Westöstliche Weisheit - Willigis Jäger - E-Book + Hörbuch

Westöstliche Weisheit E-Book und Hörbuch

Willigis Jäger

4,9

Der Titel, der als Synchrobook® erhältlich ist, ermöglicht es Ihnen, jederzeit zwischen den Formaten E-Book und Hörbuch zu wechseln.
Beschreibung

Immer mehr Menschen verstehen sich als spirituell Suchende, immer weniger finden in den Botschaften der traditionellen Religionen Antworten auf ihre drängenden Fragen. Willigis Jäger beschreibt in seinem neuen Buch die Dimensionen einer modernen Spiritualität des 21. Jahrhunderts. Sie wird die herkömmlichen, personalen Gottesbilder neu deuten und zu einem weiteren Verständnis jener letzten Wirklichkeit, die in unserem Kulturkreis Gott genannt wird, führen. Ihr Nährboden sind die mystischen Traditionen der großen Religionen. Sie haben Übungswege entwickelt, die erfahrbar werden lassen, was den Mystikern aller Zeiten Gewissheit und Vertrauen gegeben hat: Dass wir von Gott nicht getrennt sind, sondern er in uns als Mensch lebt und wir von daher immer in einer grenzenlosen, zeitlosen Dimension zu Hause sind.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 100

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:1 Std. 20 min

Sprecher:Willigis Jäger
Bewertungen
4,9 (12 Bewertungen)
11
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



WILLIGIS JÄGER

WestöstlicheWeisheit

Visionen einer integralenSpiritualität

Willigis JägerWestöstliche Weisheit

ISBN Print 978-3-89901-305-4ISBN E-Book 978-3-89901-843-1

Copyright © 2013 Theseus inJ.Kamphausen Mediengruppewww.weltinnenraum.deAlle Rechte vorbehalten

Lektorat: Ursula RichardUmschlaggestaltung: Morian & Bayer-Eynck, Coesfeld, www.mbedesign.de unter Verwendung eines Fotosvon © Hildegard MorianTuschbilder © Katharina Shepherd-KobelAutorenfoto © Stephan Köther

Bibliografische Information der Deutschen BibliothekDie Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

INHALT

VORWORT von Raimon Panikkar

EINLEITUNG Westöstliche Weisheit

TEIL EINS

Die vier großen Menschheitsfragen

Woher kommen wir?

Wer sind wir?

Warum sind wir hier?

Wohin gehen wir?

Fragen und Antworten

TEIL ZWEI

Religion in der Krise

Die Bedeutung der Religion

Das dualistische Weltbild

Tod und Auferstehung Gottes

Fragen und Antworten

TEIL DREI

Auf dem Weg zu einer Weltmystik

Der Weg der Kontemplation

Der Weg des Zen

Das Gemeinsame der mystischen Wege

Westöstliche Spiritualität

Die letzte Wirklichkeit

Fragen und Antworten

Danksagung

Dieses Buch wäre nicht erschienen ohne die Mithilfe von Ursula Richard und Christa Spannbauer. Ich sage ihnen herzlichen Dank für ihre Unterstützung. Mein Dank gilt auch Katharina Shepherd-Kobel für ihre ausdrucksstarken Tuschbilder.

VORWORT

von Raimon Panikkar

Es ist mir eine Freude, meine anderen Verpflichtungen zu unterbrechen, um dem Buch eines guten Freundes diese kurze Besinnung voranzustellen. Eine Freude, weil die Freundschaft eine der höchsten Werte des Lebens ist – wenn wir diese hohe Tugend nicht mit Interessengemeinschaft verwechseln. Es ist gleichzeitig aber auch ein »Oxymoron«, weil ich »verdammt bin, ein Philosoph zu sein« (um mit Fichte zu sprechen), und daher eine andere Sprache anwenden und andere Gedanken aussprechen würde. Aus dem Blickwinkel einer anderen Kultur kommend, betrachte ich weder die lineare Zeit noch Geschichte und Wissenschaft als endgültige Werte, und ich möchte betonen, dass die westliche Zivilisation trotz ihrer technologischen Dominanz eine Minderheit bleibt in einer Welt, die sich heutzutage in einer tiefen Krise befindet. Ich stimme mit dem tiefsten Anliegen des Freundes völlig überein, die heutige Oberflächlichkeit zu überwinden und die Freiheit des Menschen zu verteidigen – vor allem in den Gebieten, in denen unser Schicksal sich abspielt. Es wäre jedoch unglaubwürdig, ja, fast verdächtig, wenn wir in allem identischer Meinung wären. Die Wahrheit ist sinfonisch, hat jemand gesagt, und ich spiele eine andere Note in dem gleichen Orchester.

