwVfG enthaltene,[40] leistet aber gleichwohl in restriktiver Hinsicht nichts, weil die „sonstige Stelle“[41] eine breitflächige Auffangfunktion erfüllt.[42] Demgemäß fallen Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts (z. B. Rundfunkanstalten) zwar nicht unter den Begriff der Behörde,[43] geraten aber in den Einzugsbereich der „sonstigen“ (behördengleichen) Stelle.[44] Abgesehen davon findet sich eine reichhaltige Kasuistik.[45]
39
Folgt man dem Duktus des Wortlauts des § 11 Abs. 1 Nr. 2c, ist der zweite Ort, an dem eine Person zur „Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ „bestellt“ sein kann, die „sonstige Stelle“.
40
Nach den Gesetzesmaterialien[46], die nur dann als „wenig ergiebig“[47] erscheinen, wenn man die „sonstige Stelle“ gleichsam als Flügeltür zur Öffnung des Amtsträgerbegriffs einsetzen will, wird die „sonstige Stelle“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2c genannt, um deutlich zu machen, dass neben Behörden auch Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Behördenteile und „sonstige Stellen“, die zu öffentlichen Aufgaben berufen sind, wie etwa „Vereinigungen, Ausschüsse oder Beiräte, die bei der Ausführung von Gesetzen mitwirken“, unter diesen Begriff fallen sollen.[48]
41
Bei all diesen „Stellen“ besteht schon auf Grund ihrer öffentlich-rechtlichen Struktur eine weitgehende Einbindung in die Verwaltungsstruktur. Personen, die „bei“ oder „im Auftrag“ solcher „Stellen“ tätig werden, sind während der Ausübung ihrer Tätigkeit für Außenstehende von „Beamten“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2a oder Behördenbediensteten i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c kaum bzw. gar nicht zu unterscheiden. Das gilt für den Vorstand einer öffentlich-rechtlich konstituierten (Landes-)Bank[49] ebenso wie z. B. für einen Rechtsanwalt (oder sonstigen Dritten), wenn er als Vorsitzender (oder Mitglied) einer staatlichen Prüfungskommission – etwa in einem juristischen Staatsexamen – tätig wird.[50]
42
Diese Sicht der „sonstigen Stelle“ ist zwanglos kompatibel mit dem (vorgeblichen) Ziel des Gesetzgebers, den zu § 359 a. F. entwickelten „strafrechtlichen Beamtenbegriff“ im neuen Recht lediglich festzuschreiben. Dann wäre „sonstiger“, d. h. nicht-beamteter Amtsträger in der Tat nur, wer „durch eine hierfür zuständige Stelle zu Dienstverrichtungen berufen“ ist, „die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen“.[51]
43
Zu dem, was spätestens seit Ende der 90er Jahre, beginnend mit der Entscheidung des 2. Senats vom 19.12.1997[52] für fortwährend zunehmende Rechtsunsicherheit gesorgt hat, verhält sich weder die Gesetzesbegründung noch gibt es einschlägige Entscheidungen der sich immerhin seit mehr als 100 Jahren mit der Frage der Amtsträgereigenschaft beschäftigenden höchstrichterlichen Judikatur. Gemeint ist die seit 1997 für grundsätzlich möglich erachtete Einbeziehung von privatrechtlich organisierten Unternehmen (GmbH, AG etc.), die ausschließlich (oder anteilig) von der öffentlichen Hand (mit-)getragen werden, in den Kreis der „sonstigen Stellen“. Der BGH interpretiert das Merkmal der „sonstigen Stelle“ in Zusammenhang mit privatrechtlich organisierten Unternehmungen des Staates bzw. unter staatlicher Beteiligung anhand von Kriterien, denen – zu Recht – nachgesagt wird, dass sie sich nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 2c und auch nicht aus der Gesetzessystematik oder aus Sinn und Zweck der Amtsträgerregelungen des Allgemeinen Teils in Verbindung mit dem (den) Schutzzweck(en) der §§ 331 ff. ergeben.[53]
44
So berechtigt dieser Einwand und alle sonstige Kritik an der Amtsträger-Rechtsprechung des BGH auch sein mögen,[54] diese Rechtsprechung gilt und ist daher aus der Perspektive der Strafverteidigung ernst zu nehmen.
45
Dies hat nicht zuletzt die Entwicklung in den letzten Jahren unter Beweis gestellt: Die Rechtsprechung lässt zwar aufgrund der Vagheit der von ihr verwendeten Kriterien durchaus Argumentationsspielraum; die Rechtsprechung hat jedoch in den meisten Fällen auch ein „Argument“ gefunden, „im Zweifel“ eine „sonstige Stelle“ zu entdecken.
