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Bree war in Owen Gallagher verliebt seit sie zwölf Jahre alt war, bevor die ganze Welt seinen Namen kannte. Doch für ihn war sie nur die Kleine, die immer mit der Clique herumzog. Als sie nach langer Zeit in den USA nach Irland zurückkehrt, erkennt Owen sie nicht wieder. Sie verbringen eine gemeinsame heiße Nacht miteinander. Eine Nacht, das macht Owen ihr unmissverständlich klar, mehr kann er ihr nicht geben. Eine Nacht, so hatte Bree gehofft, würde ihr helfen, dieses Kapitel ihres Lebens abzuschließen. Doch die Leidenschaft und die Gefühle zwischen ihnen sind explosiver als alles, was sie sich hatte vorstellen können. Und je mehr sie einander nahekommen, desto mehr fürchtet Bree den Moment, in dem er erfährt, wer sie wirklich ist und dass sie ihn angelogen hat ...
Band 2 der WILD-IRISH-Trilogie
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Seitenzahl: 279
Veröffentlichungsjahr: 2021
Titel
Zu diesem Buch
Prolog
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Epilog
Die Autorin
Die Romane von C. M. Seabrook bei LYX
Leseprobe
Impressum
C. M. SEABROOK
Wild Irish
OWEN
Roman
Ins Deutsche übertragen von Stephanie Pannen
Bree war in Owen Gallagher verliebt seit sie zwölf Jahre alt war, bevor die ganze Welt seinen Namen kannte. Doch für ihn war sie nur die Kleine, die immer mit der Clique herumzog. Als sie nach langer Zeit in den USA nach Irland zurückkehrt, erkennt Owen sie nicht wieder. Sie verbringen eine gemeinsame heiße Nacht miteinander. Eine Nacht, das macht Owen ihr unmissverständlich klar, mehr kann er ihr nicht geben. Eine Nacht, so hatte Bree gehofft, würde ihr helfen, dieses Kapitel ihres Lebens abzuschließen. Doch die Leidenschaft und die Gefühle zwischen ihnen sind explosiver als alles, was sie sich hatte vorstellen können. Und je näher sie einander kommen, desto mehr fürchtet Bree den Moment, in dem er erfährt, wer sie wirklich ist und dass sie ihn angelogen hat …
Was für ein Wunder das Leben ist und wie sich alle Seelen gleichen, wenn sie ihre Wurzeln tief in die Erde schicken, sich treffen und eins werden!
Nikos Kazantzakis
12 Jahre alt
Hoch oben in der alten Eiche ziehe ich mir die aufgeschürften Knie an die Brust und sehe meinen Cousins, Cousinen und ihren Freunden zu, wie sie lachen und im flachen Wasser des Sees herumspritzen.
»Hey, Baby Bee«, sagt eine tiefe Stimme unter mir. Sofort habe ich Schmetterlinge im Bauch, wie immer, wenn Owen Gallagher mit mir redet. Seine grauen Augen sehen besorgt zu mir hoch. »Was treibst du da oben?«
»Ich hasse es, wenn du mich so nennst. Ich bin kein Baby«, schmolle ich, obwohl ich weiß, dass mich die sechs Jahre, die uns trennen, in seinen Augen wie ein Kind erscheinen lassen. Und das ärgert mich furchtbar.
»Du hast recht«, sagt er, und ein Schmunzeln umspielt seine Mundwinkel. »Warum schwimmst du nicht, Beatrice?«
Jetzt betont er übertrieben meinen Namen, was ich fast genauso furchtbar finde wie den kindischen Spitznamen, den mir sein Bruder Cillian verpasst hat.
Ich zucke mit den Schultern und sehe zu, wie er sich auf einen der größeren Äste hochzieht, ein Bein darüberschwingt und sich auf den Rücken legt. Dann streicht er über die spärlichen Bartstoppeln an seinem Kinn, die genauso dunkel sind wie die Haare auf seinem Kopf.
»Ich hasse schwimmen«, lüge ich, denn ich will nicht zugeben, dass mich sein Bruder Cillian damit aufgezogen hat, dass ich im Wasser statt eines Badeanzugs T-Shirt und Shorts trage. Dann hat er allen erzählt, ich sei in Wirklichkeit ein Junge und wolle nicht, dass es jemand erfährt.
»Cillian mal wieder?«, fragt Owen, als ob er meine Gedanken lesen könnte.
Ich zucke mit den Schultern. »Ich hasse Jungs.«
»Hey.« Seine weichen vollen Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, und in seinen grauen Augen funkelt Belustigung. »Wir sind nicht alle schlecht.«
»Du bist doch kein Junge«, sage ich, bevor ich beschämt den Mund schließe und spüre, wie meine Wangen heiß werden.
Owen lacht heiser. »Das letzte Mal, als ich nachgeschaut habe, war ich es.«
»So habe ich das nicht gemeint«, murmle ich, zupfe ein Blatt ab und spiele damit herum. Owen ist anders. Er ist nett. Und er hänselt mich nicht wie die anderen. Er ist kein Junge. Sondern ein Mann. Und eines Tages wird er mir gehören.
Owen lächelt weiter, bis ich zu ihm hinunterzuklettern beginne. »Vorsichtig, Bee.«
Ich verdrehe die Augen. Er ist immer so ernst. So übervorsichtig. Und so besorgt um alle.
