Während Du Tot Warst - Amanda Adams - E-Book

Während Du Tot Warst E-Book

Amanda Adams

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Beschreibung

Ich kann dir eine einfache Wahrheit verraten,
Lügen haben Konsequenzen.
Und dasselbe gilt, wenn du einer Frau das Herz brichst.

Vor zwölf Jahren hatte Max Crayton keine Wahl. Als Agent der Regierung wurde er für tot erklärt, um unterzutauchen und einen Verräter aufzuspüren. Er meisterte seine Mission, doch verlor die einzige Frau, die er je geliebt hatte... und ein Kind, von dem er nichts wusste.
Max war ihr Leben, ihr Herzschlag. Nach seinem Tod war Kat Jannsen alleine und wurde immer noch von ihrer gefährlichen Vergangenheit verfolgt. Sie musste alles riskieren, um ihre Tochter in Sicherheit zu bringen.

Als Kat entdeckt, dass Max noch am Leben ist, wird ihr sorgfältig zusammengepuzzletes Leben in Stücke gerissen. Aber ein alter Feind beobachtet sie... und wartet darauf zuzuschlagen. Als die Gefahr immer größer wird, kann sie sich an niemanden wenden außer Max. Sie kann ihm ihr Leben anvertrauen, aber wagt sie es auch, ihm ihr Herz zu schenken?

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Während Du Tot Warst

Amanda Adams

CJ Snyder

Inhalt

Über Während Du Tot Warst

Prolog

Kapitel Eins

Kapitel Zwei

Kapitel Drei

Kapitel Vier

Kapitel Fünf

Kapitel Sechs

Kapitel Sieben

Kapitel Acht

Kapitel Neun

Kapitel Zehn

Kapitel Elf

Kapitel Zwölf

Kapitel Dreizehn

Kapitel Vierzehn

Kapitel Fünfzehn

Kapitel Sechzehn

Kapitel Siebzehn

Kapitel Achtzehn

Kapitel Neunzehn

Kapitel Zwanzig

Epilog

Tödliche Abrechnung

Bücher von Amanda Adams

Deutschen VIP Leserliste

Über die Autorin

Über Während Du Tot Warst

Ich kann dir eine einfache Wahrheit verraten,

Lügen haben Konsequenzen.

Und dasselbe gilt, wenn du einer Frau das Herz brichst.

Vor zwölf Jahren hatte Max Crayton keine Wahl. Als Agent der Regierung wurde er für tot erklärt, um unterzutauchen und einen Verräter aufzuspüren. Er meisterte seine Mission, doch verlor die einzige Frau, die er je geliebt hatte... und ein Kind, von dem er nichts wusste.

Max war ihr Leben, ihr Herzschlag. Nach seinem Tod war Kat Jannsen alleine und wurde immer noch von ihrer gefährlichen Vergangenheit verfolgt. Sie musste alles riskieren, um ihre Tochter in Sicherheit zu bringen.

Als Kat entdeckt, dass Max noch am Leben ist, wird ihr sorgfältig zusammengepuzzletes Leben in Stücke gerissen. Aber ein alter Feind beobachtet sie... und wartet darauf zuzuschlagen. Als die Gefahr immer größer wird, kann sie sich an niemanden wenden außer Max. Sie kann ihm ihr Leben anvertrauen, aber wagt sie es auch, ihm ihr Herz zu schenken?

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Copyright © 2018 von Tydbyts Media und J. Dennis

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf vervielfältigt oder in irgendeiner Form übertragen werden, egal ob elektronisch, digital oder mechanisch. Dies beinhaltet auch Fotokopien, Aufnahmen, Scans oder jegliche andere Art der Datenspeicherung und Abfragesystemen ohne die ausdrückliche, schriftliche Erlaubnis des Herausgebers.

Herausgegeben von Tydbyts Media

[email protected]

Adams, Amanda und Snyder, CJ

Während du tot warst

Cover design Copyright 2018 Romance Conventions Inc

Dieses Buch ist ein fiktives Werk. Namen, Personen, Orte und Geschehnisse sind ein Produkt der Fantasie des Autors und werden fiktional eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeiten mit Personen, lebend oder verstorben, sind komplett zufällig.

Prolog

Vor zwölf Jahren

Kat Jannsen weinte nicht an dem Tag, als sie Maxwell Crayton beerdigte.

Viele andere taten es. Trauergäste versammelten sich in Scharen um den langen Sarg, der mit einer Flagge umwickelt war. Noch mehr waren in der Kirche, doch Kat hatte den Teil mit Gott ausgelassen.

Sie blieb hinter einem Baum stehen, denn sie fühlte sich fehl am Platz, uneingeladen, unerwünscht und wunderte sich über die Flagge. Militär? Welche anderen Geheimnisse hatte er gehabt?

Kat konnte nicht sagen, warum sie gekommen war. Abgesehen davon, dass sie ihn so liebte, wie keinen anderen Menschen zuvor. So viele Hoffnungen würden in diesem Sarg beerdigt werden. So viele Träume. So viel Verzweiflung würde zurückbleiben.

Sein Tod hätte keinen Unterschied mehr machen sollen. Er war schon zwei Monate vermisst gewesen, bevor er starb. Drei Monate davor hatte er sie wie eine gebrauchte Sonntagszeitung weggeschmissen.

Jetzt zitterte Kat im kalten Schneeregen. Sie schüttelte ihren Kopf gewaltsam, um die ersten Tränen seit Tagen abzuwehren. Sie richtete ihre Schultern auf. Du wirst nicht weinen. Sie hatte kein Recht dazu, die Zeremonie der Familie zu besuchen, aber sie vertrat jemanden, der dabei sein sollte.

Ihr Blick schweifte über die Runde aus Trauernden. Sie falteten die Flagge. In wenigen Momenten würde sie es wissen. Sie übergaben Miriam die Flagge, der Schwester, die ihn aufgezogen hatte. Miriam. Die einzige Chance für Kats Baby, ein normales Leben zu haben. Schmerz stach durch ihr Herz. Kummer wegen Max, Kummer wegen dem Baby, das sie bereits zu sehr liebte, um es zu behalten. Kat kämpfte gegen die Tränen an, damit sie die Frau sehen konnte, die ihre Zukunft – das Leben ihrer Tochter – in ihren Händen hielt.

Der Soldat blieb vor einer älteren Frau stehen und Kat verzog das Gesicht. Miriam war dreiundvierzig, fünfzehn Jahre älter als Max. Die Frau sah ein Jahrzehnt älter aus. Zu alt? Nein. Sie konnte nicht zu alt sein. Frauen hatten ständig Babys in ihren Vierzigern. Vielleicht lies der Verlust sie älter aussehen.

Ein noch älterer Mann stützte sie. Sein Arm wirkte stark und robust an ihrer Schulter. Fünf andere standen um sie herum und bildeten einen Halbkreis um das Paar. Zwei Neffen, hatte Max gesagt. Neffen mit Ehefrauen oder zumindest Partnerinnen? Erwachsene Neffen? Die Frau drehte ihren Kopf, um auf etwas zu antworten, das ihr Mann gesagt hatte und Kat hielt die Luft an, als sie den nackten Schmerz auf dem Gesicht sah, das dem von Max so ähnlich war. Die Ähnlichkeit war beinahe so groß, wie zwischen ihr und ihrer Mutter.

Das war also Miriam. So viel Trauer. Sie musste ihren Bruder wirklich geliebt haben. Aber Kat hatte nicht erwartet, dass sie so alt war. Sie hatte sich ein warmherziges, junges Liebespaar vorgestellt. Für einen Moment lang ließ sie sich gegen den Baum fallen.