46
Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung[55] können grundsätzlich auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand „sonstige Stellen“ sein.[56] Allerdings ist dies „nicht bereits dann der Fall, wenn sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Hinzukommen müssen vielmehr weitere aussagekräftige Unterscheidungskriterien, um privates von staatlichem Handeln abzugrenzen“.[57]
47
Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Person „Amtsträger“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist, kann daher nicht sein, ob sie in einem Unternehmen tätig ist, das Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, sondern ob die fragliche Person bei einer „sonstigen Stelle“ zur Wahrnehmung solcher Aufgaben bestellt ist.[58] Dass die „Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben“ nicht das maßgebliche Kriterium sein kann, ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass fast alle (ehemals) „öffentlichen“ Aufgaben zur Disposition einer völligen, d. h. einer sog. „materiellen“ Privatisierung stehen.
48
Prinzipiell „öffentliche Aufgaben“ der Daseinsvorsorge nimmt z. B. auch ein Energieversorgungskonzern wahr, der sich im alleinigen „Eigentum“ von privaten Aktionären befindet – eine „sonstige Stelle“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c kann ein solches Unternehmen gleichwohl nicht sein. In Zusammenhang mit Einrichtungen und Unternehmungen der (oder unter Beteiligung der) öffentlichen Hand, die als juristische Personen des Privatrechts organisiert sind, oder – grundsätzlich privatrechtlich organisierten – Unternehmen, an denen die öffentliche Hand im Sinne einer „Public-Private-Partnership“ beteiligt ist, sollen unter „sonstigen Stellen“ – ohne Rücksicht auf ihre Organisationsform – „behördenähnliche Institutionen“ zu verstehen sein, „die zwar keine Behörden im organisatorischen Sinn, aber rechtlich befugt sind, bei den Ausführungen von Gesetzen und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken“.[59]
49
Nach der (angeblich) lediglich einer weiteren Klarstellung bzw. Präzisierung dienenden, inzwischen aber notorisch als Definition verwendeten Formel sollen privatrechtlich organisierte Einrichtungen „sonstige Stellen“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c sein, wenn sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben „derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie bei Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale gleichsam als ‚verlängerter Arm‘ des Staates erscheinen“.[60] Ob diese Definition, die die „Gleichsetzbarkeit“ eines privatrechtlichen Unternehmens mit einer „Behörde“ (d. h. einer Trägerin öffentlicher Gewalt) der „Gesamtbewertung“ überantwortet, ob eine Einrichtung „gleichsam“ als „verlängerter Arm“ des Staates „erscheint“, vor dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG standhält, ist – soweit ersichtlich – immer noch nicht erprobt, versteht sich aber in Ansehung des gleichnisartig verwendeten Bildes nicht von selbst. An der Analogieträchtigkeit des Bildes vom „verlängerten Arm“ ändert im Übrigen auch nichts, dass die auf BGHSt 43, 370, 377 folgenden einschlägigen Entscheidungen die Formel zwar ausnahmslos verwenden, aber sämtlich auf das ins Auge stechende „gleichsam“ in der ursprünglichen Formel verzichten. Im Gegenteil – der weggelassene Hinweis auf den Vergleich spricht eher dafür, dass die sprachliche Begradigung die Offenheit der Analogie verbergen soll.
50
Der Sache nach soll es um behördenähnliche Institutionen gehen, die in den staatlichen Verwaltungsapparat eingebunden oder an diesen jedenfalls aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften angebunden sind.[61]
51
Allerdings soll selbst eine vollständige Beherrschung einer Gesellschaft durch die öffentliche Hand noch nicht den Ausschlag für die Annahme einer „sonstigen Stelle“ geben, wenn das Unternehmen in seinem Erscheinungsbild von der Bevölkerung (!) nicht als behördengleich, sondern als gewerbliches Unternehmen wahrgenommen wird.[62]
52
Dass letzterer Aspekt der „Wahrnehmung“ eines Unternehmens durch die Bevölkerung von indizieller Bedeutung für die Behördengleichheit sein soll, eröffnet bei allen zusätzlichen, sich aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Bedenken auch Perspektiven für die Verteidigung:
53
Wie soll im Einzelfall die Bewertung durch die „Bevölkerung“ ermittelt werden? Entscheidet die in der Regel meist wettbewerbsorientierte Selbstdarstellung des Unternehmens, dessen mediale Beurteilung oder der – wie auch immer zu gewinnende – Kommentar des „Durchschnittsbürgers“?! Insoweit sind alle in Betracht kommenden Beurteiler ohne jeden „Beweis“-Wert: Die „Bevölkerung“ ist ein homunculus, dem beliebig Urteile zugeschrieben werden können, Medien sind leicht zu beeinflussen und die Selbstdarstellung eines Unternehmens ist schon regelmäßig interessengeleitet.
