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Die "Spionin wider Willen" ist wieder im Einsatz! Aus einer Datenbank werden hochsensible Steuerdaten von Bankern und Politikern gestohlen. Rasch führen erste Spuren zu einem bekannten Rheinbacher Steuerberater. Doch dieser ist offiziell über jeden Verdacht erhaben. Das "Institut" steht vor einem Problem, denn die Ermittlungen geraten ins Stocken. Dann stellt sich heraus, dass ausgerechnet Janna Berg, Zivilistin und Pflegemutter zweier Kinder, Verbindungen zu der Zielperson hat. Obwohl es ihm alles andere als recht ist, muss Agent Markus Neumann sie überreden, dem Geheimdienst noch einmal zu helfen. Janna stimmt zu, aber damit fangen die Probleme erst an … Fall 2 für Markus Neumann und Janna Berg
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Mila Roth
Von Flöhen und Mäusen
Fall 2 für
Markus Neumann und Janna Berg
Impressum
Von Flöhen und Mäusen
Fall 2 für Markus Neumann und Janna Berg
eBook-Edition, 8. Auflage August 2022
Copyright © 2012 by Mila Roth (Pseudonym)
Herausgeberin: Petra Schier, Lerchenweg 6, 53506 Heckenbach
www.mila-roth.de
Cover-Design unter Verwundung von Adobe Stock
© illustrart / © paunovic / © Manuel Findeis / © adidesigner23
Lektorat: Barbara Lauer
ISBN 978-3-96711-025-8
Alle Rechte vorbehalten.
Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin möglich.
Die Personen und Handlungen im vorliegenden Werk sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Erwähnungen von historischen bzw. realen Ereignissen, realen Personen oder Orten sind rein fiktional.
1
Bonn, Rheinaue
Parkbank am Auensee
Sonntag, 28. August, 21:00 Uhr
»Hat er angebissen?« Mit dieser harsch vorgebrachten Frage ließ sich ein rothaariger Hüne neben einem etwas kleineren schwarzhaarigen Mann auf die Parkbank fallen.
Der Schwarzhaarige strich sich bedächtig über den Dreitagebart. »Hat er. War nicht sonderlich schwierig. Er scheint sich mit seiner Spielleidenschaft ziemlich übernommen zu haben. Dazu noch eine gierige Ex-Ehefrau nebst zwei verwöhnten Töchtern. Die Hunderttausend dürften ihm nur so durch die Finger rieseln.«
»Das ist sein Problem, nicht unseres. Wichtig ist, dass er das Geld angenommen hat.«
»Mit beiden Händen zugegriffen hat er.«
»Gut. Damit ist Ihre Aufgabe erledigt. Hier.« Der Hüne zog einen Umschlag unter seiner schwarzen Lederjacke hervor und warf ihn dem Schwarzhaarigen in den Schoß. »Ihre Vermittlungsgebühr.«
Nachdem der Schwarzhaarige einen Blick in den Umschlag geworfen hatte, blickte er sein Gegenüber mit einem spöttischen Lächeln an. »Bisschen dürftig.«
»Sie können sich ja immerhin noch die Zinsen für die Hunderttausend in die Tasche stecken«, konterte der Hüne achselzuckend. »Mehr ist von unserer Seite nicht drin.« Er stand wieder auf, wandte sich jedoch noch einmal um. »Unseren Deal hat es nie gegeben, das ist Ihnen hoffentlich klar.«
»Glasklar.«
»Mein Boss hasst Geschwätzigkeit.«
Der Schwarzhaarige nickte gleichmütig. »Schon klar.«
»Dann halten Sie sich auch daran. Andernfalls …« Wie zufällig lüftete der Hüne seine Lederjacke und ließ seinen Gesprächspartner einen kurzen Blick auf die Pistole werfen, die er in einem Holster trug. Er lächelte kalt. »Haben wir uns verstanden?«
Der Schwarzhaarige erhob sich nun ebenfalls, schob den Umschlag mit dem Geld in seine Gesäßtasche und verschränkte die Arme vor der Brust. »Habe ich Ihren Boss bisher jemals enttäuscht?«
Sein Gegenüber ging in Habachtstellung. »Ich sorge nur dafür, dass es auch so bleibt«, schnappte er.
