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Was wollen Frauen wirklich? Jonathan und seine Freunde haben keinen blassen Schimmer. Jonathan zum Beispiel ist schon ewig in die schöne Lissa verliebt - nur war er als Computerfreak leider nie ihr Typ. Seinen Freunden geht es ähnlich: Die süße Empfangsdame in Kyles Büro steht einfach nicht auf kleine Männer. Und Adam ist zwar im Job ein Überflieger, aber seine Frau hat ihn gerade zu Hause rausgeschmissen. Es scheint hoffnungslos! Bis Jonathan einen Liebesroman kauft - und überraschend auf eine Expertin in Liebesdingen stößt: die Bestsellerautorin Vanessa Valentine. Erst lachen seine Freunde noch über die neue Lektüre. Doch das ändert sich schlagartig, als Jonathan Erfolge bei Lissa verzeichnet …
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Seitenzahl: 502
Veröffentlichungsjahr: 2014
Sheila Roberts
Was Frauen wirklich wollen … für Anfänger
Roman
Aus dem Amerikanischen von Gabriele Ramm
MIRA® TASCHENBUCH
MIRA® TASCHENBÜCHER
erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,
Valentinskamp 24, 20354 Hamburg
Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright dieses eBooks © 2014 by MIRA Taschenbuch
in der Harlequin Enterprises GmbH
Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:
What She Wants
Copyright © 2013 by Sheila Rabe
erschienen bei: MIRA Books, Toronto
Published by arrangement with
Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l
Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln
Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln
Redaktion: Mareike Müller
Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München
Autorenfoto: © Harlequin Enterprises S.A., Schweiz; Robert Rabe
ISBN eBook 978-3-95649-375-1
www.mira-taschenbuch.de
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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder
auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich
der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Für Dustin
Lieber Leser, liebe Leserin,
wie schön, dass Sie mich wieder einmal nach Icicle Falls begleiten wollen. Ich freue mich sehr, dass Sie sich eine kleine Pause von Ihrem hektischen Alltag gönnen, um ein wenig Zeit mit meinen Charakteren zu verbringen. In diesem Buch sind es jedoch ausnahmsweise einmal nicht die Frauen, denen unser Hauptinteresse gilt, denn jetzt sind die Männer an der Reihe.
Jonathan Templar ist meine Hommage an all die ruhigen Männer mit einem großen Herzen, die leider nur allzu oft übersehen werden, sobald ein attraktiverer Mann den Raum betritt und für Aufsehen sorgt. Ich glaube, dass Jonathan den Beweis liefert, dass ein großes Herz sehr viel mehr wert ist als ein großes Muskelpaket. Sein Kumpel Kyle … na ja, der findet es äußerst frustrierend, dass er, was Körpergröße angeht, leicht zu kurz gekommen ist, und ärgert sich darüber, wenn Frauen durch ihn hindurch zu den größeren Männern schauen. Aber vielleicht sollte Kyle einmal das praktizieren, was er selbst immer predigt, und bei seiner Suche nach der Richtigen nicht nur auf das Äußere achten. Und dann ist da noch Adam, ein Freund der beiden, der so ahnungslos ist, wie ein Mann nur sein kann. Wenn Ihr Mann Sie je vernachlässigt hat, dann, da bin ich mir sicher, werden Sie laut applaudieren, wenn Sie sehen, wie Adams Frau dafür sorgt, dass ihr Mann einen schmerzhaften, allerdings wohlverdienten Auffrischungskurs in Sachen „Wie werde ich ein guter Ehemann“ erhält.
All diese Männer befinden sich auf einer Art Bildungsreise. Dabei stellen sie fest, was wir Frauen schon immer wussten – in Liebesromanen steckt viel Weisheit.
Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, über diese drei Männer und ihre Pokerfreunde Vance und Bernardo zu schreiben. Wenn sie wieder einmal einen Rückschlag hinnehmen mussten, habe ich mit ihnen gelitten, mich jedoch umso mehr gefreut, wenn sie einen Erfolg verbuchen konnten. Diese Jungs haben mir mein Herz gestohlen. Ich hoffe, sie stehlen Ihnen auch Ihres!
Sehr gern höre ich von meinen Lesern, daher freue ich mich über jeden Kontakt, sei es über Facebook (suchen Sie nach Sheila Roberts, author), über Twitter oder über meine Homepage (www.sheilasplace.com), wo Sie alles Neue über Icicle Falls finden, angefangen bei leckeren Rezepten bis hin zu einem lustigen Wettbewerb.
Viel Spaß beim Lesen!
Ihre Sheila Roberts
W enn das nicht der Traumjob eines jeden Mannes war! So eng mit einer Frau zusammenzuarbeiten, dass sich die Knie (Oberschenkel oder vielleicht sogar noch andere Körperteile) berührten. Doch leider waren Dot Morrisons Knie knorrig, und sie war alt genug, um Jonathan Templars Großmutter zu sein. Hinzu kam, dass sie aussah wie die Figur Maxine, die man in nicht unbedingt schmeichelhafter Weise auf Postkarten verewigt hatte. Daher gab es heute keinerlei Hautkontakt zwischen Jonathan und Dot, weder mit dem Knie noch mit sonst welchen Körperteilen.