Es ist niemals leicht, Kat. Max‘ Worte und zuvor die ihrer Mutter. Worte, nach denen sie lebte. Warum sollte es hier anders sein?

Du hast keine Wahl, Kat. Außer du willst dein süßes Baby verdammen, noch bevor es den ersten Atemzug nehmen kann.

Alles stimmte. Keine Wahl, keine Möglichkeiten, außer das unschuldige Kind in die Hände des Schicksals zu legen. Nein. Sie musste Miriam vertrauen.

Mehr Getümmel am Grab. Trauernde begannen, Miriam und ihren Ehemann zu begrüßen. Zeit zu gehen. Kat würde sich heute nicht aufdrängen. Aber bald. Es war nicht mehr viel Zeit übrig.

Kapitel Eins

Fünf Jahre später

Max Crayton steuerte sein Auto zur Straßenseite und machte den Motor aus. Seine Hände zitterten. Sein Herz schlug fest in seiner Brust und laut in seinen Ohren. Zu laut. Zu fest. Er fokussierte sich auf das Dairy Queen, auf die Bäume, die sanft in der Frühlingsbrise wehten. Zuhause. Nach so vielen langen Jahren war es vorbei. Er konnte endlich wieder sein Leben aufnehmen, wo er es verlassen hatte.

Du kannst Kat nicht zurückhaben.

Reue durchbohrte ihn, so stechend und kraftvoll, dass er zusammenzuckte. Er sollte verschwinden – einfach den Motor anmachen, zu dem Haus seiner Schwester fahren und es hinter sich bringen. Deshalb war er hier. Aber er war noch nicht bereit. Bei Miriam anzukommen, verkündete einen Neuanfang. Der erste Tag vom Rest seines Lebens. Seine Faust lag auf dem Lenkrad. Es war nicht so verdammt einfach.

Denn bei Miriam anzukommen, würde die Tür zu seiner Vergangenheit für immer verschließen. Und deshalb war er hier, über den Bluff River Falls in Wyoming und beobachtete, wie das Leben im Tal darunter weiterlief. Er hatte die langen Jahre überlebt, weil seine Vergangenheit auf ihn wartete. Der ultimative Grund, weshalb er es getan hatte. Sein Leben. Intakt. Mit Kat wäre es vollständig. Die simple Fahrt zu Miriam würde diese Fantasie für immer beenden.

Er schloss seine Augen und kämpfte gegen den unvermeidlichen Moment an, in dem sich die Tür – die Tür zu ihr – für immer schließen würde. „Kat“, flüsterte er. „Ach, Schatz, ich würde alles anders machen...“

Würde er?

Schneller als ein einziger Herzschlag.

Könnte er?

Nein.

Er hatte den einzig möglichen Pfad gewählt. Kat war die wertvollste Sache, die er verloren hatte, aber nicht die einzige.

Du wusstest es von Anfang an.

„Nicht, als ich zugestimmt hatte“, argumentiert er.

Nun, der Zug ist abgefahren.

Mit finsterem Blick startete er das Auto erneut. Miriam würde helfen. Seine Schwester wusste immer, wie sie ihn aufmunterte. Sie hatte ihn bemuttert, nachdem seine Eltern gestorben waren. Miriams Ehemann Doug war während seiner „Abwesenheit“ verstorben und er fragte sich, wie es seiner Schwester damit ging. Und vor allem, wie sie auf ihren „toten“ kleinen Bruder reagieren würde.

Er kurvte durch bekannte Straßen seiner Kindheit und stoppte erneut, diesmal vor dem bescheidenen, gelben Haus mit drei Geschossen. Eine Minute lang saß er da, starrte auf das Haus und war überrascht von dem rosafarbenen Dreirad, das frech auf der Veranda stand. Ein Nachbarskind wahrscheinlich, dann beide Jungs von Miriam waren bereits erwachsen und ausgezogen. Dreißig Sekunden später wich er dem Dreirad aus und stand vor der Eingangstür. Er hob seine Hand an, um anzuklopfen und ließ sie wieder an seine Seite fallen.

Was würde er sagen? „Hallo, Schwester. Überraschung! Ich bin gar nicht tot.“ Würde sie verstehen, dass er sein arrangiertes Ableben immer noch nicht besprechen konnte? Würde sie ihn wieder in ihr Leben lassen? Ihm verzeihen?

Er hob seine Hand erneut, aber die Tür flog auf einmal auf und eine entzückende Elfe von drei oder vier Jahren stand vor ihm. Perfekte kleine Zähne strahlten ihm entgegen, als sie ihn anlächelte. „Hi Max.“ Er hielt ein Stirnrunzeln zurück. Sie kannte ihn? Lange, blonde Zöpfe schwangen in der Luft, als sie ihren Kopf drehte. „Mami, Max ist zurück aus dem Himmel.“

Mami? „Nein, warte -“ Zu spät. Miriam trat in seinen Blickwinkel, etwas dicker und grauer, als er sie zuletzt gesehen hatte, aber so angenehm vertraut, dass sich seine Augen mit plötzlichen Tränen füllten.

„Hi, Schwester“, flüsterte er. „Ich bin zuhause.“ Unbewusst wiederholte er die Worte des kleinen Mädchens und lächelte.

Miriam stand erstarrt dort. Ihr Blick ließ seine Augen nicht los. Sie schien nicht einmal zu atmen, aber er konnte sehen, wie sich ihre Hände bewegten – sich ballen und lockern, sich ballen – was sich über Stunden zu ziehen schien.

Oh Gott, lass sie keinen Herzanfall haben, betete er, während er eine Hand nach ihr ausstreckte.

„Max?“, murmelte sie endlich und wartete auf sein Nicken, bevor sie die Fliegengittertüre aufstieß. Ihre Handfläche fuhr den Umrissen seines Kinns nach und ihre Augen suchten nach seinen, bis er nickte und lächelte. „Wie?“

„Geschäftlich“, wich er aus und hasste den Schmerz in ihren Augen. „Es war geschäftlich. Ich konnte es dir nicht sagen.“ Fragen blitzten in ihren Augen auf und er schüttelte den Kopf. „Ich kann es immer noch nicht. Es ist vorbei und ich bin –“

„Zuhause“, beendete sie für ihn. Mit großen Augen und den Händen an seinem Gesicht, starrte sie ihn an, unfähig es zu glauben.

„Maxey, siehst du mir zu, wie ich mein Dreirad fahre?“ Ein starkes Rütteln an seiner Jeans kam mit der Einladung und er warf seiner Schwester ein Lächeln zu, während seine Hände warm auf ihren lagen, bevor er sich zu dem Kobold hinunterbeugte.