»Mach dir keine Sorgen.« Ich balanciere auf einem breiten Ast ein paar Meter über seinem Kopf und sage stolz: »Ich traue mich alles.«
»Das weiß ich doch. Genau das macht mir ja Sorgen.«
»Gehst du auch schwimmen?«, frage ich, als er zum See hinüberschaut, wo meine Cousine Emer auflacht, um die Jungs auf sich aufmerksam zu machen.
»Nein.« Owens stürmische Augen bleiben unter zusammengezogenen Brauen auf die Gruppe Jugendlicher gerichtet. In seiner Hand hält er einen zusammengefalteten Zettel.
»Was ist das?«
»Nur ein Liedtext, an dem ich gerade arbeite.« Doch so, wie er ihn schnell in die Hosentasche steckt, wegsieht und rote Wangen bekommt, glaube ich, dass er lügt.
»Kann ich ihn lesen?«
Sein Lächeln kehrt zurück. »Vielleicht wirst du es ja mal im Radio hören.«
Trotz unseres Altersunterschieds ist Musik etwas, das mich mit Owen verbindet. Wie er kann ich fast jedes Instrument spielen. Doch am liebsten mag ich das Klavier und zwar hauptsächlich deshalb, weil ich zu meiner Tante Agnus muss, wenn ich es spielen will. Und da Owen mit meinem Cousin Shane befreundet ist, ist er auch oft da. Doch in letzter Zeit frage ich mich, ob er inzwischen nicht eher wegen Emer hingeht.
Der Gedanke lässt Eifersucht in mir aufsteigen. Obwohl ich weiß, dass meine Cousine heimlich in Aiden Callahan verknallt ist, gefällt mir nicht, wie Owen sie ansieht.
Ich würde alles dafür geben, wenn er mich auch nur ein einziges Mal so ansehen würde.
Owen zieht einen Stift aus seiner Gesäßtasche und beginnt, sich etwas auf den Arm zu schreiben, der bereits voller Worte und Muster ist.
»Warum machst du das?« Ich klettere zu seinem Ast hinunter und versuche, einen Blick auf das zu werfen, was er schreibt.
»Was?«
»Auf deinen Arm schreiben.«
Sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln. »Mir kam gerade ein Gedanke, und ich will ihn nicht vergessen.«
»Zu einem Liedtext?«
Er nickt und hört auf zu schreiben.
»Und das?« Ich deute auf ein Muster von ineinandergeschlungenen Linien, das er mit schwarzer Tinte auf seinen Unterarm gemalt hat.
»Das ist der Dara-Knoten. Hast du ihn noch nie gesehen?«
»Nicht so.«
Er nimmt meinen Arm und dreht ihn so, dass meine Handinnenfläche nach oben zeigt. Dann beginnt er, auf mein Handgelenk zu malen. Der schwarze Stift bohrt sich in meine Haut, aber ich kann nur an seine Finger denken, die mich berühren, und an die plötzliche Wärme in meinem Bauch.
Ich schlucke nervös und versuche, nicht zu zittern, während er den Knoten fertig zeichnet.
»Er symbolisiert die Wurzeln der Eiche.« Er grinst mich schief an.
Meine Haut kribbelt noch von seiner Berührung, doch es gelingt mir, ohne Stottern zu fragen: »Was ist denn an einer Eiche so besonders?«
Er lehnt sich zurück und sieht auf. »Wenn du dir den Baum anschaust, was siehst du da?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Zweige. Blätter.«
»Das, was du nicht siehst, was sich unter der Erde befindet, ist das, was den Baum am Leben erhält.«
»Die Wurzeln.«
Er nickt. »Wenn die Wurzeln nicht stark genug sind, wenn der Wind bläst und die Stürme kommen, stürzt der Baum um.«
Ich ziehe mit einem Finger die Zeichnung nach. Es ist eigentlich mehr ein Vorwand, ihn zu berühren, als aufrichtiges Interesse daran, was es bedeutet.
»Der Dara-Knoten erinnert uns daran, dass wir selbst die schwersten Stürme überleben können, wenn wir starke Wurzeln haben.«
»Menschen haben keine Wurzeln.«
»Doch.«
Ich sehe ihn stirnrunzelnd an. »Du meinst Familie?«
»Und Freunde …« Sein Blick richtet sich auf den See, wo Cillian, Aiden, Shane und Emer weiter herumalbern.
Seine Freunde. Seine Familie. Ich war immer zu klein gewesen, um in ihre Gruppe eingebunden zu sein. Ich war ausgeschlossen, so verzweifelt ich auch versuchte, dazuzugehören. Ich hatte immer gehofft, dass sich das ändern würde, wenn ich älter wäre, dass sie mich eines Tages akzeptieren würden. Doch wenn meine Mutter und ich nächste Woche erst einmal nach Michigan in den Vereinigten Staaten umgezogen sind, werde ich sie wahrscheinlich nie wiedersehen.
Tränen brennen in meinen Augen, und ich blinzle sie schnell weg, weil ich nicht vor Owen weinen will.