„Okay, jetzt ist alles wieder in Ordnung“, erklärte Jonathan und rückte vom Computer im Büro des Breakfast-Hauses, Dots Restaurant, ab. „Aber denken Sie dran, was ich Ihnen gesagt habe. Damit Ihr Computer wie geschmiert läuft, müssen Sie ab und zu Ihre Festplatte säubern.“
„Oh, oh, jetzt fangen Sie schon wieder an, so versaut mit mir zu reden“, witzelte Dot.
Prompt schoss Jonathan die Röte ins Gesicht, zum einen, weil alte Damen solche Sachen nicht sagen sollten (Jonathans Grandma jedenfalls tat es nicht), und zum anderen, weil er noch nie in seinem Leben einer Frau versaute Sachen erzählt hatte. Na ja, abgesehen vielleicht von dem Playmate in der Mitte des Playboys. Wenn er mit echten Frauen reden sollte, neigte seine Zunge dazu, sich wie eine Brezel zu verknoten, vor allem dann, wenn die Frau auch noch attraktiv war. Das, vermutete er, war wohl einer der Gründe, warum er im reifen Alter von dreiunddreißig noch immer Single war. Das und die Tatsache, dass er nicht unbedingt so geschaffen war, wie eine Frau sich ihren Traummann vorstellte. Jedenfalls glaubte er kaum, dass es Frauen gab, die von einem schlaksigen Mann mit Brille und Oberhemd träumten. Doch das waren nicht die einzigen Gründe. Wenn man seit Ewigkeiten für eine bestimmte Frau schwärmte, konnte das das Liebesleben eines Mannes in erheblichem Maße beeinträchtigen.
Weil er sich nie sicher war, wie er auf Dots merkwürdigen Humor reagieren sollte, lächelte er lediglich, schüttelte den Kopf und packte seine Sachen zusammen.
„Ehrlich“, meinte sie, „ich bin froh, dass sich das hier als nichts Ernstes entpuppt hat. Aber wenn es doch so gewesen wäre, wüsste ich ja, dass ich auf Sie zählen kann. Sie dürfen Icicle Falls niemals verlassen. Was sollten wir alten Schachteln denn dann tun, wenn wir Probleme mit dem Computer haben?“
„Sie würden schon zurechtkommen“, versicherte Jonathan ihr.
„Das bezweifle ich. Computer sind für Leute über sechzig die reinsten Folterinstrumente.“
„Keine Sorge“, erwiderte er. „Ich habe nicht die Absicht, irgendwo anders hinzuziehen.“
„Bis Sie die richtige Frau finden. Dann sind Sie bestimmt mir nichts, dir nichts weg.“ Der Blick, mit dem sie ihn jetzt bedachte, verkündete Unheil. Wahrscheinlich würde das, was sie ihm gleich sagen wollte, ihn wieder in Verlegenheit bringen. Und tatsächlich. „Wir müssen Ihnen eine Frau hier aus dem Ort suchen.“
Das fehlte ihm gerade noch – Dot Morrison, die überall herumposaunte, dass Jonathan Templar, der Computernerd, auf der Suche nach einer einheimischen Frau war. Er wollte keine einheimische Frau. Er wollte …
„Tilda ist noch zu haben.“
Tilda Morrison, die Superpolizistin? Allein ein Blick von ihr genügte, um Jonathan in die Knie zu zwingen. „Äh, vielen Dank für das Angebot, aber ich glaube, sie braucht einen härteren Kerl als mich.“
„Das ist das Problem. Niemand ist so taff wie Tilda. Verdammt, ich habe das Mädchen falsch erzogen. Wenn das so weitergeht, kriege ich nie Enkelkinder.“ Dot zuckte mit den Schultern und griff nach einer Zigarette. „Na ja, vielleicht auch ganz gut. So muss ich wenigstens nicht meine ganze Freizeit dafür opfern, Kekse für die kleinen Nager zu backen.“
Manchmal war es nicht so einfach herauszufinden, ob Dot scherzte oder nicht, dieses Mal allerdings war Jonathan sich sicher, dass es nicht ernst gemeint war. Jeder wusste, dass Dot sich Enkelkinder wünschte. Das sah man schon an der Art, wie sie mit den Familien umging, die ihr Restaurant besuchten. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch Geld verdiente, so oft, wie sie ihren jüngsten Gästen eine heiße Schokolade schenkte.
Sie zündete sich eine Zigarette an und zog kräftig daran. Ihr kleines Büro würde binnen Kurzem völlig verqualmt sein. Im Bundesstaat Washington war das Rauchen in öffentlichen Gebäuden verboten, doch Dot behauptete fest, dass ihr Büro kein öffentlicher Raum war. Jonathan befürchtete, dass sie irgendwann mit dem zuständigen Gesundheitsbeauftragten aneinandergeraten würde, wenn sie nicht aufhörte, Zigaretten ins Gebäude zu schmuggeln.
„So, ich mache mich dann mal wieder auf den Weg“, sagte er und nahm seine Sachen, tunlichst darauf bedacht, nicht allzu viel von dem Rauch, der in seine Richtig waberte, einzuatmen.
„Rechnung wie immer?“
„Na klar.“
„Hauen Sie mich nicht übers Ohr“, neckte sie ihn.
„Käme mir doch niemals in den Sinn. Und setzen Sie diesmal die Brille auf, wenn Sie die Rechnung lesen“, meinte er grinsend, während er zur Tür ging. Ständig versuchte er, Dot einen Seniorenrabatt einzuräumen, doch sie zahlte immer mehr, als sie sollte, und behauptete dann, sie hätte die Rechnung falsch gelesen. Ja, Dot war schon eine tolle Kundin.
