Vor dem Morgen liegt die Nacht - Claudia Breitsprecher - E-Book

Vor dem Morgen liegt die Nacht E-Book

Claudia Breitsprecher

4,9

Beschreibung

Bei einer Theateraufführung begegnet Nina Althaus, 38-jährige West-Berlinerin, unverhofft der mondänen Maria Conti wieder - einer langjährigen Vertrauten aus ihren Kindertagen, die mittlerweile die Achtzig überschritten hat. Maria ist in Begleitung ihrer Nichte, der erfolgreichen Ost-Berliner Schauspielerin Michelle Odebrecht. Nina und Michelle kommen sich näher. Eine leise Liebesgeschichte entspinnt sich. Doch der Weg zueinander erfordert die Aussöhnung mit der Vergangenheit, die von persönlichen Enttäuschungen und politischen Umbrüchen geprägt ist. Ein einfühlsam erzählter, vielschichtiger Roman, dessen Lektüre lange nachklingt.

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FRAUEN IM SINN

 

Verlag Krug & Schadenberg

 

 

Literatur deutschsprachiger und internationaler

Autorinnen (zeitgenössische Romane, Kriminalromane,

historische Romane, Erzählungen)

 

Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen

rund um das lesbische Leben

 

Bitte besuchen Sie uns: www.krugschadenberg.de.

Claudia Breitsprecher

Vor dem Morgen liegt die Nacht

Roman

Obwohl in diesem Roman viele historische Begebenheiten erwähnt werden, die sich tatsächlich ereignet haben, so sind doch die Handlung und die Charaktere frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

Danksagung

Anja hat den Entstehungsprozess dieses Buches in jeder Phase liebevoll und zuversichtlich begleitet, mir bei den Recherchen geholfen, die Entwürfe gelesen und mit mir diskutiert.

Silvia hat mit zahlreichen Anregungen, mit Begeisterung, Kritik und Humor dazu beigetragen, das Werk voranzubringen. Sehr wertvoll war die Bereitschaft ihrer ArbeitskollegInnen, als ZeitzeugInnen manche historische Detailfrage zu klären.

Auch meine Familie war mir dabei eine große Hilfe.

Annette, Christine, Inge und Marita haben mich mit Ansporn und Einschätzungen, bei der Beseitigung von Zweifeln und PC-Problemen unterstützt.

Für meine Recherchen waren die ausführliche Materialsammlung im Spinnboden Lesbenarchiv und die im Jahr 2004 durchgeführte Ausstellung zum Thema »Lesben in der DDR« im Frieda Frauenzentrum, beide Berlin, sehr hilfreich. Insbesondere die in diesem Rahmen von Leo, Marinka und Samirah angebotenen Veranstaltungen vermittelten mir einen umfassenden Einblick.

Andrea und Dagmar haben sich dem Projekt mit großem Interesse, mit Akribie und Ideenreichtum angenommen.

Ihnen allen danke ich sehr herzlich.

1

Nina Althaus betrat das Foyer des Theaters und erstarrte. Die massive Glastür, durch die sie gekommen war, wäre ihr wohl in den Rücken geschwungen, hätte nicht ein eifriger Kartenkontrolleur es mit raschem Reflex zu verhindern gewusst. »Vorsicht!« rief er warnend, als er seine Hand vor den drohenden Aufprall schob, aber Nina hörte ihn nicht. Dabei hätte ein Stoß sie schwer getroffen, denn sie war klein und auch recht zierlich, nicht geschaffen, einem harten Schlag zu widerstehen. In diesem Augenblick aber war sie vor allem gebannt. Da stand eine Frau am anderen Ende der Halle. Sie reichte ihren Mantel über die Theke der Garderobe. Und sie lächelte dabei.

Seit einer Ewigkeit hatte Nina dieses Lächeln nicht mehr gesehen, das Lächeln nicht und nicht das strahlende Blau der Augen, die es unterstrichen und ihm eine Aura allumfassender Güte verliehen. Allein in der Einsamkeit ihrer Wohnung war es ihr immer wieder erschienen, in der Dunkelheit, wenn sie die Lider schloss und nicht schlafen konnte, wenn quälende Stimmen sie marterten, gehässig und schonungslos fragten, ob sie genug Kraft habe für den nächsten Tag. Dann tauchte es auf wie eine treue Gefährtin, und einzig seine Zuversicht vermochte die niederträchtigen Geister der Nacht zu vertreiben. Es war stets zeitlos gewesen, dieses Lächeln, aber jetzt war es alt geworden. Nina sah es nur im Profil, und doch gab es keinen Zweifel: Da drüben, kaum mehr als zwölf Schritte entfernt, groß und würdevoll, stand Maria Conti.

Sie war noch immer eine beeindruckende Erscheinung in der Menge der Namenlosen. Ihr ehemals bronzefarbenes leicht gewelltes Haar war längst ergraut, die Male eines langen Lebens spiegelten sich als dunkle Flecken in ihrem Antlitz, und die einst vollen Lippen bildeten nun eine vornehme Linie in ihrem faltigen Gesicht. Sie trug ein rostrotes Kostüm und eine sandfarbene Bluse. Ein seidenes Tuch in hellem Grün bedeckte ihren Hals, der zu lang war, noch immer zu lang. Nina konnte sich vorstellen, wie Maria es angelegt hatte mit einer einzigen, kaum merklichen Drehung ihrer Hand, wie die Eleganz dieser Bewegung den feinen Stoff in eine perfekte Lage hatte schweben lassen. Wie oft hatte Nina ihr dabei zugesehen, wie oft hatte sie mit bewunderndem Blick die Sicherheit dieser Geste genossen und sie später vor dem Spiegel zu imitieren versucht, ohne dass es ihr je gelungen wäre.

»Nun gehen Sie doch endlich weiter!« quengelte eine Männerstimme zu ihrer Linken, aber sie konnte sich noch immer nicht rühren. Ihr Herz begann zu rasen, und ihre Knie wurden so weich, dass jeder Schritt ein Wagnis gewesen wäre.

Ein Wagnis, in der Tat. Maria war damals einfach fortgegangen, ohne ein Wort. Nina hatte gehört, wie die Tür ihrer Wohnung ein letztes Mal zufiel, und alles in ihr war mit diesem Geräusch gestorben. Ja, es stimmte, sie hatte Maria nicht sehen wollen, als sie ging. Es hatte Gründe gegeben, gute Gründe, und die gab es immer noch. Sie konnte nicht einfach zu ihr hinübergehen. Der alte Zorn hinderte sie, hielt sie zurück und flüsterte von Verrat, während ihre Liebe sich im hintersten Winkel ihrer Seele verkroch.

Die Minuten verrannen, das Foyer füllte sich schnell. Maria stand ganz still inmitten des Getümmels und schien zu warten. Ihr Blick fiel immer wieder in den Gang, über dem ein Schild mit verschnörkelten Piktogrammen die Toiletten auswies, dann hinüber zur Bar, wo der Espresso-Automat mit lautem Röcheln seine Arbeit verrichtete, er folgte dem Weg einer stämmigen Blondine, die mit kräftiger Stimme das Programmheft anpries, glitt weiter durch den Raum, ziellos und gelangweilt, bis die Aufregung einer erbost klingenden Menge seine Aufmerksamkeit fand.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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