54
Unabhängig davon sollte bedacht werden, dass es um die Person des Amts-Trägers geht und daher – wenn überhaupt – nicht nur die Erscheinungsweise des Unternehmens, sondern das Auftreten der betroffenen Person in ihrer beruflichen Funktion betrachtet werden müsste. Insoweit mag die Nähe oder Ferne zum „normalen“ Beamten-Amtsträger im staatsrechtlichen Sinn einen Orientierungspunkt vorgeben, der allerdings mehr dem „Rechtsgefühl“ als einer dogmatischen Herangehensweise geschuldet sein dürfte.
55
Wenn man davon absieht, dass ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen schon kategorial nicht mit einer – als GmbH oder AG nicht denkbaren – „Behörde“ vergleichbar ist und daher grundsätzlich keine „sonstige Stelle“ sein kann,[63] nimmt der BGH das Kriterium der Behördengleichheit immerhin vergleichsweise ernst; zumindest ernster als einige Literaturstimmen.
56
Als „sonstige Stellen“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c sind überwiegend solche privatrechtlich organisierte Unternehmen betrachtet worden, die durch eine von außen durchaus recht deutlich erkennbare und damit auch von nicht-unternehmenszugehörigen Normadressaten, d. h. den Vorteilsgebern i.S.v. §§ 333, 334, vergleichsweise leicht bemerkbare, wenn man so will, „fühlbare“ Staats-Nähe gekennzeichnet sind:
57
•
Die „GTZ“[64] war ein durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland verbundenes Unternehmen,[65] das „als Durchführungsorganisation der Bundesregierung zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen der Technischen Zusammenarbeit“ eingesetzt worden war.[66] Für die Nachfolgeorganisation „GiZ“ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH) fehlt es an der Bindung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag an die Bundesrepublik Deutschland. Ob das, sowie die Verschmelzung mit anderen Institutionen der internationalen Zusammenarbeit (etwa dem Deutschen Entwicklungsdienst [„DED“]) an der Bewertung etwas ändert, ist zweifelhaft – das „Bild“ der „GiZ“ dürfte sich wenig von dem der „GEZ“ unterscheiden.
•
Die „Treuhandliegenschaftsgesellschaft mbH“ („TLG“)[67] war ebenfalls durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland als ihrer Alleingesellschafterin verbunden. Darüber hinaus nahm das Bundesministerium der Finanzen mittels „strenger Verkaufsrichtlinien“ unmittelbar Einfluss auf die „gesamte Tätigkeit“ der „TLG“.[68]
•
In Bezug auf die „Fernwärme-GmbH Gotha“[69] und die „Rhein-Sieg-Abfallverwertungs-Gesellschaft“ („RSAG“)[70] stellt der BGH nicht nur auf die – nach seiner Auffassung – weitreichende Lenkungs- bzw. Einmischungsbefugnisse des von der Kommune bzw. dem Kreis gestellten Aufsichtsrats ab, sondern betont zusätzlich und wohl entscheidend den für die Bürger bestehenden und damit den Eindruck einer unmittelbaren Staatsbezogenheit erweckenden Anschluss- und Benutzungszwang.[71]
58
Ansonsten genügt dem BGH[72] für die Bejahung einer „sonstigen Stelle“ nicht schon, dass der Staat alleiniger Inhaber der in Frage stehenden Gesellschaft ist. Ebenso wenig reichen aus der Inhaberschaft fließende Aufsichtsbefugnisse. Selbst wenn der Staat alleiniger Inhaber des fraglichen Unternehmens ist, kann es daher an der erforderlichen „engen“ Steuerung bzw. – umgekehrt – Eingliederung des Unternehmens in das Staatsgefüge fehlen. Ebenso kann die staatliche Institution selbst (Körperschaft/Anstalt des öffentlichen Rechts) tatsächlich und rechtlich nicht hinreichend „behördengleich“ mit der Staatsverwaltung verzahnt sein:
59
Ersteres hat den Ausschlag gegeben, die „Frankfurt Flughafen AG“ („FAG“) nicht als „sonstige Stelle“ einzustufen, obwohl ein Anschluss- und Benutzungszwang – allerdings für das Unternehmen – bestand.[73]
60
Auch die „Deutsche Bahn AG“ (Holding) ist keine „sonstige Stelle“:[74] Für Tochterunternehmen ist dem BGH zu Folge zu differenzieren.[75] Die Einflussmöglichkeiten des Bundes, die sich im Wesentlichen auf die aktienrechtlichen Befugnisse (vgl. § 119 Abs. 1 AktG) beschränken, erlauben grundsätzlich keine unmittelbare Einflussnahme auf die laufenden Geschäfte. „Gesamtbewertung“ und „Gesamtbetrachtung“[76] rechtfertigen daher die Annahme von „Behördengleichheit“ nicht. Auch hier bemüht der BGH den Eindruck, den das Unternehmen in der Öffentlichkeit erzeugt, zur Stützung des Ergebnisses:
61
„Dieses Ergebnis erscheint … im Hinblick auf das durch die §§ 331 ff. geschützte Rechtsgut – Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität von Träger staatlicher Funktionen und damit in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen … – nicht unbillig. Die Deutsche Bahn AG tritt bewusst als ein Unternehmen auf, das auf Gewinnerzielung und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist und in den nächsten Jahren sogar einen Börsengang anstrebt. Mit diesem Anspruch und nicht als ein Staatsunternehmen wird es auch zunehmend in der Öffentlichkeit wahrgenommen.“[77]
62
Hinter dieser Sequenz aus der DB-Entscheidung verbergen sich fast alle Probleme, die (sich) die Rechtsprechung mit der grundsätzlichen Einbeziehung privatrechtlich organisierter Unternehmen in die „sonstigen Stellen“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c bereitet hat.