Wie uns Pater Willigis sagt, sind die meisten organisierten Religionen alt und ehrwürdig, aber auch veraltet und erstarrt. Seit Jahrzehnten »predige« ich die Konversion der Religionen. Willigis Jäger hilft uns, frische Luft in dieses Gebiet zu atmen.

Das Wort Spiritualität ist eine sanfte Reaktion gegen die »Verkalkung« der Religionen. Wie Willigis Jäger deutlich macht, handelt es sich jedoch nicht darum, »das Kind mit dem Bade auszuschütten«, sondern den wahren und tiefsten Kern einer jeder Religiosität neu zu erleben, zu erfahren und zu vertiefen. Die echte Religion, wie der Name selbst besagt (religare, relegere und religere), ist das, was uns aus dem Kerker unserer Einsamkeit (Individualität) befreit – wobei Individualität nicht mit Singularität zu verwechseln ist. Die Religion verbindet uns mit der ganzen Wirklichkeit, und gleichzeitig entbindet sie uns von allen Bindungen. Die Freiheit ist die Säule einer jeden echten Religion. Wie auch der Koran sagt, duldet die Religion keinen Zwang.

Es gibt auf diesem Gebiet einen wichtigen Begriff, den man auf Deutsch leider nicht genügend unterscheiden kann: foi und croyance, faith und belief. Glaube darf sich sicher nicht mit Glaubenssätzen identifizieren, denn deren Vermischung hatte verhängnisvolle Folgen für die Geschichte. Jeder Mensch hat einen Glauben, nämlich das Bewusstsein, dass er nicht alles weiß und dass es mehr gibt, als er begreifen kann, und dass ein Unendliches vor ihm steht. Man könnte paradoxerweise behaupten, dass der Glaube das Bewusstsein der eigenen Ignoranz ist. »Docta ignorantia« nannte es Nikolaus Cusanus, oder noch eindrucksvoller: »Selig sind die, die eine unendliche Ignoranz (agnosia) erreicht haben«, sagte Evagrius Ponticus, ein anderer Mystiker, vor vielen Jahrhunderten. Da wir aber auch rationale Lebewesen sind, drücken wir dieses unser Bewusstsein mit den Worten aus, die uns unsere eigene Kultur zur Verfügung stellt. Und das ist der Glaubenssatz (belief, croyance).

Die Glaubenssätze sind verschieden, oft unverträglich und auch manchmal widersprüchlich – und Gott sei Dank, möchte ich hinzufügen, denn die »letzte Wirklichkeit« ist unbegreiflich, und jede Behauptung von ihr spiegelt nur eine Annäherung wider. Wenn die ganze Welt nur einfarbig und die Menschen einstimmig wären, ginge nicht nur ein großer Teil der Schönheit des Universums verloren, sondern es würde auch der Reiz des Leben verschwinden – so schrieb auch der heilige Thomas von Aquin. Zur Harmonie des Lebens und der Religionen müssten wir streben; nicht aber zu einer mathematischen Einförmigkeit. Una religio circumdata varietate, eine Verbindung mit dem Mysterium im Glanz der Verschiedenheit, wie Nikolaus Cusanus sagte.

Das Buch, das ich die Ehre und Freude habe vorzustellen, öffnet uns breite Horizonte und befreit uns von sämtlichen »Mikrodoxien«.

Man würde nun meines Erachtens die Absicht des Verfassers gänzlich missverstehen, wollte man meinen, dass er uns empfehle, ohne Religion zu leben. Was er verkündet, ist die Freiheit der Kinder Gottes – wobei ich sofort hinzufügen möchte, dass »Gott« nicht der einzige Name jenes Mysteriums ist.

Es steht mir nicht zu, den Wert des Schweigens eines Zenmeisters aufzuzeigen, das hinter seinen Werken steht. »Tibi silentium laus«, singt ein Psalm (LXIV, 2): »Schweigen ist Dein Lobgesang.« Ich möchte diese Stille nicht stören. Möge die Lektüre seines neuen Buches Frieden und Freude vermitteln.

