22,99 €
Murielle Rousseau nimmt uns mit in Heimatstadt und macht diese zu einer stimmungsvollen Kulisse für ein unvergessliches Weihnachtsfest. Sie erzählt uns von festlichen Bräuchen und von all den Köstlichkeiten, die traditionell zur schönsten Zeit des Jahres aufgetischt werden. »Weihnachten in Paris« ist eine Hommage an das Fest der Liebe und ein Muss für jeden, der die Weihnachtszeit in der französischen Hauptstadt erleben möchte.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 176
Murielle Rousseau
Fotografie: Marie Preaud
Festliche Rezepteund magische Geschichtenaus der Stadt der Liebe
»Ô tous les souvenirs d’hivers, tous les Noëls de mon enfance, que cette rêverie de Noël vous rende à moi!«
Colette
Vorwort: Noël à Paris und in unserer Familie
Noël
Weihnachten in Frankreich
Attendre le Père Noël
Warten auf den Weihnachtsmann
Achats de Noël
Weihnachtsshopping in Paris
Un goûter dans le salon de thé
Teestunde
La fête de l’amour
Das Fest der Nächstenliebe
L’avent
Vorweihnachtszeit voller Lichterglanz
La capitale illuminée
Die Hauptstadt leuchtet
Paris à la lueur de la bougie
Paris im Kerzenschein
Oh, les lumières
Unterwegs im erleuchteten Paris
Plaisirs d’hiver à la parisienne
Pariser Wintervergnügen
Pour petits et grands
Weihnachtsvergnügen für Groß und Klein
Marchés de Noël
Im bunten Trubel der Weihnachtsmärkte
Les parcs de Paris en hiver
Die winterlichen Parks von Paris
Moments magiques
Magische Momente
Préparations de Noël
Vorbereitungen für das Fest
Mon sapin de Noël est à Paris
Mein Weihnachtsbaum steht in Paris
Tout et (presque) tout
Essen ist das Ein und (fast) Alles
Art de table à la française
Tischkultur
La fête de Noël, une fête entre amis
Das Weihnachtsfest, ein Fest unter Freunden
Buffet du réveillon de Noël
Der 24. Dezember
Dîner de Noël
Der 25. Dezember
Pain, vin et fromages
Die Heilige Dreifaltigkeit
Les desserts
Nachspeisen
Fêtes de fin d’années
Zwischen den Jahren
Auf einen Blick
Weihnachtsbummel & mehr
Rezeptregister
Merci
Über die Autorin
Über die Fotografin
Impressum
Noël – für viele nicht nur Feierlichkeiten und ein paar arbeitsfreie Tage, sondern auch die schönste Zeit des Jahres!
Weihnachten übte schon als Kind eine besondere Faszination auf mich aus. Aber nicht nur auf mich: Das große christliche Fest zur Geburt von Jesus Christus ist zusammen mit Ostern das wichtigste christliche Fest in Frankreich, das wichtigste Fest für Christen aus Ost und West – Katholiken, Protestanten und Orthodoxe –, aber auch für »nicht religiöse« Menschen. Der 25. Dezember sowie in manchen Départements auch der 26. Dezember sind gesetzliche Feiertage in Frankreich.
Ich nehme Sie in meinem neuesten Buch nicht nur in meine Heimatstadt Paris, sondern auch in eine der schönsten Zeiten des Jahres mit: Weihnachten! Nachdem ich in Paris aufgewachsen bin, Weihnachten für Weihnachten mit meiner Familie hier verbracht habe und später meinen eigenen Kindern den Zauber der festlich illuminierten Hauptstadt nahegebracht hatte, reifte langsam der Gedanke in mir, einmal ein ganzes Buch Noël à Paris – Weihnachten in Paris – zu widmen. Ich erzähle von Noël, teile Erinnerungen, mache winterliche Spaziergänge, halte viele Insidertipps und Rezepte für Sie bereit und schreibe von Begegnungen mit einigen Menschen, die das Weihnachtsfest in Paris besonders machen. Nun hoffe ich, dass Sie dem Charme des winterlichen und weihnachtlichen Paris ebenso erliegen werden wie ich. Bei uns Rousseaus spielten die traditionellen Feste schon immer eine große Rolle im Jahreslauf. Wir stammen ursprünglich aus der Vendée und Charente, sind aber seit den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts in Paris ansässig. In Saint-Germain-en-Laye im Westen von Paris groß geworden, ist für mich die Vorweihnachtszeit, Noël und alle Traditionen, die damit zusammenhängen, untrennbar mit Paris verbunden. Davon will ich erzählen!
