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Warum wurden die sogenannten - Großen - der Weltgeschichte zu Verfolgern, wenn sie die Macht dazu hatten und warum wurden sie oft zu Verfolgten, wenn sie sich als Freigeister oder als Kulturschaffende gegen geistige Beschränkung wehrten und neue Wege suchten? Wie kommen Menschen überhaupt dazu, andere zu verfolgen? Dieses zentrale, ewig wiederkehrende Problem der Weltgeschichte möchte ich in diesem Buch beleuchten und damit die Aufklärung einen weiteren Schritt vorantreiben.
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Seitenzahl: 582
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Ein kritisches Geschichtsbuch und
ein Beitrag zur Aufklärung:
Warum die „Großen“ der Weltgeschichte
zu Verfolgern oder Verfolgten wurden.
Eine weitere Wahrheit über den Menschen.
allen nach Wissen, Erkenntnis und Verständnis Strebenden, die sich eine bessere Welt
wünschen und die glauben, dass wir sie schaffen können, indem wir aus den Fehlern
der Vergangenheit lernen;
allen, die die freiheitlich-demokratische Ordnung für die beste der Welt halten, die sie
verteidigen und rechtfertigen wollen.
Die Menschen wünschen sich Freiheit und werden doch immer wieder
zu Verfolgern und Verfolgten.
Warum wurden die sogenannten „Großen“ der Weltgeschichte zu Verfolgern, wenn sie die Macht dazu hatten und warum wurden sie oft zu Verfolgten, wenn sie sich als Freigeister oder als Kulturschaffende gegen geistige Beschränkung wehrten und neue Wege suchten? Wie kommen Menschen überhaupt dazu, andere zu verfolgen? Dieses zentrale, ewig wiederkehrende Problem der Weltgeschichte, möchte ich in diesem Buch beleuchten und damit die Aufklärung einen weiteren Schritt vorantreiben.
2017 / 4.
überarbeitete Auflage
Vorwort
Wie verwende ich das Wort „groß“.
Das Problem
Göttliche Verfolgung
Jehova - Jahwe - Allah
Die Entstehung der hebräischen Bibel
Auserwähltheitswahn
Allah
Echnaton / Amenophis IV.
Die babylonischen Gottkönige
Alexander
Cäsar
Die römischen Cäsaren
Das Christentum
Jesus
Paulus
Die Verfolgung der Christen
Die Zersplitterung der Christen
Konstantin
Konstantius II.
Theodosius I.
Theodosius II.
Die Kirchenväter: gegen Juden und Heiden
Der Hass auf die Juden
Die Vernichtung des Heidentums
Augustinus
Chlodwig
Der Islam
Mohammed
Der Islam und die Menschenrechte heute
Die Ausbreitung des Islams
Das Abendland
Karl I. der Große
Die Verirrungen der Päpste
Größenwahn und Verfolgungswut
Der Index
Die Kreuzzüge
Die Heidenmission
Der Kampf gegen die Ketzer
Die Inquisition
Jan Hus,
Der Hexenwahn
Luther
Zwingli
Calvin
Cromwell
Die Puritaner
Die Quäker
Die Bartholomäusnacht
Giordano Bruno
Galilei und Darwin
Iwan (der Schreckliche)
Machiavelli
Ludwig XIV.
Voltaire
Karl Eugen von Württemberg
Was spricht gegen eine Monarchie?
Schiller
Von Künstlern und ihren Problemen
Lenz
Hölderlin
Kleist
Büchner
Cézanne
Van Gogh
Rousseau
Beckmann
Die Aufklärung
Rückfall in die Tyrannei
Die Französische Revolution
Napoleon I.
Restauration und Revolution
Nietzsche
Bismarck
Das schrecklichste aller Jahrhunderte
Hegel
Wilhelm II.
Faschismus
Kolonialreiche
Hitler
Der Kommunismus
Marx
Lenin
Stalin
Mao
DDR
„Church“ of Scientology
Aktuelle Bedrohungen:
Lehren aus der Weltgeschichte
Der Umgang mit den Starken
Was ist eine gute Weltanschauung?
Mein Glaubensbekenntnis
Die Entstehung der Menschenrechte:
Die wichtigsten Quellen:
Warum wurden die sogenannten „Großen“ der Weltgeschichte zu Verfolgern, wenn sie die Macht hatten und warum wurden sie oft zu Verfolgten, wenn sie als Kulturschaffende, als Schriftsteller, Maler, Komponisten oder Religionsstifter neue Wege suchten? Warum haben die sogenannten „Großen“ der Weltgeschichte so viel Unheil angerichtet? Wo liegt das Problem? Wie lässt es sich lösen? Diese Fragen möchte ich in diesem Buch beantworten.
Wie ein Arzt eine Diagnose stellt, bevor er daran gehen kann, eine Krankheit zu heilen, so untersuche ich hier ein von Menschen immer wieder verursachtes Elend. Nur wer die Ursachen eines Übels erforscht, kann es vielleicht verstehen und sich der Lösung des Problems nähern.
Das Problem liegt meiner Ansicht nach ganz tief in der Natur des Menschen begründet, in der Struktur des menschlichen Gehirns. Es tritt vor allem bei denen zutage, die das *Schicksal hatten, mit großer Kraft (Stärke, Willenskraft, Lebenskraft) geboren zu sein. Ihnen wäre damit auch, mehr oder weniger zwangsläufig, ein Lebensweg vorgeschrieben: Bei sich zu bleiben und ihre Stärke in Persönlichkeit umzusetzen!
* Als „Schicksal“ bezeichne ich das Zusammenspiel der Naturkräfte, dem jeder ausgeliefert ist.
> Wenn sie ihre Stärke nicht in Persönlichkeit umsetzen und nicht größer werden, bedeutet dies lebenslänglichen Streit mit ihren Mitmenschen oder Einsamkeit, vielleicht auch Verfolgung.
Wenn sie große Macht gewinnen, - das erscheint starken Männern / Frauen scheinbar sehr erstrebenswert, - ehe sie es geschafft haben, eine große Persönlichkeit zu entwickeln, führt das meist zu einem verheerenden Unglück, d.h. zur Verfolgung der anderen, die sich gegen diese als unangenehm und bedrückend empfundene Herrschaft auflehnen.
Aufgrund meines eigenen Schicksals und meiner Entwicklung glaube ich einiges zur Aufklärung dieses Problems beitragen zu können.
Ich gehe davon aus, dass die Gehirne aller Menschen, wegen ihrer gemeinsamen Abstammung, trotz ihrer Vielfalt, ähnlich strukturiert sind, dass nur das eine oder andere Problem bei bestimmten Individuen klarer hervortritt als bei anderen. Indem ich meine Entwicklung erforsche und meine Erfahrungen beschreibe, sage ich auch etwas über den Homo sapiens aus.
> Erkenne dich selbst, dann erkennst du den Menschen!
Unser Gehirn muss als unvollkommenes Zwischenprodukt einer sehr langen evolutionären Entwicklung aus dem Tierreich betrachtet werden. Es birgt in sich nicht nur erstaunliche Möglichkeiten, sondern auch ungeheure Abgründe und Gefahren. Sie werden in diesem Buch erfahren, warum das Leben eine ganz verrückte Sache ist, wenn einer „stark“ ist, und werden verstehen, dass dieses Problem keineswegs aus der Welt geschafft ist und der Vergangenheit angehört, sondern es wird immer wieder auftreten, weil es tief in der Beschaffenheit des menschlichen Gehirns begründet liegt.
Es geht mir darum, zu erklären und aufzuklären und das Wissen über den Menschen zu mehren. Dieses Wissen ist sehr wichtig, um einerseits Gewaltherrschaften zu verhindern und andererseits einen Weg zu zeigen, wie man Stärke in Persönlichkeit umsetzt. Das ist mein Thema.
> Je besser wir den Menschen verstehen, desto besser können wir mit seinen problematischen Eigenschaften umgehen.
Ich schrieb dieses Buch nicht so sehr, um zu zeigen wie traurig die Vergangenheit war - deswegen auch - sondern vor allem, damit es in Zukunft besser wird, damit wir aus all den Fehlern lernen, die andere gemacht haben. Ich schrieb es, um die Menschheit aufzuklären und die Welt zu verbessern.
> Das Wissen um die menschliche Natur und die Kritik an unheilvollem Denken und Verhalten sind sehr wichtig, um zukünftiges Leid zu verhindern. Dabei gilt es, die Furcht und das schlechte Gewissen zu überwinden, mit denen totalitäre Weltanschauungen Kritik und freies Denken zu verhindern versuchen.
Ich zeige an Beispielen aus der Geschichte, dass die ganze Misere der Weltgeschichte eigentlich darin begründet liegt, dass sie maßgeblich von halbstarken, rücksichtslosen, machtgierigen und verantwortungslosen Leuten geprägt wurde, die gewiss einige Fähigkeiten hatten, die ihre Stärke aber mehr dazu verwendet haben, andere zu unterdrücken, als an sich selbst zu arbeiten und größer zu werden.
Im Verhältnis zur Größe ihrer Persönlichkeit hatten alle viel zu viel Macht. Die hatten sie, weil sie diese geerbt, erschlichen oder an sich gerissen hatten. Was tut man nicht alles, um an die Macht zu kommen: Man trickst, man lügt, man droht, man verflucht, man schmäht, man schlägt, man bombt, man mordet, wenn es mit „redlichen“ Mitteln, d.h. mit der Zustimmung der Regierten, nicht geht. Und das hat oft funktioniert, weil das Volk unmündig und unwissend war.
Diese Wissenslücke zu schließen und den Blick auf das Problem zu lenken, ist das Anliegen dieses Buches.
