Weihnachtsstern & Winterglitzern (Anthologie) - C. M. Spoerri - E-Book

Weihnachtsstern & Winterglitzern (Anthologie) E-Book

C.M. Spoerri

4,0

Beschreibung

Die stille Zeit des Jahres regt nicht nur zum Nachdenken an – in unseren Sternensand-Welten geschehen auch so manch magische, fantastische, grausame, unerwartete und romantische Ereignisse. Tauche ein in unsere winterlichen und weihnachtlichen Kurzgeschichten, die mit epischen Schlachten, mystischen Wesen, ergreifenden Liebesgeschichten, tragischen Charakteren oder unerwarteten Schicksalen punkten. Allesamt verknüpft mit Büchern aus dem Sternensand Verlag, jedoch unabhängig lesbar und damit perfekt geeignet, um unsere Autoren kennenzulernen.

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Seitenzahl: 370

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Informationen zum Buch

Impressum

Widmung

Vorwort

B. E. Pfeiffer: Winterfest in Opal

C. M. Spoerri: Das Fest der Liebe

Carolin Emrich: The way to find Christmas

Fanny Bechert: Don't shoot me, Santa

J. K. Bloom: Rote Weihnachten

Jamie L. Farley: Das Sternenlichtfest

Jasmin Romana Welsch: Teach me Evig Christmas

Jessica Bernett: Mittwinterrabe

Maya Shepherd: Der fünfte Dezember

Miriam Rademacher: Großonkel Tibbys letztes Fest

Mirjam H. Hüberli: Glitzern tut allenfalls der Regen

Nicole Schuhmacher: Jägerweihnacht

Philina Hain: Wenn Lichterketten Schatten werfen

Regina Meißner: Das verlorene Weihnachtsfest

Smilla Johansson: Durch die dunkelsten Täler Hels

Stefanie Karau: Im Auge der weissen Vipera

Stefanie Scheurich: Verdammt weihnachtlich

Dank

 

 

 

 

Weihnachtsstern & Winterglitzern

Anthologie

 

 

 

 

Weihnachtsstern & Winterglitzern

Die stille Zeit des Jahres regt nicht nur zum Nachdenken an – in unseren Sternensand-Welten geschehen auch so manche magische, fantastische, grausame, unerwartete und romantische Ereignisse. Tauche ein in sechzehn Kurzgeschichten, die mit epischen Schlachten, mystischen Wesen, ergreifenden Liebesgeschichten, tragischen Charakteren oder unerwarteten Schicksalen punkten. Allesamt verknüpft mit Büchern aus dem Sternensand Verlag, jedoch unabhängig lesbar und damit perfekt geeignet, um unsere Autoren kennenzulernen.

Eines ist gewiss: Manchmal ist es die Dunkelheit der länger werdenden Winternächte, die uns noch stärker fasziniert als das Licht der kürzeren Tage.

 

 

Wir wünschen dir und deinen Lieben

frohe Feiertge und

einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

 

Deine Sternensand-Autoren

 

C. M. Spoerri (Hrsg.)

B. E. Pfeiffer

Carolin Emrich

Fanny Bechert

J. K. Bloom

Jamie L. Farley

Jasmin Romana Welsch

Jessica Bernett

Maya Shepherd

Miriam Rademacher

Mirjam H. Hüberli

Nicole Schuhmacher

Philina Hain

Regina Meissner

Smilla Johansson

Stefanie Karau

Stefanie Scheurich

www.sternensand-verlag.ch

[email protected]

 

1. Auflage, Dezember 2020

© Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2020

Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

Lektorat / Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Martina König

Korrektorat 2: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

Satz: Sternensand Verlag GmbH

 

 

ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-165-9

ISBN (epub): 978-3-03896-166-6

 

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

 

 

 

 

Wenn die Nächte länger dauern,

Flocken durch den Himmel fegen,

lass Weihnachtssterne für dich zaubern

und Winterglitzern dich umgeben.

 

C.

 

Vorwort

Feiert mit euren Charakteren Weihnachten …

Das war die Vorgabe für unsere Sternensand-Autoren. Herausgekommen ist eine unglaubliche Vielfalt an Geschichten, die von düster bis romantisch und humorvoll bis magisch reichen. Allesamt unabhängig von den zugehörigen Büchern lesbar. Zu Beginn jeder Geschichte findest du nähere Informationen dazu.

Tauche ein in fesselnde Welten und lerne unsere Autoren kennen.

 

Viel Vergnügen mit unseren Kurzgeschichten

 

Corinne Spörri (Herausgeberin)

B. E. Pfeiffer: Winterfest in Opal

 

 

Informationen zur Kurzgeschichte:

Taucht ein in ein märchenhaftes Setting mit winterlicher Stimmung und einer Prinzessin, der ein ganz besonderes Geschenk gemacht wird. Diese Kurzgeschichte erzählt eine Vorgeschichte zum ›Fluch des dunklen Prinzen‹ und ist daher spoilerfrei zu lesen.

 

Über die Autorin:

Bettina Pfeiffer wurde 1984 in Graz geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Baden bei Wien. 

Seit ihrer Kindheit liebt sie es, sich Geschichten auszudenken. Besonders als Ausgleich zu ihrem Zahlen-orientierten Hauptjob taucht sie gerne in magische Welten ab und begann schließlich, diese aufzuschreiben. So entstand recht schnell die Idee für die »Weltportale« und andere magische Geschichten im Genre Fantasy/Romantasy.

Inspiration findet sie dafür immer wieder durch ihre Kinder, mit denen sie gerne auf abenteuerliche Entdeckungsreisen geht.

 

 

Winterfest in Opal

 

Eine Frau rempelte mich an. Ich verlor auf den feuchten Straßen fast das Gleichgewicht und wäre gestürzt, hätte Dawain mich nicht davor bewahrt.

»Pass doch auf!«, brüllte er der schwer beladenen Frau nach, die sich nicht einmal zu uns umdrehte.

»Sie erkennt mich eben nicht«, erklärte ich versöhnlich. 

In der einfachen grauen Kleidung, die ich für meinen heimlichen Besuch auf dem Wintermarkt angelegt hatte, sah ich aus wie eine Bürgerliche. Und das war gut so, denn ich wollte nicht, dass jemand ahnte, wer ich wirklich war.

Obwohl ich mir vermutlich nicht viele Sorgen machen musste, als Kronprinzessin Opals in der Hauptstadt Saphir erkannt zu werden. Schließlich hatte ich äußerlich keine Ähnlichkeit mit der Königsfamilie, von meiner Mutter vielleicht abgesehen. Aber die stammte aus Otia, dem Land des Feuers. 

»Ich verstehe ohnehin nicht, was Ihr hier wollt, Prinzessin«, brummte Dawain.

Er war mein Leibwächter, seitdem ich laufen gelernt hatte. Aber schon vor langer Zeit war er zu meinem wichtigsten Vertrauten geworden. Er hörte mir aufmerksam zu und gab mir Ratschläge, unterwies mich in der Kampfkunst, obwohl das eigentlich nicht zum Unterricht einer Prinzessin gehörte. Zwar war Dawain meistens mürrisch, aber im Grunde seines Herzens war er ein guter Mensch.