»Indem Sie mir drohen? Mit dieser Spielzeugpistole?«
Die Hand des Hünen fuhr an die Waffe und zog sie in Sekundenschnelle.
Der Schwarzhaarige gab sich unbeeindruckt. »Machen Sie sich nicht unglücklich. Ich habe vorhin nicht weit von hier Polizei patrouillieren gesehen. Ein Schuss ohne Schalldämpfer dürfte sie in kürzester Zeit hierher führen.«
Zögernd steckte der Hüne die Waffe zurück ins Holster. »Halten Sie einfach die Klappe und verärgern Sie meinen Boss nicht.«
»Hatte ich ja gar nicht vor.« Der Schwarzhaarige wandte sich zum Gehen, hielt aber noch einmal kurz inne. »Müssen ja verdammt wichtig sein, die Flöhe.«
»Flöhe?« Irritiert starrte der Hüne ihn an.
»Flöhe, Mäuse, Pinkepinke.« Vielsagend rieb der Schwarzhaarige Daumen und Zeigefinger aneinander. »Geht mich ja nichts an, aber ich hoffe, der Köder lockt den armen Kerl auch wirklich in die Falle.« Erneut spöttisch grinsend ging er davon.
2
Außenbezirk von Rheinbach
Gut Tomberg
Dienstag, 30. August, 9:15 Uhr
»Ich hoffe, der Köder lockt die Maus in die Falle«, sagte Janna, während sie die mit Speck präparierte Mausefalle sehr vorsichtig an einer Ecke neben dem Vorratsschrank in ihrer großen Wohnküche aufstellte. Sie drehte sich zu den beiden achtjährigen Zwillingen um, die ihr aufmerksam zuschauten. »Dass ihr mir nur ja nicht darangeht! Diese Mausefallen sind gefährlich. Ich möchte nicht, dass sich einer von euch die Finger klemmt.«
»Wir passen schon auf«, antwortete Till grinsend, streckte aber trotzdem den Kopf weit vor, um über Jannas Schulter spähen zu können. »Damit wird die Maus bestimmt total zermatscht.«
»Iiih!«, rief Susanna und schüttelte sich angewidert.
Janna lachte. »Zermatscht nicht, aber überleben wird sie es wohl nicht. Lässt sich aber leider nicht ändern. Ich will nicht, dass sich demnächst ganze Mäusescharen hier einnisten. Wir haben sowieso dieses Jahr eine richtige Plage.« Sie erhob sich und strich ihren beiden Pflegekindern gleichzeitig über die Köpfe. »Los jetzt, Sander wartet bestimmt schon auf uns.«
»Ich freue mich schon so auf nächsten Montag!«, rief Susanna und rannte voraus zur Haustür. »Sander hat gesagt, dass das Geo… Geo… Dingsbums total viel Spaß macht.«
»Geocaching«, half Janna. »Ja, zumindest hört es sich lustig an. Wie eine Schnitzeljagd, aber GPS-gesteuert.«
»Und zelten dürfen wir da auch«, jubelte Till. »Ich liebe Zelten! Das werden bestimmt zwei total coole letzte Ferientage.« Er legte den Kopf schräg. »Warum kannst du nicht mitkommen, Janna? Das wäre sooo toll!«
»Ich weiß, mein Schatz.« Rasch griff Janna nach ihrer Handtasche und den Schlüsseln und verließ hinter den Kindern das Haus. »Leider muss ich arbeiten. Die Firma Großbaum hat mir eine Menge Briefe und anderen Schreibkram zur Erledigung angekündigt, und die Monatsabrechnungen muss ich auch noch machen. Ich bin aber sicher, dass ihr mit Sander und eurer Pfadfindergruppe trotzdem viel Spaß haben werdet.«
»Aber du bist sonst immer als Betreuerin mit dabei«, sagte Susanna. »Wir waren noch nie ohne dich oder Tante Linda und Onkel Bernhard weg.«
Janna lächelte. »Einmal ist immer das erste Mal«, tröstete sie. »Ihr könnt mich ja mit dem Handy anrufen. Obwohl ich sicher bin, dass ihr gar nicht mehr an mich denkt, sobald ihr erst mal unterwegs seid.«
»Wir vergessen dich doch nicht!«, protestierte Susanna, während sie auf den Rücksitz von Jannas dunkelblauem 5er Golf kletterte und sich anschnallte.