„Das mache ich liebend gerne, Mäuschen. Wie heißt du?“

„Elizabeth. Aber mir gefällt Esmeralda besser. Komm mit.“ Als würde sie ihn bereits lange kennen, nahm sie seine Hand und zog ihn über die Stufen nach unten. „Du kannst hier sitzen.“ Ihre langen Zöpfe schwangen und drehten sich in Richtung der untersten Stufe. „Von dort kannst du mich gut sehen.“

Max setzte sich folgsam nieder. Seine Schwester folgte ihm langsam und sank neben ihm nieder, während das niedliche, kleine Mädchen mit einem schrillen Quietschen über den Gehsteig raste. Sein Blick wanderte weg von der rollenden Lärmmaschine, um seine Schwester anzulächeln. „Elizabeth oder Esmeralda?“

„Elizabeth. Sie wünschte, es wäre Esmeralda.“

„Sie habe ich auf jeden Fall nicht erwartet.“

Miriam sah für einen Moment besorgt aus, erwiderte dann jedoch sein Lächeln und richtete ihren Blick wieder auf ihre blauäugige Tochter. „Wir auch nicht.“ Sie seufzte und klopfte ihm auf den Arm. „Das Leben ist oft unerwartet.“

Er schnappte sich ihre Hand, verschränkte seine Finger mit ihren und drückte zu. „Es tut mir leid, dass ich es dir nicht sagen konnte, Mim. E-es wurde mir nicht gestattet. Ich hätte nie –“

„Es ist vorbei, Max.“ Miriam unterbrach ihn und beobachtete ihre Tochter weiter. „Vorbei. Hast du von Doug gehört?“

„Sie haben es mir letzte Woche bei meiner Nachbesprechung gesagt. Tut mir leid, Mim.“

„Nachbesprechung? Nennt man eine Wiederauferstehung heute so?“, fragte sich Miriam und ein bekannter Hauch von Sarkasmus vibrierte in ihrer Stimme. „Lizzie ist alles, was ich noch habe, Max.“ Sie klang abwehrend. Er konnte es ihr nicht verübeln. Das einzige, worauf er zählen konnte, war die Zeit, die es brauchen würde, um das Vertrauen wieder aufzubauen. Ihr Griff festigte sich in seinem. „Du weißt nicht, wie viel sie mir bedeutet. Ich werde alles tun, alles, damit sie nicht verletzt wird.“

„Genauso, wie du es bei mir gemacht hast.“ Ein Freudenschrei vom Gehsteig lenkte die beiden ab. Max grinste. „Lizzie, hm? Woher kannte sie meinen Namen?“

Mim lächelte und zum ersten Mal sah Max einen Funken von seinem alten Leben, das sich in ihren glänzenden Augen widerspiegelte. „Deine Bilder. Weißt du, wir haben Fotos immer als Ritual vor dem Schlafengehen gemacht. Ich habe deine weiterhin gezeigt, auch nachdem wir gehört hatten, dass du verschwunden bist. Dann warst du tot, aber ich fand es nicht richtig, dich auszulassen.“ Miriam räusperte sich und sprach langsam weiter. „Du bist immer ein Teil ihres Lebens gewesen, so wie unsere Eltern, wie Doug.“

„Tut mir leid“, flüsterte er. Würde sein Leben so aussehen? Entschuldigungen? Fürchterliche Reue?

Miriam schniefte und versuchte, ihre Tränen wegzuwischen. „Wir haben mit den Bildern weitergemacht – all den Bildern.“ Beide beobachteten Lizzie.

War die Stille genauso unangenehm für seine Schwester wie für ihn? Wenn er sie jetzt ansah, würde er vielleicht weinen, also hielt er seinen Blick starr auf Lizzie gerichtet, die gerade die Ecke erreicht hatte, eine perfekte Wendung hinlegte und wieder auf sie zukam. „Sie ist wunderschön.“

„Das ist sie. Und schlau.“ Stolz und bittersüße Trauer lagen in ihrer Stimme.

Für Doug, schätzte er, der seinem kleinen Mädchen nicht dabei zusehen konnte, wie es aufwuchs. „Gute Gene – du und Doug.“ Er grinste sie an und war überrascht, als ihre Tränen bei seinen Worten noch stärker flossen.

„Großartige Gene“, stimmte sie zu. Sie sahen Lizzie dabei zu, wie sie am anderen Ende des Blocks stehenblieb. „Bist du wirklich zurück, Max?“ Miriams Stimme versagte ungläubig. „Denn ich weiß wie es ist mit der Regierung. Die Geheimnisse. Die Halbwahrheiten. Jemand braucht einen Gefallen...“

Er unterbrach sie und suchte ihren Blick. Harter Stahl kratze in seiner Stimme. „Ich bin damit durch. Und bin endgültig zurück.“ Es war ein feierliches Versprechen. „Ich öffne eine Sicherheitsfirma hier in der Innenstadt.“ Er sah in die hellblauen, ehrlichen Augen seiner Schwester und sah den Schmerz seiner Lügen. Die Verletzung, die sich darin spiegelte, war beinahe unerträglich.

Niemals, versprach er, niemals wieder würden seine Taten diejenigen verletzten, die er liebte. „Ich hoffe, dass ich die Scherben aufsammeln kann, Mim, und wieder neuanfangen kann. Ich weiß, dass du es nicht verstehen kannst und es schmerzt wahrscheinlich mehr, als ich in Worte fassen kann, aber ich habe getan, was ich tun musste.“ Auf einmal sah er nicht mehr Miriams Augen, aber dunklere, in der Farbe eines Mitternachtssturms. Ihr Schmerz saß tiefer. Er musste mit diesem Schmerz für den Rest seines Lebens leben.

Kat! schrie sein Herz. Nutzlos, diese Reue, aber er konnte sich nicht helfen. Es tut mir so leid.

Sanft blies er seinen Atem aus und konzentrierte sich wieder auf seine Schwester. „Ich werde mein Leben wieder aufbauen, Mim. Neu anfangen. Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe. Ich hatte keine Wahl.“

„War es so furchtbar dringend, Max? Hat es sich gelohnt?“

Dringend? Er wollte auf einmal lachen, aber nur mit kalter Verbitterung.

Dringend? So dringend wie die Welt zu retten? Eine vierjährige Suche, ein Sieg – aber für einen schrecklichen Preis. Er wusste es nicht, nicht damals. Aber er wusste es jetzt. Er würde für den Rest seines Lebens dafür bezahlen.

Gelohnt? Eine sehr gute Frage. Eine, die er selbst nicht beantworten konnte. Nicht heute, wo schon ein Blick auf seine Schwester ausreichte, um den Schaden zu sehen, den er verschuldet hatte. Er hatte ein großes Unheil verhindert, aber das Böse gedieh weiterhin in dieser Welt. Er hatte Jahre seines Lebens gegeben, aber andere hatten den Rest ihres Lebens geopfert.

Gelohnt?

„Es musste erledigt werden“, antwortete er endlich und die Trauer zerriss sein Herz, als seine Worte eine neue Welle an Tränen in Mims brennende Augen brachte. „Ich werde es wieder gut machen, Mim. Ich schwöre dir, das werde ich.“

Und Kat? Wirst du es bei ihr auch wieder gut machen?

Max schimpfte leise, und schob die Gedanken an seine Liebe von sich. Einen Tag nach dem anderen, hatte ihm seine dankbare Regierung gesagt. So bringst du dein Leben wieder in Ordnung. Der heutige Tag gehörte Mim. Er nahm ihre Hand in seine. „Ich kann den Schmerz nicht auslöschen, den ich verursacht habe. Ich weiß, dass es kein Zurück gibt.“

Mims Augen schlossen sich plötzlich. Sie sah zu ihrer Tochter und in ihrem Gesicht spiegelte sich eine Härte. Eine Entscheidung? Was immer es war, sie würde es nicht mit ihm teilen. „Nein, es gibt kein Zurück.“

Heute

Kein Zurück. Seit sieben Jahren war Max diesem Vorsatz gefolgt. Er bekräftigte sein Gelübde, nie wieder einen geliebten Menschen zu verletzen; und holte sich sein Leben mit beiden Händen zurück. Seine Sicherheitsfirma, die er in Miriams Garage gestartet hatte, war dank einiger Rancher aus Hollywood, die den Frieden und die Eintracht von Wyomings wunderschöner Landschaft entdeckt hatten, geboomt.

