Warum landen Asteroiden immer in Kratern? - Florian Freistetter - E-Book

Warum landen Asteroiden immer in Kratern? E-Book

Florian Freistetter

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Beschreibung

Warum landen Asteroiden immer in Kratern? Können Drachen Feuer speien? Ist der Leib Christi glutenfrei? Kann man in einem Schwarzen Loch zu spät kommen? Wieso sollte man Selfie und Selfing nicht verwechseln? Und warum vergessen wir auf dem Weg von einem Zimmer ins andere, was wir wollten? Die Science Busters beantworten letztgültig, wie es ihre Art ist, die fundamentalen Fragen der Menschheit.

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Über das Buch

Warum landen Asteroiden immer in Kratern? Können Drachen Feuer speien? Ist der Leib Christi glutenfrei? Kann man in einem Schwarzen Loch zu spät kommen? Wieso sollte man Selfie und Selfing nicht verwechseln? Und warum vergessen wir auf dem Weg von einem Zimmer ins andere, was wir wollten? Die Science Busters beantworten letztgültig, wie es ihre Art ist, die fundamentalen Fragen der Menschheit.

»Wer das Bustersbuch gelesen hat, ist schlauer, lustiger, vernünftiger und verrückter als vorher. Gleichzeitig lässt ersiees sich weder von Scharlatanerie noch Gelsen foppen, wird Neutronensterne noch cooler finden und Waldboden, wenn, dann nur noch ganz bewusst verspeisen.

Freuen Sie sich auf tollkühne, aktuelle, lustige und lässige Berichte aus den Naturwissenschaften.«

Mark Benecke

Hanser E-Book

Puntigam • Freistetter • Jungwirth

Warum landen Asteroiden immer in Kratern?

33 Spitzenantworten auf die 33 wichtigsten Fragen der Menschheit

Hanser

Für Heinz Oberhummer

Inhalt

Vorwort von Mark Benecke

Frage Nr. 1Wie super ist der Supermond?

Frage Nr. 2Warum vergessen wir auf dem Weg von einem Zimmer ins andere, was wir wollten?

Frage Nr. 3Kann man das Wetter manipulieren?

Frage Nr. 4Ist der Leib Christi glutenfrei?

Frage Nr. 5Worüber sprechen Viren beim Wirt?

Frage Nr. 6Warum landen Asteroiden immer in Kratern?

Frage Nr. 7Wie ist die Beziehung von Lauge und Gebäck?

Frage Nr. 8Warum gibt es Gravitationswellen?

Frage Nr. 9Wie lang ist ein Meter?

Frage Nr. 10Wie geht Schöner Wohnen auf dem Mars?

Frage Nr. 11Sind Engel Säugetiere?

Frage Nr. 12Wie klingt Käse?

Frage Nr. 13Kommen mehr Gelsen ins Zimmer, wenn das Licht brennt?

Frage Nr. 14Hat Gott den Mond erschaffen?

Frage Nr. 15Hat die TCM 2015 den Nobelpreis bekommen?

Frage Nr. 16Wo im Universum gibt es die beste Supererde?

Frage Nr. 17Sind 95 Prozent aller Tierversuche unnötig?

Frage Nr. 18Warum stinkt Bierschiss so ekelhaft?

Frage Nr. 19Was sind eigentlich Phantomschmerzen?

Frage Nr. 20Können Drachen Feuer speien?

Frage Nr. 21Wieso zucken wir manchmal unmittelbar vor dem Einschlafen?

Frage Nr. 22Was kostet ein Asteroid für den Eigenbedarf?

Frage Nr. 23War die Erde wirklich einmal komplett zugefroren?

Frage Nr. 24Kann ein Vollrausch lebensrettend sein?

Frage Nr. 25Kann man in einem Schwarzen Loch zu spät kommen?

Frage Nr. 26Schützen Gummihandschuhe an der Wursttheke Verkäufer, Wurst oder Kundschaft?

Frage Nr. 27Kann der Mensch das Klima wandeln?

Frage Nr. 28Warum sollte man Selfie und Selfing nicht verwechseln?

Frage Nr. 29Warum ist Urin gelb und Kot braun?

Frage Nr. 30Was war der Stern von Bethlehem?

Frage Nr. 31Gibt es Waschbrettbäuche bald auf Rezept?

Frage Nr. 32Sind Deos ohne Aluminium die bessere Wahl?

Frage Nr. 33Warum strahlt die Hawking-Strahlung eigentlich so?

Danke!

Register

Endnoten

Science-Busters-Familie

Die Science-Busters-Familie ist gewachsen, das Konzept gleichgeblieben: Wissenschaft für alle auf hohem performativen, wissenschaftlichen und humoristischen Niveau. Aus der »schärfsten Boygroup der Milchstraße« wurde die »Kelly Family der Naturwissenschaften«. Neu im Team:

Elisabeth Oberzaucher, Verhaltensbiologin an der Universität Wien, Wissenschaftliche Direktorin von Urban Human, 2016/17 Gastprofessur an der Uni Ulm, wurde 2015 mit dem Ig-Nobelpreis für Mathematik ausgezeichnet.

Martin Moder, Molekularbiologe am Forschungszentrum für Molekulare Medizin Wien, 2014 erster Science-Slam-Europameister der Welt, schaut sich gerne das Gehirn von Fruchtfliegen an.

Gunkl alias Günther Paal, Kabarettist und, was die wenigsten wissen und somit die meisten nicht, leidenschaftlicher Damaszenerklingenschmied und Nebenerwerbsmetallurge. Behangen mit Salzburger Stier, Prix Pantheon und Deutschem Kleinkunstpreis.

Peter Weinberger, Priv. Dozent für anorganische Chemie und Leiter der Forschungsgruppe für »Magneto- and Thermochemistry« der TU Wien.