R. PanikkarAdvent 2006

EINLEITUNG

Westöstliche Weisheit

In allen Menschen wohnt offensichtlich eine unstillbare Sehnsucht nach transzendenter oder spiritueller Erfahrung, auch wenn sie sich nicht mehr einer traditionellen Religion zugehörig fühlen. Die »postsäkulare« Gesellschaft sucht nach der Erfahrung des Religiösen im Leben. Der Befreiungstheologe Ernesto Cardenal sieht sogar noch im Streben nach materiellen Dingen, nach Ruhm, Ansehen und Macht diese andere, tiefere Sehnsucht aufscheinen. »Der unsichtbare Hunger der Diktatoren nach Macht und Geld und Besitz ist in Wirklichkeit Liebe zu Gott. Der Liebende, der Forscher, der Geschäftsmann, der Agitator, der Künstler und der kontemplative Mönch, alle suchen sie dasselbe, nämlich Gott und nichts als Gott.«

Aber wo suchen? Der Kirchenvater Augustinus sagt: »Suche, was du suchst, aber nicht dort, wo du es suchst.« Im Zen heißt es: »Wenn du nach der Wahrheit suchst, dann bist du schon von ihr getrennt.«

Hier im Westen hat sich in den letzten Jahren ein globaler Supermarkt der Spiritualität entwickelt. Eine Orientierung ist nicht einfach, und die Gefahr, Scharlatanen in die Hände zu geraten, ist groß. Wo also suchen?

Es ist mein Anliegen, mit diesem Buch – ebenso wie mit meinen Kursen und Vorträgen – hilfreiche Perspektiven aufzuzeigen gerade für jene Menschen, die keine Orientierung in den traditionellen Religionen mehr finden.

Wenn ich im Folgenden das Wort »Gott« benutze, dann meine ich nicht ein personales Wesen außerhalb. Das Wort verweist auf ein »Absolutes Bewusstsein«, das rational nicht begriffen werden kann. Es bedeutet für mich eine hintergründige Wirklichkeit, die sich in alles ergießt, was Form hat und was diese Form doch nicht ist.

Im ersten Teil des Buches geht es mir um die großen, existenziellen Menschheitsfragen, um die Fragen, die die Menschen seit jeher beschäftigt haben, Fragen nach unserem Woher und Wohin, nach dem Sinn menschlicher Existenz.

Im zweiten Teil beschäftige ich mich mit der Krise, in der sich die christlichen Religionen seit geraumer Zeit befinden, eine Krise, die sich nicht zuletzt darin zeigt, dass sich immer mehr Menschen auf der Suche nach alternativen Sinndeutungen von ihnen abwenden. Der Einfluss der institutionalisierten Religionen nimmt spürbar ab, während zugleich eine ganz neue religiöse Sensibilität erwacht. Letztlich drehen sich die Religionen noch viel zu sehr um sich selbst und haben nicht Schritt gehalten mit der Entwicklung des Menschen. Auch Religionen müssen sich, entsprechend der Gesamtentwicklung des Menschen, wandeln, um zu einer zeitgemäßen Spiritualität zu führen. Sie brauchen heute mehr denn je nicht nur eine Reformation, sondern eine Transformation.

Im dritten Teil stelle ich einen spirituellen Weg vor, für den die Essenz der religiösen Traditionen zentral ist und den ich »Westöstliche Weisheit« nennen möchte. Es ist ein klarer Weg, der alle, die ihn gehen wollen, in eine transkonfessionelle religiöse Erfahrung führen will. Er verlangt Entschlossenheit und Vertrauen in jene Dimensionen, die einer Weltsicht und Anthropologie des 21. Jahrhunderts gerecht werden. Diesen spirituellen Weg können alle beschreiten, ob sie sich einer Religion zugehörig fühlen oder nicht – ob Christen, Anti-Theisten, Ungetaufte oder Angehörige anderer Bekenntnisse. Der hier beschriebene Weg der »Westöstlichen Weisheit« führt über alle Dogmen und Bekenntnisse hinaus.

