Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 48 - John Reno - E-Book

Wildwest-Roman – Unsterbliche Helden 48 E-Book

John Reno

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Beschreibung

Wieder mal gibt es einen Höllenwirbel um Whisky-Jack und Luis Barranca, die beiden Schlitzohr-Halunken. Ahnungslos kommt Luis nach Lordsburg, als man dort gerade seinen Amigo Jack hängen will. Das kann der wackere Luis natürlich nicht zulassen, und schon überschlagen sich die haarsträubendsten Geschehnisse.
Eine Stadt hält den Atem an. Und wer ist schuld an allem? Eine verführerisch schöne Frau ist es, ein rothaariges Teufelsweib, das den beiden Amigos die Hölle auf Erden bereitet ...

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Inhalt

Cover

Ein Teufelsweib für Whisky-Jack

Vorschau

Impressum

Ein Teufelsweib für Whisky-Jack

Von John Reno

Heute gibt es wieder mal einen Höllenwirbel um Whisky-Jack und Luis Barranca, die beiden Schlitzohr-Halunken. Ahnungslos kommt Luis nach Lordsburg, als man dort gerade seinen Amigo Jack hängen will. Das kann der wackere Luis natürlich nicht zulassen, und schon überschlagen sich die haarsträubendsten Geschehnisse.

Eine Stadt hält den Atem an. Und wer ist schuld an allem? Eine verführerisch schöne Frau ist es, ein rothaariges Teufelsweib, das den beiden Amigos die Hölle auf Erden bereitet ...

»Allerhand los hier in Lordsburg«, sagte Luis Barranca und nickte zu der Menschenmenge hin, die sich auf dem Platz vor der kleinen Kapelle drängte.

Der kühle Morgenwind trieb aufgeregtes Stimmengewirr heran.

Der alte Stallmann spuckte einen Strahl braunen Tabaksaft aus und kicherte.

»Kann man wohl sagen, Fremder. Wenn Sie sich beeilen, kommen Sie noch rechtzeitig zur Party.« Er bemerkte Luis Barrancas fragenden Blick und fügte hinzu: »Da wird einem der Hals langgezogen.«

Er deutete eine Schlinge an, röchelte kurz, verdrehte die Augen und ließ die Zunge heraushängen. Die Zunge war belegt.

Luis grinste. Er zog ein Zigarillo aus der Tasche und rieb am Stalltor ein Zündholz an. Mit einem Blick durch den grauen Regenschleier murmelte er: »Kein schöner Tag zum Hängen.«

Der Stallmann kicherte. »Der Hurensohn konnte sich weder den Tag aussuchen, an dem er baumelt, noch das Wetter. Beeilen wir uns, Mister, sonst versäumen wir noch das schöne Schauspiel.«

Luis Barranca interessierte sich nicht im Geringsten für das »schöne Schauspiel«. Ein langer Ritt durch Kälte und Regen lag hinter ihm, und er wollte sich im nächstbesten Saloon mit einem Whisky oder zweien aufwärmen und dann seinen Freund Jack Bullwhip aufsuchen, der ihn nach Lordsburg bestellt hatte.

Er nahm seine Winchester und den Sattelpacken und stiefelte los.

»Ah, da bringen sie ja den dreckigen Mörder und Frauenschänder«, sagte der Stallmann.

Luis Barranca folgte dem Blick des Alten und blieb abrupt stehen.

Was er sah, traf ihn wie ein Hammerschlag.

Der Mann in Handschellen, der dort zum Galgen geführt wurde, war niemand anderer als sein Amigo Jack.

»Wo bleibt ihr denn?«

Earl Mortimer zog seine goldene Uhr aus der Westentasche, klappte den Deckel auf und warf einen Blick auf das Ziffernblatt.

»Schon halb zwölf. Ich warte schon seit zehn auf euch.« Er sah vorwurfsvoll die rothaarige Frau an, die mit den beiden Begleitern verspätet eingetroffen war.

