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Als der deutsche Astronaut Alexander Gerst vom Orbit aus die Lichtblitze von Bomben und Raketen sah, kam ihm ein verstörender Gedanke: "Wenn einmal außerirdische Besucher unseren Planeten ansteuern würden, dann wäre das Erste, was sie von der menschlichen Zivilisation mitbekämen, dass wir uns gegenseitig bekriegen. Sie müssten uns für primitive Barbaren halten." Dieses Buch nimmt diese Außenperspektive stellvertretend ein und öffnet den Leserinnen und Lesern so einen weiträumigen Blick auf eine so komplexe wie zerbrechliche Welt. Auf einen Planeten, der Fieber hat - mitverursacht von einem Lebewesen, das sich für das Abbild seines Schöpfergottes hält und dabei doch stets nur einen Auftrag von ihm ernst nimmt: sich die Erde untertan zu machen. Und dabei der Natur, seinen Mitkreaturen und nicht zuletzt den eigene Artgenossen unsägliches Leid zufügt. In einem scharfzüngig formulierten Streifzug stellt Klaus Becker verschiedene Typen dieses Geschöpfs vor - den habgierigen, den kriegerischen oder den grausamen Menschen - und stellt zugleich die Frage, was das heute bedeuten könnte: ein guter Mensch zu sein. Nicht ein Idealbild des Menschen hat der Autor dabei im Auge, sondern den realen Menschen, so wie er lebt und handelt. In diesem Buch plädiert er für eine maßvolle anthropozentrische Weltsicht, eine Weltsicht also, die den Menschen und seine Interessen in den Mittelpunkt stellt. Richtig verstanden, wird dieser Ansatz zum Wohle des ganzen Planeten sein. Und während sich der Autor in der kirchen- und religionskritischen Tradition eines Karlheinz Deschner sieht, stellt er zugleich die Frage, wie etwa die Zehn Gebote in unserer Zeit sinnvoll gelesen und neu formuliert werden können.
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Seitenzahl: 1321
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Meinem Vater Hermann Becker
VORWORT
DIE NATÜRLICHE WELT
Der Kosmos
Entstehung und Entwicklung des Universums
Galaxien
Fixsterne und Planeten
Unser Heimatplanet
Unser Planet aus kosmischer Sicht
Bemannte Raumfahrtmissionen
Natur und Umwelt
Der weltweite Energiehunger
Der Klimawandel
Die Erwärmung der Erde
Folgen der Erwärmung
Der Treibhauseffekt
Der anthropogen verstärkte Treibhauseffekt
Klimaskeptizismus
Klimapolitik
Umweltverschmutzung
Das Problem mit den Tropenwäldern
Das Problem mit der Luftverschmutzung
Das Problem mit dem Atommüll
Das Problem mit dem Plastikmüll
Das Problem mit dem Elektroschrott
Das Fracking-Problem
Das Leben
Die Tierwelt
Das Tier, entwickelt oder geschaffen?
Wildtiere
Artenvielfalt und Artenschutz
Aussterberate und Aussterbeereignisse
Nutztiere
Hühnerhaltung
Schweinehaltung
Rinderhaltung
Stopfleberproduktion
Die Menschenwelt
Der Mensch, Affen- oder Gotteskind?
Der vermeintlich große Unterschied
Die Beanspruchung der Erde
Der Mensch, nur allzu menschlich
Der Kriegmacher
Der habgierige Mensch
Der betrügerische Mensch
Der skrupellose Mensch
Der grausame Mensch
Der Kindermisshandler
Der Menschenhändler
Der Drogenhändler
Der Waffenhändler
Die Geldhändler
Der Flüchtling
Der Terrorist
Der lächerliche Mensch
Der Experte
Der Künstler
Stars und Sternchen
Der Wissenschaftler
Das Genie
Der Politiker
Der kulturelle Mensch
Der gute Mensch
DIE ÜBERNATÜRLICHE UND IDEENWELT
Religiös basierte Ideenwelten
Bedeutende Weltreligionen
Engel und Teufel
Gott als Schöpfer und Weltenlenker
Der personifizierte Gott
Religiöse Gebote und Wirklichkeit
Strafanzeige und Gericht
Nicht-religiös basierte Ideenwelten
Weltsicht
LITERATURVERZEICHNIS
ABBILDUNGEN
Die seinerzeitige Trump-Beraterin Kellyane Conway, Counselor to the President, hatte die Zeichen der Zeit erkannt: „alternative Fakten“. Den Menschen ist die Welt offenbar zu kompliziert geworden. Sie suchen nach Alternativen. Und sie machen selbst vor alternativen Fakten nicht halt. Dass eine sicher intelligente Frau, die die Beraterin des mächtigsten Mannes dieser Welt sein sollte, eine derartige Wortkombination kreiert, ist einigermaßen erstaunlich. Wahrscheinlich ungewollt – das unterstelle ich – hat sie die Zeichen der Zeit erkannt. Nicht nur, dass Fakten offenbar keine Rolle mehr spielen, nein, es gibt sogar alternative Fakten. Auch gepostete Fakten und Postfakten und gefakte Fakten. Da möchte man mit unserer alternativlosen Kanzlerin einstimmen: Fakten sind alternativlos. Alternativ bedeutet die Möglichkeit zur Entscheidung zwischen zwei Optionen oder Dingen (aus dem Lateinischen von alter, der eine der andere). Davon abweichend bezeichnet der Begriff auch eine von mehreren oder überhaupt vorhandenen Möglichkeiten. Danach gibt es also unzählbar viele alternative Fakten. Ich kehre zurück zu den „tatsächlichen“ Fakten. Ich möchte über alternativlose Fakten berichten, über den Kosmos, Natur und Umwelt, das Leben, Tiere, Menschen und Götter. Ich beginne mit der natürlichen Welt und befasse mich im ersten der drei Kapitel mit dem Kosmos und unserem Heimatplaten. Insbesondere liegt mir am Herzen, zu vermitteln, wie unbedeutend wir uns eigentlich nehmen sollten angesichts der Größe unseres Universums und der Kleinheit und Sensibilität unseres Planeten. Wir Menschen werden höchstwahrscheinlich niemals in der Lage sein, die Welt zu durchschauen und zu erkennen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Möglicherweise werden wir ergründen können, wie sie entstanden ist, wie sie sich entwickelt und wie sie das hervorgebracht hat, was wir um uns herum wahrnehmen, einschließlich unserer eigenen Spezies. Wir werden aber möglicherweise nicht herausbekommen, warum die Welt existiert. Das ist eine der letzten Trümpfe, die die Religionen in der Hand haben. Warum ist nicht nichts, hört man sie fragen. Ich möchte keine vorschnellen Antworten geben, aber schon einmal verraten, dass es das Nichts nicht einmal gibt. Ich werde versuchen, Sie, liebe Leserin, lieber Leser auch diesem Phänomen wenigstens ein kleines Stück weit näher zu bringen. Im Kapitel Natur und Umwelt beleuchte ich einige wenige Aspekte unserer Umwelt und unser Verhältnis zu ihr. Die Geschicke unserer Umwelt bestimmten schon immer auch die des Menschen, früher oder später auch die unsrigen und die unserer Nachfahren. Wir sollten uns deshalb um unserer Umwelt kümmern. Dass wir sie wesentlich beeinflussen, den drohenden Zusammenbruch gar verhindern können, steht allerdings in den Sternen und ist meiner Einschätzung nach eher unwahrscheinlich. Aber das ist tatsächlich nur eine Einschätzung, ein Gefühl, das auf keiner wissenschaftlichen Grundlage fußt.
Ob das Leben ein allgemeines Prinzip ist, das überall dort entstehen kann, wo die Bedingungen für Leben geeignet sind oder ob es sich um ein Phänomen handelt, das sich ausschließlich auf unserem Planeten breit gemacht hat, ist nicht geklärt. Extraterrestrisches Leben wurde bis dato nicht gefunden, obgleich fieberhaft danach gesucht wird. Aber wir befinden uns auch noch ganz am Anfang. Mit einigen Grundprinzipien des Lebens, wie wir es kennen, werde ich mich im Kapitel „Das Leben“ beschäftigen.
Im Kapitel „Die Tierwelt“ geht es mir um unsere tierischen Mitkreaturen. Im ersten Abschnitt werde ich mich mit der Kreatur im Allgemeinen beschäftigen, ein paar wenige Aspekte der Evolution streifen und feststellen, dass es genaugenommen mehr Gemeinsamkeiten als Gegensätze gibt zwischen dem, was wir Tier nennen, jedenfalls dem höher entwickelten, und unserer eigenen Spezies. Anschließend befasse ich mich mit dem in freier Wildbahn lebenden Tier, mit Aspekten der Artenvielfalt und Arterhaltung sowie dem Artensterben und mit Massenaussterbeereignissen, die die Erde bis dato ereilt haben. An der vorläufigen Spitze der Evolution angekommen stände es uns gut zu Gesicht, wenn wir mit unseren tierischen Mitkreaturen „anständig“ umgingen. Anständig im Sinne einer ethischen Verhaltensweise. Unter diesem Aspekt stelle ich die Haltebedingungen einiger weniger Nutztierarten vor, deren Schicksal die Nahrungsmittelversorgung unserer Spezies ist, jedenfalls solange wir, aus welchen Gründen auch immer, auf tierische Lebensmittel wie Fleisch, Wurst, Fisch und Milch, Milchprodukte und Eier noch nicht verzichtet haben und gegebenenfalls auch nicht verzichten möchten.
