Von der Idee zum fertigen Text - Mara Laue - E-Book

Von der Idee zum fertigen Text E-Book

Mara Laue

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Beschreibung

Mit diesem Buch führt die erfolgreiche Krimi-, Science-Fiction- und Fantasy-Autorin Mara Laue die Leser ein in die Tipps, Tricks & Kniffe, mit deren Hilfe aus einer Idee eine interessante Story oder ein spannender Roman wird. Schritt für Schritt wird das gesamte Handwerkszeug des kreativen Schreibens vorgestellt und anhand vieler Beispiele erläutert. Zusätzlich enthält es nicht alltägliche Tipps sowie eine ausführliche Analyse der Methoden der Spannungserzeugung und der gängisten Genres des Buchmarktes. Nützliche Hinweise für die Formalitäten, die beim Kontakt mit Verlagen zu beachten sind, ergänzen das Buch. Ein fundierter, auf den deutschen Buchmarkt und alle gängigen Genres zugeschnittener Schreibratgeber für Anfänger und Fortgeschrittene. Sechste, um 80 % erweiterte Auflage, u. a. mit neuen Kapiteln über •Dialgobesonderheiten •Figurenpsychologie •das Schreiben von Kurzgeschichten •Spezialtipps für Krimis, Fantasy und SF •Selfpublishing sowie sprachliche Besonderheiten, Ergänzungen, Erweiterungen u.v.a.m.

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Seitenzahl: 758

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Von der Idee zum fertigen Text

Tipps, Tricks & Kniffe

für kreatives Schreiben

Impressum

 

Mara Laue – Von der Idee zum fertigen Text

7. Auflage – 2020

© vss-verlag, 60389 Frankfurtam Main

[email protected]

Titelbild: Hermann Schladt unter Verwendung eines Fotos von Mara Laue

Lektorat: Armin Bappert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Autorin

Mara Laue (Jahrgang 1958) lebt und arbeitet als freie Schriftstellerin und Künstlerin am Niederrhein. Sie verfasst hauptsächlich Krimis, Thriller, Okkult-Krimis, Science-Fiction- und (Urban) Fantasy-Romane, aber auch Lyrik und Theaterstücke. Außerdem unterrichtet sie kreatives Schreiben in Workshops und Fernkursen. Sie ist Mitglied der „Mörderischen Schwestern – Vereinigung deutschsprachiger Krimiautorinnen e. V.“, bei „DELIA, Vereinigung deutschsprachiger Liebesroman-Autoren und Autorinnen“ und bei „PAN – Phantastik-Autoren-Netzwerk e. V.“.

Weitere Infos: www.mara-laue.de

oder über:

Inhalt

Für wen das Buch gedacht ist

Vorwort zur 6. Auflage

1. Am Anfang: eine Idee

2. Shortstory oder Roman?

2.1 Was ist eine Geschichte?

2.2 Die Unterschiede im Überblick

3. Die Sprache

3.1 Wie Sie gut schreiben

3.1.1 Das Passiv

3.1.2 Das Adjektiv

3.1.3 Der Nominalstil

3.1.4 Infodump

3.1.5 Vergleiche/Metaphern

3.1.6 Füllwörter – „plötzlich und unerwartet“

3.1.7 Kleine, tückische Biester

3.1.8 Was noch zum guten Schreiben gehört

3.2 Klischees

3.3 Satzbau

3.4 Stilblüten

3.5 Das Tempus (Zeitform)

3.6 Sprache und Genre

3.7 Den eigenen Stil finden

4. Zeigen, nicht erzählen

4.1 Handlungsstruktur und Überleitungen

4.2 Kausalität und Reihenfolge

4.3 Stringenz

5. Der Plot – Aufbau einer Geschichte

5.1. Wie ein Plot entsteht

5.1.1 Der Plotpoint

5.2 Handlungsaufbau

5.3 Originalität

5.4 Die unverzichtbare Logik

5.5. Ein guter Anfang

5.5.1 Der Prolog als Anfang

5.6 Der Konflikt

5.7 Das Ende

5.7.1 Offenes Ende

5.8 Die Heldenreise

5.9 Mehrteiler schreiben

6. Spannung erzeugen und halten

6.1 Was ist Spannung?

6.2 Erzeugung der Grundspannung

6.3 Die Eckpfeiler der Grundspannung

6.4. Methoden der Spannungssteigerung

6.4.1 Haken schlagen

6.4.2 Der Cliffhanger

6.4.3 Unverhofft kommt oft

6.4.4 Lassen Sie die Lesenden Rätsel raten

6.4.5 Geben Sie Informationen

6.4.6 Enttäuschte Hoffnung

6.4.7 Andeuten und auslassen

6.4.8 Verzögerung und verpasste Gelegenheit(en)

6.4.9 Die Antagonistin/der Antagonist gewinnt

6.4.10 Falsche Fährten

6.4.11 Kill your Darlings

6.4.12 Mit dem Ende beginnen

6.4.13 Der Echtzeit-Effekt

6.4.14 Die Perspektive

6.4.15 Die ultimative Katastrophe

6.5 Die Spannung halten

6.6 Das retardierende Moment

7. Personenentwicklung

7.1 Der Name

7.1.1 Figurennennung im Text

7.2 Das Aussehen

7.3 Der Charakter

7.3.1 Charakterbeschreibung

7.4 Die Ausdrucksweise

7.5 Motive

7.5.1 Glaubhafte Reaktionen

7.6 Die „Personalakte“

7.6.1 Das Helden-Interview

7.7 Die Hauptfigur und ihr Gegenpart

7.8 Broken Hero

8. Die Perspektive

8.1 Auktoriale Perspektive

8.1.1 Eingeschränkt auktoriale/semi-auktoriale Perspektive

8.2 Personale Perspektive, wechselnde personale Perspektive

8.2.1 Schwebende Perspektive

8.2.2 Optische Kennzeichnung von Perspektivwechseln

8.2.3 Das Braiden

8.3 Ich-Perspektive

8.3.1 Varianten der Ich-Perspektive

8.3.2 Zeitformen der Ich-Perspektive

8.3.3 Doppelte Ich-Perspektive

8.4 Du-Perspektive

8.5 „Mauerschau“ und „Botenbericht“

8.6 Anrede und Figurenbenennung

8.7 Was Sie beachten müssen

9. Der Dialog

9.1 Dialogformatierung

9.2 Sprecherhinweise und Unterfütterungen

9.3 Männer reden anders. Frauen auch

9.4 Dialekte und Fremdsprachen

9.5 Nonverbale Dialoge

9.6 Innerer Monolog, erlebte und indirekte Rede

9.7 Gebrauch von Ausrufezeichen

10. Die Rückblende

11. Erotik (be)schreiben – ein Kapitel für sich

11.1 Die Sprache der Erotik

12. Das Setting - Das Umfeld muss passen

12.1. Ortsbeschreibungen in der Regionalliteratur

12.2 Rechtliches

12.3 Entwerfen von Fantasy- und Science-Fiction-Welten

12.3.1 Science-Fiction-Besonderheiten

13. Der Titel

13.1 Titelfindung

14. Die Kunst der Kurzgeschichte

14.1 Kennzeichen einer Story

14.2 Aufbau einer Story

14.3 Genre-Besonderheiten

14.3.1 Krimi

14.3.2 Fantasy

14.3.3 Lovestory

14.3.4 Horror

14.3.5 Science Fiction

14.3.6 Humoreske

15. Das Genre

15.1. Abenteuerroman

15.2 All Age Literatur

15.3 Animal Fiction

15.4 Autobiografischer/Biografischer Roman

15.5. Chick-Lit

15.6 Coming of Age

15.7 Entwicklungsroman

15.8 Ethno-Literatur

15.9 Fantasy

15.10 Historischer Roman

15.11 Horror/Grusel

15.12 Humoristische/heitere Literatur

15.13 Kinder- und Jugendliteratur

15.14 Kriminalroman

15.15 Liebesroman (LiRo)

15.16 Mystery

15.17 New Adult

15.18 Science Fiction

15.19 Sick Lit

15.20 Spannungsroman

15.21 Tatsachenroman

15.22 Thriller

15.23 Western und Indianerroman

15.24 Young Adult

16. Recherche

16.1 Psychologie, Verhalten, Plausibilität

16.2 Polizeiarbeit

16.3 Werkzeuge der Recherche

16.4 Vom Umgang mit fremdem geistigen Eigentum

17. Überarbeiten

Für wen das Buch gedacht ist

Die vorliegende Ausgabe richtet sich an alle Menschen mit Interesse an belletristischem (unterhaltendem) Schreiben, die das Handwerk des kreativen Schreibens von Grund auf erlernen oder ihre bereits erworbenen Fähigkeiten verbessern wollen.

Für Anfängerinnen/Anfänger: Das Buch begleitet Sie kontinuierlich von der Ideenfindung, über die Entscheidung, welcher Textgattung Ihr Werk angehören soll, zum Aufbau des Plots mit allen dazugehörigen Punkten, erläutert die Tricks der Spannungserzeugung, die Finessen des guten Beschreibens und der Sprache, die Ausarbeitung von Charakteren und die Wahl des Settings sowie die übrigen Grundlagen guter Texte bis zum fertigen Endprodukt. Zusätzlich gibt es Tipps für den Kontakt mit Verlagen, um den fertigen Text anzubieten.

Für Fortgeschrittene: Fortgeschrittenen bietet es die Möglichkeit zur Vertiefung ihres Wissens, gibt Einblicke in nicht alltägliche Kniffe für die schriftstellerische Arbeit sowie spezielle Hinweise für genretypische Besonderheiten wie zum Beispiel Kriminalromane, Science-Fiction, Fantasy und das Schreiben von erotischer Literatur. Darüber hinaus gibt es ausführliche Hinweise für die Ausarbeitung von Exposés und Kontakte mit Verlagen.

Zu guter Letzt kann das Buch Einsteigenden wie Fortgeschrittenen als kompaktes Nachschlagwerk dienen.

HINWEIS:

Trotz einiger genrespezifischer Sonderkapitel sind die hier vermittelten Schreibtechniken auf jedes beliebige Genre und auf alle Textgattungen der Belletristik anwendbar, von der Kurzgeschichte bis zum Roman.

WICHTIG:

Vorwort zur 6. Auflage

Eine uns belletristisch Schreibenden häufig gestellte Frage lautet, welche Voraussetzungen man erfüllen müsse, um Schriftstellerin/Schriftsteller zu werden, sei es als Hobby oder Beruf. Abgesehen von der Grundvoraussetzung, den inneren (meist unwiderstehlichen) Drang zu verspüren, eigene Geschichten – lang oder kurz – zu erfinden und aufzuschreiben, sind es drei Dinge: viel lesen, viel schreiben und das Handwerk erlernen. Durch das aufmerksame Lesen lernt man, wie man literarische Sätze formuliert, eine Geschichte strukturiert und aufbaut. Durch viel Schreiben übt man, sich selbst ebenso gewandt auszudrücken und die Storys spannend und interessant und/oder humorvoll zu gestalten. Lesen und Schreiben gehen also Hand in Hand. Liest man die Biografien von Bestsellerautorinnen/-autoren, stellt man fest, dass die meisten von ihnen schon seit der Kindheit ausgeprägte Leseratten waren und auch schon als Kinder/Jugendliche mit dem Schreiben begonnen haben.

Wie wichtig es ist, das Handwerk zu erlernen, kann gar nicht oft genug betont werden. Im Zeitalter von Print on Demand und E-Publishing (Erläuterung beider Begriffe siehe Glossar) und der damit einhergehenden Schwemme von selbstverlegten Büchern, zeigt sich deutlich, was dabei herauskommt, wenn jemand Texte veröffentlicht, ohne das Schreibhandwerk ausreichend zu beherrschen. Obwohl manche Grundideen durchaus Potenzial haben, teilweise sogar das Potenzial zu einem Bestseller, lassen ihre Umsetzungen nicht nur hinsichtlich der Dramaturgie, sondern gerade auch der Sprache in der Mehrheit der Fälle sehr viel zu wünschen übrig. Und ist der Ruf mit einer oder gar mehreren schlechten Selbstveröffentlichungen ruiniert, hat man kaum noch Chancen, spätere, vielleicht sogar gelungenere Werke in einem ordentlichen Verlag unterzubringen, falls man das plant.

Der zweite Teil der Antwort hängt davon ab, wie man den Begriff „Schriftstellerin/Schriftsteller“ definiert. Zunächst: Schriftstellende verfassen ausschließlich belletristische Texte, die der Unterhaltung dienen. (Dagegen sind Autorinnen/Autoren alle, die einen selbst erdachten Text geschrieben haben, sei es ein Gedicht, eine Kurzgeschichte, ein Brief, ein Werbeslogan, eine Gebrauchsanleitung, ein Roman oder ein Sachbuch.) Die einen sagen, Schriftstellende sind alle, die vom Schreiben leben können; sie müssen also bereits erfolgreich etwas veröffentlicht haben und weiterhin schreiben mit der Absicht, zu veröffentlichen. Andere sagen, Schriftstellende sind alle, die belletristische Texte schreiben, auch wenn sie noch nichts veröffentlicht haben und vielleicht auch nicht die Absicht haben, ihre Werke der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Meine persönliche Definition lautet: Wenn Schreiben Ihre Leidenschaft ist, wenn Sie die Frage, was Sie unbedingt auf eine einsame Insel mitnehmen würden, mit „Laptop mit Textverarbeitungsprogramm“ (alternativ: „Berge von Schreibpapier und Legionen von Kugelschreibern“) beantworten, wenn Sie auf alles andere im Leben verzichten könnten außer auf das Schreiben (lebensnotwendige Dinge wie Atmen, Essen, Trinken und Sex ausgenommen) – dann sind Sie Schriftstellerin/Schriftsteller, auch wenn Sie noch nichts veröffentlicht haben.

Falls Sie dieses Buch gekauft haben, um das Handwerk von Grund auf zu erlernen, stellt sich Ihnen vielleicht die Frage, ob man nur durch das Lesen von Schreibratgebern lernen kann, eine veröffentlichungsreife Geschichte oder einen Roman zu schreiben.

Aus eigener Erfahrung und inzwischen mehrjähriger Praxis mit der Ausbildung von Nachwuchsautorinnen und -autoren kann ich diese Frage grundsätzlich bejahen. Es ist sogar möglich, in die Profiliga des Schreibens als Hauptberuf aufzusteigen, ohne auch nur einen einzigen Schreibratgeber gelesen oder einen einzigen Schreibkurs besucht zu haben. (Ich selbst habe beides erst getan, nachdem ich bereits Berufsschriftstellerin war.) Das ist aber die große Ausnahme, wenn auch kein Einzelfall. Allerdings kürzt das fundierte Erlernen des Schreibhandwerks durch Unterricht oder Schreibratgeber oder beides den Weg zu einer ersten Veröffentlichung in einem guten Verlag erheblich ab und erspart außerdem eine Menge Frust durch die permanente, wenn auch berechtigte Ablehnung von noch ungeschliffenen Texten.

