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Wer verstehen will, wie der Nationalsozialismus in Deutschland an die Macht kam, darf nicht nur nach Berlin oder in andere Metropolen schauen. Ebenso aufschlussreich sind die Prozesse der Machtübertragung, der Selbstgleichschaltung und der aktiven Aneignung von NS-Ideologie und -Politik auf kommunaler Ebene. Das Buch erzählt, wie der Nationalsozialismus Politik, Gesellschaft und den Alltag einer Kleinstadt durchdrang. Es zeigt, wie sich die Gesellschaft unter den politischen Vorzeichen der Diktatur aktiv veränderte und wie eben diese Menschen nach 1945 mit ihrer Erfahrung der Diktatur umgingen. Gerade in den Strukturen des Kleinstädtischen konnte man sich für die Idee der "Volksgemeinschaft" deshalb besonders öffnen, weil diese in vielem anschlussfähig war für die eigenen Traditionen, Wertmuster und Überzeugungen. In diesem gesellschaftlichen Mikrokosmos werden die Wirkmechanismen und die Herrschaftsstrukturen des nationalsozialistischen Regimes daher besonders augenfällig und der Aufbau der "Volksgemeinschaft" an der Basis nachvollziehbar. Durch diese eingehende Beschreibung liefert der Band neue Zugänge zum Verständnis des Nationalsozialismus von der Weimarer Republik bis zum Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit.
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Seitenzahl: 326
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Ein Forschungsprojekt im Auftrag der
Stadt Kornwestheim
in Verbindung mit
Museum im Kleihues-Bau
und dem Stadtarchiv Kornwestheim
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Titelbild: Bahnhofstraße, 1935.
Ab 1933 hieß die Bahnhofstraße Adolf-Hitler-Straße.
Vorlage: Stadtarchiv Kornwestheim, F-DS 01/420
1. Auflage 2017
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-031964-6
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-031965-3
epub: ISBN 978-3-17-031966-0
mobi: ISBN 978-3-17-031967-7
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Dieses Buch hätte nicht geschrieben werden können ohne die Unterstützung der Stadt Kornwestheim und ihrer Bewohner. Viele haben sich in unterschiedlicher Weise daran beteiligt: Diejenigen, die bei Vorträgen zuhörten und mitdiskutierten, haben mich durch ihr Interesse ermuntert. Zahlreiche Kornwestheimer standen für Interviews zur Verfügung. Der Gemeinderat und die Oberbürgermeisterin Frau Ursula Keck haben das Projekt auf den Weg gebracht. Stellvertretend für die viele Hilfe und zugleich besonders hervorgehoben seien Frau Dr. Irmgard Sedler und Frau Natascha Richter genannt. Ihnen gilt mein herzlicher Dank wegen ihres großen Engagements und permanenten Mitdenkens bei der Organisation des Projekts, bei der Recherche und beim Verfassen.
Kornwestheim/Münster, im September 2017
Thomas Großbölting
Danksagung
1 Eine Kleinstadt und der Nationalsozialismus – zur Einführung
1.1 Forschungsstand und Quellenlage
1.2 Was dieses Buch leistet – und welche Erwartungen es nicht erfüllt
2 »Volksgemeinschaft« als dreifaches Versprechen: Das Jahr 1933 als Revolution, als Kontinuität und als Einheitssuggestion
3 Kornwestheim in der Weimarer Republik
3.1 Konturen einer German Hometown, oder: die Kleinstadt als Lebenswelt
3.2 Kornwestheim in der Weimarer Republik: Das Kleinstadtidyll in der Krise
3.3 Turbulenzen an der Stadtspitze: »Die Affäre Steimle«
3.4 Anfänge der NS-Bewegung in Kornwestheim
3.5 Die SA und die Arbeiterschaft
3.6 Die NSDAP: Parteientwicklung und Wahlen in Kornwestheim
3.7 Der Nationalsozialist der ersten Stunde: Die Karriere des Außenseiters Otto Trefz
4 Kornwestheim im Nationalsozialismus
4.1 Gleichschaltung und Selbstgleichschaltung der städtischen Gesellschaft
4.2 »Wie Kornwestheim den 1. Mai feierte« oder: »Volksgemeinschaft« in lokalen Farben
4.3 »Volksgemeinschaft« durch Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger: Diskriminierung, Verfolgung und Arisierung in Kornwestheim
4.4 »Darum ›Heil Hitler‹, ›Heil Kercher‹«: Alfred Kercher als Vermittler zwischen NS-Bewegung und Stadtgesellschaft
4.5 »’s G’mütlichsei’ und ’s Lustigsei’, des steckt as schao em Bluet« – Die Verschmelzung von lokaler Tradition, politischer Gegenwart und nationalsozialistischer Verheißung
5 Mobilisierung, Krieg und Zusammenbruchsgesellschaft
5.1 »Schützt Euch vor Luftgefahr!« Mobilisierung und Militarisierung in Kornwestheim
5.2 »Nichts kann uns rauben, Liebe und Glauben«? Krieg in Kornwestheim
5.3 Kriegsende in der städtischen Zusammenbruchsgesellschaft
6 Kornwestheim danach: Politischer Neubeginn und Entnazifizierung im Wiederaufbau
6.1 Politischer Neubeginn in der Zusammenbruchgesellschaft: Kontinuität im Wandel
6.2 Entnazifizierung in Kornwestheim: Internierungslager, Parteigenossenarbeit und personelle Säuberung
6.3 »Seine Einstellung zum NS war eher die eines Gegners gewesen« – Entnazifizierung als (Selbst-)Entschuldung
7 Lokaler Nationalsozialismus als Konsensgemeinschaft – ein Resümee
Literatur
Anmerkungen
Abbildungsverzeichnis
Personenregister
Warum eine Geschichte der Stadt Kornwestheim vom Ende der 1920er Jahre bis zum Beginn des ersten Nachkriegsjahrzehnts? Diese Frage lässt sich sowohl mit Blick auf die großen politischen Zusammenhänge wie auch mit der Konzentration auf die Geschichte der Stadt im Speziellen beantworten. Fügt man die verschiedenen Überlegungen dazu zusammen, dann erschließt sich, was dieses Buch seinen Lesern bietet: nämlich im Fokus der Geschichte einer Kleinstadt zeigen, wie sich der Nationalsozialismus etablierte, wie er die Gesellschaft zwölf Jahre lang und darüber hinaus prägte und veränderte und wie nach 1945 eben diese Menschen mit der Diktaturerfahrung umgingen.
