Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 17 - John Reno - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 17 E-Book

John Reno

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Beschreibung

Whisky Jack und Luis Barranca, die beiden Schlitzohr-Halunken, sind wieder einmal auf einem heißen Trail unterwegs. Doch das tun sie nicht zu ihrem Vergnügen. Ganz im Gegenteil, vielmehr werden sie unerbittlich von einer grausamen, rachedurstigen Meute gejagt. Und der Anführer dieser Meute ist Slim Laszlo, genannt »der Henker«. Noch niemals ist einer seiner Feinde diesem Höllenhund entkommen. Auch den Schlitzohr-Halunken scheint die Henkerschlinge sicher zu sein. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass diese beiden Kerle Nerven wie aus Stahl haben ...


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Inhalt

Cover

Jetzt tricksen wir den »Henker« aus

Vorschau

Impressum

Jetzt tricksenwir den»Henker« aus

Von John Reno

Unerbittlich werden die beiden glorreichen Schlitzohr-Halunken von der Meute des berüchtigten »Henkers« Slim Laszlo gejagt. Noch nie ist ihm einer seiner Feinde entkommen. Auch Whisky-Jack und Luis Barranca scheinen daher verloren zu sein. Die Chancen stehen wirklich mehr schlecht als recht, aber diese beiden geben sich nicht so schnell geschlagen. Sie haben immer ein paar Tricks auf Lager und bewahren selbst in der heikelsten Situation noch einen kühlen Kopf ...

Bill Kenton ritt um sein Leben.

Das Fell seines Fuchshengstes war dunkel vom Schweiß. Schaum stand vor seinen Nüstern. Das Tier war am Ende seiner Kräfte. Dennoch trieb Bill es unbarmherzig weiter. Er hatte keine andere Wahl. Die Verfolger waren ihm dicht auf den Fersen.

Big Mortimers Höllenhunde.

Gehetzt blickte Bill zurück. Durch den rötlichen Staubschleier, der von den Hufen seines Hengstes aufgewirbelt wurde, sah er die Reiter. Sie waren nur noch eine knappe Meile entfernt. Ihre Pferde waren frischer, denn sie hatten Ersatztiere dabei. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie ihn stellten. Und es war keine Frage, was ihm dann blühen würde.

Er kannte ihre Grausamkeit. Bis vor Kurzem war er einer von ihnen gewesen.

Sie würden ihn foltern, bis er das Versteck des Goldes preisgab. Dann würden sie ihn ins Minencamp zurückbringen und dort am Galgen aufhängen.

Nein, Gnade konnte er nicht erwarten. Nicht, nachdem er Big Mortimer, dem unerbittlichen Banditenboss und Herrscher von Hangman's Town, das Gold geraubt hatte.

»Verdammte Hitze«, murmelte Black Jack Bullwhip, auch als Whisky-Jack bekannt, und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Du sollst nicht fluchen!«, mahnte der Padre, der im Schatten einer Saguaro-Gruppe neben ihm lag. Der Padre holte mit der Hand aus und schlug nach einer Stechmücke.

»Volltreffer«, meldete er zufrieden und betrachtete das zerquetschte Insekt, bevor er es wegschnippte.

»Du sollst nicht töten«, brummte Whisky-Jack grinsend.

Der Padre zuckte mit den Schultern. »Notwehr.«

Mit vollem Namen hieß er Hippolythe Carlos Peter Paul Galvan y San Angelo, doch Whisky-Jack nannte ihn der Einfachheit halber nur Hippy.

Hippy hatte einen mexikanischen Vater und eine texanische Mutter gehabt. Er war noch nicht lange Padre. Böse Zungen behaupteten, er sei früher auf dem rauen Trail geritten, bis ihn irgendein dramatisches Ereignis in seinem bewegten Leben veranlasst hatte, den Colt mit der Bibel zu vertauschen. Genaues wusste wohl keiner. Hippy sprach nicht über seine Vergangenheit.