Die Frau hieß Maralee Mitchum und war sehr schön.

Die Männer hießen Hank »Tiger« Wesley und Tobe »Pokerface« Donivan, und sie waren sehr hässlich.

Die schlanke, vollbusige Frau warf einen schnellen Blick zu ihren beiden Begleitern.

»Wir hatten einen Achsenbruch«, sagte sie mit einer Stimme, die rauchig von Whisky und Tabaksqualm war.

»Und den mussten wir erst flicken«, ergänzte Tiger Wesley.

Pokerface Donivan nickte nur. Er war kein Mann der vielen Worte.

Earl Mortimer blickte von einem zum anderen und grinste.

»Ihr solltet euch Maras Puder aus den Visagen waschen, bevor ihr mir hier einen Bären aufzubinden versucht.«

Die beiden tauschten Blicke. Tiger Wesley tastete unbewusst an seine stoppelbärtige Wange. Im Gegensatz zu Pokerface konnte er seine Betroffenheit nicht verbergen.

Earl Mortimers Grinsen erlosch schlagartig. Er hieb mit der Faust auf den Tisch, dass die Whiskyflaschen und das Glas tanzten.

»Verdammtes Lügenpack!«, brüllte er. »Ich hab' euch doch gleich angesehen, was ihr getrieben habt. Achsenbruch! Geflickt! Dass ich nicht lache – ha!«

Maralee setzte ein Lächeln auf. Sie konnte eine ganze Lächel-Skala. Diesmal wählte sie ein besänftigendes Lächeln.

»Nun, wir haben ein bisschen gefeiert, Earl. Schließlich musste ich mich vorher äußerst zurückhalten, damit der Richter mir auch glaubte, dass ich eine untadelige Person bin.«

Sie schritt mit aufreizend wiegenden Hüften zum Schreibtisch, nahm die Whiskyflasche und setzte sie an die vollen Lippen. Sie trank wie ein durstiger Fuhrknecht.

»Und – hat alles geklappt?«, fragte Earl Mortimer neugierig. »Verdammt, spannt mich nicht auf die Folter!«

Er war von Anfang an gegen Maralees Idee gewesen. Kein halbwegs vernünftiger Richter konnte Maralee für eine »untadelige Person« halten. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätten sie diesem Bastard Whisky-Jack eine Kugel aus dem Hinterhalt verpasst, und damit wäre der Fall erledigt gewesen. Doch Maralee hatte aus persönlicher Rache auf diesem umständlichen Weg bestanden.

Maralee lächelte. Diesmal triumphierend.

»Aber klar, Earl. Der Richter hat mir die Tränen abgetrocknet! Als der Verteidiger blöde Bemerkungen über meinen Lebenswandel machte und sich weigerte, mich mit Madam anzureden, wurde er wegen Missachtung des Gerichts zu einer Geldstrafe verdonnert.«

Sie lachte heiter.

»Maralee hat wirklich eine klasse Schau abgezogen«, versicherte Tiger Wesley, denn der Boss zog eine Miene, als könne er das alles nicht glauben.

»Der Kerl ist also erledigt?«, vergewisserte sich Earl Mortimer, und sein Tonfall verriet immer noch Zweifel.

Alle drei nickten.

»Jetzt müsste er schon baumeln, dieser verdammte Kerl«, sagte Maralee und lächelte. Diesmal war es ein kaltes, zufriedenes Lächeln, und ihre graublauen Augen glitzerten.

Diese rothaarige Schlange sollte man sich wirklich nicht zur Feindin machen, dachte Earl Mortimer. Der Mann, der die aus dem Bett wirft und das überlebt, muss erst noch geboren werden.

»Wir haben uns schnell davongemacht«, erklärte Tiger Wesley. »Aber Chuck ist in Lordsburg geblieben, um zuzusehen, wie sie den Bastard aufhängen.«

Earl Mortimer schenkte nachdenklich Whisky ins Glas.