Die Bücher der Science Busters, Wer nichts weiß, muss alles glauben, Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln und Das Universum ist eine Scheißgegend, waren Bestseller und Wissensbücher der Jahre 2013 und 2016, für ihre Bühnenshow wurden sie zuletzt 2016 mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Seit 2011 bestreiten sie eine eigene TV-Show im ORF und auf 3sat, im Januar 2018 wird die bereits sechste Staffel zu sehen sein. Für FM4 haben sie seit 2007 über 500 Radiokolumnen gestaltet.

Autoren des in Ihren Händen befindlichen Prachtbandes:

Martin Puntigam, Autor für Film, Druck, Funk und Fernsehen, mit sage und schreibe zwölf Preisen ausgezeichneter Kabarettist, Gründungsmitglied und seitdem hautenger MC der Science Busters feat. Purpur, seit 2016 Universitäts-Lektor an der Karl-Franzens-Universität Graz. Initiator des seit 2016 jährlich vergebenen Heinz Oberhummer Awards für Wissenschaftskommunikation.

Florian Freistetter, Astronom, sein Science Blog Astrodicticum simplex zählt zu den meistgelesenen Wissenschaftsblogs in deutscher Sprache, sein Podcast Sternengeschichten zu den meistgehörten. Autor mehrerer Bücher, u.a. des Wissenschaftsbuches 2014 Der Komet im Cocktailglas und von Newton – Wie ein Arschloch das Universum neu erfand, Koautor des Buches Das Universum ist eine Scheißgegend, seit September 2015 fester Bestandteil der Science Busters und offizieller Botschafter der Zahl Pi.

Helmut Jungwirth, Professor für Wissenschaftskommunikation (der erste seiner Art in Österreich) und wissenschaftlicher Leiter des Geschmackslabors an der Karl-Franzens-Universität Graz. Das Spezialgebiet des Molekularbiologen ist Erde, genauer: deren Geschmack und Verkochbarkeit. Gemeinsam mit dem Schweizer Koch Rolf Caviezel hat er ganze Erd-Menüs kreiert.

Mit maßgeblichen Beiträgen von Elisabeth Oberzaucher, Peter Weinberger, Martin Moder und Gunkl.

Vorwort von Mark Benecke

Warum fressen Enten, nicht aber Hühner, abgeschnittene Menschen-Penes, umgangssprachlich Penisse? Weshalb sollten wir den Mond über Kopf und durch die eigenen Beine betrachten? Und was treibt Plattwürmer in Einzelhaft zum Selfing? Das alles könnte mensch launig bis friedlich zwischen Experiment und Aufklärung erläutern. Könnte. Die saucoolen Science Busters, in Österreich seit zehn Jahren für ihr wissenschaftliches Bühnenprogramm nebst fetziger Fernsehsendung bekannt, machen es aber, auch in diesem Buch hier, anders. Denn jedes Mal, wenn sich beim Lesen der ›Ahso, das merke ich mir jetzt mal‹-Modus einschaltet, haut es einem eine neue und schräge Wendung ums Gehirn. Dass der Mond eine faule Sau ist und das Universum eine Scheißgegend, erschließt sich den naturwissenschaftlich angefixten Leser*innen wohl noch mühelos. Anders sieht es aus, wenn es ums Käseklopfen geht oder warum wir vergessen, was wir gerade wollten, wenn wir das Zimmer wechseln. Die Erklärungen der Busters dazu sind nicht nur naturwissenschaftlich solide, sondern auch aktuell: Forschungsstand ist das aktuelle Jahr. I like.

Den einen oder anderen Kasper haben die Jungs natürlich gefrühstückt. Darum nennen sie sich ja auch Kabarettisten. Doch sie sind mehr. Dass der Planet Mars sich entlang ausgelegter Leckereien zur Sonne naschen könnte, dass Asteroiden bei planetaren Rochaden hüpfen sowie das Gedankenbild, dass die mögliche Engelsmenge auf einer Nadelspitze beherrschbar wird, sobald man annimmt, dass die Flügelwesen Säuger sind (was sie laut bildlicher Überlieferung sein müssten), erfordert eher das Gemüt achtjähriger Höchstbegabter, die jeweils einen guten Schuss Synästhesie und Asperger eingestrudelt haben. Hoffentlich sind Sie, liebe Leser*innen, genauso vergnügt unerwachsen wie die Autoren dieses Buches. Falls nicht, dann können Sie es jetzt ja zumindest mal ausprobieren.

Denn was hier als Quatsch anschwemmt, ist eher Gedanken- und Experimentejonglage, genauer gesagt: vernetztes oder Querdenken. Da die Texte so schön formuliert sind, funktionieren sie auch. Anstatt etwa die für Nobelpreise schon vorreservierten Forschungen zu CRISPR und Hawking-Strahlung zu detaillieren, berichten die Busterjungs zum Schein erst mal von Mücken und knutschenden Partygästen. Sekunden später geht es dann aber doch um CRISPR und Hawking-Strahlung – sicher nur ein verrückter Zufall. ;)

Nun sind die Busters nicht die Ersten, die sich mit prüfbaren Tatsachen von hinten durchs Fensterkreuz anschleichen. Da sie das aber erstens massiv unpädagogisch machen (Leser*innen sollten beispielsweise Fürze nicht fürchten, denn diese, also die Fürze, kommen im Buch des Öfteren vor), zweitens erkennbar vor allem selbst Spaß haben und sich nicht durch einen Lehrplan quälen sowie drittens die Auswahl ihrer Themen wilder und bunter ist als eine österreichische Bergwiese im Sommerwind, legen sie die Lernlatte so, dass gewöhnliche Pädagog*innen mit dem Kopf dagegenrennen werden. Harr!

Was mir außerdem noch gefällt: die lustigen Worte im Text. Was mögen wohl eine strenge Kammer, Mistkübel, Ungustl, Krawallschanis und Sprühpizza sein? Tja. Einen guten Jesus-Witz gibt’s im Buch übrigens auch. Dieser ist – es war nicht anders zu erwarten – nicht etwa beliebig eingestreut, sondern sauber aus dem Zusammenhang des Artikels entwickelt, in dem der Heiland dann erscheint. Dieser zusammenhangsreiche Artikel wiederum handelt davon, dass und warum wir uns Dinge aus dem Zusammenhang heraus merken. Sie verstehen? Nein? Später geht es um Fettlachse, das Klima und Deo-Stifte.