»Was, wenn ich weder noch habe?«
Sein Blick richtet sich wieder auf mich. »Du bist Irin, Bee. Wo du auch hingehst, du wirst beides immer haben. Unsere Wurzeln sind alle miteinander verschlungen. Wir stehen zusammen. Wir fallen zusammen. Doch wir sind nie allein.«
Ich hebe die Schultern, dann lasse ich sie resigniert fallen.
»Ich will nicht wegziehen«, murre ich. »Und ich will keinen neuen Vater.«
»Er ist bestimmt sehr nett.«
Ich zucke erneut mit den Schultern, weil ich den Mann, dessentwegen wir über den Ozean fliegen werden, noch nie getroffen habe. Meine Mutter hat ihn auf einer dieser Datingseiten im Internet kennengelernt. Ich weiß nur, dass er ein großes Haus und drei Autos hat, und dass ihn meine Mutter für ihren Seelenverwandten hält.
Was auch immer das bedeutet. Sie denkt bei jedem Typ, mit dem sie zusammen ist, er sei endlich der Richtige. Und vielleicht ist das ja bei diesem Kerl so. Ich habe gehört, wie sich meine Tante Agnus und sie über ihn gestritten haben. Und über mich.
Ich habe meine Mutter angefleht, mich hierbleiben zu lassen. Agnus würde mich bestimmt bei sich wohnen lassen. Doch jedes Mal, wenn ich es erwähnte, begann sie zu weinen und klagen, dass ich meine Tante lieber habe als sie. Also sage ich nichts mehr.
»Was, wenn ich dich nie wiedersehe?«, frage ich traurig, während ich mich rittlings auf den großen Ast setze.
»Ihr kommt uns bestimmt besuchen.« Er zupft sanft an meinem Pferdeschwanz. »Und du hast deine Musik. Jedes Mal, wenn du sie spielst, musst du einfach nur die Augen zumachen und schon bist du wieder zu Hause.«
Ich schließe jetzt meine Augen und seufze leise. »Das ist nicht dasselbe.«
»Ich verspreche dir etwas, in Ordnung?« Er legt mir seine raue Hand auf die Schulter und drückt sie sanft. »Ich werde dir schreiben. Und du kannst mir zurückschreiben und von all deinen aufregenden Abenteuern berichten.«
»Schwörst du, dass du mir wirklich schreibst?«
»Ich schwöre es.« Er hält mir seinen kleinen Finger hin, den ich mit meinem nehme und schüttle.
Zum ersten Mal seit dem Moment, als mir meine Mutter von dem Umzug erzählte, spüre ich so etwas wie Hoffnung und Glück in meiner Brust.
»Kannst du mir einen Gefallen tun, Bee?«, fragt Owen, während er mir vom Baum herunterhilft. Seine großen Hände halten meine Taille, bis ich wieder fest mit den Beinen auf der Erde stehe.
»Alles.« Und ich meine es so.
»Würdest du das hier Emer von mir geben?« Er zieht den Zettel aus seiner Hosentasche und zögert einen Augenblick, bevor er ihn mir gibt.
Ich runzle die Stirn, nehme ihn aber. »Klar.«
»Danke, Baby Bee.« Er zerrauft mir die Haare und schenkt mir ein schiefes Grinsen, das mich davon abhält, ihn wegen des dämlichen Spitznamens zu korrigieren.
Ich presse den Brief an die Brust und sehe zu, wie er über den Hügel verschwindet und mein Herz mit sich nimmt.
Eines Tages werde ich zurückkommen. Und dann wird er mir gehören.
Man sollte meinen, dass ich mich nach all diesen Jahren daran gewöhnt habe. Das Gefühl, dass mir das Herz aus der Brust gerissen wird, jedes Mal, wenn ich sie zusammen sehe.
Aber das habe ich nicht. Keine Ahnung, ob ich mich jemals daran gewöhnen werde, meinen besten Freund und die einzige Frau, an der mir je etwas gelegen hat, miteinander knutschen zu sehen, als ob das ihre einzige Sauerstoffquelle wäre.
Aiden lacht auf, als ihm Emer etwas ins Ohr flüstert. Sein tätowierter Arm zieht sie näher an sich. Sie lächelt ihn an, als wäre er das Zentrum der Welt, und legt eine Hand auf ihren sehr schwangeren Bauch.
Ich brumme und trinke einen Schluck Bier. Dabei gebe ich der hübschen kleinen Kellnerin, die mir schon den ganzen Abend lang schöne Augen macht, zu verstehen, dass ich noch eins will. Dann lehne ich mich zurück und versuche, die stärker werdende Migräne zu ignorieren, die in meinem Schädel dröhnt.
Die verdammten Kopfschmerzen werden in letzter Zeit immer schlimmer. Besonders nach einer Show. Und das Konzert gestern ist gewaltig gewesen. Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass wir mal im ausverkauften Aviva Stadium spielen würden? Und da es das letzte Konzert für wer weiß wie lange sein wird, haben wir unseren Fans hier in Dublin eine Show geliefert, die sie nie vergessen werden.
Ich werfe einen Blick in die Runde und verberge meine heruntergezogenen Mundwinkel hinter meiner Bierflasche.
Eigentlich müssten wir feiern. Doch wie viele Biere ich auch immer hinunterkippe, das Loch in meinem Inneren wird immer größer.