Kein Zurück. Ein Fakt.

Das Leben war nie einfach.

Fakt Nummer drei: Nichts veränderte sich jemals. Max kämpfte immer noch gegen das Böse in der Welt. Er hatte seine Welt nur auf Bluff River Falls verkleinert. Er schüttelte seinen Kopf und versuchte die Bitterkeit abzuwerfen. Nein, es war nicht fair. Ja, der Preis war zu hoch. Aber es war vorbei. Er hatte keine Zeit, um in Erinnerungen zu schwelgen, nur weil eine Frau namens Katherine eine Nachricht über ein neues Sicherheitssystem für ihr Haus hinterlassen hatte.

Katherine. Er starrte auf sein Gekritzel auf dem Notizblock und kämpfte gegen einen plötzlichen Drang, Kats alte Bilder aus der Schublade zu holen. Katherine Simmons war nicht Kat. Katherine Simmons war vierzig Jahre alt, mit einem Ehemann, drei glücklichen Kindern und einem Haus voller Dingen, die sie liebte. Damit dies so blieb, hatte sie ihn angerufen. Kein Grund, um alte Erinnerungen hochkommen zu lassen. Besonders wenn es so verdammt wehtat.

Max griff nach seinem Telefon, um Mrs. Simmons‘ Anruf zu beantworten, legte es aber wieder zurück, als die äußere Tür seiner Rezeption hart zugeschlagen wurde. Er grinste. Keiner konnte die Tür so fest zuschlagen, wie seine zehnjährige Nichte. „Hi Libelle“, rief er. „Ich bin hier.“

„Als ob du jemals irgendwo anders wärst? Und nenn mich nicht so.“ Der düstere Ton in ihrer Stimme war ihr ins Gesicht geschrieben, als sie eine Sekunde später in das Zimmer getrottet kam. „Das Leben ist furchtbar, Onkel Max.“

Er versteckte sein Lächeln und zog eine finstere Miene. „Was ist sonst noch neu? Keine Schule heute?“

„Nö. Der Lehrer ist auf einer Weiterbildung. Und nichts ist neu.“ Sie seufzte viel zu dramatisch und schwang ihre schlaksige Statur auf das Sofa. „Nichts ist jemals neu in meinem Leben.“

Max verschränkte seine Hände auf dem Tisch und wartete. „Nun?“ forderte er sie auf, als Lizzie weiterhin still schmollte. „Ist das alles, was du wolltest?“

Lizzie seufzte erneut, diesmal sogar mit größerer Verzweiflung. „Mom erlaubt mir nicht, meinen Bauchnabel zu piercen und ich habe den ganzen Samstag mit ihr in der Klinik verbracht, statt im Einkaufszentrum.“

„Warum war sie in der Klinik?“ Er versteckte seine Sorgen unter einem fröhlichen Ton. Mim war Diabetikerin, eine Krankheit, die wenige Monate nach seiner Rückkehr festgestellt worden war. Sie war vorsichtig mit ihren Essgewohnheiten, machte Sport und achtete auf ihr Gewicht, aber die Krankheit geriet weiter außer Kontrolle.

„Geschwollene Knöchel“, beschwerte sich Lizzie. „Sie hätte am Freitag gehen können oder sogar am Montag, aber nein, es musste Samstag sein. Und ich kann nicht bei dir bleiben, weil du zu beschäftigt bist.“ Sie warf ihm einen Blick zu und versuchte dabei lässig zu wirken, doch es gelang ihr nicht. Lizzie konnte nicht lässig sein, selbst wenn ihr Leben davon abhinge.

„Nun, es tut mir leid, aber deine Mutter hat recht. Kannst du nicht am Sonntag in das Einkaufszentrum gehen?“

„Pat’s Piercings hat am Sonntag nicht geöffnet.“

„Ich dachte, sie hat nicht erlaubt, dass –“

„Zu spät, wenn es schon passiert ist, oder?“ Ihr Grinsen war jetzt absolut verschwörerisch. „Du kannst für mich unterschreiben.“

Max biss nicht an. „Bring mich nicht in diese Position, Liz. Hast du schon jemals daran gedacht, dass sie gerne möchte, dass du mit ihr in die Klinik fährst? Dass sie deine Gesellschaft vielleicht genießt?“

Lizzie schnaufte. „Nicht Mom. Sie ist ein Fels.“ Ihre Lippen spitzten sich und ihre Augen zogen sich zusammen. „Ein gemeiner, sturer Fels.“ Sie starrte Max an.

Er zuckte mit den Schultern. „Es ist ihre Aufgabe, das Leben ihrer Tochter furchtbar zu machen, Libelle. Das habe ich dir seit Jahren gesagt. Deine Mutter will nur das Beste. Sie weiß, dass du hier bist, oder? Wo ist sie? Zuhause?“

Lizzie zuckte mit den Achseln. „Beim Arzt. Ich sollte den Bus nach Hause nehmen, aber ich habe kein Geld mehr.“

„Was ist mit deinem Geld passiert?“ Mim würde Lizzie niemals ohne Geld für den Bus losschicken.

„Ich war hungrig.“ Offensichtlich sank sein Intelligenzquotient in ihren Augen wie ein Stein ab.

„Natürlich.“ Max nickte pflichtbewusst. „Also hast du etwas gekauft –“

„Nur einen Schokoriegel. Und einen Cappuccino.“ Ihr Blick beurteilte seine Reaktion. „Schau nicht so finster, Onkel Max. Das steht dir nicht gut.“

„Genauso wie Koffein kleinen Mädchen nicht steht.“

„Ich bin kein kleines Mädchen. Ich bin fast elf und ich bekomme Brüste.“ Sie schob ihre Beine von der Couch und blickte ihn an, damit er das volle Ausmaß sehen konnte.

Max ließ seinen Blick auf den Tisch sinken, wissend dass er die Hitze nicht verstecken konnte, die langsam an seinem Hals hinaufwanderte. Brüste, tatsächlich!

Das Telefon läutete. Er seufzte erleichtert und hoffte, dass seine sofortige Aufmerksamkeit erfordert war, damit er seiner kleinen Unruhestifter-Nichte befehlen konnte, nach Hause zu flitzen.

„Max, hier ist Miriam.“ Er konnte sie kaum flüstern hören.

„Sie ist bei mir, Mim. Sie hatte nicht genug Geld für Essen und den Bus. Ich bringe –“

„Nein. Ich brauche dich.“

Miriam fragte niemals um Hilfe. „Wo?“ Max schnappte sich seine Schlüssel. Es war schlimm, egal was es war.

Lizzies untypische Stille fiel ihm nicht auf, während Max seinen Truck zur Klinik raste, aber als sie nebeneinander über den Parkplatz liefen, kroch ihre Hand in seine. Das fiel ihm auf. Max verlangsamte seine Schritte. Sein Griff festigte sich bekräftigend um die kleineren Finger. „Es wird alles gut, Libelle.“

Überraschenderweise beschwerte sie sich nicht über den Spitznamen. „Hat dir Mom gesagt, was los ist?“

„Nein. Aber das finden wir heraus. Alles wird in Ordnung sein, Schatz. Wenn sie für eine Weile bleiben muss, kommst du einfach zu mir. Du weißt, dass ich immer auf dich aufpassen werden, richtig?“ Die breite, automatische Tür der Klinik öffnete sich und Lizzie zog ihn an der Hand zurück. Max stoppte gehorsam, bückte sich herunter und zog ihren zitternden Körper in eine riesige Umarmung.