Dem Kapitel „Die Menschenwelt“ widme ich die größte Aufmerksamkeit. Das hat seine guten Gründe. Der Mensch ist schließlich das eindeutig höchst entwickelte Lebewesen auf unserem Planeten. Er ist damit verantwortlich für alles, was auf diesem Planeten abseits von Natur geschieht, für sämtliche kulturellen Errungenschaften, für Kunst, Religion und Wissenschaft und die Folgen daraus. Für Krieg und seltener Frieden, für Hunger und Elend, zumindest in vielen Fällen, für Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Sklaverei, für Terror, Totschlag und Mord, für die Misshandlung von Kindern und Frauen. Und für die rücksichtslose Vernichtung des Lebensraumes aller Kreaturen dieses Planeten. Die Vokabel menschlich verwende ich in einer weniger geläufigen Weise. Die Begriffe „menschliches Verhalten“, „Menschlichkeit“, gehen in der Regel von einer normativen Vorstellung aus, einer Vorstellung also, wie der Mensch sein sollte oder angeblich seiner wahren Natur folgend oder idealerweise ist. Ein Beispiel dafür ist das christliche Menschenbild. Ich verwende dagegen „menschlich“ für alles, was dem Menschen eigen ist, nicht zuletzt auch für das, was er mit dem Tier gemeinsam hat und natürlich auch, was ihn vom Tier unterscheidet und ihn verantwortlich macht. Menschliches Verhalten in diesem Sinne bedeutet also jedes empirisch beobachtbare Verhalten der Spezies Mensch. Und dieses ist, wie wir noch feststellen werden, alles andere als „menschlich“ im humanitären oder christlichen Sinne, also im Sinne der erst genannten Definition.
Den zweiten Teil der Arbeit widme ich der übernatürlichen, auch jenseitigen oder Ideenwelt, die sich unseren Sinnen entzieht und ausschließlich unseren Gehirnen entspringt und zugänglich ist. Im ersten Kapitel geht es um die religiös basierten Ideenwelten. Dabei gehe ich auf die fünf bedeutendsten Weltreligionen ein, auf ihre Götter, Ideen, Gesetze, Vorschriften und Versprechungen, auf Engel und Teufel, auf die Rolle Gottes als Welterschaffer und Weltenlenker und auf seine Rolle als „Gesprächspartner“ des Menschen. In diesem Zusammenhang interessiert es mich auch, wie es bestellt ist um die Erfüllung der religiösen Gebote. Ich beschränke mich dabei im Wesentlichen auf die christlich geprägte westliche Welt. Und schließlich interessiert mich, was uns erwartet, wenn wir diese Erde verlassen müssen, die Gerichte, die über uns richten und das versprochene Leben nach dem Tod. Im zweiten Kapitel befasse ich mich, wenn auch nur sehr oberflächlich, mit nicht-religiös basierten Weltanschauungen und gehe auf die Inhalte der bekanntesten ganz grob ein. Im dritten Kapitel schließlich stelle ich meine Sicht der Welt und auf die Welt zusammenfassend dar. Es handelt sich im Grundsatz um eine Zusammenfassung der Feststellungen und Beobachtungen aus den Kapiteln dieser Arbeit. Leiten lasse ich mich dabei, soweit es möglich ist, von objektiven Fakten. Aber das ist leichter gesagt als getan, wenn nicht einmal die Wissenschaft darüber verfügt. Bei vielen Themen, besonders den „übernatürlichen“, lasse ich gerne das Parsimonitätsprinzip, auch Prinzip der sparsamen Erklärung, gelten. Dieses Prinzip war eines der Prinzipien, auf die der Philosoph und Theologe Wilhelm von Ockham (*1288; †1347) seine Arbeiten gründete. Dieses Prinzip schreibt bei der Bildung von erklärenden Hypothesen und Theorien Sparsamkeit vor. Soll heißen: Steht man vor der Wahl mehrerer möglicher Erklärungen für dasselbe Phänomen, so ist das einfachste zu bevorzugen. Dabei ist eine Erklärung einfach, wenn sie mit möglichst wenigen zusätzlichen Annahmen auskommt, in diesem Sinne also sparsam ist. Diese Vorgehensweise ist als „Ockhams Rasiermesser“ in die Philosophiegeschichte eingegangen. Das Rasiermesser wird als Metapher verwendet. Die simpelste und einfachste Erklärung ist zu wählen, alle anderen sind mit dem Rasiermesser abzuschneiden. Meine Sicht auf die Welt sehe ich als eine mögliche von vielen ohne weiteren Anspruch. Ich möchte diese Sicht niemandem einreden und niemanden davon überzeugen und auch niemanden aufklären. Insbesondere möchte ich niemandes Weltsicht zerstören, solange in deren Namen keine Kriege geführt und Andersdenkende verfolgt werden. Den Leserinnen und Lesern möchte ich ausschließlich Anregungen geben, nachzudenken und die traditionellen Vorstellungen zu hinterfragen. Viele Zeitgenossen haben diese im Kern schon aufgegeben, sind den Traditionen aber nach wie vor auf erstaunliche Weise verhaftet.
Bevor ich nun das Vorwort verlasse und in die Materie einsteige, stelle ich die rhetorische Frage, wieso sich eigentlich irgendjemand für meine Sicht der Dinge interessieren soll? Zugegeben, mir fällt die Antwort nicht nur nicht leicht, sondern extrem schwer. Meiner Erfahrung folgend ist schon das grundsätzliche Interesse an Themen, mit denen wir, Sie und ich, liebe Leserin, lieber Leser, uns hier befassen, nicht sonderlich ausgeprägt. Wie sollten sich also Leserinnen und Leser finden, die sich gerade für meine Sicht der Dinge interessieren könnten. Ich habe tatsächlich keine Antwort parat. Ich kann nur hoffen, dass es zunehmend Menschen gibt, die sich um unser Da- und Hiersein Gedanken machen, quasi ihre Gehirne einschalten und zu den „richtigen“ Ergebnissen kommen, um daraus die „richtigen“ Schlüsse zu ziehen. Was letztendlich „richtig“ ist, weiß ich dummerweise nicht, ich glaube nur zu ahnen, was „nicht richtig“ ist. Was ich weiß ist allerdings, dass jedermann die Möglichkeit hat, nicht mit den Wölfen zu heulen und nicht mit den Schafen zu blöken. Sie, er muss sich nur entscheiden.
Ich wünsche viel Freude beim Lesen.
Oberwesel, den 12. Mai 2019.
PS: Die dargestellten Fakten sind im Wesentlichen Lexikonwissen, im vorliegenden Fall Wissen vorrangig aus dem Online-Lexikon Wikipedia. Auf die verwendeten frei zugänglichen Seiten im Web, in der Regel Blogs und Presseartikel, verweise ich unter Sonstige Quellen, partiell auch unmittelbar im Text. Unter „Abbildungen“ wird der Nachweis über die Herkunft sämtlicher Abbildungen geführt. Der Verweis erfolgt im Zusammenhang mit der Abbildung selbst. Meine Einlassungen zu tagespolitischen Themen, die ich hin und wieder einstreue, sind zum Zeitpunkt, zu dem Sie, liebe Leserin, lieber Leser diese Zeilen lesen sollten, trivialerweise überholt, die Schlüsse, die ich daraus ziehe, nicht immer unbedingt. Und noch etwas: Die Motivation für die vorliegende Arbeit gründet auf meinem Bedürfnis, einige Phänomene dieser Welt ein wenig besser verstehen zu wollen. Meiner Neigung folgend habe ich das, was ich glaube, verstanden zu haben und als mein Verständnis bezeichne, aufgeschrieben und schlicht zusammengefasst. Nicht mehr und nicht weniger. Da ich hoffe, für die eine oder andere Sicht, sicher nicht für alle Sichten, auf Gleichgesinnte zu treffen, formuliere ich im Text ausschließlich nicht in eigener Person, sondern mit einem mitnehmenden „Wir“.
In diesem ersten Teil der Arbeit befassen wir uns mit Aspekten der natürlichen Welt, zunächst mit der unbelebten Natur, der Entstehung und Entwicklung des Universums und seiner aus Galaxien, Sternen und Planeten bestehenden Struktur. Die Wissenschaft hat im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte im Hinblick auf die Erforschung des Anfangs und der Entwicklung des Universums extrem große Fortschritte gemacht. Dessen ungeachtet sind noch unzählige Fragen nicht geklärt. Insbesondere ist die eigentliche Ursache seiner Entstehung vor geschätzt 13,8 Milliarden Jahren nach wie vor im „Urknall-Nebel“ verborgen. Das heißt, das Universum muss, wenn denn alles, was die Wissenschaft bis dato erarbeitet hat, richtig ist, vor 13,8 Milliarden Jahren begonnen haben zu existieren, sicher nicht mit einem Knall, aber doch so, dass es sich seither von unvorstellbar kleiner Gestalt zu unvorstellbar großer entwickelt hat. Wir müssen hinzufügen, ohne das Ganze an dieser Stelle komplizierter erscheinen zu lassen als notwendig, dass diese Aussage ausschließlich für das sichtbare Universum machen können, also nur für den Teil des Kosmos, den wir aus unserer wurmartigen3,15 Perspektive beobachten können. Genaugenommen steckt die Kosmologie noch in den Kinderschuhen. Und es ist schlicht falsch zu glauben, aber auch zu behaupten, sie wüsste schon um die letzten Geheimnisse des Universums. Sie glaubt zu wissen. Und jeder seriöse Kosmologe wird das so sehen. Unter diesem Aspekt halten wir den Slogan „Wissen statt Glauben“, wie er beispielsweise von der Giordano-Bruno-Stiftung verwendet wird, für nicht unbedingt sehr glücklich.
Zu guter Letzt wird klar, dass wir die Bedeutung unseres Heimatplaneten und damit die seiner Bewohner alleine angesichts der nicht vorstellbaren Größe des Universums eigentlich nicht genug unterbewerten können. Insbesondere glauben wir, dass unser Planet und wir selbst in diesem Universum keine außergewöhnliche Rolle spielen können, es sei denn, es hätte jemand mit diesem winzigen Etwas und der nicht sonderlich friedfertigen Spezies Mensch etwas Besonderes vorgehabt und vor. Genau dies ist Grundlage religiöser Weltanschauungen. Die Alternative ist, dass alles, was wir um uns herum wahrnehmen, zufällige Produkte der physikalisch/chemischen und biologischen Evolution sind. Wir werden sehen. Die Lehre, die wir daraus ziehen wollen, ist die Einsicht, dass dieser unser Planet extrem sensibel ist und eines pfleglichen Umgangs bedarf.