Ich habe versucht ein „wahres“ Buch zu schreiben, so gut ich das konnte und soweit es die Quellenlage zuließ. Ich habe mich bemüht, durch Vergleich, seriöse von unseriösen Geschichten zu trennen. Es sollte leicht verständlich und für jedermann/frau gut lesbar das zentrale Problem beleuchten.
Das Buch möchte grundsätzliches Geschichtswissen vermitteln, dieses Wissen mit Zitaten untermauern, Zusammenhänge aufzeigen und Schlüsse ziehen.
Wer das Buch einmal gelesen hat, weiß mehr und wer es drei Mal gelesen hat, versteht, warum die Weltgeschichte so verrückt verlaufen ist. Das ist die beste Voraussetzung, alles anders und besser zu machen.
Ich verwende hier zur Datierung die neuen europäischen Normen.
Ein Minuszeichen - vor einer Jahreszahl bedeutet: vor unserer Zeitrechnung.
Das finde ich aus zwei Gründen besser als „v. Chr.“ und „n. Chr.“
Erstens wurde Jesus / Christus 4 bis 6 Jahre vor unserer Zeitrechnung geboren,außerdem orientieren sich nicht alle Kulturen an der christlichen Zeitrechnung.Ich wollte da einfach neutral sein.
Das Wort „groß“ wird sehr vielfältig verwendet. Meist bezeichnet man damit Menschen, die in irgendeiner Weise herausragend oder bedeutend waren, charismatische Persönlichkeiten oder Berühmtheiten, die die Geschichte geprägt haben, die erfolgreich waren, die uns aufgrund ihrer Leistungen im Gedächtnis geblieben sind oder die z.B. ein großes Reich zusammengeraubt haben. Auch gewisse Eigenschaften des Menschen bringt man mit „Größe“ in Verbindung: großzügig, großherzig, tolerant, verzeihend im Gegensatz zu geizig, engstirnig, nachtragend und rachsüchtig.
Wie ich hier das Wort „groß“ gebrauche: Das menschliche Gehirn ist so beschaffen, dass es im Kindesalter eher nach außen orientiert ist. Wenn einer stark ist, wirkt diese Stärke im Jugendalter auf die Menschen seiner Umwelt diktatorisch, vor allem, wenn er ein nach außen gewandter Typ ist. Im Laufe des Lebens entwickelt sich der Mensch, mehr oder weniger schnell zu einer Persönlichkeit. Wenn einer sehr stark, willensstark, ist, kann er es schaffen, in sich zur Ruhe zu kommen. Goethe nennt das „Verselbstung“. Wer seine Stärke in Persönlichkeit umgesetzt hat, wirkt nicht mehr aggressiv und bedrückend, sondern angenehm, warmherzig und befreiend auf andere. Der Weg zu einer großen Persönlichkeit ist überaus langwierig und schwierig. Oft wird er von Kopfschmerzen, Depressionen und Gewaltorgien begleitet.
> Einer der in sich ruht, ist meiner Ansicht nach, eine „große“ Persönlichkeit. Das kann er aber nur schaffen, wenn er bei sich bleibt!
Wenn einer sehr groß ist, „kann man zu ihm kommen“, ja man muss ihn sogar lieben und will ihn haben. Diesen Ausdruck „man kann zu ihm kommen“ verstünde man leicht, wenn es schon einer geschafft hätte, dieses Ziel zu erreichen, was ich aber nicht erkenne.
Leider kann ich keine überzeugenden Beispiele einer großen Persönlichkeit anführen. Alle, die in der Geschichte als „groß“ bezeichnet werden, haben diesen entscheidenden Punkt, soweit ich das aus den mir zur Verfügung stehenden Quellen beurteilen kann, nicht erreicht. Aber erst, wenn einer diesen Punkt erreicht hat, will man ihn wirklich und erst dann kann einer wirklich etwas Gutes machen, weil er befreiend und nicht mehr bedrückend wirkt. Bis dahin ist er umstritten, wird abgelehnt oder man lässt ihn halt machen, weil er ohnehin keine Aussicht hat, es richtig zu schaffen (alle Stars), oder weil er einfach brutal war (Stalin), oder weil man ihn haben musste (Könige von Gottes Gnaden) oder sogar haben wollte (Cäsar, Napoleon; Hitler), weil verzweifelte Massen in ihnen eine Hoffnung sahen und die Gefahr nicht erkannten, die ein autoritärer Alleinherrscher mit sich bringt.
Der Beiname „Der Große“ vor Alexander, Konstantin, Karl, Otto, Friedrich, Peter, Katharina usw. sagt nichts oder wenig aus über die Größe der Persönlichkeit, sondern ist eher im Sinne von „bedeutend“ zu verstehen. Sehr wahrscheinlich haben Konstantin, Theodosius, Karl und andere „Größen“ des christlichen Abendlandes diesen Titel von der Kirche erhalten, weil sie dieser zur Herrschaft im Römer- bzw. im Frankenreich verholfen haben. Dafür hat die katholische Kirche alle ihre Verbrechen abgesegnet und ihre Biografien geschönt. Macht war ihr schon immer wichtiger als Rechtschaffenheit, Ehrlichkeit oder die Lehren des Jesus von Nazareth. Aus einem Kriegsgegner wurde ein Schlachtenhelfer; um einen Rebellen gegen Kult, Dogmen und Scheinheiligkeit, entwickelte die Kirche ihre Dogmen und ihre scheinbare „Heiligkeit“.
Es gab natürlich Menschen, die mehr oder weniger gut erkennbar einige Schritte in Richtung „Verselbstung“ getan haben: Cicero, Beethoven, Goethe, Buddha, … Es ist sehr schwierig Menschen hinsichtlich ihrer Größe zu beurteilen, wenn sie nicht mehr leben, denn meist wird uns ja ein sehr unwirkliches, verzerrtes, überhöhtes, mystisches Bild von den „Heroen“ der Weltgeschichte überliefert, das sich dann auch je nach Wunsch beliebig modellieren lässt. Sie stehen nicht mehr vor uns. Wir können oft nicht mehr ihre Augen und ihre Gesichtszüge sehen oder ihre Stimme hören. Eine große Persönlichkeit ist im Anfangsstadium ihrer Entwicklung nicht einfach zu erkennen, noch weniger, wenn es sich um Personen handelt, die nicht mehr leben.
Es ist nicht einfach anhand von Werken, seien es nun Texte, Bilder, Musik, biografischen Überlieferungen, die Größe einer Person zu beurteilen. Mal abgesehen davon, dass es über die Maßstäbe sehr unterschiedliche Ansichten gibt. Besser gelingt dieses Urteil, wenn man selbst einige Stufen auf dem Weg zu einer Persönlichkeit durchschritten oder von anderen etwas darüber erfahren hat.
Unsere Situation auf diesem Planeten wird scheinbar von einer unpersönlichen und eher zufällig wirkenden Schicksalsmacht bestimmt, auf die wir nur wenig Einfluss haben. Zwar glaube ich, dass richtiges Handeln und Rechtschaffenheit uns mit einem guten Lebensgefühl belohnen und dass umgekehrt schlechte Handlungen uns schlecht fühlen lassen, aber wir erleben es immer wieder, dass die Guten ein schlechtes Schicksal haben und dass es den Bösen sehr gut geht. Das Schicksal - als „Schicksal“ bezeichne ich das Zusammenspiel der Naturkräfte, dem jeder ausgeliefert ist - belohnt also anscheinend nicht das Gute oder bestraft das Böse, es wirkt unabhängig von Gut und Böse, einfach unerklärlich, schicksalhaft, zufällig. Es kann uns aus heiterem Himmel mit Krankheiten, Unfällen und Naturkatastrophen heimsuchen.
Der Zufall oder die Natur, wie immer man das nennen will, beherrscht viele Bereiche unseres Lebens. Sehr viel irdisches Leid entsteht aber nicht durch die Natur:
>Verfolgung, Kriege, Diktatur, Armut und Unwissenheit sind keine unabwendbaren Naturereignisse, sie sind Folge menschlichen Denkens und Handelns und können auch von Menschen verhindert werden.
Wir sind nicht dazu da, um sinnlos zu leiden, sondern um glücklich zu leben. Dazu gehören die Freiheit von Furcht und Not und die Freiheit von Verfolgung und ungerechter Herrschaft.
Schon aus meinen Schulkenntnissen der Geschichte ist mir bewusst geworden:
> Die ganze Misere der Weltgeschichte liegt eigentlich darin begründet, dass diejenigen, die diese Geschichte entscheidend geprägt haben, die Herrscher, Diktatoren, Ideologen und auch die Religionsstifter, nicht groß genug waren, um etwas Gutes machen zu können, d.h. sie waren nicht so groß, dass man hätte zu ihnen kommen können, dass man sie hätte haben wollen. Sie wirkten nicht befreiend, sondern bedrückend. Man musste sie haben…und damit beginnt das Problem!
Sie wollten nicht den mündigen, freien, denkenden Menschen, denn sie wollten herrschen und beherrschen. Dazu waren ihnen alle Mittel recht. Sie mussten täuschen, lügen und betrügen, um mehr zu scheinen, als sie waren. Beschränken und kontrollieren lassen wollten sie sich auch nicht. Das widersprach ihrem überhöhten Selbstbewusstsein. Sie wollten die unbeschränkte und unkontrollierte Alleinherrschaft. Sie wollten „groß“ und „wichtig“ sein und waren es nicht. Das Wohl ihrer Untertanen war ihnen dabei ziemlich egal.
