Weltmacht USA - hat der Niedergang begonnen? - Hartmut Spieker - E-Book

Weltmacht USA - hat der Niedergang begonnen? E-Book

Hartmut Spieker

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Beschreibung

Gods own Country; Musterland der Demokratie; Herd der Menschenrechte; das Land, in dem Milch und Honig fließen; vom Tellerwäscher zum Millionär; Freiheit der Bürger; Führungsmacht des Westens; die große und vielleicht die einzige richtige Weltmacht. Das sind einige der Leitbilder, mit denen mir seit meiner Jugend die Vereinigten Staaten von Amerika nahegebracht worden und auch nähergekommen sind. Dies galt für viele Jahrzehnte, bis hin zu den vier Jahren von 1989 bis 1993, in denen ich in Rhode Island und Virginia gelebt habe. Damals begann sich meine Wahrnehmung dieser Ideale oder Leitbilder langsam zu verändern: In der Bewertung der USA wurde ich zunehmend kritischer - wie im Übrigen auch mit der unseres eigenen Landes. Wie gelang es dieser einstmals britischen Kolonie zur einzig verbliebenen Weltmacht aufzusteigen und wie ist es möglich, dass dieses Land auf dem Gipfel seiner Macht ab 2001 so rasch begann, sein öffentliches Bild und seine Position in der Welt zu verlieren und den Abstieg einzuleiten, wie man annehmen muss? Diese Frage bewegt mich seit Langem. Und so bin ich bin ihr nachgegangen und habe nach Antworten gesucht, die ich in einem Buch zusammengefasst habe. Anstoß dabei hat mir Zbigniew Brzezinski, Nationaler Sicherheitsberater von Jimmy Carter gegeben, der in einer trefflichen Analyse in seinem Buch "Die einzige Weltmacht" ausführt, dass eine jede Weltmacht bisher aufstieg und wieder verschwand. Dieses würde auch mit den USA geschehen; es sei Aufgabe der politischen Führung in den USA, diesen Zeitpunkt möglichst weit in die Zukunft zu verschieben. Nach intensivem Quellenstudium habe ich im Frühjahr 2013 mit der Arbeit begonnen und in 30 Kapiteln versucht, den weiten Bogen zu spannen, von den ersten Gehversuchen des jungen Staates bis hin zu der aktuellen Rolle der USA als Weltmacht. Dabei bin ich in drei großen Abschnitten vorgegangen. Zunächst habe ich frühere Weltmächte im Abschnitt "Weltmächte kommen und gehen - die früheren Weltmächte" betrachtet. Dem folgt der Aufstieg der Vereinigten Staaten hin zur alleinigen Weltmacht unter der Überschrift "Die historische Entwicklung der USA" Schließlich werden das Land in der aktuellen Lage und denkbare Perspektiven betrachtet: "Die USA von heute". In den 14 Anhängen ist zusätzliches Hintergrundmaterial zusammengefasst.

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„Die gegenwärtige globale Vorherrschaft der USA unterscheidet sich von allen früheren historischen Beispielen durch ihr plötzliches Zustandekommen, ihr weltweites Ausmaß und die Art und Weise, auf die sie ausgeübt wird“.1

Zbigniew Brzezinski 1997

1 Brzezinski, Zbigniew: Die einzige Weltmacht, S. 17

für Alyssa und Liv

Inhaltsverzeichnis

Vorrede

Weltmächte kommen und gehen - die früheren Weltmächte

Kapitel 1 Die früheren Weltmächte

Weltmacht Ägypten

Weltmacht Assyrien

Weltmacht Babylon

Weltmacht Medo-Persien

Weltmacht Griechenland

Weltmacht Rom

Weltmacht Portugal

Weltmacht Spanien

Weltmacht Großbritannien

Weltmacht Sowjetunion

Verhinderte Weltmächte

Die historische Entwicklung der USA

Kapitel 2 Die Ausrottung der Indianer

Kapitel 3 Die Unabhängigkeit und die ersten 13 Bundesstaaten

Kapitel 4 Der Drang nach Westen

Kapitel 5 Die weiteren Bundesstaaten

Kapitel 6 Der Sezessionskrieg

Kapitel 7 Der Aufstieg zur Weltmacht

Kapitel 8 Die Vereinten Nationen

Kapitel 9 Die NATO

Kapitel 10 Der Kalte Krieg 1945 bis 1991

Kapitel 11 Die 3 Golfkriege

Kapitel 12 Die neue Weltordnung

Kapitel 13 Die allein verbliebene Weltmacht

Kapitel 14 Der 11. September 2001

Die USA von heute

Kapitel 15 Der universelle Missionsgedanke der USA

Kapitel 16 Nationalismus und Patriotismus

Kapitel 17 Die Demokratie in den USA

Kapitel 18 Die Gesellschaft

Kapitel 19 Die Menschenrechte

Kapitel 20 Der Rassismus

Kapitel 21 Die Sicherheitspolitik und die Streitkräfte

Kapitel 22 Die Kriege mit US-amerikanischer Beteiligung

Kapitel 23 Der militärisch-industrielle Komplex

Kapitel 24 Die Nachrichtendienste

Kapitel 25 Die wirtschaftliche Entwicklung

Kapitel 26 Der Staatshaushalt

Kapitel 27 Der US-Dollar als Mittel zur Macht

Kapitel 28 Deutschland und die USA

Kapitel 29 Anti-Amerikanismus und Philo-Amerikanismus

Kapitel 30 Perspektiven

Anhänge

Wichtige Meilensteine bei der Entstehung der USA und ihres Aufstieges zur Weltmacht

Die Verfassung der USA

Liste der Bundesstaaten

Die Präsidenten der USA und ihre Kriege

Liste der Militäroperationen der USA

Flugzeugträger der US Navy

Bekannte Operationen der CIA

Völkermorde in der Geschichte

Militärausgaben in der Welt im Jahre 2016

Militärausgaben der NATO im Jahre 2016

Die größten Rüstungsunternehmen im Jahre 2014

Warum konnte Donald J. Trump Präsident der USA werden?

Trump und das Völkerrecht

Quellen

Personenregister

Vorrede

God’s own Country; Musterland der Demokratie; Herd der Menschenrechte; das Land, in dem Milch und Honig fließen; vom Tellerwäscher zum Millionär; Freiheit der Bürger; Führungsmacht des Westens; die große und vielleicht die einzige richtige Weltmacht.

Das sind einige der Leitbilder, mit denen mir seit meiner Jugend die Vereinigten Staaten von Amerika nahe gebracht worden und auch näher gekommen sind. Dies galt für viele Jahrzehnte – bis hin zu den vier Jahren von 1989 bis 1993, in denen ich mit meiner Ehefrau Ursula in Rhode Island und Virginia gelebt habe. Damals begann sich meine Wahrnehmung dieser Ideale oder Leitbilder langsam zu verändern: in der Bewertung der USA wurde ich zunehmend kritischer.

Wie gelang es dieser einstmals britischen Kolonie zur einzig verbliebenen Weltmacht aufzusteigen und wie ist es möglich, dass dieses Land auf dem Gipfel seiner Macht im Jahre 2001 so rasch begann, sein öffentliches Bild und seine Position in der Welt zu verlieren und den Abstieg einzuleiten, wie man annehmen muss?

Diese Frage bewegt mich seit Langem. Ich bin ihr nachgegangen und habe nach Antworten gesucht, die ich in diesem Buch zusammengefasst habe. Hierbei habe ich mich auf Fakten gestützt, die ich in Büchern, Zeitungsartikeln und im Internet recherchiert habe. Ein großer Teil einzelner Fakten und historischer Beschreibungen sind daher nicht mein geistiges Eigentum. Zum Teil habe ich ganze Passagen von den angegebenen Quellen übernommen. Sie sind gleichwohl für die Entwicklung und Bewertung meiner Ansichten notwendig.

Zbigniew Brzezinski, Nationaler Sicherheitsberater von Jimmy Carter (39. Präsident der USA, 1977 – 1981) hat eine treffliche Aussage in seinem Buch „Die einzige Weltmacht“ gemacht:

„Mit dem Scheitern und dem Zusammenbruch der Sowjetunion stieg ein Land der westlichen Hemisphäre, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika, zur einzigen und im Grunde ersten wirklichen Weltmacht auf. Folglich muß die amerikanische Außenpolitik den geographischen Aspekt der neu entstandenen Lage im Auge behalten und ihren Einfluß so einsetzen, daß ein stabiles Gleichgewicht mit den Vereinigten Staaten als politischem Schiedsrichter entsteht“. 2

Das hat Brzezinski völlig richtig erkannt, nur halten sich die Regierungen der USA seither wenig an diese Analyse eines anerkannten und erfahrenen Politikers. Dies gilt insbesondere für George Bush II, wie auch für den zu Beginn mit so viel Vorschusslorbeeren angetretenen und bei Amtsübernahme sogleich mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Barack Obama. In besonderem Maße gilt es auch für den 2017 angetretenen Präsidenten Donald Trump. In den Amtszeiten der ersten beiden wurde der Abstieg des eigenen Landes beschleunigt und damit der Aufstieg des potentiellen Nachfolgers China gefördert. Und es scheint, als ob der derzeitige Präsident diesen Abstieg eher noch beschleunigen wird.

Der rasante Aufstieg in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die unbestritten erfolgreiche und klare Führungsrolle in den folgenden 50 Jahren haben die Nation und das Land nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes zur alleinigen Weltmacht geführt. Ein halbes Jahrhundert lang standen die Vereinigten Staaten für politische und wirtschaftliche Freiheit und gewannen Freundschaft und Anerkennung von vielen Nationen. Ein einzelnes Ereignis und ein Präsident reichten aus, um eine deutliche Kursänderung im Inneren wie im Äußeren vorzunehmen. „Heute erscheinen die USA immer mehr als ein Faktor der Internationalen Unordnung und, wo sie können, fördern sie Instabilität und Konflikte“3.