Aus einer allgemeinen Perspektive stellt sich die Frage nach dem Grund für ein solches Buch nicht. Die großen Fragen um die Aufarbeitung der NS-Diktatur beschäftigen nach wie vor nicht nur die Wissenschaft, sondern auch eine interessierte Öffentlichkeit. Wie konnte Adolf Hitler vom sozialen und politischen Niemand zum Führer und selbst ernannten größten Feldherren aller Zeiten aufsteigen, wie sich die Hitlerbewegung von einer Kleinstpartei am rechten Rand zur Staatspartei entwickeln? Warum fanden sich so große Teile der Bevölkerung bereit, nicht nur die Demokratie zu beseitigen, sondern auch an einem weltumspannenden Krieg mitzuwirken? Schlussendlich die drängendste Frage: Wie und warum stieg der auch in anderen Ländern durchaus verbreitete Antisemitismus in Deutschland zur verbrecherischen Staatsaktion auf und mündete in eine Politik des Massenmordes? Der rassisch motivierten und verbrecherischen Politik der Verfolgung und Ermordung fielen in Europa 5,6 Millionen Juden zum Opfer, allein 2,7 Millionen davon in eigens dafür errichteten Vernichtungslagern.1 Der Holocaust war der wohl tiefste »Zivilisationsbruch« (Jürgen Habermas) der deutschen Geschichte. Aus der Monumentalität und dem Schrecken dieser Ereignisse entwickelte sich auch das Interesse an der Folgefrage: Wie wurde aus einem Volk der Täter, der Mitträger und Dulder ein Gemeinwesen, dessen Gesellschaft die Demokratie der Bundesrepublik trug und bis heute mal schlechter, mal besser fortentwickelte?
Die Zeit des Nationalsozialismus hat dem gesamten 20. Jahrhundert seinen Stempel aufgedrückt, vor allem in Deutschland. Der Weg der Deutschen in die Diktatur, in den Zweiten Weltkrieg und zur Verfolgung und Ermordung der Juden in Europa hat bisher viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wird diese auch weiterhin finden. Sowohl in der Forschung wie auch in der Öffentlichkeit waren und bleiben diese Jahre ein wichtiges Moment des Nachdenkens über die Vergangenheit wie auch der kollektiven Selbstverständigung. Wer wir sind, wird in Deutschland nach wie vor aus der Perspektive der NS-Vergangenheit gedacht.
Es gibt daher wohl wenige Themen in der deutschen, vermutlich auch in der internationalen Geschichte, welche so intensiv behandelt wurden wie der Nationalsozialismus. Ganze Bibliotheken sind mit Publikationen aus dem In- und Ausland über Hitler, den Nationalsozialismus und den Holocaust gefüllt. In seiner Bibliographie aus dem Jahr 2000 verzeichnete der NS-Historiker Michael Ruck über 37.000 Titel, die sich dieses Themas annahmen.2 Daneben wurde die NS-Diktatur in anderen Medien, dem Fernsehen, dem Film, in der Belletristik und auf der Bühne vielfach aufgegriffen, interpretiert sowie zu erklären versucht.
Warum also wollen wir dieses so intensiv erforschte Kapitel der deutschen Geschichte im Fokus der Kleinstadt Kornwestheim noch einmal analysieren und erzählen? Die großen Stränge der Politik, ihrer Entscheidungen und Entwicklungen finden wir in diesem Zusammenhang nur sehr verdeckt. Das Ende der Demokratie und der Machtwechsel im Reich, Beschlüsse über Krieg und Frieden und in der Politik, die schließlich mit dem Holocaust zu den singulären Verbrechen gegen die Menschlichkeit führten – all dieses wurde zentral in Berlin und anderswo entschieden. Auf den ersten Blick ist Kornwestheim nicht nur geographisch, sondern auch politisch von den Machtzentren weit entfernt.Beim zweiten Hinschauen zeigt sich jedoch rasch, welche große Bedeutung dem Geschehen auf lokaler Ebene zukommt. Die Gründe für Aufstieg und Etablierung des Nationalsozialismus sind nicht zuletzt vor Ort zu suchen.
»Hitler, Goebbels und die anderen nationalsozialistischen Führer lieferten die politischen Entscheidungen, die Ideologie, die Propaganda […]. Doch in den Tausenden von Orten […] in ganz Deutschland wurde die Revolution verwirklicht. Diese Orte bilden das Fundament des Dritten Reiches.«3
Der amerikanische Ethnologe und Vorreiter der lokalen Nationalsozialismusforschung William S. Allen hat bereits Anfang der 1960er Jahre die lokalen Zusammenhänge der nationalsozialistischen Machteroberung zu der »entscheidende[n] Voraussetzung für die Errichtung der totalitären Staatsform«4 erklärt. Natürlich war die Entmachtung der alten Eliten, die Zerschlagung der Arbeiter- sowie die Selbstauflösung der bürgerlichen Parteien aus der Perspektive der Reichshauptstadt Berlin eine wichtige Grundlage für den Machtwechsel. Aber, so Allen, »die tatsächliche Machtergreifung im Frühjahr 1933 geschah überwiegend von unten. […] Der Führer erreichte den Gipfel der Macht, weil seine Anhänger auf der untersten Ebene, an der Basis, erfolgreich waren.«
Eine ähnliche Bedeutung kam dem Lokalen auch am Ende des vermeintlich Tausendjährigen Reiches zu. In der Zusammenbruchsgesellschaft der Jahre zwischen militärischer Niederlage in Stalingrad 1943 und der Republikgründung 1949 rückte die unmittelbare Lebenswelt für viele Menschen stark ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit: Immer weniger waren die NS-Autoritäten und die Verwaltungen imstande, Ordnung zu garantieren und die Geschehnisse zentral zu steuern. Insbesondere mit dem zunehmenden Luftbombardement waren viele ländliche Gemeinden und kleine Städte mehr und mehr auf sich gestellt. Das galt erst recht nach dem militärischen Zusammenbruch im Mai 1945. Als die Nation zerbrochen war, avancierte das kleinstädtische Leben zum ersten und vorrangigen Bezugspunkt der Menschen und ihrer Emotionen, Identifikationen und politischen Aktivitäten. Inmitten von Zerstörung und begleitet von einer ungeheuren sozialen Mobilität bot das Lokale die Chance, sich sozial neu zu ordnen und einzurichten. In seiner unmittelbaren Lebenswelt musste der Einzelne nicht nur die Folgen des Krieges bewältigen, mit Hunger, Not und Versorgungsengpässen umgehen und die Grundlagen seiner Existenz eventuell neu aufbauen. Zusätzlich drängten auch ganz unmittelbare Fragen des Zusammenlebens in den Vordergrund: Wie sollte die Stadt mit den lokalen NS-Größen aus Partei, Verwaltung und sonstigen Organisationen umgehen? Vor Ort war Entnazifizierung nicht allein ein bürokratischer Prozess, sondern eine vielfältige und sehr direkte Auseinandersetzung mit den zwölf Jahren Zeitgeschichte und den biografischen Verstrickungen, die jeder beim Wiederaufbau mit zu bewältigen und in das neue Leben zu integrieren hatte.