»Doch, du weißt es sehr wohl«, erwiderte ich leise und senkte meinen Kopf, als ein paar Wachen des Schlosses an uns vorbeimarschierten.

»Ich habe nicht gesagt, dass ich es nicht weiß«, meinte Dawain genauso leise. »Nur, dass ich es nicht verstehe.«

»Nun«, setzte ich an und stieß dann den Atem aus. »Ich hoffe, etwas zu finden, das mir Antworten liefert.«

»Und wie lautet die Frage, Prinzessin?«, hakte er nach. 

Damit traf er einen wunden Punkt. Ich konnte es selbst nicht sagen. Wollte ich einfach nur wissen, warum ich als Kronprinzessin Opals nicht aussah, als würde ich zur königlichen Familie gehören? Mit meinen dunkelbraunen Haaren stach ich bei jedem Familienporträt heraus, weil mein Vater und meine Geschwister die typischen pastellfarbenen Haare besaßen, die in diesem Land vorherrschten.

Vielleicht wollte ich auch wissen, woher meine magische Begabung stammte, die es weder in Opal noch in Otia gab. Nur in Padum verfügten die Menschen über Magie. In jedem anderen Land galt Zauberei, die nicht aus Padum stammte, als etwas Dämonisches. 

Deswegen haderte ich damit, dass sie mir wohl in die Wiege gelegt worden war. Mir, der ohnehin als unpassend befundenen Kronprinzessin, die bisher jeden Bewerber um ihre Hand mit ihrem Wissensdurst und ihrer Vorliebe für das Reiten in Hosen in die Flucht geschlagen hatte. 

»Ihr denkt schon wieder zu viel nach«, meinte Dawain schließlich. »Macht nicht so ein Gesicht. Ich sagte doch bereits, dass Ihr eine wunderbare Königin sein werdet. Das Volk liebt Euch.«

»Weil es nichts von dem weiß«, murmelte ich und deutete auf meine zitternden Finger. Rote Funken tanzten darüber und knisterten in der kühlen Luft, bis ich meine Hände unter dem Umhang verbarg. Tränen brannten in meinen Augen und ich biss mir auf die Unterlippe.

Dawain seufzte. »Nun gut. Ich weiß nicht, wie die Händler des Wintermarktes Euch helfen sollen, aber wenn Ihr dann wieder lächelt, begleite ich Euch, ohne zu murren.«

»Und sonst würdest du fluchend neben mir her schreiten?«, warf ich ein und konnte ein schwaches Lächeln nicht unterdrücken.

»Auch wenn Eure Mutter mir gern vorwirft, keine Manieren zu besitzen, so versichere ich Euch, ich würde mich gut benehmen. Nur die Sinnhaftigkeit dieses Ausflugs ständig infrage stellen.«

Seine Miene war ernst, dennoch wusste ich, dass er all das sagte, um mich abzulenken. »Danke, Dawain. Vielleicht lasse ich dich dein Geschenk zum Winterfest doch selbst aussuchen.«

Er rollte mit den Augen. »Ihr müsst mir nichts schenken, Hoheit. Diese Tradition ist ohnehin etwas, das ich nicht verstehe, schließlich stammt sie nicht aus Opal und wird dennoch hier gefeiert.«

»Ich denke, ein Fest der Hoffnung und Besinnung kann jedes Königreich gebrauchen«, erwiderte ich. »Immerhin steht Padum wohl erneut knapp vor einem Krieg mit Triton und somit sind auch wir als seine Verbündeten ein weiteres Mal in einen Konflikt verwickelt. Da kann eine Erinnerung an Liebe und Freundschaft, für die dieses Fest steht, nicht schaden.«

Dawain hob einen Mundwinkel. »Wohl wahr, Prinzessin. Mit Eurer Weitsicht habt Ihr bewiesen, dass Ihr eine gute Monarchin wärt.«

Ich gab keine Antwort, sondern erwiderte das schiefe Lächeln, das er mir schenkte. Es war einer jener seltenen Momente, in denen ich ihm gern geglaubt hätte. Aber ich wusste nun einmal, dass mit mir etwas nicht stimmen konnte, und ich hoffte, auf dem Markt tatsächlich etwas, oder vielmehr jemanden, zu finden, der mir helfen würde.

Also zog ich mir die Kapuze wieder tiefer ins Gesicht und schritt neben Dawain die Straßen entlang. Mit seinen vergleichsweise warmen Temperaturen in dieser Jahreszeit rund um das Winterfest, das in Padum gefeiert wurde, lockte Saphir fahrende Händler vieler Königreiche zu sich. Hier konnten sie ihre Waren noch anbieten, während in anderen Reichen nur noch lokale Bauern Lebensmittel verkauften.

Wie gern hätte ich die Königreiche bereist, ihre Kulturen und Traditionen verstanden. Besonders Padum hatte es mir angetan. Es hieß, Magie floss in den Adern jedes Padumers, und ich hatte von Legenden gehört, die ich gern näher ergründet hätte. Aber meine Eltern nahmen mich kaum auf diplomatische Reisen mit und sonst gab es keine Gelegenheit, Saphir zu verlassen.

Als wir den Marktplatz erreichten, stockte mir der Atem. Bereits im Vorjahr hatte man Ställe, die rund um den Platz aufgebaut worden waren, verlegen müssen. Jetzt gab es noch nicht einmal wackelige Verschläge für die Zugtiere der Händler, weil es noch mehr Stände gab. 

Gerüche nach gewürztem Wein und zuckrigem Gebäck mischten sich mit jenen von zu vielen Menschen an einem Ort. Die Böden hatte man zwar mit Stroh bedeckt, aber auch dieses wirkte schmutzig und von Flüssigkeit durchtränkt. Ich wollte lieber nicht wissen, worum es sich dabei handelte. 

Obwohl es erst Vormittag war, tummelten sich bereits Hunderte Menschen in den Gassen zwischen den Ständen. Die meisten Händler stammten aus Opal und hatten die Dinge, die sie anboten, selbst auf ihren Reisen gekauft. Bei ihnen wollte ich nicht wirklich Ausschau halten. Mein Ziel waren die Händler anderer Reiche. 

Ich stieß den Atem aus. Es würde ewig dauern, alle Stände abzulaufen, und vielleicht war es aussichtslos. Dennoch wollte ich es versuchen.

»Bleibt bitte immer in meiner Nähe, Prinzessin«, sagte Dawain eindringlich. »Ich fürchte, ich werde Euch sonst in dem Gewimmel nicht wiederfinden.«

Es wäre einfacher gewesen, wenn ich mich bei ihm hätte unterhaken können. Aber mein Leibwächter wahrte selbst hier, wo uns niemand erkennen würde, den Abstand und schritt hinter mir her. Nur wenn mir jemand zu nahe kam, schirmte er mich ab oder schob die Person aus dem Weg. Trotzdem wurde ich immer wieder angerempelt, was daran lag, dass bereits viele Marktbesucher von dem warmen Gewürzwein, den man in dieser Zeit gern zubereitete, betrunken waren.

Ich wusste nicht, wonach genau ich Ausschau hielt, ließ meinen Blick über die unzähligen Stände schweifen, bis er an einem dunkelgrauen Zelt hängen blieb. Kein Schild pries die Ware an, die der Händler zum Verkauf anbot. Also blieb ich vor dem Eingang stehen und wandte mich zu Dawain um. Seine Miene war noch grimmiger als für gewöhnlich und sein Kiefer mahlte.