Ach, alle meine Kunden sind toll, dachte er, als er sich auf den Weg zu Sweet Dreams Chocolate machte, wo Elena, die Sekretärin, gerade mal wieder einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, weil sie mit dem neuen Computer, von dem sie behauptete, er wäre von Dämonen besessen, nicht zurechtkam.
Der Duft von Schokolade, der von unten aus den Produktionsküchen drang, begrüßte ihn, sobald er das Büro betrat. Und Elena sah ihn an, als wäre er der Heilige Georg, der den Drachen für sie erlegen würde. „Gott sei Dank, dass Sie da sind.“
Die Leute waren eigentlich immer äußerst glücklich, den Eigentümer und einzigen Mitarbeiter von Geek Gods Computer Service zu sehen. Sobald Jonathan die Bühne betrat, wussten sie, dass ihre Probleme bald gelöst sein würden.
Ihm gefiel dieses Gefühl, gebraucht zu werden. Sicher, er war kein Muskelprotz wie Luke Goodman, der Produktionsmanager bei Sweet Dreams, und auch keiner von den Machern wie Blake Preston, der Leiter der Bank. Manchen Männern war es einfach angeboren, die Hauptrollen zu übernehmen und auf der Bühne des Lebens ständig präsent zu sein. Andere waren von der Natur dazu bestimmt, die Kulissen aufzubauen, die Vorhänge aufzuziehen und im Hintergrund zu arbeiten, damit auf der Bühne alles reibungslos vonstattengehen konnte. Jonathan war einer dieser Kulissenschieber. Was überhaupt nicht schlimm ist, redete er sich ein. Nur mithilfe dieser Kulissenarbeiter konnte die Show überhaupt über die Bühne gehen.
Aber die weiblichen Stars bemerkten die Typen im Hintergrund leider nie. Jonathan seufzte. Manchmal fühlte er sich wie Cyrano de Bergerac. Allerdings ohne die lange Nase.
„Dieses Teil macht mich noch ganz irre“, sagte Elena und funkelte das Ärger bereitende Wunder der Technik auf ihrem Schreibtisch böse an.
Die Inhaberin von Sweet Dreams, Samantha Sterling, die erst kürzlich Blake Preston geheiratet hatte, kam gerade aus ihrem Büro. „Noch irrer, als wir dich machen?“
„Noch irrer, als meine Mutter mich macht“, erwiderte Elena. Samantha tätschelte ihre Schulter. „Jonathan wird es schon wieder richten.“
„Equipo del infierno“, grummelte Elena.
„Höllengerät?“, mutmaßte Jonathan, der sein Highschool-Spanisch noch nicht ganz vergessen hatte.
Elenas frustrierter Blick genügte als Antwort.
„Keine Sorge“, sagte Samantha zu ihr. „Jonathan hilft dir im Kampf gegen die bösen Mächte der Technologie. Wenn Cecily kommt, richte ihr bitte aus, dass ich gegen halb zwei wieder da bin. Versuchen Sie doch in der Zwischenzeit, meine Lieblingsassistentin davon abzuhalten, sich vor Frust die Haare auszureißen“, fügte sie an Jonathan gewandt hinzu.
„Keine Angst“, erwiderte er und versprach Elena dann: „Das Ding hier läuft in null Komma nichts wieder.“
Aus null Komma nichts wurde eine Stunde, aber da Elena damit gerechnet hatte, den ganzen Tag zu verlieren, war sie überglücklich. „Sie sind ein Held“, erklärte sie Jonathan gerade, da erschien Samanthas Schwester Cecily auf der Bildfläche.
„Hat er uns wieder einmal gerettet?“, fragte sie Elena und lächelte Jonathan an.
„Ja, wie immer.“
Jonathan schob seine Brille hoch und versuchte, bescheiden auszusehen. Was gar nicht so einfach war, wenn die Leute einen so in den Himmel lobten.
Aber dann, als er gerade dabei war, seine Sachen einzupacken, sagte Cecily etwas, was ihm den Schreck in die Glieder fahren ließ. „Ach, übrigens, Tina Swift hat erzählt, dass ihr demnächst Klassentreffen habt – fünfzehn Jahre Higschoolabschluss.“
„Äh, ja.“
„Oh, ich finde, die machen immer solchen Spaß. Man trifft alte Freunde wieder und Leute, mit denen man früher liiert war“, fuhr sie fort.
Das war ja noch schlimmer als Dots Zigarettenqualm. Mit Cecily zu plaudern brachte Jonathan irgendwie immer in Verlegenheit. Und mit ihr über das Klassentreffen zu reden würde ihn in ein nervöses Wrack verwandeln, vor allem, wenn sie anfangen sollte, ihn zu fragen, mit welchen Mädchen er denn früher ausgegangen war. Also drückte Jonathan auf die Tube und hatte in Windeseile seine Werkzeuge und seine diversen CDs eingepackt.
„Gehst du zu dem Treffen?“, fragte sie ihn.
„Vielleicht“, log er und hoffte, dass sie es darauf beruhen lassen würde.