63
Zum einen ist der Rückgriff auf das Rechtsgut der §§ 331 ff. zur Auslegung der „sonstigen Stelle“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2c fragwürdig,[78] und zum anderen – noch intrikater – dürfte dem BGH möglicherweise bewusst geworden sein, dass bei Bejahung der Amtsträgereigenschaft von Bahnangestellten diese durch einen – im Entscheidungszeitpunkt anstehenden und immer noch nicht völlig ausgeschlossenen – Börsengang sofort aufgehoben werden würde, obwohl sich nur die Eigentümerstellung an dem Unternehmen geändert hätte. Dass ein solcher Übergang keinerlei Ähnlichkeit mit der Prozedur hat, die etwa bei einem Beamten im staatsrechtlichen Sinn (§ 11 Abs. 1 Nr. 2a) zur „Amts“-Enthebung führt bzw. erforderlich ist, scheint offensichtlich. Daraus sollte dann aber folgen, dass mehr als nur „Steuerung“ und Präziseres als das „Bild“ des Unternehmens bei der Bevölkerung strafrechtsrelevant über das Vorliegen einer „sonstigen Stelle“ entscheiden muss.
64
Die durch die Entscheidung BGHSt 49, 214 erfolgte Freistellung von Bahnmitarbeitern gilt allerdings – zu Unrecht – nicht für Angestellte der „DB Netz AG“.[79]
65
Zwar verhindert Art. 87e Abs. 3 S. 2, 3 GG eine völlige, d. h. materielle Privatisierung dieses Unternehmens.
66
Doch spricht gegen die Auffassung des BGH nicht nur die von Verfassungs wegen gebotene privatrechtliche Organisationsform der „Eisenbahnen des Bundes“ (Art. 87e Abs. 3 GG), sondern – entscheidend –, dass die Eisenbahnen „als Wirtschaftsunternehmen“ zu führen sind (Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG). Der damit umfassend angeordnete – möglicherweise bedauerliche – kategoriale Wechsel von Gemein- zu Privatnützigkeit des Unternehmens „Bahn“ verpflichtet alle Eisenbahnunternehmen auf Gewinnerzielungsabsicht und versieht sie dadurch mit unternehmerischer Autonomie[80], die mit der Annahme von behördengleicher Eingliederung in den Staatsapparat nicht vereinbar ist.
67
Eine – wenn auch nur im Leitsatz angedeutete – Kontinuität mit der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des KorrBekG verspricht auch die Entscheidung des 5. Senats des BGH vom 18.4.2007.[81] Hier wird unter Würdigung zahlreicher einzelfallbezogener Aspekte die Amtsträgereigenschaft des Mitarbeiters einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft verneint.
68
Das entspricht im Ergebnis der auch zu einer solchen Gesellschaft ergangenen Entscheidung des gleichen Senats vom 29.1.1992[82], allerdings mit dem Unterschied, dass letztere Entscheidung alleinentscheidend darauf abstellt, dass dann, wenn sich der Staat „für die Verwendung der privatrechtlichen Organisationsform“ entscheidet, dies „in der Regel“ dafür spreche, „dass auch im Zusammenhang mit dem Wirken der privatrechtlichen Gesellschaft, ihrer Organe und ihrer sonstigen Angestellten diejenigen Regeln gelten, die sonst auf privatrechtliche Gesellschaften und die in ihrem Rahmen Handelnden anzuwenden sind“.[83]
69
In dieser auf die Organisationsform abstellenden Entscheidung ist von „Steuerung“ und „verlängertem Arm“ (noch) nicht die Rede. Allenfalls klingt dort an, dass es um die Art und Weise geht, wie das Unternehmen „aufgrund rechtlicher Regelung dem einzelnen Bürger gegenüber auftritt“ und ob es nicht – ausnahmsweise – „im ganzen … einer Verwaltungsbehörde so nahe steht, dass es als „sonstige Stelle“ … aufgefasst werden kann“.[84] Zu dem vom BGH nie recht eingeräumten und mit der zweiten „Wohnungsbaugesellschafts“-Entscheidung[85] schon fast in Abrede gestellten Bruch mit der organisatorischen Betrachtung vgl. ausführlich unten Rn. 111 ff.
