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Der eiskalte Mord an einem bekannten Unternehmer aus Husum wirft Fragen auf: War doch zum Zeitpunkt des nächtlichen Attentats nicht seine Ehefrau, sondern dessen Geliebte an seiner Seite. Wiebke Ulbricht und Jan Petersen ermitteln mit den Kollegen der Flensburger Mordkommission. Zeitgleich verschwinden junge Frauen spurlos. Ihre Ähnlichkeit zueinander lässt auf einen Serientäter schließen. Wiebkes gewagte Theorie, dass der Mord an dem „Fürsten von Husum“ und das rätselhafte Verschwinden der Frauen zusammenhängen, stößt bei ihren Kollegen auf wenig Resonanz. Unterstützung bekommt sie nur vom attraktiven Staatsanwalt, der zufällig ein Auge auf Wiebke geworfen hat. Nach einem Hinweis aus der Bevölkerung führt eine heiße Spur nach Sylt. Auf der Insel der Reichen und der Schönen scheinen die Fäden der Verbrechensreihe zusammenzulaufen. Plötzlich befindet sich Wiebke selber in Lebensgefahr … Mit WattenAngst legt Andreas Schmidt nun den vierten Band seiner erfolgreichen Küstenkrimis aus dem Land zwischen den Meeren vor.
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Seitenzahl: 486
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Für SusiDu weißt schon warum.
Im Verlag CW Niemeyer sind bereits folgende Bücher des Autors erschienen:Tödlicher SchnappschussWeserTodWattenMordTodesDuftHahnBluesBlutGrabSchmutziges GeheimnisBlutiges VergessenWattenBrandHöhentod
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.ddb.de© 2021 CW Niemeyer Buchverlage GmbH, Hamelnwww.niemeyer-buch.deAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: C. RiethmüllerDer Umschlag verwendet Motiv(e) von 123rf.com EPub Produktion durch CW Niemeyer Buchverlage GmbHeISBN 978-3-8271-8403-0
Andreas SchmidtWattenAngst
Der Roman spielt hauptsächlich in bekannten Regionen, doch bleiben die Geschehnisse reine Fiktion. Sämtliche Handlungen und Charaktere sind frei erfunden.
Mildstedtfeld, 19.10 Uhr
Es war zu einem kurzen und heftigen Handgemenge gekommen, dann hatte er sie besiegt. Eigentlich kein Wunder, war er ihr doch körperlich überlegen. Daran konnte auch der Umstand, dass sie sportlich und durchtrainiert war, nicht viel ändern. Kurz wehrte sie sich mit allen Kräften, musste aber schnell kapitulieren. Auch ihre Versuche, ihn mit Tritten in den Unterleib außer Gefecht zu setzen, fruchteten nicht. Sie grub ihre Fingernägel in seine Kleidung, spürte, wie sie brachen, stöhnte unter dem Schmerz und löste die Anspannung ein wenig.
Er lachte.
Sie war eine Kämpferin. Das imponierte ihm. Doch es änderte nichts an der Tatsache, dass sie ihm unterlegen war und schnell kapitulieren würde. Ihre spitzen Schreie verhallten ungehört im Wald.
Als er seine große Hand auf ihren Mund und die Nase presste, verstummte sie, rang nach Atem und röchelte. Er spürte, wie ihre Kräfte schwanden und die Gegenwehr verebbte. Gleich hatte er es geschafft. In der hereinbrechenden Dunkelheit des trüben Herbsttages war es ein Leichtes für ihn, sie unbemerkt zu seinem Wagen zu zerren.
Schnell machte er sich daran, sie zu entkleiden. Stoff riss mit einem hässlichen Geräusch. Er sah die Todesangst in ihren Augen und fühlte sich dadurch in seinem Treiben bestärkt. Er zog ihr die Jacke von den Schultern, zerriss ihr T-Shirt, griff nach dem BH und zerrte wie von Sinnen daran, bis der Stoff nachgab. Sie keuchte, versuchte, seine Hände abzuwehren, scheiterte im Ansatz.
Lüstern betrachtete er sie, ihre makellose Haut, ihre festen Brüste. Mit den Füßen streifte er ihre Schuhe von den Füßen, dann griff er zu ihrem Hosenbund, rollte ihn über die Hüften und ließ den Slip folgen. Zum Schluss riss er ihr die Socken herunter, dann hatte er sein Ziel erreicht. Kurz betrachtete er sie. Sie war wunderschön, der Traum zahlreicher Männer.
Jammerschade um sie.
Doch er hatte eine Mission, von der er sich nicht abbringen ließ. Sie gehörte ihm, nur ihm.
Von diesem Gedanken angetrieben, schob er sie in den Wagen. Sie war, am Rande einer Ohnmacht, nicht in der Lage, Gegenwehr zu leisten. Die Vorstellung, dass sie sich längst für ihn aufgegeben hatte, erregte ihn. Jetzt war sie ihm ausgeliefert. Für sie gab es kein Zurück mehr.
*
Mit seinen starken Armen hob er sie in die eiserne Wanne, schob ihren Körper zurecht, dass sie vor ihm lag wie auf einer Bahre. Angerichtet, nur für ihn. Ihre Beine und Arme hingen über den Rand der Wanne. Schnell nahm er ihre Gliedmaßen und legte sie an den Körper.
Wie gelähmt lag sie vor ihm. Sie schien zu keiner Bewegung mehr fähig zu sein. Sekundenlang hielt er inne und betrachtete sie. Dann senkte er den eisernen Deckel und ließ die Verschlüsse zuschnappen. Die pure Todesangst hatte zuletzt in ihrem Blick gelegen, fast so, als ahnte sie, was sie erwartete.
Es war, als würde sie sich ein letztes Mal aufbäumen, um ihr Leben in letzter Sekunde doch noch retten zu können.
Wild trommelte sie mit den Fäusten gegen die eisernen Wände und die Innenseite des Deckels.
Ihre Versuche, sich aus dem eisernen Sarg zu befreien, scheiterten kläglich. Das Klopfen ließ nach, ihre Schreie verstummten.
Zufrieden wandte er sich ab und trat an die Armaturen, die sich am Kopfende seiner Todesmaschine befanden. Mit wachsamem Blick betrachtete er das Rohrleitungssystem und warf einen Blick auf die Anzeigetafeln. Ein komplexes Schlauchsystem führte von den aufrecht stehenden Tanks zu der eisernen Wanne. Ein letztes Mal atmete er tief durch, dann streckte er die Hand aus und startete die Anlage. Zunächst ertönte das Summen einer elektrischen Pumpe, dann rauschte Flüssigkeit durch die Leitungen. Unaufhaltsam füllte sich die Wanne mit Säure. Das Zischen schwoll zu einem Rauschen an. Nach einem Blick auf die Instrumente wusste er, dass die Säure jetzt ihren zierlichen Körper umspülte, dass sie ihre Haut umschloss und ihr vernichtendes Werk begonnen hatte.
Drinnen brach ein aussichtsloser Überlebenskampf aus. Sie mobilisierte ihre letzten Kräfte, sie schrie in Todesangst und klopfte gegen die Wände ihres Sarges. Schnell wurden ihre panischen Schreie zu einem Wimmern, dann kehrte im Innern tödliche Stille ein. Sie kapitulierte.
Das letzte Lebenszeichen, das er durch die Wände des Eisensarges hörte, war ein gurgelnder Laut, die nur vom Glucksen der Säure unterwandert wurde. Zufrieden legte er die Hände flach auf den Deckel. Er spürte, wie sich das Eisen erwärmte. Mit einem Blick auf das Thermometer stellte er fest, dass alles richtig lief. Er drehte einen Hahn weiter auf. Jetzt rauschte die Säure mit voller Kraft in den Behälter.
Sie hatte den kurzen und ungleichen Kampf schnell verloren und wartete auf den Tod. Ein zufriedenes Grinsen huschte um seine Mundwinkel. Das Gefühl der Macht erfüllte ihn mit größter Zufriedenheit. Jetzt blieb zu hoffen, dass er die Säure richtig hergestellt hatte, dass sie das von ihm begonnene Werk vollendete. Erst nach dem Probelauf würde er die Maschine für seine Mission nutzen.
Doch noch war es nicht so weit.
Er war gut in der Zeit. Sie würde nun drei Stunden in ihrem eisernen Sarg liegen, bis es sie nicht mehr gab.
Wenn alles so funktionierte, wie er es geplant hatte, würde er ihre Überreste völlig unbemerkt in der Öffentlichkeit verschwinden lassen. Noch in dieser Nacht. Doch jetzt galt es, sich auf sein nächstes Vorhaben zu konzentrieren. Der Gedanke, dass er in dieser Nacht nicht viel Schlaf bekommen würde, ließ ihn nicht ermüden, im Gegenteil: Der Gedanke schärfte seine Sinne und brachte das Endorphin in ihm zum Kochen. Endlich war es so weit. Seine Mission hatte begonnen …
Hockensbüll, 00.40 Uhr
Es war eine ungewöhnlich milde Nacht. Der seichte Wind trug das entfernte Blöken einer Schafsherde auf dem nahen Deich an seine Ohren. Als er innehielt und durchatmete, vernahm er das Quaken der Kröten neben sich im Graben. Irgendwo in den Salzwiesen gluckste es. Es war, als würde der natürliche Übergang zwischen Meer und dem Festland leben.