»Habt ihr dafür gesorgt, dass der Aussage von diesem verdammten Kerl keine Bedeutung beigemessen wird?«

Er blickte Pokerface fragend an. Der schweigsame Mann nickte nur mit ausdrucksloser Miene.

Maralee gab die Antwort: »Der zukünftige Gouverneur selbst hat dafür gesorgt, dass niemand die Story glaubt. Er hat energisch bestritten, sich eine schwerreiche, verheiratete Geliebte zu halten und sie auch ausgerechnet auf seiner Wahlkampfreise heimlich mitzunehmen. In seinem empörten Telegramm drohte er, jeden wegen Rufmords zu verklagen, der so etwas behauptet. Der Marshal telegrafierte zurück, das Problem hätte sich von selbst erledigt. Der Rufmörder würde ohnehin wegen anderer Verbrechen aufgehängt.«

Earl Mortimer grinste. »Dann ist ja alles klar, wie ich mir das dachte. Wenn es keine Geliebte gibt, kann es folglich auch keine Entführung und Erpressung geben. Natürlich wird Carr, dieser Hundesohn, der den politischen Saubermann spielt, sein Liebchen noch schärfer bewachen lassen. Aber das ist für uns kein Problem.«

Mortimer erhob sich hinter dem Schreibtisch. Er war ein großer, schlanker Mann in einem schwarzen Tuchanzug.

Er sah gut aus, männlich vital und kraftstrotzend, und er beeindruckte Frauen, solange sie ihn noch nicht näher kannten.

Maralee kannte ihn näher. Sie wusste, dass der Schein trog.

Er war einundfünfzig Jahre alt, doch jeder schätzte ihn jünger ein, gerade auf Anfang vierzig. Er pflegte sich. Sein Haar war pechschwarz, ebenso der sorgsam gestutzte Oberlippenbart, der so dünn wie ein Bleistift war, und die langen, schmalen Koteletten.

Mortimer ging mit federnden Schritten zu dem kleinen Safe und schloss ihn auf. Er nahm ein Banknotenbündel aus einem der Fächer und warf es auf den Schreibtisch.

Die Geste hatte etwas Herablassendes. Doch sein freundliches Lächeln und seine Worte verwischten diesen Eindruck.

»Die Prämie habt ihr euch wirklich verdient«, sagte er.

Maralee und die beiden Männer grinsten. Sie bedienten sich erfreut. Der Boss war wirklich ein großzügiger Mann. In guter Stimmung warf er förmlich mit den Geldscheinen um sich. Besonders bei Frauen. So hatte er bereits zwei gut florierende Geschäfte, eine Transportfirma und eine Schmuckfabrik, heruntergewirtschaftet.

Maralee fing seinen Blick auf und wusste Bescheid.

Ja, er war in prächtiger Laune. Da war für sie heute noch eine Zusatzprämie drin.

Sie setzte ein verheißungsvolles Lächeln auf und nickte kaum merklich.

Mortimer nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz. Wie aufgekratzt wirkte er plötzlich. Er forderte die drei auf, sich ebenfalls zu setzen. Dann klappte er das silberne Zigarrenkästchen auf und reichte es herum. Alle drei griffen zu. Es waren die teuersten Zigarren, die sie je geraucht hatten. Da ging schon ein ganzer Monatslohn eines Cowboys in blauem Dunst drauf.

Maralee biss die Spitze der langen Zigarre ab und spuckte sie mit vornehm gespitzten Lippen auf den Teppich, anstatt den silbernen Schneider zu benutzen, der auf dem Schreibtisch lag.

Als alle die Zigarren angeraucht hatten, wedelte der Boss den teuren Qualm zur Seite und sah von einem zum andern.

»Die Jungs haben alles so weit vorbereitet«, sagte er. »Die Sache steigt also genau wie vorgesehen.«

Er zog die oberste Schreibtischlade auf, nahm eine Landkarte heraus und entfaltete sie.