70
Deutlich sollte allerdings sein, dass der Verzicht auf das klare Trennungskriterium der Rechtsform jede Entscheidung zum Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c, die sich auf privatisierte Unternehmen bezieht, die sich vollständig in öffentlicher Hand befinden, einer Vielzahl von Einzelfaktoren ausliefert, die zu einer kaum vorherzusagenden Gesamtbewertung zusammenzufügen sind.
71
Dabei ist das Studium der bisherigen Entscheidungen zwar unerlässlich, wird aber kaum eine halbwegs verlässliche Prognose ermöglichen.
72
Das belegt auf anschauliche Weise die Entscheidung des 3. Senats des BGH vom 11.5.2006[86], die sich auch sonst, d.h. in Bezug auf die Auslegung eines weiteren Merkmals der Vorschriften der §§ 331, 332 („Fordern eines Vorteils“) aus rechtsstaatlicher Perspektive eher negativ hervortut:[87]
73
Obwohl die Verwendung einer privatrechtlichen Organisationsform dafür spreche, dass für die Organe der Gesellschaft „diejenigen Regeln gelten, die sonst auf privatrechtliche Gesellschaften … anzuwenden sind“[88], soll der Vorsitzende des Aufsichtsrats einer „Stadtwerke AG“, die sich in städtischem Alleinbesitz befindet und deren wesentliche Geschäftstätigkeit die Versorgung der Einwohner mit Fernwärme ist, als „sonstige Stelle“ anzusehen sein.[89]
74
Die nach der Formel vom „verlängerten Arm“ erforderliche staatliche Steuerung folgert der BGH aus der Stellung der Stadt als Alleinaktionärin der AG und den „gemeinderechtlichen Vorschriften, welche die Gründung eines Unternehmens in einer Rechtsform privaten Rechts nur erlauben, „wenn durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung sichergestellt“ sei, „dass der öffentliche Zweck des Unternehmens erfüllt“ werde, „und wenn die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan“, erhalte.[90]
75
Abgesehen von den kaum nachzuvollziehenden gemeinderechtlichen Ausführungen ist die Entscheidung aus rechtspolitischer Perspektive bemerkenswert: Wenn eine Stadtwerke AG allein die Versorgung der Einwohner einer Kommune mit Energie zum Geschäftsgegenstand hat und sich im Übrigen nicht marktwirtschaftlich betätigt, fragt sich, warum die Kommune die Energieversorgung ihrer Bürger durch eine Gesellschaft des Privatrechts gewährleisten will. Die Gründe dafür können nur in Kostenersparnis und dem erheblich einfacheren arbeitsrechtlichen „Umgang“ mit den Mitarbeitern/Angestellten eines privatrechtlich organisierten Unternehmens im Verhältnis zu genuin städtischen Bediensteten gesehen werden. Mit Gründung einer Gesellschaft des Privatrechts besteht für die öffentliche Hand keine Notwendigkeit mehr, ihre Aufgaben durch Beamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes wahrzunehmen. Damit entledigt sich der Staat u. a. seiner den beamteten Staatsbediensteten gegenüber bestehenden spezifischen Fürsorgepflichten. Auf der anderen Seite werden die Beschäftigten der vom Staat gegründeten privatrechtlichen Gesellschaften strafrechtlich einer im Verhältnis zu den Arbeitnehmern in der privaten Wirtschaft deutlich strengeren Strafbarkeit unterstellt: Für den Staat eine sich allseits lohnende Flucht aus der Verantwortung, nicht aber für seine „Angestellten“, die sich deutlichen strafrechtlichen „Nachteilen“ ausgeliefert sehen (§§ 331 f. statt §§ 299 f.).
76
Wie sehr das – offenbar – gewünschte Ergebnis die Argumentation vorgibt, zeigt sich im Übrigen daran, dass der BGH in dieser Entscheidung nicht auf die Außendarstellung des Unternehmens abhebt und in diesem Zusammenhang – ebenfalls anders als der 5. Senat in der Entscheidung zur „DB-AG“[91] – auch nicht in Rechnung stellt, dass zum Tatzeitpunkt sogar „Teilprivatisierungen“ – d. h. die Suche nach rein privaten Partnern – anstanden.