Ihre Murielle Rousseau
Weihnachten hat im Laufe des 20. Jahrhunderts auch in Frankreich seine rein religiöse Bedeutung verloren. Nicht alle in Frankreich, die Weihnachten feiern, empfinden sich als religiös, sind christlich, gehen zur Kirche oder sehen in dem Fest mehr als ein Familientreffen rund um einen reich gedeckten Tisch inklusive Austausch von Geschenken neben dem geschmückten Tannenbaum.
Es feiern einfach alle dieses Fest der Liebe und des Teilens. Auch die Atheisten in unserer Familie feierten und feiern ein prachtvolles Weihnachtsfest.
Es feiern einfach alle dieses Fest der Liebe und des Teilens. Auch die Atheisten in unserer Familie feierten und feiern ein prachtvolles Weihnachtsfest. Meine katholische Großmutter Mamie war sicher diejenige, die am religiösesten veranlagt war und das Fest entsprechend seiner vollen Bedeutung beging und uns auch dahingehend geprägt hat. Noël ist – zum Leidwesen mancher Gläubiger – profaner geworden und hat sich entsprechend mit allerlei äußeren Einflüssen und Folklore vermischt. Es gibt viele Varianten des Fests, darunter auch einige regionale, wie das sehr beliebte elsässische Noël oder die speziellen Weihnachtstraditionen aus der Provence. Und der Einfluss aus aller Welt wie den USA oder den nordischen Ländern ist ebenfalls präsent.
Zentral ist natürlich immer noch die Feier rund um Jesu Geburt, doch die Entwicklung von Noël zu einem traditionellen Familienfest, frei von Kirchenmessen und religiösem Ritual, hat sich im letzten Jahrhundert rasant vollzogen. Gefeiert wird so etwas wie ein sehr besinnlicher, gemeinsamer Geburtstag, zu dem man ganz zweckfrei Geschenke verteilt, nicht nur in Anlehnung an die Geschenke der Heiligen Drei Könige an das Jesuskind. Es geht um das Zusammensein, das Feiern im Kreise der Familie, um das Teilen, meist von Essen und Geschenken, aber auch von guten Momenten, von Zeit und Freude. Diese Rituale sind wichtig, mit oder ohne Rückbesinnung auf den christlichen Ursprung.
Einmal akzeptiert, dass Noël allen gehört, kann diese Zeit am Ende des Jahres mit ihren vielen wundervollen Momenten uneingeschränkt genossen werden!
Im Laufe der Zeit wurde die Weihnachtssaison immer weiter ausgedehnt. Dies ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts kommerziell begründet, aber auch dadurch, dass sich Menschen in der dunklen, kalten Jahreszeit etwas mehr Zusammensein, Wärme und Licht wünschen.
Heute werden Städte und Geschäfte sogar bereits Anfang November weihnachtlich beleuchtet und geschmückt und erst Ende Januar wird alle Deko wieder abgenommen. Die altkirchliche Tradition legte zwölf Weihnachtstage – christmastides – fest. Diese fingen in der Nacht zum 25. Dezember – la veille de Noël – an und endeten in der Nacht zum 6. Januar – la veille de l'Épiphanie. Entsprechend ist der 25. Dezember in Frankreich der wichtigste Tag in der Weihnachtszeit.