Ich wusste, dass sich die Dinge ändern würden, als Emer die Bombe von ihrer Schwangerschaft hatte platzen lassen. Denn Aiden würde sie auf keinen Fall mit einem Baby allein lassen. Nicht, dass ich ihm das verübeln könnte. Ich an seiner Stelle hätte die gleiche Entscheidung getroffen.
Zuerst hing die Überlegung im Raum, ihn auf einer zweiten Tour zu ersetzen, doch nachdem mein Bruder Cillian letzte Woche verkündet hatte, dass seine Frau Delaney und er gegen Ende des Jahres ihren eigenen kleinen Gallagher erwarteten, haben wir uns entschieden, die nächste Tour erst mal auf Eis zu legen.
Die Familie steht an erster Stelle. Immer.
Doch meine Familie waren bislang immer die drei anderen Männer an diesem Tisch. Cillian. Aiden. Shane. Da jetzt Cillian und Aiden ihre eigenen Familien gründen, hab ich keine Ahnung, was das für mich bedeutet.
Emer lehnt ihren Kopf an Aidens Schulter, verschränkt ihre Finger mit seinen und wirkt völlig zufrieden. Aiden merkt, dass ich sie beobachte, und er grinst mich breit an, als ob er genau wüsste, dass er der glücklichste Kerl auf diesem Planeten ist. Es liegt keine Arroganz in seinem Blick. Kein Hinweis darauf, dass er weiß, wie eifersüchtig ich auf das bin, was er hat. Nur reines Glück.
Arschloch. Ich. Nicht er.
Ich zwinge mich zu einem Lächeln, etwas, in dem ich in letzter Zeit sehr gut geworden bin, und ignoriere die Verbitterung, die sich meine Kehle hinaufdrängt. Stattdessen konzentriere ich mich darauf, was für ein Mistkerl ich bin, dass ich mich nach der Frau meines besten Freundes verzehre.
Emer gähnt, und ihre Augenlider werden schwer. Es war eine lange Woche. Und wir sind alle erschöpft.
»Ich glaube, du solltest meine Schwester jetzt lieber ins Bett bringen«, sagt Shane zu Aiden, schüttelt sich die Haare aus den Augen und stöhnt. »Scheiße, hab ich das gerade wirklich gesagt?«
Aiden grinst Shane an. »Mit dem größten Vergnügen.«
»Blödmann«, murmelt Shane.
Emer schüttelt nur den Kopf über die beiden, dann gibt sie mit einem leichten Gähnen zu: »Ich bin wirklich erledigt.«
»Warte nur, bis Ma erst hier ist«, brummt Shane.
Stöhnend steht Emer auf. »Es war ihre Idee, die Hochzeit direkt nach der Tour stattfinden zu lassen.«
»Es ist deine Hochzeit«, sagt meine Schwägerin Delaney und streicht sich ihre langen Haare von den Schultern. »Du solltest dich freuen.«
»Ich brauche keine Riesenfeier, die mir sagt, was ich bereits weiß.« Emer nimmt Aidens Hand. »Dieser Mann gehört mir.«
»Immer«, sagt Aiden, gibt ihr einen leidenschaftlichen Kuss und legt seine Hand auf ihren Bauch. »Aber deine Mutter wird nicht glauben, dass wir richtig verheiratet sind, bis wir vor einem Priester stehen. Es spielt keine Rolle, dass wir eine Urkunde aus Vegas haben, um es zu beweisen.«
»Ich kann immer noch nicht fassen, dass ihr das echt gemacht habt.« Shane schüttelt den Kopf. »Du hast Mom fast das Herz gebrochen. Aber zumindest war ich für ein paar Tage ihr Lieblingskind.«
Emer lacht nur. »Das warst du schon immer. Sie hat mir nie vergeben, dass ich kein musikalisches Wunderkind wie du bin.«
»Ich bin immer noch davon überzeugt, dass sie Owen am liebsten hat«, sagt Shane grinsend. »In ihren Augen kannst du einfach nichts falsch machen.«
Ich brumme. »Vielleicht wäre es anders, wenn ihr beide nicht immer wieder neue Wege finden würdet, die arme Frau zu quälen …«
»Wärst du immer noch ihr Liebling«, sagte Emer.
Alle lachen und nicken.
Agnus liebt uns alle, aber sie neigt dazu, Emer und Shane zu behandeln, als trügen sie immer noch Windeln, und will jeden Bereich ihres Lebens kontrollieren. Meines ebenfalls, wenn ich sie lasse. Und anders als Emer und Shane gebe ich schneller nach. Denn letztendlich ist sie das, was für Cillian und mich einer Mutter am nächsten kommt.
Emer schmiegt sich an Aiden und wirkt so verdammt zufrieden, dass mir ganz schwer ums Herz wird. Ich will mich ja für die beiden freuen. Wirklich. Aber das heißt nicht, dass mich die Eifersucht nicht von innen heraus auffrisst.
Ich sehe weg und merke, dass mich mein Bruder prüfend ansieht. Ich kenne den fragenden Blick in seinen Augen, der wissen will, ob ichokay bin. Die gleiche verdammte Frage, die er mir mehrere Male am Tag stellt. Und ich bin es langsam wirklich leid.