Jedoch gelingt es nicht allen Menschen, ohne Rückmeldungen einer Lehrkraft (neudeutsch „Coach“) die Theorie in die Praxis umzusetzen. Ich erlebe in jedem Gruppenkurs und im Einzelunterricht immer wieder, dass es vielen Teilnehmenden schwerfällt, nicht nur gelesene, sondern auch bei persönlichen Unterweisungen vermittelte Inhalte auf ihre eigenen Texte anzuwenden. Manche haben zwar die jeweils vorangegangenen Anleitungen in der Theorie verstanden, begehen in der Praxis aber trotzdem noch dieselben Fehler, die sie nach dem Durcharbeiten der Lektionen eigentlich von da an vermeiden sollten. Den meisten von ihnen gelingt es, den Stoff nach mehrfachem Durcharbeiten und entsprechend intensivem Üben umzusetzen, aber es gibt auch Lernende, die das trotz allem nicht schaffen. Die sind jedoch nach meinen bisherigen Erfahrungen in der Minderheit.

Ob Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in der Lage sein werden, den in diesem Buch vermittelten Stoff so in Ihren Werken zu verarbeiten, dass am Ende ein veröffentlichungsfähiger Text herauskommt, kann ich Ihnen deshalb nicht garantieren. Das hängt von Ihrer persönlichen Lernfähigkeit und vor allem von Ihrem Fleiß ab, mit dem Sie das Gelernte schreibend üben und immer wieder üben. Davon abgesehen ist in den seltensten Fällen die erste fertige Geschichte, der erste Roman auf Anhieb „druckreif“. Die meisten Schreibenden schaffen ihre professionelle Erstveröffentlichung erst nach mehreren Jahren, in denen sie Hunderte, manche sogar Tausende von Seiten für die Schublade oder sogar den Papierkorb geschrieben haben.

Den Rückmeldungen nach zu urteilen, die ich zu den vorangegangenen Auflagen dieses Schreibratgebers bekommen habe, ist das Buch allen Lesenden zumindest eine gute Hilfe, die den Erfolg zwar nicht garantiert, ihn aber möglich macht.

Unter den Kommentaren zu den ersten Auflagen gab es viele nützliche Anregungen, die ich aufgegriffen habe, um diese Auflage zu verbessern und zu ergänzen. Allen, die sich die Mühe gemacht haben, mir detaillierte Rückmeldungen zu geben – ob positiv oder negativ –, danke ich an dieser Stelle herzlich! Ihre Tipps waren und sind mir sehr wertvoll.

Zu zwei häufig angesprochenen Punkten halte ich es für erforderlich, ausführlich Stellung zu nehmen, um Missverständnissen und falschen Erwartungen an dieses Buch vorzubeugen.

Der erste Punkt betrifft die verwendeten Textbeispiele. Mehrere Leute bemängelten, dass die meisten davon (keineswegs alle) aus der Spannungsliteratur (Krimi/Thriller, Horror, Fantasy) stammten. Teilweise erwarteten sie Beispiele aus der „Weltliteratur“ oder anderen Genres als denen, in denen ich schreibe. Ich kann Ihnen aus persönlicher Erfahrung wie auch durch entsprechende Rückmeldungen von Lesenden und Kursteilnehmenden versichern, dass es für die Verdeutlichung und Vermittlung einer Schreibtechnik völlig unerheblich ist, aus welchem Genre der Modelltext stammt, um auch für jedes beliebige andere Genre umsetzbar zu sein.

Um ein Beispiel zu nennen: Ein „Cliffhanger“ (siehe Kapitel 6) ist ein Cliffhanger. Ob ich eine Krimiszene mitten in der Handlung abbreche und zu einem anderen Schauplatz umblende, während die auf die Kommissarin abgefeuerte Kugel in der literarischen Luft hängt, ob ich zu einer anderen Szene umblende, wenn in einem Fantasyroman der Dieb nach dem Schlüssel greift, der um den Hals der schlafenden Königin hängt, die just in dem Moment die Augen aufschlägt, oder ob ich in einem Liebesroman in dem Moment zu einer anderen Handlung wechsele, als der Verlobte ins Schlafzimmer platzt und sieht, wie seine Zukünftige einen anderen Mann küsst – es ist und bleibt ein Cliffhanger.

Ich vermittle Ihnen in diesem Buch das Handwerk und die Techniken des kreativen Schreibens. Dieses Handwerk ist immer dasselbe, völlig unabhängig davon, ob Sie einen Krimi oder einen Liebesroman, einen zeitgenössischen Entwicklungsroman oder einen Fantasyroman, eine Kurzgeschichte oder eine Novelle mit historischem Inhalt schreiben. Ein Maler benutzt auch immer dieselben Techniken für die Erzeugung von Licht, Schatten, Perspektive, Tiefenwirkung, Goldenem Schnitt und so weiter und auch dieselben Pinsel unabhängig davon, ob er eine Landschaft, ein abstraktes Bild oder einen Akt malt. Mit dem Handwerk des kreativen Schreibens verhält es sich nicht anders.

Da ich hauptsächlich in den Spannungsgenres (Krimi, Science-Fiction, Fantasy und einigen Unterarten) schreibe und auch fast ausschließlich Bücher aus diesen Bereichen lese, habe ich die Modelltexte weitgehend aus diesen Sparten gewählt, weil ich mich in denen fachlich am besten auskenne. In dem Schreibratgeber einer Liebesromanautorin wird wohl kaum jemand Beispieltexte aus Fantasybüchern erwarten, in dem einer Science-Fiction-Autorin keine aus Kriminalromanen. Wer ein Sachbuch wie dieses schreibt, erläutert darin sein Fach, sein Handwerk, nicht das von anderen Fachleuten. Mein Handwerk ist das belletristische Schreiben, mein Fach die Spannungsliteratur, die hin und wieder auch romantische Komponenten und Erotik enthält.

Der zweite Punkt, an dem sich die Geister schieden, sind die Übungsaufgaben am Ende mancher Kapitel. Den einen waren es zu viele, den anderen zu wenige.

Ursprünglich hatte ich die erste Auflage dieses Buches ausschließlich als Begleitmaterial für die Teilnehmenden an meinen Schreibkursgruppen konzipiert, um ihnen eine schriftliche Zusammenfassung der Lektionen in die Hand zu geben. (Aus diesem Grund hatte ich es als „Book on Demand“ herausgegeben und niemals einem Verlag zur Veröffentlichung angeboten.) Da die Teilnehmenden ihre „Hausaufgaben“ für die jeweiligen Lektionen bereits im Rahmen des Unterrichts absolviert hatten, waren die im Buch gestellten Übungsaufgaben als ergänzendes Training gedacht und schlossen sich deshalb ausschließlich an Buchkapitel an, die Stoffe behandeln, die man auch als Profi nie genug üben kann (zum Beispiel Kapitel 4 „Zeigen, nicht erzählen“).

Da sich bereits nach Erscheinen der ersten Auflage zeigte, dass das Buch auch bei Lesenden auf großes Interesse stößt, die keinen meiner oder die Schreibkurse anderer Anbieterinnen/Anbieter belegt haben, hatte ich mich bereits für die vorangegangene fünfte Auflage entschieden, sie zum kompletten Lehrbuch zu vervollständigen. Deshalb enthält jedes Kapitel, für das es etwas zu üben gibt, entsprechende Aufgaben. Wer mit ihrer Hilfe üben möchte, kann sie abarbeiten. Wer die Kapitelinhalte lieber „frei nach Schnauze“ in eigenen Werken umsetzen möchte, ignoriere sie bitte.