Till tat es ihr gleich. »Ohne dich wird es nur halb so lustig.«
»Ach was.« Janna setzte sich hinters Steuer und schnallte sich ebenfalls an. »Jetzt lasst uns erst mal zu Sander fahren und dann zusammen neue Wanderschuhe für euch kaufen. Übrigens weiß ich zufällig, dass Sander noch eine besondere Überraschung für euch hat.«
»Was für eine Überraschung?«, wollten die beiden sofort einstimmig wissen.
Janna ließ den Motor an und lenkte den Wagen durch das große Tor des ehemaligen Gutshofes auf die Straße. »Wenn ich euch das verrate, ist es ja keine Überraschung mehr«, antwortete sie lachend.
***
Bonn, Kaiserstraße
Institut für Europäische Meinungsforschung
Dienstag, 30. August, 9:30 Uhr
Nachdenklich studierte Walter Bernstein, der Leiter der Abteilung für nationale und internationale Feldeinsätze in den Bereichen Terrorabwehr und organisiertes Verbrechen, die Computerausdrucke, die seine Frau und Chefsekretärin Gerlinde ihm soeben ausgehändigt hatte. Dabei fuhr er sich mehrmals durch sein kurzes braunes, an den Schläfen allmählich ergrauendes Haar. »Das gefällt mir nicht«, murmelte er und blickte zu seiner Frau auf, die ihn abwartend ansah. »Wenn bekannt wird, dass Steuerdaten gestohlen wurden, werden sich die Medien wie die Geier darauf stürzen. Ich sehe schon die Schlagzeilen!« Er gestikulierte mit einer Hand, um seine Aussage zu unterstreichen. »Sind unsere Steuerdaten noch sicher? Geheimdienste in Erklärungsnot. Wenn wir die Hintermänner nicht allmählich dingfest machen, gibt es eine Katastrophe.«
Gerlinde nickte ebenso besorgt. »Wenn unsere Informationsquellen recht haben, steckt zumindest dieser Steuerberater aus Rheinbach mit in der Sache. Ihn müssten wir uns vornehmen.«
Walter winkte ab. »Wenn das mal so einfach wäre. An seine Firma kommen wir so leicht nicht heran. Bankmanager, Lokal- und Landespolitiker und wer nicht sonst noch alles gehören zu seiner Klientel. Wenn die erfahren, dass wir gegen Leitner ermitteln, können wir uns auf was gefasst machen. Beim Geld hört die Kooperationsbereitschaft bekanntlich auf – und Leitner sorgt wohl dafür, dass seine Kunden viel, viel Geld sparen …« Bedeutungsvoll hielt er inne und richtete seinen Blick wieder auf die Papiere auf seinem Schreibtisch. »Ich schätze, wir müssen es anders angehen.«
»Ist er nicht für seine häufig wechselnden Affären bekannt?«, warf Gerlinde ein. »Vielleicht ist ja darüber an ihn heranzukommen.«
»Habe ich auch schon überlegt«, stimmte Walter zu. »Wahrscheinlich wäre das ein guter Job für Melanie. Oder noch besser: Alexa.« Er hob den Kopf wieder. »Sie würde sogar eine Auster zum Singen bringen. Allerdings fürchte ich, dass er den Braten riecht, wenn sie zu forsch an die Sache rangeht.«
»Das Risiko müssen wir wohl eingehen«, befand Gerlinde und drehte sich zur Tür, als es leise klopfte und eine junge Assistentin den Kopf hereinstreckte. »Entschuldigung, aber das hier soll ich Ihnen geben, Herr Bernstein.« Sie reichte ihm einen weiteren Hefter mit Ausdrucken und verschwand sofort wieder.
Walter blätterte flüchtig durch die Akten. »Noch ein Dossier über Leitner. Der Mann ist ja ganz schön aktiv in …« Er stockte, als ihm ein Name ins Auge sprang. »Das gibt’s doch nicht. Sieh dir das an!« Er reichte seiner Frau den Hefter. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Ich glaube, ich habe gerade die Lösung für unser Problem gefunden.«
Gerlinde überflog die Seite, die er ihr aufgeschlagen hatte, dann runzelte sie die Stirn, als sie erkannte, was er meinte. »Hältst du das für eine gute Idee?«, fragte sie skeptisch.