Seit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York im Jahre 2001 verlieren die USA weltweit stetig an Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Verletzung der Menschenrechte, zunehmende Arroganz der Macht, wirtschaftliche Probleme, Finanzkrisen nicht gekannten Ausmaßes, fehlerhafte politische Handlungsweisen, ein schwacher und unberechenbarer Präsident -- all dieses führt dazu, dass sich die USA heute eigentlich nur noch wegen ihrer noch deutlich überlegenen Streitkräfte als Weltmacht behaupten können. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die hohe Staatsverschuldung sowie die Haushaltsprobleme schränken die politische Handlungsfähigkeit des Staates ein. So wie die Royal Navy früher den Wohlstand Großbritanniens sicherte, so sichern heute die Flugzeugträgergruppen der US-Navy dem Land noch die Weltmachtstellung. Die USA erscheinen heute nur noch als eine Weltmacht auf Abruf.

Wie war der rasante Aufstieg möglich, wo liegen die inneren Probleme, welche Rolle spielen die USA in der Weltpolitik und wie sind die Perspektiven? Diese und andere Fragen sollen im weiteren analysiert werden

Einige wesentliche historische Ereignisse, die mit der Frage des Niederganges zusammenhängen und die im Weiteren in diesem Buch noch zu untersuchen sind, sollen an dieser Stelle bereits einmal kurz benannt und beschrieben werden.

2001 - 11. September

Am 11. September 2001 wurden die beiden Türme des World Trade Centers in New York durch einen terroristischen Anschlag zerstört. Da man seit dem Bürgerkrieg 1861-1865 keinen Krieg mehr auf dem eigenen Territorium erleiden mußte, der von den USA seit 1865 geführt worden ist, traf dieser Anschlag das Land besonders hart. Die Aktion gegen das World Trade Center wurde von den USA als „Krieg“ gegen das eigene Land gesehen und Präsident George Bush II reagierte entsprechend. 2.989 Menschen starben bei diesem Anschlag, schlimm genug. Doch wenn man gegen die Verursacher dieser Morde „Krieg“ führt, dann müsste man gegen die Verursacher der jährlich 30.000 Morde in den USA durch Schusswaffen auch „in den Krieg ziehen“ und die National Rifle Association bekämpfen. Aber mit „9/11“ hat man sich offensichtlich wieder ein Feindbild aufbauen können, einen Feind, gegen den man nachhaltig „Krieg führen kann“.

2001 - Afghanistan-Krieg III

Nach den ersten desaströsen Erfahrungen der Briten im 19. Jahrhundert und den gleichen Erfahrungen der Sowjetunion im 20. Jahrhundert haben die USA als dritte Weltmacht im Oktober 2001 eine Invasion in Afghanistan mit Hilfe eines großen, weltweiten Bündnisses begonnen. Zielsetzung des Krieges war es angeblich, die Terroristen auszuschalten, die nach Ermittlungen der CIA für die Anschläge am 11. September 2001 verantwortlich waren. Mit dieser Invasion gelang es der Koalition zunächst, die herrschenden Taliban zu stürzen. Mit dem Abzug der Truppen, der Ende 2014 abgeschlossen wurde, bleibt jedoch zu fürchten, dass die Taliban das Land künftig wieder beherrschen werden und der Status „pro ante“ wieder hergestellt wird. All das Blutvergießen und der enorm hohe Einsatz von Kriegsgerät und Haushaltsmitteln vieler beteiligter Länder wären dann umsonst gewesen: bis Ende 2014 kamen 3.485 Koalitionssoldaten ums Leben, darunter 54 Soldaten der Bundeswehr und drei deutsche Polizisten. Die USA als größte Truppensteller haben mit rund 67% der getöteten Soldaten der Koalition die höchsten Verluste zu verzeichnen. Die Anzahl gefallener afghanischer Soldaten und Aufständischer ist unbekannt. Offizielle Angaben zu zivilen Opfern liegen nur unvollständig vor, Schätzungen sind sehr unterschiedlich, sie liegen jedoch zumeist in ähnlicher Größenordnung bei ca. 3.500 getöteten Afghanen. Die Anzahl der gefallenen Soldaten in diesem Krieg im Einzelnen:

Summe

USA

GBR

KAN

FRA

DEU

andere

2014

75

55

6

0

0

0

2013

161

127

9

0

0

1

2012

402

310

44

0

8

0

2011

566

418

46

4

26

7

2010

711

499

103

16

16

9

2009

521

317

108

32

11

7

2008

295

155

51

32

11

3

2007

232

117

42

30

3

7

2006

191

98

39

36

6

0

2005

131

99

1

1

2

4

2004

60

52

1

1

3

0

2003

58

48

0

2

0

6

2002

70

49

3

4

0

10

2001

12

12

0

0

0

0

Summe

3.485

2.356

453

158

86

54

378

2002 - Gefängnis Guantánamo

In Folge des „Krieges“ gegen die „Terroristen“ haben die USA von Beginn der Invasion in Afghanistan begonnen, ein Gefangenenlager auf der US-Enklave auf Kuba, dem Militärstützpunkt Guantánamo zu eröffnen. Nach der US-amerikanischen Invasion in Afghanistan im Jahr 2002 wurden insgesamt 779 Personen aus mehr als 40 Ländern als mutmaßliche Mitglieder aus den Reihen der Taliban und der Al-Qaida nach Guantánamo gebracht. Sie wurden und werden zum Teil immer noch gefangen gehalten, ohne dass gegen sie ein Prozess abgehalten, angestrebt oder geplant worden war und ist. Aus US-amerikanischer Sicht handelt es sich um ungesetzliche Kombattanten. Mit dieser ungesetzlichen Inhaftierung wollen sich die USA sowohl vor Terroristen schützen als auch geheimdienstliche Erkenntnisse gewinnen. Die von der CIA angewandten und inzwischen bekannt gewordenen Praktiken der Folterungen haben zu einem weltweiten, deutlichen Vertrauensverlust der USA geführt.

2003 - Zweiter Irak Krieg

George Bush II begann am 20. März 2003 mit der Bombardierung von Bagdad und startete damit den zweiten Irak-Krieg. Begründen ließ er diesen Krieg durch seinen Außenminister, den früheren Generalstabschef Colin Powell in einer Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York. Colin Powell präsentierte „Beweise“ für angebliche Massenvernichtungswaffen des Irak, Beweise, die die CIA zusammengestellt hatte und die sich später als Fälschungen herausgestellt haben. Colin Powell war von der CIA bewusst im Unwissen gelassen worden. Trotz dieser „Beweise“ erhielten die USA kein UN-Mandat für den Einmarsch im Irak. George Bush II bildete sodann eine „Koalition der Willigen“, der sich 42 Staaten, darunter 12 NATO-Staaten anschlossen. Deutschland unter dem Bundeskanzler Schroeder lehnte eine Beteiligung ab.

Inzwischen ist erwiesen und von Historikern bestätigt worden, dass Saddam Hussein weder über Chemiewaffen verfügt hat, noch konkrete Kriegspläne entwickelt hatte. Als tatsächliche Kriegsgründe werden heute geopolitische und wirtschaftliche Interessen der USA gesehen.

2004 - Abu Ghraib

Im Jahre 2004 wurde bekannt, dass die Streitkräfte der USA in dem von ihnen im Irak angelegten Gefängnis Abu Ghraib irakische Insassen gefoltert haben. Beweisfotos wurden veröffentlicht. Die sich anschließende Diskussion führte zur Verharmlosung durch die George Bush II-Administration. So stellte der damalige Justizminister Gonzales fest, dass die Gesetze zum Verbot von Folter nicht für „feindliche Kämpfer“ gelten würden. Auch das sog. Waterboarding könne nicht als Folter eingestuft werden. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Präsident George Bush II gerieten heftig in die Schusslinie. Auch eine öffentliche Entschuldigung des Präsidenten konnte die aufgebrachte Weltöffentlichkeit nicht beruhigen. Die Vereinigten Staaten von Amerika verletzten die Menschenrechte in hohem Maße. Ein Land, das immer wieder bei anderen Ländern die Einhaltung der Menschenrechte einforderte und unverändert einfordert, verliert durch ein solches Verhalten an Glaubwürdigkeit.

2007 - US-Immobilienkriese

Im Sommer 2007 begann in den USA eine Immobilienkrise. Der Staat hatte mit Nachdruck den Erwerb von Eigentum gefordert und gefördert, in dessen Folge Hypothekenbanken Darlehen gewährten, die bei 120% und mehr des damals angeblichen Wertes der Immobilie lagen. Auf dem Immobilienmarkt kam es zu einer deutlichen Überbewertung von Immobilien und als der Markt einen Höchststand erreichte, fielen die Preise.

Als Beginn dieser Finanzkrise wird der 9. August 2007 festgemacht, denn an diesem Tag stiegen die Zinsen für Interbankfinanzkredite sprunghaft an: es kam zum Platzen der Immobilienblase. Dieses geschah nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Ländern; so traf es Spanien besonders hart. Aber auch viele andere Länder, darunter Deutschland wurden von der Krise erfasst. Das Platzen der Immobilienblase brachte auch andere Banken weltweit in Bedrängnis. Verluste und Insolvenzen waren die Folge.

2008 - Lehmann Brothers

Einen Höhepunkt erreichte die Krise mit dem Zusammenbruch von Lehmann Brothers im September 2008. Die US-amerikanische Investmentbank Lehmann Brothers Inc. musste am 15. September 2008 infolge der Finanzkrise Insolvenz anmelden. Lehmann war eine Bank, die weltweit operierte und die mit knapp 30.000 Angestellten zu den größten Banken der Welt zählte. Nachdem die US-amerikanische Regierung drei große Banken bereits mit Milliarden Dollar gestützt hatte, war der politische Druck zu groß geworden, weitere Banken konnten nicht mehr aufgefangen werden. Der damalige US-amerikanische Finanzminister Paulson konnte nach der Absage einer Beteiligung der englischen Barclays-Bank an Lehman keine weitere Unterstützung zusagen. Diese Entscheidung führte – entgegen dem bisherigen Grundsatz too big to fail – zur Insolvenz von Lehman Brothers.

Durch die Finanzkrise sahen sich auch andere Staaten veranlasst, große Finanzdienstleister mit staatlichem Kapital zu stützen. Genannt sein sollen hier nur neben Fannie Mae und Freddy Mac (USA), die UBS (Schweiz) oder die Commerzbank (Deutschland). Diese und viele andere Banken wurden durch solche staatlichen Maßnahmen am Leben gehalten. Einige Banken wurden verstaatlicht und später geschlossen. Die Krise übertrug sich auch auf andere Zweige der Weltwirtschaft. So musste der Autohersteller General Motors in Detroit Insolvenz anmelden und wurde durch die US-Regierung gestützt. Die Terminologie von den „Systemrelevanten Unternehmen“ kam auf. Dieses sind solche Unternehmen, von denen der jeweilige Staat meint, eine Insolvenz habe irreparable Schäden der eigenen Volkswirtschaft zur Folge; diese Unternehmen „are too big to fail“ – wie oben bereits festgestellt wurde.