Nur das Ergebnis zählt, nämlich Ihr fertiger Text, der, falls das Ihr Ziel ist, einen Verlag und/oder Ihre private Leserschaft oder Zuhörende begeistert. Wie Sie es geschafft haben, ihn zu schreiben – ob mithilfe von Schreibratgebern, des Besuchens von Schreibkursen oder völlig autodidaktisch –, interessiert am Ende niemanden.

PS: Warum nach bereits fünf Auflagen eine sechste mit überarbeitetem und nochmals erweitertem Inhalt? Erstens, weil ich die Wünsche der Leserinnen und Leser hinsichtlich fehlender Informationen umgesetzt habe. Besonders häufig wurde bemängelt, dass das Buch hauptsächlich das Schreiben von Romanen behandelt, aber ein Kapitel für das Schreiben von Kurzgeschichten fehlt. In dieser Auflage fehlt es nicht mehr. Durch die vielen Fragen, die meine Schreibkursteilnehmenden mir zu ihren Lektionstexten stellten und meine Arbeit mit ihren Textentwürfen, habe ich gemerkt, dass doch noch viele wichtige Informationen in der fünften Auflage nicht enthalten waren. Ich habe sie ergänzt mit dem Ergebnis, dass diese Auflage fast doppelt so dick ist und inhaltlich tatsächlich doppelt so viele Informationen enthält wie die vorherige.

Zweitens, weil auch die erfahrensten Profis mit jedem geschriebenen Text und bei jeder Zusammenarbeit mit einem neuen Verlag/Lektorat etwas dazulernen, neue Erkenntnisse gewinnen und sich ständig weiterentwickeln. Meine seit der fünften Auflage neugewonnenen Erkenntnisse möchte ich mit Ihnen teilen, damit Sie die Chance haben, mit Ihren Werken denselben Erfolg zu erzielen wie andere Schreibende, die es geschafft haben, den Traum zu verwirklichen, vom Schreiben leben zu können, oder „nur“ einmal im Leben ein selbst verfasstes Buch in den Händen zu halten.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und Arbeiten mit diesem Buch und Ihren fertigen Texten den Erfolg, den Sie sich wünschen!

Noch ein wichtiger Hinweis zum Schluss.

Sie werden in diesem Buch Dinge finden, die als „Fehler“, „suboptimal“ oder sogar als „No Go“ bewertet werden, die Sie vielleicht in einem Buch oder mehreren genau so gelesen haben, eventuell sogar in einem Bestseller. Vielleicht werden Sie sich fragen, warum Sie diese Dinge vermeiden sollten. Möglicherweise vertreten Sie auch den Standpunkt, dass man in der Literatur doch sowieso schreiben könne und „dürfe“, wie man will. Grundsätzlich stimmt das. Jedoch kommt es dabei auf Ihr persönliches Ziel an. Wollen Sie nur für sich selbst schreiben, ist eine „gute Schreibe“ unerheblich, denn in dem Fall muss der Text nur Ihnen selbst gefallen. Wollen Sie veröffentlichen und Erfolg haben, nützt es Ihnen nichts, wenn Sie die Fehler anderer kopieren, denn gerade etablierten Bestsellerautorinnen/-autoren sieht man Fehler nach, die man weniger bekannten Schreibenden niemals durchgehen ließe. Außerdem sollten Sie grundsätzlich so schreiben, dass Ihr Text zumindest dem Großteil Ihrer künftigen Leserschaft voraussichtlich gefällt. Wenn Sie nach der Lektüre dieses Buches einmal die negativen Kritiken lesen, die auch Bestseller reihenweise einheimsen, werden Sie feststellen, dass dort oft genau die Dinge bemängelt werden, die Ihnen hier als Fehler, suboptimal und No Go genannt werden.

Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie gute Texte schreiben können. Dennoch ist es lediglich eine Anleitung, kein in Stein gemeißeltes Dogma. Darüber hinaus wechselt der Publikumsgeschmack alle paar Jahre. Was heute akzeptiert wird und gefällt, ist übermorgen oft schon wieder out. Aber am Ende zählt nur Ihr Erfolg.

Mara Laue

Niederrhein, 2017

1. Am Anfang: eine Idee

Jeder Roman, jede Geschichte – ob lang oder kurz –, jedes Gedicht beginnt mit einer Idee. In den meisten Fällen bezieht sie sich auf den Inhalt. Manchmal hat man auch eine beeindruckende Person vor Augen oder einen Ort, einen Gegenstand, ein Tier, vielleicht sogar ein Kleidungsstück und möchte darum herum eine Geschichte weben. Auch ein Satz – gesprochen, gehört oder gelesen –, ja sogar ein einziges Wort kann uns zu einer Geschichte inspirieren.

Die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916) antwortete auf die Frage, woher die Schreibenden ihren „Stoff“, ihre Ideen nehmen: „Bücken Sie sich, und heben Sie ihn auf, er wächst überall aus dem Boden. So strecken Sie die Hand aus, wenn Sie sich nicht bücken wollen, Stoffe fliegen zu Hunderten in der Luft herum.“ Besser lässt es sich nicht ausdrücken.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, findet an jeder Straßenecke, in jedem Zimmer, bei jedem Blick aus dem Fenster Inspiration für die schönsten Geschichten. Hier ein paar Beispiele von Dingen, die mich inspiriert haben.

Eine zerschlissene Couch auf dem Sperrmüll wurde erst zu einer Story, später zu einem Theatersketch, in dem eine Couch von ihrem bewegten Leben „unter“ ihren Besitzern erzählt. Die vogelähnliche Maserung einer hölzernen Tischplatte gab die Idee zu einer mystischen Geschichte, in der diese Maserung lebendig wird. Eine ganz in regenbogenfarbene Kleidung gehüllte Frau auf einem Parkplatz wurde zum Märchen von einer Regenbogenfee. Ein Stück Bindfaden auf der Straße fand sich als Held in einer Geschichte wieder, in der mit ihm ein Menschenleben gerettet wird. Eine um Haaresbreite verlorene Schachpartie gab den Anstoß, die Schlacht auf dem Brett aus der Sicht der Figuren zu beschreiben. Und ein wunderschöner Ring in der Auslage eines Juweliers erweckte aufgrund seines außergewöhnlichen Designs „konspirative“ Gedanken zu einem Kriminalroman.

Und natürlich birgt jede Begegnung mit anderen Menschen eine Fülle von Stoffen für Geschichten und Romane. Aus diesem Grund haben manche Schreibenden die Angewohnheit, regelmäßig in Cafés oder ähnliche Lokale und an andere belebte Orte zu gehen und dort ihre Zeit (unter anderem) damit zu verbringen, die Menschen zu beobachten und ihren Gesprächen zu lauschen. Bahnhöfe, Supermärkte, Straßenbahnen, Kinos und andere sind fantastische Orte für einschlägige Studien.

Nebenbei: Eine gute Beobachtungsgabe ist gerade für die authentische Schilderung des Verhaltens von Menschen für Schriftstellerinnen/Schriftsteller unerlässlich. Je mehr Sie in Ihrem ganz normalen Alltagsleben beobachten, desto besser gelingt Ihnen das.

Doch wie wird aus der Idee die Geschichte, die in ihr steckt? Wie formen wir daraus eine Story oder sogar einen Roman, die/der nicht nur uns selbst gefällt, sondern auch andere Menschen begeistert oder doch zumindest interessiert?

