Wie wählen Konsumenten? - Ernst Mohr - E-Book

Wie wählen Konsumenten? E-Book

Ernst Mohr

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Beschreibung

In welchem Verhältnis stehen Konsumenten und Produzenten? Produktionstechniken und Innovationsschübe? Der Wirtschaftswissenschaftler Ernst Mohr geht in seinem Beitrag in Kursbuch 174 beispielhaft auf den stilistischen Innovationsprozess, etwa in der Mode, ein und kommt zur These: [... I]n der stilistischen Innovation sind die Konsumenten die Schöpfer und die Produzenten wählen aus, bezahlen aber nicht!" Kurzerhand wird die Logik des Marktes, der auf produzierenden Produzenten und konsumierenden Konsumenten fußt, ausgehöhlt.

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Ernst Mohr

Wie wählen Konsumenten?

Die verkehrte Welt stilistischer Innovation

Die Welt der Ökonomen beginnt ganz einfach: Produzenten produzieren, Konsumenten konsumieren. Daran gibt es wenig auszusetzen, denn dies ist nur eine Definition. Zudem eine praktische. Denn mit der Idee eines zwischen beide geklemmten Marktes bringt man sofort Ordnung in beider Beziehungen: Produzenten verkaufen, was sie produzieren, an die Konsumenten, und diese kaufen ihnen ab, was sie auswählen. Wenn Konsumenten produzieren, zum Beispiel in ihrem Haushalt, dann nur für den Eigengebrauch. Verkaufen tun sie es nicht, sonst wären sie ja Produzenten. Die Dichotomie von Produzentenproduktion und Konsumentenkonsum und der dazwischen liegende Verkaufs- und Kaufakt werden so zum festen Fundament für die Analysen der Ökonomen.

Dies schließt das Neue mit ein. Auch Innovationen werden auf diesem Weg in die gedankliche Welt geschleust: Sie werden von Produzenten – beziehungsweise auf deren Kosten – erschaffen und nicht von Konsumenten, sonst wären sie ja keine Konsumenten mehr. Konsuminnovation wird so zur Schöpfung von Produzenten, verdankt sich scheinbar dem Genius ihres dafür bezahlten Personals (Ingenieure, Produkt- und Modedesigner, Kreativdirektoren und Markenmanager) – sowie der Auswahl von Konsumenten aus dem von den Produzenten bunt gemachten Angebot aus Altem und Neuem.

Die Dichotomie von Produzentenproduktion und Konsumentenkonsum wird zum Fundament für mancherlei, was Ökonomen und deren Schülerschaft selbstverständlich geworden ist. Zum Beispiel für die Beantwortung der Frage, wie der Konsumgütermarkt funktioniert und warum grosso modo gut: Weil die eine Marktseite das verkauft, was sie selbst erschaffen, und die andere das kauft, was sie selbst nicht erschaffen hat, der Handwechsel also freiwillig ist. Der freiwillige Tauschakt– der Erwerb (statt der Appropriation) geschaffenen Eigentums– liefert das Gerüst für diese Zuversicht.

Ist sie aber berechtigt? Vielleicht ja! Aber auch aus diesem Grund? Ich behaupte, falls der Konsumgütermarkt gut funktioniert, dann aus anderem Grund. Zumindest in jenem Teil des Marktes, in dem Stilisierung eine Rolle spielt– im Produktdesign, in der Mode und den Moden, in den Lebensstilen und -künsten. Nicht dort, wo ein Sack Mehl die Hand wechselt, ist dieses Gerüst ein Trugbild, sondern hier: Die Schöpfung neuer Stile ist nicht das Werk der Konsumgüterindustrie; der Handwechsel dieses Werks zur Industrie, die den Konsumenten so Stilisiertes verkauft, ist kein Tauschakt, sondern eine Appropriation und deshalb nicht