Der Mensch ist ein Problem und deswegen ist die Geschichte des Homo sapiens keine Heilsgeschichte, sondern eine ziemliche Horrorgeschichte. Vor allem die sogenannten „Starken“ sind das Problem. Neunzig Prozent der politischen Geschichte ist von etwa hundert Menschen maßgeblich gestaltet worden. Deshalb halte ich Biografien für den zentralen Kern der Weltgeschichte und werde das Problem auch hauptsächlich an Biografien erklären. Diese wenigen sind Ursache fast allen von Menschen gemachten Unheils gewesen. Im Wesentlichen gibt es nachstehende Gründe, weshalb diese „Halbstarken“ zu Verfolgern wurden:
> Starke erstreben die Macht. Im Idealfall wollen sie die unbeschränkte und unkontrollierte Alleinherrschaft. Macht erscheint wohl erstrebenswert, weil sie Vorteile im Leben, mehr Freiheit, mehr Selbstverwirklichung, mehr Möglichkeiten beim anderen Geschlecht und damit bei der Fortpflanzung verspricht. Man kann Frauen oder auch Dinge bekommen, die dem weniger Mächtigen verwehrt bleiben. Man genießt Reichtum und Ansehen.
> Starke haben eine besondere Fähigkeit, sich wichtig und auserwählt zu fühlen und andere für minderwertiger zu halten. Macht erlaubte es ihnen, diese „Minderwertigen“ tatsächlich auch so zu behandeln, nämlich auszugrenzen, zu verfolgen, zu entrechten und zu vernichten.
> Weil sie zwar stark aber nicht groß waren, wirkten die Mächtigen bedrückend. Sie brauchten immer einen, auf dem sie herumhacken konnten. Weil sie bedrückend wirkten, erregten sie Widerstand, weil sie auf Widerstand stießen, fingen sie an, ihre Widersacher zu verfolgen.
> „Starke Männer / Frauen“ müssen in ihrer Entwicklung, - viele haben sich auch gar nie erkennbar entwickelt - durch eine verrückte und finstere Geisteswelt hindurchgehen. Ich nenne das Kampf-Krieg-Tod-Phase, weil in dieser Phase Gedanken an Kampf, Krieg und Tod, das Gehirn maßgeblich beherrschen. Das hat offensichtlich etwas mit der Beschaffenheit des menschlichen Gehirns zu tun. Deswegen waren die Zeiten, die sie maßgeblich geprägt haben, verrückt und finster.
> Mächtige, die verfolgt haben, möchten ihre Macht nicht mehr aufgeben, weil sie im Zustand der Machtlosigkeit die Rache der Verfolgten fürchten.
Man könnte den Verdacht hegen, dass sich die „Großen“ für umso größer hielten, je schrecklicher und umfassender die Tragödie war, die sie über ihre blind gehorchende Gefolgschaft und ihre Gegner gebracht haben.
Ich setze den Ausdruck „groß“ und „stark“ bewusst in Anführungszeichen, weil es meist keine sehr großen und starken, sondern „halbstarke“ Männer waren, die ihre Mitmenschen geknechtet haben. Sie waren zu schwach, sich selbst zu beherrschen, sie haben kaum Zeit und Kraft in ihre eigene Entwicklung investiert und ihre Stärke meist nur nach außen, „in Gegnerschaft zu ihrer Umwelt“, ausgelebt. Sie haben überhaupt das ganze Problem, das sie selber waren, nicht verstanden.
> Stark ist einer, der es bei sich selber aushält und sich um seine Angelegenheiten kümmert.
> Halbstarke Männer und ihre unduldsamen Weltanschauungen sind das zentrale Problem der Weltgeschichte.
Ich habe in diesem Buch versucht, das Thema vor allem an Biografien, zu beleuchten: von zwei Seiten, denn „Starke Männer“ waren nicht nur Verfolger und Tyrannen, sie waren auch Verfolgte.
Es gab in der Geschichte klassische Paare von Verfolgern und Verfolgten; meist war ein mächtiger Herrscher Verfolger und ein Freigeist / Schriftsteller Verfolgter:
Alexander d. Große und sein Hofgeschichtsschreiber Kallisthenes;
Cäsar und Brutus oder auch Cato und Cicero…
Clemens VIII. und Giordano Bruno,
Herzog Karl Eugen und Schiller;
Hitler und die Geschwister Scholl, Dietrich Bonhoeffer, Klaus von Stauffenberg, Thomas Mann, Georg Elser… und andere, die sich die Barbarei nicht bieten lassen wollten.
Während die einen, sobald sie die Macht dazu hatten, zu Verfolgern wurden, durchlebten die anderen, meist geistig wache und schöpferische Menschen, eine schwierige Entwicklung auf dem Weg der Verselbstung. Sie mussten durch eine finstere Welt hindurchgehen und lösten bei ihren Mitmenschen ein Tauziehen aus. Oft fühlten sie sich deswegen verfolgt, abgelehnt, missverstanden und verkannt. Sie wurden gejagt (Giordano Bruno), gedemütigt (Jesus), abgelehnt (Cézanne).
Viele große Künstler waren zu ihren Lebzeiten keineswegs erfolgreich (Schubert). Viele sind in den Alkohol geflüchtet (Turner, Toulouse-Lautrec), viele sind in geistige Umnachtung gefallen (Nietzsche, Hölderlin), und viele haben sich das Leben genommen (Van Gogh, Kleist). Sie haben meist ihr Leben lang versucht, ihren Platz in einer Welt zu finden, die scheinbar nicht für sie geschaffen war. In der bürgerlichen Welt sind sie gescheitert. Nach ihrem Tod sind sie dann gefeiert worden. Wie soll man sich das erklären?
Manche mussten zu ihren Lebzeiten Streiche, Ablehnung und Verfolgung oft deswegen erdulden, weil sie sich, im Gegensatz zum gemeinen Volk, einem Diktator nicht beugen wollten, sondern weil sie frei und anders denken wollten. Sie waren „aufmüpfig“, weil sie ihrerseits stark waren. Es fiel ihnen schwer, sich einfach mit den gegebenen Verhältnissen abzufinden und sich stillschweigend unterzuordnen.
> Jeder „Starke Mann“ ist zunächst einmal ein großes Problem, ein Problem für sich und für seine Mitmenschen … und dieses Problem wird immer wieder auftreten.
Ein „Starker“ wirkt, - solange er noch nicht groß genug ist und solange er nach außen orientiert ist - diktatorisch und bedrückend auf andere. Dadurch löst er bei diesen eine entsprechend ablehnende Reaktion aus. Die Gefahr ist nun, dass einer diese abweisenden Reaktionen falsch versteht, dass er sich verfolgt und bedroht fühlt und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zurückbolzt. Dies kann Millionen das Leben kosten, wenn er es bereits geschafft hat, an die Macht zu kommen. Man denke an den Verfolgungswahn Stalins und an die rücksichtslosen Verfolgungen aller Diktatoren. Siehe weiter unten. Dabei sind sie selbst das Problem; die anderen reagieren nur auf dieses Problem. Sie selbst sind wiederum nicht schuldig dafür, dass sie so sind, wie sie sind, aber sie können durch ihre Umwelt dazu gebracht werden, ihr Verhalten zu steuern und sich zu beherrschen.
> Ein „Starker“ muss nicht notwendigerweise großes Unheil anrichten.
Die wichtigsten Eigenschaften, die er braucht, damit er keine Katastrophe verursacht, sind Selbstbeherrschung, Selbsterkenntnis, das Wissen um diese Problematik, - das ich hier liefern möchte - Ausdauer bei einer einsamen Lebensweise und eine aufgeklärte Umwelt, die ihn in die Schranken weist. Wer keine Ablehnung, keine Streiche, keine Kränkung wegstecken kann, hat nichts begriffen von der Natur des Lebens. Er ist vorherbestimmt, großes Unheil anzurichten und sollte nicht die geringste Macht bekommen, die es ihm erlauben würde, sich für „Kränkungen“ zu rächen, die keine sind.
Meist ist der Starke es, der die Spielregeln dieses Kampfes bestimmt, zumal die anderen vorwiegend nur auf ihn reagieren und ihn nachahmen. Wie man kämpft, so wird man bekämpft. Mit dem eigenen Verhalten lenkt man auch das Verhalten der anderen.
> Wenn man es ein Stück weit gebracht hat, auf dem Weg der Verselbstung, wirkt man zwar nicht mehr diktatorisch, aber man löst bei anderen ein Tauziehen aus.
Das ist eine ganz natürliche und keineswegs eine boshafte Reaktion, so unangenehm sie auch sein mag. So funktioniert das Leben! Die anderen Menschen lassen es sich nicht einfach gefallen, dass da einer in sich ruht, nur an sich denkt, - das sieht so aus im Anfangsstadium der Persönlichkeitsentwicklung, - sondern sie reagieren und zwar so, dass sie einen Gegenpol bilden und gerade nicht an den denken, der da so stark an sich denkt. Sie versuchen ihm alle möglichen Streiche zu spielen, ihm das Leben nicht leicht, sondern schwer zu machen. Sie versuchen einen Starken so klein wie möglich zu machen, ihm nicht zu geben, sondern ihm zu nehmen. Sie sind Teil dieses Tauziehens am anderen Ende des Taus. Das ist aber nicht böse gemeint und darf nicht falsch verstanden werden.