Seit einigen Jahren fragt die Forschung unter dem Rubrum der »Volksgemeinschaft « danach, warum der Nationalsozialismus von so vielen Menschen nicht nur akzeptiert, sondern auch getragen und aktiv gestaltet wurde. Nur deshalb konnte es gelingen, dass er innerhalb seiner begrenzten Herrschaftszeit die Gesellschaft zum Teil so tiefgreifend veränderte. Obwohl Propagandabegriff und Selbstbezeichnung sowohl der nationalsozialistischen Bewegung als auch des nationalsozialistischen Deutschlands, erlaubt uns der Begriff »Volksgemeinschaft « als Konzept und Forschungszugriff viel über die inneren Mechanismen des Nationalsozialismus zu erarbeiten. Bei allen Grenzen, die diesem Zugriff eigen sind, wird er sich insbesondere für das Vorhaben, die Geschichte einer kleinstädtischen Lebenswelt zwischen den 1930er Jahren und dem Ende der Diktatur darzustellen, als ein wichtiger Schlüssel erweisen.
Die Propagandaformel »Volksgemeinschaft « verwies zunächst einmal auf eine schon vorher »beherrschende politische Deutungsformel«, die in vielen politischen Lagern und weltanschaulichen Milieus gebraucht wurde und daher gut eingeführt war.5 Schon allein der Umstand, dass sowohl Sozialisten, Sozialdemokraten wie auch religiöse Gruppen »Volksgemeinschaft « in ihren Sprachgebrauch integrierten, zeigt, wie vage und bedeutungsoffen der Begriff war. »Volksgemeinschaft « beschrieb nicht die Gegenwart, sondern deutete auf eine erhoffte Zukunft voraus. Die imaginierte Ordnung der »Volksgemeinschaft « war Verheißung und Handlungsanweisung zugleich und verwies auf eine utopisch gedachte Zukunft, in die der Nationalsozialismus Deutschland führen sollte. »Volksgemeinschaft « beschwor eine Gesellschaft, in der die unterschiedlichen Interessengruppen, Klassen, Schichten wie auch die Konfessionen zugunsten einer nationalen Gemeinschaft überwunden wären. Das essentialistisch und rassistisch gedachte Deutschland, der über dieses herrschende Führer, der Antisemitismus, vor allem aber der breit getragene Antikommunismus – beim nationalsozialistischen Sprechen über die »Volksgemeinschaft « sind nur wenige Fixpunkte auszumachen.
Diese Beobachtung zum Ideologem der »Volksgemeinschaft « verweist darauf, dass die sogenannte NS-Weltanschauung insgesamt kein abgrenzbarer Gedankenzusammenhang war. Weder aus den Schriften Hitlers, Goebbels’, Rosenbergs, Darrés oder anderen NS-Vordenkern noch aus dem sogenannten Parteiprogramm der NSDAP lassen sich Elemente isolieren, die als spezifisch oder gar genuin nationalsozialistisch ausgewiesen werden könnten.
»Weder der radikale Antisemitismus noch der biologische Rassismus, noch die Ablehnung des liberalen Gesellschaftsmodells, noch die völkische Aufladung des Nationalismus, noch die Idee der Volksgemeinschaft, noch die expansionistische Raumpolitik, noch der Führergedanke, noch der Reichsmythos, noch die Blut-und-Bodenromantik, noch die Hoffnung auf eine ›nationale Revolution‹«6 waren tatsächlich Exklusivbesitz oder gar Erfindungen der Nationalsozialisten.
Vielmehr waren all diese Ideologeme weit verbreitet und fanden vielfältige Resonanz im gesamten Spektrum der Neuen Rechten, im traditionell konservativnationalen Bürgertum, in Teilen auch weit darüber hinaus in anderen Segmenten der Gesellschaft. Die dennoch oftmals unterstellte »weltanschauliche Einheit« des Nationalsozialismus lässt sich rasch als rückblickende Projektion erkennen.7
Dass »Volksgemeinschaft « und andere Ideologeme nicht eindeutig nationalsozialistisch waren, für sich genommen unscharf blieben und auch über Partei- und Milieugrenzen hinweg populär waren, macht sie nicht weniger problematisch. Im Gegenteil: Gerade ihre inhaltliche Unbestimmtheit, ihre weite Verbreitung und ihre zeitgenössische Normalität geben wichtige Hinweise dafür, warum die Naziherrschaft so erfolgreich war. Ein Begriff wie die »Volksgemeinschaft « war ebenso tauglich für Demagogie und Propaganda wie selektiv adaptierbar und situationsbedingt auslegbar. In all seiner Vagheit stieg das Konzept zu dem entscheidenden »gesellschaftspolitischen Ordnungsideal der Nationalsozialisten« auf.8 Es verband »die Abwertung sozialer Interessenskonflikte mit einer integrativen Sozialpolitik, der propagandistischen Postulierung der Egalität und der Ausgrenzung ›Rasse- und Volksfremder‹.« Die soziale Inklusion brachte notwendigerweise auch Exklusion mit sich, ja, mit der Ausgrenzung bildete sich vielmals erst die Gemeinschaft. Der Volkskörper musste beschützt werden vor seinen Feinden von innen und außen. Insbesondere von der politischen Rechten, später dann von den Nationalsozialisten wurden Ausgrenzungen nicht nur nationalistisch, sondern auch rassistisch begründet. Juden, Asoziale und andere Volksfeinde wurden zu Gemeinschaftsfremden gestempelt, verfolgt und umgebracht.
Gerade weil die »Volksgemeinschaft « eine so vage vorgestellte Gemeinschaft war, war sie ihrerseits dynamisch und vermochte ungemein zu mobilisieren. Gefühlte Gleichheit, Aufbruch, Modernität, nationale Größe, rassische Reinheit – obwohl von der Realität weit entfernt, war die Propagandaformel von der »Volksgemeinschaft « ein Ankerpunkt, an dem sich äußerst unterschiedliche Erwartungen und Wünsche festmachten. Zugleich ließen sich Elemente der »Volksgemeinschaft « auch praktisch erleben, so beim Eintopfsonntag des Winterhilfswerks, bei der Feier des Ersten Mai, wenn die »Arbeiter der Faust und die Arbeiter der Stirn« gemeinsam marschierten, oder wenn sich die lokale Gemeinschaft selbst ermächtigte, Gemeinschaftsfremde auszuschließen und zu drangsalieren.
Auf diese Weise waren es Herr und Frau Jedermann, die Hitlers Macht ermöglichten und »dem Führer entgegenarbeiteten«, so die treffende Formulierung des britischen NS-Forschers Ian Kershaw.9 Im Alltäglichen und im Kleinen, in den jeweiligen Lebenswelten entschied sich, auf welche Machtbasis die NS-Diktatur zurückgreifen, wie sie gleichschalten, ausgrenzen und vernichten wie auch Krieg führen konnte.