Seine Sinne waren geschärft, die Nerven zum Zerreißen angespannt. Kurz hielt er inne, um sich zu sammeln. Nachdem er tief durchgeatmet und die Gedanken geordnet hatte, richtete er den Blick entschlossen nach vorn. Die Lastkräne und Speichergebäude des Husumer Außenhafens zeichneten sich als schwarze Silhouette vom Tiefblau des fast wolkenlosen Nachthimmels ab. Nach den ersten Schritten knirschte es hinter ihm. Ruckartig verharrte er in der Bewegung, lauschte, dann wirbelte er auf dem Absatz seiner leichten Schuhe herum. Niemand hielt sich in seiner Nähe auf. Trotzdem wurde er das dumpfe Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
Mit einer gleitenden Bewegung duckte er sich in den Schatten eines Forsythienstrauchs und wartete regungslos ab. Während die Sekunden zäh dahinrannen, beobachtete er die rot blinkenden Lichter der markanten Hafenbauten, die wie Irrlichter durch die Nacht zu geistern schienen. Das rhythmische Aufblitzen hatte etwas von den Leuchtfeuern moderner Leuchttürme.
Nachdem er sich vergewissert hatte, unbeobachtet zu sein, wagte er sich aus seinem Versteck.
Ein Blick auf das beleuchtete Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Bis zwei Uhr musste er es hinter sich gebracht haben. Sein Herz schlug schneller, als er an sein Vorhaben dachte. Es würde klappen. Nichts würde schiefgehen, er hatte jeden Schritt penibel durchgeplant, hatte sich einen Plan ausgearbeitet und das nötige Equipment zusammengestellt.
Oft genug war er tagsüber hier gewesen, hatte die Gegend mit dem Fahrrad erkundet, sich sogar den Hund einer Nachbarin geliehen, um mit dem Retriever hier entlangspazieren zu können, ohne den Anwohnern aufzufallen.
Wochenlang hatte er das Haus observiert. Tag und Nacht. Jetzt war er bereit für den finalen Schritt. Mühsam bekämpfte er die aufkommende Nervosität.
Alles gut, beruhigte er sich. Linkerhand lagen jetzt die Häuser. Prächtige, mit Reet gedeckte Anwesen. Nichts für arme Schlucker. Wer hier wohnte, hatte keine finanziellen Probleme.
Um diese Uhrzeit brannte in den Fenstern längst kein Licht mehr. Ohne Eile setzte er seinen Weg fort. Ja, dachte er, alles wird gut. Ich habe alles gut vorbereitet, jeden Schritt durchdacht. Was kann schon schiefgehen?
Er schob die rechte Hand in die Tasche seiner dunklen Softshell-Jacke und spürte das kalte Metall der Pistole, die ihm ein Freund besorgt hatte. Freund war übertrieben.
Iwan war Russe und konnte alles beschaffen. Er war das lebende Darknet der Dinge, das behauptete er immer von sich selbst. Iwan arbeitete für die Russenmafia, er war eiskalt und skrupellos, doch er war ein wahres Organisationstalent.
Er wusste nicht einmal, ob Iwan sein richtiger Name war – oder nur Tarnung. Ihm war es egal, wie der Russe seinen Lebensunterhalt verdiente. Iwan hatte ihm die Knarre besorgt. Schnell und ohne lästige Fragen zu stellen. Für seine Leistungen hatte er den Russen fürstlich belohnt.
Er schulde Iwan jetzt einen Gefallen, das hatte der Russe gesagt, als er ihm die Waffe in die Hand gedrückt hatte.
Alles zu seiner Zeit.
Jetzt hatte er erst einmal seine Mission vor der Brust. Fester umschloss er den Griff der Waffe. Sie gab ihm Sicherheit, sorgte aber auch dafür, dass sich sein Puls beschleunigte.
Schnell machte er, dass er weiterkam. Das Rascheln seiner Kleidung bei jedem Schritt erschien ihm in der Stille der Nacht überlaut. Nach wenigen Metern erreichte er sein Ziel. Die Villa befand sich auf einem großzügig angelegten Grundstück hinter einer Hecke und einem strahlend weißen Holzzaun. Das mannshohe Tor war so angelegt, dass es ungebetene Gäste fernhalten konnte. Er würde es nicht erklimmen müssen, um an sein Ziel zu gelangen. Wieder hielt er inne, um sich davon zu überzeugen, dass er alleine hier draußen war. Währenddessen blickte er sich weiter um. Seitlich vom Holztor gab es ein vergoldetes Paneel mit Klingel und der Gegensprechanlage, daneben die integrierte Kamera der Videoüberwachung. Erwartungsgemäß hatte sich seit seinem letzten Besuch am Nachmittag nichts verändert. Vor einigen Tagen hatte er die Sicherheitstechnik des Anwesens analysiert, sich die Funktionsweise eingeprägt, im Internet recherchiert, um zu wissen, um welche Art von Überwachungsanlage es sich hier handelte. Alles war gut geplant, seine Vorbereitungen grenzten an Perfektion.
Natürlich wusste er, aus welchem Winkel er sich der Kamera nähern konnte, ohne vom Weitwinkel des Objektivs erfasst zu werden.
Auch hier hatte ihm der Russe geholfen. Iwan hatte ihm den kleinen Zauberkasten besorgt, den er jetzt aus der Tasche zog und in der Hand hielt. Das Gerät hatte die Größe einer Zigarettenschachtel, war aber wesentlich flacher und leichter. Anstelle der Horrorbilder auf den Zigarettenpackungen befand sich an der Oberfläche ein kleines Display, darunter einige winzige Tasten. Eine kleine grüne Leuchtdiode zeigte an, dass das Gerät einsatzbereit war. Seine Finger zitterten leicht, als er eine Tastenkombination eingab und den Anweisungen auf dem Display folgte. Im nächsten Moment erlosch über der Überwachungskamera ein kleines Kontrolllicht. Die Kamera war offline. Ein leises Klicken war zu hören und das elektronische Schloss des Holztores war deaktiviert.
Ein zufriedenes Grinsen schlich sich in sein markantes Gesicht.
Mit einem schnellen Griff in die Hosentasche zog er einen kleinen Stoffbeutel hervor, den er über die Glaskuppel der Kamera stülpte. Mit dem Gummi eines Einmachglases fixierte er den Beutel am Rand der Kuppel, dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete sein Werk mit zufriedenem Blick. Mit dem Gerät hatte er die Frequenz der Überwachungskamera ermittelt – und das Funksignal der kabellosen Kamera unterbrochen. Jetzt konnte er sich unsichtbar wie ein Phantom auf dem Grundstück bewegen. Sollte die Elektronik ihn wider Erwarten im Stich lassen, gab es immer noch den Stoff, der die Linse verhüllte.
Gute Vorbereitung ist eben alles, dachte er, während er tief Luft holte und sich auf den eigentlichen Anlass seines Besuches besann. Sein Blick schweifte über das weitläufige Grundstück. Der Landrover stand vor der großen Doppelgarage. Erwartungsgemäß war der Hausherr anwesend. Gut so.
Wachsam blickte er zum Haus mit den riesigen Fensterflächen. Niemals würde er in einem solchen Glaskasten wohnen wollen, da könnte er noch so reich sein. Die cremefarbenen Vorhänge waren zugezogen, nur einen Spalt von einem guten halben Meter klafften die Vorhänge auseinander. Das reichte ihm. Drinnen brannte Licht.
Seine Augen waren gut. Er sah, dass sich trotz später Stunde hinter den Vorhängen noch etwas rührte. Zwei Schatten bewegten sich im Wohnzimmer.
Zwei?, fragte er sich verunsichert. Warum ist er nicht alleine?
Seine Frau befand sich doch in Hamburg. Jedenfalls hatte er das so ausgekundschaftet. Warum also war seine Zielperson nicht alleine? Die neue Situation behagte ihm nicht. Sekundenlang war er versucht, die Aktion abzublasen. Die Gedanken rauschten durch seinen Kopf. Was hatte das da oben zu bedeuten?
War sie etwa bei ihm?
Sein Herz klopfte wie wild, als er daran dachte, dass sie bei ihm war, als er an das dachte, was sie getan hatten. Er war versucht, die Aktion abzubrechen, duckte sich in den Schatten der Hecke und dachte angestrengt nach. Dann entschloss er sich, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Es war sogar gut, dass sie bei ihm war. Dass sie sehen konnte, wie er starb, wie ihm ein Ende bereitet wurde für das, was er getan hatte.
Ja, es war gut, dass sie in den letzten Minuten seines elenden Lebens bei ihm war.
Und sie würde begreifen, dass er es ernst meinte.
Gut so.
Sie würde er leben lassen, schließlich war sein Tod heute der Beginn seiner Mission.
Bevor er den Gedanken vertiefen konnte, schlug beim Haus ein Hund an. Verdammt, der Köter, durchzuckte es ihn. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Er versuchte, seinen Puls unter Kontrolle zu bringen, dann ordnete er seine Gedanken. Der Hund würde ihn nicht von seinem Vorhaben abhalten.
Tagsüber hielt ein großer Hund, der sich frei auf dem umzäunten Grundstück bewegen konnte, Wache. Die Töle sollte ungebetene Gäste fernhalten. In den Abendstunden sperrte man den großen Hund in den Zwinger rechts neben dem Haus. Dort schlug er jetzt zwar an, bedeutete aber keine Gefahr für den Eindringling.