»Wenn Luis nicht bald zurückkehrt, kommen wir noch zu spät zu Bettys Hochzeit«, sagte Whisky-Jack und zog seinen verbeulten und mit zwei Kugellöchern belüfteten Stetson tiefer übers Gesicht, weil ihn die grelle Sonne blendete.

»Ach, was«, widersprach der Padre, und sein von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht mit den stark ausgeprägten Wangenknochen zeigte die Andeutung eines Lächelns. In den hellblauen Augen funkelte es amüsiert. »Sie hat in ihrem Brief ausdrücklich darauf bestanden, von mir getraut zu werden. Schließlich habe ich das noch jedes Mal getan.«

»Viel genutzt hat das nicht«, bemerkte Whisky-Jack trocken.

Der Padre lachte leise. »Nicht meine Schuld. Du kennst doch Betty.«

Ja, Whisky-Jack kannte Betty.

Er hatte sie mal in einem Saloon in Casa Grande, Arizona, kennengelernt, und sie war eine der aufregendsten Ladys, die ihm je begegnet waren. Sie hatte ihn noch zu jeder ihrer Hochzeiten eingeladen, natürlich auch seinen Freund Luis Barranca. Sechsmal in drei Jahren. Diesmal war also der siebte Ehemann an der Reihe, mit ihr den Bund fürs Leben zu schließen. Und wie Whisky-Jack die dralle Betty kannte, war sie auch diesmal »unsterblich« verliebt und erkannte erst nach einer tage- und nächtelangen Hochzeitsfeier, dass sie doch nicht den richtigen Mann gefunden hatte ...

Hufschlag klang auf, und riss Whisky-Jack aus seinen Gedanken.

Er hob den Kopf, und seine Rechte stieß zum Remington Revolver an seiner Hüfte hinab. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass auch der Padre aufsprang und sofort nach seiner Winchester griff.

Es waren höchst unruhige Zeiten im Grenzland zwischen Mexiko und Arizona, und besonders im Gebiet des Roca Roja Canyon. Zu beiden Seiten der Grenze trieb sich allerlei Gesindel herum, mexikanische und amerikanische Desperados, Schmuggler und Waffenschieber, Deserteure und Rebellen. Und dann streiften auch noch Chiricahuas herum. Schon mancher, der zu sorglos durch den Roca Roja Canyon geritten war, hatte seinen Skalp verloren oder war von amerikanischen oder mexikanischen Banditen wegen ein paar Dollars oder Pesos umgebracht worden.

Ein Menschenleben galt nicht viel im Roca Roja Canyon, der auch »Das Tor zur Hölle« genannt wurde.

Es war also Vorsicht geboten.

Deshalb hatten sie ausgeknobelt, wer auf Erkundung ritt und dabei Wasser besorgte; denn ihre Feldflaschen waren leer.

Luis Barranca hatte verloren, weil Whisky-Jack und der Padre noch besser im Schummeln gewesen waren.

Die beiden entspannten sich, als Luis Barranca zwischen den roten, bizarr geformten Felsen am Rande der Senke auftauchte und zu ihrem Camp im Schatten der Kakteen und Dornbüsche herunterritt.

»Hoffentlich hat er was zum Schlucken mitgebracht«, murmelte Whisky-Jack und leckte sich über die trockenen Lippen.

»Zuerst die gute Nachricht!«, rief Luis, als er seinen staubbedeckten Braunen zügelte. »Der Weg ist frei. Keine Rebellen, Banditen, Rurales, Rote oder sonstige unfreundliche Gesellen. Alles ruhig und friedlich. – Aber das Wasserloch ist ausgetrocknet. Ich schlage vor, wir knobeln aus, wer seine Flasche opfert.«

Ihr Wasservorrat war zwar erschöpft, doch das hieß nicht, dass sie völlig ohne Trinkbares waren. Sie hatten nämlich das übliche Hochzeitsgeschenk für Betty in den Satteltaschen: Eine Flasche besten Bourbon von Whisky-Jack, eine Flasche Tequila von Luis Barranca, und der Padre hatte mexikanischen Rotwein dabei.