Tat sie aber nicht. „Ich bin gerade rechtzeitig vor unserem zehnjährigen Treffen hierher zurückgezogen, und ich bin froh, dass ich hingegangen bin. Es waren eine Menge Leute da, die ich sonst nie wiedergesehen hätte.“
Es gab da tatsächlich jemanden, den Jonathan nur allzu gern wiedersehen wollte, und eigentlich nicht nur sehen … Jemanden mit langen, blonden Haaren und … Abrupt schloss er seine Aktentasche und flüchtete zur Tür. „Also, Elena, ich schicke Ihnen die Rechnung wie immer zu.“
„Okay“, rief sie.
Die Tür war noch nicht ganz hinter ihm ins Schloss gefallen, als er Elena zu Cecily sagen hörte: „Der braucht mal ein bisschen Selbstvertrauen.“
Es war oberpeinlich so etwas über sich selbst zu hören, doch leider entsprach es der Wahrheit. Er brauchte allerdings sehr viel mehr als nur Selbstvertrauen. Wie sollte ein Mann allerdings Vertrauen zu sich fassen, wenn es nichts gab, worauf er sein Selbstvertrauen aufbauen konnte?
Inzwischen war es Mittag, also bestellte er sich im Big Brats Bratwurst mit Sauerkraut und machte es sich an einem der Tische im Innenhof des beliebten Würstchenimbisses gemütlich. Es war ein perfekter Tag, um draußen zu essen. Die Sonne wärmte ihm den Rücken, und ein leichter Wind, der von den Bergen herüberwehte, sorgte dafür, dass ihm nicht zu heiß wurde. Der wolkenlose Himmel bildete einen herrlich blauen Hintergrund für die Berge.
Während der Wochenenden war der Innenhof hier so überfüllt, dass man eine Nummer ziehen musste. Heute war es jedoch relativ ruhig, und nur ein paar Tische waren besetzt.
Ed York, dem der Weinladen D’Vine Wines gehörte, und Pat Wilder, die Eigentümerin des Buchladens Mountain Escape Books, kamen über die Straße geschlendert, um ihre Bestellung aufzugeben. An Jonathans Tisch hielten sie kurz an, um Hallo zu sagen, fragten ihn jedoch nicht, ob sie sich zu ihm gesellen durften. Was nicht sonderlich überraschend war, denn Pat und Ed waren dabei, miteinander anzubandeln.
Von seiner Mom wusste Jonathan, dass Ed schon gleich, nachdem er nach Icicle Falls gezogen und seinen Weinladen eröffnet hatte, ein Auge auf Pat geworfen hatte. Doch Pat hatte um ihren Ehemann getrauert und war nicht im Geringsten interessiert gewesen. So, wie es aussah, schien sich das jetzt zu ändern. Eds Erfolg in Sachen Romantik schürte in Jonathan einen kleinen Funken Hoffnung. Vielleicht konnte man, wenn man nur beharrlich genug war, die Frau seiner Träume irgendwann doch erobern.
Vielleicht vergeudete man aber auch sein Leben mit Tagträumen. Jonathan knüllte seine Serviette zusammen. Es war Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen.
Sein nächster Kunde war Gerhardt Geissel, der zusammen mit seiner Frau Ingrid Gerhardt’s Gasthaus betrieb. Gerhardt war ein kleiner, stämmiger Mann um die fünfzig, mit grauem Haar und einem runden, geröteten Gesicht. Er liebte die deutsche Küche seiner Frau, sein Bier und zelebrierte stolz sein alpenländisches Erbe, indem er Lederhosen trug und jeden Morgen als Erstes seinen Gästen auf dem Alphorn ein Ständchen vortrug.
Er spielte sogar, wenn er keine Gäste hatte. Vor Kurzem, an seinem Geburtstag, hatte er sich jedoch etwas zu sehr mitreißen lassen. Nachdem er das eine oder andere Bierchen zu viel getrunken hatte, war ihm die Idee gekommen, seinen Gästen am Abend auch noch ein Ständchen zu bringen. Dabei war er vom Balkon vor seinem Esszimmer gefallen, hatte sich bei dem Sturz aus drei Metern Höhe aber glücklicherweise nur den Arm und nicht das Genick gebrochen.
„Jonathan, wie geht’s?“, rief er und hob seinen Gipsarm, als seine Frau Jonathan ins Arbeitszimmer führte. „Ich hoffe, Sie sind hier, um alle meine Probleme zu lösen.“
„Das ist so gut wie unmöglich“, stellte seine Frau fest.
Gerhardt verzog das Gesicht. „Da können Sie mal sehen, wie sehr sie mich liebt.“
Seine Frau schnitt ebenfalls eine Grimasse und ging wieder. Doch schon wenig später kehrte sie mit einem Stück Schwarzwälder Kirschtorte für Jonathan zurück. „Sie sind viel zu dünn“, informierte sie ihn. „Sie müssen mehr essen.“
„Sie brauchen eine Frau, die für Sie kocht“, fügte ihr Mann hinzu.
„Meine jüngere Nichte, Mary, lebt gleich drüben in Wenatchee, und die ist sehr hübsch“, meinte Ingrid.
„Und sehr dumm.“ Gerhardt schüttelte angewidert den Kopf. „Jonathan ist ein kluger Mann. Er braucht eine kluge Frau.“
„Mary ist klug“, beharrte Ingrid. „Sie trifft nur manchmal die falsche Wahl.“
„Äh, vielen Dank“, erwiderte Jonathan. „Ich weiß das Angebot zu schätzen.“ Manchmal fragte er sich, ob eigentlich sämtliche Einwohner von Icicle Falls über fünfzig ihn verkuppeln wollten.