Im zweiten Kapitel widmen wir uns deshalb der Umwelt unseres Planten. Dabei verstehen wir Umwelt als unbelebte natürliche Umgebung – Luft, Boden, Wasser, Klima –, unter der sich Lebewesen und Pflanzen entwickeln und leben können, mit der sie aktiv wechselwirken und die sie beeinflussen und verändern können. Die Umwelt intakt zu halten, also lebenswert, als Lebensgrundlage für seine eigene Existenz, sollte dem Menschen eigentlich ein hohes Gut sein. Aufgeklärt und in Kenntnis der zugegebenermaßen nicht einfachen Zusammenhänge sollte es der Schöpfungskrone eigentlich möglich sein, für die richtigen Schritte zur Erhaltung seiner Lebensgrundlage vehement einzutreten. Dummerweise hindern ihn wirtschaftliche Interessen und Ideologien an dieser Einsicht. Davon soll in diesem Kapitel die Rede sein.
Im dritten Kapitel beschäftigen wir uns mit dem Leben, mit der Entstehung des Lebens auf unserem Planeten und mit der Frage nach Leben auf extraterrestrischen Himmelskörpern. Wenn wir die biologische Evolution als ein Lebensprinzip auffassen, dann sollte es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht wenigen der unvorstellbar vielen planetaren Körper – schon ihrer schieren Vielzahl wegen – möglich sein, Leben zu generieren, Leben, das als elektrochemisches System in der Lage ist, sich eine Zeit lang selbst zu erhalten, sich reproduzieren kann und eine Entwicklung (Evolution) ermöglicht. Die Alternative zu dem geschilderten Szenario wäre ausschließlich auf diesem unserem wunderbaren Planeten entstandenes Leben. Aufgrund eines einzigartigen, in Milliarden potenzieller Fälle nicht wiederholten lebensgenerierenden Prozesses? Oder, wie uns die Religionen verkünden, durch die „Hand“ eines Schöpfers, der mit dem Planeten und den erschaffenen Lebewesen einen göttlichen Plan verfolgt?
Das vierte Kapitel widmen wir unseren tierischen Mitbewohnern. Wir werden sehen, dass sich der Mensch und zumindest die höher entwickelten Tiere in allen Merkmalen nur graduell, nicht prinzipiell unterscheiden. Dass das für die körperlichen Merkmale, den Aufbau, die Lebens- und Reproduktionsmechanismen gilt, haben wir im Laufe der Zeit verstanden und hingenommen. Bei geistigen Merkmalen tun wir uns da schon schwerer. Aber es gilt als sicher, dass Tiere ein Bewusstsein haben und Gefühle zeigen wie Angst, Mitleid, Menschenaffen sogar „Humor“ besitzen und „kulturelle“ Errungenschaften vorweisen können. Es würde uns Menschen deshalb gut zu Gesicht stehen, wenn wir unsere tierischen Mitbewohner anständig behandeln würden. Dass wir es tatsächlich nicht tun, zeigen zahlreiche Beispiele aus der Nutztierhaltung. Damit wollen wir uns kurz beschäftigen. Schlussendlich sind es immer wieder die gleichen Gründe, die uns Menschen dazu verführen, uns nicht so zu verhalten, wie man es von der an der Spitze der Evolution angekommenen Kreatur eigentlich erwarten könnte, eigentlich erwarten müsste: Gedankenlosigkeit und Geldgier sind die treibenden Kräfte. Gegen Gedankenlosigkeit lässt sich in der Regel etwas tun, zum Beispiel durch Erziehung und Bildung, gegen Geldgier eher wenig, wenn nicht sogar nichts. Dies lehrt zumindest die Erfahrung.
Im fünften Kapitel beschäftigen wir uns mit der Kreatur, die nach rund vier Milliarden Jahren an der vorläufigen Spitze der Evolution angekommen ist bzw. wenn wir die andere Möglichkeit in Erwägung ziehen, von einem Schöpfer vor wie vielen Jahren auch immer, nach dessen Ebenbild erschaffen und auf diesen unseren Planeten losgelassen wurde, damit sie ihn sich untertan mache. Wir gehen kurz ein auf das Auftreten der ersten Menschen vor etwa 200.000 Jahren und betrachten ein paar wenige wichtige Entwicklungsschritte. Im Hauptteil des Kapitels beschäftigen wir uns, wie bereits im Vorwort angekündigt, mit dem „menschlichen“ Verhalten im Hier und Jetzt, also vorrangig in unserer westlichen Wertegesellschaft zu Beginn des dritten Jahrtausends und wundern uns an der einen und anderen Stelle. Wir sprechen über
den kriegerischen Menschen,
den habgierigen Menschen,
den betrügerischen Menschen,
den skrupellosen Menschen,
den grausamen Menschen,
den Kindesmisshandler,
den Menschen als Menschenhändler,
als Drogenhändler,
Waffenhändler und
Geldhändler,
den flüchtigen Menschen,
den Menschen als Terrorist,
den lächerlichen Menschen,
den Menschen als Experte,
den Menschen als Künstler,
Stars und Sternchen,
den Menschen als Wissenschaftler,
den Menschen als Genie.
den Menschen als Politiker und
den Menschen und seine Kultur.
Und wir vergessen nicht, uns auch mit dem „guten“ Menschen zu beschäftigen.
Mit diesem Kapitel wollen wir letztendlich die Einsicht vermitteln, dass wir auf einem hoch sensiblen Himmelskörper leben, den wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften schützen sollten. Jedenfalls sollten wir es versuchen. Dass dieses Vorhaben selbst unter dem Einsatz all unserer Mittel nicht notwendig zum Erfolg führen muss, werden wir noch sehen. Wir holen zugegebenermaßen sehr weit aus dabei. Alternativ könnten wir uns auch als Astronauten auf die ISS fliegen lassen, um die notwendigen Eindrücke zu gewinnen und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Wie wir wissen, ist das leider nicht jedem Erdenbürger möglich. Aber es genügt durchaus, wenn wir unsere Gehirne einschalten und ein wenig nachdenken. Im ersten Abschnitt gehen wir in der gebotenen Kürze auf die Theorie ein, die die Entstehung und Entwicklung des Universums beschreibt. Es ist die Theorie vom heißen Urknall. Als Begründer der Urknalltheorie gilt der belgische Theologe und Physiker (Georges Edouard Lemaître, *1894; †1966), der 1931 für den heißen Anfangszustand des Universums die Ausdrücke „primordiales Atom“ oder „Uratom“ verwendete. Die Bezeichnung Big Bang, also „Großer Knall“, wurde von Hoyle (Fred Hoyle, *1915; †2001, britischer Astronom und Mathematiker) in die Welt gesetzt. Hoyle war ein Verfechter der sogenannten Steady-State-Theorie. Nach dieser Theorie expandiert zwar das Universum, die Materiedichte bleibt aber unverändert. Dafür sollte eine fortlaufende Entstehung neuer Materie sorgen. Hoyle wollte mit der Bezeichnung Big Bang das Bild eines expandierenden Universums, das scheinbar aus dem Nichts entstanden ist, ins Lächerliche ziehen. Die Steady-State-Theorie verlor in den 1960er Jahren, nachdem die Urknalltheorie durch astronomische Beobachtungen zunehmend bestätigt wurde, ihre letzten Anhänger. Heute ist sie gewissermaßen bedeutungslos. Im zweiten Abschnitt des Kapitels beschäftigen wir uns mit den Materiestrukturen des Universums, die als kleinste gravitativ gebundene Einheiten unabhängig voneinander auf dem Hubble-Strom „treiben“, den Galaxien. Edwin Powell Hubble (*1889; †1953, US-amerikanischer Astronom) beobachtete Ende der 1920er Jahre, dass sich die Galaxien scheinbar von uns entfernen und zwar umso schneller, je weiter sie von uns weg sind. Er bestätigte damit die Expansion des Universums. Das Geschwindigkeits-Distanz-Gesetz, das die scheinbare Entweichgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Entfernung beschreibt, wurde nach ihm benannt. Die Konstante, die dabei die entscheidende Rolle spielt, heißt Hubble-Konstante. Sie ist Bestandteil beinahe jeder Gleichung, die das Universum modellieren. Nachdem wir uns das Prinzip der Expansion angeschaut haben, beschäftigen wir uns mit den Sternen, aus denen die Galaxien bestehen und mit den Planeten, die die Sterne umrunden und zu guter Letzt etwas eingehender mit unserem Heimatplanten Erde. Dabei stellen wir ein paar wenige Fakten über seine Geschichte zusammen und sprechen kurz über seine Bedeutung aus Sicht des Kosmos. Das Kapitel schließen wir ab mit Betrachtungen zur aktuellen bemannten Raumfahrt, die sich anschickt, einen neuen Anlauf zu nehmen, um diesen unseren Planeten in Richtung Mars zu verlassen.