Nietzsche spricht da vom „Kampf der Herde gegen die Ausnahmen“. Er beklagte sich darüber, dass man ihn nicht groß sein ließ. Das ist Unsinn! Es ist vielmehr eine typische Reaktion auf den Zustand eines „starken“ Gehirns, das noch nicht in sich ruht. Sie können kaum anders reagieren. Sie wollen zeigen, dass sie auch noch da sind. Sie würden ja sonst in ihn „hineinfallen“. Sie reagieren alle gleich oder ähnlich und es sieht so aus, als ob sie sich abgesprochen oder sich gegen den Starken verschworen hätten. Für die meisten Menschen gibt es dieses Problem gar nicht. Sie lösen kein Tauziehen aus und es dürfte ihnen schwer fallen, dies zu verstehen. Ein Tauziehen löst man erst aus, wenn man es ein Stück weit gebracht hat, auf dem Weg der „Verselbstung“.
Zu Verfolgern wurden meist Herrscher, die es geschafft hatten, eine Machtposition zu gewinnen, entweder durch Vererbung, durch Gewalt, durch List, Eroberung oder militärische Erfolge. Sie wollten möglichst allein, uneingeschränkt und ungestört herrschen. Dabei hatten sie bei ihrer extrovertierten Lebensweise keine Aussicht, so groß zu werden, dass man sie haben wollte. Sie wirkten nicht befreiend, sondern bedrückend. Um sich die Alleinherrschaft zu sichern, mussten sie alle Konkurrenten ausschalten und die Freiheit derer beschneiden, die ihre Tyrannei nicht hinnehmen wollten. Das waren, wie könnte es anders sein, vor allem die selbständig Denkenden, die freien Geister.
Sie verboten Kritik, weil sie durch Kritik ihre unbeschränkte Macht gefährdet sahen. Kritik werteten sie als Angriff auf ihre Person, sie war Majestätsbeleidigung. Sie waren von sich und ihrer Denkweise vollständig überzeugt und überschätzten sich maßlos. Das gelang ihnen umso besser, wenn sie die Wirklichkeit beschönigten oder ganz ausblendeten. Sie fürchteten den Verlust ihrer Macht oft mehr als den Verlust ihres Lebens. Sie mussten das Leben und Denken aller beherrschen, die sich in ihrem Machtbereich befanden. Das gab ihnen höchste Genugtuung und ein Gefühl der Sicherheit und Überlegenheit. Machtverlust war das Schlimmste, was sie sich denken konnten.
Irgendwie mussten sie ihren Herrschaftsanspruch aber doch gegenüber den Beherrschten begründen, denn ohne Volk hat auch ein Herrscher nichts, was er beherrschen könnte. Im Laufe der Weltgeschichte gab es viele unterschiedliche Begründungen. Oft leiteten die Herrscher, wie in Babylon, Ägypten und im christlichen Abendland, ihre absolute Autorität von den Göttern oder von Gott her. Manche stellten sich an die Spitze einer bereits vorhandenen Weltanschauung oder begründeten eine neue, die als Vorwand diente, ihr Machtstreben zu verdecken: das katholische Christentum, den Islam, den Nationalsozialismus, den Kommunismus. Wenn sie überhaupt noch etwas über sich anerkannten, dann hatten sie für ihren Anspruch auf Alleinherrschaft den Segen von ganz oben. Der erlaubte ihnen volle Handlungsfreiheit und rechtfertigte alle Maßnahmen gegen Aufrührer. Alles war gestattet, denn sie waren Götter und Gottessöhne (Babylon; Ägypten; Griechenland; Rom; Inka), Söhne des Himmels (China), Söhne der Sonne (Japan), Könige von Gottes Gnaden (Abendland). Sie hielten sich für Messiasse und Propheten (Israel), Berufene der Weltgeschichte (Alexander), Vollender der Vorsehung (Hitler), Stellvertreter Gottes (Päpste), Kalifen (Nachfolger des Propheten);Vollstrecker einer Weltrevolution (Lenin; Mao)…und ordneten sich die Welt in ihrem absoluten Größenwahn unter. Ihr Ziel war, wie sie glaubten, das höchste auf Erden. Sie selbst schufen Recht. Recht war, was sie taten.
Ihre Gegenspieler sind und waren Menschen, die selbständig denken konnten und die sich in ihren Freiheitsrechten nicht einschränken lassen wollten. Diese wurden, wenn sie mit ihrer Wahrheitsliebe und Freimütigkeit die Herrschaft eines Mächtigen gefährdeten, zu Verfolgten. Sie litten darunter, fremdbestimmt zu werden. Die große Masse dagegen lässt sich gerne führen und beherrschen. Sie sucht eher wohltuende Sicherheit bei einer Autorität. Sie unterstützt und bejubelt den starken Herrscher.
Bei der Auswahl der unten stehenden Biografien ging es mir vor allem darum, Beispiele zu wählen, die die Problematik des Lebens erkennen lassen: Auf der einen Seite stehen diejenigen die herrschen wollten, auf der anderen diejenigen, die sich nicht beherrschen lassen wollten. Es ging darum, Menschen auszuwählen, für die ihre Stärke zum Schicksal und zum Problem wurde: Menschen, die zu Diktatoren wurden oder die selbst verfolgt wurden, Menschen, die Terror verursacht oder ein Tauziehen ausgelöst haben, weil das menschliche Gehirn so verrückt angelegt ist.
Ein Tauziehen kann natürlich nur entstehen, wenn die Menschen um den Mächtigen herum die Freiheit hatten zu reagieren, wie es ihnen zumute war. Gegenüber einem Herrscher, der bereits an der Macht ist, gibt es diese Freiheit nicht mehr. Solange z.B. Kaiser Wilhelm II. an der Macht war, konnte das Volk nicht gegen ihn sein oder es durfte dies zumindest nicht offen zeigen. Erst als er die Macht verloren hatte, konnte es sich frei gegen ihn äußern. Solange in der DDR die Staatsmacht von Stasi und Militär geschützt wurde, konnte sich das Volk nur im Geheimen auflehnen, erst als die Kommunisten die Macht verloren hatten, konnte sich das Volk offen gegen diese Herrschaft stellen. Das ist auch der Grund, weshalb viele Herrscher sich selbst nicht richtig einschätzen konnten. Sie kamen an die Macht, obwohl man sie nicht wollte. Das Volk musste schleimen, weil es unterworfen und abhängig war. Es konnte nicht frei reagieren, sondern meist nur so, wie ihm diktiert wurde, vom allergnädigsten Kaiser oder Papst oder Führer oder Parteivorsitzenden, der nun mal im Sattel saß, aus welchen Gründen auch immer.
> Ob man einen Herrscher wollte oder nicht, hing nicht so sehr davon ab, wie viel er für sein Volk getan hatte, sondern davon, wie groß er war, wie weit er in sich drin steckte, ob er bedrückend oder befreiend wirkte.
Der Schah Reza Pahlevi von Persien hat sich, nachdem ihn Gegner 1979 aus seinem Land vertrieben hatten, darüber beklagt, wie undankbar sie sich verhalten hätten, wo er doch so viel für sein Volk getan habe. Dass er dabei stets seine eigenen Interessen gewahrt und tausende Kritiker ins Gefängnis gebracht hat, hat er nicht beklagt. Es war ihm nicht klar, dass er selbst das Problem war, ebenso wie Wilhelm II., der deutsche Kaiser.
Sicher gab es im Laufe der Weltgeschichte auch sehr große Persönlichkeiten, von denen die Welt aber nie etwas erfahren hat. Das mag daran liegen, dass man ab einer bestimmten Größe gar keinen Wert mehr darauf legt, bekannt zu sein. Gerade bescheidene und unbekannte Menschen könnten aber groß gewesen sein, größer als die Könige und Kaiser, die wir alle kennen.
> Je größer einer ist, desto kleiner will er sein. Der Größenwahn verflüchtigt sich mit der Entwicklung zu einer in sich ruhenden Persönlichkeit.
Das Leben solcher Menschen kann ich aber nicht beurteilen oder analysieren. Ich weiß nichts oder zu wenig von ihnen, wenn es nicht gerade meine Bekannten sind. Dagegen gab es unzählige Personen in der Weltgeschichte, die es geschafft haben, sehr „berühmt“ zu werden, obwohl sie nicht besonders groß waren. Die Macht wurde vielen in die Wiege gelegt, weil sie diese erbten, weil sie diese durch Zufall oder vor allem durch Rücksichtslosigkeit erlangten oder erschlichen. Heute werden Stars von den Medien sehr schnell sehr groß gemacht. Sie scheinen, aber sie sind nicht groß.
Dieses Buch erhebt keinen Anspruch darauf, die Verfolgungsgeschichte der Welt, nicht einmal der westlichen Welt, zu dokumentieren. Es hätten auch weniger Beispiele genügt, um das Ziel dieses Buches zu erreichen, das ist:
die Problematik der Geschichte zu erklären, die in der Natur des Menschen begründet liegt und die richtigen Schlüsse für eine bessere Zukunft zu ziehen.
Ich entwickle hier eine Theorie. Ich füge mein erworbenes Wissen aus verschiedenen Medien und meine eigenen Erfahrungen zusammen, um den Gang der Geschichte und den Menschen zu erklären. Selbstverständlich darf und soll diese Theorie kritisiert und korrigiert werden, wenn einer eine bessere Erklärung hat. Ich stelle und beantworte hier einige Fragen, z.B. wie „groß“ waren die „Großen“ der Weltgeschichte? Was heißt: „Größe“? Konnten sie überhaupt große Persönlichkeiten entwickeln, aufgrund ihrer Lebensweise und ihres Alters. Welche Anhaltspunkte gibt es dafür?
Scheinen die „Großen“ nur groß, weil sie große Macht hatten und wie z.B. Kleopatra, Cäsar, Ludwig XIV., Napoleon usw. sich mit großem Pomp umgaben und allein für sich große Mengen an Gütern verschwendeten oder waren es wirklich große Persönlichkeiten, in dem Sinne wie ich dies oben erklärt habe? Was spricht dafür? Was spricht dagegen? Gab es auch Menschen, die wirklich groß waren, von denen die Welt aber nichts oder nicht viel erfahren hat, weil sie nicht von sich reden gemacht haben?