Dazu gehört auch das gespannte Warten auf diesen Festtag am 24. Dezember, an dem Stiefel oder große Strümpfe rund um den Kamin verteilt werden – eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen. Punkt zwölf Uhr nachts kommt dann Père Noël, der die wichtigste väterliche Weihnachtsfigur in Frankreich ist, durch den imaginären oder echten Schornstein und legt den Kindern Geschenke in die Stiefel oder Strümpfe. Gibt es diese nicht, so legt Père Noël sie unter den Tannenbaum. Die Bescherung findet für Erwachsene und größere Kinder nach zwölf Uhr nachts und für kleinere Kinder am Morgen des 25. Dezember statt – verschlafen und noch im Pyjama. Ich bin sicher, in Tausenden Familien gibt es Fotos von Kindern im Pyjama vor dem Kamin oder Weihnachtsbaum, so auch in meiner Familie.
Wer ist denn nun dieser Père Noël? Wie kann er in imaginäre Kamine heruntersteigen oder durch verschlossene Türen gelangen, um die wunderbaren Geschenke zu verteilen? Kein Wunder, dass Père Noël die Aufmerksamkeit der Familien auf sich zieht, wenn er zu einem Fest oder einem Weihnachtsmarkt kommt.
Père Noël ist ein besonderer, wenn nicht sogar der wichtigste Protagonist des traditionellen französischen »Weihnachtspersonals« und einer, an den die französischen Kinder glauben und an dem sie sehr hängen. Er stammt ursprünglich aus Teilen der von den europäischen US-Einwanderern überbrachten Weihnachtserzählungen und hat sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa in dieser amerikanischen Form durchgesetzt, sehr zum Ärger der religiösen Institutionen, die die Kommerzialisierung des christlichen Weihnachtsfestes kritisierten. In Frankreich ist Père Noël DIE wichtigste weihnachtliche Fantasie- und Werbefigur. Bei jedem Weihnachtsfest und -markt, in Liedern und Geschichten kommt Père Noël vor, jedes Kind kennt und liebt ihn.
Er hat Attribute des in anderen Ländern bekannten Weihnachtsmanns und sieht ihm auch ähnlich: ein älterer, gutmütiger, korpulenter Mann mit weißem Rauschebart, rotem Gewand, schwarzem Gürtel, weißem Pelzbesatz und roter Mütze. Der im Himmel oder im Wald, am Nordpol, in Grönland, in Finnland oder anderswo im Kalten wohnt. Genaues ist nicht bekannt und er wird je nach Region verschieden verortet. An seiner Seite gibt es in manchen amerikanischen Erzählungen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Mère Noël, das weibliche, anpackende Pendant, das entweder ihrem Mann bei der Geschenkeverteilung hilft und damit Weihnachten rettet oder als brave Hausfrau Plätzchen backt. Im Schlitten und von acht Rentieren gezogen kommt Père Noël in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember zu den Menschen, um Gaben zu verteilen, die zuvor von zwergähnlichen, schlauen lutins hergestellt worden sind. Die Rentiere Tornade, Danseur, Furie, Fringant, Comète, Cupidon, Éclair und Tonnerre erhielten 1939 einen neunten Rentierkumpel, Rodolphe, das Rentier mit der leuchtenden Nase, den der Schriftsteller Robert L. May für ein Märchen erfand. Ja, was wäre Noël, das französische Weihnachten, ohne diese Rentiere, die lutins und den gutmütigen, geschenkeverteilenden Père Noël!