Die zurzeit von der Wissenschaft mehrheitlich anerkannte Theorie, die Entstehung und Entwicklung des Universums beschreibt, ist die Theorie vom heißen Urknall. Danach verhält sich das Universum so, als sei es vor endlicher Zeit aus einem extrem kleinen, dichten und heißen Anfangszustand hervorgegangen. Dieser Zeitpunkt gilt als der Beginn von Raum und Zeit und wird als Urknall bezeichnet. Die Theorie „weiß“ nichts über die Ursache des Urknalls und nichts über den Zustand von Raum und Zeit vor diesem. Ein für die Entwicklung des Universums entscheidender Vorgang war die primordiale Nukleosynthese, die in den ersten Minuten nach dem Urknall die ersten leichten Atomkerne, im Wesentlichen Heliumkerne, entstehen ließ. Alle schwereren Kerne wurden erst sehr viel später in den stellaren Hochöfen17 „gebacken“, die wir Sterne nennen. Ein zweiter wichtiger Entwicklungsschritt ereignete sich 400.000 Jahre später. Man muss sich das Universum dieser Zeit mit einem 3.000 Grad heißen Teilchengas ausgefüllt vorstellen. Die Wissenschaftler sprechen von einem Plasma. Es bestand aus freien Protonen, aus Atomkernen, im Wesentlichen aus Heliumkernen, freien Elektronen, Photonen, wie die Lichtteilchen heißen, und aus den Neutrinos genannten „Geisterteilchen“, die im „normalen“ Leben so gut wie keine Rolle spielen. Die freien Elektronen dockten immer wieder an die Atomkerne an, sodass elektrisch neutrale Wasserstoff- und Heliumatome entstanden. Die umherschwirrenden Photonen kollidierten aber mit den Atomen und brachen diese Verbindungen immer wieder auf. Das war deshalb möglich, weil Ihre Energie größer war als die Bindungsenergie, die die Elektronen an die Atomkerne bindet. Erst als die Temperatur des Teilchengases unter 3.000 Grad gesunken war, reichte die Photonenenergie nicht mehr aus, um den Prozess zu stören. Die Atome wurden stabil und die Photonen konnten ungehindert das Universum durchqueren. Das Universum wurde „durchsichtig“. Die Photonen bilden die berühmt gewordene Hintergrundstrahlung, die sich heute noch nachweisen lässt und aus der die Wissenschaftler eine Fülle von Informationen über die Situation im frühen Universum ablesen können. Wir werden darauf zurückkommen. Dass die Photonen der Urknallstrahlung Energie verloren hatten und auch heute noch Energie auf ihrem Weg durch das Universum verlieren, lag bzw. liegt daran, dass das Universum seit dem Urknall vor ca. 13,8 Milliarden Jahren expandiert. Das heißt, das Universum wird im Zuge der Expansion zunehmend größer und gleichzeitig nehmen seine Dichte und seine Temperatur und mit der Temperatur auch die Strahlungsenergie ab. Die Galaxien entfernen sich voneinander, jede von jeder anderen. Dies gilt allerdings erst für Entfernungen in einer Größenordnung von einigen 100 Millionen Lichtjahren. Bei kleineren Abständen ist die gravitative Anziehung in der Lage, die repulsive Kraft, die das Universum auseinander treibt, zu überwinden. So rasen beispielsweise die Milchstraße und die Andromeda-Galaxie, die größte Galaxie in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft, aufeinander zu.
Die Expansion folgt dem Gesetz von Edwin Hubble. Es besagt, dass sich die Galaxien von uns entfernen, und zwar umso schneller, je weiter sie entfernt sind. Beobachtet man beispielsweise eine Galaxie in doppelter Entfernung, dann hat sie auch die doppelte Fluchtgeschwindigkeit. So nennt man die Geschwindigkeit, mit der sich die meisten Galaxien von uns weg bewegen. Die Proportionalitätskonstante trägt den Namen ihres Entdeckers und wird Hubble-Konstante genannt. Inzwischen weiß man, dass sich nicht die Galaxien bewegen, sondern sich der Raum zwischen den Galaxien vergrößert. Trotz dieser Erkenntnis spricht man weiterhin von der Fluchtgeschwindigkeit. Um Missverständnissen vorzubeugen, dieses Gesetz gilt an jedem Ort im Universum. Die Galaxien „flüchten“ also nicht nur vor uns. Zugegeben, man kann sich das nur schwer vorstellen. Helfen kann das Bild eines Ballons3, der aufgeblasen wird. Die Galaxien kann man sich dabei als auf die Oberfläche des Ballons aufgeklebte Papierschnitzel vorstellen. Das Universum entspricht in diesem Modell der Ballonoberfläche, ist also nur ein zweidimensionales Bild des Universums. Wenn nun der Ballon aufgeblasen wird, bewegen sich die Papierschnitzel nach dem Hubble-Gesetz. Jeder Papierschnitzel „flüchtet“ vor jedem anderen. Und je weiter sie auseinander sind, umso schneller vergrößern sich die Abstände zwischen ihnen. Auch ein aufgehender Rosinenteig wird häufig als Expansionsmodell verwendet. Der aufgehende Hefeteig repräsentiert dabei die Expansion und Rosinen die Galaxien. Aufgeklebte Papierschnitzel und Rosinen verändern ihre Größe im Zuge der Expansion nicht und bewegen sich auch nicht. Die Galaxien bleiben von der Expansion unbehelligt und werden nicht etwa auseinandergerissen. Wir können also einigermaßen beruhigt sein. Die Hubble-Konstante wird in der Regel in den Einheiten km/s pro Megaparsec angegeben. Megaparsec ist eine astronomische Längeneinheit und entspricht ca. 3,262 Millionen Lichtjahren. Die Hubble-Konstante hat nach neuesten Messungen den Wert H=67,4. Das bedeutet, dass sich der Abstand zwischen uns und einer Galaxie, die sich beispielsweise in einer Entfernung von 100 Millionen Lichtjahren befindet, pro Sekunde um mehr als 2.000 Kilometer vergrößert. Man sagt auch, dass das Universum zurzeit, das heißt, in der gegenwärtigen kosmischen Epoche mit der Expansionsrate H expandiert. Die Hubble-Konstante ist eine Ortskonstante. Sie ist an allen „Orten“ des Universums identisch, insofern ortskonstant. Sie ist aber keine Zeitkonstante. Sie ändert sich also im Zuge der kosmischen Entwicklung. Während man bis 1998 noch davon ausging, dass sich die Expansion infolge der Gravitation mit der Zeit verlangsamen und die Expansionsgeschwindigkeit letztendlich gegen null gehen würde, weiß man inzwischen aus Beobachtungsdaten weit entfernter Supernovae, dass sich die Expansion beschleunigt. Das heißt, die Expansionsgeschwindigkeit nimmt mit der Zeit zu. Der Wechsel von der anfänglich gebremsten zur beschleunigten Expansion passierte vor etwa 6 Milliarden Jahren3. Seit dem entfernen sich die Galaxien mit zunehmender Geschwindigkeit voneinander, jede von jeder anderen. Letztendlich wird das Universum infolge der zunehmenden Expansionsgeschwindigkeit „ausgedünnt“ werden und quasi „auseinanderfliegen“. Die Galaxien werden als isolierte Sterneninseln auf dem „Hubble-Strom“ treiben und sich schlussendlich aus den „Augen“ verlieren. Das ist jedenfalls die Prognose des Standardmodells der Kosmologie.
Alter und Ausdehnung unseres Universums sind für uns an überschaubare Größen gewöhnte Erdbewohner absolut nicht vorstellbar. Wir führen ein einfaches Gedankenexperiment durch und zählen bis eine Milliarde. Da wir die größer werdenden Zahlen kaum noch aussprechen könnten, schlagen wir eine Trommel, jede Sekunde für jede Zahl einen Trommelschlag. Wir fragen uns, wie lange wir die Trommel schlagen müssten, bis wir zum Beispiel eine Milliarde Schläge zusammen hätten. Wir können die Frage auch anders stellen. Wie viele Jahre sind eine Milliarde Sekunden. Es sind sage und schreibe knapp 32 Jahre. Um bis 3 Milliarden zählen zu können, benötigt man also – im Sinne des Menschen gut gerechnet – ein ganzes Menschenalter. Diese Feststellung hilft zwar nicht sehr viel weiter, sie vermittelt aber zumindest eine vage Vorstellung von den Größenordnungen. In dem von unserem Universum aufgespannten Raum, jedenfalls in dem sichtbaren Teil dieses Raumes, verteilen sich mehr oder weniger gleichmäßig einige 100 Milliarden Galaxien. Jede Einzelne davon besteht aus einigen 100 Milliarden Sonnen. Man kann also davon ausgehen, dass im sichtbaren Universum mindestens 10 Trilliarden – eine Eins gefolgt von 22 Nullen – Sterne existieren. Spätestens diese Zahl sollte uns den Atem verschlagen. Um es zum Abschluss zu bringen, das für uns sichtbare Universum hat nach dem Standardmodell einen Radius von nicht ganz 50 Milliarden Lichtjahren. Umgerechnet sind dies beinahe 500 Trilliarden Kilometer. Wir denken, an dieser Stelle kann man es endgültig aufgeben, sich vorstellbare Vorstellungen von der Größe des Universums machen zu wollen.