„Du verschwindest nicht, oder?“

Er hätte sie von sich weggeschoben, um ihr in die Augen zu sehen, aber sie hielt sich an seinem Hals fest, als würde ihr Leben davon abhängen. „Verschwinden? Natürlich werde ich nicht verschwinden. Warum fragst du das?“

„Mom sagt immer, dass du vielleicht nicht bleiben wirst. Du bist schon einmal verschwunden.“

Verdammt! Max stand mit der Kraft der Emotionen auf, die ihn überwältigten und hob Lizzie mit sich auf. Würde es niemals aufhören? Miriam vertraute ihm immer noch nicht. Selbst nach all diesen Jahren. Der Schmerz seiner Lügen lebte in seiner Nichte weiter. Für eine lange Minute hielt er sie einfach und ließ sie weinen, während er sich wünschte, auch weinen zu können.

„Ich bin bereit, sie zu sehen“, flüsterte Lizzie einige lange Sekunden später in sein Ohr. „Ich werde dich nicht verlassen, Libelle. Niemals. Das ist ein Versprechen.“

„Okay“, flüsterte sie zurück. „Dann bin ich wirklich bereit.“

„Genau jetzt“, stimmte er zu und schloss seine Augen, als sie ihre Wangen an dem rauen Gewebe seiner Jacke abwischte. Diese einfache, unbewusste Geste – eine, die sie über die Jahre oft wiederholt hatte – brachte seinen Verstand zurück... zurück zum ersten Mal. Ein aufgeschürftes Knie, eine schreckliche Tragödie mit fast vier Jahren. Nach seiner Umarmung hatte sie sein Polohemd mit den Tränen einer Dreijährigen und den Resten einer verstopften Nase verschmiert. Max küsste ihre rosigen Wangen und verarztete ihr Knie mit einem farbenfrohen Pflaster.

Er hatte kein Pflaster, das groß genug war, um den Schmerz über die Krankheit ihrer Mutter zu verarzten. Oder die Lügen, die immer noch zwischen ihm und seiner Schwester standen.

Lizzie führte ihn zur Rezeption. „Miriam Clark, bitte. Wir wurden angerufen.“ Max lächelte über das kühne Selbstvertrauen in der Stimme seiner Nichte und nickte der Empfangsdame zu. Lizzie kannte das Gebäude offensichtlich besser als er, denn als die Empfangsdame ihnen die Zimmernummer sagte, stürmte seine Nichte los. Als Max die offene Tür erreichte, war sie bereits in den Arm ihrer Mutter am Untersuchungstisch gekuschelt und brabbelte vor sich hin.

„Ich hab ihm gesagt, dass es nicht so schlimm ist, Mama. Und dass du okay sein wirst. Ich glaube, er ist aber ziemlich aufgebracht. Aber er hat gesagt, dass er nicht verschwinden wird.“

Miriam traf seinen Blick über den Kopf ihrer Tochter hinweg und sein Herz rutschte ihm in die Hose. Es war nicht alles in Ordnung. Und es würde noch schlimmer werden, bevor es besser werden konnte. Er lächelte trotzdem, Lizzie zuliebe. Ein Lächeln würde Miriam nicht täuschen. Nichts täuschte Mim jemals. „Hey, Schwester.“

Miriams Arme verengten sich um Lizzie und sie versuchte zurückzulächeln. „Würdest du nach Doktor Tomlinson suchen, Max?“

Max nickte, berührte ihren Fuß, wo er unter der Decke hervorlugte und verließ den Raum. Dr. Tomlinson würde ihm die schlechten Nachrichten mitteilen und dann, gemeinsam, würden er und Mim mit Lizzie sprechen.

Zwei Stunden später schnallte Max Lizzie neben sich im Truck an. Miriams Krankenwagen war bereits auf dem Weg für den dreistündigen Trip nach Denver. Lizzie sah ihm nicht in die Augen und ihren Lippen waren zu einer dünnen Linie zusammengepresst. Kein gutes Zeichen. „Willst du einen Freund mitbringen?“

„Um Mom dabei zuzusehen, wie sie eine neue Niere bekommt?“ Der Blick, den sie ihm zuwarf, sagte deutlich aus, dass sie schon schlauere Steine getroffen hatte. Sie legte ihr Kissen zurecht, das sie von Zuhause mitgebracht hatte. „Fahr einfach. Verstehe nicht, warum wir drei Stunden von der nächsten, vernünftigen ärztlichen Versorgung leben müssen. Was für ein dummer Staat!“ Lizzie stopfte sich ihre Kopfhörer in die Ohren und schloss ihre Augen mit einem langen, übertriebenen Seufzen.

Leise Countrymusik erfüllte das Auto und sprach Bände. Lizzie spielte eines von Miriams Lieblingsliedern auf ihrem MP3-Player, statt ihrem üblichen Alternative Rock. Er sollte ihre die Hörer aus den Ohren ziehen und sie dazu zwingen, über alles zu reden, was sie heruntergeschluckt hatte. Aber was würde er sagen? Für ihn waren Gefühle einfach nur Gefühle. Sie sollten gefühlt werden, nicht besprochen und zerlegt werden wie bei einer Ermittlung.

Als Lizzie und er sich in dem Hotelzimmer in der Nähe des Krankenhauses von Denver eingerichtet hatten, war es nach zehn. Die Laune seiner Nichte war den ganzen Nachmittag stetig weitergesunken. Lizzie ließ sich auf das nächstbeste Bett fallen und vergrub sich in den Kissen, bis Max seinen Kopf schüttelte und sie anstupste. „Anderes Bett, Libelle.“

Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. „Warum? Weil ich dieses mag?“

Er war verlockt zuzustimmen, schüttelte aber den Kopf. „Es ist näher bei der Tür.“

Sie dachte in genervter Stille einen Moment lang nach, bevor sich ihre Augen weiteten. „Bösewichte?“

Max lächelte. „Yep. Bösewichte.“ Er warf seine Tasche auf eine niedrige Kommode. Eine Dusche würde helfen. Dass Lizzie schlafen würde, sobald er aus der Dusche kam, war wahrscheinlich zu viel erhofft.

„Das machst du immer, nicht wahr? Auf alle aufpassen.“

Er warf einen Blick in den Raum und entdeckte, dass sie gehorsam das Bett gewechselt hatte und ihn merkwürdig ansah. „Das ist mein Job, Kleine.“ Er zwinkerte ihr zu. „Irgendjemand muss es tun.“

Lizzie lächelte nicht. Max legte sein Rasierzeug zur Seite, kam zu ihrem Bett und zog spielerisch an ihrem Zopf. „Alles wird wieder okay, Schätzchen. Mit deiner Mama.“

Lizzie schüttelte den Kopf. „Darf ich dir eine Frage stellen?“ Sie wartete nicht auf eine Antwort. „Erzähl mir davon, als du ein Spion warst.“

Max verzog keine Miene, als er sich hinsetzte. „Ein Spion?“

„Mom hat es mir erzählt.“ Sie nickte, aber das Glitzern, das normalerweise in ihren Augen aufblitzte, wenn sie ihn neckte, war nicht da. „Während du tot warst – als ich klein war. Sie hat gesagt, dass jeder dachte, du wärst tot, aber eigentlich hast du nur für die Regierung gearbeitet. Und wenn du verschwunden bist und für die Regierung gearbeitet hast, dann musst du ein Spion sein.“

Oder ein Scharfschütze. Der Gedanke hatte sich geformt, bevor er ihn stoppen konnte. Er war viel müder, als er sich gedacht hatte. Er richtete seinen Blick genau auf die Stupsnase seiner Nichte. „Ich war kein Spion, Libelle. Es war nur geschäftlich.“

„Geheime Geschäfte.“

„Geheime Geschäfte“, stimmte er zu. „Ich gehe jetzt in die Dusche. Und du solltest dich bettfertig machen, dann können wir vielleicht ein bisschen fernsehen, bevor du schlafen gehst.“ Mit etwas Glück war sie bereits eingeschlafen, sobald er fertig wurde. Der Gedanke brachte ihn beinahe zum Lachen. Nicht sehr wahrscheinlich. Aber er brauchte Zeit, um nachzudenken. Um sein emotionales Chaos wieder in sich zu drängen, denn Lizzies unschuldige Frage hatte das Schloss auf der Box aufspringen lassen, in der er alles eng verschlossen hatte. Miriams bevorstehender Kampf brachte ihn bereits an seine Grenzen.