Wer das Bustersbuch gelesen hat, ist schlauer, lustiger, vernünftiger und verrückter als vorher. Gleichzeitig lässt ersiees sich weder von Scharlatanerie noch Gelsen foppen, wird Neutronensterne noch cooler finden und Waldboden wenn, dann nur noch ganz bewusst verspeisen. Freuen Sie sich auf tollkühne, aktuelle, lustige und lässige Berichte aus den Naturwissenschaften.

Herzlich Ihr –

Mark Benecke

Mark Benecke ist Sachverständiger für kriminalbiologische Spuren. Seit fast zwanzig Jahren läuft jeden Samstagmorgen sein Live-Wissenschafts-Podcast im deutschen öffentlich-rechtlichen Sender radioeins aus Berlin/Brandenburg.

Kurze Antwort:

→ So super, wie Sie ihn gerne hätten. ✓

Lange Antwort:

→ In der Welt der Superhelden gibt es nicht nur Superman, sondern auch Supergirl, warum soll es dann im Weltall neben Supererde nicht auch Supermond geben? Der Mond an sich ist ja schon ein beeindruckender Anblick – wie toll muss dann erst ein Supermond sein? Nur, was macht den Mond wann super, und wann ist er nur Clark Kent?

Als Supermond bezeichnet man den Vollmond, oder auch Neumond, wenn er sich gerade ganz besonders nahe an der Erde befindet. Wie nahe ist besonders nahe, und warum macht der Mond das? Die Bahn des Mondes um die Erde ist keine exakte Kreisbahn, sondern beschreibt eine Ellipse. Der Punkt der Bahn, an dem der Mond der Erde am nächsten kommt, wird Perigäum genannt, der erdfernste Punkt Apogäum. Das ist würdig und recht, denn geo bedeutet Erde, peri um herum und apo weg. Diese Punkte sind aber nicht fix, da die Bahn des Mondes sich aufgrund der gravitativen Störungen der Erde und anderer Himmelskörper im Laufe der Zeit ändert. Im Mittel ist das Perigäum 363.296 Kilometer von der Erde entfernt. Es kann sich aber auch auf 356.400 Kilometer nähern bzw. auf 370.300 Kilometer entfernen. Das Apogäum ist im Mittel 405.504 Kilometer entfernt, kann sich aber auch grob 1000 Kilometer näher oder 1000 Kilometer ferner befinden. Supermond gibt es also im Perigäum, wenn gerade Voll- oder Neumond zu beobachten sind.

Angeblich soll der Mond als Supermond dann besonders groß am Himmel erscheinen. So ist es zumindest immer wieder in Zeitungen zu lesen. Der Mond selber liest aber offenbar nicht dieselben Gazetten wie wir und weiß deshalb nichts davon, dass er ausgerechnet dann besonders groß am Himmel erscheinen soll. Der scheinbare Durchmesser des Vollmondes ändert sich im Laufe eines Jahres ständig. Eben weil die Bahn des Mondes um die Erde eine Ellipse und kein Kreis ist, ist er mal weiter, mal weniger weit entfernt, und daher erscheint er uns auch immer unterschiedlich groß.

Diese Größenunterschiede sind aber vergleichsweise unbedeutend. Betrachtet man den Mond an seinem erdfernsten Punkt, und vergleicht das mit dem erdnächsten Punkt, dann beträgt der scheinbare Größenunterschied ungefähr 14 Prozent. Das ist in etwa der Größenunterschied zwischen einer 1- und einer 2-Euro-Münze. Das ist eine Differenz, die man mit freiem Auge bemerken könnte, es aber so gut wie nie tut. Warum? Weil man dafür Übung in der Himmelsbeobachtung braucht und ein sehr gutes Gefühl für die Größenverhältnisse. Sonst ist der Mond halt der Mond, und man wird keinen besonderen Unterschied sehen.

Wenn wir ihn überhaupt sehen, denn bei bedecktem Himmel kann sich der Mond herausputzen wie er will, niemand schaut hin, egal ob Peri- oder Apogäum, da kann er genauso gut nackt aufgehen und unrasiert über den Himmel ziehen und hinten an der Hose klebt ein Streifen Klopapier und flattert im Nachtwind. Nur wenn man Fotos vergleicht, hat man auch als Laie die Chance, den Größenunterschied zu erkennen. Das gilt noch mehr – also natürlich kann etwas nur Geltung besitzen oder nicht, da haben Sie recht, aber umgangssprachlich gesagt giltet es noch mehr –, wenn man zwei direkt aufeinanderfolgende Vollmonde vergleicht. Da ist der Unterschied nie größer als 1,3 Prozent, und das merkt man dann wirklich nicht mehr. Und das ist noch nicht alles.

Die Sache wird noch ein wenig komplizierter, wenn man die Mondtäuschung berücksichtigt. Der Mond ändert seine scheinbare Größe nicht nur, weil er der Erde manchmal näher ist und manchmal weiter entfernt. Es gibt auch noch einen Effekt, der nur in unserer Wahrnehmung stattfindet, eine optische Täuschung, die dafür sorgt, dass uns ein Vollmond sehr viel größer erscheint, wenn er nahe dem Horizont steht, als wenn wir ihn hoch am Himmel sehen. Das hat aber nichts mit seinem Abstand zur Erde oder einem »Supermond« zu tun, sondern mit unserem Gehirn. Warum das genau passiert, ist noch immer nicht endgültig geklärt, aber es gibt ein Mittel, diese Täuschung zu überlisten. Wenn man sich vorbeugt und den Mond kopfüber durch seine Beine betrachtet, kann das Gehirn nicht alles so schnell umrechnen, und der Mond hat seine wahre Größe. Das heißt, wenn man bei Vollmond nachts mehrere Menschen kopfüber mit dem Kopf zwischen den Beinen beobachtet, dann kontrollieren die nicht, ob es im Schritt schon riecht, sondern wollen den Mond in seinen richtigen Ausmaßen sehen. Oder beides.

