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Heftromane sind die heimlichen Bestseller, denn sie werden millionenfach verkauft und bieten ihren Autorinnen/Autoren ein gutes Einkommen. Sie zu schreiben ist jedoch eine Kunst, die gelernt sein muss, wenn man Erfolg haben will. In diesem Ratgeber erläutert Mara Laue, selbst erfolgreiche Autorin mehrerer Heftserien, die Grundlagen des Heftschreibens, gibt einen Überblick über die aktuellen Genres, den Aufbau, Spannungserzeugung, Perspektiven und Dialogführung u. a., erläutert, was beim Schreiben von Serien zu beachten ist und worin die Unterschiede zum Kurzroman (Short Novel) bestehen. Ein wichtiges Buch für alle, die erfolgreich Heft- und/oder Kurzromane schreiben wollen.
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Seitenzahl: 199
Von Edelweiß bis Horrormonster
Heftromane und Short Novels schreiben
Mara Laue
Impressum
Copyright: Autoren-Tipps im vss-verlag, 60389 Frankfurt
Jahr: 2024
Lektorat/ Korrektorat: Hermann Schladt
Covergestaltung: Hermann Schladt
unter Verwendung eines Fotos von Olaf Simons
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2009_Deutschsprachige_Trivialliteratur_im_Zeitungsgeschaeft.JPG
Verlagsportal: www.vss-verlag.de
Gedruckt in Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig
Das Format der Heftromane als Unterhaltungsliteratur ist älter, als man allgemein glaubt. Seine Vorläufer, die sogenannten „Volksbücher“, die hauptsächlich Märchen, Sagen, Schwänke, Anekdoten sowie Liebesgeschichten antiker Autorinnen und Autoren beinhalteten, gab es seit dem 16. Jahrhundert. Der 1450 eingeführte Buchdruck ermöglichte, die bis dahin mündlich überlieferten Geschichten, die früher von Barden und Minnesängern (bis Ende des 13. Jahrhunderts), später von Bänkel- und Moritatensängern1 (bis Ende des 19. Jahrhunderts) verbreitet wurden, aufzuschreiben und der breiten Masse des Volkes zugänglich zu machen.
Mit den heutigen Heftromanen haben die Volksbücher gemeinsam, dass sie, verglichen mit Büchern, nicht sehr umfangreich waren (von wenigen Seiten bis wenigen Dutzend Seiten) und auf billigem Papier gedruckt wurden, damit „alle“ sie sich leisten konnten. Aus jener Zeit stammt noch der Begriff „Groschenroman“ für die Heftromane. Der Groschen ist eine alte Bezeichnung für eine Zwölf- beziehungsweise später Zehnpfennigmünze, und mehr oder nur wenig mehr kostete ein Heftroman damals nicht.
Ferner dienten und dienen sie ausschließlich der leichten Unterhaltung und erheben inhaltlich keinen höheren literarischen Anspruch. In diesem Punkt unterscheiden sie sich (unter anderem) vom Kurzroman (siehe Kapitel 3).
Die heutige Form der Heftromane begann sich im 19. Jahrhundert in Europa und Nordamerika in Form von wöchentlich erscheinenden Publikationen zu etablieren. Neben einem farbigen Titelbild war ihr Hauptmerkmal, dass sie auch innen reich illustriert waren, wenn auch nur in Schwarz-Weiß. Das ist heute nicht mehr der Fall. Die modernen Heftromane enthalten ausschließlich Text.
Eine Boomzeit erlebte das Heft zwischen 1900 und 1914 mit ca. hundert verschiedenen Heftserien. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges bereitete diesem Boom ein abruptes Ende. Ein neuer Boom kam nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Inhaltlich waren hier vor allem Krimis („Rolf Torring“, „Jerry Cotton“), Western („Buffalo Bill“, „Lassiter“) und „Frauenromane“ (Liebesromane) vorherrschend. Gleichzeitig entstand, nicht nur auf dem Heftsektor, das Phänomen, dass die Autoren von Krimis und Western männliche Amerikaner beziehungsweise Briten sein „mussten“. Werke von deutschen Autoren (und erst recht von nicht nur deutschen Autorinnen) wurden von den Verlagen und auch von den Lesenden – Männern wie Frauen – zunächst nicht angenommen.
