Wege im Inntal - Peter R. Hofmann - E-Book

Wege im Inntal E-Book

Peter R. Hofmann

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Beschreibung

Der Exkursionsführer beschreibt auf 172 Seiten alle derzeit bekannten Naturhöhlen sowie künstlichen Objekte des "bayerischen" Inntales, viele Fotos und Höhlenpläne ergänzen den ausführlichen Text. Eine tabellarische Auflistung mit den wichtigsten Daten von 63 Höhlen und 14 Bergwerken und Kunstbauten rundet das Werk ab. Besonders betont wird der Aspekt "Mensch & Höhle" - dazu gehören Sagen, historische Fakten und bisweilen tragische, oft erstaunliche, manchmal skurrile Begebenheiten rund um die vorgestellten Objekte. Höhlen dienten als Verstecke im Krieg, als Wohnung frommer Eremiten, als Burgen und Viehställe. Der Höhlensturz einer Kuh ist ebenso verbürgt wie tödliche Unfälle. Inschriften und archäologische Zeugnisse beweisen die Anwesenheit von Menschen seit prähistori-schen Zeiten. Ein Höhlenhaus gilt schließlich gar als Ursprungsort des Tourismus in Bayern ... So ist das Buch für den Höhlenspezialisten, für den heimatkundlich Interessierten wie für den Bergliebhaber, der ungewöhnliche Ziele schätzt, gleichermaßen geeignet.

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Für Julia

- Inhalt -

Einführung:

Höhlenforschung und das Inntal

Eine spannende Geschichte

I

Der Wendelstein und seine Höhle

Auf der bayerischen Ikone

II

Wetterlöcher am Wendelstein

Sagenhaftes am Wegesrand

III

Wetterlöcher am Wildalpjoch

Von der Kuh im Schacht

IV

Rund um den Soinsee

Ein Spielplatz für die Großen

V

Wendelstein zum Letzten

Höhlen und kein Ende

VI

Höllensteinloch

Höhle & Sprache

VII

Die Biber

Geologie & Kultur

VIII

Auf den Petersberg

Dem Teufel auf der Spur

IX

Rund um Fischbach

Der Besuch in der Eiszeit

X

Rund um Neubeuern

Von Mühlsteinen und Steinbrüchen

XI

Kirchwald

Zur Höhle des Einsiedlers

XII

Der bayerische Heuberg

Ein Berg und seine Geheimnisse

XIII

Höhlenstein & Wildbarren

Ein Name als Programm

XIV

Im Arzmoos

Die Suche nach Schätzen im Berg

XV

Brünnstein & Tatzelwurm

Von Zwergen und Drachen

XVI

Schwarzenberg

Die Höhle und der Krieg

XVII

Die Auerburg

Geheimnisse unter den Mauern

XVIII

Weber an der Wand

Ein Höhlenhaus mit Geschichte

XIX

Das Grafenloch

In steiler Felsenwand

XX

Erler Wanderungen

Höhlenforschung (fast) ohne Höhle

XXI

Die Tischoferhöhle

Zur Höhle der Bären

Anhang 1

Links – Kartenmaterial – Literatur

Anhang 2

Höhlenverzeichnis des (bayerischen) Inntales

Ein Wort voraus …

Dieser Exkursionsführer möchte ein Gebiet vorstellen, das uns verständlicherweise am Herzen liegt: seit 2000 ist es unsere neue Heimat.

Wer das Inntal bereist, von Rosenheim aus in die Berge eintaucht, das romantische Kufstein besucht, durchmisst nicht nur ein Tal, das landschaftlich dem Auge alles bietet, was man sich wünschen mag. Der Interessierte wird bald feststellen, dass das Gebiet kulturell ungemein reich ist.

Ist es da ein Zufall, dass sich gerade auch in den Höhlen – und davon gibt es eine Menge – die menschlichen Spuren aller Epochen finden?

Das trifft sich natürlich gut mit unserem Schwerpunktinteresse als Höhlenforscher, der Anthropospeläologie. Was als eigene Materialsammlung begann, wurde die erste Gesamtdokumentation der Höhlen des Inntales.

Wir danken allen, die uns durch Auskünfte, Hinweise und auf andere Arten unterstützt haben. Namentlich sind dies der Katasterführer des VHM München, Andreas Wolf und der Vereinsvorsitzende Dr. Harald Reiner neben anderen Freunden aus dem Höhlenverein München, auf deren Vorarbeiten wir aufbauen durften. Der Eigentümer des Höhlenhauses Weber an der Wand, Herr Walser öffnete uns buchstäblich alle Türen, Franz Weinhardt aus Flintsbach machte sich ebenso mit auf den Weg wie Robert Schacherlaus Augsburg. Unser langjähriger Höhlenkamerad Hannes Rampetsreiter scheute einmal mehr schwieriges Gelände nicht und war – wie so oft – geduldiges Fotoopfer. In unübertroffener Weise engagierte sich Helmut Pabst aus Brannenburg für das Projekt, aus seinem unerschöpflichem heimatkundlichem Wissen durften wir uns reichlich bedienen. Wir bedanken uns auch bei vielen anderen, die an dieser Stelle ungenannt bleiben müssen – und freuen uns natürlich über jeden weiteren Hinweis.