Für eine kleinstädtische Gemeinschaft haben diese Zusammenhänge eine besondere Bedeutung: Anders als in der NSDAP oder den NS-Organisationen, die unter ihren Mitgliedern auf Geschlossenheit und Uniformität drängen mussten, blieb Nationalsozialismus in der Stadt »ein Kompromißprodukt zahlreicher Gruppen und unterschiedlicher Interessen, die durch die engen Vernetzungen, durch überschneidende Gruppenmitgliedschaften und durch Vermittler ausgeglichen wurden.«10 Die Geschichte im lokalen Rahmen reproduzierte nicht einfach nur die große Politik. Stattdessen gingen »die Akteure vor Ort ›eigensinnig‹ mit den Deutungsangeboten, Anforderungen und Zumutungen« um und implementierten sie so in die städtische Gesellschaft.11 Was Nationalsozialismus beinhaltete und wie er sich ausprägte, fand somit regional, lokal, landsmannschaftlich und milieuspezifisch sehr unterschiedliche Ausformungen. Im Lokalen entschied sich, wie sich Nationalsozialismus realisierte, wie tief er Lebenswelt und Alltag veränderte, aber auch wo das Hergebrachte gelegentlich unberührt blieb. Für die Forschung ergibt sich damit die Perspektive, den Terminus »Volksgemeinschaft « als soziale Praxis zu untersuchen.
»[G]anz gleich, ob man in der ›Volksgemeinschaft‹ nur einen Propagandamythos oder eine soziale Tatsache erkennen möchte – ihre Deutung und Aushandlung fand in spezifischen sozialen Zusammenhängen statt und drückte sich in sozialen Praktiken aus.«12
Wer verstehen will, wie der Nationalsozialismus an die Macht gelangte, wer die NSDAP wählte, wie Hitler auf einer Welle der Begeisterung ins Amt getragen wurde und warum sich das NS-Regime zwölf Jahre lang trotz immer größerer Zumutungen und wachsender Unterdrückung halten konnte, der tut gut daran, auf die lokale Ebene zu schauen. Aus dieser Perspektive kann lokale Zeitgeschichte viel zum Verständnis von Aufstieg und Etablierung der Diktatur beitragen, wie auch vom Ende des Nationalsozialismus und vom Umgang damit in der Nachkriegsgesellschaft. Konkret gefragt: Veränderte sich das Leben in Kornwestheim? Wenn ja, in welcher Form und in welchen Rhythmen? Wer waren die Initiatoren der lokalen Machtübernahme? Wer unterstützte die neue nationalsozialistische Bewegung vor Ort? Wer stellte sich dagegen? Wer profitierte, wer musste zurückstecken? Wie verhielten sich die Bewohnerinnen und Bewohner der Kleinstadt gegenüber jüdischen Mitbewohnern und Mitbewohnerinnen sowie anderen Gruppen, die der NS-Staat aus der »Volksgemeinschaft « ausgeschlossen hatte? Wie groß war vor Ort die Attraktivität der Idee von der »Volksgemeinschaft«, in der sich alle egalitär und in ihrer rassisch begründeten Überlegenheit verbunden sehen sollten? Welche Rolle spielte das Charisma Adolf Hitlers und wer waren die kleinen Führer in der jeweiligen Lebenswelt, die sich dieses zunutze machen wollten? Und – das sollte in diesem Fragenkatalog nicht vergessen werden – wie ging die Stadtgesellschaft in den verschiedenen Phasen der NS-Diktatur und danach damit um? Welche Auswirkungen hatte der zunächst ferne, dann durch die Luftangriffe der Alliierten immer näher rückende Krieg? Und: Wie fand die Stadtgesellschaft Kornwestheims ihren Weg in das politische System der Bundesrepublik?
Aus diesen Fragen wird deutlich, dass wir mit einem lokalen Zugriff auf die Geschichte des Nationalsozialismus zwei Ziele miteinander verschränken können. Wir können die spezielle Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner ebenso herausarbeiten wie das Typische und das über den Einzelfall Hinausweisende in dieser Entwicklung.
Kornwestheim ist zweifelsohne eine besondere Stadt. Mit dem Ort, der am 1. April 1931 zur Stadt erhoben wurde, rückt eine spezielle kleinstädtische Lebenswelt in den Fokus. Diejenigen, die von der Einmaligkeit ihrer Stadt besonders überzeugt sind, sind die Kornwestheimer selbst. Besucht man die Stadt heute, so spürt man schnell eine emotionale Verbundenheit vieler Bewohner mit ihrem Ort und ihrer Umgebung. Kornwestheim ist mehr als eine Schlafstadt zu Stuttgart. In der Selbstdarstellung der Stadt im Vereins- und Sozialleben spürt man, wie viele der Kornwestheimer sich bis heute in besonderer Weise für ihr Gemeinwesen engagieren. Lokalpatriotismus hat hier nach wie vor einen guten Klang und das nicht nur in einem übertragenen Sinne. Kornwestheim hat eine ausgeprägte Gesangskultur. Wie es vor hundert Jahren und mehr auch schon getan wurde, trifft man sich im Liederkranz, bei der Sängerlust oder in einem der vielen anderen Zusammenschlüsse. Bis heute sind die Chöre, auch wenn sie aktuell eher von den älteren Kornwestheimern getragen werden, ein wichtiges Moment der Vergemeinschaftung. Diese besondere Ausprägung der Geselligkeit ist nur ein Beispiel dafür, wie stark kleinstädtische Gemeinschaften an die ihnen vorgegebenen Pfade und Entwicklungsmuster gebunden sind. Die Chöre machen Kornwestheim bis heute aus, haben die verschiedenen politischen Systeme überdauert und sind zugleich umfassend von ihnen geprägt worden.
Darüber hinaus aber gibt es viele Momente, die Kornwestheim mit anderen Klein- und Mittelstädten verbinden und eher auf das Typische im Speziellen abzielen. Ein Beispiel dafür ist die rasante Entwicklung »vom Alemannendorf zur Industriestadt«, sprich: von einer bäuerlich-altbürgerlich geprägten Lebenswelt hin zu einer Stadt, die immer stärker durch die neuen Formen von Produktion und Distribution geprägt war. Auch die damit verbundene soziale Struktur zwischen Bürgern und Kleinbürgern einerseits und der Arbeiterschaft andererseits, der zunächst von einer kleinen Gruppe getragene, dann aber durchaus breit unterstützte Aufstieg der NSDAP, später dann die Bombentreffer des Luftkriegs – all diese Elemente verbinden die Geschehnisse in Kornwestheim mit anderen Orten.
