Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Geht es ums Reisen, geht es um Freundschaften? Diese Kurzgeschichten handelt von beidem. Das Wissen darum, dass Beziehungen immer wieder neu belebt und inspiriert werden müssen, scheint eine Triebfeder für die kurzen und langen Reisen der Autorin zu sein. Unterwegs mit Familie und Freunden, gewährt Sie uns einen persönlichen Einblick in ihre Definition von Vertrautheit, Freundschaft und Familienleben. Parallel dazu ziehen Bilder von fremden Inseln, fernen Landschaften und pulsierenden Städten am inneren Auge des Lesenden vorbei. Diese Verbindung von Beziehungsgeschichten und Reisebeobachtungen machen das Buch zu einer kostbaren, amüsanten Lesefreude.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 87
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Für meine Reisepartnerinnen und -Partner
Prolog
Das ganz besondere Reisesouvenir – mit Martin
Thailand im Jahr des grossen Tsunamis – bei Marco
Spuren des Krieges in Bosnien – mit Husko
Das klassische China – mit Paul
Mit schwerem Reisegepäck nach Kuba – mit Ivan
Freundschaftspflege unterwegs – mit Walter
Trauminsel Bali – mit Selina
Der FCB bestimmt das Reiseziel – mit Fans
Per Zug durch Sibirien – mit Natalie
Exotisches Teheran – mit Thomas
Mietfrei wohnen als Haussitterin – bei meinen Katzen
Besuch in Australien – mit Marvi
Freud und Leid in Bol – mit Familie und Freunden
Dank
Gäbe es so etwas wie ein Reise-Gen, dann müsste ich wohl davon ausgehen, dass ich eine Art Gendefekt habe. Ich verspüre selten den Wunsch, andere Kontinente zu bereisen, kenne nicht das Gefühl von Fernweh oder träume davon auszuwandern. Bin ich wochenlang weg, dann vermisse ich schnell meine Familie und Freunde.
Obwohl ich Menschen mit ihren unterschiedlichen Charakteren und Kulturen faszinierend finde, fühle ich mich im fernen Ausland nicht wirklich wohl, besonders wenn ich mit den Leuten nicht kommunizieren kann und das soziale Gefälle zwischen Einheimischen und Reisenden gross ist. Es ist mir unangenehm, mich als privilegierte Touristin in Ländern zu bewegen, in welchen die Menschen von Armut, Kriminalität, Korruption oder Mangel an Möglichkeiten betroffen sind. Irgendwie komme ich mir dann voyeuristisch, kolonialistisch und anmassend vor.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich ein absoluter Stadtmensch bin. Ich brauche den pulsierenden Betrieb um mich herum. Es gefällt mir inmitten von vielen Menschen, und ich liebe es, irgendwo zu sitzen und Leute zu beobachten. Endlose Wüsten, hohe Berge, menschenleere Gegenden, Naturerlebnisse weit abseits der Zivilisation reissen mich also nicht gerade vom Hocker.
Wenn ich meinen Horizont erweitern und etwas Neues, Andersartiges und Spannendes erleben möchte, dann sind meine bevorzugten Ziele kleinere und grössere Ortschaften im nahen Ausland. Diese Regionen sind per Zug erreichbar, und ich kann mich (meistens) verständigen. Auch dort erfahre ich viel über andere Menschen und Kulturen. Mein Ziel ist es, dereinst alle 47 Länder Europas besucht zu haben. Momentan stehe ich bei 38.
Da stellt sich manch Einer die berechtigte Frage, wie es kommt, dass ich bereits auf allen Kontinenten dieser Erde war. Nicht in erster Linie das Interesse an exotischen Ländern oder Abenteuerlust und Fernweh führten mich dorthin. In den meisten Fällen waren mir nahestehende Menschen meine Motivation, meine Komfortzone zu verlassen. Ich begleitete Freunde oder Familienmitglieder oder besuchte Bekannte vor Ort.
Davon handeln diese Reisegeschichten. – Von dreizehn besonderen Reisen mit unterschiedlichen Reisepartnerinnen und Reisepartnern.
Jahrelang hatten wir auf diesen Moment hingearbeitet. Uns zuerst mehr oder weniger motiviert durch das Gymnasium gekämpft. Dann zwei Jahre gearbeitet, um Geld für das Studium zu verdienen, und schlussendlich erfolgreich die Ausbildung absolviert. Nun endlich hatten wir den Berufsabschluss in der Tasche.
Mein Freund Martin, mit welchem ich in der Kantonsschule Zug gemeinsam die Schulbank drückte, beendete 1981 das Lehrerseminar und ein Jahr später wurde ich zur frisch gebackenen Sozialarbeiterin diplomiert. Uns standen alle Türen zu einer erfolgreichen Karriere offen.