Supermond kommt übrigens nicht dramatisch selten vor. Dazu muss man sich nur ansehen, wann der Mond wo zu stehen kommt. Der Zeitraum, der vergeht, bis der Mond von der Erde aus gesehen wieder die gleiche Phase zeigt wie zuvor, also etwa zwischen einem Vollmond und dem nächsten, wird synodischer Monat genannt und beträgt 29,53 Tage. Betrachtet man den Zeitraum, der vergeht, bis der Mond wieder genau den gleichen Punkt entlang seiner Bahn erreicht, sind das aber nur 27,55 Tage. Das wird anomalistischer Monat genannt. Für einen »Supermond« müssen wir beide Perioden betrachten, denn es geht ja um den Zeitraum, der vergeht, bis der Mond wieder die gleiche Phase und die gleiche Position seiner Bahn einnimmt, also zeitgleich wieder voll ist und im erdnächsten Punkt steht.

Man sucht dazu einen Zeitraum, der sich sowohl durch eine ganze Zahl von synodischen als auch durch eine ganze Zahl von anomalistischen Monaten teilen lässt. In diesem Fall sind das knapp 413 Tage. 14 synodische Monate entsprechen 413,43 Tagen, 15 anomalistische Monate 413,32 Tagen. Es dauert also höchstens ein Jahr und 48 Tage, bevor sich ein »Supermond« wiederholt. Das ist nicht einmal für ein Menschenleben sehr lange, und für einen Mond, den es immerhin schon ein paar Milliarden Jahre gibt, erst recht nicht. Außerdem ist das die längste Zeit zwischen zwei Supermonden. Es geht auch deutlich kürzer. Wenn zu Vollmond das Perigäum der Erde gerade besonders nahe ist, dann können auch die Vollmonde im Monat davor und danach »Supermonde« sein; es kann also bis zu drei »Supermonde« in den 413 Tagen geben. Und das ist dann schon öfter als Weihnachten und Ostern zusammen, was schon jeweils für sich nicht besonders selten anfällt.

Der »Supermond« ist also weder besonders groß noch besonders selten. In der Astronomie würde man das Ereignis als ein spezielles Syzygium bezeichnen. So wird jede Konstellation genannt, bei der Sonne, Mond und die Erde in einer Linie stehen. Und genau das passiert ja bei einem Vollmond oder Neumond. Im ersten Fall steht die Erde zwischen Sonne und Mond, und im zweiten Fall steht der Mond zwischen Sonne und Erde. Ein »Supermond« ist also ein Perigäum-Syzygium. Was daran super sein soll, weiß niemand so genau, und folglich handelt es sich bei »Supermond« auch nicht um einen astronomischen Fachausdruck, sondern einen astrologischen, erfunden vom US-amerikanischen Sterndeuter Richard Nolle.

Der wollte, wie es sein Beruf nahelegt, aber überhaupt nichts Wissenschaftliches damit bezwecken, sondern einfach ein bisschen in der Gegend herumwarnen, wie das Astrologen gerne machen, wenn der Tag lange ist. Angeblich soll ein »Supermond« extreme gravitative Störungen auf die Erde ausüben und so extreme Stürme, extreme Erdbeben, Vulkanausbrüche und andere Katastrophen auslösen. Dass das nicht der Fall ist, lässt sich durch die vorhandenen Aufzeichnungen leicht belegen. Die Gezeiten können ein wenig stärker ausfallen als sonst, wenn der Mond sich besonders nahe an der Erde befindet, aber wenn dann nicht auch noch das Wetter mit Stürmen für zusätzliche Flut sorgt, passiert nicht viel.

Wie der Vollmond überhaupt nichts anderes kann als der Neumond oder irgendein dazwischen teilweise beschienener Mond. Der Mond ist immer derselbe, ein annähernd kugelförmiger Felsen mit einem Durchmesser von rund 3500 Kilometern in einer Entfernung von knapp 400.000 Kilometern. Auch sein Licht ist zu keiner Zeit irgendetwas Besonderes. Der Mond leuchtet bekanntlich nicht einmal, das macht die Sonne, der Mond ist eine faule Sau, lässt sich anscheinen und reflektiert nur. Und dieses reflektierte Licht sehen wir, manchmal mehr, manchmal weniger. Alles, was Mondlicht machen können soll, müsste also Sonnenlicht um ein Vielfaches besser können. Dass deshalb verschiedene Tätigkeiten zu verschiedenen Zeiten des Mondzyklus besser oder schlechter gelingen sollen, ist genau aus diesem Grund natürlich ausschließlich esoterischer Unsinn. Das sieht man schon daran, welche Tätigkeiten in Mondkalendern in der Regel Berücksichtigung finden. Mehrheitlich handelt es sich um altmodische, eigentlich antimoderne Ratschläge, vielfach für einfache, bäuerliche Arbeiten: wann man säen soll und wann ernten, zu welchem Zeitpunkt das Haupthaar beim Schneiden mithilft und wann einem Baum das Umgeschnittenwerden am besten gefällt. Ich und mein Holz ist nämlich auch in der Esoterik ein Hit, aber leider ohne Ironie. Kaum einmal findet man zeitgemäße Tipps, etwa wann ein Festplatten-Back-up in die Cloud ansteht, welcher Zeitpunkt für Tierversuchsreihen im Labor am günstigsten liegt oder ob man DNA eher bei Vollmond oder Neumond gentechnisch verändern soll. Es gibt nur drei Ausnahmen, im Rahmen derer der Vollmond auf das Leben der Menschen sehr wohl Einfluss haben kann. Erstens spüren Menschen, die Vollmondseminare anbieten, Mondkalender mit speziellem Mondwissen und dergleichen Unfug mehr, den Einfluss des Mondes zum Teil ganz beträchtlich, und zwar auf ihrem Konto. Zweitens kann ein heller Vollmond helfen, wenn man betrunken aus dem Wirtshaus nach Hause torkelt, dass man nicht so oft über Hindernisse stolpert, die man bei Neumond übersehen hätte, und drittens steigt die Gefahr, von Löwen gefressen zu werden, unmittelbar nach Vollmond deutlich. Löwen jagen nämlich angeblich lieber und erfolgreicher im Dunkeln und haben deshalb nach ein paar Tagen Vollmond mehr Hunger als sonst. Das gilt aber natürlich nur, wenn Sie sich Löwen nähern, die in freier Wildbahn leben. Eine ruhig gelegene Altbauwohnung neben dem städtischen Zoo müssen Sie deshalb nicht aufgeben, nur weil der Mond beginnt abzunehmen. ✓