»Gehen wir noch einmal die Einzelheiten des Plans durch«, fuhr er fort. »Natürlich müssen wir einiges ändern, weil Carr sein Goldkind jetzt noch schärfer bewachen lässt, aber ich habe da schon eine gute Idee ...«

Jack Bullwhip, bei seinen Freunden auch als Whisky-Jack bekannt, sah durch den grauen Regenschleier über die Köpfe der Menschenmenge hinweg, nachdem er vergebens nach Maralee Ausschau gehalten hatte.

Er hätte diesem falschen Luder durchaus zugetraut, dass sie sich bei den Zuschauern eingefunden und Beifall geklatscht hätte, wenn der Henker seinen Job erledigt hatte.

Doch offenbar hatte sie es vorgezogen zu verschwinden, nachdem das Todesurteil gefällt worden war.

Der Priester neben Jack betete leise.

»Herr, nimm diesen armen Sünder zu dir ...«

Unbewusst ballte Jack die Hände, die mit Handschellen gefesselt waren.

Der Priester sagte: »Wir bitten dich ...«

»Schick diese Bastarde zur Hölle, die einen unschuldigen Mann an den Galgen gebracht haben«, ergänzte Jack knurrend.

Der Priester blickte peinlich berührt. Dann setzte er eine milde, mitfühlende Miene auf, neigte sich über seine gefalteten Hände und betete lautlos weiter.

Der Henker lächelte gutmütig. Er war ein freundlicher, rundlicher Mann mit braunen, traurigen Augen.

»Ich tue nur meine Pflicht, Mister«, sagte er sanft.

»Ja«, murmelte Jack bitter. »Alle tun nur ihre Pflicht.«

Sein Blick glitt zu dem Mann mit dem Stern, der neben dem Priester stand.

Marshal Greg Preston war ein grimmiger, stämmiger Vierziger. Seine Aussage hatte schließlich den Ausschlag gegeben. Preston hatte alles korrekt geschildert, was er gesehen hatte, als er von einem aufgeregten Passanten zum Tatort gerufen worden war: einen toten Mann und eine Frau mit zerrissener Kleidung, die hysterisch geschrien hatte, dass sie soeben geschändet worden sei, nachdem der Täter ihren Verlobten erstochen hätte. Dazu das Blut an Jacks Händen und an Maralees zerfetzter Kleidung, das Messer neben Jack am Boden und die Spuren eines Kampfes in Maralees Hotelzimmer.

Sie hatten alles raffiniert arrangiert.

Ja, der Marshal war korrekt gewesen, ebenso der Richter und alle anderen, vielleicht abgesehen von dem Verteidiger, diesem Hammel, der auf mildernde Umstände plädierte, weil der Angeklagte stockbetrunken gewesen sei. Der Marshal hatte richtig ausgesagt, dass Jack weder nach Alkohol gerochen, noch den Eindruck eines auch nur leicht beschwipsten Mannes erweckt hätte.

Ja, jeder, der an Festnahme, Anklage, Verurteilung und Hinrichtung beteiligt gewesen war, hatte nur seine Pflicht getan.

Und im Grunde hatte auch Maralee, dieses rachsüchtige Flittchen, ihre Pflicht getan: Sie schaffte im Auftrag ihres Bosses den Mann an den Galgen, der mit der Preisgabe seines Wissens einen Millionencoup platzen lassen und die Bande an den Galgen bringen konnte.

Keiner hatte ihm geglaubt, was er erzählt hatte. Es war ja auch eine haarsträubende Geschichte, zumal das Opfer behauptete, dass Jacks Angaben Lügen sein mussten: Entführung und Erpressung seien unmöglich, weil es bei ihr gar nichts zu entführen und zu erpressen gebe.

Das Opfer spielte praktisch Hand in Hand mit den Tätern ...

Jack wurde aus seinen Gedanken gerissen.

Der Marshal gab dem Henker einen knappen Wink.