Père Noël kann wirklich Post empfangen
Die französische Post (PTT) öffnet seit den frühen 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts von Mitte November bis Mitte Dezember das Sekretariat von Père Noël. Jedes Kind, das seine Adresse hinterlässt, erhält eine standardisierte Antwortpostkarte zurück. Die wichtigsten Adressen, die die Post an den Père Noël beantworten, sind:
• 1 rue du Ciel Étoilé – Pôle Nord
• route des Nuages – Dans le grand Nord
• avenue des Rennes Village du Père Noël – Laponie
• route de la Banquise – Pays des ours blancs
• Secrétariat 33500 Libourne – France
Auch elektronische Post an Père Noël kommt an und wird beantwortet:www.laposte.fr/pere-noel
Victor Hugo schreibt von den Schuhen am Kamin und dem Weihnachtsschmuck in »Les Miserables«.
Die französische Literatur steckt voller Erzählungen von den Weihnachtstraditionen – über den réveillon de Noël am 24. Dezember, der dem feierlichen Weihnachtsfest, das bei den meisten französischen Familien am 25. Dezember begangen wird, vorausgeht, und über das Warten auf Père Noël und die Bescherung inklusive langem Abendessen im Kreise der Familie und (bei vielen Katholiken) Besuch der Mitternachtsmesse in einer Kirche. Doch zuvor hängen die Eltern für ihre Kinder die Strümpfe an den Kaminsims oder stellen Schuhe dorthin – Père Noël wird dann durch den (teils imaginären) Kaminschacht herunterkommen und die Geschenke verteilen …
Victor Hugo schreibt von den Schuhen am Kamin und dem Weihnachtsschmuck im und am Haus in »Les Misérables«. In seinem der Romantik zugerechneten Meisterwerk findet der Protagonist Jean Valjean am Abend des Noël im Jahr 1823 die arme und als Haushaltsgehilfin und Sklavin gehaltene Cosette in der auberge der Familie Thénardier in Montfermeil. In der überaus bekannten Szene stehen in einem der Zimmer des Gasthauses zwei unterschiedliche einzelne Schuhe gefüllt mit je einem Goldstück in einem leer stehenden Kamin und daneben der verschmutzte und leere Holzschuh der armen Cosette.
George Sand beschreibt in »Histoire de ma vie« aus dem Jahr 1855 als erste Schriftstellerin überhaupt Père Noël literarisch. Die Künstlerin war absolut überzeugt, dass es Père Noël gibt, der zur magischen Mitternacht die Stiefel der Kinder füllt.
Doch nicht nur Victor Hugo und George Sand, auch Guillaume Apollinaire schreibt über Noël. Er lässt den Weihnachtsbaum, den sapin de Noël, Anfang Dezember im Gedicht »Les Sapins« schmücken.
Wie wäre es, an den Feiertagen mal französische Weihnachtslieder zu singen oder gar Weihnachtsmärchen, wie »Contes de Noël« von Guy de Maupassant, oder Gedichte wie das Tannenbaumgedicht »Les Sapins« von Apollinaire laut vorzulesen – gute Französischkenntnisse vorausgesetzt?
Les Sapins
Les sapins en bonnets pointus
De longues robes revêtus
Comme des astrologues
Saluent leurs frères abattus
Les bateaux qui sur le Rhin voguent
Dans les sept arts endoctrinés
Par les vieux sapins leurs aînés
Qui sont de grands poètes
Ils se savent prédestinés
À briller plus que des planètes
À briller doucement changés
En étoiles et enneigés
Aux Noëls bienheureuses
Fêtes des sapins ensongés
Aux longues branches langoureuses
Les sapins beaux musiciens
Chantent des noëls anciens
Au vent des soirs d’automne
Ou bien graves magiciens
Incantent le ciel quand il tonne
Des rangées de blancs chérubins
Remplacent l’hiver les sapins
Et balancent leurs ailes
L’été ce sont de grands rabbins
Ou bien de vieilles demoiselles
Sapins médecins divaguants
Ils vont offrant leurs bons onguents
Quand la montagne accouche
De temps en temps sous l’ouragan
Un vieux sapin geint et se couche
Guillaume Apollinaire, Rhénanes, Alcools, 1913
Petit Papa Noël
C'est la belle nuit de Noël,
La neige étend son manteau blanc,
Et les yeux levés vers le ciel,
à genoux, les petits enfants,
Avant de fermer les paupières,
Font une dernière prière.