Zielstrebig steuerte er auf die Einfahrt zu. Hinter den großen Fensterflächen brannte noch immer Licht. Die bodenlangen Vorhänge täuschten den Bewohnern des Hauses Sicherheit vor. Doch es gab kein Entkommen mehr für die Menschen, die sich jenseits der Stores aufhielten. Dafür würde er Sorge tragen. Jetzt tat sich im Haus etwas. Einer der Vorhänge glitt zur Seite. Eine hochgewachsene Silhouette tauchte auf und blickte in die Nacht hinaus, als hätte sie dort etwas Auffälliges gesehen.
Lange genug hatte er ihn studiert, um zu wissen, dass es sich bei der Gestalt am Fenster um seine Zielperson handelte. Wochenlang hatte er sich Fotos angeschaut, war ihm wie ein unsichtbarer Schatten gefolgt und hatte sich an seine Fersen geheftet. Jetzt war es an der Zeit für den Showdown.
Der Mann am Fenster blickte jetzt genau in seine Richtung. Sein Herz raste. Jetzt musste es schnell gehen. War er aufgeflogen? Gab es einen Bewegungsmelder, der ungebetene Gäste gleich anzeigte? Eine zweite Kamera existierte seines Wissens nicht.
Noch während der Besitzer der Villa ins Dunkel starrte, riss der ungebetene Gast die Hand, mit der er die Waffe umklammert hielt, in die Höhe. Noch in der gleitenden Bewegung entsicherte er und legte den Zeigefinger um den Abzug, zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, spürte den mechanischen Widerstand, dann zog er durch. Um den Rückschlag so gering wie möglich zu halten, stützte er den ausgestreckten Arm mit der Waffe ab, sah das Mündungsfeuer aufblitzen, dann ging die große Fensterscheibe mit einem ohrenbetäubenden Klirren zu Bruch. Das Glas bot dem Hausherrn keinerlei Schutz.
Unter das Prasseln des Scherbenregens mischte sich der Schmerzensschrei seines Opfers. Obwohl der Mann versucht hatte, sich mit einem Sprung nach hinten in Sicherheit zu bringen, gelang es ihm nicht, der tödlichen Kugel zu entgehen.
Der spitze Schrei der Frau ging im Lärm unter. Sie hatte also alles mitbekommen, war zur Zeugin geworden.
Gut so.
Als der Mann am Fenster die Arme hochriss und beide Hände flach vor die Brust presste, wusste der Schütze, dass er sein Ziel nicht verfehlt hatte. Er wich zurück und beobachtete das Schauspiel aus sicherer Deckung. Sein Opfer ruderte wild mit den Armen, verlor das Gleichgewicht und stürzte aus dem Fenster in die Tiefe.
Seine Knochen brachen mit einem hässlichen Geräusch, als er hart auf dem Pflaster der Einfahrt vor dem Haus aufkam und sich nicht mehr rührte. In wenigen Sekunden breitete sich eine große Blutlache um den leblosen Körper aus.
Der Schütze verzog angewidert das Gesicht. Eigentlich konnte er kein Blut sehen. In verrenkter Haltung lag der Mann da und rührte sich nicht mehr. Nachdem ein letztes Wimmern über seine Lippen gekommen war, kehrte bedrückende Stille ein, die erst durch den spitzen Angstschrei der Frau durchschnitten wurde. Sie kreischte, stürzte zum zerstörten Fenster, riskierte dabei, auch zur Zielscheibe für den Schützen zu werden, stand barfuß in dem Scherbenhaufen, hielt beide Hände vor das Gesicht und rief einen Namen.
Doch der, den sie rief, rührte sich nicht. Er würde nicht mehr aufstehen.
Mit einem zufriedenen Grinsen steckte der Schütze die Waffe zurück in die Jacke. Das Metall war warm. Schnell duckte er sich in den Schatten der Hecke, eilte in gebückter Haltung davon, verschwand um die nächste Häuserecke, sah im Augenwinkel, wie in einem der Nachbarhäuser Licht aufflammte. Die Nachbarn waren wach geworden. Jetzt war es höchste Zeit zu verschwinden. Seine Mission hatte begonnen.
Wenningstedt/Sylt, drei Monate zuvor
Er wusste nicht, wie lange er schon wach neben ihr lag. Müdigkeit verspürte er trotz der vorgerückten Stunde nicht, wahrscheinlich lag es daran, dass sein Körper von Endorphinen nur so strotzte. Er hielt kurz den Atem an und lauschte in die Nacht. Irgendwo an der Rückseite des reetgedeckten Hauses klapperte ein Fensterladen. Unheilvoll pfiff der Wind ums Haus, doch das schien sie nicht im Geringsten zu stören. Zusammengerollt wie ein Baby lag sie neben ihm und schlief tief und fest. Seine Blicke störten ihre Nachtruhe nicht, so nutzte er die Gelegenheit, um sie verliebt zu betrachten. Das Licht des Mondes drang durch den Spalt der bodentiefen, blauweiß gemusterten Vorhänge und ließ ihre Haut wie Samt wirken. Verzückt musterte er ihre wunderschöne Kehrseite, hätte am liebsten die Hand ausgestreckt, um sie zu berühren, um mit den Fingerkuppen zärtlich die Konturen ihres Körpers nachzuzeichnen. Es fiel ihm schwer, sie nicht zu streicheln, doch um nichts auf der Welt wollte er ihren tiefen Schlaf stören. Kurz schloss er die Augen und lauschte ihren gleichmäßigen Atemzügen. Sie war, nachdem sie leidenschaftlich miteinander geschlafen hatten, glücklich und erschöpft in seinem Arm vom Schlaf übermannt worden. Obwohl er selber müde gewesen war, hatte er den Moment ausgekostet, sie an seiner Schulter zu spüren, ihrem Atem zu lauschen und ihren Duft zu genießen. Irgendwann hatte sie sich zur Seite gedreht, um ihm den Rücken zuzuwenden. So lag er hinter ihr ebenfalls auf der Seite, den Kopf auf den linken Arm gestützt, und sah sie an.
Er war so glücklich wie nie zuvor in seinem Leben, war mit Anfang vierzig endlich angekommen, hatte die Frau gefunden, mit der er alt werden wollte. Zahlreiche Frauen hatte er in den letzten Jahren gehabt, kein Wunder bei seinem Aussehen und seiner offenen Art, die gut bei den Frauen ankam. Doch bisher hatte er die Richtige nicht gefunden. Jetzt war alles anders.
Angekommen, hallte es in seinem Kopf. Ich bin angekommen.
Er atmete tief durch und inhalierte ihren Duft. Sie roch nach Kokosnuss und exotischen Früchten. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte ihn, er hatte nie an die Liebe seines Lebens geglaubt, hatte stets gehofft, die Hoffnung an der Seite anderer Frauen aber schnell wieder verworfen. Wie sehr er sich geirrt hatte, dachte er jetzt.
Jetzt ist alles perfekt.
Im nächsten Moment legte sich ein Bleigürtel um seine Brust, eine undefinierbare Angst befiel ihn, als er an die Grausamkeiten, die das Leben mit sich brachte, dachte. Das glückliche Lächeln auf seinen Lippen gefror. Eine schwere Krankheit, ein Unfall, der sie aus seinem Leben riss und damit alles zunichtemachte, was den Sinn seines Daseins ausmachte. Er versuchte, die düsteren Gedanken zu verdrängen, doch es gelang ihm nur schwer. So nahm er sich vor, alle Gefahren, die ihr gemeinsames Glück zunichtemachen könnten, bis aufs Blut zu bekämpfen.
Ein Geräusch riss ihn aus den Gedanken. Erschrocken hielt er die Luft an und lauschte mit geneigtem Kopf ins Dunkel des Zimmers.
Es war ihr Haus, doch er wusste, dass das mit Reet gedeckte Gebäude in Sturmnächten eigenartige Laute abgab. Die Dielenböden knarzten, als würde sich jemand darauf bewegen, das Gebälk unter dem Reet knackte, all das machte ihm keine Angst.
Das Geräusch war anders gewesen.
Ein schrilles Poltern, fast, als würde Glas splittern. Unwillkürlich drängte sich ihm die Frage auf, ob im Haus eine Fensterscheibe zu Bruch gegangen war.
Sein Körper versteifte sich, als er den Atem anhielt und in die Stille lauschte. Besorgt streifte sein Blick ihren Körper. Doch sie schlief tief und fest.
Wieder riss ihn ein Geräusch aus seinen Beobachtungen. Es kam von unten, war schwer einzuordnen.
Jemand war im Haus.
Die Härchen auf den Unterarmen richteten sich auf. Er musste nach dem Rechten sehen, musste sie beschützen. Hastig stemmte er seinen Oberkörper in die Höhe. Seine Hände zitterten, als er die leichte Decke zur Seite schlug und sich auf die Bettkante setzte. Eilig erhob er sich, um mit der rechten Hand nach den Boxershorts zu fischen, die neben dem Bett lagen. Das leise Quietschen des Bettgestells klang überlaut. Er hoffte, dass sie nicht doch noch aufwachte. Jetzt verfluchte er den Umstand, dass sich die schwere Taschenlampe im Wagen befand. Schon zigmal hatte er sich vorgenommen, sie mit ins Haus zu nehmen, um sie für den Notfall auf dem Nachtschrank zu deponieren. Er hielt den Atem an und hörte das Blut in seinen Ohren rauschen.