Es geht in diesem Buch nicht um eine Gesamtbewertung einer Person, sondern es geht um ein Thema, ein Thema, das ich für das wichtigste der Weltgeschichte halte, das die ganze Weltgeschichte durchzieht und sie wesentlich geprägt hat. Es geht um Freiheit und Tyrannei, um Glück und Unglück von Menschen und Völkern, um gerechte und ungerechte Herrschaft.
Es geht in diesem Buch darum, zu klären, inwiefern einer Verfolger oder Verfolgter war oder inwiefern er einen geistigen Beitrag zur Verfolgung anderer geleistet hat. Es geht um die Frage, wie Verfolgung entsteht, wie sie gerechtfertigt wird und vor allem darum, wie man sie begrenzen oder verhindern kann.
So werden natürlich negative Eigenschaften einer Person ins Licht gerückt und untersucht. Die hier aufgeführten Biografien werden gezielt auf die Beantwortung dieser Fragen beleuchtet. Wenn man, wie hier beabsichtigt, die Schattenseiten einer Person untersucht, fällt ihr Bild natürlich dunkler aus als wenn man auch ihre Vorzüge hinzufügt. Z.B. hat Paulus sehr viel über Liebe geschrieben, er hat viele gute und richtige Dinge gesagt, aber er war eben auch ein fanatischer Verfolger und zwar in seiner ganzen Persönlichkeitsstruktur, vor seiner Bekehrung und nach seiner Bekehrung. Er hat nur die Richtung gewechselt und das soll gezeigt werden. Genauso hat Napoleon auch viel für die Verbreitung bürgerlicher Rechte in Europa getan, aber letztlich war er ein rücksichtsloser Tyrann, der für seine persönliche Macht das Leid und den Tod von Millionen in Kauf genommen hat. Er konnte kein guter Herrscher sein, weil er nicht groß genug war, obwohl er es sicher gerne gewesen wäre. Er wirkte nicht befreiend, sondern tyrannisch. Europa hat bei seiner Abdankung aufgeatmet. Es sollte solche Herrscher in Zukunft verhindern, zumindest sollte es die Macht der Herrschenden begrenzen. Das ist das Ziel dieses Buches.
In diesem Buch geht es vor allem um die Verfolgung aus Gründen des Macht- Erhaltes, dem in der Weltgeschichte vorherrschenden Anlass der Verfolgung. Sicher gibt es noch andere Gründe. Ich beleuchte ein Problem des Homo Sapiens, das die Weltgeschichte beherrscht, seitdem sein Gehirn geformt wurde und mit dem wir es zu tun haben werden, solange diese Gattung die Erde bevölkert. Meist berichten die Biografen darüber aber nicht, weil sie dieses Phänomen entweder nicht verstehen oder weil es bei der einen oder anderen Biografie nicht deutlich genug hervortritt.
Dazu untersuche ich auch Biografien, die zur Erklärung meines Themas beitragen, obwohl es sich auf den ersten Blick weder um Verfolger noch Verfolgte handelt; sie fühlten sich aber als Verfolgte. Das waren meist Künstler, die ein Problem mit ihren Mitmenschen hatten, die ein Tauziehen ausgelöst haben, die nie richtig „angekommen“ sind in der sie umgebenden bürgerlichen Welt, „die man nicht machen ließ“, weil man nicht zu ihnen kommen konnte. (Hölderlin; Nietzsche; Kleist…dazu könnte man auch den bayrischen Märchenkönig Ludwig II. zählen.)
Dass es sich bei meiner Auswahl fast nur um Männer handelt, war nicht beabsichtigt. Ich habe keine geeigneten weiblichen Beispiele gefunden. Das Problem der Verfolgung ist eben vor allem ein männliches Problem, wie die Jugendkriminalität in erster Linie ein männliches Problem ist. Junge Männer, die strotzen vor Kraft, schaffen es oft nicht, ihre Stärke in eine sozialverträgliche Form zu bringen. Sicherlich liegt es auch daran, dass Geschichte, Politik und Kunstgeschichte bis in die jüngste Vergangenheit von Männern beherrscht wurden, dass sie im Vordergrund standen und berühmt wurden. Um verfolgen zu können, muss man auch Macht haben. Deswegen sind die wenigen weiblichen Beispiele für Verfolgerinnen mächtige Frauen. Katharina von Medici z.B., die die Bartholomäusnacht inszeniert hat, Mary Tudor I., die „Bloody Mary“, die die Protestanten in England verfolgt hat, die Zarinnen Anna, die 12000 Verschwörer hingerichtet und Elisabeth, die die Juden aus Russland vertrieben hat oder die Mao - Witwe Jiang Qing.
Wie lässt sich das Problem lösen?
Wenn einer sehr stark ist, gibt es eigentlich nur einen richtigen und unzählige falsche Lebenswege. Der richtige Weg ist, sich in die Einsamkeit zurückziehen und ein auf sich konzentriertes Leben zu führen.
> Die stärkste Lebensweise, die ich mir denken kann, sieht so aus, dass man mit verstopften Ohren auf dem Rücken liegt und seine Gedanken kreisen lässt. In dieser Lage ist mein Gehirn so angespannt, wie das im Stehen oder im Sitzen nie der Fall ist.
Der ständige Hickhack mit den Menschen, die einem Streiche spielen und eigentlich gar nicht anders reagieren können, zehrt an den Kräften und Nerven. Die verwendet man besser, um die Einsamkeit auszuhalten und sich so schnell wie möglich weiter zu entwickeln. Nur so kann man den Kampf wirklich zu Ende bringen. Nur wenn sich das Gehirn ändert, ändert sich auch die Reaktion der anderen. Wer nicht ganz eisern bei sich bleibt, wird es nie schaffen, so groß zu werden, dass man zu ihm kommen kann. Das ist das entscheidende Ziel, das man erreichen muss, um den Kampf und das Tauziehen zu beenden. Der beste Beweis dafür ist, dass die Großen der Weltgeschichte das alle nicht geschafft haben. Sie waren ihr Lebtag lang umstritten und waren meist üble Tyrannen. Wenn das schon einer geschafft hätte, hätte ich es mir auch sparen können, dieses Buch zu schreiben. Ich hätte einfach auf sein Vorbild verweisen können.
Wer schafft das? Wer hält das aus?
Es gab im Laufe der Weltgeschichte ein paar Leute, die es auf diesem Weg ziemlich weit gebracht haben. Es sind diejenigen, die verfolgt haben und verfolgt wurden, diejenigen, die ein Tauziehen ausgelöst haben. Manche sind relativ unbekannt, weil sie nichts hinterlassen haben, was bis heute Bestand gehabt hätte oder weil wir nichts von ihnen erfahren haben.
Allein die Gedanken kreisen zu lassen, ist bei dieser Entwicklung wesentlich hilfreicher, als viel zu produzieren, weil man bei der Produktion Energie verschwendet, die dann bei der Entwicklung fehlt. Möglicherweise war der griechische Philosoph Diogenes, der wenig gemacht hat, „größer“ als mancher Renaissancekünstler, der sich sein Leben lang mit den verschiedensten Projekten auf den verschiedensten Gebieten befasst hat, der dadurch aber auch stark von sich abgelenkt wurde. Ich kann darüber nur Vermutungen äußern. Wir wissen nicht viel über Diogenes. Um „größer“ zu werden, muss man „bei sich bleiben“! Bei Voltaire, einem erfolgreichen und von mir hoch geschätzten Literaten erkenne ich dieses Tauziehen nicht, während ich es bei Nietzsche, der sehr umstritten ist und der wie ich und viele andere durch eine finstere Kampf-Krieg-Todphase hindurch gehen musste, immer wieder feststellen kann.
Picasso hat es wohl ziemlich weit gebracht auf diesem Weg. Mit seinen 91 Jahren hatte er viel Zeit. Von ihm haben wir wenigstens Fotos, die seine riesengroßen Augen, sein ernstes Gesicht, seine herabgelassenen Mundwinkel zeigen und wir wissen, dass er am Anfang seiner Karriere sehr viel Häme und Kritik einstecken musste. Um die Größe, d.h. die in sich gekehrte Persönlichkeit beurteilen zu können, schaue ich mir nicht seine Kunstwerke an, sondern die Portraitfotos aus seinen letzten Lebensjahren …und was mich interessiert: Wie haben seine Mitmenschen auf ihn reagiert?
Rechts:
Der Maler Pablo Picasso 1881-1973 blieb zeitlebens umstritten, weil er es zwar ziemlich weit gebracht hat, aber doch nicht so weit, dass man hätte zu ihm kommen können. Das ist der entscheidende Punkt, den es zu erreichen gilt. Das ist der Wendepunkt einer Persönlichkeitsentwicklung, der den Streit beendet.
Links:
Leonardo Da Vinci: 1452-1519
„Angebliches“ Selbstbildnis
Ähnliche Gesichtszüge lassen sich auch auf einem Selbstbildnis Leonardo da Vincis erkennen. Ein Tauziehen kann ich bei ihm nicht feststellen. Er hat sich einigen Fürsten angedient, hat für einen Herrscher Kriegsgerät erfunden und seine Feste inszeniert. Auch Künstler müssen leben, - in ihrer Zeit.
Links
Ganz ähnlich zeigt sich an diesem Porträt
Ludwig van Beethovens 1770-1827
die in sich ruhende Persönlichkeit.
Rechts:
König Ludwig XIV.
„Der Sonnenkönig“.