Petit papa Noël
Quand tu descendras du ciel,
Avec des jouets par milliers,
N'oublie pas mon petit soulier.
Mais avant de partir,
Il faudra bien te couvrir,
Dehors tu vas avoir si froid,
C'est un peu à cause de moi.
Il me tarde tant que le jour se lève
Pour voir si tu m'as apporté,
Tous les beaux joujoux que je vois en rêve
Et que je t'ai commandés.
Petit papa Noël
Quand tu descendras du ciel,
Avec des jouets par milliers,
N'oublie pas mon petit soulier.
Le marchand de sable est passé
Les enfants vont faire dodo
Et tu vas pouvoir commencer
Avec ta hotte sur le dos
Au son des cloches des églises
Ta distribution de surprises
Petit papa Noël
Quand tu descendras du ciel,
Avec des jouets par milliers,
N'oublie pas mon petit soulier.
Si tu dois t'arrêter
Sur les toits du monde entier
Tout ça avant demain matin,
Mets-toi vite, vite en chemin.
Et quand tu seras sur ton beau nuage,
Viens d'abord sur notre maison
Je n'ai pas été tous les jours bien sage,
Mais j'en demande pardon.
Petit papa Noël
Quand tu descendras du ciel,
Avec des jouets par milliers,
N'oublie pas mon petit soulier,
Petit papa Noël.
Text: Raymond Vinci
Musik: Henri Martinet
Interpretation: Tino Rossi
Wie schwer fällt den Kleinen doch das Warten auf Père Noël! Und können wir es ihnen verdenken? Ich habe ein paar Tipps für Sie zusammengetragen, die Ihnen und Ihren Kindern das Warten auf das Fest erträglicher gestalten oder gar versüßen sollen:
Stellen Sie Futterkugeln für Vögel mit Körnern und Fett her und verteilen Sie sie auf einem Spaziergang in einem der Parks in und um Paris herum in den Bäumen. Auf der place de la Madeleine verkaufen mehrere, vor Kurzem renovierte Blumenkioske, aber auch Blumenhändler im kleinen Marché aux Fleurs, 8 place des Ternes im 17. Arrondissement, die nötigen Vogelkörner.
Bei nasskaltem Wetter bietet es sich geradezu an, erst schönes Papier, Karton und Bänder aus verschiedenen Materialien einzukaufen, um dann gemeinsam mit den Kindern Weihnachtskarten oder Etiketten für Geschenke daraus zu basteln. Damit auch Erwachsene Freude daran haben: Besondere Papiere, Tapeten und Karten hält im 11. Arrondissement, 12 rue Saint-Sabin, À Paris chez Antoinette Poisson bereit. Der Laden hat nur nachmittags von Mittwoch bis Freitag geöffnet, doch Papierliebhaber kommen in diesem kleinen Papier-Paradies voll auf ihre Kosten.
Fotografieren Sie mit dem Handy oder dem Fotoapparat 24 schöne Pariser Türen in allen Farben, sodass im nächsten Jahr ein wundervoller, erinnerungsbeladener Adventskalender mit den Bildern gefertigt werden kann.
Der Adventskalender, ursprünglich eine germanische Tradition, hat in Frankreich in den 1990er-Jahren Einzug gehalten. Ein ganz besonderer Adventskalender fürs nächste Jahr könnte, in Erinnerung an Noël in Paris, mit haltbaren Leckereien wie Honigkuchen, Dosen-Pasteten, Wein und allerlei Köstlichkeiten mehr aus dem Feinkostladen bestückt werden.