Sehen wir einmal davon ab, dass es einige wirklich seltene Naturtalente unter den Schreibenden gibt, die ein intuitives Gespür für die Materie haben und ausreichende Kenntnisse des dafür erforderlichen Werkzeugs (der Sprache) besitzen, so ist und bleibt Schreiben ein Handwerk, das man lernen kann und lernen muss, wenn man nicht nur für sich selbst schreiben will. Jeden Beruf und auch die Fertigkeiten jedes Hobbys muss man in einer Lehrzeit oder einem Studium über mehrere Jahre hinweg lernen. Der Beruf/das Hobby des kreativen und erst recht des journalistischen Schreibens bildet da keine Ausnahme. Sogar für die Naturtalente gilt das alte Sprichwort: „Begabung macht dich allenfalls gut; allein die beständige Übung bringt dich zur Meisterschaft.“

Beginnen wir also mit den ersten Schritten auf dem Weg zu Ihrer Meisterschaft.

Vergessen Sie bitte alles, was Sie noch aus der Schule über das Schreiben von Aufsätzen wissen. Ein Aufsatz verhält sich zu einer belletristischen Geschichte und erst recht zu einem Roman (abgesehen von der Länge) wie Fast Food zu einem Drei-Gänge-Menü in einem Nobelrestaurant; wie ein Volkslied zu einer Mozart-Oper. Womit ich weder etwas gegen Fast Food noch Volkslieder oder Aufsätze sagen will. Es handelt sich dabei völlig wertfrei um etwas ganz anderes als das, was Sie anstreben.

Das gilt auch für den Fall, dass Sie sich mit dem Schreiben von Sachtexten auskennen und sich vielleicht auch schon durch Veröffentlichungen in diesem Bereich einen Namen gemacht haben. Sachtexte leben, wie ihre Bezeichnung schon andeutet, von Sachlichkeit und damit verbundener nüchterner Sprache. Belletristik lebt vom Beschreiben und davon, dass wir Schriftstellenden in den Köpfen unseres Publikums Bilder entstehen lassen, die in ihren Gedanken das sogenannte „Kopfkino“ ablaufen lassen, die Fantasie anregen. Sachlichkeit ist dabei zu ungefähr fünfundneunzig Prozent fehl am Platz.

Wie Sie das in Ihren Texten erreichen, zeigt Ihnen dieses Buch.

Gehören Sie zu jenen vom Schreiben begeisterten und faszinierten Menschen, die von einer Idee oder mehreren Ideen übersprudeln und genau wissen, was in Ihrer Geschichte, Ihrem Roman zumindest als grober Handlungsplan ablaufen soll (auch wenn es Ihr erster Versuch ist), dann wird Ihnen der Einstieg in die Arbeit nicht schwerfallen. Gehören Sie aber zu denen, die sagen: „Ich habe eine wundervolle Idee für eine Geschichte, einen Roman, aber ich weiß nicht, wie ich sie umsetzen, wie ich anfangen soll!“, dann finden Sie hier die ersten Tipps für den Einstieg. Detaillierte Beschreibungen, wie aus einer Idee ein Plot, ein tragfähiger „Handlungsplan“ wird, lesen Sie in Kapitel 5.

Das Wichtigste: Sitzen Sie bitte niemals vor einem leeren Blatt oder der weißen Fläche einer frisch geöffneten Textverarbeitungsdatei, ohne sofort etwas darauf oder hineinzuschreiben. Schreiben Sie! Und wenn es nur ein einziger, vager Satz ist, der Ihre Idee formuliert: „Meine Heldin soll die Welt retten.“ Da Sie mit Sicherheit schon ein bisschen mehr im Kopf haben, wenn Sie mit dem Schreiben beginnen, schreiben Sie auch das auf. Falls Sie tatsächlich noch nicht allzu viel mehr von Ihrer Idee entwickelt haben, können Sie sich für den Aufbau Ihrer Geschichte, Ihres Romans an folgenden Punkten orientieren:

Was ist der Kernpunkt der Geschichte? Zum Beispiel Rettung der Welt, Aufklärung eines Verbrechens, Held/Heldin verliebt sich ...

Wer ist die Hauptperson? Name, ungefähres Alter und Geschlecht genügen für den Anfang. Grundsätzlich genügt für den Anfang das Geschlecht (und selbst das kann sich später noch ändern). Alles andere kann nachgetragen werden.

Welches ist der zentrale Konflikt der Handlung? Jemand will die Welt zerstören (warum?), Eifersucht, Hass, Feigheit ...

Wer sind die Gegenspieler, die Feinde Ihrer Hauptperson?

Welche wichtige(n) Nebenfigur(en) braucht die Geschichte? Freundinnen oder Freunde der Hauptperson und der Gegenspieler, Ermittlungsbeamte, Kolleginnen, Kollegen und so weiter.

Wo soll die Handlung spielen? Zeit, Orte, berufliches und soziales Umfeld.

Wie soll sie anfangen? Mit einer Szene aus dem Alltag der Hauptperson? Mitten in einem Konflikt, einer Actionszene? Mit einem Ereignis aus der Vergangenheit? Entwerfen Sie ruhig mehrere mögliche Anfänge!

Wie soll sie enden? Auch hier sollten Sie mehrere Ausgänge entwerfen und den wählen, der am spannendsten und/oder überraschendsten ist. Grundsätzlich kann das Ende offenbleiben, bis Sie beim Schreiben zu eben diesem Ende kommen.

Haben Sie für diese Dinge noch keine richtige Idee, orientieren Sie sich an den „Sieben W-Fragen“: Wer (Hauptpersonen) tut was (Handlung), wo (Orte), wann (Zeitpunkt, Zeitraum), wie (auf welche Weise), warum (Motive) und womit (oder mit wem bzw. mit wem zusammen)?

Für den Anfang genügt das vollkommen. Sie können die einzelnen Teile in eine Computerdatei oder auf Zettel schreiben und diese an die Wand oder die Tür kleben (ein sogenanntes „Storybord“ anfertigen), um sich daran zu orientieren. Wenn Ihnen zu einem Punkt noch nichts einfällt – macht nichts. Lassen Sie die gesammelten Ideen ein paar Stunden, einen Tag oder mehrere Tage ruhen, irgendwann fällt Ihnen das Fehlende ein. Manchmal erst im Laufe des Schreibprozesses.

Falls Sie eine konkrete Szene im Kopf haben oder den Teil einer Szene oder auch nur einen einzigen Satz, der Ihnen gefällt, schreiben Sie das sofort auf, auch wenn Sie noch nicht einmal die Namen der darin vorkommenden Personen festgelegt haben. Nehmen Sie irgendeinen Namen oder Platzhalter wie XX, YY, ZZ, die Sie später austauschen können. Jede Szene ist wertvoll und hilft Ihnen, Ihre Geschichte zu entwickeln, auch wenn sich später herausstellt, dass Sie diese Szene doch nicht verwenden wollen oder können, weil sich die Handlung anders entwickelt hat, als ursprünglich geplant. Werfen Sie die Szene aber nicht weg! Speichern Sie sie in einer gesonderten Datei, denn sie könnte perfekt in eine andere Geschichte passen. Das gilt selbstverständlich auch für jede Idee und jeden gesammelten „Zettel“.

Haben Sie Ihre Idee soweit skizziert, folgt, sofern das nicht schon für Sie feststeht, vor der detaillierten Ausarbeitung des Plots (siehe Kapitel 5) die Entscheidung, welcher Textart Ihre Geschichte angehören soll. Ist Ihre geplante Handlung umfangreich genug für einen Roman? Wollen Sie nur eine einzige Episode aus dem Leben einer Person schildern? Möchten Sie nur aus der Sicht einer einzigen Figur erzählen oder die Perspektive wechseln?