In der Folge dieser Stützungsoperationen und der ohnehin bereits extrem hohen Staatsverschuldung drohte den USA vorübergehend die Staatspleite, die im letzten Augenblick abgewendet werden konnte.

2012 - Negative Handelsbilanz

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind noch die größte Volkswirtschaft der Welt. Sie weisen aber seit den 1970er Jahren regelmäßig ein Handelsbilanzdefizit aus, welches sich seit den 1990er Jahren permament vergrößert hat. Im Jahre 2016 stand dem Import in Höhe von 2.205 Milliarden $ nur ein Export in Höhe von 1.417 Milliarden $ gegenüber. Das Handelsdefizit betrug 734 Milliarden $, das ist etwa ein Drittel des Imports. US-amerikanische Konsumenten kaufen bevorzugt ausländische Güter und fragen weniger einheimische Güter nach; US-amerikanische Waren sind auf der Welt nicht sehr gefragt, bei der Qualität vieler Güter ist diese Zurückhaltung vielleicht verständlich.

Die Handelsbilanz im Jahre 2016 für einige ausgewählte Länder zeigt diese Grafik (Angaben in Milliarden USD)4:

CHI

DEU

EUR

RUS

JAP

USA

Einfuhren

1.587

987

1.727

165

629

2.205

Ausfuhren

2.098

1.283

1.910

259

641

1.471

Differenz

+ 511

+ 296

+ 183

+94

+ 12

-734

Der Fehlbetrag muss durch Kapitalzuflüsse aus dem Ausland finanziert werden, wodurch sich die USA zunehmend gegenüber dem Ausland verschulden. Größte ausländische Gläubiger sind dabei die Volksrepublik China und Japan.

Die Frage ist, ob die internationalen Anleger auf lange Sicht noch bereit sein werden, den USA jährlich etwa 800 Milliarden $ an Kredit zu gewähren. Ausgleichen wird sich die US-Handelsbilanz so schnell nicht, da dafür auch fiskal- und wirtschaftspolitische Maßnahmen der US-Handelspartner nötig wären. Da große Länder wie Frankreich oder Japan aber schon selbst sehr hohe Defizite in ihrem jeweiligen Staatshaushalt aufweisen, wird der Abbau des US-Handelsbilanzdefizits nicht so leicht realisierbar sein, wenn überhaupt.

2012 US-Rating Agenturen

Rating-Agenturen üben eine enorme Macht über Staaten und Unternehmen aus. Sie sollten daher neutral sein und kein Unternehmen oder keinen Staat bevorzugt behandeln und benachteiligen. Bei den drei großen Weltmarktführern - die alle aus den USA kommen - Standard & Poor’s, Moody’s sowie Fitch gelten diese Grundsätze offenbar nicht. In der Finanzkrise haben sie sich „nicht mit Ruhm bekleckert“, weil sie Lehman Brothers noch kurz vor dem Untergang beste Noten gaben. Marode Immobilienkredite in den USA, die teils unter ihrer eigenen Mithilfe entstanden waren, haben sie hoch bewertet. Diese mächtigen Kontrolleure des Finanzmarkts üben ihre Macht weitgehend unkontrolliert aus. Ihre für objektiv erklärten Urteile über die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und vor allem auch von Staaten geben sie als unverbindliche Meinungsäußerung aus, für die sie allerdings keinerlei Haftung übernehmen.

Dieser Flucht in die Unverbindlichkeit steht entgegen, dass die Rating-Agenturen fest in den Regelwerken des Finanzmarkts verankert sind und faktische Verbindlichkeit haben: die Agenturen haben mit ihren Ratings über Krisenstaaten die europäische Politik vor sich hergetrieben (Irland, Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und auch Frankreich) und die Krisen in diesen Staaten und damit in der EURO-Zone angeheizt. US-Regierung und US-Justiz schlossen sich der Sicht der Agenturen an und schonten sie mit dem Verweis auf die Meinungsfreiheit.

Zum Problem werden die Rating-Agenturen dadurch, dass sie als vermeintlich objektive Gerichtsinstanz über Staaten auftreten, deren Urteil ganze Volkswirtschaften ins Ungleichgewicht bringen können.

2013 Government Shutdown

Als Government Shutdown(Stilllegung der Regierung) wird in den USA eine Lage bezeichnet, in der die Administration ihre Tätigkeit zu großen Teilen einstellen muß und nur noch die als unerlässlich angesehenen Aufgaben erledigen kann. Der Regierungsapparat wird bei einem solchen Shutdown heruntergefahren, wenn die bisherige rechtliche Grundlage für die Bewilligung von Haushaltsmitteln ausläuft und sich die beiden Kammern des Parlaments und der Präsident nicht rechtzeitig über weitere Haushaltsmittel einigen, indem sie ein entsprechendes Gesetz beschließen. Solche Situationen kamen in den unterschiedlichen Regierungen der USA immer wieder vor: im Zeitraum 1976 bis 2013 war das insgesamt 19 mal der Fall. Unter Gerald Ford (1), Jimmy Carter (5x), Ronald Reagan (8x), George Bush I (1x), Bill Clinton (2x), Barack Obama (1x) und Donald Trump (1x) kam es zu „Shutdowns“.

Der Government Shutdown im Oktober 2013 dauerte 17 Tage und wirkte sich auch stark auf die Wirtschaft aus. Da die Zollstellen in den Häfen und Flughäfen nur noch mit reduziertem Personal arbeiteten, kam es bei dem Umschlag von Waren zu großen Verzögerungen. Genehmigungsverfahren, Gerichtsverhandlungen etc. wurden vertagt, internationale Konferenzen abgesagt. Nach verschiedenen Schätzungen entstand der US-Wirtschaft ein Schaden von 300 bis 550 Millionen $ pro Tag. Das sind zwischen 5 und 9 Milliarden US-Dollar für diese 17 Tage.

Das Anhalten des Shutdown führte auch zu Auswirkungen auf die Außenpolitik der USA: Verhandlungen mit der Europäischen Union über ein Handelsabkommen mussten abgesagt werden. Nicht betroffen vom Shutdown waren die Bezüge der Kongressabgeordneten.

Zudem wäre aufgrund eines fehlenden Haushaltsbeschlusses am 17. Oktober 2013 die aktuelle Schuldengrenze von 16,7 Billionen $ erreicht worden. Wäre die Schuldenobergrenze am Abend jenes 17. Oktober 2013 nicht erhöht worden, hätten keine neuen Kredite aufgenommen werden dürfen: es drohte ein Staatsbankrott, der sich erheblich und extrem negativ auf das Finanzsystem der Welt und die gesamte Weltwirtschaft ausgewirkt hätte.

2013 Überwachungs- und Abhöraffäre

Der junge US-Amerikaner und frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowdon hat im Jahre 2013 mit seinen Enthüllungen über die Arbeit der National Security Agency (NSA, 40.000 Mitarbeiter) in den USA Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken von US-Diensten gegeben. Diese Enthüllungen lösten universell eine Überwachungs- und Abhöraffäre aus, die in den Telefonabhöraktionen der NSA gipfelten: die USA haben nachweislich u.a. die Telefongespräche von hochrangigen Staatsmännern und -frauen wie der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff, des französischen Präsidenten Francois Hollande und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört.

Die Arroganz, mit der die USA selbst enge Verbündete, Freunde und Vertraute bespitzeln, ist schon erschreckend. Der angerichtete Schaden wird kurzfristig nicht reparabel sein und Einfluss auf die künftige Zusammenarbeit mit diesen Staaten wie auch mit der Europäischen Union haben. Die vom EU-Parlament geforderte Aufkündigung des SWIFT-Abkommens mit der EU oder die verlangte temporäre Unterbrechung der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA sind Zeichen für diese Entwicklung.

Menschenrechte

Seit Jahrzehnten maßen sich die USA an, mit ihrem jährlichen Menschenrechtsbericht über andere Länder zu Gericht zu sitzen und dabei gleichzeitig Vergehen im eigenen Land selbstgerecht zu übersehen. Das Gros der US-Amerikaner ist fest davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten stets auf der Seite der Gerechten kämpfen und deshalb nichts falsch machen können. Im Inneren der USA ist parallel zu dem „Kampf gegen den Terror“ ein Abbau der Demokratie und der Menschenrechte zu verzeichnen, dieses geht hin bis zur staatlich verordneten Folter von Gefangenen.

In dem letzten umfangreichen Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums werden Menschenrechtsverstöße in über 190 anderen Staaten beurteilt, nicht aber in den USA selbst. Seit einiger Zeit nimmt die Volksrepublik China dies nicht länger untätig hin. Peking veröffentlicht seinerseits Informationen über die Missachtung der Menschenrechte in den USA, wodurch Washington der Spiegel vorgehalten wird.

Vorbildfunktion und Glaubwürdigkeit

Die aufgezeigte Entwicklung in den USA nach der friedlichen Revolution in Mitteleuropa 1989/1990 hat die selbst gewählte, gewünschte und weltweit auch von vielen Ländern und vielen Menschen anerkannte Vorbildfunktion der USA und die Glaubwürdigkeit des Landes in wenigen Jahren weltweit erschüttert. Diesen Glaubwürdigkeitsverlust beklagte selbst Präsident Obama am Ende des mühsamen Kompromisses im Haushaltsstreit am 17. Oktober 2013:

„But probably nothing has done more damage to America's credibility in the world, our standing with other countries, than the spectacle that we've seen these past several weeks. It's encouraged our enemies, it's emboldened our competitors, and it's depressed our friends, who look to us for steady leadership."5

Doch nicht nur dieser Haushaltsstreit ist Grund für den Glaubwürdigkeitsverlust der USA. Alle bisher angerissenen Probleme – 9/11, Afghanistan, Irak-Krieg, Guantánamo, Abu Ghraib, Immobilienkrise, Lehmann Brothers, Handelsbilanz, Shutdown, Rating-Agenturen und die Überwachungsaffäre -haben zu diesem eingetretenen Verlust beigetragen, einem Verlust, der nur schwerlich wieder zu reparieren sein wird, der eher den Beginn des Abstiegs vom Thron der einzigen verbliebenen Weltmacht anzeigen könnte. Nach dem Wechsel im Weißen Haus von Barack Obama auf Donald Trump im Januar 2017 könnte ein solcher Abstieg noch beschleunigt werden.