Ein Grund war sicherlich die Tatsache, dass damals die besten Krimis von britischen und amerikanischen Autoren stammten (auch wenn sich hinter manchem männlichen Namen eine Frau verbarg und zumindest in Großbritannien etliche namhafte Autorinnen erfolgreich Krimis schrieben) und diese – mangels guter deutscher Autoren – ausschließlich das Genre prägten. Erst recht traute man deutschen Autoren (und sowohl amerikanischen wie deutschen Autorinnen) noch teilweise bis Ende des 20. Jahrhunderts kaum zu, Western schreiben zu können, weil sie das Genre der (männlichen) US-Amerikaner waren.
Die Folge war, dass deutsche Autorinnen und Autoren zwar die einschlägigen Heftromane schrieben, sich aber von den Verlagen diktiert oft hinter amerikanischen Pseudonymen versteckten, weil sich Krimis und Western unter deutschen Namen nicht verkaufen ließen. Das ist teilweise heute noch so. Auch Heftserien aus deutschen Verlagen, die mit dem Label „Die neue (Mini-)Serie/der neue Roman aus Amerika/den USA“ versehen sind, werden auf dem Heftsektor ausschließlich von deutschen Autorinnen und Autoren verfasst.
Heute bilden jedoch Krimi-, Mystery-, Science-Fiction- und eine Fülle verschiedener Liebesromanserien den größten Teil der Heftromane. Außerdem lösen inzwischen E-Book-Serien im (inhaltlichen und längenmäßigen) Heftformat den gedruckten Heftroman zunehmend ab.
Weil der Heftroman inhaltlich „einfach gestrickt“ ist und mit der „hohen Literatur“ nicht konkurrieren kann (und das auch nicht will), galten Heftromane lange als „Schund“, als Abfall der Literatur, den „gebildete Leute“ weder lasen noch schrieben. Erst in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts verloren sie langsam dieses Image.
Heute sind sie in der Mitte der Gesellschaft als akzeptierte Unterhaltung angekommen. Mehr noch: Sie erfreuen sich so großer Beliebtheit, dass fast jedes Heft zu einem Bestseller wird, weil die Verkaufszahlen je nach Serie zwischen (mehreren) 100.0002 und über einer Million pro Heft liegen. Pro Jahr werden im Durchschnitt insgesamt 300 Millionen Heftromane verkauft, das sind rund 800.000 pro Tag – ein Erfolg, an den bisher kein Buchbestseller heranreicht.
Heftromane haben ihre sie liebende Fangemeinde und trotz in manchen Genres teilweise starker Klischeelastigkeit, die bei Buchromanen meistens nicht gern gesehen wird (von Satiren und anderen Humoresken abgesehen), das Image des literarischen „Schunds“ schon lange abgelegt. Das macht sich auch für Autorinnen/Autoren bemerkbar. Wurden „Heftschreiberlinge“ zunächst als „seriöse“ Autorinnen/Autoren nicht ernst genommen und bei Buchverlagen abgelehnt, wenn sie sich dort mit einem Buchmanuskript um eine Veröffentlichung bewarben (manchmal sogar ohne Prüfung des angebotenen Manuskripts), werden sie heute als disziplinierte, weitgehend pflegeleichte Schreibende geschätzt, die Deadlines akkurat einhalten und sich nicht, wie leider allzu viele Neulinge und auch manche „Profi-Diva“, ständig mit den Lektorierenden über Änderungsvorschläge streiten. (Siehe auch Kapitel 13.)
Als Zubrot oder Haupteinnahmequelle sind sie zudem wegen ihrer Kürze eine gute Verdienstmöglichkeit (siehe Kapitel 12).