Im folgenden Kapitel erfahren Sie, welche Möglichkeiten Sie haben.

Übungen:

Sammeln Sie 5 verschiedene Ideen für interessante und/oder spannende, lustige, nachdenkliche oder andere Geschichten nach Wahl in beliebigen Genres und schreiben Sie deren Inhalt nach dem Modell der „Sieben W-Fragen“ auf. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf!

Wählen Sie aus Ihren 5 Ideen eine aus, die Ihrer Meinung nach zu einer längeren Geschichte oder sogar einem Roman werden kann. Das heißt, sie sollte neben der Hauptperson mindestens zwei bis vier wichtige Nebenpersonen/Wesen enthalten (es können auch Tiere oder personifizierte Gegenstände sein) und sich in mehrere Szenen einteilen lassen. Geben Sie der Geschichte einen vorläufigen Titel (Stichwort genügt). Mit dieser Idee können Sie in den nächsten Kapiteln weiterarbeiten. Sollten Sie bereits eine Story- oder Romanidee haben, die Sie weiterentwickeln wollen, können Sie diese nehmen und sie mithilfe dieses Buches ausarbeiten.

3. Die Sprache

Die (in unserem Fall deutsche) Sprache ist das wichtigste Handwerkszeug aller Schreibenden. Deshalb steht dieses Kapitel am Anfang des Buches. Bevor Sie anfangen zu schreiben, müssen Sie so vertraut mit ihr sein, dass sie wie eine beste Freundin ist, von der wir (fast) alle Geheimnisse kennen. Wir müssen ihre Regeln beherrschen und beachten, was Satzbau und natürlich Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung betrifft. Wie wichtig es ist, möglichst fehlerfrei zu schreiben, zeigt der in manchen Lektoraten existierende (inoffizielle) Konsens, dass jedes Manuskript, das auf jeder Seite mehr als fünf Fehler enthält, unabhängig von seiner Qualität abgelehnt wird. Lektorierende sind heutzutage durch die Fülle eingesandter Manuskripte derart überlastet, dass sie keine Zeit haben, solche Fehlermengen zu korrigieren.

Rechnen Sie es hoch: Bei fünf Fehlern pro Seite enthält ein durchschnittlich 300 Normseiten (Erklärung siehe Kapitel 19) umfassendes Manuskript 1500 Fehler und mehr. Dazu müssen zusätzlich auch noch ganze Sätze korrigiert, der Stil teilweise verbessert, Absätze umgeschrieben oder gestrichen oder neue Passagen eingefügt werden (sofern man das nicht den Schriftstellenden im Rahmen einer Nachbesserung überlässt).

Diese Fehlerfülle ist besonders peinlich im Hinblick darauf, dass jedes Textverarbeitungsprogramm über eine Rechtschreib- und Grammatikkorrekturfunktion verfügt. Dadurch lassen sich die meisten Fehler erkennen und beseitigen. Wer dennoch haufenweise Fehler in seinem Text hat, outet sich dadurch als oberflächlich und gilt im schlimmsten Fall sogar als rücksichtslos, da man dem Lektorat Korrekturen zumutet, die man selbst bei entsprechender Sorgfalt im Rahmen der Überarbeitung des Manuskriptes hätte vermeiden können. Mit so einer Person mag niemand gern zusammenarbeiten.

Besonders wichtig ist die Grammatik. Selbst wenn der Dativ tatsächlich eines Tages „dem Genitiv sein Tod“ sein sollte und manchmal auch „dem Akkusativ seiner“, lassen Sie ihn den armen Genitiv oder Akkusativ trotzdem auf keinen Fall in Ihren Texten ermorden! Einzige Ausnahme: die wörtliche Rede. In der dürfen Ihre Figuren reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

Ein Lektor hat sich einmal in einem Interview über die mangelnde Sprachkenntnis leider sehr vieler Schreibenden beschwert. Obwohl sie „Einheimische“ (gebürtige Deutsche seit Generationen und hier aufgewachsen) sind, beherrschen sie kein korrektes Deutsch. Deshalb forderte er (nur halb im Scherz!), man sollte von solchen Schreiberlingen „Schmerzensgeld“ für die Zumutung verlangen, ihre Texte zu lesen.

Hier ist ein authentischer Satz aus einem sprachlich wahrhaft grauenhaften Text: „Und dann bekam der von ihr geholfen genau wie der von dem ihr die Kette geschenkt bekam.“ – Schmerzensgeldverdächtig in der Tat! Die (mutmaßliche) Übersetzung dieses Monstrums: „Sie half ihm ebenso wie dem (Mann), der ihr die Kette geschenkt hatte.“ Solche Horrorformulierungen muten Sie bitte Ihren Lesenden niemals zu! Nach Möglichkeit auch nicht in der wörtlichen Rede.

Für die Rechtschreibung und die grammatikalischen Grundregeln ist der „Duden“ zuständig, der das wichtigste Fachbuch (oder Online-Tool) aller Schreibenden ist. Darin finden Sie alle Grammatik-, Interpunktions- und Rechtschreibregeln aufgelistet. Es gibt auch eine Reihe von gut aufgebauten Lehrbüchern, die Ihnen die Regeln anschaulich erklären. Scheuen Sie sich nicht, dafür notfalls auch die Schulbücher Ihrer Kinder aus dem Deutschunterricht zurate zu ziehen oder einen entsprechenden Volkshochschulkurs zu belegen.

Das zweite Werkzeug ist der Wortschatz. Wer schreibt, sollte über einen Wortschatz verfügen, der deutlich über dem Durchschnitt liegt. Als Unterstützung dafür gehört ein Wörterbuch der Synonyme zwingend in das Fachbuchregal aller Schreibenden (oder ein entsprechender Link zu einem Online-Wörterbuch auf den PC). Wenn Sie Ihre Figuren immer nur etwas „sagen“ lassen oder in einem einzigen Absatz Ihre Heldin dreimal etwas „fühlen“ lassen (sie kann auch spüren, empfinden, wahrnehmen), wird Ihr Text langweilig. Der „Thesaurus“ (Wortschatzsammlung) Ihres Textverarbeitungsprogramms genügt zwar oft, reicht aber nicht immer aus, da er für etliche Wörter keine Entsprechung liefert. Mit dem Synonymlexikon sind Sie auf der sicheren Seite.

Eine abwechslungsreiche Ausdrucksweise trägt dazu bei, dass unser Text flüssig klingt und nicht wie eine Schallplatte, die einen Sprung hat. Sprache muss fließen. Um zu gewährleisten, dass das auf unsere Texte zutrifft, hat es sich bewährt, sie laut zu lesen, denn dabei fallen holperige Stellen sehr viel leichter auf, als wenn wir sie nur stumm lesen.

Zu einem guten Sprachfluss gehört nicht nur die Wortwahl, sondern auch der Rhythmus. Dieser ist keineswegs nur für Gedichte ausschlaggebend. Vergleichen Sie selbst, welcher der beiden folgenden Sätze flüssiger klingt. Spätestens wenn Sie sie laut lesen, werden Sie es merken.

Er fand, als er das Buch las, heraus, dass alles, was er bisher an Information erhalten hatte, in der Sache falsch war. – Als er das Buch las, fand er heraus, dass seine bisherigen Informationen falsch waren.

Sie sehen an diesem Beispiel zwei Dinge. 1. Manchmal lässt eine einfache Umstellung des Satzes ihn flüssiger klingen („Als er das Buch las, fand er heraus ...“). 2. Umformulierungen können Sätze vereinfachen und verkürzen, wodurch sie nicht nur flüssiger klingen, sondern auch besser verständlich werden.