Ich massiere meine Schläfe und halte mir die kalte Bierflasche, die mir die Kellnerin reicht, an die Stirn.
»Bist du in Ordnung?«, fragt Emer und sieht mich besorgt an.
»Alles bestens«, murmle ich und trinke die Flasche in einem einzigen Zug halb aus.
Sie schüttelt den Kopf. »Wenn du wieder Kopfschmerzen hast, solltest du einen neuen Termin aus-«
»Ich habe gesagt, es geht mir bestens«, erwidere ich ein bisschen zu mürrisch, was mir von den anderen Männern missbilligende Blicke einbringt.
Statt abgeschreckt zu sein, verschränkt Emer die Arme, kneift die Augen zusammen und wirft mir einen ihrer bemutternden Blicke zu. »Ruf lieber Dr. Bishop an, statt dich mit Alkohol zu betäuben. Vielleicht gibt es noch ein anderes Migränemittel, das du ausprobieren kannst.«
Typisch Emer. Sie ist sturer als jede andere Frau, die ich kenne, und doch mitfühlender als Mutter Teresa und Gandhi zusammen.
Ich zucke mit den Schultern und kippe den Rest meines Bieres hinunter. Das Letzte, was ich von einem von ihnen will oder verdiene, ist Mitleid.
Emer flüstert Aiden etwas zu. Er sieht mit zusammengekniffenen Lippen und gerunzelter Stirn zu mir, dann nickt er. Dann hilft er ihr auf. »Wenn ich die Hochzeitsvorbereitungen der nächsten Woche überleben will, muss ich so viel Schlaf wie möglich bekommen.«
»Ich bin auch müde«, sagt meine Schwägerin Delaney und gibt Cillian einen Kuss auf die Wange.
Mein Bruder legt die Arme um die Taille seiner Frau und zieht sie zurück auf seinen Schoß. »Was für ein Kuss war das denn gerade?«
Sie schmunzelt, legt ihre Hände um seine Wangen und küsst ihn leidenschaftlich.
Ich schaue weg, weil neue Eifersucht in mir entbrennt. Nicht auf Delaney, sondern auf das Glück, das mein Bruder mit ihr gefunden hat. Ich freue mich für sie beide. Nie hätte ich gedacht, dass eine Frau Cillian lang genug aus seinen Grübeleien reißen kann, um ihn zu zähmen. Doch Delaney ist es gelungen. Sie ist gut für ihn. Noch nie habe ich ihn so glücklich gesehen wie in den letzten paar Monaten.
Sie sind alle glücklich. Sogar Shane, der seine Freundinnen so häufig wie Hemden wechselt. Und ich beneide sie. Nicht nur um ihr Glück, sondern auch um ihr Gefühl von Identität, darum, dass sie genau wissen, was sie wollen, und dass sie wie verrückt darum kämpfen.
Meine Identität dreht sich hingegen nur um die Menschen an diesem Tisch.
Die Band.
Meine Familie.
Cillian ist zwar mein einziger Blutsverwandter, doch Aiden und Shane gehören genauso zu meiner Familie wie Emer und jetzt auch Delaney. Sie sind das Einzige auf dieser Welt, was wichtig ist. Und ich würde alles tun, um sie zu beschützen. Es gibt nichts, was ich nicht dafür opfern würde.
Es wird still am Tisch, als wir den beiden Frauen dabei zusehen, wie sie das Restaurant verlassen und ins Foyer des Hotels gehen.
»Emer hat recht«, sagt Aiden, als sie außer Hörweite sind. »Du musst dich noch mal untersuchen lassen. Du bist in letzter Zeit ziemlich launisch und schleichst herum, als würde der Weltuntergang bevorstehen.«
Ich höre die Zuneigung in seinen harsch vorgebrachten, aber wahren Worten und brumme. »Ich schleiche nicht herum.«
»Tust du doch«, erwidert Cillian.
»Er muss nur mal wieder flachgelegt werden«, sagt Shane, lehnt sich zurück und beäugt zwei hübsche Blondinen an der Bar.
Die Frauen tragen knappe Kleidchen, die mehr zeigen als verhüllen, und kichern, als sie merken, dass Shane zu ihnen hinsieht. Als er sie anzüglich angrinst, rutschen sie von ihren Barhockern und kommen zu uns rüber.
Na toll. Ich verdrehe die Augen und weiß genau, was jetzt kommt. Seit Cillian und Aiden aus dem Spiel sind, bin ich sein Flügelmann. Obwohl ich keinen Zweifel daran habe, dass Shane mit beiden Frauen gleichzeitig fertigwerden könnte und es wahrscheinlich auch wird. Ich bin heute Abend einfach nicht in der Stimmung für zwanglosen Sex. Für die überdrehte Zuneigung von Fans, die mich einfach nur ins Bett bekommen wollen, um damit angeben zu können.
»Du bist einfach viel zu ernst«, sagt Shane und rückt die beiden Stühle zurecht, auf denen gerade noch Delaney und Emer gesessen haben, um die Frauen sitzen zu lassen. »Gönn dir ab und an doch mal ein bisschen Spaß.«
Die Frauen kichern, als Shane breit grinsend die Arme auf die Rückenlehnen ihrer Stühle legt und seine Aufmerksamkeit auf einen der Barbie-Klone richtet.