HINWEIS:
Im Folgenden werden Heftromane nur noch als „Heft“ bezeichnet, schließen aber die Publikationsform als E-Book mit ein. Der Begriff „Roman“ steht für Buchromane, ebenfalls einschließlich der Publikationsform als E-Book. Short Novels werden hier immer als Kurzromane bezeichnet.
Der Heftroman ist eine Kategorie für sich und unterliegt je nach Genre inhaltlich teilweise sehr restriktiven Vorgaben seitens des Verlages (siehe Kapitel 4), da es sich fast immer um eine Serie oder Miniserie (sechs bis zwölf Folgen) handelt. Fünf Dinge kennzeichnen einen Heftroman formal.
Definition:
Eine Serie (Heft oder Roman) hat eine fortlaufende Handlung mit einem deutlichen roten Faden und eine (im Voraus) festgelegte Zahl von Teilen. (Beim Heft sind dies meistens zwanzig bis fünfundzwanzig Ausgaben.) Diese nennt man „zyklische Serien“. Mit dem letzten Band wird die Handlung abgeschlossen. Wird die Serie fortgesetzt, beginnt mit dem folgenden Band ein neuer Zyklus, der einen neuen roten Faden enthält und ebenfalls auf eine bestimmte Anzahl von Romanen festgelegt ist.
Eine Romanreihe besteht dagegen aus in sich abgeschlossenen Einzelbänden – mit oder ohne „Stammpersonal“ (= immer denselben Hauptfiguren) – von (im Voraus) unbestimmter Zahl und kann „endlos“ fortgesetzt oder von einem Roman auf den nächsten beendet werden. Jedoch werden im Heftbereich auch Reihen als Serie bezeichnet, wenn sie unter einem bestimmten Label firmieren, z. B. „Jerry Cotton“, obwohl die Handlung jedes dazugehörigen Heftes in sich abgeschlossen ist.
Im Folgenden bezieht sich „Serie“ auf ein Label. Wo auf zyklische Serien Bezug genommen wird, werden diese ausdrücklich als solche bezeichnet.
Inhaltlich (siehe Kapitel 4) gelten für Hefte, abgesehen von ihrer Länge, dieselben Kriterien wie für einen Roman hinsichtlich Plotentwicklung, Spannungsbogen und Konfliktstruktur. Allerdings ist die Handlung deutlich einfacher gehalten, enthält oft Stereotypen, und die verwendete Sprache ist meistens ebenfalls relativ einfach. Originalität findet man in Heftromanen selten, weil sie alle nach dem vom jeweiligen Genre diktierten Grundmuster geschrieben sind (siehe Kapitel 4.1).
Ein Roman entwickelt die Handlung je nach Genre über Tage und Wochen hinweg (bei einer sogenannten „Saga“ auch über Jahre oder Generationen), thematisiert die Vorgeschichte (wenn auch nicht unbedingt zu Anfang des Romans), die psychologischen Zusammenhänge, arbeitet intensiv den Charakter der Hauptperson aus und taucht in die Tiefe der Handlung ein. In ihm wechseln die Schauplätze, manchmal auch die Handlungszeit (Monate, Jahre oder sogar Jahrzehnte vor der Haupthandlung). Er hat retardierende Momente, in denen die durchgehende Grundspannung zurückgeschraubt wird (siehe Kapitel 7) und verkraftet auch eine unwichtige Füllszene, obwohl man die grundsätzlich vermeiden sollte, nicht nur in Genres der Spannungsliteratur.
Diese Dinge werden nur teilweise und in dem Fall in stark verkürzter Form im Heft thematisiert. Füllszenen dürfen nicht vorkommen, Vorgeschichten werden nur angedeutet oder auf die Schilderung des zum Verständnis der Handlung absolut Nötigsten reduziert, und eine charakterliche Entwicklung der Hauptfiguren findet nicht statt. Deren Charakter ist zu Beginn der Handlung bereits festgelegt (für die Heldinnen/Helden ist er selbstverständlich positiv) und verändert sich durch die Handlung nicht.