»Du weißt, was für ein Händler das ist«, sagte ich leise.

»Ja«, erwiderte er finster. »Und Ihr solltet hier nicht einkehren.«

Zum ersten Mal wollte er nach meinem Arm greifen, aber ich wich ihm aus. »Erklärst du mir auch, warum?«, forderte ich ihn auf.

»Hier wird Magie gewirkt. Dunkle Magie aus Padum«, meinte Dawain. »Dort sitzt eine Frau, die sich selbst als weise bezeichnet und Euch für viel Geld die Zukunft voraussagt.«

»Es klingt, als würdest du nicht daran glauben«, stellte ich überrascht fest.

»Weil niemand die Zukunft prophezeien kann«, erklärte Dawain. »Selbst die Leute von Padum nicht. Ich weiß es, weil …«

»Weil?«, hakte ich nach, nachdem er schweigend zum Zelteingang gestarrt hatte.

»Weil mir jemand einst eine Zukunft weissagte, die es nie geben wird«, murmelte er und schloss seine Lider. »Aber ich nehme an, Ihr wollt dennoch in dieses Zelt, um Antworten zu finden.«

Ich nickte und schrie leise auf, als die Plane zurückgeschlagen wurde und eine Frau mit feuerrotem Haar und leuchtend grünen Augen, die tiefschwarz geschminkt waren, heraustrat. Sie trug ein weites schwarzes Kleid, das ihr viel zu lang war und dessen Saum sich mit Schlamm vollgesogen hatte.

Einen Moment sah sie Dawain an, dann wandte sie sich mir zu und neigte ihren Kopf. »Willkommen, Prinzessin Celeste. Bitte, tretet ein.«

»Woher weißt du, wer ich bin?«, fragte ich atemlos und rührte mich nicht.

»Die Geister haben es mir verraten«, erwiderte sie, während sie sich aufrichtete und die Zeltplane beiseite schob. »Bitte, kommt. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«

Ich warf Dawain einen unsicheren Blick zu. Er hatte die Arme verschränkt und blieb dicht bei mir. Doch die Frau schnalzte nur mit der Zunge.

»Du weißt sehr wohl, dass sie allein eintreten muss, Dawain. Du kennst die Regeln.«

Mein Leibwächter knurrte und ich musterte ihn verstohlen. Auch seinen Namen kannte sie und ich fragte mich, wieso.

»Dann hoffe ich für dich, dass du ihr kein Haar krümmst«, brummte er. »Ich warte hier und werde dich finden, egal, wo du dich versteckst, wenn du ihr Leid zufügst.«

»Aber, aber«, sagte die Frau und hob ihre Mundwinkel zu einem gewinnenden Lächeln. »Ich füge niemandem Leid zu. Alles, was ich mache, ist, Suchenden zu offenbaren, was sie wissen wollen. Deswegen hat die Magie die Prinzessin zu mir geführt.«

Eigentlich hatte ich erwartet, dass Dawain ihr widersprach. Aber er schwieg und presste seine Kiefer fest aufeinander. Dann wandte er sich an mich. »Ich warte hier auf Euch, Prinzessin.«

Ein mulmiges Gefühl beschlich mich, dennoch trat ich in das Zelt ein, weil ich mir hier Antworten auf meine Fragen erhoffte.

Nachdem meine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, klappte mein Mund auf. Im Inneren des Zeltes erstreckte sich ein Raum, der an den Thronsaal meines Vaters erinnerte. Wandteppiche, unzählige Kerzenhalter und Möbel aus dunklem Holz verliehen diesem Ort eine Eleganz, die ich nicht erwartet hatte.

»Aber wie kann dieser Raum so groß sein?«, fragte ich mich selbst und schreckte zurück, als vor mir ein runder Tisch und zwei mit Samt bezogene Sessel aus dem Boden traten.

»Magie, Hoheit«, erklärte die Frau mit einem wissenden Lächeln. »Dieselbe, die Euch zu mir geführt hat.«

»Und die dir sagte, wer ich bin, obwohl ich in schäbiger Kleidung durch die Stadt laufe?«

»Prinzessin, vieles ist nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint. Um Euch das zu erklären, haben die Geister mir aufgetragen, Euch ihre Worte zu übermitteln.«

Sie setzte sich auf einen Sessel und deutete mir, mich ebenfalls niederzulassen. Zögerlich folgte ich ihrem Beispiel und versank in dem viel zu weichen Kissen. Schweigend betrachteten wir einander, bis ich den Atem ausstieß.

»Ich nehme an, du verlangst die Bezahlung vor dieser Sitzung?«

»Zwei Goldstücke, um Eure Zukunft zu entschlüsseln, Hoheit«, erwiderte sie und legte ihre Hand geöffnet vor sich auf den Tisch.

Seufzend griff ich in meinen Beutel und zog die beiden Münzen heraus. »Ein stolzer Preis.«

»Die Geister werden das Geld einem guten Zweck zuführen. Sie verlangen nie mehr, als der Suchende geben kann«, erklärte sie und ihre Stimme klang, als wäre sie dabei, einzuschlafen.

Als ich ihr ins Gesicht sah, erkannte ich, dass die ehemals grünen Augen jetzt gräulich wirkten und ihr Blick ins Leere ging. Sie schloss die Finger um das Gold und als sie die Hand erneut öffnete, war es verschwunden.

Wieder schwieg sie und ich nahm meinen Mut zusammen. »Meine Frage lautet …«

»Schhh«, unterbrach sie mich. »Die Geister kennen die Frage, die Ihr stellen wollt. Doch sie sagen, es ist nicht jene, die Ihr stellen solltet. Denn Ihr habt bereits Nachforschungen betrieben und bald wird sich dieses Schicksal offenbaren.«

»Welches Schicksal?«, hakte ich nach, nachdem sie wieder mehrere Atemzüge lang kein Wort gesagt hatte.

»Das Schicksal von Euch und dem Prinzen …«, murmelte die Frau. »Ihr müsst einen zweiten Blick riskieren. Der Prinz ist Eure Bestimmung, Ihr werdet ihn an seinen Augen erkennen. Augen, so grün wie der Wald und das Leben, nicht wie das Chaos und der Zorn.«

»Es gibt keinen Prinzen in meinem Leben«, erwiderte ich und verschränkte die Arme. »Falls du damit meinst, dass man mir Bewerber schicken wird …«

»Keine Bewerber. Wenn das nächste Winterfest ins Land zieht, werdet Ihr nicht länger zweifeln, denn dann habt Ihr die Antworten auf all Eure Fragen gefunden.«

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Und dieser Prinz … wenn er kein Bewerber ist, den meine Eltern einladen, um mich kennenzulernen … Wer ist er dann?«

Die Frau kniff die Augen zusammen und seufzte. »Opal und Padum sind schon lange verbunden, Prinzessin. Ihr werdet diese Verbindung stärken. Wählt den richtigen Prinzen und seht ihm nach, dass er manchmal ein wenig abweisend wirkt. Sein Leben war nicht immer leicht, ebenso wenig wie Eures. Aber ich kann es nur wiederholen: Er ist Euer Schicksal und Ihr seid das seine.«

»Ich glaube nicht an diese Art von Schicksal«, erwiderte ich und erhob mich. »Dawain hatte recht, das hier war Zeitverschwendung.«

»Prinzessin!«, rief die Frau mich zurück, bevor ich den Ausgang des Zeltes erreicht hatte. »Ich weiß, Ihr werdet diesen Rat nicht befolgen. Aber haltet Euch von Spiegeln fern. Denn auch ohne Euch in Gefahr zu bringen, werdet Ihr dem Prinzen begegnen. Und vertraut Eurem Leibwächter. Er ist ein aufrichtiger Mann.«

Ich schnaubte. »Auf die Frage, die ich eigentlich stellen will, nämlich, warum ich mit Magie belastet bin, willst du mir keine Antwort geben?«, versuchte ich es erneut.