Wir wünschen den Benutzern unseres Führers viel Freude an der Entdeckung eines interessanten Tales unter einem ungewöhnlichen Blickwinkel!

Im April 2005

Gabi und Peter Hofmann

… und zwei Bitten!

Dieser Führer richtet sich an die Freunde der Natur, insbesondere der Höhlen und des Karstes.

Dabei geht der Autor von der Selbstverantwortlichkeit der Leser aus. Bitte beachten Sie, dass verschiedene Wege einfach sind und von jedermann zu bewältigen – andere Erfahrung in der Begehung von Höhlen bzw. Bergerfahrung voraussetzen, ohne dass darauf immer explizit hingewiesen wird.

Bitte gefährden Sie nicht sich und andere!

Gehen Sie niemals alleine!

Rüsten Sie sich ausreichend aus, hinterlassen Sie Nachricht!

Bei den vorgestellten Wegen handelt es sich bewusst um altbekannte Routen und Höhlen.

Sie werden dort nicht der Erste sein, im Gegenteil: Allzu oft werden Sie unliebsame Spuren Ihrer Vorgänger vorfinden.

Fassen wir diese als Ermahnung auf und sind wir uns bewusst, dass jede Begehung eine Störung des sensiblen Ökosystems Karst & Höhle bedeutet.

Beherzigen wir deshalb die Grundregeln der Höhlenforscher:

Nimm nichts mit – außer Erinnerungen!

Schlag nichts tot – außer der Zeit!

Lass nichts zurück – außer Fußstapfen!

Einführung:

Höhlenforschung und das Inntal

– Eine spannende Geschichte –

Das geheimnisvolle Dunkel der Höhlen hat den Menschen zu allen Zeiten in seinen Bann gezogen. Im unteren Inntal, im „Bayerischen Inntal“, findet man nicht die ganz großen, spektakulären Objekte. Warum die Höhlen dort aber in ganz anderer Beziehung fast ausnahmslos besonders interessant sind, davon handelt dieser Exkursionsführer.

Faszination Höhlenforschung

Mit Höhlen hat der Mensch in seiner ganzen Entwicklungsgeschichte zu tun gehabt – als Behausungen, als Fluchtburgen, als Kirchen und Kulträume – oder ganz profan als Viehstall hat ihm meist der Eingangsbereich gedient. Sicher hat ihn aber immer schon interessiert, was sich dahinter, in den Tiefen des Berges verbirgt.

Dies zu erkunden, ist eines der letzten Abenteuer geblieben, denn bis heute ist nur der geringste Teil der Unterwelt erforscht, das Unbekannte lockt manchmal nur einige Meter neben ausgetretenen Pfaden!

Die Höhlenkunde, in der Fachsprache Speläologie, (abgeleitet aus den griechischen Wörtern spelaion, „Höhle“ und logos „Wort, Lehre, Kunde“,) ist darüber hinaus eine anerkannte Wissenschaft, mit Berührungspunkten zu Geologie, Biologie und Archäologie gleichermaßen.

Anthropospeläologie – was ist denn das?

Unter Höhlenforschung kann sich auch der Laie etwas vorstellen, aber Anthropospeläologie? Was ist denn das, mag sich mancher angesichts des (zugegebenermaßen etwas sperrigen) Titels fragen. Bei der Bezeichnung handelt es sich um ein Kunstwort, zusammengesetzt aus Speläologie und Anthropologie, die der „Große Brockhaus“ wie folgt definiert: „Die Wissenschaft vom Menschen, seiner Entstehung, Entwicklung, sowie von den menschlichen Verhaltensweisen in den Auseinandersetzungen mit der Umwelt.“

Ich denke, wenn man das letzte Wort, Umwelt, durch Höhle ersetzt, kommt man einer Definition schon sehr nahe. Es geht um die Beziehungen zwischen Mensch und Höhle im weitesten Sinne und durch alle Zeiten, von der Urgeschichte, der Entstehungsgeschichte der Menschheit bis zur Jetztzeit. Und erstaunlich häufig finden sich diese Beziehungen, ob durch Archäologie nachgewiesen oder aus den Bereichen Religionen und Sagen. Sehr häufig sind auch ganz „moderne“ Berührungen: Nutzung von Höhlen im Krieg, als Wohnstätten, als Zufluchtsstätte von Verfolgten oder aber die touristische Nutzung als Schauhöhle. Dort, wo der Mensch sich aufhält, verändert er oft seine Umwelt – so ist der Übergang zu künstlichen Objekten oft ein sehr fließender.

Es handelt sich bei der Anthropospeläologie also um eine typische fachübergreifende Disziplin mit Ausstrahlung auf zahlreiche andere Fachgebiete – bis hin zur Weiterführung in der Psychologie, beispielweise, wenn es um Wirkungen des Phänomens Höhle auf den Menschen (und seine Psyche) geht.