Das Stimmengewirr verstummte allmählich. Erwartungsvolle Stille setzte ein.

Jack sah die Blicke der Menge auf sich gerichtet.

Die Leute harrten im kalten Wind und Nieselregen aus, um zu sehen, wie ein Verbrecher vom Leben zum Tode befördert wurde. Viele Frauen waren darunter, alte und junge, und sogar Kinder versuchten, auf Zehenspitzen einen Blick auf die »Mordbestie« zu erhaschen.

Das war also das Ende.

Eine seltsame Ruhe war in Whisky-Jack gewesen, als sie ihn nach einer peinigenden, fast schlaflosen letzten Nacht zum Galgen geführt hatten. Jetzt wallten in ihm die Gefühle wieder auf, der wilde Zorn über dieses ungerechte und unrühmliche Ende.

»Jack!«

Eine helle Mädchenstimme.

Peggy, dieses süße Mädchen mit den blonden Zöpfen, die die Farbe von Mais hatten. Die Tochter des Salooners, der Jack auf Kredit beköstigt und beherbergt hatte. Ihretwegen hatte Jack Maralee verschmäht. Peggy war ein hübsches, frisches Ding, ein wenig drall, und mit ihrer lieben und lustigen Art hatte sie sein Herz im Sturm erobert.

Peggys Gesicht war gerötet, und ihre kastanienbraunen Augen blitzten vor Zorn, als sie sich den Weg durch die Menge bis zur Galgenplattform förmlich erkämpfte.

»Jack!«, schluchzte sie, und eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und rann die Wange hinab. »Ich weiß, dass du es nicht getan hast. Ich weiß es ...«

Ihre Worte klangen wie ein Aufschrei.

Sie musste ihrem Vater ausgerissen sein. Barny, der kauzige Salooner, der versprochen hatte, Jacks Testament Luis Barranca zu überreichen, wenn er in Lordsburg eintreffen würde, hatte sie in ihrem Zimmer eingesperrt. In ihrem Zorn hatte sie gedroht, Richter, Marshal und Henker zu erschießen, wenn Jack aufgehängt werden würde. Nun, Barny kannte seine temperamentvolle Tochter und wusste, dass ihre Drohung nicht ernst zu nehmen war, doch er hatte verhindern wollen, dass Peggy sich zu irgendeiner Dummheit hinreißen ließ und damit seinen Namen und dem Geschäft schadete. Damit war Jack schließlich auch nicht zu helfen. Deshalb der Hausarrest. Doch sie musste irgendwie ausgerissen sein.

Ein Tumult entstand. Zwei Männer packten das Mädchen an den Armen und wollten es zurückhalten. Sie meinten es gut, denn sie waren mit Barny befreundet. Doch Peggy riss sich los.

»Mach dich doch nicht unmöglich in der Stadt«, sagte einer der Männer beschwörend.

»Eine Schande!«, keifte eine ältere Frau mit schriller Stimme in der Menge.

»Ja, es ist eine Schande!«, schrie Peggy zurück. »Ihr alle macht euch schuldig!«

»Vielleicht hatte sie ein Techtelmechtel mit dem Frauenschänder!«, rief ein Mann hämisch. »Ich hörte, dass er in der Kneipe ihres Vaters übernachtete.«

Der Mann war Chuck, einer von Earl Mortimers Banditen, doch das wusste keiner in der Stadt, auch Whisky-Jack nicht. Er hatte nur das zweifelhafte Vergnügen mit dem sterbenden Banditen gehabt, der ihm den Plan verraten hatte. Und dann das noch zweifelhaftere Vergnügen mit Maralee.

Gelächter folgte Chucks Worten.

»Ich hatte nichts mit Peggy Lorraine, du Schmutzfink!«, fauchte Jack zornig, um das Mädchen nicht vor allen Leuten bloßzustellen.