Zwar lernen auch die Heftfiguren aus ihren Fehlern (sonst wären sie dumm und taugten deshalb nicht als positive Hauptfiguren), aber die „Entwicklung“, die sie dadurch erfahren, entwickelt nur die (positiven) Dinge, die bereits in ihnen stecken und sowieso zur „Grundausstattung“ ihres Charakters gehören. Dass ein zu Anfang der Handlung guter Mensch sich negativ entwickelt, was in Romanen (besonders Krimis und Thrillern) durchaus vorkommen kann, ist für Hefte tabu. Die Heldinnen und Helden sind und bleiben immer positiv, auch wenn sie zwischendurch folgenreiche Fehler begehen.
Psychologische Entwicklungen werden nicht ausgearbeitet, sofern sie sich nicht auf wenige Sätze reduzieren lassen. Und alles wird ohne Abschweifungen (= stringent) chronologisch geschildert.
Die Aufgabe des Heftromans ist, schnelles (= längenmäßig kurzes), unterhaltsames und hinsichtlich des Inhalts verlässliches Lesefutter für eine bestimmte, das betreffende Genre liebende Klientel zu liefern. „Verlässlich“ bedeutet: Sieg des Guten, Happy End, Erfüllung der genrebedingten „Markenzeichen“, z. B. Glamour und Luxus bei Adelsromanen oder Cowboys und Schießduelle beim Western. Ein Heft soll keinen Literaturpreis gewinnen, keinen tieferen Sinn („Botschaft“, „Lehre“ oder „Moral“) enthalten (darf das aber durchaus, wenn sie nicht zu plakativ ist) und auch nicht verfilmt werden.
Obwohl Letzteres durchaus schon vorgekommen ist. „Jerry Cotton“ (Krimi) hatte eine mit George Nader erfolgreich verfilmte achtteilige Spielfilmreihe, „John Sinclair“ (Grusel) brachte es auf einen Spielfilm und eine neunteilige Kurzfilmreihe. „Perry Rhodan“ (Science Fiction) schaffte vier Spielfilme, und auch „Rolf Torring“ (Krimi) wurde mit einem Spielfilm geehrt. Ein dauerhafter Erfolg als Filmserie über mehrere Staffeln war der Heftreihe „Dr. Stefan Frank“ (Arztromane) beschieden, die auf der gleichnamigen Heftserie basiert. Doch das sind Ausnahmen.
Manche Geschichten sind zu lang für eine Kurzgeschichte, aber zu kurz für einen Roman. Inhaltlich und auch, weil sie nicht in eine Heftserie passen, eignen sie sich aber auch nicht als Heftroman, weil sie für diesen ebenfalls zu lang sind und außerdem die für Hefte vorgeschriebene Einfachheit nicht erfüllen und/oder die erwünschten Klischees nicht bedienen (wollen).3 Sie zu kürzen und „auf Heft“ zu trimmen, bekommt ihnen ebenso wenig, wie sie mit Gewalt „aufzublähen“, damit sie Romanlänge erreichen. Beides geht zu Lasten des Textes, und das Ergebnis ist weder Fisch noch Fleisch, dem man den Kürzungs- oder Verlängerungsversuch deutlich anmerkt. Und zwar immer, egal wie sehr man versucht, das zu vermeiden.
Trotzdem muss man auf solche Geschichten nicht verzichten, denn es gibt das Medium des Kurzromans. Formale Kennzeichen sind:
Er hat mindestens 200.000 Anschläge (= ca. 120-130 Normseiten) und selten mehr als 300.000 (= 200 Normseiten). Hier ist bereits der Übergang zum Roman fließend. Zwar spricht man rein längenmäßig ab einem Umfang von 360.000 Anschlägen (= 240 Normseiten) von einem (Voll-) Roman, aber Verlage deklarieren alle bei ihnen veröffentlichten Buchformate in der Belletristik unabhängig von der Länge als „Romane“. Zu kurze Romane nehmen viele aber gar nicht erst an.