In den folgenden 30 Kapiteln habe ich versucht, den weiten Bogen zu spannen von den ersten Gehversuchen des jungen Staates bis hin zu der aktuellen Rolle der USA als Weltmacht. Dabei bin ich in drei großen Abschnitten vorgegangen. Zunächst betrachte ich frühere Weltmächte im Abschnitt „Weltmächte kommen und gehen - die früheren Weltmächte“. Dem folgt der Aufstieg der Vereinigten Staaten hin zur alleinigen Weltmacht unter der Überschrift „Die historische Entwicklung der USA“ Schließlich werden das Land in der aktuellen Lage und denkbare Perspektiven betrachtet: „Die USA von heute.“

im Mai 2019

Hartmut Spieker

2 Brzezinski, Zigniew: Die einzige Weltmacht, S. 15-16

3 Todd, Emmanual: Weltmacht USA - ein Nachruf, Piper-Verlag München 2003, Rückseite

4 CIA-Factbook mit Zahlen aus 2016

5examiner.com vom 18. Oktober 2013

Weltmächte kommen und gehen - die früheren Weltmächte

Kapitel 1

Die früheren Weltmächte

„Weltmacht ist ein Staat, der aufgrund seiner politischen, militärischen und wirtschaftlichen Kraft global seinen bestimmenden Einfluss ausübt“.6

Weltmacht bezeichnet also einen Staat, der auf weltpolitischer Ebene wesentlichen Einfluss ausübt und dabei über die Faktoren politische Macht, wirtschaftliche Macht und militärische Macht verfügen muss. Eine führende Rolle in der Wissenschaft sowie moralische Vorbildfunktion gehören in gleichem Masse hinzu.

Manche Historiker setzen bei dem Begriff „Weltmacht“ das Vorhandensein einer globalen politischen Ebene voraus und sehen daher Mächte vor dem Zeitalter der Entdeckungen nur als Großmacht an. Da die Welt in der Antike aber noch nicht in ihren tatsächlichen Ausmaßen bekannt gewesen ist, muss man m.E. die Definition „Weltmacht“ an der damals bekannten Welt ausrichten. Und damit kommen wir auf 11 Weltmächte von der Antike bis in das 21. Jahrhundert, also von Ägypten bis zu den USA. Es sind

Ägypten

≈ 480 Jahre

von 1550 v.Chr.

bis 1070 v.Chr.

Assyrien

≈ 138 Jahre

von 750 v.Chr.

bis 612 v.Chr.

Babylon

≈ 85 Jahre

von 624 v.Chr.

bis 539 v.Chr.

Medo-Persien

≈ 208 Jahre

von 539 v.Chr.

bis 331 v.Chr.

Griechenland

≈ 301 Jahre

von 331 v.Chr.

bis 30 v.Chr.

Rom

≈ 622 Jahre

von 146 v.Chr.

bis 476 n.Chr.

Portugal

≈ 242 Jahre

von 1415

bis 1657

Spanien

≈ 334 Jahre

von 1492

bis 1826

Großbritannien

≈ 357 Jahre

von 1588

bis 1945

Sowjetunion

≈ 46 Jahre

von 1945

bis 1991

USA

≈ 70 Jahre

von 1945

heute

Die Jahreszahlen können dabei nicht absolut gesehen werden, da ein exakter Beginn und ein konkreter Tag des Endes einer Weltmacht nicht immer definiert werden kann. Der Aufstieg zu einer und der Abstieg von einer Weltmacht war in der Regel ein länger anhaltender Prozess. Der Prozess des Niederganges einer Weltmacht ging zudem oft einher mit dem Aufstieg einer anderen. Als Beispiel soll hier Großbritannien genannt werden, dessen Niedergang mit dem Aufstieg der USA einherging.

Im Weiteren soll der Aufstieg der früheren Weltmächte kurz dargestellt werden, dem eine kurze Analyse des Abstieges folgt.

Weltmacht Ägypten7 ≈ 480 Jahre

Die bekannt gewordenen Anfänge Ägyptens reichen bis 3000 v.-Chr. zurück. Im Zeitraum 3032 bis 2707 v. Chr. bildeten sich größere Siedlungen am Nil heraus. Ein Herrscher des südlichen Ägyptens besetzte das Deltagebiet, wodurch es ihm gelang, die Einigung Ober- und Unterägyptens zu einem Reich zu vollziehen. Als Regierungssitz wurde Memphis gewählt – die erste ägyptische Hauptstadt.

Eine erste Blütezeit erreichte Ägypten von 2707 bis 2216 v. Chr. Es ist die Zeit von der 3. bis zur 6. Dynastie. Die Hieroglyphen wie auch bereits vorhandene Kenntnisse in der Mathematik spielten eine wichtige Rolle für den weiteren Aufbau des religiös geprägten Reiches. Schon in der Frühzeit wurde ein Kalender erfunden, welcher das Jahr in 365 Tage unterteilte. Mit ihm sowie mit der Entdeckung des Papyrus als Schreibmaterial wurden Bedingungen geschaffen, geschichtsträchtige Ereignisse dokumentieren zu können.

Handwerk und vor allem der Ackerbau entwickelten sich enorm, wobei die Zuhilfenahme von Bewässerungskanälen eine wichtige Voraussetzung war. Der Nil ließ es zu, ständigen Handel mit Völkern Vorderasiens und den Mittelmeerinseln zu betreiben. Dadurch erlebte das antike Ägypten den Beginn eines kulturellen Aufschwungs.

In dieser Zeit der 3. bis 6. Dynastie hatte sich eine perfekt funktionierende Verwaltung entwickelt; König Djoser schuf die erste Pyramide. Diese Stufenpyramide war der Grundstein für viele weitere prächtige Bauwerke des alten Ägypten – auch die Cheopspyramide entstand während dieser Zeit.

Mentuhotep II. (2061 – 2010 v.Chr.) gelang es zwischen seinem 30. und 39. Regierungsjahr ganz Ägypten zu einigen. Er gilt als Begründer des Mittleren Reiches. Seinen Namen änderte er zweimal, der letzte, Schema-taui bedeutet dann auch „Vereiniger der beiden Länder“ (Ober- und Unterägypten). Der Herrscher startete eine aggressive Außenpolitik mit Feldzügen u.a. gegen Nubien und Libyen und machte Theben zur Hauptstadt des Landes.

Aufgrund des Vordringens bis ins tiefste Nubien durch Amenemhet I. vergrößerte sich das Land enorm, und dessen Nachfolger Sesostris I. nahm die Goldminen von Uadi-Allaki in Besitz, wodurch Ägypten zu einem nie dagewesenen Reichtum kam. Sesostris III. konnte Nubien bei weiteren Kämpfen endgültig einnehmen und drang bis Palästina vor. Auch der Handelsverkehr wurde wieder aufgenommen und reichte bis zum Roten Meer und tief in den Mittleren Osten. Kunst und Literatur erreichten ihren Höhepunkt.

Ab 1550 v. Chr. begann der Aufstieg zu einer Weltmacht. Die Herrscher der 18. bis 20. Dynastie erreichten bei Kriegen und Eroberungszügen eine Oberherrschaft über Syrien, Palästina und Nubien. Nach Thutmosis II. regierte Hatschepsut das ägyptische Reich und führte es 22 Jahre lang ohne kriegerische Auseinandersetzungen. Erst ihr Nachfolger Thutmosis III. unternahm viele erfolgreiche Feldzüge, welche dem Land erneut Reichtümer einbrachten. Ägypten hatte sich zur Weltmacht entwickelt, die weiteren Pharaonen konnten sich hauptsächlich auf die Innenpolitik konzentrieren.

Echnaton (Amenophis IV.) brachte eine Umstrukturierung in der Religion hervor; er rief den Monotheismus ins Leben und ernannte sich selbst zum Hohepriester des neuen Aton-Kultes. Nofretete, seine Gemahlin, war in die Staatsangelegenheiten involviert.

Auf Drängen des Militärs führte sein Nachfolger Tutanchamun den alten Glauben wieder ein. Ramses II (19. Dynastie) regierte von 1279 bis 1213 v. Chr. Ihm gelang es schlussendlich, die Politik und Wirtschaft zum absoluten Höhepunkt zu treiben. Der Handel expandierte.

Unter den folgenden 4 Dynastien nahm der Untergang als Weltmacht seinen Anfang: unter den Nachfolgern von Ramses III verlor Ägypten zunächst die Herrschaft über seine asiatischen Gebiete. Zwischen 1085 und 322 v. Chr. wurde das Land sodann von nubischen und libyschen Dynastien regiert. Schließlich eroberten die Assyrer 671 v. Chr. das Land und nahmen es für sich ein.

In Ägypten hatte immer der Pharao mit einem stabilen Regierungssystem geherrscht, einem System, das unübertroffen ist, was seine Dauer angeht. Das Gottkönigtum der Pharaonen überdauerte mindestens 5 Jahrhunderte. Trotz dieser erstaunlichen Stabilität ging Ägypten eines Tages unter – welche Gründe führten zu dem Niedergang?

Auf der Zeitachse gesehen kamen zunächst Assyrer, dann die Perser, sodann die Griechen und endlich die Römer, die das alte Weltreich überrannten. Neue Handelsrouten waren entstanden, die über Syrien, Babylonien und Persien führten, neue Völker waren aus dem Schlaf erwacht und drängten vor die Tore Ägyptens. Schließlich versprach der Fall Ägyptens unermessliche Beute. Die Phönizier und die Griechen errichteten eine eigene Kultur, die auf den Meeren Waren transportieren konnten. Dieses konnten sie dadurch viel leichter tun als die Ägypter mit ihren mühseligen Karawanen durch die Wüste.

An allen Küsten des Mittelmeeres gab es plötzlich Völker, die dem ägyptischen Reich den Rang streitig machten. Am Ende wurde Ägypten nach Kleopatras Tod 30. v. Chr. zu einer Provinz des Römischen Reiches.

Welches sind die formalen Gründe, die zum Untergang des ägyptischen Weltreiches geführt haben?