Doch wie viele andere junge Erwachsene wollte Martin zuerst reisen, Abenteuer erleben und die Welt entdecken, bevor er sich mit dem Ernst des Lebens konfrontierte. Sein Wunsch war es, mit Rucksack und Schlafmatte Richtung Asien aufzubrechen und offenzulassen, wohin der Weg uns führen und wie lange Geld und Lust reichen würden.
Nur war ich dafür leider die komplett falsche Freundin und Begleiterin. Sein Plan kam bei mir aus mehreren Gründen gar nicht gut an. Derart lange ohne meine Eltern, Geschwister und Freunde zu sein, war für mich unvorstellbar. Ich hatte auch überhaupt keine Lust, das ganze Hab und Gut auf meinem Rücken durch die Gegend zu schleppen, am Boden zu schlafen, zu kochen und zu essen. Ausserdem interessierte mit Asien nicht sonderlich und ich besass keinerlei Reiseerfahrungen.
STECKBRIEF
NameMartin
Jahrgang58
Tätigkeit
pensionierter Lehrer, mit Wohnmobil oder Schiff in aller Welt unterwegs
besondere Merkmale
ist mit Leidenschaft und grossem handwerklichem Geschick stets etwas am Renovieren und Umbauen
wir teilen
die Liebe zu unseren drei wunderbaren Kindern
Eine schwierige Situation, bei so unterschiedlichen Bedürfnissen und Vorstellungen den kleinsten, gemeinsamen Nenner zu finden. Wollten wir unsere immerhin schon fünfjährige Beziehung nicht beenden, mussten wir einen Kompromiss finden.
Nach vielen Diskussionen und nächtelangem Abwägen von Vor- und Nachteilen, einigten wir uns schlussendlich auf die eher konservative Variante, mit einem Camper durch Nord- und Südamerika, von Alaska bis Feuerland zu reisen. Damit konnte ich leben, hatten wir auf diese Art immerhin unser eigenes kleines Heim mit dabei.
Gesagt, getan, stürzten wir uns voller Elan in die Vorbereitungen. Wir kauften einen nigelnagelneuen Post-VW-Bus mit Hochdach und bauten diesen in unserer Freizeit zu einem Bijou von Camper aus. Wir planten die Route, lernten Spanisch und legten jeden Rappen für das bevorstehende Abenteuer auf die Seite.
Trotz unseren anfänglich unterschiedlichen Vorstellungen, was das Reiseziel betraf, zeigte sich, dass wir in der Projektumsetzung ein Dream-Team waren. Unsere Fähigkeiten beim Planen, Recherchieren, Berechnen, Bauen, Nähen und Dokumentieren ergänzten sich wunderbar. Und das Ergebnis «LUBO», unser zukünftiges Haus auf Rädern, war mehr als perfekt.
Wir lösten unsere gemeinsame Wohnung in Horgen auf und dann ging es freudig gespannt los. Am 15. April 1984 fuhren wir unseren, bis in die kleinste Ecke vollgepackten Camper nach Emden, wo er Europa mit dem Schiff Richtung Amerika verliess. Wir selbst flogen mit einem 4-tägigen Stopover in Island nach New York. Unser Abenteuer konnte beginnen.
Vier Monate später, nach einer Reise von mehr als 10’000 Kilometer entlang der Ostküste der USA, nach beeindruckender Fahrt durch das östliche und mittlere Kanada, erreichten wir am 8. August Dawson City in der kanadischen Region Yukon. Dort beginnt der berühmte «Dempster Highway», welcher auf Schotterpisten 736 Kilometer durch die Nordwest-Territorien bis nach Inuvik führt, der grössten kanadischen Stadt nördlich des Polarkreises und gleichzeitig der nördlichste Punkt unserer Reise.
In dieser gottverlassenen Gegend trafen wir eines Abends auf einem Rastplatz Jürgen aus dem Allgäu, seinen temporären Reisegefährten Jules aus Paris, sowie die Deutschen Rainer und Andy, welche alle ebenfalls auf dieser Route unterwegs waren. Später stiessen noch die beiden Motorradfahrer Jochen und Clemens dazu. Wir schlossen uns auf dem Weg nach Norden den sechs Jungs an.
Zu dieser Zeit gab es noch keine Handys, kein Skype, keine Mails oder SMS und telefonieren war sehr teuer. Die einzige Verbindung nach Hause bestand aus Briefen aus der Heimat, welche wir alle paar Wochen irgendwo auf einem Schweizerischen Konsulat entgegennehmen durften.
Auch wenn Martin und ich eine wunderbare Zeit zusammen hatten, interessante Orte kennenlernten und spannende Erfahrungen machten, waren wir halt doch immer nur zu zweit. Der Kontakt mit den Menschen vor Ort beschränkte sich meist auf ein oberflächliches «how are you?». Ich litt mehr und mehr unter Heimweh und vermisste, wie befürchtet, den regelmässigen Austausch mit meiner Familie und den Freunden.