Der „Sonnenkönig“Ludwig der XIV. dagegen war bestimmt nicht besonders groß, er erscheint nur groß, weil er in einem „großen“ Palast gewohnt hat und zweifellos große Macht gehabt hat. Wenn er eine größere Persönlichkeit gewesen wäre, dann hätte er keinen so riesigen Palast mehr gebraucht, dann hätte er seine Sockenhalter und die anderen überflüssigen Diener nicht zur Pflege seines Egos benötigt, sondern hätte sie wohl als ziemlich störend empfunden.
Da er keine besonders große Persönlichkeit war, brauchte er Versailles, die Diener und all den Firlefanz, um wenigstens groß zu scheinen. Er führte ein extrovertiertes Leben. Siehe Ludwig XIV. weiter unten.
> Starke Leute sind nicht unbedingt erfolgreich; sie bleiben meist Außenseiter der Gesellschaft, wenn sie sich nicht mit Gewalt über sie stellen, - dann beginnt aber erst das Unheil, - für die Unterworfenen.
Diejenigen, die die Weltgeschichte entscheidend geprägt haben, also: Alexander, Cäsar, Karl der Große, Otto, Napoleon, Hitler, Stalin, Mao... auch die großen Religionsstifter Buddha, Jesus und Mohammed, waren alle nicht so groß, dass man sie hätte haben wollen. Das konnten sie aufgrund ihrer Lebensweise gar nie sein. Buddha vielleicht noch am ehesten, weil er achtzig Jahre alt geworden ist, viel meditiert hat und bei sich geblieben ist.
Die Diktatoren musste man haben, mit all dem Schrecken, dem Leid, dem Terror, den sie brauchten, um sich an die Macht zu bringen und an der Macht zu halten. Diktatur bedeutet auch immer andauernde Verfolgung für diejenigen, die nicht bereit sind, eine Terrorherrschaft (unter z.B. Hitler; Lenin; Stalin; Mao;..) einfach zu erdulden. Das waren vor allem diejenigen, die selbständig denken konnten und die mutig genug waren, dies auch kund zu tun. Das waren diejenigen, die sich nicht einfach anpassten, um Karriere zu machen. Ihnen ging es um höhere Werte: um Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit, vor allem um Meinungsfreiheit.
> Es mag im Interesse eines Diktators und seiner Anhänger liegen, sich die Alleinherrschaft zu erobern, aber es liegt im Interesse all derer, die ihre persönliche Freiheit lieben, dies zu verhindern.
Auch das katholische Christentum und der Islam sind mit sehr viel Gewalt verbreitet oder von oben verordnet worden. Hätten die Menschen freiwillig nach diesen Religionen gegriffen? Mit Sicherheit hätten diese Weltanschauungen nicht diese Verbreitung, zumindest nicht in ihrer jetzigen Form, gefunden und sie hätten nicht diese Bedeutung erlangt, wenn sie nicht die alten Religionen so vollständig verdrängt hätten, wenn sie nicht mit so massiver Intoleranz und Gewalt gegen andere Religionen vorgegangen wären, wenn sie nicht mit Täuschung und Betrug ihre Froh-Botschaft verbreitet hätten. Das Unheil dieser Weltanschauungen rührt vor allem daher, dass sie sich für die einzig wahren hielten und es oft immer noch tun. Sie haben anderen gleichsam vorgeworfen, absichtlich und böswillig falsch zu denken, absichtlich und böswillig nicht das Richtige zu glauben. Das erlaubte es ihnen, diese schwarzen Schafe, die nicht auf der Seite Gottes sein konnten, zu verfolgen und zu vernichten.
> Jeder hatte Gott auf seiner Seite und zerschmetterte mit Gottes Hilfe des anderen Schädel.
Erst heute sind die Menschen, zumindest in Mitteleuropa, relativ frei, ihre Religion zu wählen. Erst jetzt kann man allmählich erkennen, was das Christentum den Menschen wirklich wert ist.
Es war ja auch nicht das Christentum, das ab dem 4. Jahrhundert meist mit Gewalt verbreitet wurde, sondern es waren die Lehren des Paulus, die Dekrete des Konstantin, die Ideen der Kirchenväter und der Päpste, die wegen der Machtinteressen von Konstantin, Chlodwig, Karl (dem Großen) usw. durchgepeitscht wurden.
Die geschichtliche Wahrheit ist ernüchternder als die Legenden, die die Menschen gerne glauben wollen. Sie glauben, was sie sich wünschen. Sie wünschen sich einen, dem sie blind vertrauen, den sie lieben und verehren können. Von ihm erhofften sie sich Rettung aus der Not, ewiges Leben, einen besonderen Platz im Jenseits oder er verspricht „glorreiche Zeiten“ (Wilhelm II.), Auserwähltheit (Judentum – Christentum - Islam), rassische Überlegenheit (Hitler) und begründet seinen Führungsanspruch mit einem geschichtlichen Auftrag, den ihm göttliche Vorsehung zugewiesen hat.
> Das Bedürfnis der Menschen, sich einem Führer anzuvertrauen, ihre Opferbereitschaft auf der einen Seite und die Unvollkommenheit dieser Führer auf der anderen Seite, hat oftmals zu riesigen Tragödien und endlosen Enttäuschungen geführt. Der Wunsch nach einem edlen Helden ist in allen Zeiten eine mächtige und romantische Vorstellung. Sie beruht auf einer Sehnsucht der Menschen nach einer heilen Welt, nach einem Halt in dieser Welt, die fließt, auf dem Wunsch nach Führung und Orientierung.
Massen, die einmal eine Autorität als solche anerkannt haben, sind nicht mehr fähig zu kritischem Denken. Sie sind zu allem bereit für ihren „Führer“ und rechtfertigen alles: Verfolgung und Mord,… im Namen dieser Autorität, vor allem, wenn sie ihnen Auserwähltheit vor anderen und Wichtigkeit verspricht. Gläubige sind Hörige, sie haben ihren Verstand und ihr Gewissen an eine höhere Instanz abgegeben.
> Wir müssen die verurteilen, die Feindschaft zwischen den Menschen schüren… und das sind vor allem die, die sich für „auserwählt“ halten.
Aus dem Gefühl der Auserwähltheit entstand der Größenwahn, das Gefühl der Überlegenheit, aus ihm entstanden Gesetze und Denkweisen, die anderen abzuwerten, zu verfolgen, auszurotten, im Namen der wahren Weltanschauung.
„Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.“ Bertrand Russell
> Persönliche Freiheit ist für die Masse kein hoher Wert. Sie ist eher bereit, einem Führer zu folgen und dabei Einschränkungen ihrer Freiheit in Kauf zu nehmen. Die Masse besteht nicht aus Weisen.
Diejenigen, die die Geschichte schreiben, die Lob und Tadel austeilen, haben auch einen Einfluss darauf, wie die zukünftige Geschichte weitergeht. Wenn die Geschichte anders geschrieben worden wäre, wenn nämlich „Große Verbrecher“ nicht dauernd verherrlicht worden wären, wäre die Geschichte sicher auch anders verlaufen. Gerade „Große Männer“ suchen in ihrer Jugend nach Vorbildern für ihr Streben nach Ruhm. Wenn der Rücksichtslose Ruhm erntet, eifern sie ihm nach.
Schlechten Vorbildern sollte man keine Denkmäler bauen und doch geschieht dies in aller Welt, wohl aus Mangel an wirklichen Vorbildern oder weil es kaum eine „Größe“ ohne Schattenseiten gibt. Es ist gefährlich einem Mann wie Napoleon, der in erster Linie eine gesamteuropäische Tyrannei errichtet hat, ein Denkmal zu setzen. Das könnte Hitler dazu verführt haben, zu glauben, dass er ein noch größeres Denkmal bekommt, wenn er noch größeres Unheil anrichtet.
Als ich meinen Vater einmal daran erinnerte, dass die Deutschen im Zweiten Weltkrieg Russland ohne Not überfallen hätten, gab er mir zur Antwort: „Hat das nicht Napoleon auch schon getan und hat man ihn dafür zum Verbrecher abgestempelt?“ Nein, er blieb ein bewunderter Feldherr, dessen Rechnung halt mal nicht ganz aufgegangen ist. Ähnliches gilt für Friedrich den Großen, der aus reiner Hab- und Machtgier mitten im Frieden Kriege angezettelt hat, denen tausende junger Männer, Frauen und Kinder zum Opfer gefallen sind. Hat man ihn deswegen als Verbrecher abgestempelt? Nein, „Der große Fritz“ reitet heute immer noch, wie Napoleon, auf vielen Denkmälern und die armen Leute, die er ins Jenseits befördert hat, sind vergessen. „Hunde wollt ihr ewig leben?“, soll er seine Soldaten einst gefragt haben. Er dachte wohl: „Es reicht, wenn ich ewig lebe.“ Und das hat er ja geschafft, - mit dem Blut seiner Soldaten und der Tinte seiner Schmeichler. Man dürfte ihm aber kein Denkmal setzen, sondern müsste ihm nachträglich den Prozess vor einem Kriegsverbrechertribunal machen.
Für den türkischen Herrscher und Eroberer Tamerlan, 1336-1405, der unglaubliche Massaker unter seinen Feinden angerichtet hat, gibt es in Samarkand und Taschkent Denkmäler. In Usbekistan ist er immer noch ein Nationalheld. 1387 hat er 70000 Iraner köpfen lassen und mit den Köpfen Türme gebaut.
Für Dschingis Khan, 1167? – 1227, mongolischer Eroberer, Gründer des Mongolischen Reiches und völkermörderischer Kriegsherr, der unter seinen Feinden ungeheuren Schaden und Zerstörung angerichtet hat, wurden in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator mehrere Denkmäler errichtet, die es heute immer noch gibt.