Verflixt, es waren ja nicht nur die Älteren. Sogar seine Schwester hatte es immer wieder versucht, indem sie ihm irgendeine Frau vorstellte, die sie gerade kennengelernt hatte und von der sie dachte, sie wäre genau die Richtige für ihn. Natürlich war es nie die Richtige.
Gerhardts Computerproblem war schnell behoben. Jonathan installierte sein Betriebssystem neu und damit war die Sache erledigt.
„Sie sollten lieber schnell verschwinden, ehe meine Frau mit Marys Telefonnummer anrückt“, riet Gerhardt ihm, nachdem er einen Scheck für Jonathan ausgestellt hatte.
Gute Idee. Jonathan verschwand durch den Hinterausgang.
Nachdem er bei Gerhardt fertig war, schaute er noch bei zwei weiteren Kunden vorbei, ehe er nach Hause fuhr.
Es war bereits später Nachmittag, als Jonathan auf die Auffahrt bog, doch die Maisonne schickte ihre wärmenden Strahlen noch auf die Mountain View Road, an deren Ende sein kleines Holzhaus mit den drei Zimmern stand. Eigentlich hatte er nur zwei Zimmer haben wollen, aber seine Familie hatte ihn überredet, einen zusätzlichen Raum einzuplanen. „Du brauchst doch Platz für Frau und Kinder“, hatte seine Mutter gesagt. Die gute alte Mom, immer optimistisch.
Die Tannen und Kiefern, die das Haus umgaben, bildeten einen rustikalen Hintergrund, während die Stiefmütterchen, Begonien und anderen Blumen, die seine Mutter und seine Schwester in die Blumenkästen an den Fenstern und in die Beete im Vorgarten gepflanzt hatten, dem Ganzen einen heimeligen Touch gaben. Wer hier vorbeikam, ging vermutlich davon aus, dass eine Frau in dem Hause lebte. Doch da täuschte man sich. Das einzige weibliche Wesen in diesem Haus besaß vier Beine.
Aber Jonathan stellte sich oft vor, dass er in diesem Haus zusammen mit Frau und Kindern wohnte – die Frau (selbstverständlich eine hübsche Blondine) kochte Essen, während er und die Kinder sich mit Videospielen vergnügten. Er sah sich als alten Mann, wie er auf der Veranda saß und mit einem Enkel Schach spielte, natürlich mit Figuren, die er selbst geschnitzt hatte. Das Haus würde er, das verstand sich ebenfalls von selbst, an seinen Sohn weitervererben, damit das Grundstück in der Familie blieb.
Sein eigener Großvater hatte das Land als Investition gekauft, als es nicht viel mehr als eine Gebirgswiese gewesen war. Gramps hätte einen saftigen Gewinn einstreichen können, wenn er es verkauft hätte, aber stattdessen hatte er es Jonathan zu einem Spottpreis überlassen, als der fünfundzwanzig geworden war.
Mit siebenundzwanzig hatte er dann angefangen, sein Haus zu bauen. Ein Cousin, der im nahe gelegenen Yakima im Baugewerbe tätig war, hatte ihn dabei tatkräftig unterstützt, genau wie sein Dad auch. Doch leider hatte sein Vater das Ende des Baus nicht mehr miterlebt. Kurz bevor das Dach gedeckt wurde, hatte er einen Herzinfarkt erlitten, und Jonathan hatte nicht nur den Hausbau, sondern auch sein Leben von nun an allein meistern müssen.
So war Jonathan also zum Oberhaupt der Familie geworden und sollte in dieser Rolle seiner Mom, seiner Großmutter und auch seiner Schwester helfen, mit dem Leben fertig zu werden. Seiner verwitweten Großmutter konnte er keine Hilfe mehr sein, denn die hatte versucht, vor dem Verlust davonzulaufen, und war nach Arizona gezogen. Auch seiner Mutter hatte er, abgesehen davon, dass er ihr ein Computerprogramm installiert hatte, mit dem sie ihre Finanzen verwalten konnte, nicht weiter helfen können. Er hatte versucht, Julia Unterstützung zu bieten, aber er war ja selbst kaum in der Lage, sein Leben in den Griff zu bekommen. Hätte er doch nur seinen Dad nicht all die schwere körperliche Arbeit machen lassen.
„Sei nicht albern“, sagte seine Mutter immer. „Dein Vater hätte genauso gut auch auf dem Golfplatz sterben können. Er hat das getan, was er gern tun wollte, nämlich dir helfen.“
Seinem Sohn helfen, ein Mann zu sein. Das Haus war vermutlich Jonathans einziges Unternehmen, das seinen Vater mit Stolz erfüllt hatte. Es war nicht schwierig, sich auszumalen, was für eine Art von Sohn Dad sich eigentlich gewünscht hatte. Nie hatte er auch nur eins der Footballspiele der Icicle Falls Highschoolmannschaft verpasst, sei es ein Heim- oder ein Auswärtsspiel. Wie oft hatte er wohl auf der Tribüne gesessen und sich gewünscht, dass sein schlaksiger Sohn ebenfalls dort unten auf dem Spielfeld gestanden oder zumindest auf der Bank gesessen hätte, statt in einer Band zu spielen? Jonathan war froh, dass er es nicht genau wusste.
„Ich liebe dich, mein Junge“, hatte Dad gesagt, während man ihn in den Krankenwagen geschoben hatte. Es waren die letzten Worte, die Jonathan von ihm gehört hatte, und er war dankbar dafür. Aber häufig wünschte er sich, sein Dad hätte gesagt, er wäre stolz auf ihn.