Sie hatte einen festen Schlaf und nicht mitbekommen, dass er aufgestanden war und eilig in die dunkelblau karierten Boxershorts schlüpfte.
Gut so.
Ein wenig entspannten sich seine Gesichtszüge. Barfuß durchquerte er das Schlafzimmer, blieb an der Tür ein letztes Mal stehen, um nach ihr zu schauen. Sie schlief.
Im Zeitlupentempo drückte er die Türklinke nieder, öffnete die Schlafzimmertür einen Spalt und steckte den Kopf hinaus, um ins Dunkel des Hauses zu lauschen.
Wieder hörte er ein Geräusch, das er nicht zuordnen konnte. Es war aus der Küche im Erdgeschoss gekommen. Seine Hand zitterte, als er sie auf das hölzerne Geländer der kleinen Treppe legte. Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass die Stufen jetzt nicht knarrten, so, wie sie es sonst taten, wenn sich das Wetter änderte. Draußen pfiff ein eisiger Wind um die Mauern des alten Hauses. Schnell huschte er die Treppe hinab und stand jetzt im unteren Flur. Linkerhand befand sich die schwere Haustüre, daneben die Garderobe. Ihre gesteppten Jacken hingen unverändert an den gusseisernen Haken hinter der Tür. Wenn sich jemand im Haus befand, dann war er nicht durch die Haustür gekommen. Rechts lag die Tür zur Küche und zur Stube mit Blick in die Dünen.
Ein scharrendes Geräusch zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Jetzt war es eindeutig: Schritte in der Küche, vorsichtig gesetzt. Offensichtlich war der Fremde durch das Küchenfenster ins Haus eingedrungen. Das hatte also das klirrende Geräusch verursacht, das ihn erschreckt hatte.
Er konnte hören, wie die Sohlen des Einbrechers über Glasscherben streiften und knirschende Geräusche erzeugten.
Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Einbrecher waren auf der Insel eher selten anzutreffen – zu kompliziert war den Tätern die Flucht mit dem Sylt-Shuttle, zu groß die Gefahr, noch am Bahnhof in Westerland von der Polizei festgesetzt zu werden. Trotzdem gab es in letzter Zeit immer wieder Einbrecher, die sich in den verwaisten Dünenhäusern wertvolle Beute versprachen. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass ein Großteil der Immobilien auf der Insel nur während der Feriensaison bewohnt wurde. Jetzt, im Herbst, waren zahlreiche der prächtigen Häuser verlassen. Sie standen oft wochenlang leer und wurden nur von Hausmeistern betreut, die regelmäßig kamen, um nach dem Rechten zu sehen. Die Kriminalität auf Sylt hielt sich in Grenzen, von einer heilen Welt wollte hier trotzdem niemand reden.
Warum habe ich mir immer noch keinen Baseballschläger ans Bett gestellt?, fragte er sich mit einer Mischung aus Wut und Angst, als er eine Hand auf die Türklinke legte. Was, wenn der Einbrecher bewaffnet ist? Würde es ihm gelingen, den Fremden in die Flucht zu schlagen? Hektisch blickte er sich um. Sein Blick fiel auf ihren großen „Schietwetter“-Regenschirm, der am Haken der Garderobe hing.
Besser als nichts, dachte er und streckte die Hand nach dem Schirm aus. Mit beiden Händen umklammerte er den Griff, bereit, damit zuzuschlagen. Nachdem er ein letztes Mal tief durchgeatmet hatte, hob er das rechte Bein und trat mit voller Wucht die Küchentür auf. Sie würde ihm verzeihen, wenn er das Türblatt beschädigte, da war er sicher. Immerhin ging es darum, den Einbrecher zu stellen und sie zu schützen.
Mit einem Knall schlug die Tür an die dahinterliegende Wand. Spätestens jetzt ist sie aufgewacht, durchzuckte es ihn. Entgegen seiner Befürchtung regte sich oben nichts. Sie hatte einen festen Schlaf.
Das Holz des Türblatts scharrte über Glasscherben, um kurz darauf zurückzupendeln. Mit einem einzigen Satz sprang er in die Küche und hoffte, das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben. Er registrierte das zerstörte Fenster, dann fiel sein Blick auf den Stein, der in der Mitte des Raums am Fußboden lag – die Tatwaffe. Im selben Moment tauchte der Schatten in seinem Augenwinkel auf. Jemand hatte sich versteckt, um jetzt mit einem Sprung seine Deckung zu verlassen.
Während er noch herumwirbelte, dabei den Arm mit dem Schirm nach oben riss, spürte er den entsetzlichen Schlag am Hinterkopf. Im Bruchteil einer Sekunde sah er grelle Blitze vor den Augen auftauchen, dann fühlte es sich an, als würde sein Körper von innen heraus explodieren. Ihm wurde es heiß und kalt, bevor er mit einem ächzenden Laut in die Knie ging. Dass er mit dem Gesicht in die Scherben auf dem Boden fiel, spürte er schon nicht mehr.
*
Als er zu sich kam, schmerzte ihm jeder Knochen. Im Mund einen pelzigen Geschmack, die Augenlider schwer wie Blei, wünschte er sich im ersten Moment zu sterben. Übelkeit stieg in ihm auf, eine Sekunde lang fürchtete er, dass er sich übergeben musste. Es dauerte einen Moment, bis die Erinnerung sich schmerzhaft in sein Bewusstsein brannte. Die durchwachte Nacht mit der Liebe seines Lebens, die eigenartigen Geräusche in der Küche, das eingeschlagene Fenster, der Überfall. Er öffnete die Augen, blinzelte und wurde vom grellen Licht der Küchenlampe geblendet.
Vom Täter keine Spur.
Sein Kopf fiel zur Seite. Als er die Muskeln anspannte, knirschte es unter ihm. Er lag mitten im Scherbenhaufen der eingeschlagenen Fensterscheibe.
Ein brennender Schmerz in der Stirn brachte ihn an den Rand des Wahnsinns. Vorsichtig tastete er nach der schmerzenden Stelle. Ein harter Gegenstand steckte wie die spitze Klinge eines winzigen Messers in seinem Kopf. Er fixierte die Scherbe mit Daumen und Zeigefinger, biss die Zähne zusammen und stöhnte auf, als der Schmerz an Intensität zunahm und drohte, ihm den Verstand zu rauben. Blut trat aus der Wunde aus und besudelte seine Finger. Doch es gab kein Zurück mehr. Wenn er wollte, dass die Qual aufhörte, musste der Fremdkörper aus seinem Körper verschwinden. Fest packte er zu, hielt die Luft an und spürte dennoch die Hitze, die sich schlagartig in ihm ausbreitete. Mit einer schnellen, ruckartigen Bewegung zog er an dem Splitter in der Stirn. Ein Schmerzensschrei entrang sich seiner Kehle, dann betrachtete er den Gegenstand in der blutverkrusteten Hand. Eine Glasscherbe, scharf wie ein Messer und spitz wie ein Dolch.Gut zwei mal drei Zentimeter groß. Wütend warf er die Scherbe zu Boden.
Sekundenlang schloss er die Augen und versuchte, sich zu sammeln.
Ein eisiger Luftzug wehte in die Küche, verfing sich in der weißblau karierten Tischdecke und blähte sie auf. Im Zeitlupentempo wandte er den Kopf und öffnete die Augen wieder. Das Stofftuch schien ein seltsames Eigenleben zu entwickeln. Ein unheimliches Schauspiel. Langsam gelang es ihm, seine Gedanken zu ordnen.
Der Schmerz wurde von seiner Sorge um sie verdrängt. War ihr etwas zugestoßen? Er versuchte, den Atem anzuhalten, lauschte. Im Haus herrschte Stille. Befand sich der Einbrecher noch hier, oder war er längst über alle Berge?
Ein gequälter Laut kam über seine Lippen. Mit schmerzverzerrter Miene richtete er sich auf. Vorsichtig tastete er über die dicke Beule an seinem Hinterkopf. Sofort spürte er eine klebrige Substanz zwischen den gespreizten Fingern. Sein eigenes Blut. Er verdrängte den Schmerz, so gut es ging. Die Angst um sie trieb ihn vorwärts. Er musste zu ihr, nach dem Rechten sehen. Schwerfällig richtete er sich auf. Jeder Muskel bereitete ihm Höllenqualen.
Sekundenlang kämpfte er gegen den Schwindel an, umklammerte die Lehne des Küchenstuhls, sammelte Kräfte und atmete tief durch.
Schwankend verließ er die Küche. Wenn ihr etwas zugestoßen war, würde er sich dafür die Schuld geben, dann würde er versagt haben. In seiner Angst spürte er gar nicht, dass er barfuß inmitten der Glasscherben gestanden hatte und jetzt mit jedem Schritt eine Blutspur durch das Haus zog. Mit zitternden Händen umschloss er das Treppengeländer. Mühsam zog er sich nach oben, jede Stufe ein Kampf. Übelkeit stieg wieder in ihm auf. Schwer kämpfte er gegen die drohende Ohnmacht an.
Noch eine Schwäche wollte er sich nicht erlauben. Er musste da sein für sie, wollte sie beschützen. Allein der Gedanke, dass er möglicherweise bereits zu spät kam, trieb ihn voran.