Pariser Geschäfte, Hotels und Straßen überbieten sich an Weihnachten mit kreativen Interpretationen des Weihnachtsbaums. Auch diese kann man fotografisch für einen Adventskalender festhalten. Mal sieht man in einem Schuhgeschäft Schuhpaare, die zu einem Weihnachtsbaum gestapelt werden. Mal sind es Bücher in einer Buchhandlung. Oder ein Baum aus Papierschnipseln in einer Papeterie. Mal hat ein Patissier einen Baum kunstvoll aus Schokolade gestaltet, mal aus schön umwickelten Bonbons. Ein Florist wiederum hat aus Holzstücken einen Baum komplett ohne Grün kreiert oder ein Getränkehändler einen aus grünen Flaschen ohne Etikett. Die Sammlung verspricht, interessant zu werden!
Es gibt tausendundeine Möglichkeit für tausendundeine Portemonnaiegröße, um in Paris in der Vorweihnachtszeit einzukaufen!
Wer weder entlang der großen Boulevards noch in den grands magasins noch in den eleganten, teuren Läden in den Straßen rund um die place Vendôme oder um die avenue Montaigne einkaufen kann oder möchte, der stöbert in den Vierteln wie Marais mit seinen Vintage- und In-Läden, rund um das Quartier des Halles oder im Norden in und um Montmartre mit einer Vielzahl an boutiques gourmandes, flaniert über die verschiedenen Flohmärkte im Norden der Stadt oder rund um den Viaduc des Arts, eine ehemalige Bahntrasse, unter deren Viadukten sich eine lebendige Künstlerwelt niedergelassen hat und ihre fantasievollen Unikate verkauft. Gerade in der Vorweihnachtszeit öffnen allerhand Pop-up-Läden und sogar Pop-up-Weihnachtsmärkte.
In Paris steckt in jedem Viertel die ganze Welt, entsprechend groß ist die Auswahl, entsprechend volatil ist auch das Angebot, denn Boutiquen können so schnell wieder schließen, wie sie eröffnet wurden. Ich bin sehr oft zu Fuß in meiner Stadt unterwegs, finde immer wieder Neues, Boutiquen erobern mein Herz und ich lasse mich gerne verführen und lustwandle durch die Straßen und Gassen auf der Suche nach neuen Entdeckungen. Natürlich habe ich auch meine Lieblingsviertel, in denen ich viele Straßenecken kenne. Empfehlungen auszusprechen, fällt mir schwer, so unendlich viele Geschäfte gibt es! Besonders hübsch sind ganz einzigartige und oft historische Nischenläden oder alteingesessene, scheinbar schon immer dagewesene Geschäfte, in die schon die Generationen vor mir, meine Großeltern und Eltern, einkaufen gegangen sind.
Sucht man zu Noël nach besonderen kirchlichen Produkten, so kommt man in Paris an der Boutique des Monastères nicht vorbei. Dort kann man nicht nur santons (siehe Seite 20), Krippen wie die crèche de Dourgne – eine von den Schwestern der Abbaye de Dourgne bemalte Gips-Krippe – und Bienenwachs-Weihnachtskerzen erwerben, sondern auch eine Reihe von Produkten aus 150 verschiedenen Klöstern aus ganz Frankreich, die von Mönchen handwerklich gestaltet sind. Alles wird ausschließlich zu karitativen Zwecken verkauft. Es sind einzigartige, auch kulinarische Geschenke in der épicerie fine, dem Feinkostladen, in dem es sich herrlich zu Weihnachten einkaufen lässt. Unter anderem findet man dort confit d’ail, Klosterdinkelmehl von der Abbaye de Rosans, pâtes de fruits von der Abbaye de Landevennec, Balsamico-Essig vom Kloster von Solans, Klosterbiere, Pflegeprodukte oder eine Vielzahl an Bioprodukten aus den verschiedenen Klöstern Frankreichs. Boutique des Monastères, 68 bis, avenue Denfert Rochereau, 75014 Paris
In manchen Regionen Frankreichs gibt es noch andere besondere Weihnachtstraditionen. So ist die Provence-Region Stifterin einer in ganz Frankreich verbreiteten Weihnachtsdekorationen: der santons de Provence.