Er ist bereits einige Jahrtausende alt und in alle Religionen eingegangen und heute aktueller denn je. »Westöstliche Weisheit« lehrt die Grundstruktur der spirituellen Wege des Ostens und des Westens als einen traditionsübergreifenden spirituellen Übungsweg und umfasst eine Bewusstseinsschulung, die Körper, Psyche und Geist integriert. Dieser Weg enthält traditionsinspirierte Formen und Rituale und führt in den Alltag als Platz der Bewährung. Man kann ihn gehen und gleichzeitig in der Konfession bleiben, der man sich zugehörig fühlt. Er ist aber auch für all jene, die sich keiner Religion zuzählen. Die mystischen Erfahrungen, die auf dem Weg gemacht werden, können in der jeweiligen religiösen Sprache ausgedrückt werden, in der man beheimatet ist. Die Erfahrungen lassen sich aber ebenso gut auch poetisch, bildhaft oder psychologisch ausdrücken.

In allen spirituellen Wegen, die zur Innenschau führen, können wir erfahren, dass wir keine isolierte Einheit sind, sondern dass alles eins ist. Versuchen wir, diese Erfahrung in Worte zu fassen, können wir kaum vermeiden, uns der vertrauten Bilder und Konzepte zu bedienen. Für die Wissenschaft ist diese Sprache nicht annehmbar. Was nicht gewogen, gezählt, gemessen und berechnet werden kann, wird von ihr nicht akzeptiert. Und doch geht die mystische Erfahrung mit messbaren neurologischen Prozessen einher, »die zwar ungewöhnlich sind, aber nicht außerhalb des Spektrums normaler Gehirnfunktionen liegen. Mit anderen Worten, mystische Erfahrung ist biologisch real und naturwissenschaftlich wahrnehmbar«, so der amerikanische Hirnforscher und Religionswissenschaftler Andrew Newberg in seinem Buch Der gedachte Gott. Sie ist ein anthropologischer Faktor und ein Wesensmerkmal menschlichen Seins. Das Erfahrene selbst entzieht sich jedoch jeder Messung, denn die Erfahrung geschieht in einem transrationalen Bewusstseinsraum. Folgendes mag das Gemeinte veranschaulichen: Ein Analphabet, der vor einem Gedicht sitzt, kann die Buchstaben zählen, er kann Höhe und Breite messen und so weiter. Das Gedicht verstehen kann er auf diese Weise nicht.

»Westöstliche Weisheit« zeigt uns den Weg zur nächsten Entwicklungsstufe unseres Bewusstseins, sie vermittelt uns ein ganz neues Verständnis und will zu einer Erfahrung hinführen, in der es keine Trennung mehr zwischen Gott und Mensch gibt, sondern ein kontinuierliches Erwachen des »göttlichen Bewusstseins« in uns Menschen. »Westöstliche Weisheit« verweist auf den mystischen Strom, der sich zeitlos durch alle Religionen zieht. Dieser Strom führt letztlich über jede Religion hinaus in die Erfahrung der Wirklichkeit, in die Erfahrung der Einheit allen Seins. Diese ewige Weisheit bedeutet ein Einschwingen in das kosmische Gesetz.

Der mystische Weg führt immer wieder zurück in die Welt und in die Weltverantwortung. Er führt in die Aktion, ins Handeln und zum Mitmenschen und ist Grundlage einer Ethik der Liebe, die im anderen Menschen sich selbst erkennt. Wir brauchen diese mystische Erfahrung, um die Erde und die Menschen heil in die Zukunft zu bringen.

Der Weg der »Westöstlichen Weisheit« ist lebensbejahend und weltzugewandt. Verantwortungsbewusstsein für ein menschenwürdiges Dasein, für Ökologie, Frieden und soziale Gerechtigkeit sind eine selbstverständliche Begleiterscheinung dieses spirituellen Weges. Die Mystik bietet der Welt vielleicht die letzte Hoffnung auf eine menschenwürdige Zukunft. Sie zielt auf die Erfahrung der Einheit allen Seins. Das ist die eigentliche Revolution, die uns Menschen bevorsteht. In dieser Erfahrung liegt meines Erachtens die Rettung der Menschheit.

TEIL EINS

»Die entscheidende Fragefür den Menschen ist:Bist du auf das Unendliche bezogenoder nicht?«

C. G. Jung

DIE VIER GROSSENMENSCHHEITSFRAGEN

Woher kommen wir? Wer sind wir?Warum sind wir hier?Wohin gehen wir?