Dunkel lag der obere Flur jetzt vor ihm. Er hielt am Treppenabsatz inne, um zu lauschen. Kein Laut drang an seine Ohren. War der Einbrecher hier oben, war er bei ihr?
Der Gedanke trieb ihn an den Rand des Wahnsinns. So schnell es ging, setzte er seinen Weg zum Schlafzimmer fort. Hier überholte ihn das Grauen, denn der Anblick, der sich ihm bot, entlockte seiner Kehle einen dumpfen Laut.
Sie war da. Lag neben dem Bett, fast so, als wäre sie herausgefallen. Auf dem Rücken, den starren Blick an die Decke des Schlafzimmers gerichtet, der Mund einen Spalt breit geöffnet. In ihrem Blick lag die pure Todesangst. Grotesk standen Arme und Beine von ihrem Körper ab, die Beine gespreizt, die Arme angewinkelt, der rechte Oberarm nach unten, der linke nach oben.
Fast wie ein Hakenkreuz, durchzuckte es ihn. Wie gebannt blickte er in ihr Gesicht, versuchte, Leben in ihren gebrochenen Augen zu erkennen, eine Regung an ihrem Körper zu registrieren.
Vergeblich. Der Einbrecher war schneller gewesen, hatte es sich zunutze gemacht, dass er ihn außer Gefecht gesetzt hatte.
Alles, nur das nicht, schrie alles in ihm, während er sie aus tränenverschleierten Augen betrachtete.
Erst im zweiten Augenblick wurde ihm klar, dass sie inmitten einer Blutlache lag. Mit einem Schrei brach er zusammen.
Ich habe versagt.
Sie war gestorben, weil er sich von dem Angreifer hatte niederstrecken lassen. Wut mischte sich unter die Trauer über den Verlust, dann spürte er, wie seine Kräfte schwanden. Das Letzte, an das er dachte, war, dass sein Leben keinen Sinn mehr hatte, dann würgte er und konnte nicht verhindern, dass er sich auf dem Fußboden im Flur übergab.
Ostenfeld, 1.35 Uhr
Sie hatte schlecht geschlafen. Die Sache mit Eike machte Wiebke seit Wochen schon zu schaffen. Ihr Freund war als Frontmann der Band „Sleepless“ auf Deutschlandtournee und meldete sich seit Tagen nicht bei ihr. Auch ihre vergeblichen Anrufe und Wiebkes Textnachrichten ignorierte er hartnäckig. Gäbe es nicht das Profil seiner Band auf Facebook, Wiebke würde sich ernsthafte Sorgen machen, ob er überhaupt noch lebte. Seit einigen Monaten schon führten sie eine dieser „On/Off“-Beziehungen. Immer, wenn Eike bei ihr war, zeigte er sich als verständnisvoller, einfühlsamer Mann, als leidenschaftlicher Liebhaber, als guter Zuhörer und als bester Freund für die Kommissarin. Doch sobald er in den Tourbus stieg, schien er in eine andere Welt einzutauchen. In die eines Rockstars, der nur für die Bühne lebte und der kein Privatleben hatte. Wiebke wagte es nicht sich, auszumalen, was er nach den Auftritten im Hotelzimmer tat.
Alles um sich herum, sein bürgerliches Leben, seine kleine Tochter, seine Freundin, all das ließ er vor dem Bus zurück. Einmal auf Tour, war Eike Godemann ein anderer Mensch.
Wiebke war fast dankbar, als sie den Klingelton ihres Handys wahrnahm, der wie durch Watte an ihre Ohren drang und sie aus dem Halbschlaf weckte. Das Smartphone lag auf dem Ankleidestuhl neben dem Bett. Die Vibration des Akkus erinnerte Wiebke an eine wütende Hummel. Das Telefon wanderte über den Stuhl und drohte, zu Boden zu fallen.
Schnell richtete sich Wiebke auf, sie gähnte herzhaft und spürte einen stechenden Kopfschmerz in der Stirn. Ihr war, als hätte sie einen dicken Kloß in ihrem Hals, ihre Stimmbänder und ihre Mandeln schmerzten.
Oh nein, dachte sie. Eine Erkältung kann ich jetzt nicht gebrauchen.
Schlaftrunken fischte sie nach dem Handy, warf einen Blick auf das Display und erkannte, dass es sich bei dem Anrufer um Jan Petersen handelte. Es hatte sicher nichts Gutes zu bedeuten, wenn ihr Kollege sie zu dieser Zeit anrief.
„Moin“, sagte ihr Partner viel zu gut gelaunt, nachdem sie das Gespräch angenommen hatte. „Kannst dich flott aufhübschen und dann ausrücken. Wär nett, wenn du mich mitnimmst.“
„Was ist passiert?“, krächzte Wiebke in den Hörer. Sie gähnte herzhaft und fuhr sich mit der freien Hand durch das Gesicht.
„Mann Mädchen, ist alles gut bei dir? Du klingst, als hättest du eine Hafenkneipe leergetrunken.“ Petersen klang besorgt.
„Na danke auch“, erwiderte sie heiser und räusperte sich. „Ich glaube, ich hab mir was eingefangen.“ Wieder räusperte sie sich. „Wie dem auch sei – solange ich den Kopf nicht unter dem Arm trage, bin ich ansprechbar. Also, was ist los?“
„Es hat eine Schießerei draußen in Hockensbüll gegeben.“ Seine Stimme klang ebenfalls rau, was aber an zig Zigaretten und literweise Whisky lag – so klang es jedenfalls. Dabei trank er nicht. Auch das Rauchen hatte der geschiedene Endvierziger vor Jahren schon aufgegeben. Manchmal fragte Wiebke sich, was ihr Partner in seiner Freizeit trieb. Sie stellte fest, dass sie noch immer nicht viel von ihm wusste, und das, obwohl sie im Dienst Tag und Nacht zahlreiche Stunden Seite an Seite verbrachten.
„So kann die Woche ja anfangen“, murmelte Wiebke schlaftrunken. Es war Montag. Hinter ihr lag ein ruhiges Wochenende, das sie einmal mehr ohne Eike verbracht hatte. Wiebke verdrängte die düsteren Gedanken und konzentrierte sich auf Jan Petersens Anruf. „Weiß man schon mehr?“
„Mord. Ein Heckenschütze hat den Geschäftsführer der Messegesellschaft in seinem Haus erschossen.“
„Ein Anschlag auf den Fürsten von Husum?“ Wiebke war auf der Stelle hellwach. „Hans Olaf Berger ist tot?“ Der Unternehmer war in Nordfriesland bekannt wie ein bunter Hund. Da ihm nachgesagt wurde, die Finger in allen Geschäften zu haben und dass seine Macht auch bis in die Politik reichte, bezeichnete man ihn als den „Fürst von Husum“.
„Jo“, machte Petersen. „Berger ist am Fenster seiner Villa abgeknallt worden.“
„Um diese Uhrzeit?“ Wiebke runzelte die Stirn. „Was gibt es da am Fenster zu sehen?“ Die rot glühenden Ziffern ihres Weckers zeigten, dass es fast zwei Uhr morgens war. Hinter dem Dachfenster ihres kleinen Schlafzimmers herrschte Dunkelheit, nicht einmal der Mond und Sterne hatten es in den letzten Stunden geschafft, die tief hängenden Wolken zu verdrängen.
„Wann wäre es dir denn lieber?“ Petersen lachte. „Am helllichten Tage geschieht so etwas eher selten.“
„Also ein gezieltes Attentat?“ Wiebke versuchte vergeblich, ihre Gedanken zu ordnen.
„Klar. So was ist ja kein Zufall“, schnaubte Petersen.
Wiebke begab sich durch den langen Flur ihrer Dachgeschosswohnung in Richtung Küche. „Sind die Flensburger schon im Boot?“
„Die Kollegen von der Bezirkskriminalinspektion wissen Bescheid und sind im Anmarsch.“ Petersen räusperte sich. „Aber wenn du schnell bist, sind wir die Ersten, Mädchen.“
„Ich bin immer schnell.“ Wiebke lächelte, was Petersen am anderen Ende der Leitung nicht sah. Sie klemmte das Telefon zwischen Schulter und Kinn und schaltete das Küchenlicht ein, um die Kaffeepadmaschine startklar zu machen. Sie rief sich in Erinnerung, was sie über das Mordopfer wusste. Hans Olaf Berger war in Husum beliebt und gefürchtet zugleich. Seine Kritiker sagten ihm nach, dass er seine Hände überall dort im Spiel hatte, wo große Geschäfte gemacht wurden. Immer wieder wurde Berger hinter vorgehaltener Hand mit dem Begriff Korruption in Verbindung gebracht. Seine Freunde hingegen attestierten dem Unternehmer ein glückliches Händchen, wenn es darum ging, den Umsatz zu steigern und Kohle zu machen, wo es ging. Berger war prominenter als der Bürgermeister der grauen Stadt – er lächelte überall dort in die Kameras der Reporter, wo ein neues Gebäude feierlich und damit pressewirksam eröffnet wurde. Ihm gehörten Kaufhäuser, Gastronomiebetriebe, zwei Hotels in Büsum und Sankt Peter-Ording, ein Golfplatz auf Sylt und die Messe von Husum. Zusätzlich war er an privat geführten Krankenhäusern und einem Altenheim beteiligt gewesen.