Kornwestheim steht in verschiedener Hinsicht kulturhistorisch und ideengeschichtlich für den Idealtypus der deutschen Kleinstadt. 1971 hat der amerikanische Historiker Mack Walker der German Hometown ein bis heute gültiges Denkmal gesetzt.13 Mit Blick auf ihr Image strahlte die deutsche Kleinstadt des 17. und 18. Jahrhunderts, wie sie sich insbesondere in den kleinen und mittelgroßen Städten Süddeutschlands bildete, weit über ihre sozialgeschichtliche Relevanz und den Anteil an der Reichsbevölkerung hinaus. Was sozialhistorisch nachweisbar ist, fand als Idealbild eine noch weitere Verbreitung. Gerade zu Beginn des 19. Jahrhunderts und damit in einer Phase massiven Wandels verfestigte sich dieses Klischee zu einer Idealprojektion. Die Kleinstadt galt als Hort des Glücks! Sie beinhaltete ein eigenes Lebensmodell, ein ganz eigenes Selbstverständnis und einen davon abgeleiteten Politikstil. In den Grenzen der Stadt eröffnete sich, so die Selbstsicht, den Bewohnern eine eigene Lebenswelt. Hier konnte man unter seinesgleichen bleiben und dabei im Handel und Wandel sein Glück finden. Die Gemeinschaft der Kleinstadt schloss sich nicht nur gegen viele Unbilden der Moderne zusammen, sondern wuchs vor allem an dem gemeinsamen Bestreben, Zugriffe der Zentralgewalt abzuwehren. Denn, so war die Grundüberzeugung, niemand anders könne die eigenen Angelegenheiten besser regeln als die Bewohner der Stadt selbst. Allen sozialen Veränderungen, aber auch technischen und wissenschaftlichen Innovationen zum Trotz war man sich aus dieser Gesinnung heraus in der Kleinstadt oftmals selbst genug.
Das Leben in Kornwestheim war wie in vielen anderen Kleinstädten von Unmittelbarkeit und Nähe geprägt. Vor dem ortsfesten »Horizont der Vertrautheit und des Bekanntseins« bildete man in der Kleinstadt eine eng miteinander verbundene und aufeinander bezogene Lebenswelt.14 Der räumliche Sozialzusammenhang bildete zugleich einen Sinnzusammenhang, der die gewaltigen sozialen und politischen Unterschiede zu überbrücken erlaubte. Oftmals fühlte man sich dem Anspruch verbunden, dass alle dem einen Ort Kornwestheim zugehörten. Aller sozialen Spreizung zum Trotz verband den Fabrikbesitzer mit seinem einfachen Arbeiter zumindest die Ortsangehörigkeit, auch wenn Arm und Reich sonst wenig miteinander gemein hatten.
Die Versammlung, das Fest, der Markt, die Gaststätte, die Straße, aber auch der Verein oder der Chor – all diese Orte des kleinstädtischen Kontakts sind in ihrer Bedeutung für die städtische Gesellschaft der Anwesenden kaum zu überschätzen. Im inneren Sektor der »sozialen Umwelt« hatten alle Beteiligten einen Ausschnitt ihres Lebensfeldes in gemeinsamer Reichweite.15 Man sah sich, man kannte sich, man wusste voneinander, so dass auch die gemeinsam geteilte Vergangenheit stets präsent blieb. In Nachbarschaften, in Vereinskontakten und Freundeskreisen handelte man die gemeinsamen Wertemuster und Mentalitäten aus. Diese dichte Nachbarschaftsgemeinschaft war und ist in ihrer Wirkung hoch ambivalent. In der Nähe und Enge der German Hometowns entwickelte sich ebenso eine Hilfsbereitschaft auf Gegenseitigkeit wie ein Bedürfnis nach Distanz. Nicht selten vermischten sich beide Trends, das wird die Skizze der Geschichte Kornwestheims zeigen, zu einer besonderen Gemengelage, in der die politische Mobilisierung und die eigene Lebenswelt besonders stark ineinandergriffen.
Eng verbunden mit diesem geschichtlichen Hintergrund und der besonderen Enge der Lebenswelt entwickelte sich in diesem Milieu eine besondere Vorstellung von Politik. Ein wesentliches Kennzeichen ist, dass diese im Lokalen anders wahrgenommen wurde als in der Großstadt. Zum einen war sie hochgradig personalisiert und das in einem doppelten Sinne: Viel direkter als bei der Reichspolitik ging es vor Ort um die Regelung der individuellen Belange. Marktrechte, Öffnungszeiten, Verkehrsregelungen, der Erwerb und die Veräußerung von Eigentum – die öffentliche Ordnung in der Kleinstadt war unmittelbar mit den persönlichen Interessen jedes Einzelnen verbunden.
Zum zweiten war Politik deswegen extrem personalisiert, weil sich die Akteure – Wähler wie auch Funktionäre und Amtsträger – unmittelbar begegneten. Unter Anwesenden, in Sicht- und Gesprächskontakten, die mit Nachbarn, Freunden, Amtspersonen auf der Straße, im Rathaus oder auch im Wirtshaus zustande kamen, wurden die Angelegenheiten verhandelt, die weit in die private Sphäre des Einzelnen hineinreichten.
Aufgrund dieser Nähe waren so auch politische Entscheidungsprozesse für den Einzelnen eher transparent. Jeder Bewohner konnte zum Experten seiner eigenen Angelegenheiten werden, wenn er über die Belange der Stadt auf dem Marktplatz oder in der Gastwirtschaft diskutierte. Gleichzeitig standen alle Techniken der sozialen Kontrolle zur Verfügung. Wer als Politiker seine Wähler nicht nur aus der Ferne kennt, sondern ihnen im Alltagsleben begegnet, der ist in besonderer Weise auskunfts- und rechenschaftspflichtig. Umgekehrt war der Einzelne im Zweifel einem hohen Konsensdruck ausgesetzt und musste sich rechtfertigen, wenn er sich den allgemein ausgebildeten Überzeugungen nicht anschloss oder sich anders verhielt als die Mehrheit seines Lebenskreises. Politik wurde in der Gestalt personalisiert, dass nicht Parteiprogramme oder ideologische Überlegungen im Vordergrund standen, sondern die Akteure und ihre Persönlichkeiten. Der Aufstieg des Nationalsozialismus, wie auch der Neubeginn nach 1945 – das wird der Gang durch die Geschichte Kornwestheims zeigen – waren möglich, weil die Stadtgesellschaft wesentlich an das persönliche Renommee führender Politiker anknüpfte. Anständigkeit und der Eindruck davon, einer von uns zu sein, waren wichtige Qualitäten für die Amtsträger an der Spitze der Stadt. In allen Fällen war Politik dann nicht etwas Fernes, sondern verband sich unmittelbar mit lokalen Werthaltungen, Mentalitäten und Einstellungen, die tief in der Lebenswelt verankert waren.