Widersprüche bzw. mit der heißen Urknalltheorie nicht erklärbare Beobachtungen führten in den 1980er Jahren zur Entwicklung der Inflationstheorie durch den US-amerikanischen Physiker und Kosmologen Alan Guth14. Die Inflationstheorie gilt als eine die Urknalltheorie ergänzende Theorie, die Ungereimtheiten der Basistheorie, wie beispielsweise die über den gesamten Horizont extrem gleichmäßig verteilte Hintergrundstrahlung, erklären kann. Nach der Inflationstheorie kam es unmittelbar nach dem „vermeintlichen“ Beginn von Raum und Zeit zu einer quasi exponentiellen Expansion, die das Universum in extrem kurzer Zeit extrem weit aufblähte. Die Expansion erfolgte in dieser kurzen Zeitspanne quasi „inflationär“. Daher die Bezeichnung. Die Inflationstheorie wuchs in der Folge zu einem kosmologischen Prinzip heran, das zwar viele beobachtete Sachverhalte erklären konnte, andererseits aber theoretischen Spekulationen Tür und Tor öffnete31. So entstand eine nicht nur für Laien kaum noch zu überblickende „Inflation“ von Modellen, die neue Inflation, die chaotische Inflation, die ewige Inflation, Recycling-Universen und Multiversen. So spekulieren neuere Theorien darüber, dass unser Universum nur eines unter vielen ist. In diesen Universen gelten gegebenenfalls völlig andere Naturgesetze. Für eine Welt, die aus vielen Universen besteht, wurde die Bezeichnung Multiversum erfunden. Die aktuellen Kosmologien gehen mehrheitlich davon aus, dass das Universum einen Anfang hatte und quasi aus dem Nichts – ex nihilo14 – entstanden ist. Das größte Problem dabei ist die Urknallsingularität, dieser mathematisch und physikalisch nicht haltbare Zustand am Anfang des Universums, der von dem Urknallmodell als Zustand mit einer unendlich hohen Dichte, einer unendlich hohen Temperatur und einer Ausdehnung von null vorhersagt wird. An dieser Stelle stoßen zwei große Theorien der Physik an ihre Grenzen, die Allgemeine Relativitätstheorie Albert Einsteins einerseits und die Quantenphysik andererseits. Die Vereinheitlichung dieser Theorien ist eine der größten Herausforderungen der Physik. Obgleich es Ansätze gibt, ist der große Durchbruch noch nicht gelungen. Mit dem Universum sind Zeit und Raum erst entstanden. Es gibt keine Zeit davor. Es ist vor diesem Hintergrund sinnlos, zum Beispiel nach einem Schöpfungsakt in der Zeit zu fragen. Das ist jedenfalls die Ansicht des Physikers und Kosmologen Stephen Hawking, der das Universum als räumlich und zeitlich geschlossenes System sieht. Andere Theorien gehen von einem unendlichen, materiefreien und zeitlosen Raum aus, der – beispielsweise der Stringtheorie folgend – mit einem sogenannten Dilatonfeld ausgefüllt war, das lokal zu einer Art Inflation führte31. Eine andere Hypothese unterstellt ein Quantenvakuum, ein Zustand ohne Zeit und Raum, auch Raumzeit-Schaum genannt, aus dem unser Universum und gegebenenfalls viele weitere durch Quantenfluktuationen eines Energiefeldes, quasi aus dem Nichts, entstanden sind. In der Multiversum-Theorie31 besteht das Multiversum aus vielen einzelnen voneinander isolierten Universen. Der Urknall wäre dann nur unser Urknall und der Beginn unserer Raumzeit. Ob dieser Prozess der Generierung von Universen einen Anfang hatte und mit einem ersten Universum und einem ersten Urknall begann oder sogar vergangenheitsewig ist, ist umstritten. Die Zukunftsewigkeit des inflationären Universums wird mehrheitlich postuliert, gleichzeitig aber auch dessen Anfang. Dies führt insgesamt zu der Annahme einer gewissermaßen „halben Ewigkeit“. Diese Vorstellung von einem „einseitig“ ewigen Universum ist aus unserer Sicht nicht sehr überzeugend. Dies ist aber nur ein Gefühl und basiert auf keiner fundierten Theorie. Wie denn auch! Aber davon unabhängig befinden wir uns in guter Gesellschaft. Andrei Linde argumentiert, dass der Kosmos auch vergangenheitsewig sein kann31: „Es ist einfach unklar, ob es einen einzigen Moment gab, vor dem der Kosmos nicht existierte. Ich sage nicht, dass sich die Inflation ewig in die Vergangenheit erstreckt. Ich weiß es nicht. Aber wer behauptet, es sei nicht so, bleibt den Beweis schuldig. Ich sehe einen solchen Beweis nicht.“ Vilenkin, Alvin Borde, ein US-amerikanischer Kosmologe und Alan Guth haben ein Theorem bewiesen, nach dem das zukunftsewige inflationäre Multiversum einen Anfang haben muss. Theorem und Beweis sind aber nach wie vor umstritten.
Obgleich die Kosmologie im letzten Jahrhundert und in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts enorme Fortschritte gemacht hat, ist die Vorstellung vom Universum, wie es die Urknallkosmologie beschreibt, durch zwei Begriffe belastet, die Dunkle Materie und die Dunkle Energie. Das Wort „dunkelsteht hier quasi stellvertretend für eine uns weitgehend noch unbekannte Welt. Die Dunkle Materie wird postuliert, um die in der gegenwärtigen kosmischen Epoche beobachteten Materieansammlungen in Form von Galaxien und Galaxienhaufen und die gleichzeitig extreme Gleichförmigkeit der kosmischen Hintergrundstrahlung erklären zu können. Der aus dem Urknall resultierende Strahlungsdruck hätte das Entstehen dieser Strukturen nämlich verhindern müssen, wenn nur die uns bekannte „leuchtende“ Materie existieren würde. Die von ihr generierten Gravitationskräfte hätten nicht ausgereicht, die heute beobachteten Galaxien und Galaxienhaufen entstehen zu lassen. Zudem würden die Galaxien und Galaxienhaufen nicht zusammenhalten können. Sie würden quasi auseinanderfliegen. Dass sie es nicht tun, wird mit der gravitativen Wirkung der postulierten nicht sichtbaren, eben dunklen, Materie erklärt. Das Rotationsgeschehen in Galaxien und Galaxienhaufen widerspricht nämlich den Schwerkraftgesetzen, wenn man ausschließlich die sichtbare Materie als Ursache für die beobachteten Rotationskurven verantwortlich macht. Für die Konstitution der Dunklen Materie existieren immerhin Theorien der Teilchenphysik, wenngleich der Nachweis der Teilchen bis heute nicht gelungen ist. Quasi für den Fall der Fälle steht seit den 1980er Jahren eine modifizierte Gravitationstheorie in den Startlöchern. Diese „Modifizierte Newtonsche Dynamik“ ist in der Lage, zumindest einige der Phänomene zu erklären, sodass auf das Postulat der Dunklen Materie möglicherweise verzichtet werden könnte. Diese Theorie konnte sich allerdings bis dato nicht durchsetzen. Eine Modifikation der Allgemeinen Relativitätstheorie – auf diese würde es hinauslaufen – wird von den Wissenschaftlern immer noch als ungleich radikaler aufgefasst, als an die Existenz dunkler Materieteilchen zu „glauben“, für die die Teilchenphysik immerhin Vorschläge und Theorien bereithält. Die Dunkle Energie wird verantwortlich gemacht für die repulsive Kraft, die der Schwerkraft entgegenwirkt, sie seit einigen Milliarden Jahren sogar übertrifft und so die beschleunigte Expansion des Universums vorantreibt. Zur Erklärung der Dunklen Energie gibt es im Gegensatz zur Dunklen Materie nicht einmal eine physikalisch-theoretische. Beide zusammen, Dunkle Materie und Dunkle Energie, müssten 96 Prozent des Energiehaushalts unseres Universums aus. Insofern scheint uns das Bild, das die moderne Kosmologie von unserem Universum zeichnet, trotz der enormen Fortschritte, noch immer relativ dunkel.
Wir stellen in aller Kürze zusammen, was gegenwärtig in den Köpfen der führenden Kosmologen herumschwirrt, um nicht zu sagen, herumirrt. Führend sind in diesem Umfeld, um nur einige zu nennen, Alan Guth, der Erfinder der Inflationstheorie, Andrei Linde und Alexander Vilenkin, beide russische Kosmologen und natürlich Hawking, der, wie wir wissen, dieses Universum am 14. April 2018 verlassen hat. Es gibt wahrscheinlich viele weitere exzellente Wissenschaftler, die wir trivialerweise nicht alle aufzählen können. Hier nun einige Resultate der zum Teil „fantastischen“ Überlegungen31:
Das Universum ist ein sehr viel größerer Bereich als der, den wir beobachten können. Es entstammt einer extrem kleinen, dichten und heißen Region, die sich im Zuge der kosmischen Inflation exponentiell schnell ausgedehnt hat und sich immer noch ausdehnt.
Die kosmische Inflation im Ganzen ist zukunftsewig. Sie endet lokal zu unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen Orten. Jedes lokale Ende der Inflation kann zur Entstehung einer nicht weiter inflationär expandierenden Raumblase führen, die letztlich ein eigenes Universum bildet.
Alle entstandenen und noch entstehenden Raumblasen sind durch unermesslich große Raumbereiche voneinander getrennt, die weiterhin eine Inflation durchlaufen.
Die Naturgesetze und -konstanten in den einzelnen Raumblasen sind unterschiedlich. Potenziell können sämtliche physikalischen Bedingungen realisiert werden
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Die meisten Raumblasen verfügen wahrscheinlich weder über Galaxien noch Sterne noch Planeten.
Die einzelnen Universen vergehen eines Tages, entweder, weil sie in sich zusammenstürzen oder ihre Ausdehnung sie ausdünnt und leer und kalt werden lässt.
Die Inflation ist nicht ein Teil unseres Universums und aller anderen Universen, sondern der Urknall bzw. die „Urknalle“ gewissermaßen Teil der kosmischen Inflation.