„Bring mich auf Stand, Jan – was ist genau passiert?“
„Nachbarn sind vom Klirren der Scheibe aufgewacht, das muss einen Höllenlärm gemacht haben.“
„Ich bin in zwanzig Minuten da“, versprach Wiebke, während sie das blinkende Licht der Kaffeemaschine beobachtete. Sie nahm eine Tasse aus dem Regal über dem kleinen Tisch, schob sie unter den Ausguss und drückte den Knopf, als das Lämpchen dauerhaft leuchtete.
„Ich nehm auch einen Kaffee“, bemerkte Petersen, der das sonore Brummen der Maschine am anderen Ende der Leitung richtig deutete.
„Bring ich dir mit.“
„Zwei Stück Zucker und viel Milch – wie immer.“
„Kriegst du.“ Wiebke lachte. „Du bist mir ein Heini.“
„Danke, dann spring ich jetzt auch mal in die Buchse.“ Petersen beendete das Gespräch. Wiebke legte das Smartphone auf den Tisch, nahm zwei Thermobecher aus dem Hängeschrank, füllte den Kaffee um und bereitete gleich einen zweiten vor. Dann überlegte sie es sich anders und setzte den Wasserkocher in Gang. Ein heißer Tee mit einer Portion Honig würde gegen die Heiserkeit und die Halsschmerzen besser helfen als der Kaffee. Sie verschwand im Bad, um sich eine Handvoll kaltes Wasser ins Gesicht zu werfen. Es gab Arbeit – vielleicht war das gut so, um ein wenig Ablenkung von ihren Beziehungsproblemen zu bekommen.
Wenningstedt/Sylt, drei Monate zuvor
„Was starrst du mich denn so an?“, fragte sie lächelnd, als sie seinen angsterfüllten Blick sah. Noch immer toste der Sturm um die Mauern des reetgedeckten Hauses. Irgendwo klapperte ein Fensterladen.
„Du lebst?“ Er konnte es nicht fassen, hatte sie doch eben noch blutüberströmt und regungslos dagelegen. Jetzt richtete sie sich im Bett auf und nahm im Schneidersitz vor ihm Platz. Die Laken waren zerwühlt, was aber nicht der Attacke eines Einbrechers zuzuschreiben war, sondern ihrer leidenschaftlichen Liebesnacht, die hinter ihnen lag.
„Annika, ich …“
„Ja?“ Mit fragender Miene legte sie den Kopf schräg, blies sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn und streckte die Hand aus, um ihn zu berühren.
Er benötigte einen Moment, bis er in der Realität angelangt war und registrierte, dass er die schreckliche Szene, die er eben erlebt hatte, offenbar nur geträumt hatte. Alles war so real gewesen, so grausam. Sein Herz raste, sein Mund war trocken. Er schluckte, dann rang er sich ein Lächeln ab.
„Ich glaube, ich hatte einen schrecklichen Albtraum“, stammelte er tonlos. Er starrte sie an wie einen Geist, konnte nicht glauben, dass sie lebte.
„Das glaube ich auch“, sagte sie einfühlsam, krabbelte an den Bettrand und zog ihn zu sich. „Ich lebe“, hauchte sie ihm zwischen zwei Küssen ins Ohr. „Und wie ich lebe.“ Sie schickte ihre Hände auf Wanderschaft, zog mit ihren Fingerkuppen größer werdende Kreise auf seinem Oberkörper, hauchte ihm Küsse auf die Haut und sorgte dafür, dass der Albtraum verblasste. „Was auch immer es war, ich bin lebendig, sehr lebendig sogar, und ich habe Lust auf dich.“
Er spürte, wie die Hitze in seine Lenden stieg, umarmte sie, genoss ihre Nähe und erwiderte ihre Küsse. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte ihn eine Frau derart um den Verstand gebracht, nie zuvor hatte er eine solche Leidenschaft gespürt. Es war, als hätten sie sich gesucht und gefunden, es schien, als wären sie füreinander gebaut.
Als sie ihren Kopf in seinen Schoß sinken ließ und ihn mit ihren Lippen umschloss, war der Albtraum schon fast nicht mehr greifbar. Er legte den Kopf in den Nacken und gab sich ihren Liebkosungen hin. Als sie zurück ins Laken sank und ihm fordernd das Becken entgegenstreckte, war es ihm, als hätte er diesen schrecklichen Albtraum nie zu zuvor gehabt. Es gab nur noch sie beide in dieser Nacht, es schien, als wäre die ganze Welt um sie herum versunken. Als ihrer Körper miteinander verschmolzen, hatte er längst vergessen, warum er kurz vorher aufgewacht war.
Husum, Süderstraße
„Weißt du“, sagte Petersen, als er eine Viertelstunde später in Wiebkes kleinen Fiat stieg und ihr die Adresse des Einsatzortes genannt hatte, „was mir am meisten stinkt?“ Umständlich schnallte er sich an und nahm dankbar den Thermobecher mit Kaffee entgegen, den sie ihm reichte. Wiebke beantwortete die Frage ihres Partners nicht. Sie steuerte den Panda durch die nächtlichen Straßen von Husum und ließ Petersen reden.
„Mir stinkt es, dass wir aus dem Bett geklingelt werden, die Drecksarbeit machen dürfen und nur die Vorhut für die Kollegen aus Flensburg sind.“
„Das ist nun mal unser Job“, erwiderte sie und gab ihm in Gedanken recht. Wiebke wusste, wovon ihr Partner sprach. Es würde keine zwei Stunden dauern, bis ihre Kollegen vom K 1 aus Flensburg anrollten und sich den Mordfall unter den Nagel rissen. Seitdem die Kriminalpolizei Husum und Flensburg vor Jahren fusioniert wurden, galt es, Hand in Hand zu arbeiten. „Aber wir sind schon vor Ort, und wir kennen uns hier aus.“
„Ja ja, die Ortskenntnisse.“ Petersen winkte ab, nahm einen Schluck von seinem Kaffee, verbrannte sich prompt die Lippen und fluchte ungestüm. „Dabei kennen wir unser Opfer – im Gegensatz zu den Flensburgern. Wir wissen, wer Hans Olaf Berger war und was er für Husum bedeutet hat.“
„Und wir wissen, dass er nicht überall beliebt war“, stimmte Wiebke ihm zu. Sie beobachtete im Augenwinkel, wie Jan Petersen das Smartphone aus der Tasche seiner Lederjacke zog und den Namen des Mordopfers in eine Suchmaschine eingab. Im Widerschein des Handy-Displays schimmerte sein unrasiertes Gesicht bläulich.
„Da“, sagte Petersen triumphierend und hielt das Handy hoch. „Die Mäuler hat man sich über ihn zerrissen, weil er angeblich in krumme Geschäfte verwickelt war, weil er immer wieder mit Korruption in Verbindung gebracht wurde und weiß der Geier was.“
„Das sind doch alles Halbwahrheiten“, entgegnete Wiebke. „Was wissen wir wirklich über Berger?“ Sie dachte einen Moment lang nach und gab sich dann selbst die Antwort. „Er war ein einflussreicher Geschäftsmann. Ihm gehörte eine Baufirma, zahlreiche Geschäfte, und er saß im Vorstand von einem Altenheim. Ach ja, er war Geschäftsführer der Messegesellschaft, die sich vor einigen Jahren mit der Hamburger Messe um die Windkraft-Ausstellung gestritten hat.“
„Und er wurde schon öfters wegen Steuerhinterziehung angeklagt, ihm wurden wechselnde Damenbekanntschaften nachgesagt, und man munkelt von Bestechung, um Geschäfte durchsetzen zu können.“
„Nachweisen konnte ihm niemand etwas“, nickte Wiebke, die sich an die Berichte in den Husumer Nachrichten erinnerte. Sie überlegte, was sie von seinem Privatleben wusste. Viel war es allerdings nicht. „Soweit ich weiß, war Berger verheiratet, Kinder gibt es aber wohl keine“, fasste Wiebke zusammen. Sie ließ den Panda über das Kopfsteinpflaster der verlassenen Norderstraße und den Markt rollen. Der Tine-Brunnen und die Marienkirche waren angeleuchtet, der Marktplatz lag verwaist zu ihrer linken Seite.
„Da“, machte Petersen und deutete nach rechts, als sie das Einkaufszentrum auf der rechten Seite passierten. „Das würde wohl auch nicht existieren, wenn Berger nicht seine schmutzigen Hände im Spiel gehabt hätte.“
Wiebke seufzte. „Fakt ist, dass Berger seinerzeit als einer der Investoren viel Geld in das Bauvorhaben gesteckt hat. Ob da alles mit rechten Dingen zuging, weiß wohl kaum jemand.“
„Fakt ist aber auch, dass Hans Olaf Berger eine schillernde Person im Husumer Geschäftsleben war, die nicht nur Freunde hatte“, resümierte Jan Petersen und nippte an seinem Kaffee.
„Was die Suche nach dem oder den Tätern nicht gerade leichter macht“, stimmte Wiebke ihrem Partner zu.
„Meine Rede“, nickte Petersen.
„Damit können sich dann die Kollegen aus Flensburg beschäftigen“, erwiderte Wiebke. Fast war sie ein wenig erleichtert darüber, denn sicherlich würde niemand aus Bergers Dunstkreis erfreut sein, wenn die Polizei unbequeme Fragen stellte. Einflussreiche Menschen konnten sich die besten Anwälte leisten, die den Ermittlern die Arbeit unnötig erschwerten.