Als er den gelben Volkswagen mit dem Schriftzug seiner Firma Geek Gods Computer Services an der Seite auf die Einfahrt fuhr, verließ seine Hündin Chica ihren Beobachtungsposten auf der Veranda und rannte ihm entgegen, um ihn mit einem Bellen zu begrüßen. Chica kam aus dem Tierheim und war teils Schäferhund, teils Labrador und teils … tja, welcher Hund auch immer einen buschigen Schwanz hatte. Seit fünf Jahren lebte sie bei Jonathan, und sie hielt ihn wirklich für einen Gott (und ihr war es auch egal, dass er ein Computerfreak war).
Er stieg aus dem Wagen, und die Hündin begann auf und ab zu springen, als hätte sie Sprungfedern in ihren Pfoten. Aber es war nett, dass wenigstens ein weibliches Wesen seinetwegen ganz aus dem Häuschen geriet. „Hallo, mein Mädchen“, begrüßte er sie. „Wir werden jetzt erst einmal etwas essen und anschließend können wir noch eine Runde toben.“
Zunächst einmal tauschte er seine gute Hose jedoch gegen eine alten Baggy-Jeans und sein Oberhemd gegen ein T-Shirt mit einem typischen Computerfreak-Spruch. Dann, nachdem er sich eine Dose Spaghetti und Chica eine Portion leckeres Hundefutter aufgetischt hatte, war es Zeit für eine kurze Runde Stöckchen holen. Es musste ausnahmsweise schnell gehen, denn heute war Freitag, Pokerabend, und Jonathans Kumpel würden um sieben Uhr bei ihm vor der Tür stehen. Poker, noch eine echte Männerbeschäftigung. Dad wäre stolz gewesen.
Der Erste, der eintraf, war sein Freund Kyle Long. Kyle und Jonathan waren schon seit der Highschool befreundet, wo sie beide Mitglied im Schachklub gewesen waren und eine Vorliebe für alte Science-Fiction-Filme und Videospiele geteilt hatten.
Eigentlich passte der Nachname Long nicht wirklich zu Kyle, denn er war nicht lang, sondern eher kurz geraten. Sein Haar hatte einen helleren Ton als Jonathans dunkelbraunes, es war im Grunde genauso unspektakulär wie Kyles Gesicht.
Sein durchschnittliches Aussehen bereitete ihm nur halb so viele Sorgen wie seine geringe Größe. „Frauen gucken kleine Männer doch gar nicht an“, beschwerte er sich häufig. Und kleine Männer, die (wie Kyle) nicht so sonderlich selbstbewusst waren und auch nicht so locker mit Komplimenten um sich werfen konnten – na ja, die wurden im Grunde gar nicht beachtet, nicht einmal von Frauen, die ebenfalls eher klein geraten waren. Das war ein schweres Kreuz gewesen, das er in der Highschool hatte tragen müssen, als es Kyle so vorgekommen war, als würde jedes Mädchen, das ihm gefiel, sich lieber für einen riesigen Basketballspieler entscheiden, als mit ihm auszugehen. Heutzutage trug die Konkurrenz eine ganz andere Art von Uniform, nämlich die typische Bürokleidung, aber Kyles Frustrationslevel war der gleiche geblieben.
Seine mürrische Miene heute Abend verriet schon alles, noch ehe er den Mund überhaupt aufgemacht hatte. „Was ist nur mit den Frauen los, kannst du mir das mal sagen?“, wollte er wissen, als er ein Sixpack Bier auf Jonathans Arbeitsplatte stellte.
Wenn Jonathan es wüsste, wäre er inzwischen längst mit der Frau seiner Träume verheiratet. Also zuckte er nur mit den Schultern.
„Okay, Darrow sieht aus wie der verdammte Ryan Reynolds, na und?“
Ted Darrow, Kyles Nemesis. „Und er fährt einen Jaguar“, warf Jonathan ein. Darrow war außerdem Kyles Chef, was ihn auf der Erfolgsleiter diverse Stufen höher platzierte, immer ein ausschlaggebendes Kriterium, das äußerst sexy wirkte.
„Aber er ist der weltgrößte Idiot“, meinte Kyle erbost. „Ich weiß ehrlich nicht, was Jillian an ihm findet.“
Jonathan wusste es. Gleich und gleich gesellte sich nun mal gern. Gut aussehende Menschen zogen einander magnetisch an. Er hatte Jillian kennengelernt, als er bei Kyle in der Firma – Safe Hands Insurance – ein neues Computersystem installiert hatte. Als Rezeptionskraft hatte es zu ihrem Job gehört, ihn zu begrüßen, und ihm war sofort klar gewesen, wieso sein Freund so hin und weg war. Sie war echt heiß, mit langen Beinen, die einem Supermodel alle Ehre gemacht hätten. Frauen wie sie standen auf die Ted Darrows dieser Welt.
Oder auf die Rand Burwells.
Den letzten Gedanken verdrängte Jonathan schnellstens wieder. „Hey, das kannst du aufgeben. Die wirst du nie kriegen.“ Es war hart, seinem besten Kumpel so etwas sagen zu müssen, aber er konnte doch nicht zulassen, dass sich ein Freund wegen einer Frau, die weit außerhalb seiner Liga spielte, zum Narren machte. Dasselbe würde Kyle auch für ihn tun – wenn er wüsste, dass Jonathan seit vergangenem Weihnachten einen Rückfall erlitten hatte, und wieder für seine eigene Traumfrau schwärmte. Offenbar gab es für einen Mann viele Wege, sich zum Narren zu machen.