Als klar ist, dass Aiden und Cillian nicht interessiert sind, lächelt mich die andere Blondine an und befeuchtet ihre Lippen. Sie spricht mit mir, aber die Worte, die aus ihrem Mund kommen, sind mir egal. Genau wie ihre manikürte Hand, die sich auf mein Bein legt, als sie sich zu mir vorbeugt.
Ich fühle nichts. Nur die verdammte Leere, die niemals zu verschwinden scheint.
Vielleicht bin ich ja depressiv. Oder vielleicht habe ich auch nur den immer gleichen Scheiß tagaus, tagein satt. Ich weiß nur, dass sich etwas ändern muss, bevor ich mein Elend mit etwas anderem zu betäuben versuche als mit Alkohol und Frauen.
Ich sehe die besorgten Blicke, die mir Aiden und Cillian zuwerfen. Es sind die gleichen Blicke, mit dem sie mich ansehen, seit mir letztes Jahr so ein betrunkenes Arschloch den Schädel eingeschlagen hat.
Ich kann mich in einer Prügelei behaupten. Ich bin schließlich Ire. Ich wurde kämpfend geboren. Doch der Mistkerl hat mir einen unerwarteten Schlag verpasst, der so heftig war, dass ich mit einer Gehirnblutung im Krankenhaus gelandet bin.
Ich habe sie raunen hören, dass ich seitdem nicht mehr derselbe bin. Und vielleicht haben sie recht. Aber ich weiß, dass diese Leere in mir schon vor dieser Sache begonnen hat. Ich versuche jetzt nur nicht mehr, sie zu verstecken.
»Ich brauche frische Luft.« Ich ignoriere das Schmollen der Blondine, als ich abrupt aufstehe, sodass ihre Hand von meinem Bein rutscht.
»Ich komme mit«, sagt Aiden und schiebt seinen Stuhl zurück.
»Nein, schon gut.« Ich blicke nicht zurück, als ich aus dem Hotelrestaurant in die belebten Straßen von Dublin hinaustrete.
Ich liebe diese Stadt. Dieses ganze verdammte Land. Aber nach Hause zu kommen, ist bittersüß für mich. Weil ich keine Ahnung habe, was ich mit meinem Leben anstellen soll, seit sich alles verändert hat.
Es ist keine Frage des Geldes. Ich könnte allein von den Tantiemen für die letzten beiden Alben leben. Aber in das leere Haus zurückzukehren, dass ich mir vor einem Jahr gebaut habe, als Cillian und Aiden ihre Familie gründeten, ist keine besonders reizvolle Aussicht.
Shane und ich haben darüber geredet, hier in Dublin ein Aufnahmestudio zu gründen. Das ist eine Idee, die ich schon seit Längerem habe. Es gibt hier so viele Talente, so viele Stimmen, die eine Chance verdienen, gehört zu werden.
Ein paar erste Regentropfen fallen mir ins Gesicht, aber ich bemerke es kaum, als es plötzlich einen Platzregen gibt und sich die Passanten in die Pubs und Restaurants flüchten, die die Straße säumen. Ich gehe weiter, ziehe mir meine Kapuze über den Kopf und bleibe erst stehen, als ich die Liffey erreiche.
Ich stütze mich auf die Kaimauer, blicke auf den Fluss und atme tief die kühle salzige Luft ein.
Es gibt keine andere Stadt auf der Welt, die Dublin gleicht. Die Mischung von Alt und Neu. Der unablässige Herzschlag eines Landes, der trotz aller Tragödien der Vergangenheit nicht ausgelöscht werden kann.
Selbst über das Prasseln des Regens und das leise Dröhnen der Autos hinweg kann ich das Lachen und die Musik aus den zahlreichen Pubs hören.
Ich spiele mit dem Gedanken, in den Brazen Head zu gehen. Die Leere in mir mit Folk Music und ein paar Pints Guinness zu füllen versuchen. Und das würde ich, wenn ich einfach in einer Ecke sitzen und mich volllaufen lassen könnte.
Doch mein Gesicht ist inzwischen zu bekannt. Und ich bin nicht in der Stimmung, mich mit Fans abzugeben, also gehe ich weiter, bis ich bis auf das T-Shirt unter meinem Hoodie durchnässt bin, meine Füße schmerzen. Dabei versuche ich, mich an den Liedtext zu erinnern, der mir in letzter Zeit immer wieder auf der Zunge liegt. Aber er bleibt undeutlich, unerreichbar, genau wie mein eigenes Glück.
Als ich schließlich wieder das Hotel betrete, bin ich fast wieder nüchtern.
Das Restaurant ist geschlossen, die Jungs sind weg. Cillian und Aiden sind wahrscheinlich bei ihren Frauen im Zimmer und Shane zweifellos mit einer der Barbies oder sogar mit beiden beschäftigt.
Gott sei Dank habe ich noch die Minibar in meiner Suite.
Ich fluche leise, als mir einfällt, dass ich sie bereits gestern geleert habe.
Es ist weit nach Mitternacht, und abgesehen von einer Frau, die gerade eincheckt, ist das Foyer leer.
Trotz der Hausregel weiß ich aus Erfahrung, dass ein paar hundert Euro reichen, um mit mehr als einer Handvoll dieser kleinen Schnapsfläschchen versorgt zu werden.