Der Begriff der Anthropospeläologie ist dabei keine ganz neue Schöpfung, Trimmel benutzt ihn in seinem Grundlagenwerk (Trimmel 1968 S. 4) als erster Autor. Wie er selbst sich erinnert, wurde der Begriff von ihm geprägt und auf dem Ersten Internationalen Kongress für Speläologie 1953 in Paris erstmals verwendet (vgl. Trimmel 2003, S. 82). Als Gliederungsbegriff des Wissenschaftsgebietes der Speläologie hat er sich durchgesetzt. Dr. Heinrich Kusch bezeichnet die Anthropospeläologie als eines der 5 Tätigkeitsgebiete der Höhlenkunde neben der Biospeläologie (Höhle und Karst als Lebensraum für Pflanzen und Tiere), Geospeläologie (Entwicklungen und äußerliche Erscheinungsformen des Karst- und Höhlenphänomens), angewandte Speläologie (Auswertung der Karstlandschaft und Höhlen, vor allem im Hinblick auf wirtschaftliche Nutzung) und technische Speläologie (Methoden und Möglichkeiten der praktischen Forschung und ihrer Schwierigkeiten) (vgl. Kusch 1998 S. 10 f.).

Das bayerische Inntal …

Wieso spielt dieses Thema nun aber eine besondere Rolle im Inntal? Um die Landschaft zu verstehen, ist es zunächst sinnvoll, einen ganz groben Blick auf die Geologie zu werfen.

Die Gebirge, wie die nördlichen Kalkalpen im Groben generell, haben sich im Erdmittelalter, vor ca. 225-67 Mio. Jahre als Meeresablagerungen gebildet, aber bei unterschiedlichen Bedingungen. Die beiden großen Gebirgsstöcke Kaisergebirge und Wendelstein bestehen aus Wettersteinkalk, d.h. sie entstanden im Trias (225 – 195 Mio. Jahre) in einem flachen, tropisches Meer, daher findet man dort auch Versteinerungen. In einer salzigen, eher lebensfeindlichen Lagune bildete sich Hauptdolomit und Plattenkalk z.B. des Wildbarren, Schwarzenberg oder Traithen (weshalb man hier kaum Versteinerungen finden wird).

Eine Sonderform bilden die ehemaligen Korallenriffe Brünnstein, Höhlenstein und auch die Luegsteinwand, deren Fels daher auch Riffkalk genannt wird. Am Brünnstein kann man an manchen Stellen schöne Reste ganzer versteinerter Tierstöcke sehen. Weitere Ablagerungen aus der etwas jüngeren Jura- und Kreidezeit (195 – 67 Mio. Jahre) kommen dazu (etwa die Mulde zwischen Brünnstein und Wildbarren).

Die Auffaltung des ehemaligen Meeresbodens in Folge der Kontinentaldrift vor ca. 30 Mio. Jahren zu mächtigen Gebirgen vollendete schließlich den Hauptteil des Werkes.

… als Relikt der Eiszeit …

Die heutige Prägung erhielt die Landschaft aber erst durch die Eiszeiten, die interessante Spuren hinterlassen haben.

Seit etwa 1,5 Mio. Jahren kam es bekanntlich zu vier Haupteiszeiten (der so genannten Günz-, Mindel-, Riß- und Würmeiszeit), verbunden mit Vorstößen der Gletscher weit ins Voralpenland. Die letzte, die Würmeiszeit endete vor etwa 12.000 Jahren. Die Eisströme reichten bei Kufstein ca. 1.600m hoch, bei Brannenburg noch ca. 1.300 m.

Sichtbare Zeugnisse der Eiszeiten sind die aus den Zentralalpen herbeitransportierten Findlinge wie der Graue Stein bei Niederaudorf. (Er wird uns noch in einer Höhlensage begegnen.) Eine zweite, verblüffende Spur der letzten Eiszeit liegt im Unterinntal so offen zutage, dass sie fast von jeder Stelle des Tales zu sehen ist – man muss die Sprache der Steine nur verstehen: Der Wildbarren und das genau gegenüberliegende Kranzhorn bilden die markante engste Stelle des gesamten Tales – und bildeten auch eine „Sperre“ für den Gletscher. Deshalb hat er dort markante Spuren hinterlassen – in Form von sich auf beiden Seiten höhengleich ergänzenden Höckern. Sie markieren den ursprünglichen Talboden sowie den höchsten Eisstand.

Spuren des Gletschers im Inntal auf Foto und schematischer Zeichnung – Blick von der Burgruine Auerburg in Oberaudorf nach Norden

Bemerkenswert ist schließlich auch die Nacheiszeit. Mächtige Moränenwälle, die weit im Alpenvorland entstanden waren (und dieses heute noch prägen) stauten das abfließende Wasser zum „Rosenheimer See“. Er erstreckte sich in der Größe des Bodensees von Haag (nördlich Wasserburg) bis Kufstein, mit einer Seehöhe von 478m ü. (dem heutigen!) NN. Der Ortskern von Oberaudorf lag also genau an seinem Rand. Bereits in der Nacheiszeit ca. 11.000 v. Chr. durchbrach der See aber die Moränen-Staustufe im Norden und floss ab. Der Inn ist, wenn man so will, die Abflussrinne. Die Seetone im Untergrund zeugen von diesen geologischen Vorgängen.