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Er erscheint als Taschenbuch oder (seltener) Hardcoverausgabe, häufig aber ausschließlich als E-Book.
Er erhält eine ISBN (Internationale Standard Buchnummer) oder bei E-Books eine EAN (European Article Number) beziehungsweise bei Veröffentlichungen ausschließlich oder ursprünglich über Amazon eine ASIN (Amazon Standard-Identifikationsnummer).
Er erscheint unregelmäßig in ungefähr halbjährlichem oder sogar jährlichem Abstand, wenn er zu einer Serie oder Reihe gehört, oder als Einzelband ohne Reihenzugehörigkeit und Fortsetzungen.
Er hat in der Regel immer nur einen einzige Autorin, einen einzigen Autor als Verfasserin/Verfasser.
Ein gutes Beispiel für Kurzromane sind die Liebesromane von Barbara Cartland, der „Queen of Romance“. Im englischen Original umfassen viele von ihnen nur zwischen 130 bis 160 Buchseiten. (Dass die deutschen Übersetzungen immer erheblich mehr Seiten haben, liegt zum einen an der unterschiedlichen Sprachstruktur. Im Englischen kann man viele Dinge mit einem einzigen Wort oder zweien ausdrücken, wofür man im Deutschen einen ganzen Satz braucht. Zum anderen sind die in deutschen Büchern verwendeten Schriftarten und Schriftgrößen „umfangreicher“ als die Originale, außerdem sind die Buchformate unterschiedlich.)
Inhaltlich ist ein Kurzroman identisch mit den Kriterien für einen Roman. Jeder Roman hat (normalerweise) mehrere Hauptpersonen, mindestens aber zwei: die Protagonistinnen/Protagonisten (positive Hauptfigur) und die Antagonistinnen/Antagonisten (negative Hauptperson). Außerdem hat er mehrere Handlungsstränge, die gleichzeitig ablaufen und miteinander verwoben sind, auch wenn das nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Beliebig viele Personen können auftreten und beliebig viele Schauplätze gewählt werden. Ein Roman umfasst oft einen längeren, in jedem Fall aber für die Hauptfigur(en) wichtigen Lebensabschnitt, der nicht zwangsläufig wie beim Heft chronologisch geschildert werden muss.
Das Hauptthema, das sich durch die meisten Romane zieht, ist ein einschneidendes Ereignis im Leben der Protagonistinnen/Protagonisten, das bewältigt werden muss. Diese Bewältigung wird detailliert beschrieben und kann durchaus humorvoll sein. Dabei lebt der Roman von einem oder mehreren Konflikten, sei es mit anderen Personen, dem eigenen Gewissen, den Lebensumständen, unvorhergesehenen Ereignissen oder auch der Natur. Meistens führt der Konflikt die Hauptperson an ihre physischen und psychischen Grenzen, manchmal bis hin zur Lebensgefahr. Am Ende gehen Heldin/Held entweder gestärkt beziehungsweise charakterlich gereift, in jedem Fall aber verändert aus der Situation hervor.
Alle diese Dinge finden sich auch im Kurzroman, nur eben kürzer und in unterschiedlicher Ausprägung.