Es war ein junger amerikanischer Doktorand, der bereits in den 1950er Jahren zu einem damals einmaligen Experiment aufbrach: Als teilnehmender Beobachter hatte der amerikanische Historiker William Sheridan Allen sich zwei Jahre lang im niedersächsischen Northeim eingemietet, welches er in seiner Studie als »Thalburg« anonymisierte. Ein Jahrzehnt nach dem Ende der Diktatur und dem militärischen Zusammenbruch wertete er die ihm zur Verfügung stehenden Akten und Tageszeitungen aus. Darüber hinaus führte er vor allem Gespräche, in denen er sich von den Bewohnern der Stadt deren Erinnerung und Deutung der Jahre 1933 bis 1945 erzählen ließ. »Das haben wir nicht gewollt«, so der sprechende Titel des 1965 erschienenen Buches, das in den USA zu einem der »meistgelesenen Werke über Deutschland« avancierte.16 Eine ganze Generation von Studenten, so beobachtete der amerikanische Hochschullehrer Walter Struve, schulte daran ihr Verständnis vom Nationalsozialismus. Die Methode der kleinräumigen Beobachtung und der Zugriff über die lokale Lebenswelt finden bis heute insbesondere in der englischsprachigen Wissenschaft Nachahmer.17
In Deutschland hingegen wurde dem Buch nie oder zumindest erst spät »die Aufmerksamkeit zuteil, die es verdient hatte«.18 Zunächst einmal entwickelte sich in Deutschland kein Forschungsstrang, der mit dem Buch Allens vergleichbar gewesen wäre. Die Orts-, Lokal-, Stadt- oder auch Regionalgeschichte widmete sich dem Thema zunächst nicht. Zu nah hätte man sich mit solchen Forschungen in die Verflechtungen der lokalen Lebenswelt hineinbegeben. Diese Auseinandersetzung scheute man. Auch wissenschaftlich war ein solcher Zugriff zunächst nicht angezeigt: Bis in die 1970er Jahre hinein galt der Nationalsozialismus wesentlich als ein zentralistischer Herrschaftstypus. Erst die Diskussion darum, ob nicht vielmehr Herrschaftszentren die NS-Diktatur als eine Polykratie kennzeichneten, ließ das Lokale wieder stärker in den Vordergrund rücken.
Es waren dann die Diskussionen um die Alltagsgeschichte, also um die Vergangenheit des kleinen Mannes und der kleinen Frau, die das Interesse der Forschung weckten. Man wandte sich von den gelegentlich sterilen Theoriediskussionen der 1960er und 1970er Jahre ab und verband dieses mit der Rückbesinnung auf kleine Verhältnisse, unmittelbare Beziehungen und die dort zu studierenden Mentalitäten. Dieser Trend verband sich oftmals mit der Suche nach Identifikationen und Ansatzpunkten für ein aktuelles politisches Bewusstsein, das in der Vergangenheit seine Bestätigung suchte. Einen weiteren Aufschwung gab es seit Ende der 1980er Jahre: Getragen vom sogenannten Bayern-Projekt des Instituts für Zeitgeschichte begannen viele der geschichtsinteressierten Akteure nun auch auf lokaler Ebene nach Formen des Widerstandes und der Resistenz zu suchen. Wer hatte sich vor Ort dem Herrschaftszugriff der Nationalsozialisten verweigert? Wer agierte öffentlich oder vielleicht auch nur »mit der geballten Faust in der Tasche« gegen den Abbau demokratischer politischer Kultur? Seitdem ist unumstritten, dass gerade lokalgeschichtliche Fragestellungen den Blick für die Entwicklung, die Dynamik des Nationalsozialismus zu stärken vermögen.
Damit warf zugleich der Boom öffentlicher Thematisierung des Nationalsozialismus seine Schatten voraus, wie er insbesondere seit den 1990er und in den 2000er Jahren einsetzte. Die Zeit des Nationalsozialismus wurde seitdem nicht mehr beschwiegen. Im Gegenteil: Nach den Unternehmen, Banken und Versicherungsinstituten sind es aktuell die Ministerien und Großbehörden auf Bundesebene, die ihre Anfänge seit 1945 auf mögliche NS-Belastungen untersuchen lassen und dabei in der Regel zu einem politisch brisanten, historisch aber wenig erstaunlichen Ergebnis kommen: Gesellschaft, Verwaltung und Politik der westlichen Besatzungszonen und der jungen Bundesrepublik waren tief verstrickt in die unmittelbare NS-Vorgeschichte.
Für viele Städte, Dörfer oder Regionen war gerade die Erforschung der Diktatur zwischen 1933 und 1945 Anlass dafür, die Lokalgeschichte der Stadt, des Dorfes oder der Region in den Blick zu nehmen und in größere Zusammenhänge zu stellen. Spätestens seit Beginn des neuen Jahrtausends gehört es zum guten Ton lokaler oder regionaler Selbstdarstellung, die Geschichte der Heimat im Nationalsozialismus aufgearbeitet zu haben. Offensiv wirbt man mit der eigenen offenen Haltung zur Vergangenheit.
Trotz der grundsätzlichen Offenheit und bei allen Bemühungen bleiben jedoch oftmals bestimmte Fragen offen. In vielen der Studien, die sich der Geschichte eines Ortes in der Zeit des Nationalsozialismus annehmen, wird das Problem der NS-Machtübernahme nach wie vor externalisiert. Aus Berlin, aus der Landeshauptstadt, aus der Kreisstadt, auf jeden Fall von außen kamen tendenziell diejenigen, die die Diktatur im Ort großgemacht haben. Das Dorf, die Stadt, die eigene Gemeinschaft hingegen blieben so, wie sie immer waren. Mit Blick auf die Diktatur war man immer außen vor oder verhielt sich so, dass man keine Schuld auf sich lud. »Natürlich gab es in der NS-Zeit Verbrechen, aber keiner beging sie. Natürlich gab es im Dorf Arisierungen, aber keine Profiteure.«19 Enteignetes Hab und Gut wurde doppelt und dreifach bezahlt. Zwangsarbeiter standen in der Regel in guter Beziehung zur einheimischen Bevölkerung und wurden von dieser »anständig« behandelt. Eine Durchsicht verschiedener Ortschroniken aus der Pfalz zeigt die Bandbreite möglicher entlastender und entschuldender Klischees, die einer Analyse der Zusammenhänge entgegenstehen.20
Dies scheint jedoch meist nicht oder zumindest nicht vorrangig böse Absicht, eine bewusst versuchte Geschichtsklitterung oder das Reinwaschen des eigenen sozialen und kulturellen Zusammenhangs zu sein, so eine erste These dieser Studie. Ursache für diese Schieflage in der Geschichtswissenschaft bildet vielmehr eine weitere, andere Externalisierung: Nationalsozialismus erscheint heute vielfach als das Andere, das Gegenübergestellte, das dem Eigenen doch sehr Fremde. Mit Blick auf unsere heutige politische Kultur mag dieser Befund positiv stimmen, scheinen doch damit die Ideologie, die Praktiken und insbesondere die Verbrechen weit entfernt.
Die neueren Forschungen zur »Volksgemeinschaft « im Nationalsozialismus und die davon abgeleiteten Fragestellungen helfen dabei, diese Engführungen in der Wahrnehmung zu überwinden und in der hier gewählten lokalen Perspektive ein umfassenderes Bild von der Machtübernahme der Nationalsozialisten, der Etablierung und Entwicklung der Diktatur, ihres Endes und ihrer Überwindung zurückzugewinnen.