In der Folge der Eiszeiten setzte natürlich massiv auch nochmals die Verkarstung ein. Es sei aber erwähnt, dass bis vor Jahren die Höhlenentstehung generell sehr spät gelegt wurde, die Wissenschaft immer mehr aber Beweise findet, dass Verkarstung und Höhlenbildung weit früher begann und Höhlen weitaus älter sein können als bislang vermutet. Bei der Wendelsteinhöhle kommt dieses Thema nochmals zur Sprache. Mit Sicherheit haben die Höhlen des Inntales ein sehr unterschiedliches Alter!

Wie man sieht – die Umstände für Höhlenbildung sind günstig, und in der Tat gibt es eine ganze Reihe interessanter Objekte.

… als europäischer Fernreiseweg …

Für das Thema dieses Buches ist aber ein anderer Umstand besonders wichtig. Wer eine Karte Europas betrachtet, kann erkennen, wie bedeutsam zu allen Zeiten der Weg über Brenner- bzw. Reschenpass (als niedrigste Alpenpässe) für den Nord-Süd-Verkehr war – und der leichteste Weg dorthin führt durch das Inntal. Also war das Inntal ein Verkehrsweg zu allen Zeiten, vielleicht sogar einer der ersten europäischen Fernreisewege überhaupt.

So finden sich bronzezeitliche Funde, keltische Siedlungen und Römerstraßen – auch wenn sich diese Fundstellen natürlich verstecken. (Man nimmt übrigens an, dass aus vorrömischer bis römischer Zeit der Name stammt, der Fluss hieß bei den Römern Aenus.) Die mittelalterlichen Relikte in Form einer ungewöhnlichen Burgendichte sind dagegen für jedermann sichtbar. Letzteres gilt leider auch für die Sorgen der Bewohner mit dem modernen Verkehrsstrom.

… und als moderne Ferienregion

Die wohltuende Breite des Tales in Verbindung mit den umgebenden Bergen, die aus dem Voralpenland erst sanft ansteigen und sich schon nach kurzer Distanz steigern bis hin zur wahrlich beeindruckenden Steinbarriere des Kaisergebirges, bilden einen Naturraum von hohem Reiz. Sicher haben das die Besucher zu allen Zeiten empfunden. Ist es da ein Zufall, wenn die „Wiege des Tourismus“ (in Form eines Höhlenhauses!) im Inntal steht? Heute präsentiert sich die Gegend von der angenehmen Stadt Rosenheim bis zum malerischen Kufstein als moderne Ferienregion mit zeitgemäßem Angebot. Weitere Anstrengungen zur Modernisierung werden unternommen, denn natürlich ist die Konkurrenz groß und die Krise des Tourismus in Deutschland der letzten Jahre in Form rückläufiger Übernachtungszahlen auch hier präsent.

Wege im Inntal

Alle Faktoren zusammen genommen verwundert es kaum, dass das Inntal wohl als eine der interessantesten Landschaften Süddeutschlands gelten darf - reich an Natur und Kultur. Denn natürlich haben sie alle ihre Spuren hinterlassen, ob fromme Pilger, geschäftige Kaufleute oder Soldaten auf Kriegszug – und das auch und gerade in den Höhlen!

Machen wir uns also auf den Weg!

Die Karte auf der nächsten Seite gibt einen Überblick, die Ziffern decken sich mit den vorgeschlagenen Wegen. Aus Platzgründen sind aber bei weitem nicht alle Höhlen eingezeichnet oder genannt.

Beginnen sollte man die Erkundung des Inntales von Brannenburg aus zunächst mit dem Wendelstein, zweifellos einer bayerischen Ikone! (Außerdem hat der Berg einen prächtigen Ausblick – und damit Überblick über unser Gebiet.) Die Wendelstein-Schauhöhle lockt in Gipfelnähe, daneben eine ganze Reihe weiterer Höhlen wie die Wetterlöcher, interessante Höhlen wie die Soinalmhöhle oder so obskure Objekte wie die Fakirhöhle. Im Talort Brannenburg selbst sollte man die Biber besuchen, das größte Naturdenkmal Bayerns mit einer Höhle im Nagelfluh und der Höhlenwohnung eines Eremiten. Ein kleines, aber interessantes Objekt ist daneben das Höllensteinloch (eine ehemalige Höhlenburg?).

Bei Flintsbach führt der Weg auf den Petersberg am Teufelsloch vorbei, rund um Fischbach bietet sich ein Besuch der Eiszeit an mit einem Gletscherschliff und den etwas rätselhaften Höhlen in der Wolfsschlucht.

Auf der anderen Innseite sind rund um Neubeuern sind der Wetzsteinbruch bei Neubeuern mit einer Versturzhöhle und der Mühlsteinbruch bei Altenbeuern Pflichtprogramm. Nußdorf bietet bei der Wallfahrtskirche Kirchwald wieder eine Einsiedlerhöhle, gleich dahinter gibt der bayerische Heuberg gibt dem Höhlenforscher reichlich Rätsel auf.