Sein Vorteil gegenüber dem Heft ist, dass man, auch wenn der Kurzroman zu einer Serie gehört, sich mit dem Schreiben Zeit lassen kann und nicht gezwungen ist, ein vollständiges Manuskript innerhalb weniger Wochen zu schreiben. (Der Zeitdruck ist beim professionellen Heftschreiben eine nicht zu unterschätzende Belastung!) Man kann wie beim Roman in aller Ruhe die Geschichte entwickeln und mehrfach überarbeiten, wenn es nötig sein sollte. Auch hinsichtlich des Verdienstes haben Kurzromane den Vorteil, dass sie Tantiemen bringen, wohingegen die Hefte mit einem einmaligen Honorar abgegolten werden (siehe Kapitel 12). Jedoch gibt es hierbei insofern Ausnahmen bei manchen Verlagen, dass sie auch Hefte als (Taschenbuch-) Kurzromane oder E-Book-Kurzromane herausbringen und dafür Tantiemen zahlen. Die großen Heftverlage, bei denen das Geschäft mit dem Heft noch zum größten Teil über die gedruckten Hefte läuft, tun das nicht.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man durch den Kurzroman sehr umfangreiche Romane als fortlaufende Serie in für (fast) alle Lesenden bezahlbare Bücher aufteilen kann. Haben Sie einen „Mammut“-Roman entworfen, der selbst auf mehrere Bände verteilt immer noch „Schwarten“ von 500 oder mehr Seiten pro Buch ergäbe, könnte eine Aufteilung in 120- bis 150-seitige Kurzromane größeren Erfolg bringen. Viele Menschen können sich nicht (mehr) leisten, zwanzig Euro oder mehr für ein Buch zu bezahlen. Aber zehn Bücher zu neun Euro, die alle halbe Jahr erscheinen, sind erschwinglich, auch wenn sie unterm Strich mehr kosten als drei dicke Bände à zwanzig Euro.
Ein gutes Beispiel für eine solche Aufteilung ist Stephen Kings Roman „The Green Mile“, der zunächst als sechsteilige Kurzromanserie mit fortlaufender Handlung erschien, ehe er als Buch mit ca. 450 Seiten (im Original) zusammengefasst wurde.5
Kurzromane eignen sich auch gut als „Übung“ zum Übergang vom Roman zum Heft und umgekehrt.
Inhaltlich unterscheiden sich Hefte teilweise gravierend von Romanen, und zwar insofern, dass etliche Kriterien, die für anspruchsvolle Romane als No-Go gelten, im Heft „Pflicht“ sind. Allen voran sind das die Klischees, heile Welt (bei Liebesromanen), das Happy End, die Konzentration auf nur einen Hauptkonflikt, und die Helden/Heldinnen verändern sich nicht (gravierend). Bei Romanen durchleben die Hauptfiguren immer eine charakterliche Entwicklung (Ausnahme: reine Abenteuerromane, bei denen das jeweilige Abenteuer im Mittelpunkt steht), erleben auch mal Lebensbrüche, einschneidende Verluste und wachsen am Erlebten.
Aus dem Hauptkonflikt können (nicht müssen) Nebenkonflikte entstehen, und Nebenthemen, die mit dem Hauptthema nichts zu tun haben, können im Roman vorkommen. (Beispiel: Im Krimi ist das Thema die Aufklärung des Verbrechens. Hat aber die Hauptfigur im Privatleben Ärger mit der Schwester, ist das ein Nebenthema, das mit der Aufklärung des Falls nichts zu tun hat.) Und das Happy End im Roman wird zwar von Verlagen wie Lesenden gewünscht, ist aber keine Pflicht und besteht manchmal nur darin, dass die Heldinnen/Helden überleben, aber (fast) alles verloren haben, was ihnen lieb und teuer ist/war.
Im Heft – ganz gleich welchen Genres – ist „heile Welt“ Pflicht. Das Ende ist happy, die „Bösen“ (im weitesten Sinn) scheitern, bekommen ihre gerechte Strafe(n) oder werden geläutert und tun vielleicht sogar Buße, die Dämonen werden vernichtet. Im Western werden die Schurken beim Showdown vom Helden erschossen (seltener von Amts wegen gehenkt), und die Kavallerie taucht immer im letzten Moment auf, um die Hauptfigur(en) aus der Bredouille zu retten.
Grundsätzlich richtet sich der inhaltliche Aufbau natürlich nach dem Genre. Ein Western ist anders aufgebaut als ein Liebesroman, ein Gruselroman anders als ein Science-Fiction-Roman. Deshalb sollten Sie sich zunächst einen Überblick über die Genres verschaffen, denn auch innerhalb derer gibt es Unterschiede, die sogenannten Subgenres (siehe Kapitel 4.1). Von diesen Unterschieden abgesehen, folgt der Aufbau jedes Heftes inhaltlich einem bestimmten Muster, das Sie in Kapitel 4.2 kennenlernen. Wie Sie den Inhalt Ihres Heftes verkaufsträchtig im sogenannten Exposé (Inhaltsangabe) zusammenfassen, verrät Ihnen Kapitel 4.3.