»Ihr kennt die Antwort bereits«, sagte sie erschöpft. »Haltet Euch von Spiegeln fern. Das ist mein Rat. Und seht zweimal hin, wenn Euch Worte verunsichern, damit Ihr erkennt, was Euer Schicksal ist.«

»Der Prinz mit den grünen Augen?« Ich lachte freudlos. »Ich werde es mir merken. Leb wohl, und ein frohes Winterfest.«

»Die Geister mögen Euch schützen, Prinzessin«, sagte sie, aber ich winkte nur ab und verließ das Zelt.

Als ich hinaustrat, schlug mir eiskalter Wind entgegen und ich hob meinen Arm vor das Gesicht. Kaum war der Wind abgeklungen, nahm ich wieder die Geräusche des Marktes wahr und hielt nach Dawain Ausschau.

Er stand vor einem Tisch und betrachtete die Dolche, die in Otia, dem Land des Feuers, aus dem auch meine Mutter stammte, geschmiedet worden waren. Als er mich bemerkte, ließ er die Waffe sinken und wandte sich mir zu.

»Habt Ihr gefunden, was Ihr gesucht habt?«, fragte er leise und sah mich besorgt an.

»Nein«, erwiderte ich und deutete auf den Tisch. »Welcher gefällt dir?«

»Sie sind zu teuer, Prinzessin«, meinte er und wollte sich abwenden. Aber ich fasste ihn am Unterarm und hielt ihn zurück.

»Sag mir, welcher dir gefällt, und er soll dein Geschenk für das Winterfest sein.«

»Ich habe doch erklärt, dass Ihr mir nichts schenken sollt …«

»Und doch möchte ich es«, entgegnete ich. »Weil du nicht nur mein Leibwächter, sondern auch mein bester Freund bist. Ich vertraue dir.«

Dawain brummte, dann deutete er auf einen Dolch mit einem von Leder umwickelten Griff. Ich kaufte ihn und ließ ihn verpacken, dann traten wir den Rückweg zum Schloss an.

»Verratet Ihr mir, was die Zauberin Euch erzählt hat?«

»Sie meinte, ich würde einen Prinzen treffen, der mein Schicksal sei. Und so wie ich es verstanden habe, stammt er aus Padum und besitzt grüne Augen. Und beim nächsten Winterfest werden wohl alle meine Zweifel beseitigt sein.«

Ich lachte und erwartete, dass auch Dawain einstimmen würde. Aber er musterte mich nur ernst.

»Warum siehst du mich so an? Warst nicht du es, der meinte, diese Weissagungen seien Unsinn? Ich stimme dir jetzt zu. So etwas sagt sie vermutlich zu jeder Frau …«

»Mag sein«, murmelte er und beließ es dabei.

Erst als wir das Schlosstor beinahe erreicht hatten, ergriff er wieder das Wort. »Wohin auch immer Euer Weg Euch führt, ich bleibe an Eurer Seite. Das habe ich geschworen, als ich in den Dienst Eures Vaters getreten bin, und diesen Schwur werde ich halten.«

Ich lächelte und ergriff seine Hand. »Das bedeutet mir viel, Dawain. Aber so wie ich es sehe, werde ich hier nie fortkommen und die Welt sehen. Also wird mein Weg mich wohl höchstens zum Markt führen.«

»Oh, wir werden sehen«, erwiderte er und streckte seinen Arm aus, damit ich vor ihm durch das Tor schritt.

Und während ich die roten Schleifen betrachtete, die man überall im Hof als Dekoration für die anstehenden Feierlichkeiten angebracht hatte, fragte ich mich, ob ich nächstes Jahr um diese Zeit tatsächlich einen Prinzen kennen würde, der mein Schicksal war. Einen Prinzen mit grünen Augen …

 

 

Das Buch zur Kurzgeschichte

 

Der Fluch des dunklen Prinzen

Als Taschenbuch & E-Book, Einzelband

Märchen, Erotik (ab 17 Jahren empfohlen)

 

Ein Fluch, der ein Königreich ins Verderben stürzen könnte.

Eine Prinzessin, die um Hilfe fleht.

Und ein Prinz, dem alle Mittel recht sind, nach der Krone zu greifen.

 

Für Prinz Liam bedeuten Gefühle Schwäche, daher holt er sich nur Mägde ins Bett, die ihm ein schnelles Vergnügen bieten können. Er ist der dunkle Prinz, der Zweitgeborene, auf dem ein grausamer Fluch lastet, denn sein Schicksal soll es sein, das Land zu verwüsten, um den Thron zu erringen. Die Untertanen fürchten ihn und seine mächtige Magie – keine gute Voraussetzung, um König zu werden. Liam sucht daher nach einer Möglichkeit, den Fluch zu umgehen und dennoch die Krone für sich zu gewinnen, doch dabei muss er gegen seinen Bruder bestehen. Als eines Tages Prinzessin Celeste aus dem verbündeten Königreich an den Hof kommt, gipfelt der brüderliche Wettstreit darin, dass sie beide um die Gunst der Prinzessin buhlen. Nur besitzt diese eine Waffe, gegen die selbst ein dunkler Prinz nicht gefeit ist: Liebe.

C. M. Spoerri: Das Fest der Liebe

 

 

Informationen zur Kurzgeschichte:

Maryo Vadorís ist ein Elf und sein e Aufgabe lautet, die Elfenprinzessin zu beschützen, denn er ist ihr Leibwächter. Begleitet ihn auf einer Jagd der etwas anderen Art. Hierbei handelt es sich um eine Vorgeschichte zu der High-Fantasy-Reihe ›Die Legenden von Karinth‹. Die Kurzgeschichte ist spoilerfrei zu lesen, da sie vor allen bisher erschienenen Büchern dieser Fantasy-Welt spielt.

 

Die Geschichten aus diesem Universum sind in sich abgeschlossene Abenteuer und dadurch unabhängig lesbar. Wer dennoch eine zeitliche Reihenfolge der bisher erschienenen Bücher möchte: Der rote Tarkar (Einzelband), Die Legenden von Karinth (4-teilige Reihe), Alia (5-teilige Reihe), Die Greifen-Saga (3-teilige Reihe), Damaris (4-teilige Reihe).