77
Ersichtlich zum Prinzip erhoben ist die ggf. weit in die Verästelungen von Gesellschaftsverträgen und kommunalen Satzungen gehende Betrachtung des Einzelfalls, wenn es um sog. gemischtwirtschaftliche („PPP“) Unternehmen geht.
78
Inwieweit die private Beteiligung hier die generelle (oder potentielle) Beschäftigung von Amtsträgern hindert oder nicht, soll – wie zu erwarten – eine Frage des Einzelfalls sein.[92]
79
Bei Beteiligung eines Privaten soll „die Gleichstellung mit einer Behörde“ und damit das Vorliegen einer „sonstigen Stelle“ jedenfalls dann fern liegen, „wenn der Private durch seine Beteiligung über derart weitgehende Einflussmöglichkeit verfügt, dass er wesentliche unternehmerische Entscheidungen mitbestimmen kann“.[93] Dass eine solche Einflussmöglichkeit jedenfalls dann besteht, wenn der Private auf Grund des Gesellschaftsvertrages über eine Sperrminorität für wesentliche unternehmerische Entscheidungen verfügt,[94] sollte sich eigentlich von selbst verstehen.
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Ob der Umstand, dass Private, die, ablesbar an den tatsächlichen Abläufen im Unternehmen, die Entscheidungen lediglich mitbestimmen, genügt, um das Unternehmen nicht mehr als (gleichsam) „verlängerten Arm des Staates“ und seine Betätigungen damit „nicht mehr als unmittelbar staatliches Handeln“ betrachten zu können“,[95] hat der BGH bislang noch nicht entschieden. Da selbst 100 %ige Staatstöchter in privatem Gewand nicht zwingend „sonstige Stellen“ sind,[96] wird auch hier der notorische Einzelfall den Ausschlag geben.
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Hilfreich kann insoweit das auch vom BGH in Anspruch genommene Vergaberecht sein:[97]
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Soweit – mit dem BGH – eine „sonstige Stelle“ vorliegt, wenn privatrechtlich organisierte Einrichtungen mit Behörden gleichzusetzen sind und eine solche Gleichsetzung jedenfalls dann geboten ist, wenn die fragliche Einrichtung bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe derart staatlicher Steuerung unterliegt, dass sie bei Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale gleichsam als verlängerter Arm des Staates erscheint,[98] fragt sich, aus wessen Perspektive diese Bewertung vorzunehmen sein soll. Ist es die des ggf. vorteilnehmenden Angestellten, der den Gesellschaftsvertrag in allen Einzelheiten kennt oder die des vorteilgebenden Bürgers, der es – aus seiner Sicht – mit einer GmbH oder AG zu tun hat, die sich nach außen kaum oder gar nicht von seinen sonstigen Geschäftspartnern, die sich in privater Hand befinden, unterscheidet? Und was ist eine Steuerung mit verlängertem Arm? Und welche „Steuerung“ ist gemeint? Die tatsächliche, die weit hinter der rechtlich möglichen zurückbleiben mag, oder die – ggf. nur für einen „Ernstfall“ in den Gesellschaftsvertrag aufgenommenen – strikten Direktionsmöglichkeiten etwa einer Kommune, von denen nie Gebrauch gemacht wird und von denen der (oder die) Geschäftsführer bzw. Dritte daher faktisch nie etwas bemerken (können).
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Ein Blick auf das Vergaberecht zeigt eine praktikable Alternative zur wenig griffigen Formel des BGH.[99]
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Bei gleichsam norminterner Auslegung – d. h. ohne Rückgriff auf die Teleologie des Besonderen Teils des StGB (hier: §§ 331 ff.) – spricht einiges dafür, als „sonstige Stelle“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c ein Gebilde zu betrachten, das wie eine Behörde in den staatlichen Verwaltungsapparat eingebunden und von außen – objektiv – von einer Behörde nicht zu unterscheiden ist. Unter dieser Voraussetzung hält das Vergaberecht eine klare, auch strafrechtlich verwertbare Lösung bereit:
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Die vergaberechtliche, sich parallel zum Strafrecht stellende Frage nach Staat oder Nicht-mehr-Staat dreht sich darum, ob Aufträge eines öffentlichen Auftraggebers an ein von der öffentlichen Hand beherrschtes privatrechtliches Unternehmen und hier insbesondere an ein gemischt-wirtschaftliches Unternehmen als sog. „In-House“-Geschäft, dies hieße dann: ausschreibungsfrei vergeben werden können. Bei Ablehnung eines „In-House“-Geschäfts ist dagegen eine Ausschreibung zwingend vorgegeben. Letzteres ist strafrechtlich insoweit von Belang, als es bei eröffnetem Vergabeverfahren allein von der Preisgestaltung der konkurrierenden Unternehmen abhängen würde, an welches Unternehmen der Auftrag vergeben wird und damit zugleich, ob eine „Aufgabe der Verwaltung“ von einer „sonstigen Stelle“ – nämlich dem (teil-) privatisierten Unternehmen – oder von einem Konkurrenten, d. h. einem ab ovo privaten Unternehmen wahrgenommen würde. Aus dieser Perspektive mutet die Annahme, ein in „PPP“ betriebenes Unternehmen könne behördengleich sein, recht absurd an, weil die Merkmale des § 11 Abs. 1 Nr. 2c keine Variablen eines Wettbewerbs sein können, an dem eine „Behörde“ nie teilnehmen könnte bzw. dürfte.