Walter hob die Schultern, lächelte jedoch noch immer leicht. »Es ist jedenfalls besser als alles, womit wir bisher aufwarten konnten. Sei doch bitte so gut und schau, ob du Markus auftreiben kannst. Ich will ihn umgehend sprechen.«
3
Außenbezirk von Rheinbach
Gut Tomberg
Dienstag, 30. August, 14:30 Uhr
Der nachtschwarze Z3 Roadster stand mit offenem Verdeck auf dem Waldweg, der neben dem alten Gutshof von der Landstraße abzweigte. Markus Neumann trommelte ungeduldig mit den Fingern der linken Hand auf dem Lenkrad und haderte gleichzeitig mit dem Auftrag, den Walter ihm gegeben hatte. Es war ihm alles andere als recht, Janna Berg noch einmal in eine Angelegenheit des Instituts hineinzuziehen. Nachdem er ihr vor etwas mehr als einem Monat auf dem Köln-Bonner Flughafen einen Kurierdienst aufgedrängt hatte und sie beide dadurch in ziemliche Gefahr geraten waren, hatte er gehofft, sie nicht mehr weiter behelligen zu müssen. Sicher, Walter hatte sie in die Kartei für zivile Hilfspersonen des Instituts aufgenommen, doch Markus war sicher, dass weder Walter noch sonst jemand damit gerechnet hatte, Janna tatsächlich noch einmal für den Geheimdienst einspannen zu müssen. Nun saß er hier und musste sich überlegen, wie er sie am besten dazu bewegen konnte, ihnen zu helfen. Gefallen würde es ihr nicht, da war er sich sicher. Wo steckte sie überhaupt? Er wartete schon fast zwei Stunden auf sie. In Urlaub gefahren war sie nicht, so viel hatte Walter bereits herausgefunden. Aber vielleicht machte sie mit den Kindern einen Ausflug. Die Sommerferien waren ja noch nicht vorbei. Genervt warf er einen Blick auf die Uhr und seufzte. Die Ruhe ging ihm auf den Geist. Er war an ständigen Straßenlärm gewöhnt. Hier, etwa zwei Kilometer von der kleinen Stadt Rheinbach entfernt und umringt von Wald und Feldern, herrschte sommerliche Stille mit im leichten Wind raschelnden Zweigen und Vogelgezwitscher. Nur ab und zu durchschnitt ein Motorengeräusch die sommerliche Idylle, wenn ein Auto, Motorrad oder Traktor auf der Landstraße am Gutshof vorbeifuhr.
Im Grunde hatte Markus nichts gegen Natur einzuwenden. Er fand, dass Janna hier sehr hübsch und angenehm lebte. Doch in seinem derzeitigen Gemütszustand machte ihn die beschauliche Szenerie nervös. Hoffentlich musste er nicht bis zum Abend auf sie warten! Er hatte weiß Gott noch anderes zu tun, als hier auf dem Waldweg die Zeit totzuschlagen.
Als in diesem Moment ein Motorengeräusch laut wurde und ein Wagen offenbar auf den Hof einbog, atmete er auf. Rasch stieg er aus und reckte seine hochgewachsene Gestalt von 1,92 m. Dann ging er langsam auf die fast mannshohe Hecke zu, die den hinteren Teil des Gutshofes umgab und nur auf der Straßenseite von der ursprünglichen und vermutlich schon Jahrhunderte alten Bruchsteinmauer mit Tor abgelöst wurde. Das alte Gutshaus wurde von Jannas Eltern bewohnt, sie selbst lebte mit ihren beiden Pflegekindern in einem kleinen ausgebauten Nebengebäude. Markus‘ Einschätzung nach war es wohl einmal das Gesindehaus gewesen: ein hübscher zweistöckiger Bau mit roten Dachziegeln und strahlend weißer Fassade, der man ansah, dass sich darunter eine moderne Wärmedämmung befand. Ringsum blühten rote und weiße Geranien und andere Blumen in Töpfen und Steinkübeln.
Er hörte die Stimmen der Kinder, die offenbar durch die Vordertür ins Haus stürmten. Vorsichtig linste er durch eine Lücke in der Hecke zur Hintertür. Von dort aus führte ein kleiner Flur direkt in die helle Wohnküche. Irgendwie musste er auf sich aufmerksam machen.