 

 

Über die Autorin:

C.M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Sie studierte Psychologie und promovierte im Frühling 2013 in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Seit Ende 2014 hat sie sich jedoch voll und ganz dem Schreiben gewidmet. Ihre Fantasy-Jugendromane (›Alia-Saga‹, ›Greifen-Saga‹) wurden bereits tausendfach verkauft, zudem schreibt sie erfolgreich Liebesromane. Im Herbst 2015 gründete sie mit ihrem Mann den Sternensand Verlag.

 

 

Das Fest der Liebe

 

 

Tag 24, Monat 12, 1 EP 10855

 

 

Ich rolle mich ab, schlittere durch den vereisten Schnee und springe wieder auf die Beine, um im nächsten Moment herumzuwirbeln und dem Eber, der wutschnaubend auf mich losgestürmt ist, einen zweiten Pfeil in die Flanke zu schießen. Er besitzt die Größe eines ausgewachsenen Stieres – nichts Seltenes hier in den Wäldern von Westend. Dennoch war ich überrascht über seine Statur, als ich ihn endlich fand.

Nachdem ich eine Stunde lang der Fährte gefolgt war, entdeckte ich ihn schließlich auf der Suche nach Futter bei einer Lichtung, wo er den Schnee mit seinen beeindruckenden Hauern mühelos zur Seite schob, um an Wurzeln oder Gräser zu gelangen. Mein erster Pfeil traf ihn in die Brust, allerdings war ich nicht darauf vorbereitet, dass diese Kreatur anscheinend eine Haut aus Stahl besitzt. Die Spitze des Geschosses drang gerade mal einen Fingerbreit in seinen Körper, nicht genug, um ihn ernsthaft zu verletzen – aber genug, um ihn wütend nach seinem Angreifer herumfahren zu lassen.

»Verdammtes Biest«, murmle ich, während ich den dritten Pfeil spanne und auf das Tier ziele.

Der Eber hat scharf gebremst und dabei mit seinen Hufen eine stattliche Schneise in den gefrorenen Boden gegraben. Er wirft den bulligen Kopf herum und die dunklen Augen fixieren mich für den Bruchteil eines Herzschlags. Sein Atem bildet in der kalten Luft Dampfwolken, die ihn noch zorniger erscheinen lassen.

Ich spanne die Sehne meines Bogens und schieße, doch im selben Moment zuckt sein Kopf zurück und er stößt einen röchelnden Laut aus. Mein Geschoss trifft ihn nur neben dem Ohr, denn im Auge, auf das ich gezielt habe, steckt ein anderer Pfeil. Mit blauen Federn bestückt, was mich laut stöhnen lässt.

»Diese verfluchte Prinzessin …«, knurre ich und lasse den Bogen sinken, denn der Eber wälzt sich bereits in seinem Todeskampf auf dem Boden, zuckt noch einmal, ehe er mit einem letzten Grunzen seine Seele den Waldgeistern übergibt.

Ich wende den Blick von dem toten Tier ab und lenke ihn stattdessen in die Baumkronen, denn der Pfeil ist eindeutig von oben auf das Biest heruntergeschossen.

Keine Sekunde später entdecke ich sie, wie sie elegant von einem Ast zum nächsten springt und sich schließlich in den Schnee fallen lässt, um anmutig auf beiden Beinen zu landen. Ihr schlanker Körper steckt in einer engen Lederrüstung, die für die Jagd und sicherlich nicht für eine Elfenprinzessin bestimmt ist.

Aber Amyéna besaß schon immer ihren eigenen Kopf und ich habe es aufgegeben, ihr die Regeln des Königshauses herunterzubeten. Meine Aufgabe ist es, für ihr Wohl zu sorgen, nicht mehr und nicht weniger.

Und gerade diese Tatsache ist der Grund, wieso ich sie nun finster mustere, während sie mit einem Lächeln auf mich zukommt.

Nur am Rande wurmt es mich, dass ich nicht bemerkt habe, wie sie mir gefolgt ist – was ganz klar auf meinen Unterricht zurückzuführen ist, den ich ihr im Schleichen erteilt habe.

Gute Schüler sind Fluch und Segen zugleich, vor allem wenn sie so attraktiv wie die Elfenprinzessin aussehen …

»Das war knapp«, meint sie und zupft einen nicht vorhandenen Fussel von ihrem blauen Umhang.

»Knapp?«, wiederhole ich in sarkastischem Tonfall, während ich die Mundwinkel nach unten ziehe. »Ihr meintet wohl: unnötig.« Ich deute mit dem Bogen auf das tote Tier. »Ich wäre allein mit ihm klargekommen, das ist Euch bewusst, oder?«

Mit der freien Hand löse ich den Knoten, zu dem ich mein langes Haar immer binde, wenn ich auf der Jagd bin, sodass es mir nicht ins Gesicht fällt. Normalerweise trage ich es offen und habe vorn ein paar praktische feine Zöpfe geflochten, mit denen ich es rasch nach hinten zusammennehmen kann. Jetzt aber schüttle ich meine dunklen Strähnen, fahre mit den Fingern hindurch und streiche sie zurück.

Amyénas Augen gleiten zwischen dem Eber und mir hin und her – und bleiben an mir hängen. »Gern geschehen«, sagt sie schulterzuckend. »Was töten wir als Nächstes?«

Ich schnaube unwirsch. »Ihr tötet gar nichts mehr, Prinzessin. Ihr kehrt jetzt in Eure königlichen Gemächer zurück und strickt einen Pullover oder häkelt eine Decke.«

Ihr glockenhelles Lachen lässt mich die Augenbrauen zusammenziehen.

Scheiße, ich mag es, wenn sie lacht …

Und genau das ist mein Problem. Ich sollte nicht von diesem anmutigen Gesicht, den funkelnden Augen und dem wohlgeformten Körper derart angezogen werden. Dürfte nicht in diesem Tonfall mit ihr sprechen, den sie mir nur erlaubt, da sie weiß, dass ich mich um sie sorge. Ja, ich bin ihr Leibwächter – aber meine Aufsichtspflicht befiehlt mir lediglich, ihre Unversehrtheit sicherzustellen. Nicht, dieses Ziehen im Herzen zu verspüren, wenn sie sich auch nur eine Sekunde in Gefahr begibt.

»Maryo Vadorís«, spricht sie in tadelndem Tonfall, »wenn ich nicht wüsste, dass du hinter deiner finsteren Miene und deinen flapsigen Worten ein großes Herz verbirgst, würde ich dir jetzt eine Ohrfeige verpassen.«

»Tut Euch keinen Zwang an, Hoheit.« Ich verschränke die Arme vor der Brust, was sich mit einem Bogen in der Hand etwas unbequem darstellt.

Amyéna lacht erneut und hebt tatsächlich den Arm, aber ihre Finger legen sich hauchzart an meine Wange, ehe sie diese tätschelt. Trotzdem fahre ich unter ihrer Berührung zusammen, als hätte sie mich geschlagen.