Der Wahnsinn der Weltgeschichte bestand meist darin, dass immer ein Mächtiger oder eine Partei oder eine Religion versucht hat, die Alleinherrschaft über alle anderen auszuüben und allen Menschen vorzuschreiben, wie sie zu leben und zu denken haben und auf welche Weise sie glücklich werden müssen.
> Verfolger betrachteten sich selbst nicht etwa als böse Menschen, sondern sie hielten sich im Gegenteil, meist unter dem Deckmäntelchen einer Ideologie, für besonders wertvoll, für Eiferer im Interesse des Guten, für Gärtner, die das „Gute“ pflegen und das „Schädliche“ ausmerzen. Sie hatten kein schlechtes Gewissen, sondern handelten aus Überzeugung und tun es immer noch.
Das Leben ist nicht einfältig, sondern vielfältig. Das Glück auf dieser Welt, - mal angenommen dass das wirklich ein Ziel ist, - kann für verschiedene Menschen sehr unterschiedlich aussehen. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass die Menschen sich bald nicht nur durch die Vielfalt ihrer Nasen, sondern auch durch die Vielfalt ihrer Weltanschauungen unterscheiden. Deswegen müssen in einem Staat Toleranz, Vielfalt der Meinungen und der Lebensweisen garantiert sein.
> Nur die freiheitliche Demokratie kann der Vielfalt des Lebens gerecht werden.
Das Buch ist chronologisch aufgebaut. D.h. Verfolger und Verfolgte werden nebeneinander und durcheinander besprochen. Oft war dieselbe Person Verfolger und Verfolgter, z.B. Paulus oder Luther oder Lenin.
In der griechisch-römischen Antike wurde zwar eine Vielzahl von Göttern nebeneinander geduldet, aber auch damals erwarteten die Herrschenden, dass man an die anerkannte Götterwelt glaubte und auch damals betrachtete man fremde Götter, das Fremde überhaupt, mit Argwohn.
> Es ist eine typisch menschliche Eigenschaft, das „Eigene“, das „Bekannte“ in Sprache, Religion und Sitte für wertvoller zu halten als das Fremde, das Unbekannte, das Neuartige.
Der griechische Philosoph Protagoras, -480 bis -410, ist ehrlich genug zu sagen, er wisse nichts von Göttern und könne weder behaupten, dass es welche gebe, noch versichern, dass es keine gebe. Er stirbt auf der Flucht aus Athen, wo eine tyrannische Regierung ihn wegen Gottlosigkeit verurteilt und seine „Abhandlung über die Götter“ öffentlich verbrannt hat.
Theodoros aus Kyrene, ein überzeugter Atheist wurde Ende des - 4. Jh. verbannt und soll in Athen beinahe wegen Gottlosigkeit (Asebie) angeklagt worden sein.
Es war vor allem Platon, -427 bis -348/347, der im 4. Jh. gegen den Unglauben kämpfte. Er kann als Vater der Diskriminierung Gottloser angesehen werden: Ungläubige erklärt man seitdem für staatsfeindlich, vulgär, unmoralisch, Verderber der Jugend. Platon nahm die schlimme Formel vorweg: ‚Wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt‘. Der ‚göttliche‘ Platon, Vertreter des Guten und Wahren gegen das Böse und den Irrtum, forderte der Sache nach Inquisition und Konzentrationslager“. Gerhard Czermak
Dabei dienten gerade Gott und seine angeblichen Gebote als Anlass unzähliger Verfolgungen. „Die athenische Vollversammlung hatte anno -432 den Beschluss gefasst, diejenigen zu verfolgen, die nicht an das Göttliche glauben und Lehren von (göttlichen) Erscheinungen im Himmelsraum bestreiten. Ihnen wird die Todesstrafe angedroht….
Die griechischen Philosophen Sokrates, um -470 bis -399, Aristoteles -384 bis -322, und Anaxagoras, um -500 bis -428, die an den althergebrachten Glaubensvorstellungen zweifelten, wurden wegen Gottlosigkeit verfolgt. Sokrates wurde zum Tode verurteilt, Aristoteles wurde aus Athen vertrieben und Anaxagoras verließ seine Heimat Athen, nachdem er dort verhaftet worden war. Er behauptete, dass die Sonne aus glühendem Gestein bestehe und also nichts Göttliches an sich habe. Auch der Mathematiker und Religionsstifter Pythagoras floh 538 aus seiner Heimat Samos, nachdem sich dort der Tyrann Polykrates an die Macht bringen konnte.
> Freidenker können nicht unter Tyrannen leben.
Viele andere freie Denker teilten dieses Schicksal später im christlichen Europa. Sie durften nicht kund tun, dass sie an der Existenz Gottes, welchen Gottes? ihre Zweifel hatten und dass sie die Dogmen der Kirche für menschliche Machenschaften hielten.
1723 musste der Philosoph Christian Wolff seine Professur aufgeben und die Stadt Halle aufgrund eines Befehls des preußischen Königs Friedrich Wilhelms I. innerhalb von 48 Stunden verlassen. Seine pietistischen Gegner hatten ihn des Atheismus beschuldigt.
Der deutsche Philosoph und Erzieher Johann Gottlieb Fichte wurde während seiner Jenaer Professur, 1794-1799, zur Zielscheibe im sogenannten „Atheismusstreit”. 1799 hatte eine zunächst anonyme Streitschrift Fichtes den Streit ausgelöst: Fichte wurde wegen Verbreitung atheistischer Ideen und Gottlosigkeit verklagt und zum Rücktritt gezwungen.
Auch religionskritische Philosophen wie David Hume, 1711-1776, Auguste Comte, 1798-1857, Ludwig Feuerbach, 1804-1872, David Friedrich Strauß, 1808-1874, hatten zu ihrer Zeit kaum Möglichkeiten an einer Universität zu lehren.
Der Philosoph Baruch de Spinoza, jüdischer Abstammung, wurde 1660 wegen seiner Bibelkritik von der jüdischen Gemeinde aus Amsterdam vertrieben.
Timuriden-Fürst in Samarkand Ulug Beg, 1394-1449, wurde wegen seiner Ansichten in Samarkand ermordet. Ihm wird folgender Satz zugeschrieben: „Die Religionen zerstreuen sich wie Nebel, die Zarenreiche zerstören sich von selbst, aber die Arbeiten des Gelehrten bleiben für alle Zeiten. Das Streben nach Wissen ist die Pflicht eines jeden!“
> Es darf keinen Zwang geben, an Wesen zu glauben, die nicht erkennbar sind. Wir können einen Gott so wenig erkennen wie das Vorhandensein einer unsterblichen Seele. Wir können auch darüber, was unser Schicksal bestimmt und was nach dem Tod kommt, nichts wissen, sondern wir können über solche Fragen nur Vermutungen äußern bzw. dies oder jenes glauben. Auch Autoritäten wie Platon und Aristoteles können sich irren und haben sich geirrt.
Zu unduldsamen Verfolgern wurden ganze Staaten, meist auf Veranlassung eines strenggläubigen Herrschers, der seine Macht durch eine erzwungene Einheit des Glaubens festigen wollte. Das versuchten Konstantin, Chlodwig, Karl d. Große, Karl V., Philipp II., Ludwig XIV., Mohammed, islamische, nationalistische und kommunistische Herrscher. Da strenggläubig immer auch engstirnig und unduldsam bedeutet, heißt das, dass der Strenggläubige weder Falschgläubige noch Ungläubige dulden, sondern sie im Namen der „wahren“ Götter, insbesondere im Namen des „einen wahren Gottes“ verfolgen wird.
> Wenn ein unduldsamer Gott als einzig wahrer Gott und eine unduldsame Religion als einzig richtige geglaubt wird, führt das unausweichlich zu Tyrannei und Verfolgung.
Er duldet keine anderen neben sich. Er will sie vernichten, herabsetzen, entmachten. Er ist eifersüchtig und jeder weiß, wozu Eifersüchtige fähig sind: zu allem. Anhänger solcher Gottheiten (Jehova; Allah;) nehmen sich das Recht heraus, ihre Glaubensvorstellungen mit Gewalt durchzusetzen und wissen Gott, den einzig wahren Gott natürlich, auf ihrer Seite. Besonders die Herrschenden und die Priesterschaft fördern diesen Glauben, weil er ihnen am meisten Nutzen, d.h. Status, Reichtum und göttliche Legitimation ihrer Macht bringt. Sie sind mit ihm aufs Engste verbunden, stehen in seinem Glanz, teilen seine Unfehlbarkeit, rechtfertigen in seinem Namen Kriege, Eroberungen, Gesetze, Verfolgungen und kassieren zu seiner Ehre Steuern aller Art. Vor allem bedrohte die einzig wahre Religion jene, die es wagten, Anderes, „Falsches“ oder gar nichts zu glauben. Ungläubige waren dann keine Menschen mehr, man durfte, musste sie sogar verfolgen, vernichten, ausrotten im Namen des wahren Gottes, zum Wohle der Rechtgläubigen, der Auserwählten Gottes.
Gott war und ist immer noch die Keule gegen jene, die es wagen, an ihm zu zweifeln. Wären die Menschen, die diesen Gott erfunden haben, größer gewesen, wäre ihr Geschöpf nicht so bedrohlich ausgefallen. Ihr Gott steckt in der Kampf-Krieg-Todphase, er wirkt nicht befreiend, sondern bedrückend.