Etwas weiter flussaufwärts ist Oberaudorf und seine Umgebung hochinteressant. Hier liegen Wildbarren und Höhlenstein mit der Höhle im Höhlenstein. Am Brünnstein, dem Hausberg von Oberaudorf, kann man auf den Spuren der Sagen die Zwergenlöcher ersteigen. Der Schwarzenberg beherbergt die Höhle im Schwarzenberg mit einem Bezug zum 2. Weltkrieg. Das Höhlenhaus Weber an der Wand als Ursprung des Tourismus in Bayern wurde schon erwähnt. Schließlich bietet die Auerburg Gänge unter der Auerburg und die Luegsteinwand das Grafenloch als mittelalterliche Fliehburg.

Die österreichische Seite des Inntales

Auf der anderen Seite des Inns scheint erstaunlicherweise zunächst weniger geboten, aber in Erl zeigt sich, dass sich auch in einer Pfarrkirche Höhlenforschung betreiben lässt.

Der Schwerpunkt des Führers soll auf das Unterinntal bis Kufstein gelegt werden. Eine Wanderung ins Kaisertal von Kufstein aus zur berühmten Tischoferhöhle bildet daher einen Schlusspunkt und landschaftlichen Höhepunkt der vorgeschlagenen Routen.

Natürlich ist diese räumliche Definition eine „künstliche“ Begrenzung. Ebenso zahlreich und interessant sind viele Objekte im Tiroler Teil des Tales – doch sie müssen einem weiteren Band vorbehalten bleiben …

Legende zur Übersichtskarte

Weg Gebiet bzw. Haupthöhle

WendelsteinhöhleWetterlöcher am WendelsteinWetterlöcher am WildalpjochHöhlen rund um den SoinseeWendelsteinalmen & SchweinsbergHöllensteinlochHöhlen in der BiberTeufelsloch am PetersbergWolfsschluchthöhlen FischbachWolfsschlucht NeubeuernEinsiedlerhöhle KirchwaldHöhlen am HeubergHöhle im HöhlensteinBergbau im ArzmoosZwergenloch am BrünnsteinHöhle im SchwarzenbergGänge unter der AuerburgWeber an der WandGrafenlochErler WanderungenTischofer- und Hyänenhöhle

Weg I

Der Wendelstein und seine Höhle

– Auf der bayerischen Ikone –

Den Wendelstein als Aussichtsberg und Ausflugsziel zu rühmen, hieße nun wirklich, die sprichwörtlichen Eulen nach Athen zu tragen. Schon von weitem grüßt er den Anreisenden und markiert mit seinem unverwechselbaren Profil und der zusätzlichen Kennzeichnung durch die Sendemasten des bayerischen Rundfunks die Eingangspforte des Inntales.

Ein bestens erschlossenes Ziel

Gleich von zwei Seiten ist der Berg erschlossen. Von Bayrischzell, genauer gesagt von Osterhofen, führt ebenso eine Bahn auf den Gipfel wie von der Inntaler Seite, von Brannenburg.

Diese Tatsache ermöglicht eine lohnende Kombination, denn unter Nutzung der Wendelstein-Ringlinie, die beispielsweise via Bayrischzell-Sudelfeld-Oberaudorf den Wanderer wieder nach Brannenburg bringt, lässt sich gleich das ganze Gebiet erkunden. Oder man nutzt die Ringlinie nach einem Abstieg zum Sudelfeld, einer, wie man sehen wird, speläologisch durchaus interessanten Route.

Der Wendelstein und seine Bergbahnen

Die älteste Zahnradbahn in den deutschen Alpen fährt seit 1912 auf den Aussichtsberg Oberbayerns. 1991 wurde die Bahn modernisiert. Heute fahren bequeme Doppel-Triebwagen vom Inntal in 30 Minuten zum Bergbahnhof auf 1723m Höhe. Die Fahrt auf der malerischen Strecke, vorbei an Almwiesen, durch Wald und über schroffe Felsen hinauf ist ein einmaliges Erlebnis. Seit 1970 ist der markante Aussichtsberg Wendelstein von zwei Seiten aus erschlossen. Als Gegenstück zur gemütlichen Zahnradbahn wurde 1970 eine moderne und schnelle Großkabinen-Pendelbahn gebaut, die den Wendelsteingipfel mit dem Leitzachtal verbinden konnte. Die Wendelstein-Seilbahn bringt ihre Fahrgäste in nur 7 Minuten zur Bergstation

Belohnt wird der Besucher in jedem Falle mit einer einmaligen 360° Rundumsicht von den Zentralalpen bis weit über satte Hügellandschaften, die sanft ins Flachland übergehen – bis zur Landeshauptstadt München hinaus.

Danach bieten sich Wege ins Tal zurück an, zunächst aber der unbedingt empfehlenswerte Panoramarundweg über den eigentlichen Gipfel!

Der Wendelstein und seine Wege

Dieser Führer soll ja keinen klassischen Wanderführer ersetzen, aber im Falle des Wendelsteins ist es doch angebracht, auf die wichtigsten Routen kurz hinzuweisen.