Die Geschichte Kornwestheims ist bislang nur begrenzt Gegenstand von Geschichtsschreibung gewesen. Erste Studien gibt es vor allem aus dem Gebiet der Heimatgeschichte wie auch der Wirtschafts- und Sozialgeschichte.21 Bei allen Verdiensten, die sich die Autoren damit erworben haben, kann das vorliegende Buch dabei nicht stehen bleiben, sondern muss den Zugriff erweitern.
Daher leben die folgenden Ausarbeitungen wesentlich von der historischen Überlieferung, wie sie in Archiven aufgefunden wurde und welche Privatleute zur Verfügung gestellt haben. Als Primärquellen wurden schriftliche Materialien verschiedener Provenienzen herangezogen, allen voran die Akten der kommunalen Gremien und Behörden wie Sitzungsprotokolle, Korrespondenzen, Verwaltungs-, Polizei- und Lageberichte, Statistiken, Personalunterlagen und vieles mehr, was vor allem im Kommunalarchiv der Stadt selbst überliefert ist. An dieser Stelle findet sich eine reiche, wenn auch nicht lückenlose Überlieferung von Schriftsätzen, Materialsammlungen und Bildern. Dokumentiert sind diejenigen (Verwaltungs-)Vorgänge, die die Administration und die jeweiligen Archivare und Archivarinnen seinerzeit als besonders wichtig erachteten. Dazu zählen neben den im engeren Sinne politischen Vorgängen wesentlich auch alle Belange der öffentlichen Ordnung, der Dokumentation oder des Transfers von Sachwerten und Vermögen, wie auch der Kontakt der Stadt zu den übergeordneten Behörden in Kreis, Land und Reich bzw. Bund.
Die Überlieferung der übergeordneten Behörden in Stuttgart und Berlin lieferte zusätzliche Informationen und Einschätzungen zu den Ereignissen und Entwicklungen in Kornwestheim. Hervorzuheben sind insbesondere die in Ludwigsburg verwahrten Entnazifizierungsakten. In dem Versuch, nach 1945 in einem hoch aufwändigen Verfahren Verstrickungen und Verantwortlichkeiten zu klären, sind in diesen Überlieferungen zahlreiche Informationen und Hinweise zu den Biografien der Akteure zusammengetragen worden. Dass diese Sammlungstätigkeit nicht der objektiven Dokumentation diente, sondern vor allem als Be- und Entlastungsmaterial in den entsprechenden Spruchkammerverfahren verwandt wurde, verdeutlicht rasch, mit welcher quellenkritischen Vorsicht diese Materialien zu behandeln sind. Die Entnazifizierungsakten sind damit eine wichtige Quelle, nicht nur für den Prozess des Umgangs mit dem Nationalsozialismus nach 1945, sondern auch als vielfach gebrochenes und jeweils im Sinne der eigenen Sache eingesetztes Spiegelbild der NS-Zeit selbst.
Zusätzlich wurden Quellen aus verschiedenen Privatarchiven herangezogen. Die entsprechenden Institutionen der Parteien in Bonn, Gummersbach und St. Augustin sammelten nur wenig Material, welches speziell Kornwestheim betraf. Auch die Recherche im sogenannten Document Center des Bundesarchivs, welches für die Überlieferung der NSDAP-Akten zuständig ist, förderte nur wenig Informationen zu Tage, so dass die politischen Verhältnisse vor allem aus den lokalen Überlieferungen rekonstruiert werden. Die Archive von Landeskirche und Bistum sowie der regionalen Wirtschaft boten besonders Ergänzungen zu den Beständen, die in der Stadt selbst zu finden waren.
In Kornwestheim waren es die dort ansässigen Religionsgemeinschaften, einzelne Jugendverbände, wie auch Unternehmer, die ihre historischen Dokumente zur Verfügung stellten. Darüber hinaus steuerten auch zahlreiche Kornwestheimer Privatleute Unterlagen aus ihrem privaten Besitz und eigenen Sammlungen bei. Wie bei einem Schneeball, der immer größer wird, ergaben sich aus ersten Gesprächen weitere Kontakte, die nicht nur zu neuen Quellenfunden, sondern auch zu Interviews führten. Über 20 vor allem ältere Mitbürger und Mitbürgerinnen stellten sich für Gespräche zur Verfügung und haben ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit den im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden Jahren geteilt. Dabei überwogen diejenigen, die von eigenen Erfahrungen aus der Nachkriegszeit und den 1950er Jahren berichten konnten, über die Jahre der NS-Herrschaft selbst aber vor allem aus den Erzählungen von Eltern und anderen Zeitgenossen. Die eigentliche Erlebnisgeneration derer, die in den 1930er und 1940er Jahren selbst gesellschaftlich und politisch aktiv waren, vielleicht selbst an den entsprechenden Prozessen beteiligt waren, lebt nicht mehr. Diesen vielfältigen Gesprächen kam trotz dieser Einschränkung eine in mehrfacher Hinsicht wichtige und besondere Bedeutung zu: Es waren im Einzelfall Informationen zu Ereignissen und Prozessen, die hilfreich waren und Zusammenhänge zu erkennen erlaubten, die aus den Akten alleine nicht zu rekonstruieren waren. In der Regel aber waren es die Stimmungsbilder nach vielen Jahren, wie auch einzelne anekdotische Geschichten, die die schriftliche Überlieferung ergänzten und erweiterten. Damit sind die Interviews ein wichtiger Beitrag zur Sozialgeschichte von Herrschaft in Kornwestheim.