»Kommt nicht in Frage«, protestierte Hippy, der Padre. »Ich verspiele Bettys Flasche nicht. Wie stehe ich da, wenn ich mit leeren Händen komme?«

»Wir kaufen in Dolton einfach 'ne neue Pulle«, schlug Luis Barranca vor.

»Und womit sollen wir diese bezahlen?«, wandte Whisky-Jack ein.

Das hatte betrübte Mienen zur Folge. Wenn sie zusammenlegten, besaßen sie noch allenfalls fünfundsiebzig Cents. Nicht mal die Zeche in der Cantina in dem kleinen mexikanischen Kaff südlich des Roca Roja Canyons hatten sie bezahlen können. Irgendwelche Taschendiebe hatten ihnen bei der Übernachtung die letzten paar Dollars geklemmt und nur ein paar Kleinmünzen übersehen. Es hatte einen mächtigen Wirbel gegeben, als sie ein wenig überhastet aufgebrochen waren, weil jemand die Polizei alarmiert hatte, als sie nicht zahlen konnten. Deshalb hatten sie auch keinen genügend großen Wasservorrat mitnehmen können.

»Außerdem haben wir in Dolton noch ein paar unbezahlte Deckel liegen«, erinnerte Whisky-Jack. »Ich bezweifle, dass die Salooner uns noch mal einen Kleinkredit einräumen.«

Ein Schweigen folgte. Dann grinste Luis Barranca. »Hippy kann den Jungs seinen Segen erteilen, das wird sie spendierfreudig machen.«

»Beim letzten Mal haben sie mir nur versprochen, gelegentlich der Heiligen Jungfrau eine Kerze zu spendieren«, wandte der Padre ein. »Da war nichts drin mit Bargeld. Außerdem bettele ich nicht gerne.«

»Ah, wir werden schon eine Möglichkeit finden, 'ne Flasche zu finanzieren«, sagte Luis Barranca optimistisch. »Also, was ist Jungs, knobeln wir jetzt aus, ob Whisky, Tequila oder Rot ...«

Er verstummte.

Jenseits der Felsengruppe trommelte Hufschlag heran. Schüsse peitschten.

Whisky-Jack sprang auf. Er spähte angespannt zu den Felsen hin. Dann sah er Luis an.

»Sagtest du nicht, es sei alles ruhig und friedlich?«

Bill Kenton duckte sich tief über den Hals des erschöpften Pferdes. Die ersten Schüsse der Verfolger krachten durch das Hämmern der Hufe.

Bill galoppierte auf eine bizarre Felsengruppe zu. Er warf einen schnellen Blick zurück. Täuschte er sich, oder hatte sich die Zahl der Verfolger verringert? Er glaubte, nur noch vier Reiter im rötlichen Staubschleier zu erkennen. Ob die anderen beiden aufgegeben hatten?

Neue Hoffnung stieg in ihm auf. Vielleicht gab es doch noch eine Chance, Big Mortimers Höllenhunden zu entkommen. In Deckung der Felsen musste er sich zum Kampf stellen. Das Pferd schaffte keine halbe Meile mehr. Vier Gegner. Vielleicht konnte er sie sich vom Hals schaffen und eines ihrer Pferde erbeuten ...

Er zuckte zusammen, als ihm eine Kugel dicht über den Kopf pfiff. Dann hatte er die Felsengruppe erreicht.

Er jagte zwischen zwei gewaltigen Felsbrocken hindurch und lenkte den stolpernden Fuchshengst in Deckung hinter eine Sandsteinzinne. Dann riss er das Spencer-Gewehr aus dem Scabbard. Er hatte die Waffe gerade aus dem Sattelholster gezogen, als es links von ihm zwischen den Felsen aufblitzte.

Das gepeinigte Wiehern des Fuchshengstes ging im Krachen des Schusses unter. Das Tier brach zusammen.

Geistesgegenwärtig riss Bill die Füße aus den Steigbügeln.

Im nächsten Augenblick stürzte er auch schon aus dem Sattel. Er prallte hart zwischen Dornengestrüpp und Geröll am Fuß eines mächtigen rötlichen Felsblockes auf. Dabei verstauchte er sich den rechten Arm und verlor das Gewehr. Benommen blieb er liegen und rang um Atem.