Kurze Antwort:

→ Äh … ✓

Lange Antwort:

If the doors of perception were

cleansed every thing would

appear to man as it is, infinite.

William Blake

→ Die US-amerikanische Rockband The Doors hat es nicht sehr lange gegeben, aber ihre Lieder werden noch heute gerne gehört, in Paris am Grab ihres Sängers Jim Morrison liegen täglich frische Blumen, und um ein Haar wären die kalifornischen Krawallschanis auch noch Namensgeber für einen Effekt geworden, den die meisten von uns nicht erst einmal erlebt haben. Leider wurde der Effekt, dass man auf dem Weg von einem ins andere Zimmer manchmal vergisst, was man eigentlich wollte, dann doch nicht »Doors-Effect« genannt, sondern »Doorway-Effect«.

Und leider ist auch das nicht ganz richtig, nach allem, was man heute weiß. Denn die Türen sind nur mittelbar beteiligt daran, dass wir etwas scheinbar Urwichtiges ganz schnell vergessen, wenn wir es holen gehen oder danach suchen. Denselben Effekt kann man auch sitzend beobachten, wenn man etwa am Computer etwas schreibt wie beispielsweise einen Text übers Vergessen, aber zwischendurch auf die Idee kommt, schnell noch etwas zu recherchieren, dafür das Browserfenster wieder maximiert, das man zuvor in der Taskleiste verschwinden hat lassen, dabei sieht, dass der illegal runtergeladene Film inzwischen vollständig ist und man die torrent-Datei und den Film aus der Bibliothek entfernen sollte, damit man sich nicht durchs Verteilen noch strafbarer macht, wobei es den Komparativ von strafbar gar nicht gibt, schließlich doch beim Browser landet, der leider ein, zwei erstklassige Click Baits im Angebot hat, die aber eine Flut von Pop-up-Fenstern nach sich ziehen, da man nach der letzten Neuinstallation, weil der Browser so oft abgestürzt ist, vergessen hat, den Pop-up-Blocker zu aktivieren, weshalb der Browser sich erneut aufhängt, und bis das blöde Ding wieder startet, der braucht immer so lange, bis er sich im Hintergrund geschlossen hat, und das Öffnen, aha, ist wieder da und hat sich sogar alle vorher offenen Fenster gemerkt, aber was wollte ich eigentlich schauen …?

Und in so einem Fall hilft es tatsächlich auch, wenn man wieder zum Manuskript zurückwechselt, ganz ohne dass man durch Türen gehen musste, kann man sich plötzlich wieder erinnern: Genau, ich wollte nachschauen, ob es gute Witze übers Vergessen gibt. Vielleicht kann man sie an den Beginn der Beantwortung der Frage stellen »Warum vergessen wir auf dem Weg von einem Zimmer ins andere, was wir wollten?«. Gibt es leider nicht. Also, die Witze. Das Vergessen schon. Bzw. hängt das davon ab, worüber Sie lachen können, der mit den beiden Frauen, die nach einem durchzechten Abend am Friedhof vorbeikommen, könnte manchen gefallen, obwohl es da nur am Rande ums Vergessen geht. Sag ich gleich.

Aber aufpassen, wenn Sie jetzt Ihr Smartphone in die Hand nehmen, dann haben Sie vielleicht inzwischen ein paar Mitteilungen bekommen, die Sie schnell checken, und bevor Sie den besagten Witz nachschlagen können, haben Sie schon wieder vergessen, dass Sie es wollten. Und dann sind die beiden Frauen längst zu Hause, die brauchen ja auch nicht ewig am Friedhof. Was wir wissen, hängt nämlich unter anderem davon ab, wo wir sind. Das klingt ein wenig kryptisch, lässt sich aber leicht erklären. Man nennt das auch situiertes Gedächtnis, denn eigentlich vergessen wir Dinge nicht, sondern wir verändern vor allem die Abrufbereitschaft der Inhalte.

Was in unserem Gehirn im Arbeitsspeicher bereitgehalten wird, so kann man den präfrontalen Cortex bezeichnen, der, wie der Name sagt, falls Sie Latein können, hinter der Stirn sitzt im vorderen Teil des Gehirns, äh, wo war ich? Kleiner Scherz. Was dort bereitgehalten wird, sind idealerweise Sachen, die man unmittelbar braucht, und nicht irgendwelches unnützes Wissen, das nur ablenkt. Wenn Sie über die Straße gehen wollen, weil die Ampel gerade auf Grün geschaltet hat, dann ist es aktuell für Sie nicht sehr wichtig, dass in der Regel Punktrechnung vor Strichrechnung kommt. Man kann sich unser Gehirn, unser Gedächtnis ein wenig so vorstellen wie ein gut aufgeräumtes Regal, wo jeder Gedächtnisinhalt seinen Platz hat. Zumindest meistens. Tatsächlich hilft uns der Ort, an dem wir uns aufhalten, dabei, eine Vorauswahl aus unserem gesamten Repertoire zu treffen, und beschleunigt so die Auswahl des passenden Verhaltens für die zu bewältigende Situation.