Eine weitere wichtige Quelle für diese Studie ist die lokale Presse, in diesem Fall die Kornwestheimer Zeitung. Als einziges Medium berichtete sie mit Unterbrechung in den Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahren über die Geschehnisse vor Ort. Die vom Buchdrucker Gustav Reichert gegründete Zeitung verbreitete unter ihrer Leserschaft lokale Informationen und prägte auf diese Weise Stimmungen und Tendenzen in der Stadt. Kornwestheim war seit 1908 die kleinste Gemeinde in Deutschland mit einer eigenen Zeitung. Ab 1920 professionalisierten sich Druckerei und Redaktion so weit, dass sechs Ausgaben pro Woche produziert werden konnten. Auseinandersetzungen mit der NS-Zensur sind nicht zu verzeichnen. Die kleine und auch wirtschaftlich wenig bedeutende Kornwestheimer Zeitung blieb vermutlich unter dem Radar der NS-Mächtigen. Aber auch vor Ort brauchte es keine Auseinandersetzungen, um die Zeitung als wichtigstes Medium der städtischen Öffentlichkeit auf Linie zu bringen. Es ist offensichtlich, wie rasch seit März 1933 die Kornwestheimer Zeitung ihre Berichterstattung umstellte: Aufbruchsstimmung, ja Euphorie angesichts der NS-Bewegung prägten nun die Artikel. Auch im Erscheinungsbild passte sich die Lokalzeitung an, wie der neue Untertitel »Nationale Heimatzeitung für die Stadt Kornwestheim« zeigt.22 Dennoch entwickelte sich die Zeitung nicht nur zu einem Sprachrohr der NS-Bewegung, sondern blieb gleichzeitig ein Blatt der Unterhaltung und der Information über die lokalen und regionalen Geschehnisse. Dabei reflektiert die Zeitung deutlich, wie stark das lokale Leben mehr und mehr durch die NS-Bewegung geprägt wurde und somit auch die Berichterstattung dominierte.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Zeitungsherstellung zunächst eingeschränkt, ab 1943 dann ganz eingestellt, bevor die Druckerei dann bei einem Luftangriff zerstört wurde. Erst 1948, und damit drei Jahre nach Kriegsende, startete die Berichterstattung wieder, zunächst als »Amtliches Verkündigungs- und Anzeigenblatt«, dann ab 1949 als herkömmliche Tageszeitung.23
Die Bedeutung der Kornwestheimer Zeitung liegt vor allem darin, dass sie der lokalen Lebenswelt eine »kontinuierliche kommunikative Präsenz«ermöglichte.24 In diesem Medium verständigte sich Kornwestheim mit sich selbst. Politische Interessenlagen und Entscheidungsprozesse wurden vielfach unmittelbar zurückgebunden an das politische Personal vor Ort. Die Personen und ihre Interaktionen standen im Mittelpunkt des Interesses und sicherten zugleich die enge Leser-Blatt-Bindung. In Leserbriefen und Reaktionen in den Artikeln selbst lassen sich auch spezifische Reaktionen aus der Leserschaft und zeitungsinterne Kommunikationen rekonstruieren. Die Zeitung und ihre Macher waren dabei keinesfalls ein bloßer Spiegel des lokalen Geschehens oder gar eine neutrale Chronik der Ereignisse. Die Kornwestheimer Zeitung war Akteur in der politischen Kultur, wenn sie politikbegleitend interpretierte, lobte und kritisierte.
Trotz einer reichen Überlieferung insbesondere im Stadtarchiv Kornwestheim weisen die angeführten Einzelbestände alle mehr oder weniger große Überlieferungslücken auf. Teils wurde von vornherein nicht gesammelt und aufbewahrt, teils wurde nach archivalischen Regeln oder auch unprofessionell aussortiert oder es gingen dem Zufall geschuldet bestimmte Überlieferungen verloren. Eine Archäologie der politischen Kultur in den 1930er, 1940er und frühen 1950er Jahren, wie sie im folgenden Buch versucht wird, ist darauf angewiesen, die so verschiedenen und verstreuten Bestände und Informationen zu einer Geschichte zusammenzulesen.25
Die Darstellung orientiert sich weitgehend chronologisch: Sie beginnt mit einer problemorientierten Skizze der Stadtgeschichte Kornwestheims und erzählt diese als Vorgeschichte des Nationalsozialismus. Sie behandelt sodann die Etablierung der neuen Herrschaft in den Jahren 1933 und 1934. Dieser Prozess stellt sich nicht als Machtergreifung dar, wie es die nationalsozialistischen Akteure von sich selbst gerne behaupteten, sondern als ein zeitlich gestreckter Vorgang, in dem sich die Diktatur nach und nach ins Verhältnis setzte zu den bestehenden Strukturen und die Macht festsetzte. So wichtig die Etablierungsphase für die Erklärung der Diktatur letztlich ist, so wenig können die folgenden Jahre ausgeblendet werden. Insbesondere die Kriegsjahre veränderten die Gesellschaft entscheidend: Mobilisierung, Zwangsarbeit, Tod von Mitbürgern an der Front, die Rückkehr des Kriegs durch die Luft – der Weg in die Nachkriegszeit lässt sich nur auf dieser Folie erklären. Nach militärischer Kapitulation und Zusammenbruch der Diktatur stehen zwei Aspekte abschließend im Vordergrund: die (Re-)Etablierung politischer Auseinandersetzung einerseits wie auch die kleinstädtische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit andererseits.
Eine Geschichte der NS-Zeit, das hat der kurze Überblick zum Forschungsstand bereits gezeigt, ist nie ausschließlich eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Während andere Epochen und Zeiten der Geschichte oftmals nur noch als skurrile Besonderheiten oder als Unterhaltungsmomente gelegentlich dann auftauchen, wenn sie den weitgehend verblassten bildungsbürgerlichen Wissenskanon berühren, ragt die NS-Geschichte bis heute unmittelbar in unsere Gegenwart hinein. Wir wollen insbesondere dieser Facette der Geschichte entnehmen, wer wir sind und von welchen Grundlagen wir kommen. Die NS-Vergangenheit gilt als Prüfstein der politischen Kultur und reicht so in die unterschiedlichsten Felder von Kultur, Gesellschaft und Politik. Geschichte der NS-Zeit bleibt nicht Wissenschaft, sondern wird rasch zum Geschichtspolitikum und allen damit sich aufdrängenden Fragen: Soll man dieses Kapitel Geschichte aufarbeiten? Wenn ja, warum und mit welchem Ziel und, gegebenenfalls, mit welchen Konsequenzen?
Haben sich diese Fragen in (geschichts-)politischen Diskussionen der Bundesrepublik immer wieder zu Kontroversen verdichtet, so spiegeln sie sich ebenfalls in der Auseinandersetzung in Kornwestheim wider. Auch hier ist die Kleinstadt ebenso speziell wie typisch.26 Seit 2011 diskutierten Gemeinderat und Öffentlichkeit in Kornwestheim diese und andere Fragen kontrovers, bevor die Politik im Jahr 2013 grünes Licht für dieses Projekt gab. Die Meinungen im Rat wie auch darüber hinaus waren (und sind vermutlich immer noch) tief gespalten. Die während dieser Diskussion vorgetragenen Äußerungen reichten von polemischen Zwischenrufen bis hin zu Überlegungen, die das Pro und Contra sorgsam abwogen.
Die Kornwestheimer Debatte um den Forschungsauftrag zur NS-Geschichte ist ein Spiegelbild der politischen Kultur in der schwäbischen Stadt und verdient schon allein deshalb einen genaueren Blick. Im Zusammenhang unserer Studie aber kann es lediglich darum gehen, einige Beobachtungen zur Diskussion in Kürze zu entwickeln und dadurch herauszuarbeiten, was dieses Buch leisten kann und welche geschichtspolitischen Sackgassen vermieden werden müssen.
Verschiedene Bedenken wurden in dieser Diskussion geäußert. Wenn schon die Geschichte analysiert werde, warum dann nicht auch die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, so polemisierte der Fraktionschef der Christdemokraten im Januar 2013. »Die Rechten sollen sich mit dem Nationalsozialismus beschäftigten, die Linken mit dem, was ein paar Kilometer weiter östlich gelaufen ist. Bei Stalin, da war’s auch nicht besser«, so zitierte die Ludwigsburger Zeitung den CDU-Politiker. Neben der Lust an der Polemik, die aus dieser Verbalattacke heraussticht, gründete der Argwohn besonders in der Vermutung, dass der Antrag für ein solches Forschungsprojekt vor allem ein wahltaktisches Manöver der Sozialdemokraten sei.27