Zwanzig Minuten später hatte er seine Emotionen wieder unter strenger Kontrolle. Lizzie hatte einmal das getan, worum er sie gebeten hatte und war unter der Decke ihres zugeteilten Betts. Aber sie war noch nicht eingeschlafen und ihr Blick durchstach ihn, sobald er aus dem Badezimmer kam.

„War es Teil deines Berufs, dich um andere Menschen zu kümmern?“

Er verstand einfach nicht, was hinter dem plötzlichen Interesse an seiner Vergangenheit steckte, aber er konnte die Intensität und die Angst in ihren Augen sehen, also unterdrückte er sein Seufzen und zog einen Sessel näher ans Bett. Es war so viel einfacher, Gute-Nacht-Geschichten zu erfinden, als sie erst vier war. Ehrlichkeit, erinnerte er sich. Aber er konnte nicht über diese schreckliche Zeit sprechen, und nicht nur, weil er einen Schwur abgelegt hatte. Es gab manche Dinge, die ein Kind niemals wissen sollte.

„Ich erzähle dir, was ich kann Lizzie, aber es wird nicht alles sein.“

„Hast du versprochen, es nicht zu sagen?“ Er nickte. Sie tat es ihm gleich. „Ich wusste es! Du warst ein Spion!“

„Ich war kein Spion. Dreh das Licht ab.“ Er wollte auf keinen Fall, dass sie ihn ansah, falls sie mit ihren Fragen zu nahe herankam. Sie hatte die Fähigkeit ihrer Mutter geerbt, ihn ganz einfach zu durchschauen. Als der Raum dunkel wurde, hörte er, wie sie sich zu ihm rollte, bevor ihre Hand in seine kroch.

„Dann erzähl mir von Mama“, flüsterte sie. „Bevor du ein Spion warst. Hat sie auf dich aufgepasst?“

„Immer. Deine Großmutter und dein Großvater sind gestorben, als ich jung war –“

„Weil sie dich spät bekommen haben, oder? So wie mich Mama und Papa spät hatten.“

„Genau wie dich, Libelle. Deshalb verstehen du und ich uns so gut. Dein Opa hat für die Regierung gearbeitet und er war kein Spion.“

„Wenn du die Operation hast, um Mama eine Niere zu geben, wer passt dann auf mich auf?“

Höre lange genug zu und der Kern des Problems zeigt sich, dachte Max trocken. Libelle hatte gut aufgepasst, als er das Spenderformular ausgefüllt hatte. Miriam musste umgehend mit der Dialyse beginnen, während die Ärzte eine Entzündung in ihrer Zehe eindämmten. „Wir finden eine Lösung. Etwas, das dir gefällt.“

„Was hast du gemacht, bevor du ein Spion warst?“

Er sollte an ihre Themenwechsel in Lichtgeschwindigkeit gewöhnt sein. „Ich war kein Spion, Libelle.“

„Dann bevor du für die Regierung gearbeitet hast.“ Er konnte das Grinsen in ihrer Stimme hören.

„Ich habe immer für die Regierung gearbeitet. Seit ich auf der Uni war.“

„Mom hat gesagt, dass du dein Herz verloren hast. War sie hübsch? Wie war ihr Name?“

In der Dunkelheit schloss Max seine Augen. „Das hübscheste Mädchen von allen“, flüsterte er. Der alte, bittersüße Schmerz durchflutete ihn immer noch stark genug, um seine Kehle zu verschließen. „Ihr Name war Katherine. Aber jeder nannte sie Kat. Und sie hatte diese dunklen, blau-grünen Augen, wie Samt.“

„Hat man sie deswegen Kat genannt? War sie auch ein Spion?“

„Libelle! Ich war kein Spion.“

„Schon gut. War sie ein Spion?“

„Kat war kein Spion.“

Das hätte es mit Sicherheit leichter gemacht.

„Warum hast du mit ihr Schluss gemacht?“

Max zuckte in der Dunkelheit zurück. Er log niemals, aber würde – konnte – nicht ehrlich über Kat sein. Konnte nicht zugeben, dass er versagt hatte, sie vor dem Schmerz seiner Welt zu beschützen.

Lizzies Stimme war schläfrig, als sie weitersprach. „Erzähl mir von dem Tag, als ihr euch kennengelernt habt“, fragte sie träumerisch. „Dann können wir gemeinsam ein gutes Ende erfinden – so wie als ich klein war.“ Als er nicht antwortete, redete sie weiter. „Bitte, Max“, flüsterte sie. „Ich muss mich auf etwas konzentrieren. Sonst sehe ich Mom.“

Der Griff von Max wurde automatisch fester. „Okay, Liebling.“

„Wie hast du sie getroffen?“

Max schloss seine Augen und sah den Tag vor sich, als wäre es gestern gewesen oder heute Morgen. Sicherlich keine zwölf schmerzhaften Jahre her. Nein, der Tag, an dem er Kat getroffen hatte, war für immer mit erschreckender Klarheit in sein Gedächtnis gebrannt.

Kapitel Zwei

Kat Jannsen konnte nicht aufhören, an den Tag zu denken, an dem sie Max getroffen hatte. Mit nichts als einer dreistündigen Fahrt vor ihr, war das nicht überraschend. Sie presste ihre Hände fest in das Lenkrad und beschleunigte in den Verkehr in Richtung Denver auf der Autobahn 25. Gedanken an Max hielten ihren Verstand von Lizzie und Miriam ab, den Grund für ihren Trip. Seit zehn Jahren hatte Miriam ihr jeden Monat ein Foto und eine Nachricht geschickt, die die Erfolge und Misserfolge ihrer Tochter umrissen. Bis zu diesem Monat. Noch schlimmer, sie erhielt keine Antwort von Miriams Haus.

Ja, Gedanken an Max waren besser als die Alternative. Exakt zehn Stunden vor dem Flug zur Ostküste, um ihre Mutter zu besuchen. Weshalb das alles die Schuld ihrer Mutter war. Wäre Ellen nicht unzurechnungsfähig, wäre Kat jetzt nicht hier und würde jede Regel brechen, nach der sie lebte. Das Schicksal herausfordern. Gäbe es ihre Mutter nicht, hätte sie Maxwell Crayton nie getroffen. Hätte sich nie in die Universität in Chapel Hill eingeschrieben. Wäre niemals so aufgebracht an diesem folgenschweren Tag.