Also, Punktrechnung vor Strichrechnung schafft es an der Ampel nicht einmal in die engere Vorauswahl, einen Fuß vor den anderen und links und rechts schauen vor dem Losgehen schon eher. Müsste man nämlich immer erst alle Optionen durchackern, die wir grundsätzlich zur Verfügung haben, und das Verhaltensrepertoire des Menschen ist sehr groß, dann wäre es längst wieder rot, bevor wir nur die geringste Entscheidung getroffen hätten. Befände sich die Fußgängerampel an einem malerischen Sandstrand in der Karibik und beim Warten würden kleine Snacks und Cocktails serviert, während einem regelmäßig jemand Rücken und Schultern mit Sonnencreme einschmierte, um einen Sonnenbrand zu vermeiden, dann könnte man eventuell eine Zeit lang damit leben. Aber das ist leider nur ausgesprochen selten der Fall. Deshalb treffen wir ganz automatisch eine Vorauswahl. Und der Raum oder die Umstände beeinflussen die Hirnleistung. Immer wenn wir in eine bestimmte Umgebung kommen, löst das ein sogenanntes Handlungsskript aus, anhand dessen wir uns orientieren. Wenn wir in ein Büro kommen, dann erwarten wir dort einen Schreibtisch mit Stühlen. In einer Küche erwarten wir eine Spüle und einen Kühlschrank. In einer strengen Kammer, okay, da ist die Sache individueller, aber Sie verstehen, was gemeint ist. Grundsätzlich passt sich unsere kognitive Orientierung so an, damit wir nicht immer jeden Raum neu durchdenken müssen. Deswegen schweigen wir in einem Konzertsaal oder grölen im Fußballstadion. Oder umgekehrt, je nach Spielstand oder Musik.

Könnten wir keine Vorauswahl treffen, würden wir quasi vor jeder Aktion den gesamten Brockhaus von vorne bis hinten durchlesen. Wir können es aber, und das erlaubt es uns, nur den einen gerade relevanten Band aus dem Regal zu holen. Das ist noch immer nicht absolut treffsicher, es gibt noch immer eine erkleckliche Auswahl, aber sie ist viel geringer als ohne Vorsortierung. Dadurch werden wir um einiges effizienter in der Entscheidungsfindung. Falls Sie nicht mehr wissen, was ein Brockhaus ist, gratuliere ich zu Ihrer Jugend, genießen Sie sie, sie geht vorbei und dann wird das, was Sie heute für Allgemeinwissen halten, den dann jungen Menschen ebenfalls nichts mehr sagen. Können Sie jederzeit in Wikipedia nachschlagen.

Eine ähnliche Funktion wie diese kognitive Vorauswahl haben übrigens auch unsere Emotionen. Auch sie engen unseren Handlungsspielraum ein, sodass wir schneller agieren können. Deshalb ist ein Mensch wie Mister Spock aus der TV-Serie Star Trek auch nicht in der Lage, bessere und schnellere Entscheidungen zu treffen, weil er sich ausschließlich auf Logik verlässt, sondern würde im Gegenteil nie auf einen grünen Zweig kommen, weil er immer alle Einwände berücksichtigen müsste. Auch so einer wäre auf einem karibischen Sandstrand mit Fußgängerampel vermutlich besser aufgehoben. Natürlich ist das System der Vorauswahlen nicht perfekt, und manchmal gehen auf diese Weise Dinge verloren, die wir eigentlich noch gut brauchen könnten. Deshalb fällt uns diese Funktionsweise unseres Gehirns erst auf, wenn es zu Fehlern kommt. Wenn wir also aufgrund dieser Ortsabhängigkeit des Gedächtnisses vergessen, warum wir da sind, wo wir sind. Glücklicherweise haben wir dafür intuitiv die richtige Lösung und gehen dorthin zurück, wo wir uns zuletzt erinnert haben, und mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt auch die Erinnerung wieder. Aber warum ist das so, warum beeinflusst der Aufenthaltsort das Erinnerungsvermögen?

Dem liegt ein sich veränderndes Gehirn zugrunde. Der Ort, an dem wir uns gerade aufhalten, beeinflusst unser Gehirn so stark, dass man das sogar hirnphysiologisch messen kann. Das Gehirn achtet auf unterschiedliche Dinge, je nachdem, in welchem Raum wir uns befinden. Man kann etwa messen, dass wir gewöhnliche Gegenstände in einem Raum, etwa also einen Laptop auf einem Schreibtisch oder einen Mistkübel in der Ecke, kaum wahrnehmen, obwohl wir ihn sehen. Umgekehrt fallen uns gewöhnliche Objekte an ungewöhnlichen Orten besonders auf, weil das Gehirn überrascht wird. Etwa ein Mistkübel auf einem Schreibtisch oder ein Laptop in der Ecke.

Das gleiche Prinzip gilt aber eben nicht nur für Objekte, sondern für jede Art von Gedankeninhalt. Eine bestimmte Umgebung fördert das Framing für einen bestimmten Gedanken. So nennt man das. Kein Gedanke kann unabhängig von der Umgebung gesehen werden. Denn nur im Kontext merken wir uns Dinge. Deswegen schneiden Leute bei Prüfungen besser ab, wenn sie sie an dem Ort schreiben, an dem sie in der Vorlesung auch immer gesessen sind. Deswegen merken wir uns den Inhalt von Hardcover-Sachbüchern besser als denselben Inhalt in E-Books. Das gilt zumindest für die Menschen, die noch wissen, was ein Brockhaus ist. Ob jüngere Menschen, sogenannte Digital Natives, dieses Problem nicht mehr haben werden, bleibt noch abzuwarten.

Wenn wir also auf einen Gedanken kommen, dann hatte die Umgebung maßgeblichen Anteil und kann auch als Anker dafür dienen, dass wir den Gedanken mit Ideen und Zielen verknüpfen und festigen. Kommen wir dann plötzlich in einen andersartigen Raum, egal ob eine Türe dazwischenliegt oder nicht, kann unter Umständen diese Verknüpfung nicht mehr aufrechterhalten werden. Auf einmal ist der Gedanke nicht mehr stabil genug und verschwindet. Man hat vergessen, was man wollte. Das passiert dann am häufigsten, wenn sich die Räume stark unterscheiden, ist aber, wie gesagt, meist umkehrbar. Wenn man also zurückgeht, dann kommt der Gedanke oft wie von selber wieder.

