Wider den Terrorismus - Arno Gruen - E-Book + Hörbuch

Wider den Terrorismus Hörbuch

Arno Gruen

4,8

Beschreibung

Der Terrorismus wird mehr und mehr zur tödlichen Bedrohung der ganzen Welt. Wie lässt sich die Gewaltspirale, die sich immer schneller dreht und zum Fluch aller Länder geworden ist, unterbrechen? Die Terroranschläge sind eine tödliche Bedrohung für die Menschheit. Terroristen geben im Namen ihres Gottes die Welt der Zerstörung preis. Menschliches Leid und Schmerz bedeuten für sie Schwäche. Terroristen sind identitätslose Menschen, die Gewalt vor der Weltöffentlichkeit in Szene setzen. Ihre Scheinidentität hoffen sie, zu überwinden und als Helden oder Heilige verehrt zu werden. Terroristen sind keine Mit-Menschen mehr. Ihr Selbst mussten sie abspalten. Den Tod verklären Terroristen zum Sieg. Diesem Terror muss Einhalt geboten werden. Wir müssen endlich das Parallelogramm aus Angst, Hass, Extremismus und Gewalt als Urschande der menschlichen Existenz wahrnehmen und überwinden.

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Zeit:1 Std. 19 min

Sprecher:Claus Vester
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ARNO GRUEN

Wider den Terrorismus

IMPRESSUM

Der vorliegende Band ist die völlig veränderte und gekürzte Neuausgabe des Titels »Der Kampf um die Demokratie. Der Extremismus, die Gewalt und der Terror«, der im Jahr 2002 im Verlag Klett-Cotta erschienen ist.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2015 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag: Rothfos & Gabler, Hamburg

Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Printausgabe: ISBN 978-3-608-94900-1

E-Book: ISBN 978-3-608-10804-0

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Ausgabe der Printausgabe.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

In Erinnerung an meinen Freund Henry Miller und sein Buch »The Time of the Assassins«

»Wir leben vollkommen in der Vergangenheit, ernähren uns von toten Gedanken, totem Glauben, toten Wissenschaften. Und es ist die Vergangenheit, die uns verschlingt, nicht die Zukunft.«

(Übersetzt von Arno Gruen)

INHALT

Einleitung

Der Terrorismus kann nicht durch Argumente bekämpft werden

Der Terrorismus

Das Morden

Das Opfersein

Die Pathologie der Macho-Männlichkeit

Selbstmordattentat und Religion

Was tun?

Das eigentliche Problem

Erlösung durch falsche Götter

Die wahren Probleme – Armut, Hunger und Entwürdigung

Was entfremdet Menschen von sich selbst?

Der Tod als Erlöser

»Höher kann kein Mensch leben als wir« – Der Fall Clara

Wahre Kraft entsteht durch das Erleben von Leid und Schmerz

Die Attentäter von Paris – die Brüder Kouachi und Amedy Coulibaly

Die »Entdeckung des Todes«

Danksagung

Bibliographie

EINLEITUNG

»Wider den Terrorismus« ist die Überarbeitung meines Buches über Gewalt und Terror, das im Jahr 2002 bei Klett-Cotta erschienen ist. Die Frage, mit der wir konfrontiert sind, lautet: Wie konnte es geschehen, dass die Entstehung des Terrors und seine Bestimmung in der heutigen Zeit so sehr vernachlässigt wurden? Warum rätseln wir darüber, obwohl es doch klar ist, dass es Menschen, die im Kreislauf einer zerklüfteten Epoche von Aufstieg und Niedergang, von geschichtlichen Katastrophen leben, unmöglich wird, einen Sinn für ihr Leben zu finden? Weil solche Menschen keine liebenden Beziehungen erlebten, sind sie beherrscht vom Gedanken, nicht unterzugehen in einer Welt, die für sie von Feinden besiedelt ist. Sie sind aus diesen Gründen ohne echte Bindung an andere Menschen, suchen aber einen Sinn im Leben, indem sie sich Autoritäten unterwerfen, die ihnen versprechen, sie aus ihren Ohnmachtsgefühlen durch Gewalt zu retten.

DER TERRORISMUS KANN NICHT DURCH ARGUMENTE BEKÄMPFT WERDEN

Die Frage nach der Entstehung von Gewalt, die immer bedrohlichere Ausmaße annimmt.

Die Überlegungen zu diesem Buch begannen im Mai 2001. Ich wollte meine Erfahrungen mit dem Rechtsradikalismus zusammenfassen. Während des Schreibens wurde mir jedoch klar, dass ich ausführlicher auf die Entstehung von Gewalt eingehen musste. Die rechte Gewalt ist ja nur ein Aspekt des Problems.

Dann kam der 11. September. Mit einem Schlag wurde alles Lebendige durch eine überbordende Gewalt bedroht. Wir schienen plötzlich eingeholt zu werden von den Rückwirkungen einer Welt, die Menschen ausbeutet, ihren Leiden und Schmerzen gleichgültig gegenübersteht und sie als schwach diffamiert.