„Miriam, wo zum Teufel bist du?“, jammerte Kat, während sie ihr Telefon schnappte. Aber in Miriams Haus in Bluff River Falls läutete das Telefon nur, bis es von dem Anrufbeantworter unterbrochen wurde. Bereits seit einer Woche und Kat hatte keine Wahl. Etwas war passiert. Zeit herauszufinden, was es war.

Gedanken an Miriam führten natürlich wieder zu Max. Kat versuchte, sich vergeblich zu konzentrieren, aber mit nichts als der Fahrt vor sich, war das hoffnungslos. Und es war einfach, zu einfach sich zu erinnern. Die Jahre glitten so mühelos dahin, wie die Meilen unter ihren Reifen.

Die 21-jährige Kat hatte ihre zornige Mutter durch das Plexiglas angefleht. Ellen Jannsen, die mit siebenundvierzig immer noch eine schöne Frau war, sah nicht gerade nach einem Mörder aus. Außer sie war wütend. Und sie war jetzt auf jeden Fall wütend.

„Nein! Beantworte meine Frage! Was wirst du machen, um mich hier herauszuholen?“

„Alles, was ich kann, Mom. Aber du musst mit den Psychiatern arbeiten. Wenn du sie nicht einmal sehen –“

„Seelendoktor? Du willst, dass ich mit den Widerlingen rede, die denken, dass ich verrückt bin? Oh verzeih mir, keine Widerlinge, deine Idole. Du wirst eines Tages eine von ihnen sein, so wie dein Vater. Nur, dass ich nicht verrückt bin, Katherine. Ich bin sein elf Jahren hier. Hol mich raus!“

Kat hatte alles bereits gehört. „Ich versuche es, Mama. Aber wenn du nicht mir ihnen redest, kann ich nicht –“

„Du kannst einen Detektiv finden, um zu beweisen, dass ich es nicht war“, keifte ihre Mutter zurück. Dann stand Ellen auf, platzierte ihre Hand flach über dem Plastik vor dem Gesicht ihrer Tochter und sperrte sie effektiv aus ihrem Leben, als sie ihren Abgang verkündete. „Komm nicht wieder, bevor du es gemacht hast.“

Kat konnte noch einen letzten Blick auf die leuchtend grünen Augen ihrer Mutter werfen, bevor sie ihr den Rücken zudrehte. Endlich gab sie dem Bedürfnis nach, dass immer weiter gewachsen war, seitdem sie ihre Mutter zum ersten Mal verärgert hatte und ließ ihre Schultern nach vorne sinken. Wie konnte sie helfen, wenn ihre Mutter nicht kooperierte? Sie blinzelte, um das Brennen zu stoppen, das ihre Tränen ankündigte. Ihre Besuche endeten immer in Tränen. Ihren Tränen. Am Anfang, vor einigen Jahren, hatte ihre Mutter auch geweint. Sie tat es nicht mehr. Kat bezweifelte, dass sie es überhaupt konnte. Als sie auf einmal das fragende Starren des Wärters spürte, zwang sie sich aufzustehen und war froh, dass ihr keine Träne entwischt war. Oder war dies das erste Zeichen? Keine Tränen mehr... keine Reue mehr. Kalte Entscheidungen, schnelles Urteil. Kat zitterte und kuschelte sich in ihren warmen Mantel. War das der Beginn der Verrücktheit?

Sie grübelte immer noch über die Verweigerung ihrer Mutter, sich selbst zu helfen, als sie zurück zur Universität fuhr. In dem großen, mehrstufigen Klassenraum glitt sie auf ihren Sitz und kramte pflichtbewusst nach ihrem Notizblock. Die Ironie ihres Lebens schlug sie mehrmals täglich direkt ins Gesicht. Ein Diplom in Psychologie mit einer Mutter, die lebenslang eingesperrt war, weil sie ihren Vater ermordet haben sollte. Sie hatte nur noch drei Monate bis zu ihrem Abschluss. Dann sieben Jahre Medizinstudium. Aber dann würde sie die Antworten haben, die sie brauchte, die Alpträume würden enden, ihre Mutter würde Hilfe bekommen und die Angst, die sich in jedem Atemzug bemerkbar machte, würde verschwinden. Oder? Mit Sicherheit würde ein forensischer Psychiater sich selbst heilen können.

Eine Welle durchzog den mehrstufigen Klassenraum auf einmal wie ein kollektives Seufzen. Kat richtete ihre Aufmerksamkeit nach vorne und ihr Atem stockte im Hals. Ein Geräusch wie von paarenden Wildkatzen segelt von hinter ihr bis nach vorne. Ihr Herz machte einen zustimmenden Satz. Professor Evans war beurlaubt. Seine Vertretung würde dafür sorgen, dass keine der weiblichen Studenten eine einzige Vorlesung der Verhaltenspsychologie im nächsten Monat verpassen würde.

Die Vertretung hatte blaue Augen. Tiefe, reiche, erzähl-mir-all-deine-Geheimnisse blaue Augen, die voller Belustigung glitzerten, als er die Klasse untersuchte. Er war groß, sicherlich 1,80, mit einem Gesicht, das... angenehm aussah. Er war jung und seine blonden Haare berührten den hinteren Kragen seines Sportsakkos – ein Sakko, dass sich verlockend über seine breiten Schultern spannte, als er sich zur Tafel umdrehte und zwei Worte aufschrieb.

Maxwell Crayton.

„Unsere Aufgabe?“ Eine weibliche Stimme hinter ihr sprach die hoffnungsvolle, offenkundige Einladung aus. Maxwell Crayton drehte sich mit einem Lächeln zu ihr und Kats Magen rotierte.

„Mein Name“, erwiderte er simpel. Dabei war nichts simpel an der Aufregung, die Kat bei dem Ton seiner Stimme erfüllte. Es war Schokolade. Warme, flüssige Schokolade lief über ihre Haut, durch ihre Poren, bis zu ihrem Herzen. „Ich glaube, ihr seid gerade inmitten einer Diskussion über Genetik.“ Seine Stimme rumorte erneut in ihr und zog ihren Blick auf seinen Mund. Kleine Lachfalten strahlten rund um seine festen, sinnlichen Lippen. Lippen wie diese... Kat leckte über ihre eigenen und steuerte ihre Aufmerksamkeit wieder zu seinen Worten.

„Die Debatte wütet bis heute. Gene oder Umfeld? Veranlagung oder angelerntes Verhalten?“

Kat zog einen scharfen Atemzug ein und fühlte sich, als hätte er sie geschlagen. Dieses Thema hatte sie bereits behandelt. Gelebt eigentlich. Es war wirklich eine Debatte. Und der Grund, weshalb sie niemals Kinder haben würde, niemals wagen würde, eine Mutter zu sein. Sie würde seinem Vortrag nicht zuhören – wusste bereits, dass er keine Antwort für sie hatte.

Die Hoffnung war an dem Tag gestorben, an dem sie die Wahrheit entdeckt hatte.

Sie hatte bei ihrer Mutter versagt, bei sich selbst. Es gab keinen Grund mehr, um mit ihren Plänen fortzufahren. Dem Untergang geweiht, hatte sie die Uni beinahe aufgegeben, aber sie war kein Drückeberger. Und sie wusste nicht, was sie sonst mit sich machen sollte. Für eine ganze Woche war sie über den Campus gewandert, zu ängstlich, um zu gehen, zu aufgebracht, um den Unterricht zu besuchen. Würde sie unweigerlich zu ihrer Mutter werden?

Endlich griff Mrs. Perrelli ein, die Bibliothekarin, für die sie arbeitete und die sie noch am ehesten als Freund zählen konnte.