Möglicherweise ist das auch der Grund, warum Jesus jedes Jahr zu Weihnachten wieder auf die Erde kommt: weil er nach Ostern auf dem Weg durchs All immer vergisst, was er eigentlich im Himmel wollte. ✓

Kurze Antwort:

→ Seien Sie kein Frosch. ✓

Lange Antwort:

→ Seit Menschen Geschichten erfinden, kommen darin Götter vor, die es blitzen und regnen lassen können oder die Erdlinge mit Trockenheit quälen. Und kein Menschen- oder Tieropfer konnte diese überirdischen Ungustln verlässlich besänftigen, immer wieder setzte es Sintfluten, Dürrekatastrophen und Eiszeiten. Kein Wunder, dass in den Menschen der Wunsch keimte, dieses Scheißwetter irgendwann unter Kontrolle zu bringen.

Leider ist das nicht ganz so einfach, wie mitunter geglaubt wird. Mitte des 20. Jahrhunderts vermutete man aber, endlich so weit zu sein. Statt Opfer verwendete man Naturwissenschaft, und anfangs scheinbar mit gutem Erfolg. Am 24. Juni 1942 demonstrierten Irving Langmuir und sein Assistent Vincent Schaefer vor einem Publikum aus Politikern und Militärangehörigen, dass sie in der Lage waren, ein ganzes Tal hinter einer künstlichen Nebelwand zu verstecken. Es waren keine echten Wolken, die sie erzeugt hatten, sie verwendeten vielmehr einen Vorläufer der Nebelmaschinen, wie man sie heute von Rockkonzerten kennt, aber es war schnell klar, wozu man so etwas brauchen konnte. Immerhin herrschte damals Weltkrieg, und wenn man einen Angriff der eigenen Soldaten mit künstlichem Nebel vor dem Feind verstecken konnte, war das keine schlechte Sache. Langmuir und seine Kollegen beschäftigten sich von da an weiter mit der Erforschung von Wolken, deren Eigenschaften und der Frage, wie man das Wetter im militärischen Sinne beeinflussen kann. Dass dabei kein Taschenspielertrick zu erwarten war, sondern echte Wissenschaft, dafür stand Langmuir mit seinem Ruf, denn er war nicht irgendwer. Er war Chemiker, erfand etwa eine neuartige Vakuumpumpe, entdeckte, dass man die Lebensdauer von Glühlampen verlängern konnte, wenn man sie mit bestimmten Gasen füllte, entwickelte eine neue Schweißtechnik, arbeitete als einer der ersten Forscher überhaupt mit Plasma, also Gasen, die so heiß sind, dass sich die Elektronen aus der Atomhülle von den Atomkernen trennen, und war derjenige, der das Wort »Plasma« prägte. Er trug zum Verständnis von Atomen bei, beschrieb die Oberflächen von Molekülen und Materialien auf eine ganze neue Weise und bekam im Jahr 1932 für seine »Entdeckungen und Untersuchungen zur Oberflächenchemie« den Nobelpreis für Chemie.

Langmuir war also einer der besten Chemiker seiner Zeit. Und überzeugt davon, dass er es schaffen konnte, das Wetter zu manipulieren. Noch dazu, als sein Kollege Vincent Schaefer 1946 zufällig entdeckte, dass man mit Trockeneis Wasser in der Luft dazu bringen kann, sich in Eiskristalle zu wandeln. Der Kühlschrank, mit dem Schaefer seine Experimente durchführte, war nicht kalt genug, und deswegen legte er einfach ein Stück gefrorenes Kohlendioxid, also Trockeneis, hinein. Die Temperatur der Luft sank schlagartig, und ebenso schlagartig entstanden jede Menge Eiskristalle. Schon ein winziges Stück Trockeneis reichte aus, um eine große Anzahl an Eiskristallen zu erzeugen. Was für eine Entdeckung!

Eine zufällige Beobachtung allein reicht in der Wissenschaft natürlich noch nicht, man muss daraus auch die richtigen Schlüsse ziehen. Das taten Langmuir und Schaefer und probierten sofort aus, was Trockeneis mit natürlichen Wolken anstellen würde. Wolken bestehen ja aus Wassertropfen, und wenn Trockeneis in der Luft dafür sorgen kann, dass sich das Wasser in Eiskristalle verwandelt, kann es das in Wolken vielleicht auch. Und wenn es in einer Wolke Eiskristalle gibt, können sich um diese Kristalle herum immer mehr Wassertropfen anlagern. Dadurch entsteht Schnee, aus dem, wenn er tief genug fällt, Regen wird. Man müsste also nur ein wenig Trockeneis in die Wolken werfen und könnte sie so dazu bringen, abzuregnen und sich aufzulösen.

Regenmacher aus archaischen Gesellschaften waren lange bekannt, aber die hatten keine Ahnung von Meteorologie und Chemie, sind auf gut Glück herumgehüpft, wenn sie glaubten, dass sich nach ihrer Erfahrung das Wetter vielleicht bald ändern würde, um günstigenfalls diese Veränderung für sich zu verbuchen. Aber echte Regenmacher, die wissenschaftlich reproduzierbar das Wetter manipulieren können, wären eine Neuheit gewesen. Man kann sich die heißen Ohren von Langmuir und Schaefer vorstellen, mit denen sie sich daranmachten, mit echten Wolken zu experimentieren.