Entschlossen zwängte er sich durch die Hecke. Diesen Weg hatte er schon einmal gewählt. Es war der einzige unauffällige Zugang auf dieser Seite des Grundstücks; das Haupttor konnte er schließlich nicht einfach benutzen. Verdrießlich klopfte er sich Blättchen, Staub und eine kleine Spinne vom Revers seiner kamelfarbenen Anzugjacke. Noch immer war ihm nicht eingefallen, wie er Janna überreden sollte, ihm – vielmehr dem Institut – zu helfen.
Durch die gekippten Fenster im Erdgeschoss vernahm er jetzt deutlich die aufgeregten Stimmen der Kinder und dann Janna, die lachend auf das Geplapper der beiden antwortete.
»Die Schuhe sind sooo cool«, rief das Mädchen. »Ich hab noch nie so coole Wanderschuhe gehabt.«
»Ich auch nicht«, rief der Junge übermütig. »Und die T-Shirts sind auch toll. Aber am besten sind die Gips-Mäuse, Janna. Sie sind so was von super!«
»GPS-Mäuse heißt das«, lachte Janna.
»Weiß ich doch«, antwortete der Junge ebenfalls lachend. »Aber Gips-Mäuse klingt viel besser. Dürfen wir sie Tante Linda zeigen?«
»Und die Schuhe auch?«, warf das Mädchen eifrig ein.
»Natürlich dürft ihr das. Geht nur rüber, bestimmt kriegt ihr auch ein Stück Kuchen und Kakao.«
»Au ja!«
»Aber seid vorsichtig mit den Peilsendern! Nicht, dass ihr sie gleich kaputt macht.«
»Nee, wir passen schon auf.«
Markus vernahm das Getrappel von Füßen und nur Augenblicke später das laute Klappen der Haustür. Entschlossen straffte er die Schultern, strich seine Anzugjacke glatt und trat an die Hintertür. Leise, aber bestimmt klopfte er.
Zunächst tat sich gar nichts, dann bemerkte er, wie sich die Gardine am Fenster rechts neben der Tür bewegte. Augenblicke später öffnete sich die Tür und er blickte geradewegs in ein Paar verblüffte graublaue Augen.
»Guten Tag, Herr Neumann«, begrüßte Janna ihn freundlich, aber mit einem deutlich erkennbaren fragenden Unterton. »Das ist aber eine Überraschung.« Sie blickte kurz über ihre Schulter ins Innere des Hauses. »Möchten Sie hereinkommen?« Ehe er verneinen konnte, setzte sie hinzu: »Die Kinder sind für eine Weile drüben bei meinen Eltern. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen, dass jemand Sie sehen könnte.«
Noch immer zögerte er, nickte dann aber. Wortlos drehte sie sich um und ging ihm voraus in die Wohnküche. Er folgte ihr und hatte dabei Gelegenheit, ihre Erscheinung, wenn auch nur von hinten, eingehend zu betrachten. Sie trug ein eng anliegendes, hellgelbes T-Shirt zu einem knielangen Jeansrock und farblich passenden Riemchensandalen. Ihre Arme und Beine waren leicht gebräunt, was dafür sprach, dass sie sich gern und viel an der frischen Luft aufhielt. Dennoch wirkte ihre Haut sehr hell, und sie hatte den für Rothaarige oft typischen porzellanartigen Teint. Ihre weichen, kupferroten Locken waren zu einem einfachen Knoten aufgesteckt; einige Strähnen ringelten sich um ihre Schläfen und im Nacken.
Markus musste zugeben, dass sie die erste Frau in seiner Bekanntschaft war, der dieser natürliche Look gut stand. Ihre schlanke, hochgewachsene Gestalt – sie war seiner Schätzung nach etwa 1,76 m groß – und ihre langen Beine kamen ausgezeichnet zur Geltung.
Als sie sich umdrehte und ihn irritiert ansah, begriff er, dass er sie angestarrt hatte, und riss sich zusammen.
Sie lächelte wieder. »Setzen Sie sich doch. Möchten Sie einen Kaffee?«
»Machen Sie sich keine Umstände!« Abwehrend hob er beide Hände, doch sie stand bereits neben der Kaffeemaschine.