Wieder knallte es, und jetzt erkannte Bill Kenton, dass er zwischen zwei Feuern lag.

Mortimers Reiter, seine ehemaligen Kumpane, mussten sich getrennt und ihn in die Zange genommen haben. Vermutlich waren es die zwei fehlenden Reiter des sechsköpfigen Trupps, die ihm den Weg abgeschnitten und sich zwischen den Felsen auf die Lauer gelegt hatten.

Die anderen Verfolger mussten jeden Augenblick von Süden her auftauchen.

Bill Kenton kroch zu dem Gewehr, das im Staub lag. Schmerzen stachen durch seinen rechten Arm. Er drückte sich tiefer hinter sein totes Pferd und mühte sich ab, eine Kugel in die Kammer des Gewehrs zu hebeln. Sein rechter Arm wollte ihm nicht recht gehorchen. Er ließ das Spencer-Gewehr fallen, wälzte sich auf die Seite und zog mit der Linken den Colt aus dem Holster an seiner rechten Hüfte. Er zog den Hammer der Waffe mit dem Daumen zurück.

Wieder blitzte es im Schatten zwischen den Felsen zu seiner Linken auf, und das Donnern des Schusses hallte von den Felsen wider.

Ein glühend heißer Schmerz zuckte durch Bill Kentons linken Arm. Das Geschoss hatte seinen Oberarm gestreift und eine blutige Furche gerissen.

Bill Kenton feuerte blindlings zu den Felsen. Doch der oder die Schützen waren in guter Deckung.

Jetzt verstummte der Hufschlag der anderen Verfolger ganz in der Nähe. Sie waren zwischen den Felsen, kaum dreißig Yards von ihm entfernt.

»Ausschwärmen!«, rief eine raue Stimme.

Ein Schauder lief Bill Kenton über die Wirbelsäule. Jetzt wusste er, was er zuvor nur vermutet hatte. Der Anführer der Männer, die ihn verfolgten, war Slim Laszlo, Mortimers Henker.

Der Henker würde ihm in der Schlucht die Schlinge um den Hals legen. Doch zuerst würde man ihn foltern, bis er preisgab, wo er auf der Flucht das Gold versteckt hatte.

Bill Kenton lauschte mit angehaltenem Atem. Schweiß perlte auf seiner Stirn, sickerte durch seine Augenbrauen und biss in seine tränenden Augen. Beide Arme schmerzten.

Der Hoffnungsschimmer war dahin. Wie hatte er auch nur denken können, Big Mortimer und seiner Bande entkommen zu können! Es war ihm von Anfang an klargewesen, dass sie ihn jagen würden. Doch er hatte nicht damit gerechnet, dass sie so schnell auf seiner Fährte reiten würden.

Es war leicht gewesen, in der Nacht den arglosen Kumpan niederzuschlagen, der mit ihm zusammen Big Mortimers Goldschatz bewacht hatte. Es war ihm sogar gelungen, die Wachen am Zugang zur Schlucht zu überlisten. Ohne das geringste Misstrauen hatten sie von dem Brandy mit dem Betäubungsmittel getrunken. Schließlich war er einer von ihnen gewesen. Er war mit Mortimers Gold aus der Schlucht entkommen und hatte geglaubt, einen Vorsprung von knapp zwei Stunden zu haben, genug, um sich abzusetzen und die Fährte zu verwischen. Doch irgendjemand musste vorzeitig Alarm geschlagen haben, lange vor der Wachablösung.

Sie hatten sich nicht abschütteln lassen.

Wie Bluthunde waren sie seiner Fährte gefolgt ...

Bill Kenton glaubte, zu seiner Rechten ein leises Scharren zu hören. Er zuckte herum und stieß den Colt vor. Doch da war nichts zwischen den roten Felsen zu entdecken.

Aber sie waren da. Er hörte jetzt schleichende Schritte und das Kullern eines Steins.