Verflucht, wie sehr ich ihre Nähe genieße …

Meine Hand zuckt, will ihr langes dunkles Haar berühren, es ihr hinter die spitzen Elfenohren streichen, die Finger in ihren Nacken legen. Da ich für einen Elfen eine stattliche Körpergröße aufweise, müsste sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um meinem Gesicht nahe zu sein. Um mich zu …

Rasch verdränge ich die aufkommenden Gefühle und Gedanken, die vollkommen fehl am Platz sind. Stattdessen ergreife ich ihre Finger und löse sie von meiner Wange. Ihre Haut ist warm, ebenso wie meine – wir brauchen keine Handschuhe, da wir als Elfen genügend Körperwärme besitzen, um selbst in solch einem harten Winter nicht allzu rasch zu frieren.

»Euch ist hoffentlich klar, dass Ihr gegen sämtliche Hofprotokolle verstoßen habt, indem Ihr mir gefolgt seid?«, sage ich in strengem Tonfall. »Allein und nur mit einem Bogen bewaffnet?«

»Wieso denn? Du hast mich doch gebeten, mitzukommen. Vergessen?« Ihre dunklen Augen blitzen schalkhaft. »Du wolltest meine Schießkünste testen – und so wie ich das sehe, habe ich den Test mit Bravour bestanden.«

Sie schenkt mir ein Grinsen und ich knurre leise in mich hinein, da sie genau weiß, dass ich ihre Lüge decken werde, sollte jemand Fragen stellen.

»Also?«, fragt sie und legt den Kopf schief. »Was möchtest du noch von mir sehen?«

»Was ich von Euch …« Ich räuspere mich, da ich die Worte, die mir auf der Zunge liegen, nicht aussprechen darf, wenn ich nicht doch noch eine Ohrfeige kassieren will. »Wir sollten in die Stadt zurückkehren«, sage ich ausweichend. »Ich werde jemanden schicken lassen, um den Eber zu holen, und Euch zurückbegleiten.«

»Ach komm schon …« Sie schiebt schmollend die Unterlippe nach vorn und sieht dadurch zum Anbeißen aus.

Es kostet mich viel Kraft, sie nicht an mich zu ziehen und auf diesen herrlichen Mund zu küssen. Niemand würde es bezeugen, niemand mich dafür verurteilen, dass ich meine zukünftige Königin mehr liebe, als es für einen Untertanen und Soldaten angemessen ist.

»Nein.« Ich schüttle energisch den Kopf. »Wir gehen jetzt zurück in den Palast. Es dämmert bald und Ihr müsst Euch noch für die Feier heute Abend vorbereiten.«

Amyéna verdreht die Augen. »Du bist so ein Spielverderber …«

»Und Ihr eine störrische Prinzessin – jeder hat sein Päckchen zu tragen.« Ich versenke meinen Blick in ihrem. »Kommt jetzt.«

Ohne mich noch einmal nach ihr umzudrehen, stapfe ich in die Richtung davon, aus der ich gekommen bin. Ein leises Seufzen hinter meinem Rücken verrät mir, dass sie meiner Aufforderung Folge leistet. Ich lasse sie zu mir aufschließen, damit ich sie im Blick habe und beschützen kann, sollte es nötig sein.

Die Wälder sind zu dieser kalten Jahreszeit zwar etwas friedlicher, dennoch treiben sich durch den Hundertjährigen Krieg, der bis vor Kurzem noch das Land in Aufruhr versetzte, Söldner und andere Banditen herum. Wir Elfen haben uns in die Wälder zurückgezogen, aber das hindert dieses Menschenpack nicht daran, unsere Herrschaftsgebiete zu betreten. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis in Altra wieder Ruhe einkehrt. Und bis dahin werde ich Amyénas Wohl mit meinem Leben verteidigen, so wie ich es ihrer Mutter, der Elfenkönigin von Westend, schwor, als ich zum Leibwächter der Prinzessin ernannt wurde. Eine Aufgabe, die mir schon mehr als einmal schlaflose Nächte bescherte. Wenn ich daran denke, dass ich Tausende von Jahren alt werden kann, muss ich mich aber wohl damit arrangieren.

Wir sprechen auf dem Rückweg nicht viel. Mir ist klar, dass Amyéna immer noch schmollt und meine Fürsorge als übertrieben ansieht. Doch das ist ihr Problem, nicht meines.

Ich will lieber nicht der Königin gegenübertreten und erklären, wieso wir zu spät zum Wintermondfest kommen. Dem Fest, das allen Elfen heilig ist, da wir damit unserem Gott Ferys dafür danken, dass er uns ein weiteres Jahr seine Gnade zuteilwerden ließ.

Es wird auch ›Fest der Liebe‹ genannt, da viele Pärchen sich heute Abend finden werden, die zusammen die Nacht verbringen. Auch ich habe schon das eine oder andere Mal mit einer Elfin mehr als nur einen Krug Wein geteilt – aber das war vor meiner Zeit als Amyénas Leibwächter. Die Prinzessin ist an diesem Fest unentbehrlich, da sie als Thronfolgerin die Fackel tragen und den Scheiterhaufen entzünden muss, der seit einer Woche auf dem Hauptplatz aufgetürmt wird.

»Prinzessin«, ertönt es, als wir die Elfenstadt erreichen, und ich erkenne Raelys Avarí, den Hauptmann der Königinnen-Garde, der uns eiligen Schrittes entgegenkommt. Das rotblonde Haar, das er zu einem Zopf zusammengebunden hat, weht wie ein Banner hinter ihm her. »Wir hatten schon Sorge, dass …« Seine goldgesprenkelten Augen gleiten zu mir und er entspannt sich sichtlich. »Ah, Maryo. Ich wusste nicht, dass sie mit dir unterwegs ist. Nächstes Mal gibst du mir bitte Bescheid. Ich dachte, du gehst allein jagen.«

»Das dachte ich auch«, brumme ich und werfe Amyéna einen scharfen Blick zu, den sie mit einem unschuldigen Lächeln pariert. »Schick ein paar Männer aus, die unseren Spuren folgen – wir haben einen stattlichen Eber erlegt, der …«

»Ich. Ich habe ihn erlegt«, korrigiert mich die Prinzessin mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Die Prinzessin hat ihn erlegt.« Ich seufze und schüttle den Kopf. »Wie auch immer, sie sollen ihn herbringen, er wird die Krönung unseres Festmahls heute Abend. Aber nur, wenn er nicht vorher von Wölfen gefressen wird.«

Raelys mustert mich stirnrunzelnd, nickt aber. »Wird gemacht.« Dann gleitet sein Blick zu Amyéna. »Prinzessin«, er verbeugt sich formvollendet und erinnert mich damit daran, dass ich mich in ihrer Gegenwart viel zu salopp benehme, »Ihr werdet in Euren Gemächern erwartet.«

»Danke, Hauptmann«, sagt sie in ebenfalls förmlichem Tonfall, ehe sie mich von der Seite ansieht. »Begleitest du mich, Maryo?«

Mir liegt ein Nein auf der Zunge, da ich lieber noch ein wenig mit meinem Freund plaudern würde. Aber die Bitte einer Prinzessin ist gleichzeitig ein Befehl, also nicke ich ergeben und folge ihr hinter die Stadtmauern.