Das Wichtigste an jedem Text ist, dass wir

sprachlich klar schreiben

inhaltlich interessant und spannend schreiben

„lesefreundlich“ schreiben, unser Text also leicht zu lesen und verständlich sein muss. Wer jeden dritten Satz zweimal lesen muss, weil er seinen Inhalt nicht auf Anhieb versteht oder das Fremdwörterlexikon ständig griffbereit haben muss, weil es im Text von solchen Wörtern nur so wimmelt, legt das Buch lange vor dem Ende zur Seite und rührt es nie wieder an.

3.1 Wie Sie gut schreiben

Vier Dinge sind besonders bei Anfängern sehr beliebt: Passivkonstruktionen, Adjektive, der Nominalstil und Infodump. Leider vertragen sie sich nicht mit guten Texten.

3.1.1 Das Passiv

Das Passiv ist die „Leidensform“ eines Verbs (Tätigkeitswort). Aktiv: „Ich fahre.“ Passiv: „Ich werde gefahren.“ Hier haben wir auch gleich das Signalwort, das uns auf die meisten Passivkonstruktionen aufmerksam macht: „werden“. Zu viele Passivsätze erschweren das Lesen und ermüden die Lesenden. Ersetzen Sie nach Möglichkeit jede Passivkonstruktion durch das Aktiv. Einzige Ausnahme: Wenn Sie das Leiden eines Menschen oder Tieres beschreiben oder jemandem anderweitig etwas (nicht zwangsläufig Schlechtes) getan wird, ist das Passiv angebracht: „Das Kind wurde immer wieder von den Eltern geschlagen.“ – „Er wurde in den Adelsstand erhoben.“ Aktive Sätze klingen dynamischer und sind besser verständlich. Bevorzugen Sie deshalb das Aktiv.

Der Verletzte wurde von den Sanitätern ins nächste Krankenhaus gefahren. – Die Sanitäter fuhren den Verletzten ins nächste Krankenhaus.

Er wurde von der Polizei gefragt, ob er etwas gesehen habe. – Die Polizei fragte ihn, ob er etwas gesehen habe.

Eine leider auch in (zu) vielen veröffentlichten Büchern vorkommende Unsitte ist, einen Satz oder Nebensatz mit „Es war ...“ (oder „das/dies/der/die/da war ...“) zu beginnen: „Es war Silvia, die ihm die Tür öffnete.“ – „Es war eben nicht so, sondern hatte sich ganz anders zugetragen.“ – „Das war einfach nicht zu glauben!“ – „Es war zehn Uhr.“

Hierbei handelt es nicht nur um unschöne Passivkonstruktionen, die obendrein, bis auf wenige Ausnahmen, nichtssagend wirken („es“ – was denn, wer denn?). Gerade diese Formulierung, wenn sie einen Satz oder Nebensatz einleitet, generiert auch fast immer einen überflüssigen (zusätzlichen) Nebensatz.

„Silvia öffnete ihm die Tür.“ Damit ist bereits zur Genüge und außerdem kürzer, flüssiger und aktiv ausgedrückt, dass „es“ Silvia „war“, die das tat.

„Der Unfall hatte sich ganz anders zugetragen.“ Das drückt erheblich prägnanter aus, worum es geht, weil „der Unfall“ thematisiert wird, statt ihn nichtssagend „es“ zu nennen. „Es war eben nicht so ...“ könnte sich, je nach beschriebener Situation, auch auf etwas anderes beziehen als auf den Unfall.

„Das war einfach nicht zu glauben!“ – Wer glaubt hier „das“ = was genau nicht? Besser: „Bert/Er konnte/wollte einfach nicht an Marcos Verrat glauben.“ Allerdings könnte ein solcher Satz durchaus seinen Zweck haben, wenn er als Stilmittel der Verdeutlichung oder der Vermittlung von Nachdruck dient: „Was Marco sich da geleistet hatte – das war einfach nicht zu glauben!“ In dem Fall muss aber die von Marco begangene Tat vorher im Text schon einmal klar benannt worden sein.

„Es war zehn Uhr.“ Sätze dieser Art, in denen es um konkrete Uhrzeiten oder Wochentage („Es war schon wieder Montag.“) geht, kann man ab und zu so schreiben. Trotzdem lassen auch sie sich lebendiger und aktiv formulieren: „Die Turmuhr/Standuhr schlug zehn.“ Oder: „Bert sah zur Uhr. Was – schon zehn? Himmel, er musste sich beeilen, wenn er nicht zu spät kommen wollte.“ Oder: „Der Zeiger/die (Digital)Anzeige der Uhr stand auf/zeigte zehn.“ Oder: „Ein Blick auf die Uhr: schon zehn!“ Oder: „Bert sah zur Uhr. Sie zeigte zehn.“ Oder: „Schon wieder Montag. Ach, wie die Zeit verging!“

Urteilen Sie selbst, welche Varianten für Sie besser klingen.

Allerdings gibt es auch in diesem Fall – wie nahezu immer – Ausnahmen. Wenn sich Ihr „es war“ auf ein Substantiv neutralen Geschlechts aus dem vorherigen Satz(teil) bezieht, ist „es/das war“ zur Vermeidung von Wortwiederholungen legitim. Außerdem bezeichnet diese Formulierung in solchen Fällen etwas/jemanden Konkretes und stellt kein nichtssagendes „es“ ist den Raum.

Marco öffnete das Zelt. Es (= das Zelt) war leer.

Das Kind stand auf der Straße. Es (= das Kind) war völlig erstarrt.

Das Pferd trabte lustlos vor sich hin. Es (= das Pferd) war sichtbar erschöpft.

Hier ist das „es war“ gerechtfertigt, obwohl man diese Formulierung auch in solchen Sätzen vermeiden könnte: Marco öffnete das Zelt und fand es leer vor. Das Kind stand völlig erstarrt auf der Straße. Das Pferd trabte lustlos und sichtbar erschöpft vor sich hin.

In wörtlicher Rede, indirekter Rede oder innerem Monolog können Sie gern solche klanglich unschönen und umständlichen Formulierungen verwenden, weil Ihre Figuren reden/denken dürfen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Aber in den Texten außerhalb von Dialogen, Monologen, inneren Monologen sollten Sie sie vermeiden. Zwar müssen Sie beileibe nicht jedes „Es/das/dies/der/die war/wurde ...“ am Anfang eines Satzes oder Nebensatzes streichen. Aber Sie sollten spätestens beim Überarbeiten Ihrer Texte prüfen, ob Sie diese Formulierung nicht besser ausdrücken können.

Unter anderem aus dem Grund, weil das Vermeiden von Nebensätzen die Anschlagzahl Ihres Textes reduziert. Das ist, wenn Sie an Literaturwettbewerben teilnehmen, die eine begrenzte Anschlag- oder Seitenzahl vorschreiben, ein probates Mittel, Ihren Text zu verkürzen. Es war Silvia, die ihm die Tür öffnete. – 39 Anschläge (inklusiv Leerschritten). Silvia öffnete ihm die Tür. – 27 Anschläge.

Legitim ist die Verwendung von „es war“ am Satz-/Nebensatzanfang jedoch, wenn Sie etwas besonders betonen wollen. Möchten Sie nachhaltig darauf aufmerksam machen, dass zum Beispiel Silvia und nicht Johanna die Tür öffnete, dürfen Sie schreiben: „Es war Silvia (und nicht Johanna), die die Tür öffnete.“ Auch hier könnte man zwar die Es-war-Formulierung vermeiden („Silvia öffnete an Johannas Stelle die Tür.“), aber lassen wir die Kirche im Dorf.