Dann herrschte wieder Stille. Eine unheilvolle Stille, die noch mehr an Bills Nerven zerrte als die Geräusche zuvor.

Er spürte, dass sich die Falle immer mehr schloss.

Plötzlich hämmerten Schüsse links von ihm, und das Echo hallte von den Felsen wider. Mit hässlichem Klatschen schlugen Geschosse in den Pferdekadaver, und Kugeln pfiffen über Kentons Kopf hinweg. Ein regelrechter Bleihagel raste auf ihn zu.

Als das Hämmern der Schüsse verhallte, und Bill Kenton es wieder wagte, über das tote Pferd hinwegzuspähen, war es schon zu spät.

Eine Gestalt schnellte auf ihn zu und trat ihm den Revolver aus der Faust. Ein Schuss löste sich aus dem Colt und das Blei prallte von einer Felszinne ab.

Ein zweiter Mann sprang hinter einem Felsen hervor. Er schwang ein Lasso.

Der erste Angreifer schleuderte Bill Kenton mit einem Tritt von dem toten Pferd fort. Instinktiv rollte sich Bill zur Seite und riss abwehrend eine Hand hoch. Doch da zischte die Lassoschlinge schon auf ihn zu, legte sich um seinen Oberkörper und zog sich mit einem Ruck zusammen.

Bill Kenton wurde herumgerissen. Das Lasso schnitt in seine schmerzenden Arme. Dann stieß er mit dem Hinterkopf gegen einen Stein, und es wurde dunkel und still um ihn.

Der Mann mit dem Lasso blickte mit ausdrucksloser Miene auf den Bewusstlosen hinab, als hätte er ein Maverick eingefangen.

Weitere Männer tauchten auf, als der Mann mit dem Lasso einen Pfiff ausstieß.

Dann trat Slim Laszlo, der Henker, heran. Ein großer, schwarzgekleideter Mann. Slim Laszlo war ein offizieller Henker gewesen, bevor er von Mortimer gekauft worden war. Jetzt übte er sein ehemaliges Gewerbe nur noch gelegentlich in Hangman's Town aus.

Slim war ein stämmiger schwarzhaariger Mann, dessen braune Augen meistens sanft blickten, als könnte er keiner Fliege etwas zuleide tun. Doch seine Opfer wussten, wie trügerisch dieser Eindruck war. Er war ein grausamer Mann, der freundlich lächelte und mit Vorliebe seine Opfer peinigte, bevor er sie aufhängte, »um nicht ganz aus der Übung zu kommen«, wie er zynisch erklärte.

Mit ruhiger Stimme, fast gelangweilt, gab er den anderen Männern Anweisungen. Einer nahm Bill Kentons Waffen an sich. Ein anderer durchsuchte seine Kleidung. Ein dritter Mann durchwühlte die Satteltaschen, nachdem die Kumpane den Pferdekadaver etwas hochgestemmt hatten, damit er die eingeklemmte Tasche hervorziehen konnte.

»Nichts«, meldeten die Männer, die nach dem Gold gesucht hatten.

»Er wird es irgendwo versteckt haben, als sein Vorsprung noch groß genug war«, sagte Slim, der Henker.

»Vielleicht hat er es auch Kumpanen übergeben«, mutmaßte Brent, der Mann, der zuvor das Lasso geworfen hatte.

»Dann hätten wir außer seiner Fährte andere Spuren sehen müssen«, entgegnete Slim, der Henker. Sein Blick glitt zu dem toten Pferd und der Gitarre, die ein Stück abseits im Staub lag. Sie war nur nachlässig am Sattel angebunden gewesen und davongeschleudert worden, als das Pferd zu Boden gekracht war.

»Hast du auch in seiner Gitarre nachgesehen?«, fragte Slim Laszlo und zog bedächtig ein Zigarillo aus der Brusttasche seines schwarzen Hemdes.

Der Bandit blickte verdutzt drein. Die Gitarre hatte er gar nicht beachtet. Slim dachte aber auch an alles. Er eilte also zu der Gitarre und hob sie auf.