Das alles klingt fantastisch und hinterlässt nicht unbedingt den Eindruck nüchterner Wissenschaftlichkeit. Die Mutmaßung, dass sich die uns nachfolgenden Generationen einmal amüsieren werden über diese unsere Vorstellungen von der Welt, lässt sich nicht ohne Weiteres von der Hand weisen. Die Schilderungen erinnern durchaus an den Schildkrötenturm, dessen oberste Schildkröte unsere Erde als flache Scheibe trägt16. Aber mit der Zeit sind auch unsere technischen Beobachtungsmöglichkeiten fortgeschritten. So können wir sicher sein, dass das Universum, das in der Lage war, uns hervorzubringen, kein Schildkrötenturm ist, dass es expandiert, dass es aus einem extrem kleinen und heißen Anfangszustand hervorgegangen ist und dass es Gesetzen folgt, die von dieser Welt sind. Über die Einzelheiten des Anfangs und erst recht über die Zeit vor dem Anfang unserer Zeit, wenn sie es denn gegeben haben sollte, wissen wir nichts, auch wenn es eine inzwischen kaum noch zu überblickende Vielzahl von Theorien gibt. Inzwischen so viele und unterschiedliche, dass nicht nur der Laie sich schwer tut, sie auseinanderzuhalten, geschweige denn, sie zu verstehen. Aber diese Tatsache wird die Wissenschaft nicht davon abhalten, weiter nach dem Ursprung zu suchen. Und wir denken, sie ist verpflichtet dazu. Es stellt sich die Frage, was man aus diesem kurzen Abriss über das moderne Bild der Welt schließen kann und schließen will und was man in keinem Fall schließen sollte. In keinen Fall sollte man sich im Besitz der absoluten Wahrheit wähnen. Wenn auch manche der Protagonisten sich nicht mehr allzu weit davon entfernt glauben. Wir sind eher skeptisch und glauben, dass uns noch ungezählte Überraschungen bevorstehen. Es besteht aber offenbar die berechtigte Hoffnung31, dass sich durch genauere Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung die Einzelheiten des Inflationsgeschehens in überschaubarer Zeit, also in den nächsten Jahren, rekonstruieren oder endgültig als faulen Zauber entlarven lassen. Wenigstens diese Erkenntnis möchten wir noch miterleben dürfen.
Wenn wir annehmen, dass das Universum schon immer da ist, dann sind auch die Gesetze, nach denen es sich entwickelt hat und noch weiter entwickelt, schon immer existent. Welchen Gesetzen sollte es sonst folgen? Wenn wir uns der in der Wissenschaft mehrheitlich vorherrschenden Meinung anschließen und annehmen, dass das Universum quasi ex nihilo entstanden ist und mit ihm Raum und Zeit, dann sollten die Gesetze schon existiert haben, auf deren Basis es entstanden ist. Wie anders könnte es, naturgesetzlichen Abläufen folgend, ohne Naturgesetze also, aus dem Nichts oder aus Quantenfluktuationen in den Ur-Energiefeldern entstanden sein. Auch Quantenfluktuationen sind naturgesetzliche Phänomene. Wenn wir Stephen Hawking richtig verstehen, ist diese unsere bescheidene Vorstellung allerdings nicht mit seiner Theorie von einem in räumlicher und zeitlicher Hinsicht abgeschlossenen System verträglich. Weil es einfach keinen Sinn macht, nach einer Zeit vor dem Anfang zu fragen, so Hawking. Unabhängig davon ist es für die Schlüsse, die wir noch ziehen werden, letztendlich nicht ausschlaggebend, ob die Naturgesetze schon immer existieren oder mit dem Universum entstanden sind.
Wenn man sich den Anfangszustand des Universums vor Augen hält, insbesondere den durch die Inflation aufgeblähten Raumbereich, in dem eigentlich alle gegebenenfalls vorher existenten „Unebenheiten“ hätten glatt gebügelt sein müssen, dann ist es einigermaßen erstaunlich, dass aus Quantenfluktuationen des „Urfeldes“ am Ende der Inflationsphase winzige Inhomogenitäten, das heißt, Gebiete mit höherer und Gebiete mit niedrigerer als der mittleren Energiedichte übrig geblieben sind, aus denen letztendlich die Sterneninseln entstanden sind, die wir heute beobachten. Brian Greene sagt beinahe ehrfürchtig13: „Laut Inflationstheorie sind die mehr als hundert Milliarden Galaxien, die im All wie himmlische Diamanten schimmern, nichts als Quantenmechanik, die in großen Buchstaben an den Himmel geschrieben wurde. Für mich ist diese Erkenntnis eines der größten Wunder des modernen wissenschaftlichen Zeitalters.“ Der aus dem Urknall resultierende Strahlungsdruck hätte die Entstehung von Galaxien eigentlich verhindern müssen, wenn es nur die leuchtende Materie gäbe. Glücklicherweise gibt es eine Materieart, die zwar nicht sichtbar ist, aber die gravitative Eigenschaft gewöhnlicher Materie besitzt. Sie war in der Lage, die anfänglichen Unebenheiten trotz der Hubble-Expansion zu vergrößern und schließlich die Galaxien entstehen zu lassen. Wir werden darauf zurückkommen. Galaxien sind die kleinsten gravitativ gebundenen Systeme, die auf dem Hubble-Strom „treiben“. Dabei entfernt sich jede von jeder anderen und das, seit ca. 6 Milliarden Jahren, sogar mit wachsender Geschwindigkeit3. Es gibt im sichtbaren Universum mehrere 100 Milliarden Galaxien. Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße ist eine davon. Sie ist die Heimat unseres Sonnensystems, und damit, wenn man so will, unsere Heimatgalaxie. Die Milchstraße zeigt sich bei klarem Nachthimmel als helles Band, das sich quer über den Himmel zieht. Von diesem, mit bloßem Auge erkennbaren weißen Band hat sie ihren Namen. Die Erscheinungsform der Milchstraße als unregelmäßig breiter, relativ schwach leuchtender Streifen über dem Himmel ergibt sich dadurch, dass wir mit bloßem Auge die meisten Sterne nicht als einzelne Sterne ausmachen können. Wir sehen vielmehr eine Vielzahl, zu einem schwachen Lichtband verschmierter Lichtpunkte. In den Sommermonaten lässt sich das Band am besten beobachten. Der Beobachter blickt dann in Richtung des galaktischen Zentrums, während in den Wintermonaten die Sonne zwischen der Erde und dem Zentrum steht. Wer sich mit Sternbildern auskennt, kann das galaktische Zentrum in Richtung des Sternbildes Schütze ausmachen. Erst Galileo Galilei fand im Jahre 1609 heraus, dass es sich bei dem Lichtband um einzelne Sterne handelt. Heute weiß man, dass es mindestens 100 Milliarden, wenn nicht sogar einige 100 Milliarden sind. Die Sterne bewegen sich mehr oder weniger gleich verteilt in einer relativ flachen Scheibe mit einem Durchmesser von ca. 100.000 und einer Dicke von ca. 3.000 Lichtjahren um das galaktische Zentrum. Die Beobachtung und Erforschung der Milchstraße ist in vielen Fällen schwieriger als die Erforschung fremder Galaxien. Das liegt auf der Hand. Als Teil des Systems können wir Beobachtungen gewissermaßen nur von einem Punkt aus durchführen, der innerhalb der galaktischen Scheibe liegt. Auch heute noch sind deshalb viele Fragen offen. Die Milchstraße verfügt wahrscheinlich über vier oder fünf Spiralarme. Die Prozesse, die zur Entstehung dieser Formationen führten, sind noch nicht sehr gut verstanden. Sicher ist, dass die Sterne eines Spiralarms keine starre Struktur bilden und sich nicht in dieser Formation um das galaktische Zentrum drehen. In den 1960er Jahren73 wurde eine Theorie entwickelt, die die Spiralarme als stehende, vorrangig aus Wasserstoffmolekülen bestehende, Dichtewellen interpretiert. Die Spiralarme sind danach Gebiete mit einer im Vergleich zur Umgebung höheren Materiedichte und damit ein Gebiet hoher Sternentstehungsrate und hoher Leuchtkraft. Die Sterne, die mehr oder weniger gleichmäßig über die gesamte Galaxie verteilt sind, „tauchen“ bei ihrem Umlauf um das galaktische Zentrum in diese Gebiete ein und verlassen sie auch wieder. In jüngerer Zeit wurden Computersimulationen durchgeführt, die die These bestätigen, dass die beobachteten Spiralstrukturen nicht statisch nicht. Sie lösen sich vielmehr mit der Zeit auf und formieren sich neu. So entstehen aus Spiralgalaxien Balkengalaxien und umgekehrt aus Balkengalaxien Spiralgalaxien. Balkengalaxien verfügen über einen mehr oder weniger stark ausgeprägten „Sternbalken“, an den sich die Spiralarme anschließen. Bei reinen Spiralgalaxien setzen die Spiralarme unmittelbar am Galaxienkern an. Die Milchstraße ist eine ausgeprägte Balkengalaxie. Im Zentrum der Milchstraße wurde eine Massenkonzentration in der Größenordnung von mehr als 4 Millionen Sonnenmassen festgestellt. Dabei handelt es sich um ein Schwarzes Loch, das man Sagittarius A* genannt hat. S2 ist ein Stern, der dem Schwarzen Loch ziemlich nahe gekommen ist. Er umläuft das galaktische Zentrum in einer Entfernung von etwa 17 Lichtstunden in einem Zeitraum von nur 15,2 Jahren. Aus den Beobachtungen seiner Bahn und Berechnungen ergibt sich, dass sich innerhalb des Orbits von S2 eine Masse von geschätzt 4,3 Millionen Sonnenmassen befinden muss. Der Theorie folgend sollte das ein Schwarzes Loch sein. Die Bahn von S2 nähert sich nach und nach diesem Gravitationszentrum. Bei einem Abstand von 16 Lichtminuten wird der Stern von dem durch Sagittarius A* generierten Gravitationsfeld zerrissen werden und im Schwarzen Loch verschwinden. Soweit die extrem schlechte Prognose für S2.