»Ich habe gerade welchen aufgesetzt«, erklärte sie. Aus dem Hängeschrank über der Anrichte nahm sie zwei Tassen und goss in beide von dem dampfenden Gebräu. »Milch oder Zucker?«
»Milch«, antwortete er automatisch.
Sie trug die Tassen zu dem großen, rechteckigen Küchentisch und setzte sich.
Er nahm ihr schräg gegenüber Platz. »Weshalb ich hier bin …«, begann er und überlegte wieder fieberhaft, wie er sein Anliegen am besten vorbringen sollte.
»Haben Sie diesen Burayd und die Hintermänner der Söhne der Sonne inzwischen gefasst?«, unterbrach sie ihn.
Überrascht hob er den Kopf. »Äh .. nein, leider noch nicht. Das Institut hat eine Sonderkommission gebildet, die sich jetzt damit befasst.«
»Oh.« Ihre Miene wurde besorgt. »Sind Sie deshalb hier? Besteht noch immer eine Gefahr für mich und meine Familie?«
Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Er schüttelte den Kopf. »Nein, machen Sie sich keine Sorgen. Ich glaube nicht, dass die Terroristen sich weiter für Sie interessieren werden.«
»Sie glauben?« Ihrem Tonfall war eine leichte Schärfe anzuhören.
»Das ist nicht der Grund, weshalb ich hergekommen bin.« Er hielt inne, und als sie ihn nur erwartungsvoll ansah, seufzte er innerlich und fuhr fort. »Walter … Herr Bernstein schickt mich, weil wir … weil das Institut Ihre Hilfe benötigt.«
Auf ihrem Gesicht zeichnete sich Überraschung ab, gepaart mit einem Funken Neugier. »Meine Hilfe? Ich dachte, es wäre vollkommen unwahrscheinlich, dass Sie noch einmal Kontakt mit mir aufnehmen, auch wenn ich in dieser Kartei stehe.«
Er verzog unbehaglich die Lippen, als er sich daran erinnerte, dass er genau das vor einem Monat zu ihr gesagt hatte. »Eher unwahrscheinlich, habe ich gesagt. Aber nicht gänzlich unmöglich. Walter wäre auch gar nicht auf Sie verfallen, wenn wir eine andere Wahl gehabt hätten.«
»Oh, vielen Dank«, sagte sie spitz.
»Verstehen Sie mich nicht falsch …«
»Bestimmt nicht.«
»Es ist leider so, dass wir in einem Fall von Steuerdaten-Diebstahl ermitteln und Sie die einzige Person sind, die unauffällig Kontakt zu unserer Zielperson aufnehmen kann.«
»Ach.« Sie runzelte die Stirn. »Wie das?«
»Sie betreiben doch diesen Büroservice.«
»Ja und?«
»Einer Ihrer Kunden ist der Steuerberater Marius Leitner.«
»Was?« Sie schluckte und starrte ihn so entsetzt an, als habe er ihr ein unmoralisches Angebot gemacht. »Wollen Sie mir etwa erzählen, dass der Geheimdienst gegen Herrn Leitner ermittelt? Das ist ja lächerlich!«
»Nicht im Geringsten, Frau Berg«, widersprach Markus. »Zu seiner Klientel gehören hochkarätige Manager, Politiker und Banker. Er hat Zugang zu all deren sensiblen Steuerdaten und unsere Experten haben eine IP-Adresse abgefangen, die sich zu seiner Kanzlei zurückverfolgen lässt. Leider ist es nicht ganz einfach, ihn festzunageln, denn die IP beweist nur den Zugang, nicht aber das Stehlen der Daten. Wir müssen sehr vorsichtig und vollkommen verdeckt ermitteln, da weder die Öffentlichkeit etwas von unserem Verdacht wissen darf noch die Hintermänner, denen wir schon länger auf der Spur sind.«
»Was für Hintermänner?« Jannas Stimme klang leicht gepresst. Sie schien noch immer kein Wort von dem zu glauben, was er ihr erzählt hatte.
»Wenn wir das wüssten, wären wir schon einen guten Schritt weiter und müssten Sie gar nicht behelligen, Frau Berg«, erklärte er. »Wer auch immer es ist, arbeitet sehr geschickt und mit den neuesten technischen Möglichkeiten, um seine Spuren zu verwischen.«