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Was macht dann aber ein staatsinternes „In-House“-Geschäft aus und unter welchen Voraussetzungen fehlt es am „In-House“-Charakter; mit der Folge, dass ein privatisiertes Staatsunternehmen, das sich um entsprechende Aufträge bewirbt, zu einem außerstaatlichen Konkurrenten unter anderen wird? Der EuGH hat – ganz im Sinne der europäischen Deregulierungsbestrebungen – dem Staat und etwaigen „In-House“-Aktivitäten enge Grenzen gesetzt.[100] Nach früher h.A. schloss eine private Beteiligung am Auftragnehmer des vergebenden Staates ein „In-House“-Geschäft nicht notwendig aus.[101] Unklar war lediglich, von welchem Umfang privater Beteiligung an, ein „In-Sich“-Geschäft ausscheiden sollte. Überwiegend wurde die Lösung – wie im Strafrecht – in einer auf den Einzelfall abstellenden Prüfung der Beherrschung des privatrechtlich verfassten Unternehmens durch den öffentlichen Teilhaber gesucht.
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Der EuGH schließt dagegen nunmehr für jegliche private Beteiligung an dem potenziellen Auftragnehmer eine „In-House“-Vergabe kategorisch aus. Die Begründung trägt auch dann, wenn sie auf den Begriff der „sonstigen Stelle“ bezogen würde:
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Solange der Staat sich nicht an externe „Stellen“ zur Erfüllung ihrer Aufgaben wende, bleibe das Geschehen im öffentlich-rechtlichen Bereich. Darüber hinaus sei auch nicht ausgeschlossen, von einer „In-House“-Transaktion zu sprechen, wenn der Vertragspartner eine Einrichtung sei, die sich vom öffentlichen Auftraggeber rechtlich unterscheide. Das sei der Fall, wenn die öffentliche Stelle über die fragliche Einrichtung eine ähnliche Kontrolle ausübe wie über die eigenen Dienststellen und diese Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen mit den öffentlichen Stellen verrichte, die ihre Anteile innehaben. Eine, wenn auch nur minderheitliche, Beteiligung eines privaten Unternehmens schließe dagegen auf jeden Fall aus, dass der öffentliche Auftraggeber über diese Gesellschaft eine ähnliche Kontrolle ausübe wie über eigene Dienststellen. Das rühre schon daher, dass ein Privater notwendig andere Ziele verfolge als die ausschließlich im öffentlichen Interesse liegenden Vorgaben des öffentlichen Partners.[102]
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Dass ein Unternehmen, das auch privatwirtschaftliche Interessen verfolgt, notwendig (auch) anderen Zielen als der Mehrung des öffentlichen Wohls verpflichtet ist bzw. sein muss, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Letzteres ist aber alleinige Aufgabe einer „Behörde“! Warum dann aber Unternehmen, die schon von der Rechtsform her (auch) eigennützig handeln (müssen), „Amtsträger“ beschäftigen und damit – kontrafaktisch – und entgegen der europarechtlichen Sicht strafrechtlich den Anschein erwecken dürfen, durchgängig den von den §§ 331 ff. geschützten öffentlichen Interessen zu dienen, leuchtet nicht ein. Ohne einen klärenden Spruch des BGH bleibt erhebliche Rechtsunsicherheit: Man nehme die Fusion eines staatlichen Unternehmens mit einem ursprünglich rein privaten: Soll der Geschäftsführer des privaten Partners, der nunmehr (Mit-)Geschäftsführer des „PPP“-Unternehmens wird, wirklich zum „Amtsträger“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c „befördert“ werden, weil „sein“ Unternehmen jetzt Teil einer behördengleichen „Stelle“ geworden ist? Nicht nur aus Gründen des Bestimmtheitsgebots sondern auch im Interesse der Praktikabilität sollte prinzipiell davon auszugehen sein, dass Unternehmen, die der „PPP“-Sphäre zuzuschlagen sind, in ihren operativen Bereichen[103] ohne „Amtsträger“ auskommen müssen.[104]
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Ob der BGH dem folgt oder unter welchen Voraussetzungen er im Einzelfall bereit ist, „eine Gesellschaft in alleiniger staatlicher Inhaberschaft als einen weiteren Wettbewerber … auf einem Markt“ zu betrachten, „der vom Staat eröffnet wurde und sich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gebildet hat“[105] und daher in Bezug auf alle (hypothetischen) Wettbewerber, also auch die in öffentlicher Hand, die Eigenschaft als „sonstige Stelle“ ausschließt, lässt sich nicht präzise bestimmen. Aus Sicht der Verteidigung begründet das zumindest Hoffnung. Sie sollte aber nicht überwertet werden. Denn was in der einen Entscheidung in obigem Sinn restriktiv klingt,[106] wird in der nächsten kaum noch erwähnt,[107] um in einer weiteren im Anschluss an BGHSt 38, 199[108] – d. h. einer eigentlich seit Inkrafttreten des KorrBekG (fast) allseits desavouierten Entscheidung –[109] scheinbar wieder Bedeutung zu erlangen.