Dass der Glaube an einen Gott auch tolerant sein konnte, zumindest in seinen Anfängen, bewiesen die Anhänger Zarathustras, der zwischen ~ -1800 bis -600 in Persien wirkte; seine Lebenszeit ist ungeklärt. Das ist eine rühmliche Ausnahme. Er setzte nicht auf gewaltsame Verbreitung seiner Botschaften, sondern auf Überzeugung und eben doch auf einen mächtigen Befürworter.
„Der Mensch wird als vernünftiges Wesen frei geboren und kann allein durch freie Entscheidung und persönliche Einsicht zu Gott gelangen.“ Zarathustra
Wie alle Neuerer wurde Zarathustra verfolgt. Er wandte sich gegen die Götzendienerei der Mithras-Priester, - wieder einer, der wusste, welches die richtige Religion und der wahre Gott ist. Erst als er im König von Choresmien einen mächtigen Fürsprecher seiner Ideen fand, breiteten sie sich schnell aus.
> Meist haben die Mächtigen entschieden, was die Menschen denken und glauben.
~700 Jahre später, 224, riss Ardaschir I., ein persischer Vasallenkönig, die Macht des zerfallenden Partherreiches an sich und gründete eine neue persische Dynastie, die Sassaniden-Dynastie. Er machte die alte Religion Zarathustras nicht nur zur einzig wahren Staatsreligion, sondern verfolgte im Namen des einzig wahren Schöpfergottes Ahura Mazda alle Andersgläubigen unbarmherzig, vor allem das entstehende Christentum. „Nun, da wir die (wahre) Religion auf der Erde gesehen haben, werden wir niemand seiner falschen Religion überlassen, und wir werden sehr eifrig sein.“ Quelle: Deschner K.d.C.= Kriminalgeschichte des Christentums
Aus der Überzeugung, im Besitz der Wahrheit zu sein, leitete er das Recht ab, allen diese Wahrheit aufzwingen zu dürfen. Aus einer gut gemeinten Religion wurde eine Religion, die andere verfolgte, eine Entartung, die sich zwangsläufig aus jedem Alleingültigkeitsanspruch ergibt. Eine ähnliche Wandlung zur unduldsamen Religion wird auch das Christentum ab dem 4. Jahrhundert unter den Nachfolgern Konstantins durchmachen.
Unduldsamer Gott der Israeliten, Christen und Muslime.
„Es ist unmöglich, mit Leuten, die man für verdammt hält, in Frieden zu leben; sie lieben hieße Gott hassen, der sie bestraft. Es bleibt keine andere Wahl, als sie zu bekehren oder zu peinigen.“ Rousseau
In der griechisch-römischen Antike wurden viele Götter nebeneinander verehrt. Sie ergänzten sich gegenseitig. Sie waren ein Team und niemand störte sich daran, für verschiedene Lebensbereiche verschiedene Götter zu haben, bis dieser unduldsame, jüdische Gott der einzig „wahre Gott“ sein sollte.
Die Wurzel allen Unheils
Drei Glaubenssätze machten die Juden zu Fremdkörpern in der antiken Welt:
Der Glaube, dass es nur einen
„wahren“
Gott gäbe,
dass sie das einzig auserwählte Volk dieses Gottes seien,
dass dieser Gott ihnen ein Land versprochen habe, das sich allerdings noch im Besitz anderer Völker befand, was für ein auserwähltes Volk natürlich kein Problem darstellt.
Das erste Gebot, das Jehova Moses, dem jüdischen Anführer gab, hieß:
1. Gebot: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“.
Und was geschah mit denen die mal abtrünnig wurden, weil sie es vielleicht mit einem sympathischeren Gott probieren wollten? Hören wir den „lieben Gott“ selbst oder besser die Menschen, die ihm diese Worte in den Mund gelegt haben:
Hosea 13:16 oder 14:1Samaria wird wüst werden; denn es ist seinem Gott ungehorsam. Sie sollen durchs Schwert fallen und ihre kleinen Kinder zerschmettert und ihre Schwangeren aufgeschlitzt werden.
Hier noch ein paar weitere Stellen, um abzuklären, wie der Herr mit Ungläubigen verfährt, die sich ihm nicht unterwerfen wollen:
Jesaja 34:2Denn der Herr ist zornig über alle Heiden und grimmig über all ihr Heer. Er wird sie verbannen und zum Schlachten überantworten. 3Und ihre Erschlagenen werden hingeworfen werden, dass der Gestank von ihren Leichnamen aufgehen wird und die Berge von ihrem Blut fließen.
Nachdem die Israeliten es gewagt hatten, ihrem Herrn untreu zu werden, befahl er (besser: seine Erfinder) Folgendes: 2 Mose Ex 32:27 „So spricht der Herr, der Gott Israels: Ein jeder gürte sein Schwert um die Lenden und gehe durch das Lager hin und her von einem Tor zum andern und erschlage seinen Bruder, Freund und Nächsten... Vom Volk fielen an jenem Tag gegen dreitausend Mann.“
Als die Israeliten die Götter der Moabiter angebetet hatten, 4 Mose: Nu 25:3„…entbrannte des Herrn Zorn über Israel, 4 und er sprach zu Mose: Nimm alle Oberen des Volks und hänge sie vor dem Herrn auf im Angesicht der Sonne, damit sich der grimmige Zorn des Herrn von Israel wende.... Es waren aber durch die Plage getötet worden vierundzwanzigtausend.“
Und so ahndete er die Absicht religiöser Seitensprünge:
5 Mose Dt:13:7-11Wenn dein Bruder... dein Sohn... deine Tochter... deine Frau... dein Freund sagt: ...‘dienen wir anderen Göttern‘… dann sollst du ihn anzeigen. Du sollst ihn (als Erster) steinigen, und er soll sterben.
Und das Volk tat wie Gott befohlen hatte:
2. Chronik 23:17Da ging das ganze Volk in das Haus Baals und brach es ab, und seine Altäre und Bilder zerbrachen sie und töteten Mattan, den Priester Baals, vor den Altären.
Jahrtausende lang haben Bibelgläubige dieses in der Bibel gutgeheißene Verhalten gegen Ungläubige und Falschgläubige in die Tat umgesetzt, die Juden gegen die Kanaaniter, die Christen gegen die Juden, gegen die Heiden, gegen die Ketzer, gegen die Muslime, gegen die Indianer…Das Interessante ist, dass Rechtgläubige gar nicht merken, was die Bibel den Falschgläubigen antun will, weil es als „richtig“ im Sinne der eigenen Weltanschauung empfunden wird, wenn Falschgläubige bedroht, bestraft, verfolgt und ausgerottet werden. Ist ja nur Recht so…oder?
Seit der Zerstörung des ersten Tempels -586 durch die Babylonier waren die Juden in vieler Herren Länder (Babylon; Ägypten, Griechenland…) zerstreut. Diejenigen, die ihre jüdische Identität nicht verlieren wollten, waren geistig nach Jerusalem orientiert. Dorthin schickten sie auch regelmäßige Abgaben für den Tempel, die Tempelsteuer. So wurde ihre Treue gegenüber dem Land, das sie gerade bewohnten und gegenüber der dort herrschenden Regierung, der sie dienen sollten, immer in Zweifel gezogen und misstrauisch beäugt. Die in aller Welt zerstreuten Juden wurden zwar durch ihren gemeinsamen Glauben an ihren Gott miteinander verbunden, gleichzeitig erregten sie durch die Einhaltung der mosaischen Gesetze und vor allem durch den Glauben an ihre Auserwähltheit bei ihren Nachbarn Unbehagen.
> Auserwähltheit für die einen bedeutet auch immer Abwertung der anderen. Wer sich selbst für auserwählt hält, neigt dazu, die „anderen“ mit Geringschätzung zu betrachten und sie schließlich auch so zu behandeln.
Die Juden durften gemäß ihren religiösen Gesetzen nicht mit den Andersgläubigen Tisch- und Ehe teilen. Sie beteiligten sich auch nicht an deren Kulthandlungen. Sie sonderten sich ab und hielten sich an besondere Reinheits- und Speisevorschriften. Auch durch ihre Beschneidung und durch die Einhaltung des Sabbats wollten sie sich überall als Israeliten von den „Anderen“ abgrenzen. Das war für die „Anderen“ Anlass die Juden ihrerseits für arrogant zu halten und ihrerseits Gesetze gegen sie zu erlassen, wo immer sie die Macht dazu hatten.
„Untersagt war ferner bereits nach mosaischem Recht die Eingehung einer Ehe mit den kanaanitischen Völkern; später wurde dann dieses Eheverbot auf alle fremden Völker erstreckt und die Eingehung jeder Mischehe verboten“.
Lexikon jüdisches Recht 1980
Die Juden wurden immer wieder aus den Ländern vertrieben, in denen sie sich niedergelassen hatten. Wer sich aus Reinheitsgründen absondert, wird in den Dreck gezogen und vertrieben. So funktioniert das Leben. Die ganzen Judengesetze des europäischen Mittelalters tendierten in diese Richtung. Schon der römische Geschichtsschreiber Tacitus, 55-115, schreibt: Die Juden seien „den Göttern verhasst und den übrigen Religionen entgegengesetzt“. Er wirft ihnen Verachtung der Götter und des Vaterlandes vor.
„Sie halten zusammen und betrachten den Rest der Welt mit Feindschaft“.
Ihre Religion und ihr Auserwähltheitswahn machten sie unverträglich für andere. Zu ersten Judenverfolgungen kam es unter dem hellenistischen König Antiochus IV., der die Einheit des Glaubens unter der griechischen Götterwelt erzwingen wollte. Er ließ im Tempel in Jerusalem ein Schwein opfern (Schweine sind für die Juden unreine Tiere) und untersagte alle jüdischen Kulthandlungen. Damit löste er -167 den Aufstand der Makkabäer aus.