»Nichts drin«, meldete er dann enttäuscht. Er zupfte an den Saiten. Es klang nicht sehr melodisch.

Slim, der Henker, lächelte und blies einen Rauchring in die Luft.

»Macht nichts«, sagte er gelassen. »Er wird uns schon erzählen, wo das Gold ist. Da gehe ich jede Wette ein. Er wird sich direkt freuen, es erzählen zu dürfen, wenn ich mich erst ein bisschen mit ihm beschäftigt habe.«

Er blickte auf Bill Kenton hinab. Ein grausamer Zug war um seine Mundwinkel.

Bill war wieder bei Bewusstsein und hatte die letzten Worte gehört. In seiner Angst hatte er sich erst einmal weiterhin ohnmächtig gestellt. Seine Gedanken rasten förmlich. Sie würden ihn so oder so töten. Aber vielleicht ersparte er sich die Folter, wenn er gleich das Versteck preisgab.

Er spürte, wie sich jemand über ihn beugte. Er nahm Tabakrauch wahr.

Dann schrie er auf.

Slim, der Henker, hatte die Asche des Zigarillos an seinem Handrücken abgestreift.

»Du brauchst dich nicht schlafend zu stellen, mein lieber Billy«, sagte Slim mit sanfter Stimme. »Ich hab gesehen, wie du geblinzelt hast. Nun mach mal schön die Äuglein auf, sieh deine alten Freunde an und erzähl ihnen, wo das Gold ist.«

Bill Kenton hatte sich immer noch nicht entschieden, was er sagen sollte. Er war so oder so verloren. Wenn er das Versteck gleich preisgab, ging alles nur noch schneller.

Er klammerte sich an diesen Gedanken wie an den rettenden Strohhalm.

»Ich – ich weiß nicht«, krächzte er.

»Dreckiger Lügner!« Brent versetzte ihm einen Tritt.

Slim, der Henker, winkte ab. »Tu dem lieben Billy nicht weh«, sagte er, und Bill Kenton wusste, dass die Worte blanker Hohn waren. Auch die anderen Banditen, die sich ringsum versammelt hatten, wussten das. Sie grinsten.

»Ich frage mich, was eigentlich über dich gekommen ist«, fuhr Slim, der Henker, im Tonfall eines Vaters fort, der seinen Lieblingssohn tadelt. »Wie konntest du die Dreistigkeit haben, dem Boss das Spargold zu klauen?«

»Es – kam so über mich.« Bill Kenton war fast dankbar, dass Slim ihm ein Stichwort geliefert hatte.

Slim, der Henker, schüttelte missbilligend den Kopf. »Heller Wahnsinn, Junge. Du musst den Verstand verloren haben.«

»Jaja«, erwiderte Bill Kenton hastig. »Es kam wie ein Rausch über mich. Ich sah erst wieder klar, als ich aus der Schlucht raus war. Das müsst ihr verstehen!«

Langsam schüttelte Slim, der Henker, den Kopf. Ein kaltes Lächeln spielte um seine Lippen.

»Das kannst du Dummköpfen erzählen, aber nicht uns. Du hattest alles sorgfältig geplant, wie ein Profi, was ich dir gar nicht zugetraut hätte. Du hast dir ein Betäubungsmittel besorgt, hast abgewartet, bis du zur Safe-Bewachung eingeteilt warst, und hast dann eiskalt zugeschlagen. Sogar dein Pferd stand schon gesattelt bereit. Alles hattest du sorgfältig gepackt, sogar deine Gitarre war schon am Sattel angebunden. Da kann man nicht von einem Rausch sprechen, der plötzlich über einen kommt.«

Bill Kenton schluckte. Er überlegte, ob er etwas sagen sollte oder nicht.

»Es – es tut mir leid«, brach es aus ihm hervor.

Slim, der Henker lächelte.

Er warf einen Blick in die Runde der Männer. »Was sagt ihr dazu, Jungs? Er hat das Gold geklaut, für das wir alle so hart geschuftet haben, und es tut ihm leid! Ist das nicht goldig?«

Bei diesen Worten ertönte ein raues Gelächter.