Rundwege

Gipfel und Panoramaweg (beschildert, Gehzeit 45 Min.) Die 100 Höhenmeter zum Gipfel sind fast ein Muss. Der Aufstieg zum Rundumblick über einen gut gesicherten und ausgeschilderten Wanderweg dauert etwa 20 Minuten. Vom Wendelstein-Kircherl führt der Pfad am Gebäude des Bayerischen Rundfunks vorbei in Serpentinen hinauf zum 1838m hohen Gipfel. Dem Gipfelsturm schließt sich der eindrucksvolle Panoramaweg rund um das Gipfelmassiv an. Der Weg zweigt kurz unter dem Wendelsteingipfel ab und leitet (an der Schachthöhle Oberes Wetterloch am Wendelstein direkt vorbei!) über den Ostgipfel und an der Windkraftanlage vorbei wieder zum Bergbahnhof.

Die Wege ins Tal

Wendelstein-Osterhofen - Seilbahn-Talstation (Höhenunterschied 932m, 2½ Std.) Reizvoller Abstieg ins Leitzachtal. Von der Berggaststätte aus unter der Seilbahn hindurch, vorbei an der Sonnenenergieanlage zu den Wendelsteiner Almen (im Sommer bewirtschaftet), über die Sigl-Alm nach Hochkreut (Bergcafé) und weiter zur Seilbahn-Talstation.

Wendelstein-Bayrischzell - König-Maximilian-Weg (Höhenunterschied 1036m, 2½ Std.) Auf den Spuren von König Max II. führt der Weg am Kircherl vorbei zur Zeller Scharte, zweigt rechts ab und führt beim Bergwachthaus nochmals nach rechts hinunter zu den Wendelsteiner Almen. Der Weg endet in Bayerischzell an der Königslinde.

Wendelstein - Bad Feilnbach (Höhenunterschied 1183m, 4 Std.) Von der Berggaststätte aus unter der Seilbahn entlang der Westwände des Wendelsteins zur Reindler Alm, weiter durch das Jenbachtal über die Wirtsalm und die Maier-Alm nach Bad Feilnbach

Wendelstein - Sudelfeld Passhöhe (Höhenunterschied 645m, Gehzeit 2 Std.) Bis zu den Wendelsteiner Almen, dann entweder zur Talstation der Seilbahn, direkt nach Bayrischzell (König-Maximilian-Weg) oder zur Sudelfeld-Passhöhe. (Weg zum Sudelfeld zweigt nach links ab.)

Wendelstein - Reindler-Alm - Mitteralm - Aipl - Zahnradbahn-Talbahnhof (Höhenunterschied 1332m, 3½ Std.) Abwechslungsreiche Wanderung entlang der Bahntrasse. Vom Wendelstein-Kircherl Richtung Reindler-Scharte unter der Zahnradbahn-Trasse hindurch zur Reindler-Alm. Von dort auf dem Fahrweg über Mitteralm (Montag Ruhetag) nach Aipl. Die Zahnradbahn kreuzend über St. Margarethen zum Zahnradbahn-Talbahnhof. Zusteigemöglichkeit an den Haltestellen Mitteralm und Aipl.

Die Geo-Park-Wege

Besonders interessant, gerade für den Höhlenspezialisten, sind die so genannten Geo-Park-Wege, die vor einigen Jahren eingerichtet wurden. Auf insgesamt 35 Erläuterungstafeln entlang von vier Routen wird anhand anschaulicher Zeichnungen und leicht verständlicher Texte die Entstehung der Alpen und Ihr Schicksal im Laufe der Zeit beschrieben. Ausgangspunkt der vier Wege ist immer die Panorama-Tafel auf der Bergterrasse. Die Themen der Tafeln sind so gewählt, dass nicht unbedingt jede gelesen werden muss, um die nächste zu verstehen.

Gipfelweg (16 Tafeln)

Entlang Gipfel- und Panoramaweg wie oben beschrieben, Endpunkt Wendelsteinhöhle, mit Höhlenbesichtigung Gehzeit 1,5 - 2 Stunden und vielleicht die lohnenste Route im Rahmen einer Tagesbesichtigung!

Rundweg Wendelsteiner Almen (10 Tafeln)

Im Aufstieg entlang des Wanderwegs zu den Wendelsteinen Almen über die Zeller Scharte auf felsigem Steig zur Trasse der Zahnradbahn und von dort zum Wendelsteinkircherl, Gehzeit: 1,5 Stunden.

Weg zur Maier-Alpe (7 Tafeln)

Entlang des Wanderwegs nach Bayrischzell, dann Richtung Bad Feilnbach durchs Jenbachtal. Die Erklärungen enden am Parkplatz der Maier Alpe. Gehzeit: 3 Stunden.

Weg zur Mitteralm (7 Tafeln)

Entlang des Wanderwegs zum Talbahnhof der Zahnradbahn wie oben beschrieben, bis Haltestelle Mitteralm. Gehzeit: 2 Stunden.