Es war wahrscheinlich nicht die letzte Ent-Täuschung25, die der Mensch verkraften musste, aber es war schon ziemlich heftig, als er erfuhr, dass nicht einmal die Sonne das Zentrum seiner Welt sein soll. Die Erde und sich selbst für den Mittelpunkt der Welt zu halten, hatte er gerade erst aufgeben müssen. Dass die Sterne Sonnen sind wie unsere, also riesige Gaskugeln, das wissen wir sicher tatsächlich erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Inzwischen wissen wir, dass im für uns sichtbaren Teil des Universums mindestens 10 Trilliarden – eine Eins mit 22 Nullen – Sterne existieren, eine Zahl, deren Größe wir uns nicht mehr vorstellen können. Und alle Sterne sind nach den gleichen Gesetzen entstanden, vergangen und entstehen und vergehen heute noch. Es gibt größere Sterne als unsere Sonne und kleinere, Einzelsterne, Doppelstern- und Mehrsternsysteme, in denen zwei oder mehr Sterne um einen gemeinsamen Schwerpunkt rotieren. Unsere Sonne ist ein relativ gewöhnlicher Stern, relativ gewöhnlich groß und relativ gewöhnlich stark leuchtend, wenn auch ein Ein-Sternsystem, was wiederum eher selten vorkommt. Die Physik der Sterne gilt als gut verstanden. Die Kräfte, die die Gaskugeln zusammenhalten, sie entstehen und sterben lassen, sind allesamt von dieser Welt. Es sind die Grundkräfte der Natur, die Gravitation, die uns auf der Erde hält, die starke Kernkraft, die die Atomkerne zusammenhält, die schwache Kernkraft, die sie zerfallen lässt und die elektromagnetische Kraft, die uns nicht zuletzt den elektrischen Strom liefert. Sie regeln die Abläufe nach allem, was wir wissen, auf unserer Erde gleichermaßen wie weltenweit, heute, seit der Geburt des Universums oder auch schon immer, was auch immer „immer“ heißen mag und für alle Zeiten, was auch immer „für alle Zeiten“ heißen mag. Die Theorie der Sternentstehung ist sehr komplex. Es geht uns auch im vorliegenden Zusammenhang nicht darum, diese Theorie detailliert und wissenschaftlich exakt dazustellen, unabhängig davon, dass wir das auch gar nicht könnten. Wir beschränken uns auf einige wenige allgemeine Fakten und stellen in groben Zügen dar, wie die Zukunft unserer eigenen Sonne aussieht und wann sie mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Welt wieder verlassen muss.
Wir skizzieren zunächst allgemein die Entstehung und das „Leben“ eines Sterns. Sterne entstehen in Raumgebieten, in denen sich Wasserstoff und interstellarer Staub in riesigen Materiewolken angesammelt haben. Diese Materiewolken verdichten sich unter bestimmten Bedingungen, zum Beispiel als Folge der von einer Supernova erzeugten Schockwelle – siehe weiter unten – und beginnen sich dann infolge der Gravitation zusammenzuziehen. Dabei dreht sich die Materie um das gravitative Zentrum, vergleichbar mit dem durch den geöffneten Verschluss einer Badewanne ablaufendem Wasser. Es bildet sich eine sogenannte Akkretionsscheibe, in der Staub- und Gasteilchen um das Gravitationszentrum rotierten. Durch die weitere Verdichtung der Gaswolke entstehen einzelne, räumlich eng begrenzte Staub- und Gaswolken, aus denen sich schließlich die Sterne entwickeln. Die Periode der Kontraktion ist relativ kurz und dauert nur etwa 10 bis 15 Millionen Jahre. Mit der Kontraktion nehmen Dichte und Temperatur der Gaswolke zu, bis das Wasserstoffbrennen einsetzt. So wird die stellare Kernfusion von Wasserstoff zu Helium genannt. Der weitere Verlauf der Sternentwicklung wird im Wesentlichen durch die vorhandenen Massen bestimmt. Im Zusammenhang mit der Erforschung der Sternentstehung und -entwicklung ist das sogenannte Hertzsprung-Russel-Diagramm bedeutsam. Es zeigt die Verteilung der Sterne in Abhängigkeit von ihrer Oberflächentemperatur und ihrer Leuchtkraft. Dabei wird auf der horizontalen Achse die Oberflächentemperatur – in Achsenrichtung abnehmend und auf der vertikalen Achse die absolute Leuchtkraft in Einheiten der gegenwärtigen Leuchtkraft unserer Sonne dargestellt. Wenn man nun die beobachteten Sterne in das Diagramm einträgt, sind diese nicht willkürlich über die Diagrammfläche verteilt. Vielmehr bilden sie wenige Gruppen mit einer relativ gut überschaubaren Struktur. Bei den Gruppen unterscheidet man Zwerge, Hauptreihensternen, Riesen und Überriesen. Die Gruppe der Hauptreihensterne ist besonders ausgeprägt. Sterne verbringen den größten Teil ihrer Brenndauer, nämlich ca. 90 Prozent ihrer Lebenszeit, auf der Hauptreihe. Während dieser Zeit wird im Kern des Sterns relativ gleichmäßig Wasserstoff zu Helium fusioniert. Bei dem Fusionsprozess, bei dem vier Protonen beteiligt sind, wird einerseits Materie in Form von Positronen (positive Elektronen) erzeugt. Andererseits entsteht ein Massendefekt, der nach Einsteins E=mc2 in Energie umgewandelt wird. Bei unserem eigenen Energiespender der Sonne, werden pro Sekunde etwa 564 Millionen Tonnen Wasserstoff zu 560 Millionen Tonnen Helium „verbrannt“. Der Massendefekt liegt damit in der Größenordnung von 4 Millionen Tonnen. Wenn man diesen Massendefekt nach der Einsteinschen Formel in Joule umrechnet, so erhält man pro Sekunde eine Energie von etwa 3,6 . 1026 Joule pro Sekunde. Auf ein Jahr gerechnet wären das 1,14 . 1034 Joule. Diese Zahl sagt uns natürlich herzlich wenig. Nur zum Vergleich, der Primärenergieverbrauch (zum Begriff Primärenergie siehe weiter unten unter Natur und Umwelt) unseres Landes betrug im Jahre 2014 1,32 . 1019 Joule. Damit können wir es getrost sein lassen, uns eine Vorstellung von der frei werdenden Energiemenge machen zu wollen.
Die Hauptreihe bildet ein mehr oder weniger breites Band, das im Diagramm von links oben nach rechts unten führt. Die schwereren Sterne sind dabei heißer und heller und befinden sich links oben, die leichteren rechts unten. Sie sind kühler und haben eine geringere Leuchtkraft. Unsere Sonne befindet sich in etwa in der Mitte der Abbildung. Ausschlaggebend für die Entwicklung eines Sterns ist die ursprünglich vorhandene Masse. Dabei bezeichnet man Sterne mit einer Masse von bis zu 2,3 Sonnenmassen als massearm. Nachdem bei massearmen Sternen bis zu 0,3 Sonnenmassen der Wasserstoff des Kerns aufgebraucht ist, wird die Fusion in einer Schale um den erloschenen Kern weiter geführt. Nach dem Ende dieses sogenannten Schalenbrennens kühlen diese Sterne langsam aus. Durch die Temperaturabnahme im Zentrum geben sie der Schwerkraft nach und kontrahieren zu Weißen Zwergen mit Durchmessern von wenigen Tausend Kilometern. Weiße Zwerge strahlen noch bis zu 10 Milliarden Jahre lang thermische Energie ab, bis sie komplett ausgekühlt sind und als Schwarze Zwerge aus dem sichtbaren Spektrum verschwinden. Wenn ein Großteil der Wasserstoffkerne im innersten Kern des Sternes zu Heliumkernen fusioniert ist, erlischt diese erste Stufe der Kernfusion. Dadurch sinkt der Strahlungsdruck der durch die freigesetzte Energie erzeugt wurde.