Wiebke bog kurz, nachdem die Schobüller Straße zur Nordseestraße wurde, nach links in einen schmalen Weg ab. Als der kleine Fiat durch ein Schlagloch rumpelte, rutschte Petersen das Smartphone aus der Hand. Fluchend bückte er sich in den Fußraum, um nach dem Handy zu suchen. „Verdammt – wo wohnt Berger denn hier? Das ist ja voll in der Pampa“, bemerkte er.
Wiebke musste grinsen. „Fast so, als müsse er sich in seiner Freizeit verstecken.“ Jetzt verlief der Westerweg fast schnurgerade auf die Salzwiesen zu. Den Einsatz-ort sahen sie von Weitem. Das Blaulicht der Streifenwagen zuckte gespenstisch durch die Nacht. Am Ende der Straße hielt sich Wiebke links. Die Straße wurde schmaler und führte parallel an der Salzwiese entlang. Einzelne Häuser und ein heruntergekommener Bauernhof, weiter hinten reetgedeckte Häuschen mit Backsteinfassaden.
Das Haus der Bergers befand sich auf der linken Seite. Es strahlte auf den ersten Blick schon den Reichtum und die Macht seines Besitzers aus. In der Einfahrt standen zwei Rettungswagen, ein Streifenwagen und der Sprinter der Kriminaltechnik. Trotz der nachtschlafenden Stunde hatten sich zahlreiche Schaulustige am Absperrband versammelt. Es hatten sich Gruppen gebildet, die in teils heftige Diskussionen verwickelt waren. Einige hielten ihre Smartphones hoch, um zu fotografieren und zu filmen.
„Ich kotz gleich im Kreis“, brummte Petersen.
Wiebke spürte auch eine gewisse Abneigung gegen die Gaffer. „Das ist unsere schöne multimediale Zeit“, versuchte sie, sich diplomatisch auszudrücken.
„Da ist der Mord an Berger schon auf YouTube, bevor wir die ersten Zeugen befragen können“, ächzte Petersen kopfschüttelnd.
„Die Kollegen vom Streifendienst halten die Gaffer ja schon auf Distanz.“
„Platzverweise sollten sie erteilen, damit wir in Ruhe unsere Arbeit machen können“, maulte Petersen. Wiebke gab ihm in Gedanken recht. Sie griff nach dem Thermobecher mit dem Tee, dann stiegen sie aus. Wiebke fröstelte, als der kühle Nordseewind ihr ins Gesicht wehte. Sie schlug den Kragen ihrer gesteppten Jacke hoch und zog den Reißverschluss zu. Zwei Kollegen vom Streifendienst hielten an der Absperrlinie Stellung. Die Schaulustigen tuschelten leise, als sich Wiebke und Petersen einen Weg durch die Menge bahnten.
„Moin“, sagte Wiebke und nahm einen Schluck Tee. Der Honig schmeichelte ihrem Hals. Der Polizist, der ihnen am nächsten stand, nickte ihnen zu. Wiebke kannte den uniformierten Kollegen flüchtig. Jens Carstensen, ein strohblonder, hagerer Typ mit wachen blauen Augen. Wiebke registrierte mit einem einzigen Blick, dass der Kollege ihm viel zu ausgeschlafen erschien. Sie schmunzelte. „Und?“
Der Kollege vom Streifendienst winkte Wiebke und Petersen über das Absperrband außerhalb der Hörweite aller Schaulustigen. „Warum ihr hier seid, wisst ihr ja“, erklärte er. „Attentat auf Hans Olaf Berger. Er hat am Fenster gestanden, als ihn der tödliche Schuss traf, stürzte in die Tiefe und war sofort tot.“
Wiebke folgte seinem Blick. Unter dem großen Fenster glitzerten Scherben. Eine Gestalt lag darunter in einem Meer aus Glassplittern und Scherben. Arme und Beine standen in verrenkter Haltung vom Körper ab. Man hatte eine dunkle Folie über dem Leichnam ausgebreitet.
„Warum steht man mitten in der Nacht am Fenster?“, brummte Petersen und kratzte sich am Hinterkopf.
„Womöglich, weil der Hund angeschlagen hat“, erklärte Carstensen. „Das haben Nachbarn berichtet: Erst das Hundegebell, dann der Schuss und das Klirren der großen Fensterscheibe und dann der Schrei einer Frau.“
„Also gibt es eine Zeugin?“ Wiebke warf Petersen einen schnellen Blick zu.
„Ja, Berger war wohl nicht alleine zum Zeitpunkt des Attentates.“
„Seine Frau muss unter Schock stehen“, vermutete Wiebke.
Carstensen schüttelte mit säuerlicher Miene den Kopf. „Nee, die wird wohl eher vor Wut schäumen, wenn sie davon erfährt. Es war die Geliebte von Hans Olaf Berger, die mit ansehen musste, wie ihr Lover erschossen wurde. Eine gewisse Annika Rüther.“
„Sieh einer an“, bemerkte Petersen. „Vielleicht war es sogar die gehörnte Ehefrau, die sich so rächen wollte.“
„Das herauszufinden ist euer Part, Kollegen“, grinste der Streifenpolizist.
„Das werden wir tun, worauf du dich verlassen kannst“, nickte Petersen. Er wandte sich Wiebke zu. „Dann mal los, lass uns mal nach dem Rechten schauen.“
Wiebke zögerte. „Wie geht es der Geliebten von Berger?“, fragte sie.
„Annika Rüther hat Schnittwunden an den Füßen, weil sie wohl barfuß in den Scherben gestanden hat. Prellungen an Knien und Ellbogen, weil sie sich mit einem Satz nach hinten in Sicherheit bringen wollte. Und sie steht natürlich unter Schock, wird vom Notarzt und Seelsorger im RTW versorgt.“ Der junge Polizist zeigte auf einen der beiden Rettungswagen. Wiebke schaute an Carstensen vorbei und ließ die Szenerie auf sich wirken. Eine mannshohe, blickdichte Hecke schützte die Hausbesitzer vor neugierigen Blicken. Nur durch das offen stehende Tor konnte man vom Weg aus einen Blick vom großzügig angelegten Grundstück der Bergers erhaschen. Der Rasen war penibel kurz geschoren, eine breite, gepflasterte Einfahrt führte vom Tor aus vor das Portal. Das Haus von Hans Olaf Berger war zweigeschossig. Der modern anmutende Bau wurde von großen Fensterflächen beherrscht. Vor dem Eingang gab es ein Vordach, das von zwei massiven Steinsäulen gestützt wurde. Darüber befand sich eine Art Balkon, daneben eine große Fensterfront, die zerstört worden war. Der Wind verfing sich in den bodentiefen Vorhängen. Im Haus selber brannte trügerisch anheimelndes, dezentes Licht. Wiebke vermutete, dass man von dort aus über die Salzwiesen auf das Meer blicken konnte.
„Zeugen?“, fragte sie, ohne sich von dem Anblick loszureißen.
„Indirekt“, antwortete Carstensen. „Barbara Gerlach bewohnt eines der benachbarten Ferienhäuser. Gesehen hat sie wohl nichts, aber sie wurde vom Lärm geweckt, als das große Fenster zu Bruch ging.“
„Kein Auto, das sich mit hohem Tempo entfernt hat, nichts?“, versuchte es Petersen.
„Nein, absolut nichts Auffälliges.“ Carstensen schüttelte den Kopf. „Womöglich befindet sich der Schütze noch in der Nähe.“
„Wir sollten einen Heli kommen lassen“, schlug Petersen vor.
„Schon dabei.“ Wiebke zückte das Handy und forderte einen Hubschrauber an, der die Gegend mit einer Wärmebildkamera absuchte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Täter so auf der Flucht gestellt wurde. „Und wir brauchen Verstärkung, die sich um die Anwohner kümmert“, sagte sie an Carstensen gewandt.
„Das habe ich bereits veranlasst, Kollegen. Müsste jeden Moment eintreffen.“
„Sehr gut“, lobte Wiebke. „Dann würde ich jetzt gern ins Haus.“
„Sprich das mit Piet ab, dazu kann ich euch nichts sagen.“
„Wird gemacht.“ Wiebke nickte Petersen zu. Seite an Seite marschierten sie die Auffahrt zum Haus hinauf. Sie ließen Carstensen zurück. Wiebke erhoffte sich einen vorläufigen Bericht von dem schrulligen Kriminaltechniker, fürchtete aber, dass er noch nicht viel zum Geschehen sagen konnte.
„Piet wird sich bedanken, wenn wir ihm jetzt schon auf den Sack gehen“, raunte Petersen und sprach Wiebkes Gedanken aus.
„Da muss er durch, fürchte ich.“ Sie hatte zuerst die offen stehende Haustür erreicht, Petersen stand einen Schritt hinter ihr und überließ ihr den Vortritt. Wiebke blieb an der Schwelle stehen und rief nach Piet Johannsen, dem Leiter der Husumer Kriminaltechnik.
„Wer stört?“, ertönte eine dumpfe Stimme aus dem Obergeschoss.
„Sabbel nich‘, trau dich runter“, rief Petersen nach oben. Einen Moment später kam Johannsen die Treppe herunter. Er trug einen weißen, faserfreien Overall.