»Ich liebe ihn«, sagte Peggy. Sie sagte es leise, mit tränenerstickter Stimme, doch ein halbes Dutzend der Umstehenden und vor allem die Männer auf der Galgenplattform hörten es.

Whisky-Jack sah nur Peggy in diesem Augenblick, und ein warmes Gefühl tiefer Zuneigung wallte in ihm auf.

Abermals dachte er an Flucht. Doch da waren die beiden Deputys mit ihren Revolvern in der Faust, und da war der Marshal, der nur seinen Peacemaker zu ziehen brauchte. Er würde niemals von der Plattform herunterkommen.

Whisky-Jack schluckte, als er Peggy ansah.

Die Menge tuschelte. Wie ein Lauffeuer breitete sich aus, was einer der Männer in Peggys Nähe aufgeschnappt hatte, und schon rief der Kerl, der zuvor seine hämische Bemerkung gemacht hatte: »Was habe ich gesagt? Sie ist ein Killerliebchen!«

Ein Heidenspektakel setzte ein. Der Marshal hob eine Hand.

»Ruhe, Leute, Ruhe!«, rief er mit dröhnender Stimme gegen den Lärm an.

Er gab dem Henker einen Wink. »Bringen wir es hinter uns.«

Peggy stand in der ersten Reihe der Zuschauer und schien die Schmährufe nicht zu hören. Sie sah nur Jack an. Und was er in ihren Augen las, wühlte ihn auf. Er spürte, wie seine Augen feucht wurden, und er presste die Zähne aufeinander.

Niemand sollte sagen, Whisky-Jack hätte im Angesicht des Todes geflennt.

Der Henker überprüfte den Strick. Er war ein bedächtiger und sorgfältiger Mann.

Der Lärm legte sich. Alle blickten gebannt zur Galgenplattform.

Whisky-Jack wollte gerade den Kopf heben und über die Menge hinwegstarren, um mit dem Aufruhr seiner Gefühle fertigzuwerden.

Da sah er Peggys schnelle Bewegung.

Während alle erwartungsvoll auf den Henker starrten, der sich anschickte, dem Delinquenten die Schlinge umzulegen, raffte Peggy ihren langen Rock und zog einen Revolver aus ihrem Stiefelschaft.

Nicht, Mädchen, mach dich nicht unglücklich!, durchfuhr es Jack. Das hat doch keinen Sinn!

In diesem Augenblick peitschte ein Schuss.

Peggy zuckte zusammen, als sei sie auf frischer Tat ertappt worden. Noch andere zuckten zusammen, unter anderem der Henker, dem der Strick aus der Hand gerissen wurde. Direkt über dem Laufknoten war die Kugel eingeschlagen, hatte einen Teil des Stricks zerfetzt und war in das Galgengerüst geknallt.

Die Menge erstarrte.

Totenstille folgte dem Schuss.

Dann krachte es wieder. Dreimal in schneller Folge. Die Schlinge fiel auf die Plattform. Der Strick war über dem Laufknoten zerfetzt.

Jacks Blick zuckte zum Kapellenturm. Sofort erkannte er den Mann, der dort mit einem Gewehr im Anschlag kauerte.

Luis Barranca.

Das war das Wunder, auf das Jack nicht mehr gehofft hatte. Er hatte nicht mehr damit gerechnet, dass sein Freund noch rechtzeitig in Lordsburg eintreffen würde.

Jack hatte gedacht, den Freund nie mehr auf Erden wiederzusehen.

Jetzt war die Freude überwältigend. Doch gleichzeitig war ihm zum Heulen zumute. Denn er erkannte schlagartig, dass Luis es nicht schaffen konnte. Sie brauchten Luis nur dort oben unter Beschuss zu nehmen und konnten ihn – Jack – dann praktisch vor den Augen seines Amigos hinrichten. Ein neuer Strick würde schnell herbeigeschafft sein.

Schon rissen die Deputys ihre Waffen hoch, und der Marshal griff zum Peacemaker.