Als ich vor einigen Jahrzehnten die Elfenstadt das erste Mal betrat, war ich erstaunt von ihrer schlichten Eleganz. Die mehrstöckigen Gebäude mit den weitläufigen Balkonen sind aus hellem Stein pyramidenförmig erbaut, jeweils mit einer vergoldeten Spitze. An den Seiten der Pyramiden rinnen in warmen Jahreszeiten feine Wasserfälle herunter, versammeln sich zu kleinen Flüssen, die sich zwischen den Häusern hindurchschlängeln. Da es Winter ist, sind die meisten von ihnen zu Eis erstarrt und bilden bizarre Skulpturen. Brücken verbinden die Straßen, auf denen sich meist viele Elfen tummeln.

Jetzt jedoch sind alle mit den Vorbereitungen des Festes heute Abend beschäftigt und kaum einer treibt sich auf den Straßen herum, sodass Amyéna und ich unbehelligt zum Palast gelangen, der von einem weitläufigen Platz mittels einer Treppe erreichbar ist. Hier wird die Zeremonie stattfinden.

Während wir die Stufen den Hügel hinauf erklimmen, um die ganz in Gold gekleidete Hauptpyramide zu erreichen, bricht Amyéna ihr Schweigen.

»Weißt du, ich habe heute Abend ein Geschenk für dich«, sagt sie, ohne mich anzusehen.

Ich runzle verblüfft die Stirn und werfe ihr einen Seitenblick zu. »Ein Geschenk?«

Zwar ist es üblich, dass die Elfen sich beim Wintermondfest gegenseitig Dinge schenken, aber im Grunde nur, wenn sie sich näherstehen. Was man von Amyéna und mir nicht wirklich behaupten kann.

»Ja.« Das Lächeln, das sie mir zuwirft, ist strahlend. »Schenkst du mir auch etwas?«

»Ich …« Ich räuspere mich und fahre mir ein wenig unbeholfen mit der Hand durch das Haar.

Sie lacht leise. »Das war ein Scherz, natürlich musst du mir nichts schenken.«

»Ihr mir auch nicht«, murmle ich.

»Ich weiß.« Sie wirft mir einen verschwörerischen Blick zu. »Aber du bist nicht nur mein Leibwächter, sondern auch mein Freund. Mein … bester Freund, wenn ich das so sagen darf.«

»Ihr seid die Prinzessin, Ihr dürft beinahe alles, solange es nicht Euer Leben in Gefahr bringt«, brumme ich. Als ich ihren Blick auffange, merke ich, dass ich etwas Falsches gesagt habe, und beiße mir auf die Unterlippe. »Entschuldigt, das war …«

»Ehrlich? Direkt?« In ihre Augen tritt ein trauriger Ausdruck. »Du hast ja recht, ich bin die Prinzessin. Trotzdem wünschte ich mir manchmal, wir könnten einfach als Freunde zusammen unterwegs sein. So wie andere Elfen. Dann wäre alles so viel unkomplizierter und schöner.«

Ich nicke verständnisvoll und berühre ihren Arm. Nur kurz, nur flüchtig, aber sie dankt es mir mit einem Lächeln, das einen Teil ihres Strahlens zurückbringt, bis wir die oberste Stufe erreicht haben.

Sie schüttelt den Kopf, als wolle sie einen Gedanken loswerden, ehe sie mich ansieht. »Ich muss jetzt gehen, wir sehen uns später bei der Feier.«

Ich blicke ihr nach, wie sie raschen Schrittes im Palast verschwindet.

 

Als der Abend anbricht, habe auch ich mich umgezogen und trage meine Leibwächteruniform, allerdings jene, die speziell für Feiertage hergestellt wurde. Sie besteht aus dicker schwarzer Seide, kombiniert mit einem ebenso schwarzen Umhang, der die Kälte des Abends von mir fernhält, denn es wird ziemlich sicher eiskalt.

Während ich vor Amyénas Gemächern warte, um sie zum Fest zu begleiten, überlege ich, was sie mir wohl schenken könnte. Vielleicht irgendein Schmuckstück oder Gold? Letzteres kann ich gut gebrauchen, da ich als Leibwächter nicht viel verdiene. Dafür hat die Königin mir kostenloses Essen und ein Gemach in der Nähe von Amyéna zur Verfügung gestellt.

Als sich die Tür zum Prinzessinnenzimmer öffnet, muss ich mich zusammenreißen, um keinen erstaunten Laut auszustoßen.

War sie schon immer eine Augenweide, so sieht sie nun einfach zum Niederknien aus. Amyénas zarter Leib steckt in einem Traum aus Blau, einer Art Tunika, die von einem goldenen Gürtel zusammengehalten wird und knapp bis über ihren Po geht. Darunter erkenne ich eng anliegende dunkle Hosen sowie feste Stiefel, die jedoch einen Absatz besitzen und ihre Beine noch länger wirken lassen. Ein wallender dunkelblauer Umhang mit weißem Pelzkragen vervollständigt ihre Aufmachung. Das Haar wurde in geschmeidige Locken gelegt, die nur von einem hauchzarten goldenen Reif daran gehindert werden, ihr in die Stirn zu fallen. Dies ist der einzige Schmuck, den sie trägt, neben den fünf Armreifen an ihrem Handgelenk, die sie von ihrem verstorbenen Vater geschenkt bekam.

»Du siehst wunderschön aus«, sage ich ehrlich verblüfft und korrigiere meine unangemessene Anrede sofort. »Entschuldigt. Ihr. Ihr seht wunderschön aus.«

Amyéna schenkt mir ein breites Lächeln, während sie ihren Blick über meinen Körper schweifen lässt. »Deine Festtagskleidung steht dir auch ausnehmend gut«, antwortet sie und sieht mir dann wieder in die Augen. »Bereit?«

Ich nicke und spüre beim Schlucken, dass mein Mund staubtrocken ist. »Nach Euch«, sage ich mit belegter Stimme und folge ihr aus dem Palast.

Oben an der Treppe, die vom Hügel zum Festplatz hinunterführt, treffen wir auf die Königin, welche sich ebenfalls in Schale geworfen hat. Anders als ihre Tochter trägt sie ihr schwarzes Haar zu einer kunstvollen Hochsteckfrisur geflochten und ihr Körper, dessen vorteilhafte Rundungen Amyéna von ihr geerbt hat, ist in eine scharlachrote Robe gekleidet.

Wie immer überkommt mich bei ihrem Anblick eine tiefe Ehrfurcht und ich senke achtungsvoll den Blick.

Ihr Diener reicht Amyéna eine Fackel, die bereits brennt. Seite an Seite schreiten Mutter und Tochter zum Platz hinunter, auf dem sich alle Elfen versammelt haben. Festliche Musik erklingt und ich verspüre eine Gänsehaut. Sosehr ich mich in dieser Gesellschaft manchmal fehl am Platz fühle, so sehr mag ich die Feste, die hier gefeiert werden. Und die Wintermondfeier ist immer etwas Besonderes, da sie zeigt, dass wir Elfen zusammenhalten. Es ist das einzige Fest, an dem die Königin teilnimmt und sich unter das gewöhnliche Volk mischt.

Unten angekommen, schreitet Amyéna zielstrebig zum Scheiterhaufen, der neben einem etwa zehn Schritt breiten Springbrunnen steht, dessen Wasser nun im Winter ebenfalls gefroren ist. Ich folge ihr auf den Fersen, um in ihrer Nähe zu bleiben.