Das Hertzsprung-Russel-Diagramm1
Der Strahlungsdruck hat bis zu diesem Zeitpunkt zusammen mit dem Gasdruck der Gravitation entgegengewirkt und den Stern im Gleichgewicht dieser drei Kräfte gehalten. Bei Sternen, die schwerer sind als ca. 0,3 und leichter als ca. 2,3 Sonnenmassen gewinnt aufgrund des nachlassenden Strahlungsdrucks die Gravitation die Oberhand. Der Stern beginnt zu schrumpfen. Dabei steigen Temperatur und Dichte im Innern, sodass die nächste Fusionsstufe, das sogenannte Heliumbrennen, gezündet wird. Dabei entsteht in erster Linie Kohlenstoff. Mit dem Zünden des Heliumbrennens verlässt der Stern die Hauptreihe. Durch den Drei-Alpha-Prozess (3α-Prozess), wie das Heliumbrennen genauer heißt, werden im Inneren des Sterns drei Helium-Kerne (α-Teilchen) durch Kernfusionsreaktionen in Kohlenstoff umgewandelt und senden dabei Gammastrahlung aus. Durch die im Kern des Sterns in Gang gesetzte Fusion steigt auch die Temperatur in den weiter außen liegenden Bereichen des Sterns. Gewissermaßen in einer Kugelschale um den Kern des Sterns herum beginnt dann auch der dort noch vorhandene Wasserstoff zu Helium zu fusionieren. Das sogenannte Schalenbrennen bläht den Stern zu einem sogenannten Roten Riesen bis zu einem Durchmesser des 100-fachen des Sonnendurchmessers auf. Die Außenhülle des Sterns wird schließlich abgestoßen. Nach dem Erlöschen der Heliumfusion ist die verbleibende Masse nicht groß genug, um eine weitere Kernfusion auszulösen, sodass auch diese Sterne als Weiße und schließlich als unsichtbare Schwarze Zwerge enden. Sterne mit einer Masse zwischen 2,3 und 3,0 Sonnenmassen erreichen nach dem Heliumbrennen das Stadium des Kohlenstoffbrennens. Nach dem Abstoßen der Außenhülle fällt die verbleibende Masse in der Regel unter die kritische Grenze, die für eine Supernova – siehe weiter unten – notwendig ist. Sie enden deshalb ebenfalls als Weiße und schließlich als Schwarze Zwerge. Massereiche Sterne mit einer Masse von über 3,0 Sonnenmassen verbrennen in ihrem letzten Lebenszyklus praktisch alle leichteren Elemente in ihrem Kern zu Eisen. Eisen wird in diesem Kontext oft als Sternenasche bezeichnet, denn aus Eisen kann weder durch Fusion noch durch Kernspaltung weitere Energie gewonnen werden. In Wirklichkeit ist natürlich alles noch viel komplizierter. Wir belassen es aber bei dem bisher Gesagten. Auch die Sterne mit mehr als 3,0 Sonnenmassenstoßen stoßen einen großen Teil ihrer Masse in den äußeren Schichten als Sternenwind ab. Der verbleibende Eisenkern mit einem Durchmesser von nur etwa 10.000 km übersteigt aber die sogenannte Chandrasekhar-Grenze (Subrahmanyan Chandrasekhar, *1910; †1995, US-amerikanischer Astrophysiker indischer Herkunft) von 1,44 Sonnenmassen, sodass er innerhalb weniger Sekunden kollabiert, während die äußeren Schichten in Form von Strahlung abgestoßen werden. Das Endprodukt einer solchen Supernova vom Typ II ist ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch. Unter welchen Umständen dem Stern das eine oder das andere Schicksal droht, ist noch nicht ganz sicher. Von Sternen mit einer Ausgangsmasse von über 3,2 Sonnenmassen glaubt man inzwischen, dass sie als Schwarze Löcher enden. Eine zweite Art als Supernova zu enden, ist das Ende als Supernova vom Typ Ia. Sie ereignet sich in Doppelsternsystemen, in denen ein Massetransfer von einem Roten Riesen zu einem Weißen Zwerg stattfindet. Bei Erreichen der kritischen Chandrasekhar-Masse explodiert der Weiße Zwerg als Supernova vom Typ I. Mit dem Abstoßen der Außenhüllen werden ungeheure Mengen schwerer Elemente, nicht zuletzt Kohlenstoff, die in den stellaren Hochöfen17 erbrüteten wurden, ins All geschleudert. Diese Überreste einer ersten Sternengeneration kondensierten zu Sternen einer zweiten Generation, um die Planeten entstanden, die diese Elemente enthielten17. Dazu zählt auch unsere Sonne, der uns nächste und naturgemäß besterforschte Stern. Unter dem Sonnensystem versteht man die Sonne selbst sowie alle Planeten und Himmelsobjekte, die unter ihrem gravitativen Einfluss stehen und von ihr in einer Umlaufbahn gehalten werden. Dazu zählen auch der Asteroidengürtel zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter und die Oortsche Wolke im äußersten Bereich des Systems. Auf das Sonnensystem und die planetarischen Nachbarn der Erde kommen wir im nächsten Kapitel zurück. Die Sonne selbst umfasst ca. 99,8 Prozent der im Sonnensystem vorhandenen Masse. Sie strahlt pro Sekunde enorme Mengen an Energie ab. Ihr Energieausstoß ist pro Sekunde 20.000-mal so hoch wie der Primärenergieverbrauch seit Beginn der Industrialisierung. Das ist zwar nicht vorstellbar. Aber es hört sich ziemlich beeindruckend an. Es zeigt einmal mehr, dass es höchste Zeit wird, die von uns Menschen benötigte Energie auch solar zu gewinnen, statt ohne Rücksicht auf Verluste die letzten Reserven unseres Planeten auszubeuten und das auch noch mit nicht absehbaren Folgen. Das Sonnensystem entstand vor 4,6 Milliarden Jahren. Die Zukunft der Sonne führt, wie oben geschildert, über ihren jetzigen Zustand zu dem eines Roten Riesen und schließlich über eine instabile Endphase im Alter von etwa 12,5 Milliarden Jahren zu einem Weißen Zwerg. Diese vorhergesagte Entwicklung ist sehr gut erforscht und stabil. Auf der Hauptreihe nehmen Leuchtkraft und Radius der Sonne zunächst kontinuierlich zu. Bereits in 500 Millionen Jahren wird in Folge der zugenommenen Energieabstrahlung auf der dann zu heißen Erde kein höherwertiges Leben mehr möglich sein. Das ist jedenfalls die Vorhersage der Wissenschaft. Die Masse der Sonne reicht aus, um im Alter von 11,7 bis 12,3 Milliarden Jahren das oben geschilderte Heliumbrennen in Gang zu setzen und sie zu einem Roten Riesen aufzublähen. In der Endphase dieser Entwicklung erreicht sie eine Leuchtkraft von 2.300 Sonnen und einen Radius von 166 Sonnenradien. Das entspricht etwa dem Radius der Umlaufbahn der Venus. Venus und Merkur werden vernichtet. Von der Erde aus gesehen wird die Sonne den größten Teil des Himmels einnehmen. Dummerweise werden wir dieses beeindruckende Schauspiel nicht mehr beobachten können. Die Erdkruste wird zu einem einzigen Lava-Ozean aufgeschmolzen. Durch die geringe Gravitation an der Sonnenoberfläche verliert die Sonne in dieser Phase einen Großteil ihrer Masse als Sonnenwind. Durch den Verlust der Massen ist in der Kernzone der Sonne dann keine Fusion mehr möglich. Die Sonne wird schlussendlich im Alter von 12,5 Milliarden Jahren zu einem Weißen Zwerg. Sie hat nun nur noch die Größe der Erde, eine Masse von etwas mehr als der halben heutigen Sonne und eine Dichte von einer Tonne pro Kubikzentimeter. Sie besitzt keine innere Energiequelle mehr. Nach wahrscheinlich ein paar weiteren 10 Milliarden Jahren wird schließlich aus dem Weißen ein Schwarzer Zwerg, der schlussendlich aus dem optischen Spektralbereich gänzlich verschwindet und irgendwann vom Kern der Galaxie „verschluckt“ wird. Die Theorie über das Entstehen und Vergehen der Sterne ist sehr komplex. Der kurze Abriss darüber zeigt aber einmal mehr, dass Naturgesetze die Abläufe bestimmen und alles mit rechten Dingen zugeht. Es ist nicht zu sehen, dass irgendjemand diese Abläufe aufhalten oder in sie eingreifen könnte. Das Universum verhält sich so, wie man es bei Abwesenheit eines Gottes erwarten muss. Man kann auch den Standpunkt vertreten, dass Gott zwar eingreifen könnte, aber absolut nicht eingreifen will. Dabei handelt es sich allerdings um eine zusätzliche Hypothese, die die Situation nur komplizierter macht, ohne zur Lösung des Sachverhaltes beizutragen. Wir kommen auf diese Argumentation noch einige Male zurück. Unabhängig davon wird es so sein, dass unsere Sonne sterben wird und mit ihr, wenn auch schon lange vorher, unsere Erde und wir selbst und alle Lebewesen unseres Planeten. Bevor unser Planet aber gänzlich von der Sonne vereinnahmt sein wird, wird sie ihn aufgeschmolzen haben, aufgeschmolzen zu heißer Lava wie zu flüssigem Feuer. Bei dieser Feststellung handelt es sich um keine apokalyptische Vision oder weitere Prophezeiung von den letzten Dingen dieser Welt, sondern um mit wissenschaftlicher Sorgfalt untersuchte Abläufe. Diese können partiell falsch sein. Das werden weitere Untersuchungen an den Tag bringen. Sie sind aber mit Sicherheit nicht im Ganzen falsch. Die Naturwissenschaft arbeitet so. Sie ist jederzeit bereit, ihre Ergebnisse überprüfen zu lassen. Sie schreibt keine Dogmen. Es wird mit einiger Sicherheit Zeitgenossen geben, die die Hölle im Blick haben, wenn sie von dem aufgeschmolzenen Planeten lesen. Das Dumme ist nur, dass es über den aufgehenden Himmel keine vergleichbaren Vorhersagen gibt.
Wir sind nun bei unserem Heimatplaneten angekommen und stellen einige wenige Fakten zusammen, die die Wissenschaft im Laufe der Jahre über diese unsere planetarische Heimat herausgefunden hat und einige Fakten über ihren derzeitigen Zustand. Wir klammern dabei die Tatsache, dass bisher kein extraterrestrisches Leben nachgewiesen werden konnte, zunächst aus. Dieser, jedenfalls bis heute geltenden Einzigartigkeit unseres Planeten, dem Leben, widmen wir ein eigenes Kapitel. Im vorliegenden beschäftigen wir uns mit der Entstehung der Erde und einigen ihrer Besonderheiten, mit ihrer planetarischen Nachbarschaft, mit der Erdumlaufbahn, dem gravitativen Einfluss der Nachbarplaneten, des Mondes und der Sonne, mit dem Klima der Erde und mit einigen erdgeschichtlichen Katastrophen. Letztendlich geht es uns um die Demonstration der Verletzlichkeit unseres Lebensraums. Diese müsste uns eigentlich dazu anleiten, sorgsam mit ihm umzugehen. Aber Erkenntnis ist nun einmal nur der erste Weg zur Besserung. Viele weitere müssen offenbar folgen, um aus Einsicht Handeln zu generieren. Auch im vorliegenden Kontext kommt es uns weniger auf wissenschaftliche Detailgenauigkeit und Vollständigkeit, als auf eine prinzipielle Darstellung der Sachverhalte an.
Die Frage nach der Entstehung der Erde bzw. der Welt beschäftigt die Menschheit seit Menschen denken und derartige Fragen stellen können. So brachten die verschiedenen Kulturen unterschiedliche Schöpfungsmythen hervor. Eine davon ist die des 1. Buches Mose, die Genesis, mit der wir groß geworden sind:
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, und die sei ein Unterschied zwischen den Wassern. Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah also. Und Gott nannte die Feste Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der andere Tag.
Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Örter, dass man das Trockene sehe. Und es geschah also. Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das sich besame, und fruchtbare Bäume, da ein jeglicher nach seiner Art Frucht trage, und habe seinen eigenen Samen bei sich selbst auf Erden. Und es geschah also. Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das sich besamte, ein jegliches nach seiner Art, und Bäume, die da Frucht trugen und ihren eigenen Samen bei sich selbst hatten, ein jeglicher nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.
Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre und seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.