Der gesamte Gipfelbereich des Berges ist freilich arg erschlossen – mancher wird ihn für „zugebaut“ ansehen. Neben der bereits erwähnten, markanten Sendestation des bayerischen Rundfunks beherbergt das Massiv auch eine Wetterwarte und eine Sternwarte der Universität München.

Daneben bestehen natürlich die Bauten der Bahnen, wobei die Station der Zahnradbahn noch die zurückhaltendere von beiden ist. Das Wendelsteinhaus mit seinem Gaststättenbetrieb (in dem man übrigens ganz hervorragend speisen kann – ein Geheimtipp zu Festlichkeiten wie Familienfeiern) und Aussichtskanzeln runden das Angebot ab. Das bekannte Wendelsteinkircherl auf steiler Felsenspitze gehört da zweifellos zu den gefälligeren Bauten.

Gipfel- und Höhlenerlebnis zugleich

Der Wendelstein stünde freilich nicht in diesem Höhlenführer, würde er den Besucher nicht mit einer weiteren Besonderheit beglücken: Kaum 2 Minuten von der Bergstation der Bahnen entfernt, gibt es eine Schauhöhle zu besichtigen – die Wendelsteinhöhle (Kat.-nr.1279/1), Höhe über NN 1.711m, mit einer Gesamtlänge von 523m und einer Höhendifferenz von insgesamt 97m (+ 21 m/-82 m)! (Gibt es überhaupt eine Höhle, die im Gipfelaufbau eines Berges liegt und noch bequemer erreichbar ist?)

Der künstliche Eingang der Wendelsteinhöhle

Unterhalb des Kirchleins vorbei erreicht man auf einem Weg zunächst ein Drehkreuz – mit nochmals einer angenehmen Überraschung: Eine Münze von 1 Euro genügt und danach darf die Höhle beliebig auf eigene Faust durchwandert werden – wir denken, ein vergleichsweise moderater Preis.

Die Höhle selbst wurde angeblich im Jahr 1864 von einem Einheimischen aus Bayrischzell entdeckt, aber erst im Herbst 1882 von M. Kleiber erforscht. Die ersten Berichte erschienen von Baumann (1883) und von Ratzel (1886). Nach Gründung der Gesellschaft für Höhlenkunde in München 1920 wurde die Höhle zwei Jahre später erstmals vermessen. Seither wird sie in verschiedenen Schriften erwähnt.

Die Höhle wurde bereits im Jahre 1921 für den allgemeinen Besuch als Schauhöhle ausgebaut und elektrisch beleuchtet. 1953 wurden Beleuchtung und Steiganlagen komplett erneuert. Der natürliche Eingang liegt am Fuße der Südostwand des Wendelsteingipfelaufbaus und ist steinschlaggefährdet. Deshalb hat man 1962 von geeigneter Stelle einen Stollen abwärts zur Höhle aufgesprengt, durch den man sie heute betritt.

Gabriele Hofmann im Besucherteil der Wendelsteinhöhle

Grundriss und Lage der Wendelsteinhöhle(Quelle: Kataster des VHM)

Über 82 Stufen geht es also erst einmal auf das Niveau der eigentlichen Höhle hinab, dort nach rechts ist nach 30m der natürliche Eingang erreicht. Der Besucherweg führt zu einer Plattform am Fuße einer 17m hohen, vom Tageslicht noch gut erhellten Halle. Zum natürlichen Eingang der Höhle, der genau nach Osten exponiert ist, führt eine steile, auch im Sommer mit Firnschnee und Eis bedeckte Halde (Foto auf der Titelseite des Buches oben). Hier am tiefsten Punkt sammelt sich die kalte Luft, die nicht nach außen entweichen kann, da sie schwerer als die wärmere Außenluft ist. In der so genannten "Kältefalle" liegt daher auch im Sommer noch Schnee.

Eigentlich beginnt also hier, am Fuße dieser Halle, der vielfach gewundene und gelegentlich von kleinen Erweiterungen unterbrochene Hauptgang. Ihn verfolgt man zurück, am Zugangsstollen wieder vorbei, in die Tiefe des Berges.

Bis zur Holzbrücke ist der Gang verhältnismäßig breit und nur etwa 3m hoch. Bis hierher reicht die starke Belüftung vom Eingang und damit auch die Kaltluftspeicherung im Winter. In diesem vorderen Teil der Höhle tritt während der Schneeschmelze, d.h. während des ersten starken Sickerwasseranfalles, eine reichliche und vielfältige Eisbildung auf.

Von der „Brücke“ ab wird der weiterhin gewundene Gang wesentlich schmäler, dafür jedoch höher und spaltenförmig (soweit feststellbar bis zu 15m Höhe – immer ist die höchste Stelle aber nicht einsehbar).

Der etwa 170m lange Besucherweg endet im „Dom“, einem einigermaßen runden, 13m hohen Raum, von dem zwei Gänge abzweigen: über eine Steilstufe der ca. 40m lange, am Ende zugeschwemmte „Fledermausgang“ und der ca. 90m lange stellenweise enge und über Blockwerk beschwerlich begehbare „Canon“ mit „Wendelsteins Herzkammer“. Die Gesamtganglänge beträgt wie erwähnt über 500 m. Die Jahresmitteltemperatur der Luft im hinteren Höhlenabschnitt beträgt 3 Grad Celsius.