Diese kleine temporäre Ersatzfamilie inmitten von «nowhere» war deshalb meine Rettung. Wir waren als Gruppe unterwegs, fuhren und kochten zusammen oder halfen uns gegenseitig bei Pannen. Wir diskutierten nächtelang am Lagerfeuer, unternahmen gemeinsam Wanderungen und Kajaktouren, brachten den Deutschen das Jassen bei und hatten ganz einfach einen riesigen Spass.
Aufgehoben in dieser kleinen Männergruppe, von allen auf Händen getragen, ging es mir wieder richtig gut und ich genoss jeden Tag, obwohl die unwirtliche, baumlose, kalte Gegend im hohen Norden Kanadas nicht unbedingt mein Ding war.
Nach zwölf ereignisreichen, lustigen Tagen auf dem Weg zum Nordmeer und zurück, gelangten wir wieder nach Dawson City. Hier trennten sich unsere Wege leider wieder. Wir mussten uns schweren Herzens von unseren Reisegefährten und insbesondere von Jürgen verabschieden. Er war inzwischen zu einem lieben Freund geworden, mit welchem ich auch nach der Rückkehr noch viele Jahre intensiven Kontakt pflegte.
Mein anhaltendes Heimweh und die positiven Erfahrungen beim Reisen mit Freunden liessen uns unsere Pläne der Weiterreise überdenken. Es war uns beiden klar, dass wir den zweiten Teil unserer Reise durch Südamerika wohl kaum wie gedacht realisieren konnten.
Also entschieden wir uns, im Anschluss an unseren Trip durch Mexiko und Guatemala in die USA retour zu fahren, unseren Camper in Los Angeles bei Freunden zu stationieren und per Flugzeug nach Ecuador zu reisen. Dort wollten wir während rund zwei Monaten einen Sprachkurs absolvieren, durch das Land trampen und zum Abschluss die Galapagos Inseln bereisen. Anschliessend würden wir unseren Camper abholen und gegen Mai 1985 nach Hause zurückkehren.
Soweit unser angepasste Plan. Doch noch war es Sommer und wir waren in Alaska unterwegs. Es schneite im Denali Nationalpark, wir hatten das seltene Glück, die berühmten Nordlichter zu bestaunen und Grizzlybären zu sehen. Es lagen noch sieben, acht aufregende, interessante Monate vor uns, immer Richtung Süden, der Westküste Kanadas und der USA entlang, quer durch Mexiko bis nach Quetzaltenango in Guatemala, dem südlichsten Punkt unserer Reise.
Niemand konnte ahnen, dass ich exakt in diesen entscheidungsträchtigen Tagen Mitte August entgegen aller Verhütung schwanger wurde. Es dauerte aber noch mehr als zwei Monate, bis am 18. Oktober ein Arzt in Newport/Oregon meine vermeintlich hartnäckige Magenverstimmung als Schwangerschaft diagnostizierte.
Obwohl wir nie im Leben an so etwas gedacht hatten, freuten wir uns natürlich riesig. Erst an Weihnachten, zu Beginn des 5. Schwangerschaftsmonats, teilten wir unseren Eltern die freudige Nachricht mit und kündigten unser Heimkommen auf März 1985 an.
Im Nachhinein sah es so aus, als wollte dieses ungeplante, aber mehr als willkommene Kind meinen Wunsch heimzukehren unterstützen, als wollte es uns ermöglichen, ohne «Gesichtsverlust», mit mehr als gutem Grund die Reise abzubrechen.
Gezwungenermassen mussten wir in der Folge auf die bei uns üblichen Vorsorgeuntersuchungen, das obligate Schwangerschaftsturnen, den Geburtsvorbereitungskurs und die gut gemeinten Tipps von Jederfrau verzichten. Wir genossen einfach die unkomplizierte, beschwerdefreie Schwangerschaft. Wir diskutierten über mögliche Namen für unser Baby, verfolgten in einem Buch die Grösse und das Entwicklungsstadium des Embryos und führten daneben unsere Reise wie geplant fort.
Anfangs Dezember erreichten wir die Baja California, die mexikanische Halbinsel südlich von San Diego. Am Cocos-Beach, zwischen Santa Rosalia und Cabo San Lucas, sahen wir von Weitem eine Gruppe von Campern, Autos und Motorrädern mit einem grossen Schweizerkreuz in der Mitte. Da konnten wir natürlich nicht einfach vorbeifahren, ohne die Leute aus unserer Heimat zu begrüssen. Aus einem kurzen Hallo wurde jedoch ein Aufenthalt von zwei Wochen. Wieder entstand während dieser Zeit so etwas wie ein Familiengefühl.