„Geh doch einmal zu einem Betreuer, meine Liebe. Dafür sind sie hier.“

Kein Therapeut. Therapeuten kannte sie. Therapeuten hatten keine Antworten. Aber ein Betreuer. Ja, das klang gut.

UNC Betreuer Edward Greeves hatte ihr Worte gegeben, nach denen sie leben konnte. „Du fokussierst dich zu sehr auf dich selbst. Beginne, an andere zu denken. Frage dich selbst, wie du anderen helfen kannst. Wenn du die Antwort darauf findest, hörst du auf, das Problem zu sein und wirst Teil der Lösung.“

So plötzlich. So banal. Und genau das, was sie hören musste. Dann würde sie eben keine Kinder haben. Dann gab es eben keine Garantie, dass sie nicht alle Prophezeiungen von Tante Nell erfüllen und zu ihrer Mutter werden würde. Stattdessen konnte sie anderen helfen, die mit ähnlichen Fragen kämpften. Sie war gut im Zuhören. Sie war logisch. Und selbst wenn es keine Antworten für sie gab? Es gab Antworten für andere und sie konnte ihnen helfen, sie zu entdecken. Kat Jannsen konnte die Welt verändern.

Und in drei Monaten würde sie das. Und jetzt musste sie erneut mit dem bittersüßen Wissen umgehen, dass jemand wie Mr. Perfect Macwell Crayton niemals ihr gehören konnte. Sie sperrte die Worte, die ihre Verzweiflung buchstabierten aus und verbannte jegliche Hoffnung. Sie lächelte. Vielleicht konnte sie ihn nicht haben, aber sie konnte träumen, nicht wahr? Träume waren billig. Träume kosteten nichts.

„Haben Sie irgendwelche Fragen?“

Kat fokussierte sich langsam auf die Augen, die sie angestarrt hatte, über die sie geträumt hatte... die nun nur mehr wenige Zentimeter vor ihren entfernt waren. Max Crayton kniete vor ihr auf dem Sessel eine Stufe unter ihr. Hitze breitete sich in ihr aus. Aus Scham klappte ihr Mund auf und schloss sich wieder. Ihr Tagtraum. „Nein, ich –“ Erschrocken blickte sie sich hilfesuchend um... und sah einen leeren Klassenraum. Guter Gott, sie und Maxwell Crayton hatten die ganze Klasse weggeträumt. Sie presste ihre Augen zusammen und wünschte sich verzweifelt, dass er verschwand.

„Etwas anderes im Sinn?“

Warum ließ er sie nicht alleine? Sie öffnete ihre Augenlider langsam und entdeckte... das Lächeln. So wie das erste. Erneut rotierte ihr Magen und ihre Knie wurden weich. „Etwas anderes“, plapperte sie ihm nach, da ihr Hirn zu erstarrt war, um etwas Originelles hervorzubringen.

„Mittagessen mit mir?“

Ihr Magen drehte sich zu einem plötzlichen, schmerzhaften Knoten zusammen. „Nein, ich –“

„Sie müssen sich nicht schämen, Ms. Jannsen.“ Bei ihrem erstaunten Blick verwandelte sich sein Lächeln in ein breites Grinsen. „Ich, ähm, habe geschummelt.“ Er deutete mit seinem Kopf auf ihren Rucksack, wo der Name Kat Jannsen groß auf ihrem Notizblock stand. „Und als Ihr temporärer Professor können wir nicht miteinander ausgehen. Aber Lunch...“

„Danke, aber ich –“

„Ich könnte Ihnen sagen, was Sie verpasst haben, während Sie abgelenkt waren.“

Gutaussehend, aber frech. Sie konnte nicht glauben, dass er sie tatsächlich auf ihren Aussetzer ansprach.

„Ja, ich weiß“, sprach er weiter ohne Unterbrechung. „Total unausstehlich. Ich kann mir nicht helfen. Ich bin brutal ehrlich.“

Das war es. So schnell war es um sie geschehen, Hals über Kopf, jedes Klischee, das sie je gehört hatte, komplett verliebt. Lustig, wie sie das „brutal“ komplett übersprungen und zum „ehrlich“ übergegangen war. Dieser Fehler hatte sie vier Jahre lang verfolgt. Bis sie herausgefunden hatte, dass sie das „ehrlich“ überspringen und nur auf dem „brutal“ bleiben hätte sollen. Brutal. Eine zu nette Beschreibung in Wirklichkeit. Aber das war der Preis für ihre Tagträume. Max Crayton lehrte sie die Kosten ihrer Tagträume: Jahre voller Alpträume. Sie waren noch nicht vorbei.

Kat stöhnte und drängte die Vergangenheit mit Gewalt aus ihrem Kopf, als sie von der Überlandstraße abfuhr. Nein, das war eine Lüge. Max hatte ihre Gedanken nie wirklich verlassen. Sie konnte nur darauf hoffen, dass sein Geist bereit war, sich in einer hinteren Ecke ihres Verstands auszuruhen und nur zu beobachten.

Miriam! Konzentriere dich auf Miriam. Kat bog in eine Straße ab, die einen Block von ihrem Ziel entfernt war und kroch langsam vorwärts. Still. Im großen Vordergarten standen keine Autos. Kat parkte neben einem Auto in der Garage hinter dem Haus. Kein Grund ihre illegale Anwesenheit bei den Nachbarn zu verkünden. Wo war Miriam? Das war ein Fehler! „Erzähl mir etwas, das ich nicht weiß“, murmelte Kat und griff auf die Türschnalle.

Bekannte Psychiaterin aus Denver verhaftet wegen Diebstahl.

Geheimnisse aufgedeckt. Leben zerstört.

„Film startet um zehn“, fauchte Kat zurück. „Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll!“ Damit drückte sie die Tür auf. Sekunden später hatte sie den Hintergarten durchquert und ließ sich selbst in das beinahe stille Haus. Obwohl das Sicherheitssystem teuer aussah, war die Tür unverschlossen. Ein weiteres Zeichen, dass etwas nicht in Ordnung war. Irgendwo spielte Musik – Country Musik.

Du solltest nicht hier sein! Sie wusste es. Aber sie konnte die kleine, nörgelnde Stimme nicht abschalten, die sie nun anschrie, dass etwas Furchtbares, Schreckliches passiert war. Sie verdunkelte ihre Miene, als sie das Geschirr auf der Ablage neben der Spüle sah und folgte der Musik. Aus dem Wecker neben dem Bett im Schlafzimmer kam der schnulzige Gesang einer Frau. „Das ist ziemlich verrückt...“

„Halt die Klappe, Reba“, murmelte sie, drehte den Wecker ab und musste das plötzliche Zittern unterdrücken, als die plötzliche Stille beinahe greifbar wurde.

Sie konnte ihn riechen, diesen würzigen, scharfen Geruch. Kats Augen schlossen sich und sie kämpfte gegen die alte, bittere Sehnsucht nach ihm an. Danach ihren Kopf auf seine starke Schulter zu legen, seine Arme um sich zu spüren. Unmöglich, aber hier war es...

Die Tage, an denen die Gedanken an ihn Wut in ihr erzeugten, waren die besten. Wenn sie ihn nicht haben konnte, würde sie ihre Gefühle zumindest in eine produktive Aktivität umwandeln. Die Wut machte sie stärker. Brachte sie dazu, zu kämpfen. Machte sie zu einer der gefragtesten Psychiater im Westen.

Es machte sie auch zu der größten Betrügerin in der oberen Liga.