„Da war es wieder – das Geräusch, das sie geweckt hatte.“ Man könnte hier schreiben: „Da war wieder das Geräusch, das sie geweckt hatte.“ Oder: „Wieder hörte sie das Geräusch, das sie geweckt hatte.“ Doch ich meine, dass in diesem Fall die vorangestellte Betonung „Da war es wieder ...“ die im Satz vermittelte Atmosphäre spannender rüberbringt, weil die Lesenden für eine Sekunde rätseln, was dieses „es“ ist, bis sie den Rest des Satzes gelesen haben.

Vielleicht fragen Sie sich, warum ich diese Formulierung als unschön bewerte, obwohl Sie die in unendlich vielen veröffentlichten Büchern gelesen haben. Vielmehr warum solche Sätze nicht vor der Veröffentlichung im Lektorat und/oder Korrektorat berichtigt wurden. Dafür gibt es zwei Gründe. 1. Im alltäglichen Sprachgebrauch sind diese Formulierungen derart präsent, dass sie vielen Lesenden und entsprechend auch Lektorierenden/Korrigierenden gar nicht mehr auffallen. Leider zu Lasten des Textes. 2. Autorinnen/Autoren haben immer das letzte Wort für ihren Text. Wenn sie darauf bestehen, diese Formulierungen beizubehalten, hat der Verlag keine Wahl, als ihnen darin zu folgen, falls er nicht wegen weiterer eklatanter Mängel, die beizubehalten die Schreibenden ebenfalls einfordern, gleich ganz auf die Veröffentlichung verzichtet.

Doch Sie sollten versuchen, möglichst gut zu schreiben, um Ihre Texte auch dadurch von der breiten Masse der „Allerweltsmanuskripte“ positiv abzuheben. Wenn Sie mit Ihren Texten Erfolg haben wollen und sei es nur ein einziges Mal, sollten Sie sich niemals mit dem Mittelmaß oder „geht schon so“ zufrieden geben oder sich an den Fehlern anderer orientieren.

Hier noch ein paar weitere Es-war-Sätze und ihre Verbesserung, um Sie dafür zu sensibilisieren, wie Sie diese Passivkonstruktionen am besten vermeiden können:

Es war für Sven abzusehen, dass das nicht gutgehen konnte. – Sven konnte absehen, dass das nicht gutginge. Oder: Sven wusste/war überzeugt, dass das nicht gutgehen konnte. Oder: Nach Svens Überzeugung konnte das nicht gutgehen.

Es war bereits zu spät, um die Katastrophe noch abzuwenden. – Die Katastrophe konnte nicht mehr abgewendet werden. Oder: Zu spät! Die Katastrophe konnte nicht mehr abgewendet werden. Oder: Ihm/ihr/ihnen blieb keine Zeit mehr, um die Katastrophe noch abzuwenden.

Es war bitterkalt. – Eisige/Bittere Kälte hielt das Land fest im Griff. Oder: Bittere Kälte lag über dem Land. Oder: Bittere Kälte ließ (nicht nur) Flüsse und Seen erstarren.

Es war Kommissar Siebert, der schließlich die Lösung fand. – Kommissar Siebert fand schließlich die Lösung. Wenn Sie hier betonen wollen, dass Kommissar Siebert und nicht sein Kollege die Lösung fand, können Sie je nach der Situation im Text formulieren: Ausgerechnet Kommissar Siebert fand schließlich die Lösung. Oder: Kommissar Siebert fand schließlich die Lösung und Kollege Zacharias ärgerte sich darüber schwarz(, dass er nicht selbst darauf gekommen war).

Es war nun mal so; daran ließ sich nichts mehr ändern. – An den Tatsachen/diesem Sachverhalt ließ sich (nun mal) nichts mehr ändern.

Es war unerhört, was Marie sich da geleistet hatte. – Was Marie sich da geleistet hatte, war unerhört. Oder: Unerhört, was Marie sich da geleistet hatte!

Wie Sie sehen, haben Sie oft mehrere Möglichkeiten, „es war“ am Anfang eines Satzes oder Nebensatzes zu vermeiden. Machen Sie von diesen Möglichkeiten Gebrauch. Spielen Sie verschiedene Varianten durch und wählen Sie die, die für Sie am besten klingt. Aber ab und zu dürfen Sie ruhig mal einen Satz mit „Es war“ beginnen.

3.1.2 Das Adjektiv

Das Adjektiv (Eigenschaftswort) bezeichnet die Eigenschaften eines Gegenstandes, einer Person oder einer abstrakten Sache: der blonde Mann, der rote Mantel, das gestreifte Tuch, der große Baum, die hoffnungslose Lage. Adjektive sind manchmal wichtig, um uns über die Eigenschaften der Dinge zu informieren. Probleme gibt es, wenn wir sie zu oft und noch dazu mehrmals in einem einzigen Satz verwenden. „Es war eine kalte, stürmische, mondhelle Nacht“ ist das Gegenteil eines guten Satzes, weil sie „emotionslos“ aufzählt, aber nichts beschreib, was die Lesenden nachfühlen oder vor ihrem geistigen Auge sehen können. Wie Sie detailliert in Kapitel 4 „Zeigen, nicht erzählen“ erfahren werden, kann und sollte man solche Adjektivketten mit Leben erfüllen, sie umschreiben und den Lesenden zeigen, wie sich die Nacht anfühlt, welche Stimmung sie erzeugt, nicht nur wie sie aussieht.

Verwechseln Sie bitte nicht die Eigenschaft eines Gegenstandes, einer Person mit dessen/deren Beschreibung! Ein Adjektiv beschreibt nichts. Das „Eigenschaftswort“ benennt nur eine Eigenschaft, erzählt sie uns, teilt uns Fakten mit. Nichts anderes.

„Sie trug einen roten Mantel.“ Der Satz taugt wunderbar als Zeugenaussage bei der Polizei. Verwenden Sie ihn ruhig in einer Szene, in der eine Ihrer Figuren der Polizei sachlich mitteilt, was sie gesehen oder welche Kleidung das verschwundene Kind zuletzt getragen hat. Für die Beschreibung einer Person durch die Augen eines anderen, ist er meistens untauglich, weil der schlichte Satz keine Atmosphäre erschafft, uns nichts fühlen lässt. Und den Farbton, den dieses Rot hat, vermittelt er uns auch nicht.

Machen wir daraus eine Beschreibung:

„Als sie ihm entgegenkam, hatte Leon für einen Moment den Eindruck, ihr Mantel hätte sie in ein Stück Morgenröte eingehüllt, in einen Farbklecks, der den Regentag erhellte und augenblicklich Leons Stimmung hob. Sie lächelte ihm zu, und er hatte das Gefühl, dass die Sonne aufging.“

Jetzt können Sie sich die Frau nicht nur lebhaft vorstellen, Sie wissen auch, welchen Ton das Rot besitzt, ohne dass ein Adjektiv Ihnen erzählt, dass er „leuchtendrot“ ist. Die Beschreibung vermittelt uns aber noch mehr als die Farbe des Mantels, nämlich die Gefühle des Betrachters bei dessen Anblick. Sie teilt uns außerdem mit, dass es regnet, dass Leon, durch dessen Augen wir die Szene sehen, in düsterer Stimmung ist (andernfalls könnte sie nicht gehoben werden) und dass er die Frau liebt (andernfalls hätte ihr Lächeln keine „Sonnenaufgangs-Wirkung“ auf ihn). Sie erschafft im Lesenden ein Gefühl, erzeugt eine Stimmung – ohne dass sie ein einziges Adjektiv enthält.