Politisch-militärische Gründe:

Die ausufernden Kriege einiger Pharaonen und ein Riesenreich, das die Ägypter zeitweilig beherrschten, führten dazu, dass sie es kaum wirklich kontrollieren konnten. Die strategische Überdehnung des Machtbereiches und die damit einhergehende militärische Sicherung zur Unterjochung der vielen umliegenden Völker überforderte das Reich und brachte Ägypten militärisch zu Fall.

Gesellschaftlich-wirtschaftliche Gründe:

Es rächte sich am Ende, dass Ägypten über lange Zeit andere Völker ausgebeutet, in Abhängigkeit gehalten, Tributzahlungen eingefordert und ihre Männer und Frauen als Sklaven benutzt hatte. Auf Dauer machten das diese Völker nicht mit.

Ägypten hatte es versäumt, die Führung bei der Entwicklung neuer Technologien - und damit neuere mögliche Handelsrouten - zu übernehmen, die es konkurrenzfähig gehalten hätten. So trug die Entwicklung neuer Handelsrouten, vor allem über das Mittelmeer - in Verbindung mit einer intelligenteren, höheren Schifffahrtstechnik - zu dem Untergang Ägyptens bei.

Die Priester saugten das Volk aus. Spätestens seit Ramses I. war gewöhnlich der größte Anteil jedes Beutezuges an die Tempel gegangen. Dabei wurden die eroberten Provinzen gewöhnlich hart besteuert, den Profit zogen zunehmend die Priester ein. Sie verdienten zudem an dem Aberglauben der Bevölkerung. Die Priester hatten sich den Staat zur Beute gemacht.

Die überwältigenden Tempelbauten und die Pyramiden, die die Ewigkeit zu verkörpern schienen, trugen ebenfalls zum Niedergang bei. Sie waren zu teuer und kosteten viele Menschenleben. Ein arabisches Sprichwort aus dieser Periode besagt: „Alle Welt fürchtet die Zeit, aber die Zeit fürchtet die Pyramiden.“

Zusammenfassend kann festgestellt werden dass sich Ägypten bereits lange bevor die Assyrer, die Perser, die Griechen oder die Römer das ehemals allmächtige Weltreich unterjochten, selbst vernichtet hatte.

Weltmacht Assyrien8 ≈ 138 Jahre

Das assyrische Reich existierte insgesamt etwa 650 Jahre, von 1263 v.Chr. bis etwa 612 v. Chr. Dieser Zeitraum wird in drei Perioden eingeteilt: das altassyrische Reich, das mittelassyrischer Reich und neuassyrische Reich. Das neuassyrische Reich dauerte von 750 bis 612 v. Chr. und gilt als das zweite Weltreich der Weltgeschichte. Unter König Sargon II begann das Reich mit der Ausweitung seiner Macht. Innerhalb von nur 40 Jahren hatten die Könige Tiglat-Pileser III. und Sargon II das Land zum größten Reich Vorderasiens gemacht. Die Nachfolger Sargons konnten ihr Herrschaftsgebiet durch zahlreiche Feldzüge und die Niederschlagung von Aufständen halten und sogar noch ausbauen.

Als Assur-ahhe-iddina im Jahre 669 v. Chr. auf einem Feldzug gegen Ägypten starb, übernahm dessen Sohn und Kronprinz Assurbanipal die Regierung. Dieser neue König sollte zwei Jahre später mit der Einnahme Thebens (Hauptstadt Oberägyptens) dem neuassyrischen Reich die größte Ausdehnung geben. Die 40-jährige Herrschaft Assurbanipals (668–627 v. Chr.) war eine Blütezeit.

Das neuassyrische Reich war auf Expansion ausgerichtet. Die eroberten Gebiete wurden durch Deportationen der Bewohner und durch Steuern so lange ausgeblutet, bis nur eine weitere Expansion in Frage kam, um den Lebensstandard der Führungsschicht im eigenen Lande zu halten. Um die immer weiter entfernten Gebiete unter Kontrolle zu halten, mussten immer mehr Assyrer aus dem Kernland als Soldaten eingesetzt, umgesiedelt bzw. zu Verwaltungsaufgaben abgezogen werden. Die so immer weiter abnehmende Produktivität des Kernlandes zwang wiederum zur Ausbeutung der eroberten Gebiete und damit zu weiteren Expansionen. So waren bereits bei der Eroberung Thebens 667 v.Chr. die Ressourcen an Verwaltungspersonal erschöpft. Dies führte noch nicht zu einem sofortigen Zusammenbruch, wie sich an der 40-jährigen Herrschaft Assurbanipals zeigt. Das instabil gewordene Reich konnte durch einen starken König, reiche Ernten und relativ wenig Unruhen an den Außengrenzen noch standhalten.

Assyrien, das sich durch Brutalität und Folter gegenüber seinen eroberten Gebieten auszeichnete, konnte keinen dauerhaften Bestand haben. Wann genau Assurbanipal starb, ist nicht bekannt. 616 v. Chr. zog ein babylonisches Heer unter König Nabopolassar nach Assyrien, 614 v. Chr. fiel die Stadt Assur und 612 v. Chr. nach langem Kampf auch Ninive. Dieses gilt faktisch als das Ende des assyrischen Reiches.

Das Ende Assyriens bedeutete gleichzeitig den Aufstieg Babyloniens zur Vormacht in Mesopotamien.9

Welche Gründe führten zum Untergang des assyrischen Weltreiches? Die Historiker sehen vornehmlich drei Gründe hierfür.

Politisch-militärische Gründe

Die von den Assyrern unterdrückten Babylonier und Meder schlossen sich zusammen, griffen die assyrischen Grenzen an und hatten damit schließlich gegen die Armee der Assyrer Erfolg.

Gesellschaftlich-wirtschaftliche Gründe

Das assyrische Reich konnte die überschnelle Expansion nicht verkraften. Ein Großteil der Bevölkerung diente als Soldaten oder in der Verwaltung der eroberten Gebiete. Dadurch fehlten im Kernland Arbeiter, Bauern und Verwaltungsbeamte. Es kam zur Unterversorgung der Bevölkerung und somit zu inneren Unruhen.

Das Klima im Nahen Osten wurde in den Jahren ab etwa 660 v. Chr. deutlich trockener. Als Folge erlebte das assyrische Reich zunehmende Dürren und Missernten. Eine seit 657 v. Chr. für fünf Jahre anhaltende Dürre hat die politische und wirtschaftliche Stabilität des assyrischen Staates zunehmend geschwächt. Da in der Zeit davor die Bevölkerung Assyriens stark angewachsen war, konnte sie nun nicht mehr ausreichend versorgt werden. Als Folge häuften sich Unruhen im Land, die zum Ausbruch von Bürgerkriege führten.

Weltmacht Babylon10 ≈ 85 Jahre

Das babylonische Reich wurde nach dem Namen seiner Hauptstadt, Babylon, benannt, sein Zentrum lag im unteren mesopotamischen Tal. In der Bibel wurde dieses Gebiet als das "Land Schinar" bezeichnet. Als bedeutende Herrscher die Macht Babylons vergrößerten und Babylon zu ihrer Hauptstadt machten, wurde das Land Babylonien genannt.

Unter der assyrischen Weltmacht spielte Babylon in verschiedenen Kämpfen und Aufständen eine Rolle. Mit dem Niedergang der zweiten Weltmacht gründete dann der Chaldäer Nabupolassar um 645 v. Chr. eine neue Dynastie in Babylon. Unter dessen Sohn Nebukadnezar II. stieg Babylon zur Weltmacht auf. Als dieser 624 v. Chr. den Thron in Babylon bestieg und der zweite Herrscher des Neubabylonischen Reiches wurde, zwang er Assyrien in die Knie. Er galt als ausgezeichneter Militärstratege. Während seiner langen, 43 Jahre anhaltenden Regentschaft nahm er die von Assyrien eroberten Gebiete in Besitz. Er dehnte sein Herrschaftsgebiet weiter aus, fügte seinem Reich im Norden Syrien hinzu und unterwarf gleichzeitig Palästina bis an die Grenze nach Ägypten und Tyrus. Er stellte die Stadt Babylon vollkommen wieder her und machte sie zu der damals größten von einer Stadtmauer umgebenen Stadt in der Welt. Hierzu stellte er die massiven Doppelmauern fertig, die sein Vater zu bauen begonnen hatte. Die Hauptstadt schien dadurch uneinnehmbar zu sein. Doch das war sie nicht, wie sich später zeigen sollte.

Unter der Herrschaft Belsazars nahm Medo-Persien 539 v.Chr. die Stadt Babylon ein. In nur einer Nacht fiel das uneinnehmbar scheinende Babylon in die Hände der Meder und Perser.

Jahrhunderte semitischer Vorherrschaft waren zu Ende gegangen. Nun kam Babylon unter arische Herrschaft.

Wo lagen die Gründe des Abgangs Babyloniens von der Weltbühne?

Politisch-militärische Gründe

Babylon wurde lt. einer Legende in einer Nacht im Jahre 539 v. Chr. von den Persern eingenommen. Während eines großen Festes in der von seinen Bewohnern als uneinnehmbar geltenden Stadt Babylon leitete Kyrus den mächtigen Lauf des Euphrat um. Im leeren Flussbett marschierten die Perser daraufhin in Babylon ein. Die unüberwindlichen Mauern, die Babylon zum Schutze umgaben, wurden damit einfach umgangen.

Gesellschaftlich-wirtschaftliche Gründe

Die von König Nabonid betriebene Wiedereinführung assyrischer Kulte und die Restaurierung der alten Tempelheiligtümer wurden von der Marduk-Priesterschaft abgelehnt. Die Priester setzten Nabonid als oberste Gottheit ab und dieser ging für 10 Jahre ins Exil in die große Oase Tayma in Saudi-Arabien.

Nachdem Nabonid gegangen war, kooperierte die Priesterschaft schließlich mit dem Perserkönig Kyros II, der den Fall Babyloniens und damit verbunden das Ende des Babylonierkönigs bewirkte.

Weltmacht Medo-Persien 11 ≈ 208 Jahre

Um die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. brachen aus Südrussland stammende indo-iranische Völker in den Iran und Indien ein. Die Meder wurden unter den ersten dieser Völker aufgeführt; ihnen folgten die Perserstämme. Sie scheinen verschiedene Teile der Hochebene durchwandert zu haben, bevor sie Ende des 5. Jh. v. Chr. schließlich in der Region Fars im Süden des Iran sesshaft wurden.