Die Königin hält eine Ansprache, aber ich lausche ihren Worten kaum. Mein Blick ist einzig auf Amyéna gerichtet – und auf die Elfen, die ihr am nächsten stehen, um eingreifen zu können, sollte jemand die erlaubte Distanz zur Königstochter überschreiten.

Als die Königin geendet hat, entzündet Amyéna unter dem lauten Jubel des Volkes den Scheiterhaufen. Jetzt beginnt die eigentliche Feier. Eine, die bis in die Morgenstunden dauern wird.

Ich erkenne, dass unser Eber bereits über einem Feuer brät, überall werden Getränke und Essen verkauft und die Elfen tanzen um den Scheiterhaufen herum, jubeln unserem Gott zu, lachen und singen. Amyéna und ich befinden uns zwar mitten unter den Feiernden, allerdings in einem mit Bändern abgegrenzten Bereich, den weder sie noch ich verlassen dürfen.

Die Königin bleibt nur eine Stunde, ehe sie sich in den Palast zurückzieht. Nicht aber, ohne mir vorher einzubläuen, Amyéna noch vor Mitternacht zurück in ihre Gemächer zu begleiten.

Nachdem sie weg ist, kommt es mir vor, als wäre die Prinzessin gelöster. Sie lacht und lässt sich von einem Diener, der sich mit uns in dem abgegrenzten Bereich befindet, reichlich Wein nachschenken. Sie tanzt und beobachtet die anderen Elfen, die uns immer mal wieder zuprosten und Lobeslieder auf das Königshaus singen. Amyénas Augen leuchten vor Freude und ihr Lachen hallt über den Jubel der Feiernden.

Sie so unbeschwert zu erleben, erfüllt mein Herz mit Glück und Wehmut gleichermaßen. Ich muss an ihre Worte denken.

Ja, wenn sie keine Prinzessin wäre, würde ich nun nicht mit ihr hinter der Barriere stehen, sondern sie zum Tanz auffordern und sie später dazu überreden, in meine Gemächer mitzukommen. Dann müsste ich nicht fürchten, dass mir am nächsten Tag der Kopf abgeschlagen wird. Wir könnten Spaß haben, uns küssen, miteinander glücklich sein. So wie die anderen Elfen, die diese Nacht der Liebe in vollen Zügen ausschöpfen.

Aber so bleibt mir nur, mit verschränkten Armen in ihrer Nähe zu stehen und dafür zu sorgen, dass die feiernden Elfen ihre guten Manieren nicht vergessen. Unter ›Spaß‹ verstehe ich definitiv etwas anderes.

»Maryo, schau nischt scho grimmisch«, ruft sie mir zu, während sie im Rhythmus der Musik vor mir tanzt und den Kelch in die Höhe hält.

Mir fällt auf, dass ihre Aussprache etwas verwaschen klingt. Wie viel Wein hat sie schon getrunken? Ich hätte besser auf sie und weniger auf ihre Umgebung achten sollen.

Rasch trete ich einen Schritt auf sie zu und ergreife den Kelch, den sie in ihren schlanken Fingern hält. »Ich glaube, Ihr hattet genug für heute«, murmle ich.

Sie entreißt mir das Gefäß und verschüttet dabei einiges auf den Boden, doch sie lacht nur und sieht mich mit leuchtenden Augen an. »Du bischt nischt mein Vater, Maryschoo«, murrt sie. »Isch darf scho viel trinken, wie isch will.«

»Wie Ihr meint«, knurre ich und mustere sie stirnrunzelnd.

»Komm, tansch mit mir«, fordert sie mich auf und schwenkt erneut ihren Kelch im Takt der Musik.

»Ihr wisst, dass mir das verboten ist«, erwidere ich, ehe ich die Kiefer zusammenpresse.

»Verboten, verboten«, trällert sie. »Allesch ischt verboten …«

Gut, sie ist wirklich betrunken. Und benimmt sich gerade nicht mehr wie eine Prinzessin. Besser, ich bringe sie zurück in den Palast, ehe es Gerede gibt.

»Kommt mit«, versuche ich einen zweiten Anlauf. »Das Fest ist für Euch vorbei.«

»Isch gehe nischt!«, entgegnet sie in bestimmtem Tonfall. »Isch darf bisch Mitternacht bleiben.«

Grollend hole ich Luft und versuche, mich zusammenzureißen. Dann kommt mir eine Idee. »Ich habe ein Geschenk für Euch«, sage ich verschwörerisch. »Aber das kann ich Euch nicht hier vor allen Elfen geben.«

»Ein … Gesssschenk?« Ihre Augen werden groß. »Isch dachte … Oh, mein Gessschenk wollte isch dir noch geben!« Ehe ich es mich versehe, drückt sie sich an mich, schlingt die Arme um meinen Nacken und formt mit ihren Lippen einen Kussmund. »Jetzt bin isch betrunken genug«, lallt sie und ihr Atem, der nach Wein riecht, umfängt mich. »Ein Kuschhh. Dasch ischt mein Gessschenk.«

Gerade noch rechtzeitig kann ich mein Gesicht wegdrehen, sodass ihre Lippen nur meine Wange treffen, und damit eine Katastrophe verhindern.

Was denkt sich die Prinzessin nur dabei, mich – ihren Leibwächter! – vor aller Augen zu küssen?!

»Genug«, keuche ich und schiebe sie sanft, aber bestimmt von mir weg. »Wir gehen.«

»Du willscht nischt küschhhen?«, höre ich sie hinter mir schmollen.

Wenn sie wüsste …

Ich knirsche mit den Zähnen und schlucke meine Antwort herunter. Sie würde alles zwischen uns noch komplizierter machen.

Dieses vermaledeite Fest! Dass Elfen zusammenkommen, gut und schön, aber dass alle in romantischer Stimmung sind, ist nicht gerade förderlich für meine Enthaltsamkeit ihr gegenüber!

So rasch ich kann, ziehe ich sie die Stufen zum Palast hinauf und zurück zu ihrem Zimmer. Dort öffne ich die Tür mit Schwung und verfrachte sie hinein, ehe ich ihr folge und das Schloss hinter mir einrasten höre.

Geschafft. Wir sind allein.

Amyéna denkt jedoch nicht daran, so schnell aufzugeben. Sie wendet sich zu mir herum. »Du schuldescht mir eine Antwort«, verlangt sie. »Wiescho willscht du misch nischt küsssschen?«

»Weil Ihr die Prinzessin seid«, erwidere ich und ergreife ihre Schulter, um sie auf Abstand zu halten, da sie bereits wieder Anstalten macht, auf mich zuzukommen. »Und betrunken. Keine gute Kombination, wenn ich morgen noch leben will.«

»Bedrunschen, jahaaa«, lallt sie grinsend.

Ich schüttle den Kopf. »Legt Euch hin, Ihr solltet Euren Rausch ausschlafen. Ich lasse einen Diener rufen, der Euch aus den Kleidern hilft und …«

»Nö.« Ihre Stimme ist mit einem Mal schwach. »Bleib hier.«

»Ich …« Verdammt noch eins! Das hat mir gerade noch gefehlt! »In Ordnung.« Fahrig wische ich mir über die Stirn und bemerke, dass meine Finger zittern. »Geht voran in Euer Zimmer, ich komme nach.«