Santons sind handgefertigte und -bemalte Krippenfiguren aus Ton, die die Heilige Familie, aber auch Tiere und Vertreter aller Handwerke darstellen. Santons entstanden nach der Schließung der Kirchen und dem Verbot der Mitternachtsmessen durch die Revolutionswirren und durch das Bedürfnis der Bevölkerung, Jesu Geburt zu Hause darzustellen. Sie waren wie der stille Widerstand der Marseiller – denn dort liegt der Ursprung der santons – gegen das Mitternachtsmesseverbot! Als öffentlich ausgestellte Krippen verboten waren, konstruierte man sich eigene, kleinere Figuren, erst aus Teig, Holz oder Gips, später aus dem schönen roten Ton der Provence. Sie werden nicht gebrannt, was die aufgetragene klare, frische Farbe der Figuren bewirkt.
Zugegeben, santons sind keine Pariser, sondern französische Originale. Es gibt sie mittlerweile auch aus der Bretagne oder Savoyen. Die Originale, so wusste es schon meine Großmutter, kamen jedoch aus der Provence. Sie, die im selben hôtel particulier, einem herrschaftlichen Stadthaus nahe dem Schloss von Saint-Germain-en-Laye, wohnte wie wir, sammelte über Jahrzehnte ein ganzes santons-Dorf zusammen und bedachte auch mich beim Auszug von zu Hause mit einer heiligen santons-Familie – was ich witzigerweise wie eine Mitgift empfand und mich veranlasste, selbst jahrelang weitere Figuren zu sammeln. So ergeht es vielen französischen Familien: Einmal angefangen, hört man nie wieder auf. Meine Großmutter kaufte ihre santons in einem speziellen Laden in Saint-Germain-en-Laye, der diese das ganze Jahr über im Schaufenster stehen hatte, was keinesfalls als Frevel empfunden wurde. Im Gegenteil, Geschäfte dieser Art galten und gelten auch heute noch als Spezialitätenläden. Sie selbst führte ein kleines, von ihrer Schwiegermutter Marie Germaine Rousseau geerbtes Geschäft für mercerie und bonneterie, einen Kurzwarenladen in der Rue de la Salle, und achtete vor Weihnachten genauso penibel auf die richtigen Noël-Angebote wie ihre Kollegen. Hinter der großen weißen Ladentheke lagerten in vielen Regalen und großen und kleinen Schrankschubladen unzählige bunte Knöpfe und Garne sowie baumwollene Babystrampler, -jäckchen und -söckchen jeder Qualität – perfekte Geschenke zu Weihnachten, meinte sie.
Einer der bekanntesten santons-Hersteller aus der Provence, Santons Fouque, verkauft in der Vorweihnachtszeit seine Produkte nicht nur in einer boutique éphémère, wie die Pop-up-Stores in Frankreich genannt werden, im 15. Arrondissement, 39 Bd de Grenelle, sondern auch auf dem Markt von Neuilly-sur-Seine, einem Vorort westlich von Paris.
Überhaupt sind Pariser Märkte und Weihnachtsmärkte geeignet, um Ausschau nach santons zu halten. Die Firma Le Comptoir aux Santons präsentiert seit einigen Jahrzehnten auf den Märkten in der Pariser Peripherie, in Neuilly-sur-Seine, Boulogne-Billancourt, Vincennes oder Saint-Germain-en-Laye, die santonniers Escoffier aus den Orten Aubagne, Arterra und Carbonel. Das Atelier Marcel Carbonel, das seit vier Generationen santons herstellt und verkauft, ist bei Weitem nicht das älteste aktive Atelier. Eines der ältesten ist das Atelier Truffiers. Dessen santons kauft man in Paris in Geschäften für religiöse Artikel, wie das seit 1948 bestehende Maison Georges Thuillier, 10 place Saint-Sulpice, im 6. Arrondissement.