Wenn Sie sich entschieden haben, Hefte zu schreiben, dann ist der Grund höchstwahrscheinlich, dass Sie selbst begeistert eine Heftserie oder -reihe oder mehrere lesen und aus dieser Begeisterung eigene Ideen dafür oder vielleicht sogar für eine eigene Serie/Reihe entwickelt haben. Diese Begeisterung für das Heftmetier ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Sie gute Hefte schreiben (mit entsprechender Übung, versteht sich, denn es ist noch kein Meister/keine Meisterin vom Himmel gefallen). Falls Sie nur auf das „schnelle Geld“ aus sind, das man mit dem Schreiben von Heften verdienen kann, in Wahrheit Hefte aber verachten oder belächeln, sollten Sie schreibend die Finger davon lassen, denn eine solche negative Grundhaltung dem Heft gegenüber merkt man den Texten immer an; wirklich immer, egal wie viel Mühe Sie sich geben, das zu überspielen.
Ihre Idee gehört zu einem bestimmten Subgenre beziehungsweise einem bestimmten, für das Genre typischen Thema. Wenn Sie für eine fortlaufende, zyklische Serie schreiben, die eine durchgehende, in jedem Heft fortgesetzte Handlung hat, so ist deren Thema von der Redaktion vorgegeben, und Sie haben kaum eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Schreiben Sie Einzelromane für eine Reihe, können Sie die Themen innerhalb des Genres variieren.
Nachfolgend finden Sie die Hauptgenres in alphabetischer Reihenfolge mit den sie beinhaltenden Themenkomplexen und Subgenres.
Abenteuer
Abenteuerhefte gehören meistens zu einer Serie, die sich um die abenteuernde Person dreht, welche der Serie normalerweise auch ihren Namen gibt. Die Themen der Abenteuer sind vielfältig und gehen oft mit einer Krimihandlung einher. Die Serien leben hauptsächlich vom exotischen Setting, in dem die Abenteuer stattfinden, z. B. im Archäologiemilieu oder (ethnologische) Forschungsmissionen in ferne Länder. Die Grundthemen ergeben sich daraus bereits. Für Kurzserien und Kurzromanserien (seltener für Einzelwerke) ist auch das Thema beliebt, dass die Hauptperson(en) durch widrige Umstände irgendwo fernab der Zivilisation stranden (sich im Dschungel verirren, Schiffbruch erleiden, verschleppt werden etc.) und sich ihren Weg nach Hause abenteuerlich erkämpfen müssen.
Der Abenteurer ist immer noch überwiegend männlich, obwohl abenteuernde Frauen vorkommen, die von den meisten Heftverlagen aber als „unklassisch“ abgelehnt oder nur selten veröffentlicht werden. Hier findet aber langsam ein Umdenken statt, u. a. durch Filmserien wie „Relic Hunter“ oder „Lara Croft“, die Paradebeispiele fürs Abenteuergenre sind.
Das Abenteuergenre gehört zu den Spannungsgenres, weshalb die Spannung dominiert. Die Helden/Heldinnen geraten durch das Abenteuer mehrfach in Gefahr, die sie siegreich meistern, erleben aber oft auch zwischendurch ein erotisches Abenteuer. Bei dessen Schilderung wird die „Schlafzimmertür“ aber immer vor der Nase der Lesenden geschlossen und auf explizit beschriebene Sexszenen verzichtet.