Gewiss: Gewalt ist nicht neu. Sie ist Bestandteil dessen, was alle »großen Zivilisationen« heranzüchten, weil ihre Basis Herrschaft und Besitz sind. Damit gehen die Verachtung menschlicher Werte, die Verachtung des Weiblichen und der Kindheit unserer Kinder einher. Die technischen Entwicklungen dieser Zivilisationen machen es jedoch auf einmal möglich, dass nur wenige Menschen die Welt im Namen Gottes der Zerstörung preisgeben und den Tod als Sieg zelebrieren können.

Gewalt bedroht unser Menschsein.

Dieses Ausmaß an Gewalt droht den Verlust unserer eigenen Bedeutung hervorzubringen. Die Leere in uns wird damit entweder zur Quelle einer allgemeinen Apathie und Depression, oder sie droht, in noch mehr Gewalt auszuufern. Denn für viele führt diese innere Leere zu einem Zustand der Bedeutungslosigkeit, von der sie durch eine Identifikation mit halluzinierter Größe erlöst zu werden hoffen. Wir können diesem Nichts und einem dem Tod verschworenen Radikalismus nur entgegentreten, wenn wir die tieferen Wurzeln dieser ungeistigen Entwicklung aufdecken.

Die wirklichen Bedürfnisse derMenschen anerkennen.

Sophie und Hans Scholl verstanden, wie der Betrug am Menschen durch scheinbar geistige Argumente verdeckt wird. Sie erkannten, dass man einer Entwicklung, die durch und durch ungeistig ist, nicht mit geistigen Argumenten beikommen kann und darf. Die Sprache der Radikalen, die von Krieg und Vergeltung, von Idealen und Nationalem spricht, mag sich geistig gesund anhören. In ihrer Ignoranz gegenüber Ohnmacht, Elend und Demütigung ist sie jedoch völlig von der Realität menschlicher Gefühle und Bedürfnisse abgetrennt. Sie fördert einzig Macht und Größe, die die Grundlage unserer Zivilisationen bilden und deren Auswirkungen wir uns endlich stellen müssen. Terror und Gewalt sind nur dann Einhalt zu gebieten, wenn die wirklichen Bedürfnisse der Menschen anerkannt werden, wenn wirkliches Elend, wirkliche Armut sowie die Ausgrenzung und Entwürdigung ganzer Bevölkerungsgruppen unterbunden werden. Nur so kann es uns möglich werden, das Leben, das lebendig, authentisch und demokratisch ist, aufrechtzuerhalten.

DER TERRORISMUS

Terrorismus gab es schon immer, weil unsere Zivilisation ihn fördert. Terrorismus entsteht aus dem Hass auf das Eigene, weil unsere Kultur uns dazu bringt, unsere Menschlichkeit als Schwäche zu erleben und sie deshalb verwirft.

Gewalt gab es schon immer, aber die Hemmschwelle für Gewalt sinkt immer mehr...

Schon die Terroranschläge vom 11. September 2001 und die damit verbundene Ermordung mehrerer Tausend Menschen machten deutlich, dass es unter uns Menschen gibt, die das Leben verachten und sich dem Tode verschworen haben. Die Anschläge waren kein Indiz dafür, dass wir es plötzlich mit einer größeren Anzahl solcher Gewalttäter zu tun haben. Es gab diese Menschen schon immer. Ihre Sehnsucht nach Tod und Zerstörung offenbarte sich im antiken Rom genauso wie in den Naziverbrechen und anderen Massakern der Neuzeit, im Kongo, in Mexiko, im ehemaligen Jugoslawien.

Dramatisch ist jedoch, dass die Terroranschläge in New York, Washington, Boston, Madrid, London und Paris schlagartig die Hemmschwelle für Gewalt gesenkt haben. Jetzt ist alles möglich. Nicht nur, weil es plötzlich so viel mehr denkbare Möglichkeiten gibt, Tod über die Menschheit zu bringen. Erschreckend ist vor allem, dass die Selbstinszenierung der Gewalt ein so gigantisches Ausmaß angenommen hat.

Eine Ideologie will Identität geben, wo keine ist.

Schon Walter Benjamin wies darauf hin, dass Hitler sich und seinen Größenwahn dem deutschen Volk als ein Theaterspektakel verkaufte. Benjamin erkannte, dass der Faschismus die Ideologie nur benutzte, tatsächlich aber keine Ideologie war. Vielmehr ging es darum, dem Volk durch eine Inszenierung von Posen, die Herrschaft oder Pflicht und Gehorsam ausdrückten, eine Identität zu geben. Menschen, die über keine wirkliche Identität verfügen, brauchen das politische Spektakel, um sich vollständig und intakt zu fühlen. Den eigentlichen Kern jeglichen Terrorismus bildet die Pose eines Herrenvolkes.

Den Selbsthass auf andere projizieren