„Ausgeschlafen?“
„Abgebrochen.“ Wiebke hatte keine Lust auf Sprüche. „Hast du schon was für uns?“
„Zwei Weingläser, eine fast geleerte Pulle Rotwein, eine verrammelte Wolldecke auf dem Sofa und unzählige Scherben.“
Wiebke hatte Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen. „Dürfen wir trotzdem gucken? Ich würde mir gern einen Überblick vom Tatort verschaffen.“
„Wenn ihr auf dem Trampelpfad bleibt und nichts anfasst.“
„Wie lange sind wir bei dem Trachtenverein, für wie blöd hältst du uns, Piet?“ Petersen hob eine Augenbraue.
„Kommt schon, damit ich weitermachen kann.“ Johannsen gab ihnen ein Zeichen. Sie folgten ihm in den quadratischen Flur des Hauses. Wiebke fiel der kühle Einrichtungsstil sofort auf. Die typischen Dekoelemente anderer Wohnhäuser gab es hier nicht – keine Buddelschiffe auf der Fensterbank, keine hölzernen Möwen und keine großen Bilder mit Leuchttürmen, nichts. Stattdessen neben der Tür und an der Treppe ins Obergeschoss übergroße Gemälde mit abstrakten Motiven, die Wiebke nicht zuordnen konnte. Sie war keine Kunstkennerin, konnte einen farbenfrohen Kandinsky kaum von den Werken eines Marc Chagall unterscheiden. Kurz schloss sie die Augen und sog die Luft durch die Nase ein. Es roch nach Reinigungsmitteln.
„Hier – anziehen bitte.“ Johannsen war vor einer Alukiste in die Hocke gegangen und fischte zwei Einmalanzüge, Handschuhe und Überzieher für die Schuhe heraus. Beides hielt er Petersen und Wiebke hin.
„Muss das sein?“, maulte Petersen.
Anstelle einer Antwort stöhnte Piet Johannsen gequält auf.
Petersen zwängte sich umständlich in den Overall. Wiebke konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Nachdem sie in die dünnen Overalls geschlüpft waren und die Überzieher über den Schuhen trugen, folgten sie Johannsen über die breite Treppe in das Obergeschoss des luxuriösen Hauses.
Der kühle Einrichtungsstil aus dem Erdgeschoss setzte sich hier oben fort. Berger schien die kühle Eleganz geschätzt zu haben. Wiebke stellte die Wertigkeit der Einrichtung nicht infrage, war aber sicher, dass sie sich in diesem Haus niemals hätte wohlfühlen können. Für ihren Geschmack durfte die Einrichtung etwas wohnlicher sein. Aufmerksam blickte sie sich um und ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Seite an Seite stand sie mit Johannsen und Jan Petersen an der Schwelle zu einem Wohnraum, der fast so groß war wie ihre ganze Wohnung im beschaulichen Ostenfeld.
„Leck mich fett, muss der Kohle gehabt haben“, tuschelte Petersen sichtlich beeindruckt. „Das ist mal ’ne Stube.“
„Stube?“ Johannsen lachte. „Du untertreibst, Jan.“
Wiebke blendete das Geplänkel ihrer Kollegen aus. Ihr Blick schweifte über die Einrichtung. Es gab ein Bücherregal, eine unfassbar große Wohnlandschaft, auf der sich unzählige Kissen und eine zerwühlte Wolldecke befanden. Davor ein niedriger Tisch, auf dem ein Kerzenhalter stand, zwei Gläser und die Flasche Wein, die Johannsen schon erwähnt hatte. Ein kleines Sideboard und an der Wand ein Flatscreen, der zu WM-Zeiten als Public-Viewing-tauglich durchgegangen wäre. Auf dem Boden lagen Kleidungsstücke, die davon zeugten, dass sich die beiden vor dem Attentat vergnügt hatten.
Ein leises, metallisches Klackern lenkte Wiebkes Aufmerksamkeit auf die große Fensterfront. Scherben, soweit das Auge reichte, bedeckten den Parkettboden. Der Wind der nahen See wehte in den Raum, verfing sich in den Vorhängen und erzeugte ein leises Klackern. Wiebke war versucht, den Raum zu durchschreiten, an das Fenster zu treten, um einen Blick in die Tiefe zu wagen. Etwas hielt sie ab.
So schloss sie die Augen und versuchte, sich vorzustellen, was kurz vor dem Attentat hier geschehen war.
Ein Schäferstündchen zwischen Berger und seiner Geliebten. Wahrscheinlich in aller Heimlichkeit. Wiebke fragte sich, ob Bergers Frau wusste, dass er sich die Zeit mit einer anderen vertrieb. Hier, in ihrem Haus, in ihrem Refugium. Kurz dachte Wiebke an ihre eigene Beziehung. Sie wusste auch nicht, was Eike tat, wenn er mit der Band durch die Republik tourte. Sekundenlang legte sich ein schwerer Bleigürtel um ihre Brust. Wiebke atmete tief durch, verdrängte die privaten Sorgen um Eike und nahm einmal mehr den Duft nach chemischen Reinigungsmitteln wahr.
Sie stellte sich vor, wie die beiden gestört worden waren. Was hatte die Zweisamkeit gestört?
Hatte der Täter geklingelt? Hatte er sich an die Einfahrt gestellt und gerufen, bevor der Hund angeschlagen hatte?
Berger war, von der Störung verunsichert, aufgestanden, um nach dem Rechten zu sehen. Natürlich hatte er wegen des Seitensprungs mit Annika Rüther ein schlechtes Gewissen. Womöglich hatte er befürchtet, dass seine Ehefrau früher als erwartet heimkehrte, um ihn hier in flagranti zu erwischen.
Vielleicht konnte ihnen die Zeugin dazu später mehr berichten. Ich werde es herausfinden.
Wiebke legte den Kopf in den Nacken und atmete tief durch. Es war, als würde sie die tragische Geschichte des Hauses inhalieren.
Das Auftauchen von Hans Olaf Berger am Fenster des hell erleuchteten Wohnzimmers hier oben war für den Schützen die Gelegenheit gewesen, sein Opfer mit einem einzigen Schuss aus dem Verkehr zu ziehen. So eine Gelegenheit bot sich einem potenziellen Mörder kein zweites Mal.
Oder hatte es zum Plan gehört, dass Berger sich an der großen Fensterfront zeigte und sich dem Schützen wie auf dem Silbertablett servierte?
Fest stand, dass das Opfer seinen Peiniger im Dunkel der Nacht nicht hatte sehen können. Wiebke stellte sich vor, wie in der Dunkelheit das Mündungsfeuer aufblitzte, im nächsten Augenblick die Scheibe zerstört wurde und die Patrone Berger traf.
Ein einziger Schuss, der Bergers Schicksal besiegelt hatte. Das Klirren der großen Scheibe musste die ganze Nachbarschaft geweckt haben. Wie also konnte der Schütze dann unerkannt entkommen?
Ein Fahrzeug, das sich schnell vom Tatort entfernte, hätte von Nachbarn gesehen werden müssen. Oder war der Schütze zu Fuß gekommen – und versteckte sich noch in den Weiten der Salzwiesen? Wiebke hoffte, dass der Hubschrauber bald hier war, um die Gegend abzusuchen.
„Träumst du?“, riss Petersens Stimme sie aus den Gedanken.
Wiebke schlug die Augen auf und rang sich ein Lächeln ab. Dass ihr dabei das Blut ins Gesicht schoss, ließ sich nicht vermeiden. „Nein“, sagte sie. „Ich habe meditiert.“
„Mach ich auch immer so, wenn ich einen Mörder suche“, behauptete Petersen bierernst und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Mal im Ernst, Wiebke: Ich glaube nicht an diesen esoterischen Scheiß.“
„Ich hab auch nur nachgedacht, mir vorgestellt, wie es passiert sein könnte“, verteidigte sich Wiebke. Ihr Partner kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie sich gern in einen neuen Fall „einfühlte“, wie sie das nannte.
„Hier hat er wohl gestanden“, mischte sich jetzt Piet Johannsen ein. Er stand an der Fensterfront und blickte sich zu den Kollegen um. „Seine Freundin anderthalb, vielleicht zwei Meter versetzt schräg hinter ihm. Ich könnte mir vorstellen, dass der Schütze sie gesehen hat.“
„Und dann hat er nur ein einziges Mal geschossen?“, zweifelte Petersen. „Sie ist doch eine Zeugin und könnte uns die Hinweise liefern, die ihn zu Fall bringen. Es wäre ein Leichtes gewesen, sie auch zu töten.“
„Jo, schon. Auf der anderen Seite …“ Johannsen winkte Petersen zu sich. Zögernd durchschritt er den Raum. Bei jedem Schritt knirschten Glassplitter unter seinen Schuhen. „Guck mal raus, du Meisterschnüffler.“ Johannsen machte eine ausladende Geste.
Jan Petersen blickte in die Nacht und runzelte die Stirn.
„Ich sehe Krankenwagen, Peterwagen, Gaffer mit Smartphones …“
„Weil die Kameraden vom Technischen Hilfswerk gerade eingetroffen sind und Scheinwerfer aufgestellt haben.“
„Sicher.“
„Kann man das abstellen?“, fragte Wiebke und trat neben die Männer. Der Nachtwind kühlte ihre erhitzte Stirn.
Johannsen betrachtete sie mit einem zweifelnden Gesichtsausdruck. „Wozu soll das gut sein?“
„Ich will es so sehen, wie es Berger vor seinem Tod gesehen hat“, erwiderte Wiebke.
„Tu, was sie sagt“, brummte Petersen.