Erotik
In Erotikheften steht nicht nur die namensgebende Erotik im Mittelpunkt, die Handlung spielt fast immer im Callgirl- oder Prostituiertenmilieu und dreht sich um die „Rettung“ einer Prostituierten, eines Callgirls aus dem Milieu durch die Liebe zu einem Mann, den sie meistens ursprünglich als Kunden kennengelernt hat. Die geschilderten Sexszenen sind aber immer jugendfrei und werden manchmal auch nur angedeutet. Über leidenschaftliche Küsse und höchstens das Ablegen der Kleidung hinaus werden sie nicht explizit geschildert. Für den Rest gilt die „geschlossene Schlafzimmertür“.
Genau genommen sind Erotikhefte Liebesromane, die lediglich intensiver die sexuelle Komponente der Liebe in den Vordergrund stellen, welche meistens durch den Sex erst entsteht. Im Liebesroman ist es umgekehrt (siehe unten).
Fantasy
Fantasyhefte gehören in der Regel zu einer Reihe von Einzelheften ohne fortlaufende Handlung oder „Stammpersonal“ (das sind immer dieselben Hauptfiguren als Heldinnen/Helden, die verschiedene Abenteuer erleben). Das gibt den Autorinnen/Autoren größtmögliche Freiheit hinsichtlich des Inhalts. Die gebräuchlichsten Subgenres sind High Fantasy, Heroic Fantasy (Sword & Sorcery) und Mittelalter-/Medieval Fantasy. Thematisiert wird der Kampf der/des Guten (Heldinnen/Helden) gegen das/die Böse/n, welcher je nach Subgenre mit mehr oder weniger Magie durchgeführt wird. Begleitende Liebesgeschichten können vorkommen („Romantasy“), dürfen aber nicht die Haupthandlung ausmachen.
Eine Variante ist eine Heftreihe, die in immer derselben „Welt“ spielt, aber in jeder Folge ein anderes Abenteuer zu bestehen ist. Viele Fantasyhefte sind genaugenommen Abenteuerhefte, die lediglich in eine Fantasywelt verfrachtet wurden. Entsprechend vielfältig sind die möglichen Themen, die Sie in diesem Genre verarbeiten können.
High Fantasy
Die Story ist in einer eigenen, sorgfältig entworfenen Welt angesiedelt, die über eigene (menschliche und nichtmenschliche) Volksgruppen verfügt sowie ein meistens an den Feudalismus angelehntes Regierungssystem. Diese „eigene Welt“ ist kennzeichnend für High Fantasy, muss aber für Hefte keinen eigenen Namen haben (wie Mittelerde oder Westeros). Die Religion ist normalerweise polytheistisch (Vielgötter-Glaube). Magie ist real, aber einer bestimmten Gruppe vorbehalten (Zauberleute, Hexen, Priesterinnen und Priester etc.).
Heroic Fantasy/Sword & Sorcery
Hier liegt der Hauptaspekt auf dem Kampf eines (magisch unbegabten) Helden oder einer Heldin gegen übernatürliche Dinge wie Magie und Monster oder Dämonen. Angesiedelt ist sie in einer fiktiven Welt mit mittelalterlichen oder anderen feudalen Strukturen (Ritter, Knappen und dergleichen Personen sind aber der Mittelalter-Fantasy vorbehalten). Der Handlungsbogen ist stark an die alten Abenteuerromane angelehnt. Hierbei können sowohl Reihen mit wechselnden Hauptpersonen bedient werden oder eine Reihe, in der dieselbe Hauptfigur immer neue Abenteuer erlebt. Eine bekannte Fantasy-Heftserie war „Mythor“, die 1980-1985 erschien.
Mittelalter-/Medieval Fantasy
Dieses Subgenre ist genau genommen eine Variante des historischen Romans und spielt in der Zeit zwischen dem 6. und dem 15. Jahrhundert (das Mittelalter) in unserer Welt und in der Gesellschaft von damals. Jedoch wird diese Einordnung für Hefte nicht so genau genommen. Erst recht erheben die Hefte dieses Genres keinen Anspruch auf historische Genauigkeit, worauf man bei Romanen und Kurzromanen grundsätzlich achten sollte, wenn man sich positiv vom Gros der weniger gut recherchierten Romane abheben will.6