Triefnass schiebe ich die Hände in die Hosentaschen und warte hinter der Frau, während sie der verhuscht wirkende Portier von oben herab mustert.
Lange dunkle Haare, feucht vom Regen, hängen als schlichter Pferdeschwanz herunter, der knapp über einem perfekt gerundeten Hintern endet.
»Tut mir leid, Miss, aber wir haben kein Zimmer mehr frei.«
»Aber hier ist meine Reservierungsnummer«, sagt die Frau mit einem amerikanischen Akzent. Wahrscheinlich aus dem Norden, denn es klang härter als die gedehnte Sprechweise der Südstaaten.
Nervös zieht sie ein Stück Papier aus ihrer Geldbörse. »Fünf null T zwei …«
Der Portier sieht von seinem Computer zu ihr auf und sagt nicht im Geringsten entschuldigend: »Diese Reservierung ist für morgen.«
»Aber ich habe das Zimmer für den elften reserviert …«
»Der morgen ist.« Er betont jedes Wort einzeln und mit mehr als einer Spur Verachtung.
Meine sofortige Reaktion besteht darin, mich einzumischen. Schließlich ist es nach Mitternacht, genau genommen also schon der elfte. Doch ich hoffe immer noch auf die Wiederauffüllung meiner Minibar.
»Ihr Zimmer wird morgen ab vierzehn Uhr bereitstehen.«
»Und was soll ich bis dahin machen?« In ihrer Stimme liegt inzwischen ein Hauch von Panik.
Der Mann blinzelt sie nur ungerührt an.
»Hören Sie.« Die Frau lehnt sich auf den Empfangstresen. »Ich habe sieben Stunden in einem Flugzeug verbracht, eine Stunde erfolglos versucht, ein Taxi zu bekommen, und als es mir schließlich gelungen ist, hat es mich zum falschen Hotel gebracht. Also bin ich zwei Blocks im Regen herumgelaufen, und jetzt will ich nur noch eine Dusche und ein Bett …«
»Wenn Sie Ihr Gepäck bei uns unterstellen möchten …«
Als die Frau ausatmet, klingt es nach einem unterdrückten Schluchzen. »Ich möchte mein Gepäck nicht unterstellen. Ich möchte ein Zimmer. Bitte.«
»Miss.« Der Portier klingt genervt und verdreht die Augen. »Wenn ich ein Zimmer für Sie hätte, würde ich es Ihnen geben.«
Das nehme selbst ich ihm nicht ab.
»Meinetwegen.« Sie wirft kapitulierend die Hände hoch. »Dann wandere ich jetzt wohl einfach die Straßen entlang. Aber wenn ich ausgeraubt oder ermordet werde, ist es allein Ihre Schuld.«
Der Portier verzieht keine Miene. »Sie dürfen gern in unserer Lounge warten. Frühstück wird in fünf Stunden serviert.«
»Danke«, murmelt sie, nimmt ihre Handtasche und hebt ihr Gepäck auf.
Sie hat wohl nicht gemerkt, dass ich hinter ihr stehe, denn sie dreht sich zu schnell herum, all ihr Frust wird in dieser einen Bewegung sichtbar, und rennt direkt in mich hinein.
Ich halte sie am Ellbogen fest, damit sie nicht umkippt.
»Tut mir leid. Ich …« Sie sieht mich an und bleibt mit offenem Mund stehen, ohne weiterzusprechen.
Die Frau ist wunderschön. Ihr Gesicht ist nicht so stark geschminkt wie bei den meisten Frauen. Ihre Haut wirkt blass neben den dunklen Strähnen, die ihrem unordentlichen Pferdeschwanz entkommen sind. Hellblaue Augen mit dichten schwarzen Wimpern blinzeln zu mir auf.
Sie kommt mir irgendwie bekannt vor. Aber ich weiß nicht, woher. Und zum ersten Mal seit Wochen reagiert mein Körper auf etwas anderes als meine eigene Hand.
Der Portier räuspert sich. »Gibt es etwas, bei dem ich Ihnen behilflich sein kann, Mr Gallagher?«
Die Wangen der Frau werden rot, sie schaut weg und beginnt auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Entweder hat sie meinen Namen oder mein Gesicht erkannt, aber sie wirkt nicht wie ein aufgeregter Fan. Irgendetwas an ihr ist anders. Etwas, das ansprechend ist, nicht abtörnend.
»Mr Gallagher?«, wiederholt der Portier.
»Nein«, murmle ich, ohne den Blick von der Schönheit vor mir zu nehmen, selbst als sie einen Schritt zurücktritt. Alkohol ist gerade das Letzte, was ich im Sinn habe.
»Harte Nacht?«, frage ich mit hochgezogener Augenbraue, während ich die sanfte Linie ihres Kinns betrachte und den Blick sinken lasse, um den Rest ihrer Perfektion zu mustern.
»Ich brauche einfach nur ein Bett. Schlaf«, erwidert sie erschöpft. Sie weicht meinem Blick nicht aus.
Etwas passiert da zwischen uns, und ich registriere kaum die Hälfte der Emotionen, die in ihrem Gesicht aufblitzen.
Diese Frau fasziniert mich, weckt etwas in mir.