Die Achämeniden-Dynastie in Persien begann mit dem Aufstieg Kyros d. Gr., der König Astyages von Medien stürzte und dessen Land im Jahre 550 v.Chr. eroberte. In 547 v. Chr. griff Kyros das mächtige Königreich Lydien an und eroberte die Hauptstadt Sardes. Nach einem langen Kampf gelang es den Persern schließlich 539 v. Chr., die bibl. Weissagungen (Jesaja 21,2.90) zu erfüllen und dem mächtigen Babel (Babylon) den tödlichen Schlag zu versetzen. Persien stieg zu einem Großreich auf, das das assyrische und das babylonische Reich sowie Mesopotamien und Syrien in sich vereinte. Die Herrscherlinie von Medo-Persien dauerte von 539 bis 331 v.Chr. und begann mit Darius, dem Meder, und Cyrus dem Großen, dem es gelang, die Meder und die Perser unter eine gemeinsame Führung zu bringen.

In der Regentschaft von König Darius I begannen die Auseinandersetzungen mit den griechischen Städten, da der König 512 v. Chr. anlässlich eines Zuges gegen die Skythen in Südrussland Griechenland durchquert hatte. 500 v. Chr. erhoben sich die Ionischen Städte in Kleinasien gegen den Perserherrscher, der sie jedoch besiegte, grausam bestrafte und von nun an die Eroberung Griechenlands plante. Die Perserkriege schwächten die Macht des Großkönigs und die Ressourcen des Reiches jedoch. Die immense territoriale Ausdehnung machte langanhaltende Kriege schwierig, da die Armee regelmäßig benötigt wurde, um unbotmäßige Völker oder Satrapen zu bekämpfen bzw. in Schach zu halten.

Die Eroberungssucht Medo-Persiens ist an der Schnelligkeit und dem Erfolg erkennbar, mit dem das Reich seine Feldzüge führte. Im Norden nahm es Babylon ein, westwärts stieß es über Kleinasien bis nach Thrakien vor und auf seinem Vorstoß nach Süden eroberte es schließlich Ägypten. König Xerxes I. (486–465 v. Chr.) führte das Reich zwar äußerlich durch Eroberungen im Osten auf einen neuen Machthöhepunkt, tatsächlich aber deuteten die dauernden Aufstände in Babylonien und Ägypten den beginnenden inneren Zerfall des Perserreiches an. Nach 400 v. Chr. behinderten zudem Thronstreitigkeiten und Adelsintrigen die Errichtung einer starken Zentralgewalt. Darius III. (335–330 v. Chr.) bot im Kampf gegen Alexander den Großen von Makedonien zwar ein starkes Heer auf, wurde jedoch mehrfach vernichtend geschlagen und 330 v. Chr. von einem untergebenen Satrapen ermordet. Die Geschichte des persischen Weltreiches endete mit seiner Eingliederung in das Weltreich des Makedoniers Alexander.

Wie konnte dieses große Weltreich nach gut 200 Jahren zerfallen?

Gesellschaftlich-wirtschaftliche Gründe

Die Ausdehnung des Weltreiches von Griechenland bis Indien und vom Schwarzen Meer bis zum Sudan war sehr schnell erfolgt und überstieg die Ressourcen des Staates.

Politisch-militärische Gründe

Die Sucht, immer mehr Gebiete zu erobern, erforderte eine hohe Zahl an Soldaten und ihren Führern. Diese notwendige Zahl an Menschen konnte für die andauernden Kriege auf Dauer nicht bereit gehalten werden.

Weltmacht Griechenland12 ≈ 301 Jahre

Der Blick zurück in die Anfänge der Geschichte der Griechen beginnt um etwa 750 vor Christus. Damals entstanden an den zerklüfteten Küsten des östlichen Mittelmeers unabhängige Stadtstaaten, die untereinander im Dauerkampf lagen. Nur die Vorstellung von einer illustren wie ebenso intriganten Götterwelt, die vom Olymp aus alle Bereiche des irdischen Lebens beherrschen, verband sie. Kein Krieg, keine Hochzeit, keine sonstigen Handlungen wurden geplant, ohne den Rat der himmlischen Helden einzuholen.

Die Entwicklung zur Weltmacht begann nachdem der makedonische König Philipp 336 v.Chr. ermordet worden war. Dessen Sohn Alexander erbte seinen Thron. Nur zwei Jahre nach seiner Thronbesteigung begann Alexander in Asien mit einem kleinen Heer von 30.000 Fußsoldaten und 5.000 Reitern einen Eroberungsfeldzug. Im Nordwesten Kleinasiens (in der heutigen Türkei) gewann der junge Alexander seine erste Schlacht gegen die Perser. Im darauf folgenden Jahr gewann er die zweite Schlacht gegen Persiens Großkönig Darius III. Das makedonische Heer bereitete den Persern eine vernichtende Niederlage. Mit seinem legendären Alexanderfeldzug (ab 334 v. Chr.) öffnete er den Griechen das Tor zu einer neuen Welt: Er besiegte die persischen Armeen und stieß bis nach Indien vor. In der dritten entscheidenden Schlacht verfiel die Medo-Persische Weltmacht endgültig und machte Platz für Griechenland.

Als Alexander der Große 323 v. Chr. an Malaria erkrankte und im Alter von nur 32 Jahren starb, wurde das gewaltige Reich unter seinen vier Generälen aufgeteilt. So entstanden aus Alexanders Weltreich vier hellenistische Königreiche, die jedoch nicht mehr über die einstige Kraft verfügten.

Es begann das Zeitalter des Hellenismus. Athens Versuch, nach dem Tod Alexanders wieder eine Macht zu werden, scheiterte. An die Stelle der Polis traten als Machtfaktor die einzelnen griechischen Bundesstaaten. Die griechische Kultur verbreitete sich bis nach Indien.

Infolge der Kämpfe zwischen den griechischen Klein- und Mittelmächten untereinander sowie mit und gegen Makedonien kam es zum Eingreifen des Römischen Reiches. Im zweiten Makedonisch-Römischen Krieg (200–197 v. Chr.) wurde Makedonien vernichtend geschlagen. 196 v. Chr. verkündete der römische General Titius Quinctius Flaminius die Freiheit Griechenlands; Rom blieb aber Protektoratsmacht. Da die Lage weiterhin instabil war, sah sich Rom in der Folgezeit immer wieder gezwungen, einzugreifen. Nach der Schlacht von Pydna 168 v. Chr. war Makedonien, welches unter König Perseus noch einmal versucht hatte, die Vorherrschaft in Griechenland gegen Rom zu erkämpfen, als Machtfaktor ausgeschaltet. Rom engagierte sich nun dauerhaft in Griechenland.

Im Jahre 133 v. Chr. wurde auch das Reich von Pergamon durch Rom annektiert, 64/63 v. Chr. folgte das Reich der Seleukiden in Syrien und 30 v. Chr. schließlich die letzte hellenistische Macht, das Ägypten der Ptolemäer.

Griechenland hatte innerhalb seines Zeitalters die höchste Stufe der Kultur erklommen. Es gab nichts Vergleichbares in den Disziplinen Philosophie, Kunst, Wissenschaft und Sport als das, was dieses begeisternde alte Griechenland geschaffen hatte. Auch die heutige moderne Welt hat den alten Griechen eine Menge zu verdanken. Die tragischsten Dramen und unterhaltsamsten Komödien, aber auch der Mathematikunterricht wurden in Athen entwickelt. Viele wissenschaftliche Erkenntnisse hatten die Griechen von den Kulturen des Morgenlandes übernehmen und festhalten können. Die Olympischen Spiele sind den Griechen geschuldet: sie sollten die Menschen unterschiedlichster Herkunft friedlich miteinander vereinen. Nicht zuletzt aber ist die Demokratie das Erbe berühmter Vordenker aus Athen: Griechenland gilt als die Wiege Europas.

Warum musste das Weltreich Griechenland untergehen?

Politisch militärische Gründe

Die griechischen Staaten verloren zunehmend Schlachten gegen ihre Gegner. Dieses reicht von der Seeschlacht bei Knidos im Jahre 394 v.Chr. bis zur Schlacht bei Charoneia (338 v.Chr.)

Gesellschaftlich-wirtschaftliche Gründe

Alle drei grundlegenden Regierungsformen, nämlich die Monarchie, die Aristokratie und die Demokratie hatten Schwächen gezeigt: In der Monarchie wurde heftig um einen Thron gekämpft, zuweilen zwischen hundert Bewerbern gleichzeitig. Gewalt war an der Tagesordnung, wenn es darum ging, einen Thron zu gewinnen. Selten war die Nachfolge gut geregelt, selten das Haus gut bestellt. Offensichtlich waren auch die Nachteile der Aristokratie. Wenn eine Clique von Aristokraten das Volk aussaugte, scheiterte der Staat ebenfalls über kurz oder lang. Die Aristokratie zerstörte sich selbst, da sie nicht ehrlich an dem Wohlergehen aller Bevölkerungsschichten interessiert war. Die Demokratie hatte versagt, weil die demokratischen Einrichtungen in Athen in Vergessenheit gerieten, als jeder nur noch seinen eigenen Vorteil suchte. Die Steuern in einigen griechischen Demokratien waren am Schluss so hoch, dass jeder Initiative und jeder Arbeitswilligkeit schon im Vorfeld der Garaus gemacht wurde.

Von höchster Bedeutung für den Verfall war das gestörte Wirtschaftsleben. Teilweise durch außerpolitische Wirren bedingt, teilweise aufgrund der Entartung der verschiedenen Herrschaftsformen, existierte schlussendlich keine Ordnung mehr, innerhalb dessen Handel und Wirtschaft reibungslos hätten funktionieren können.

Der Verfall der Religion trug ebenso zum Niedergang bei: Die religiösen Legenden waren längst als fromme Lügenmärchen enttarnt worden. Ethik besaß keine Patronage mehr bei den Göttern.