Entmutigt seufzte Kyle. „Ja.“ Er holte sich einen Flaschenöffner aus der Küchenschublade und machte sich ein Bier auf. „Es ist nur, ach, verdammt. Wenn sie mich mal länger als zwei Sekunden anschauen würde, dann würde sie bestimmt feststellen, dass ich zweimal so viel wert bin wie dieser Darrow.“
„Ja, ja“, meinte Jonathan nur und riss eine Tüte Chips auf, bevor er sie neben das Bier legte.
Der Nächste, der aufkreuzte, war Bernardo Ruiz. Er brachte eine Schüssel Salsa mit, die seine Frau selbst gemacht hatte. Bernardo war glücklich verheiratet und besaß eine kleine Obstplantage vor der Stadt, auf die er ziemlich stolz war. Bernardo war nicht viel größer als Kyle, aber er marschierte durchs Leben, als wäre er einen Meter achtzig.
„Wer ist gestorben?“, fragte er, während er von einem Freund zum anderen schaute.
„Niemand“, fuhr Kyle ihn an.
Bernardo musterte ihn misstrauisch. „Himmelst du immer noch diese Tussi bei der Arbeit an?“
„Sie ist keine Tussi“, erwiderte Kyle grimmig.
Bernardo schüttelte angewidert den Kopf. „Kleiner Mann, du bist ein Idiot, wenn du einer Frau hinterherläufst, die nichts von dir wissen will. Solche Frauen lassen dich innerlich noch kleiner erscheinen.“
Jegliche Anspielung auf seine kleine Statur, sei es nun innerlich oder äußerlich, kam bei Kyle nie gut an, von daher war es vermutlich ganz gut, dass in diesem Moment Adam Edwards mit noch mehr Bier und Chips eintraf. Als Außendienstmitar-beiter für einen pharmazeutischen Betrieb verdiente er mehr als Jonathan und Kyle zusammen, und er hatte auch die Spielzeuge, um das zu beweisen – ein großes Haus am Fluss, eine alte Corvette, ein Schneemobil und ein Strandhaus an der Küste von Washington. Außerdem hatte er eine gut aussehende Frau, was Jonathans These, dass gleich und gleich sich gern zueinander gesellte, nur wieder bestätigte, denn Adam war groß, hatte breite Schulter und sah aus, als würde er eher nach Hollywood als nach Icicle Falls gehören. Manche Männer hatten einfach alles.
„Vance kommt später“, informierte Adam die anderen. „Er meinte, er müsste noch was fertig machen, und wir sollten ohne ihn anfangen.“
Vance Fish, das neueste Mitglied ihrer Gruppe, war Anfang fünfzig, was ihn zum Senior der Pokerrunde machte. Er hatte sich ein großes Haus an der River Road gebaut, ungefähr eine Meile von Adams Grundstück entfernt. Beim Angeln hatten die beiden sich näher kennengelernt, und Adam hatte ihn eingeladen, sich ihrer Pokerrunde anzuschließen.
Obwohl Vance behauptete, er wäre mehr oder weniger in Rente, schien er immer zu arbeiten. Ihm gehörte Emerald City Books, ein Buchladen in Seattle. Erst kürzlich hatte er die Schokolade von Sweet Dreams in sein Angebot aufgenommen, was ihn bei der Sterling-Familie, der die Schokoladenfabrik gehörte, äußerst populär machte.
Er kleidete sich, als hätte er keinen Cent auf der Naht, meist in Jogginghosen oder Jeans und einem schlabbrigen schwarzen T-Shirt, das unvorteilhaft über seinem ziemlich dicken Bauch hing, aber sein schniekes Haus war Beweis genug, dass es Vance gut ging.
„Das heißt, den sehen wir frühestens in einer Stunde oder so“, prognostizierte Kyle.
„Was muss er denn noch erledigen?“, wollte Bernardo wissen. „Baut er da in seinem vornehmen Haus irgendwas? Ich hab’ in seiner Garage noch nie irgendwelches Werkzeug oder eine Werkbank gesehen.“
„Muss wohl irgendwas mit dem Buchladen sein“, erwiderte Adam. „Ich weiß aber nicht, was.“
„Na, umso besser für mich“, meinte Kyle fröhlich. „Bis er auftaucht, habe ich euch schon das Geld aus der Tasche gezogen.“ Er rieb sich die Hände. „Ich spüre es, heute habe ich eine Glückssträhne.“
Er bewies es, indem er ihnen das Geld abknöpfte. „Bernardo, du solltest einfach deine Taschen ausleeren, sobald du hier ankommst“, lästerte Adam. „Ich hab’ noch nie jemanden gesehen, der so viel Pech beim Kartenspielen hat.“
„Tja, kennst du nicht das Sprichwort? Pech im Spiel, Glück in der Liebe“, antwortete Bernardo.
Seine Bemerkung wischte das Siegesgrinsen von Kyles Gesicht. „Frauen“, murmelte er düster.
„Ich warne dich, wenn du jetzt wieder damit anfängst, dann …“, ermahnte Adam ihn.
„Was?“, protestierte Kyle.