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Aus Sicht der Strafverteidigung sollte der „Kampf“ um die (Weiter-)Geltung des in BGHSt38, 199 vom 5. Senat des BGH Ausgeführten schon deswegen nicht aufgegeben werden, weil derselbe Senat gerade in letzter Zeit den Faden zu o. g. Entscheidung aus dem Jahre 1992 möglicherweise – zumindest ansatzweise – wieder aufnehmen will.[110]
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Ein häufig vernachlässigtes, im Einzelfall aber durchaus problemreiches Element des Amtsträgerbegriffs nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist das der „Bestellung“ („zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“).[111]
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Dass diese „Bestellung“ durch einen öffentlich-rechtlichen Akt zu erfolgen hat, entspricht – soweit ersichtlich – allgemeiner Meinung.[112] Unklar ist allerdings schon, ob und wie ein solcher (öffentlich-rechtlicher) Bestellungsakt von dem ggf. privatrechtlich begründeten Beschäftigungsverhältnis zu trennen ist.[113] Soweit als Bestellungssubjekt eine „Behörde“ in Betracht kommt, ist mit einer dauerhaften Beschäftigung nach den Regeln etwa des „Tarifvertrages der Länder“ zugleich eine „Bestellung“ zur Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben verbunden.
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Anders verhält es sich, wenn es um die Beauftragung eines privaten Dienstleisters durch eine Behörde geht. Hier verbindet sich mit dem privatrechtlichen Dienstvertrag noch keine „Bestellung“. Sie ergibt sich auch nicht aus der Art der von dem „Verwaltungshelfer“ vorgenommenen Tätigkeit. Der BGH verlangt vielmehr, dass es sich entweder für den Betroffenen um eine langfristige Tätigkeit handeln muss oder seine Tätigkeit eine organisatorische Eingliederung in die Behördenstruktur bedingt.[114]
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Eine präzise, für den Strafrechtsadressaten leicht zu entschlüsselnde Definition verbindet sich mit dieser sog. „organisatorischen Betrachtung“ allerdings nicht: Der BGH versäumt zu begründen, unter welchen Voraussetzungen eine „längerfristige Tätigkeit“ anzunehmen ist und warum allein die bloße Längerfristigkeit der vertraglichen Beziehung eine „Bestellung“ indizieren soll, die kurzfristige, aber ggf. umso intensivere Hilfe bei hoheitlichen Eingriffen diesseits einer „Beleihung“ aber nicht.
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Schwer nachzuvollziehen ist der Umgang des BGH mit dem Erfordernis der „Bestellung“ auch, wenn die in Frage stehende, ggf. auch dauerhaft und voll in den betrieblichen Ablauf integrierte Person, bei einer „sonstigen Stelle“ beschäftigt ist, die privatrechtlich organisiert ist. Hier will der BGH offensichtlich einen Unterschied machen zwischen der nach wie vor einen öffentlich-rechtlichen Akt verlangenden „Bestellung“ eines „privaten Verwaltungshelfers“[115] und dem Beschäftigen in einem Unternehmen, das „selbst durch öffentlich-rechtlichen Akt, nämlich durch … einen öffentlich-rechtlichen Vertrag … zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung berufen“ ist.[116] In letzterem Unternehmen sollen Mitarbeiter schon „dadurch“, d. h. allein durch die „Bestellung“ des Unternehmens, von diesem dann (nur noch) per Anstellungsvertrag i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c „bestellt“ werden können.