Die Knabenliebe war schon immer Bestandteil des griechischen Liebeslebens gewesen. Nun regierte zunehmend die Dirne. Es sind ganze Städte in dem sterbenden alten Griechenland als Prostituierten-El-Dorados bekannt. Die Moral verfiel, Nackttänze waren an der Tagesordnung. Der Wechsel der Geschlechtspartner wurde offen propagiert und fester Bestandteil des griechischen Lebens. Des Weiteren war die Abtreibung schließlich nicht mehr strafbar. Viele Kinder wurden nach der Geburt ausgesetzt. Dadurch sank die Geburtenrate. Eine Familie wünschte sich schließlich nur noch eine Tochter oder einen Sohn, wobei den Töchtern nicht die gleiche Bedeutung beigemessen wurde wie den Söhnen. Also wurden Töchter oft ausgesetzt und dem Tod überantwortet. Die Kindstötung wurde schließlich als ein legitimes Mittel gegen den Bevölkerungsüberschuss gebilligt.

Weltmacht Rom13 ≈ 622 Jahre

Der Aufstieg Roms zur Weltmacht begann zunächst durch erfolgreiche kriegerische Auseinandersetzungen gegen andere Mächte im Mittelmeerraum, wie der Besetzung der Adriaküste, der nordafrikanischen Küste oder Kleinasiens, also der heutigen Türkei. Später kam auch die Ägäis mit Griechenland hinzu. Neue Provinzen und Kolonien wurden erobert, Kontrolle über neue Regionen hergestellt.

Rom unterwarf mit seiner militärischen Kraft alles, was sich ihm in den Weg stellte und expandierte immer mehr. Seine Gebiete erstreckten sich am Ende von den Britischen Inseln über einen großen Teil Mitteleuropas und den gesamten Mittelmeerraum bis nach Babylon und zum Persischen Golf. Während Rom immer wohlhabender wurde, verfiel seine militärische Stärke immer mehr. Letztendlich zerbrach das einst so mächtige Reich in viele kleinere Königreiche.

Durch die neuen Provinzen und Kolonien gab es eine große wirtschaftliche Expansion in Rom. Die Wirtschaftsform war demokratisch, doch nicht alle Beteiligten waren demokratisch. So war das römische Volk der demokratische Teil, der Senat das aristokratische Element und das Konsulat ein monarchisches Element. Die Römer konnten ein gutes Leben führen, das Volk war zufrieden: Als Beispiel mögen die Spiele oder Gladiatorenkämpfe genannt werden. Eine Familie ebenbürtiger Nationen war lange Jahre das Geheimnis dieses riesigen Vielvölkerstaates und seiner sehr langen Lebensdauer.

Dank der Kontrolle anderer Kulturen eignete sich Rom ein großes Wissen an, übernahm so auch das Wissen der Griechen und dadurch auch das der arabischen Welt.

Die Pax Romana, die lang anhaltende innere Friedenszeit des Römischen Reiches endete mit der Absetzung des letzten Kaisers von Rom im Jahre 476 n.Chr.. Tatsächlich war der Untergang Roms ein langer Prozess, der 300 Jahre dauerte. Am Ende ging auch das scheinbar „ewige Rom“ unter, Rom, das immerhin ein rundes Jahrtausend Bestand hatte (6. Jahrhundert v. Chr. bis 5. Jahrhundert n. Chr.) und das länger als 600 Jahre Weltmacht war.

Allerdings übte Rom mit dem Papst noch viele Jahrhunderte politische und religiöse Herrschaft über Europa aus. Alle Könige erkannten die Macht und die Größe des Papstes an. So bestimmte im Mittelalter lange Zeit das Heilige Römische Reich Deutscher Nation mit dem päpstlichen Rom als Mittelpunkt die Angelegenheiten der bekannten Welt.

Welche Gründe führten zu dem langsamen, aber steten Niedergang dieses großen Weltreiches?

Politisch-wirtschaftliche Gründe

Die zahlreichen Kriege waren einer der Gründe für den Niedergang Roms. Gleichzeitig degenerierte das römische Heerwesen. Ein Heer, das nur durch Geld motiviert wird, ist leichter zu besiegen, als eines, das dem eigenen Land dient. Die Existenz von Söldnerheeren förderte den Niedergang Roms. Jeder Krieg schuf zudem böses Blut in den eroberten Gebieten, jeder Krieg forderte unzählige Menschenleben, jeder Krieg kostete Unsummen von Geld. Die Besiegten empfanden einen unendlichen Hass gegen die Eroberer. Sklaven und Sklavinnen wurden von den Römern hinweggeführt und der gesamte Adel häufig ausgerottet. Das Land blieb verwüstet zurück, und viele Provinzstatthalter füllten ihre Geldsäckchen. Die Ausbeutung der Provinzen, die unter Kaisern wie Augustus und Hadrian praktisch beendet worden war, wurde von unfähigen Nachfolgern wieder fortgesetzt. In dem Maße, in dem sich Rom für den Mittelpunkt der Welt hielt und alles andere um sich herum nur als „Blutspender“ betrachtete, verlor das Reich. Rom, das ein durch Kriege zusammengeführtes Reich war, zerfiel, als es einen Machtbereich aufrechtzuerhalten suchte, der weit über seine Kraft hinausging. Unter militärischen Gesichtspunkten kann man von einer strategischen Überdehnung sprechen.

Gesellschaftlich-wirtschaftliche Gründe

Nicht alle Herrscher waren intelligent und integer. Es gab Persönlichkeiten mit unglaublichen Tugenden auf dem römischen Kaiserthron (wie Trajan, Hadrian oder Marc Aurel) und andere Herrscher mit schlimmen Auswüchsen (wie Caligula oder Nero), deren Hurerei, Völlerei, Tyrannei und Kriegslust bekannt sind. Besonders in der Degenerationsphase kamen Kaiser mit fragwürdiger Gesinnung an die Macht.

Aus der Zeit von 77 bis 60 v. Chr. wird ein ständiger Kampf zwischen den Optimates (Aristokraten) und den Populares (dem Volk) berichtet. Die Populares forderten freie Bahn den Tüchtigen, alle Macht der Volksversammlung und freies Land für die Veteranen und Armen. Die Optimates dagegen glaubten, dass hohe Ämter nur durch Adlige bekleidet werden könnten bzw. durch Söhne von Familien, deren Vorfahren bereits hohe Ämter bekleidet hatten. Beide Parteien strebten ganz offen nach der Macht und bedienten sich ohne Gewissensbisse Einschüchterungsmethoden und Korruption. Stimmen wurden auf dem Markt gekauft. Ganze Wählergruppen wurden bestochen, deren Führern man vorher ein erkleckliches Sümmchen ausgehändigt hatte.

Auch wirtschaftliche Gründe führten letztlich zum Scheitern Roms. An erster Stelle sind hohe Steuern zu nennen. Kein Herrscher nach Hadrian und Marc Aurel war intelligent genug, niedrige Steuern zu verlangen. Die meisten Gelder wurden überdies in Kriegen verschwendet, die durch die Söldnerheere immer teurer wurden. Außerdem verwandelte sich Rom mehr und mehr in einen Wohlfahrtsstaat. Während kluge Herrscher der Armut durch Arbeit entgegengesteuert hatten, waren die Kaiser am Schluss töricht genug, blind Getreide kostenlos unter das Volk zu werfen, um den „Pöbel zu beruhigen“. Brot und Spiele wurden zum Nulltarif verlangt.

Es gab zunehmend eine überwuchernde Bürokratie und einen schmarotzenden Hof, der Unsummen verschlang. Geld wurde an allen Ecken und Enden verschwendet, die Tugend der Sparsamkeit geriet in Vergessenheit. Dafür erhöhte man weiter die Steuern und geriet damit in einen Teufelskreis. Die erdrückenden Steuern lähmten den Handel, die Industrie und die Gewerbetreibenden. Das Verkehrswesen sank auf ein niedrigeres Niveau und durch die mangelnde Ordnung hielt wiederum Rechtsunsicherheit Einzug. Während die hart arbeitende Mittelklasse hoch besteuert wurde, gaben Adel und Hof fröhlich das Geld aus und schürten damit den Hass.

Die Anzahl der Sklavenaufstände nahm im sterbenden Rom zu; die Sklaven fühlten sich ausgebeutet und wollten ungerechten und selbstgerechten Herren nicht länger dienen.

Spätestens seit Hadrian war ein erheblicher Bevölkerungsrückgang festzustellen. Auf der anderen Seite drangen Barbaren in das Reich, die zum Teil durch intelligente Herrscher wie Marc Aurel in das Volk integriert wurden. Aber das römische Volk selbst starb gewissermaßen aus. Der Grund dafür war eine neue Einstellung zur Familie. Abtreibung und Scheidungen waren an der Tagesordnung.

Mangelnde Moral war ein wichtiger Faktor für den Verfall dieses Riesenreiches. Dieses galt für die Regierung wie für die Familie. Die Ehe wurde nicht mehr geachtet, Geburtenbeschränkungen und Kindesaussetzungen waren akzeptiert. Sexuelle Ausschweifungen, Ehelosigkeit und Promiskuität kennzeichneten die Sitten. Die Zahl der Eunuchen in Rom nahm ständig zu. Die Empfängnisverhütungen und die Kindestötungen führten zu einem empfindlichen Rückgang der Bevölkerung.

Im Übrigen gilt für Rom was auch für Griechenland wahr ist: Rom wurde nicht von außen zerstört, nicht durch den Einfall der Barbaren, sondern letztlich durch sich selbst.

Weltmacht Portugal14 ≈ 242 Jahre

Portugal gilt heute als eines der ärmsten Länder Europas. In der Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit allerdings hatten die Portugiesen, „ein kleines unbeachtetes Seevolk im letzten Winkel Europas“15, ihre grosse Stunde. Vasco da Gama fand über das Kap der Guten Hoffnung den Seeweg nach Indien, Ferdinand Magellan umsegelte die Südspitze Amerikas und Pedro Alvarez Cabral eroberte Brasilien. Über zwei Jahrhunderte blieben die Portugiesen Kolonialmacht Nummer eins und beherrschten den Handel mit Indien und dem Fernen Osten. Gewürze, Seiden, Pferde und Sklaven – alle „Waren“ gingen durch die Stützpunkte Portugals und brachten dem Land Reichtum und Ruhm.

Wie war es möglich, dass sich eines der kleinsten Länder Europas zwischen den Jahren 1415 bis 1515 den Zugang zu den wichtigsten Handelsplätzen auf zwei Kontinenten sichern konnte?