Die ersten Ergebnisse waren bei Weitem nicht eindeutig, aber die beiden waren trotzdem überzeugt davon, dass sie Regen machen konnten. Als im Jahre 1947 der Hurrikan King auf die USA zuhielt und erst im letzten Moment abdrehte, soll Letzteres aufgrund von Wetterflugzeugen geschehen sein, die Chemikalien in den Wolken verteilt hatten. Den Einwand vieler Meteorologen, dass der Hurrikan genau das getan hatte, was ohnedies und schon vor dem Start der Flugzeuge vorausgesagt worden war, wollte Langmuir nicht gelten lassen. Er wurde wütend und begann die Kollegen zu beleidigen. Denn die militärischen und wirtschaftlichen Verlockungen waren zu groß. Man hoffte, mit gezielter Wettermanipulation eine Dürre über Feindesland auslösen zu können. Oder dass man sintflutartigen Regen über der Armee des Gegners niedergehen lassen könnte, um ihn so zu immobilisieren. Man wollte Hurrikane zum Feind umleiten, seine Schiffe in die Häfen und die Flugzeuge auf den Boden zwingen etc.; das alles klang für Generäle und Politiker zu verlockend, und niemand wollte das Risiko eingehen, beim »Wetterkrieg« ins Hintertreffen zu geraten. Langmuir forschte weiter. Immer wieder wurden Wolken mit Trockeneis behandelt. 1947 entdeckte Bernard Vonnegut, ein weiterer Kollege von Langmuir, dass man mit Silberjodid noch bessere Ergebnisse erreichte als mit Trockeneis. Es bildeten sich noch schneller noch mehr Eiskristalle, da die Struktur der Silberjodid-Kristalle den Kondensationskernen von Schneeflocken sehr ähnlich war. Außerdem löste sich das Silberjodid nicht einfach auf wie Trockeneis, sondern blieb lange in der Atmosphäre bestehen.

Es gab weitere Versuche mit großen Budgets und beeindruckenden Namen wie »Project Cirrus«, »Operation Cumulus« oder »Operation Popeye«, aber weiterhin keine eindeutigen wissenschaftlichen Ergebnisse. Das Problem an der Sache war nämlich die Statistik. Es war nicht möglich, irgendetwas Verbindliches aus all den Experimenten mit Trockeneis und Silberjodid abzuleiten. Einmal passierte etwas, dann wieder nichts, und das lag vor allem daran, dass es sich bei Wetter um ein chaotisches System handelt. Das hat nichts mit dem Chaos zu tun, das Sie möglicherweise von Ihrem Schreibtisch kennen, das Sie für Ordnung halten, weil Sie vielleicht wissen, wo was liegen könnte, und deshalb erzürnt sind, wenn wer aufräumt und das für Ordnung hält, sondern Chaos bedeutet in dem Fall, dass die Vorgänge in der Atmosphäre enorm komplex sind. Prozesse auf mikroskopisch kleinen Skalen beeinflussen das Wetter ebenso wie Prozesse in globalem Maßstab. Und alle treten miteinander in Wechselwirkung. Es ist so gut wie unmöglich, einen einzigen Faktor herauszugreifen und ihn für maßgebliche Veränderungen verantwortlich zu machen. Das ist übrigens genau das, was als Schmetterlings-Effekt bekannt wurde. Der beschreibt nämlich nicht, dass ein heimtückischer Falter irgendwo in Südamerika einmal zu viel flattert, dreckig lacht, und halb Europa versinkt daraufhin in Regenmassen, sondern er besagt, dass ein unfassbar kleiner Effekt unglaublich große Auswirkungen haben kann. Aber nicht muss. Vielleicht, man weiß es nicht, weil vieles auch von all den unzähligen anderen Faktoren abhängt, die bestimmen, wie sich das Wetter entwickelt.

Deshalb kann man Wetter nicht manipulieren. Und das wird auf absehbare Zeit so bleiben. Auch wenn das viele nicht glauben mögen. Die Einfältigeren bilden sich ein, dass mit sogenannten Chemtrails unter anderem das Klima beeinflusst werden kann, entweder positiv oder negativ, das kommt drauf an, welcher Verschwörungswebsite sie mehr vertrauen. Die russische Regierung wollte im Jahr 2006 als Gastgeber des G8-Gipfels in St. Petersburg ebenfalls mit Wolkenbehandlung für schönes Wetter sorgen. Leider ist das nur fast gelungen, und es gab stattdessen einen Wolkenbruch. Und auch ganz seriöse Versicherungen geben jedes Jahr stattliche Summen für Hagelflieger aus. Dabei handelt es sich um Flugzeuge, die bewaffnet mit Silberjodid in Gewitterwolken fliegen, um sie quasi zu impfen, also Silberjodid als Kondensationskerne in die Wolken zu bringen, damit es regnet, bevor sich Hagelkörner bilden, oder damit zumindest nur kleine Körner entstehen. Klingt eigentlich gut, aber nur weil was gut klingt, heißt es leider noch lange nicht, dass es funktioniert. Auch dafür, dass sich Hagel durch Flugzeuge überreden lässt, nicht stattzufinden, gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg. Hagelfliegen mag zwar von der Aussicht her für den Piloten toll sein, aber nach allem, was wir bis heute wissen, ist es einem Gewitter völlig egal, ob ihm ein Flugzeug Silberjodid als Damenspende vorbeibringt oder nicht. Wetter ist eben ein chaotisches System.

Warum Versicherungen, die sonst eigentlich sehr genau kalkulieren, dafür finanziell einstehen, ist auf den ersten Blick nicht verständlich. Aber auf den zweiten Blick findet man Versicherungen, die noch viel größeren Unsinn bezahlen, etwa Homöopathie. Und dagegen ist Hagelfliegen seriös. Die beiden Versicherungsleistungen zu kombinieren und statt Silberjodid Globuli in die Wolken hinauffliegen zu lassen, wäre sicher eine innovative Idee ganzheitlicher Gewitterbekämpfung und hätte den Vorteil, dass die Wolken etwas zu naschen bekämen, denn Milchzucker schmeckt bedeutend besser als Silberjodid, aber am Wetter würde auch das nichts ändern. Minus und Minus ergibt zwar oft Plus, aber in dem Fall leider nicht.

Kurze Antwort:

→ EU-rechtlich ja, kirchenrechtlich nein. ✓

Lange Antwort:

INN. WOHNUNG OBERGESCHOSS – ABEND