Ja, deinen Schwanz, du Idiot, warnt mich mein Hirn. Trotz des unschuldigen Blickes ihrer erstaunlich blauen Augen strahlt sie Ärger aus. Und zwar nicht die Sorte Ärger, die ich mir manchmal gern einhandle, sondern sie vermittelt den Eindruck, dass sie mehr Gepäck mit sich herumschleppt als das, was sie gerade bei sich hat.
Das Problem ist, dass ich noch nie in der Lage war, einer Jungfrau in Nöten zu helfen. Emer nennt es meinen Weißer-Ritter-Komplex. Und diese Frau hier muss dringend gerettet werden. Zumindest heute Nacht.
Das Gefühl von Leere ist verschwunden, ersetzt durch ein glimmendes Feuer, geweckt durch die Art und Weise, wie die Frau mich ansieht. In ihrem Blick schimmern Verlangen und noch etwas anderes, das ich nicht richtig deuten kann.
Ich wette, sie schmeckt süß. Nach der Trockenphase, die ich hatte, würde sie mit Sicherheit wie Ambrosia schmecken. Fast kann ich spüren, wie sich ihre sanften Kurven an meinen Körper schmiegen, höre ihr leises Stöhnen, während ich von ihr koste.
Nein, diese Frau wird auf keinen Fall in diesem verdammten Foyer schlafen.
Ohne ein zweites Mal darüber nachzudenken, und in dem sicheren Wissen, dass ich es bereuen werde, nehme ich ihr das Gepäck aus der Hand und werfe es mir über die Schulter.
»W-Was soll das?«
Ich grinse sie an. »Sie sagten, Sie brauchen ein Bett. Nun, ich habe zufällig eins.«
Owen Gallagher steht vor mir, nein, ragt vor mir auf, in seinem hübschen Gesicht ein breites Grinsen. Er strahlt sexuelles Selbstvertrauen aus, und ich weiß genau, worauf er es abgesehen hat – auf eine Eroberung.
Verlangen funkelt in seinen Augen, durchdringt seine Worte, und die Arroganz, die er ausstrahlt, verrät mir, dass er gewohnt ist, seinen Willen zu bekommen.
Die Art, wie sein Blick meinen Körper entlangwandert, erfüllt mich mit einem Gefühl, das ich schon lange nicht mehr empfunden habe. Vielleicht noch nie. Aber ich frage mich auch, ob er mich nicht erkennt, denn wenn er es täte, würde er mich wohl kaum siezen oder es wagen, mich so anzusehen, wie er es jetzt tut.
Oder mir sein Bett anbieten.
»Wie bitte?«
Er lehnt sich vor, seine grauen Augen suchen meine, und wieder sehe ich einen Funken Belustigung in ihnen. »Ich will es nicht mit Ihnen teilen, falls Sie sich deshalb Gedanken machen.«
»T-Teilen?« Ich stottere herum wie ein aufgeregter Fan, und so, wie er grinst, ist er mit Sicherheit daran gewöhnt.
Natürlich ist er das. Schließlich ist er der verdammte Owen Gallagher.
»Das Bett.« Er legt den Kopf schief und sieht mich an, als würde er mich am liebsten mit einem Happs verschlingen.
»Oh.« Selbst ich höre den Hauch von Enttäuschung in dem einen Wort, und meine Wangen beginnen zu brennen.
Er lacht. Es ist ein melodisches Geräusch, das mir durch Mark und Bein geht und mich wohlig erschauern lässt.
»Außer natürlich, Sie wollen es.« Eine dunkle Augenbraue schießt in die Höhe.
»Nein«, bringe ich gezwungen hervor und muss tief durchatmen, um mein wild klopfendes Herz und meine blühende Vorstellungskraft zu beruhigen. »Ich meine … ich will mich nicht aufdrängen.«
»Aber nicht doch.« Er sieht mir in die Augen, und in seinem Blick liegt eine Herausforderung.
Nervös streiche ich mir eine feuchte Strähne hinters Ohr. Mir ist immer noch ganz schwindlig davon, ihn so plötzlich wiederzusehen. Hier. Jetzt.So zufällig, wie es scheint, ist es jedoch nicht. Ich wusste, dass er in diesem Hotel abgestiegen ist. Denn ich hatte vor, mich ihm und meinen Verwandten endlich zu stellen. Ich hatte nur nicht erwartet, klatschnass im Foyer zu stehen, während mir ein leicht betrunkener Owen sein Zimmer anbietet.
Ein Bett. Das ist alles, was er mir anbietet, rufe ich mir ins Gedächtnis. Ja, richtig. So naiv bin nicht einmal ich.
Ich sollte ihm sagen, wer ich bin, bevor es peinlich wird. Bevor …
»Kommen Sie schon«, sagt er. »Ich friere mir hier den Hintern ab, und Sie sehen so aus, als könnten Sie eine heiße Dusche gebrauchen.«
Unwillkürlich stelle ich ihn mir nackt und nass vor, und alle möglichen schmutzigen Gedanken rasen mir durch den Kopf. Scheinbar kann er mir jeden einzelnen davon am Gesichtsausdruck ablesen, denn sein Grinsen wird nur breiter, und er lacht heiser.
Ich müsste eigentlich sei Angebot ablehnen.