Die Sinterbildungen sind eher unbedeutend, stellenweise zwar in Ansätzen da, aber meist in Auflösung begriffen. Der aufmerksame Beobachter findet an den Wänden gelegentlich herausgewitterte Fossilreste. In Fachkreisen ist die Höhle wegen ihres Fledermaus-Artenreichtums bekannt. Als Teil des Landschaftsschutzgebietes Wendelstein ist die Höhle mit der Geotopnummer 187H001 im Geotopkataster des Bayerischen Geologischen Landesamtes verzeichnet.

Versteckte Geheimnisse

Die Wendelsteinhöhle ist „altbekannt“ – und wie so oft versteckt sich hinter dem scheinbar bekannten oft noch eine kleine Sensation. Im Frühsommer 1989 begingen Werner Zagler und Stefan Glaser vom Verein für Höhlenkunde München den Schauteil und beobachteten starke Eisbildungen, die schlagartig aufhörten, dort wo der Hauptgang hoch und canyonartig wird. Sie schlossen daraus, dass an dieser Stelle eigentlich ein Schlot nach oben führen müsste, der eine dynamische Bewetterung der Höhle verursacht. Tatsächlich konnten sie in einen Gang klettern, in dem Luftzug zu spüren war – Indiz für Neuland. Allerdings verengte sich der neue Gang bald stark.

Zwei weitere Versuche, loses Steinwerk beiseite zu räumen, waren nötig, im Dezember 1991 und im Januar 1993. Erst im Juni 1994 schließlich brachte eine Grabungsaktion im wahrsten Sinne des Wortes den Durchbruch – und eine Überraschung: statt nach oben wie erwartet führte das Neuland nach unten, denn eine Reihe von Schächten schloss sich an.

Zunächst galt es, den 14m tiefen „Pozzo Bello“, den „Schönen Schacht“ durch Abseilen zu bezwingen, eine Kluft führte zu einem zweiten Schacht von 8m Tiefe, nach 15 horizontalen Metern führte ein dritter Schacht 18m nach unten, ein Gang ließ sich über kleinere Stufen weitere 40m in die Tiefe verfolgen!

Doch damit noch nicht genug. Nach den anfänglichen Schlufstrecken führt eine zweite Abzweigung, die „Mäuseautobahn“ in weitere sehr enge Teile, in denen sich der Luftzug, der die Entdecker hierher gelockt hatte, verschwindet. Auch zeigen die Gangformen, dass sich hier zu Höhlenentstehungszeiten einmal der Hauptwasserzufluss zu den vorher beschriebenen Schachtteilen befand. Weitere Details beschreiben die Erforscher in ihrem Beitrag in Stautz 2004, S. 102 ff, dem diese Zusammenfassung entnommen ist.

Der Plan, den dankenswerterweise der Autor Stefan Glaser zur Verfügung stellte, zeigt die Situation sehr übersichtlich.

Die Höhle wurde durch diese Forschungsleistung um insgesamt 215m länger, die Tiefe der neuen Teile beträgt 89m!

Die Geschichte einer Höhle – und einer Landschaft

Die Wendelsteinhöhle ist natürlich – wie der Besucher schon vermutet - eine Karsthöhle. Sie erstreckt sich vorwiegend horizontal im ungeschichteten, massigen Wettersteinkalk in zwei Hauptkluftrichtungen, Nordwest und Südost. Zu beachten ist, dass das gesamte Wendelstein-Massiv tektonisch stark beansprucht ist. Etwas erklärt das vielleicht auch die Gangprofile von zum Teil klammartigem Aussehen. Typische Laugungsformen legen den Schluss nahe, dass die Entstehung durch Korrosion wie durch Erosion erfolgte.

In der Schachtzone der Wendelsteinhöhle.

Foto: Stefan Glaser

Fortsetzung der Höhle im „Canon“ unmittelbar nach Ende des Schauteiles

Woher kam aber das Wasser, das die Höhle formte?

Besonders bemerkenswert ist ja die große Höhenlage der Höhle weit über den heutigen Flussniveaus (den so genannten „Vorflutern“)! Daraus muss auf ein sehr hohes Alter geschlossen werden. Während der Entstehungszeit müssen die nördlichen Kalkalpen noch den Charakter einer Mittelgebirgslandschaft besessen haben! Irgendwann im Tertiär, einer Zeitspanne, die etwa 70 Mio. Jahre vor heute begann und vor mehreren Millionen Jahren endete, floss hier ein Höhlenbach aus einem Einzugsgebiet westlich des heutigen Gipfels nach Osten in ein Tal, das heute etwa auf 1.700m Höhe liegen würde und damit mehr als 1.200m über dem heutigen Inn. Vielleicht war aber dieses Tal bereits der Vorläufer des heutigen Inntales? (Am Ende des Tertiärs hatte die Landschaft in etwa das heutige Aussehen.)