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts hatte Portugal etwa eine Million Einwohner. In Lissabon, der größten Stadt, wohnten 40.000 Menschen. Portugals Gesellschaft war weitgehend landwirtschaftlich orientiert und baute Weizen, Hirse, Wein, Oliven und Südfrüchte an. Die meisten Arbeiter standen als Tagelöhner im Dienst weltlicher und geistlicher Herren. Einen Großteil ihres Lohnes mussten sie für das Stück Land abgeben, das sie für sich selber bewirtschafteten. Und sie konnten jederzeit zum Frondienst eingezogen werden. Im weniger fruchtbaren Süden, im Alentejo, war die Abwanderung in die Hafenstädte groß. Wer konnte, versuchte dem mühseligen Los des Landarbeiters zu entgehen, sei es durch städtisches Handwerk, durch Kleingewerbe oder eben auf See. So förderte der Drang der Portugiesen, der Feldarbeit zu entgehen, schließlich die portugiesische Übersee-Expansion.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts hatte Portugal seine langen Grenzkonflikte mit Kastilien beigelegt und mit England ein Handelsabkommen abgeschlossen. Da es seinen Außenhandel über den Seeweg abwickelte – aber auch zum Schutz seiner Küsten – brauchte es eine leistungsfähige Flotte. Zusätzlich lockten Gerüchte von sagenhaften Schätzen in Indien, die man aus den Reiseberichten des Venezianers Marco Polo kannte, in die weite Welt. Denn bis zum Ende der Reconquista 1492 (Vertreibung der Muslime von der Iberischen Halbinsel) war Portugal durch die Araber vom Mittelmeerhandel abgeschnitten. So erwachte der Wunsch, an die begehrten indischen Gewürze ohne Vermittlung der Muslime zu gelangen.

Für Kolumbus, Vasco da Gama und Magellan hingegen wirkten Goldgier, Abenteuerlust, kriegerischer Betätigungsdrang und ein von der iberischen Reconquista geprägter Geist als Antriebskräfte, als sie zu ihren Fahrten durch unbekannte Ozeane aufbrachen. Die Renaissance mit ihrer Hinwendung zur diesseitigen Welt fand in diesen Entdeckungsfahrten ihren sichtbarsten Ausdruck.

Die Eroberung der nordafrikanischen Hafenstadt Ceuta, strategisch günstig an der Straße von Gibraltar gelegen, bildete 1415 schließlich den Anfang von Portugals weltgeschichtlicher Leistung. Von hier aus wurde die Vorherrschaft der weißen Zivilisation in der Neuzeit begründet.

Die Portugiesen segelten zunächst an der Westküste Afrikas entlang, um das offene Meer zu meiden. 1487 umschiffte Bartolomeu Dias das Kap der Guten Hoffnung und ebnete den Weg für Vasco da Gama, der 1498 in Ostindien landete. Der Seeweg ostwärts nach Indien und zu den Gewürzinseln im Pazifik stand den Portugiesen jetzt offen. Deshalb lehnten sie Kolumbus' Plan, westwärts in den Fernen Osten zu segeln, ab. So fiel die Entdeckung Amerikas 1492 unter die Schirmherrschaft der Spanier.

Portugal und Spanien wollten nun ihre Entdeckungen sichern. Der Papst fand dafür eine für beide Länder annehmbare Lösung: Er zog eine Demarkationslinie von Pol zu Pol, die auf Äquatorhöhe in der Nähe der Amazonasmündung verlief. Im Vertrag von Tordesillas erhielt Portugal 1494 die Gebiete östlich dieser Linie (das 1500 von Pedro Alvarez Cabral entdeckte Brasilien und die Gewürzinseln in Südostasien). Spanien erhielt den Kolonialanspruch auf die Gebiete westlich der Linie (Mittel- und Südamerika).

Dieser Vertrag und weitere ähnliche Abkommen zeigen, wie sehr im mittelalterlichen Völkerrecht die Idee eines „orbis christianus“, eines christlichen Weltkreises, verankert war. Der Missionsgedanke war also von Anfang an ein Grundpfeiler des Kolonialismus.

Spanier und Portugiesen waren wohl Konkurrenten, gingen aber mit den eroberten Gebieten völlig unterschiedlich um. Während die Spanier ihre Kolonialgebiete im Namen der Krone feierlich in Besitz nahmen, die Eingeborenen unterwarfen und die Bodenschätze ruchlos ausbeuteten, entwickelten die Portugiesen ein ganz anderes Modell. Sie verzichteten auf grossen Landerwerb und errichteten ein weitgespanntes Netz von Handelsstützpunkten mit Goa als zentralem Hafen. Mit einer eindrücklichen Machtdemonstration am Anfang wurden die Lokalfürsten zur Abtretung eines kleinen Hafenplatzes oder einer vorgelagerten Insel zum Bau von Festungen bewegt. Der einheimischen Bevölkerung beließ man ihre Siedlungs- und Herrschaftsstrukturen. Zur Pflege der gegenseitigen Beziehungen entwickelte sich an den Küsten Afrikas und Asiens über die Jahre eine oft gemischtrassige Mittelschicht von Bootsleuten, Händlern und Dolmetschern. Im Osten, in China und Japan, stießen die Portugiesen ohnehin auf hoch entwickelte Fremdkulturen, die ihnen Respekt abnötigten.

Portugals Erfolgsgeheimnis bestand darin, sich immer auf das ursprüngliche Konzept zu beschränken: Das kühne und tapfere Seefahrervolk wollte sich den Zugang zu den begehrten Naturprodukten des Ostens sichern – dies unter Umgehung des Islam und auf dem vorteilhaftesten maritimen Weg. Mit den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, auf die sie stießen, pflegten die Portugiesen eine beide Seiten zufriedenstellende Kulturbeziehung. Und das wohl nicht zuletzt, weil sie, von ihrer Geschichte her gesehen, selbst eine Mischrasse mit phönizischen, jüdischen, römischen, arabischen und schwarzafrikanischen Wurzeln waren. Sie kannten keine Rassenvorurteile und vermischten sich mit der einheimischen Bevölkerung, wie es durch Brasilien beispielhaft gezeigt wird.

Einiges war zusammengekommen, das dem Aufbruch in neue Welten förderlich war. Das Wissen um ferne Länder und grosse Schätze hatte sich durch die Reiseberichte von Marco Polo über seine Erlebnisse in China und von Sir John Mandeville, der von den Gewürzen Ostasiens und den Schätzen des Grosskhans erzählte, bis nach Portugal verbreitet. Ausserdem waren die Bewohner des Mittelmeerraums durch die Vertreibung der Mauren in Kontakt mit dem Wissen arabischer und jüdischer Gelehrter gelangt. So stand den portugiesischen Entdeckern u. a. ausgezeichnetes Kartenmaterial der Araber zur Verfügung.

Sie selbst zeichneten seit dem 15. Jahrhundert viel genauere Karten als die Kartografen des Mittelalters, welche oft Legende und Realität vermischt hatten. Die Landkarten, wie sie die Venezianer und Genuesen und die jüdischen Kartografen auf Mallorca fertigten, waren z. B. mit Windstrichlinien überzogen, die es dem Kapitän leichter machen sollten, den Weg in den nächsten Hafen zu finden. Die Entwicklung der hochseetauglichen Segelschiffe, der Karavellen, machte es möglich, den Atlantik zu überqueren. Der Einsatz von Geschützen auf Schiffen brachte den neuen Seemächten die Überlegenheit auf den Weltmeeren. Der Kompass, den die Araber im 12. Jahrhundert in China kennengelernt und im 13. Jahrhundert nach Europa gebracht hatten, der Sternenhöhenmesser und das Log machten als Navigationshilfsmittel die grossen Fahrten von Vasco da Gama, Pedro Cabral, Bartolomeu Dias und Magellan erst möglich.

Goa war der Mittelpunkt des Handels mit dem Osten. Es war von Lissabon 10.000 Seemeilen entfernt. Von hier waren es noch einmal 4.000 Seemeilen bis Macao. Für die Reise nach Europa und zurück rechnete man eineinhalb Jahre.

Während des 16. und 17. Jahrhunderts sandte Portugal jedes Jahr 20 Schiffe mit insgesamt 15.000 Reisenden (darunter nur ein paar Dutzend Frauen) über die Meere. Auf der Reise nach Indien war die Sterblichkeit hoch. Immer wieder rafften Skorbut, Tropenfieber und Syphilis ein Drittel der Besatzung dahin. Eines von zehn ausgelaufenen Schiffen erlitt Schiffbruch, sodass regelmäßig etwa 25 Prozent der eingeschifften Seeleute und Kolonisten auf einer zweijährigen Reise starben.

Auf der Rückreise nach Europa führten die portugiesischen Seefahrer vor allem Gewürze und Textilien mit sich: Pfeffer von der Malabarküste, Zimt aus Ceylon, Muskatblüten und -nüsse und Nelken von den Molukken. Aus Arabien und Persien kamen Pferde, von der indischen Ostküste kostbar bedruckte Stoffe, aus Japan und China Seide, Porzellane und Edelmetalle. An der afrikanischen Küste wurden Glasperlen, Textilien, Branntwein und Gewehre aus dem Mutterland im regen Tauschhandel eingesetzt.

Im Afrikahandel konzentrierte sich Portugal im Lauf des 16. Jahrhunderts – neben Gold, Elfenbein und Leder – immer mehr auf den Sklavenhandel. Anfänglich wurden die Schwarzafrikaner als Haussklaven nach Portugal verfrachtet, später fanden die Sklaven Verwendung auf den Zuckerrohrplantagen Madeiras, São Tomés und der Kapverdischen Inseln. Um 1530 wurden mit der portugiesischen Kolonisation Brasiliens dann immer mehr Sklaven nach Südamerika verschifft. Deshalb werden Zuckerrohrplantagen und das Sklavenproblem auch als „Portugals Geschenk an Amerika“ bezeichnet.

Portugal leistete an der Zeitenwende vom Mittelalter zur Neuzeit durch die Fahrten seiner Entdecker einen ausschlaggebenden Beitrag zur Erforschung und Kolonisierung neuer Welten.

Früher betonte die Geschichtsschreibung vor allem den Pioniergeist und Mut der portugiesischen Entdecker, ihre hohen wissenschaftlichen und navigatorischen Kenntnisse und auch den Impetus, den die Kreuzzugsidee dem Vorstoß in die Neue