Adam deutete mit seiner Bierflasche auf Kyle. „Wenn ich auch nur noch ein Wort über Jillian höre, dann ziehe ich dir hiermit eins über.“
„Oh, nein“, sagte ein tiefe Stimme. „Ich hatte gehofft, ihr Clowns hättet das Thema Frauen inzwischen abgearbeitet.“
Jonathan drehte sich um und sah Vance ins Zimmer schlendern, modisch wie immer in seinem schwarzen Lieblings-T-Shirt, Baggy-Jeans und Sandalen. Dem Anlass entsprechend hatte er sich nicht rasiert. Abgesehen von den extra Pfunden (okay, und dem kahlen Fleck mitten auf seinem Kopf), sah er gar nicht mal so schlecht aus. Sein sandfarbenes Haar war mit grauen Strähnen durchzogen, doch er hatte buschige Augenbrauen und ein kräftiges Kinn, etwas, was Frauen zu mögen schienen, selbst bei dicken Männern. An Vance waren sie verschwendet; er war nicht interessiert. „Hab’ ich alles schon erlebt, mir reicht’s“, sagte er häufig.
„Wir sind mit dem Thema Frauen durch“, versicherte Adam ihm.
Vance gab ihm einen Schlag auf den Rücken. „Freut mich zu hören, denn das Letzte, was ich nach einem harten Arbeitstag will, ist euch Losern zuzuhören, wie ihr über die Frauen lamentiert.“
„Ich hab’ nicht lamentiert“, entgegnete Kyle und sah beleidigt aus.
Vance setzte sich an den Tisch. „Es geht schon wieder um die Schöne bei dir im Büro, oder? Machst du dir ihretwegen mal wieder ins Hemd?“ Kyle blickte ihn böse an, doch Vance wischte seinen Ärger mit einer Bewegung seiner fülligen Hand beiseite. „Weißt du, Frauen können Verzweiflung eine Meile gegen den Wind riechen. Das törnt sie ab.“
„Und ich nehme mal an, was das angeht, bist du ein Experte?“, zog Adam ihn auf.
„Es gibt auf der ganzen Welt keinen Mann, der ein Experte ist, wenn es um Frauen geht. Und wenn du jemanden triffst, der das behauptet, dann ist er ein Lügner. So, und jetzt lasst uns Poker spielen.“ Vance musterte den Stapel Spielchips, der vor Kyle lag. „Ich glaube, es wird Zeit, dass ich dir davon mal ein bisschen was abnehme, mein Freund.“
„Ich glaube nicht“, erwiderte Kyle, bevor sie richtig loslegten.
Nach anderthalb Stunden verkündete Vance, dass er mal aufs Klo müsste.
„Und ich brauche ein paar Chips und Salsa“, meinte Adam, woraufhin sie beschlossen, eine kleine Pause einzulegen.
„Hattest du auch die Ankündigung in der Post?“, wollte Kyle von Jonathan wissen.
Oh, nein, nicht das schon wieder.
„Welche Ankündigung?“, fragte Adam.
„Highschool-Klassentreffen“, antwortete Kyle. „Fünfzehnjähriges.“
Natürlich hatte Jonathan die niedliche kleine Postkarte erhalten, auf der ein Bild des Icicle-Falls-Highschool-Maskottchen abgebildet war, ein Grizzlybär, der um die Ecke lugte. Und natürlich war sein erster Gedanke gewesen, vielleicht kommt Lissa ja auch. Sofort war seine Laune in schwindelerregende Höhen geklettert. Bis ihm ein weiterer Gedanke durch den Kopf geschossen war. Ich bin und bleibe trotzdem der „Unsichtbare Mann“. Daraufhin war seine Laune wieder in den Keller gesunken.
„Ja, hab’ ich“, sagte er. „Ich geh’ nicht hin.“
Aber Rand würde vermutlich auftauchen. Rand und Lissa, wieder glücklich vereint.
Jetzt war seine Laune nicht nur im Keller, sondern in einem Abgrund, in dem sich Alligatoren tummelten. Und der Pokerabend entwickelte sich auch zu einer Pleite.
Genau wie sein Liebesleben.
Der Pokerabend hatte kein gutes Ende für Kyle genommen. Vance, der alte Fuchs, hatte ihm die Taschen leer geräubert. Und damit war das Wochenende im Grunde schon gelaufen.
Den Samstag verbrachte er damit, Sachen zu besorgen und zu erledigen. Abends setzte er sich an den Computer und spielte eine Runde War on PlanetX mit ein paar anderen Online-Spielern, fühlte sich hinterher aber noch deprimierter. So langsam wurde er zu alt für diesen Quatsch. Er wollte mehr aus seinem Leben machen. Irgendwie kam es ihm so vor, als würden sich alle außer ihm zu Paaren zusammenfinden.
Diese Tatsache wurde ihm noch bewusster, als er am Sonntag zu seiner Familie zum Essen ging und erfuhr, dass seine kleine Schwester sich verlobt hatte. Okay, er hatte es seit Monaten kommen sehen und freute sich auch für sie. Aber jetzt war es offiziell – er war der letzte der drei Geschwister, der noch ungebunden war. Und Kerrie war vier Jahre jünger als er, was die Sache nicht gerade besser machte. Genauso wenig wie Bemerkungen wie: „Wir müssen eine Frau für Kyle finden.“ Seine kleine Schwester brauchte keine Frau für ihn zu suchen.
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