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Der Nordische Bund führt Beitrittsverhandlungen mit den skandinavischen Ländern, was der Sowjetunion nicht verborgen bleibt. Finnland war es während des Großen Krieges gelungen, seine Unabhängigkeit zu erlangen – eine Tatsache, die dem sowjetischen Diktator Josef Stalin nicht gefiel. Also beschließt er, das östlichste skandinavische Land zu erobern, bevor es für die Sowjetunion durch den Bundesbeitritt für lange Zeit unerreichbar wird. Stalins Truppen fallen in die Grenzstadt Lappeenranta ein und versuchen von dort aus das ganze Land zu erobern. Offiziell rechtfertigt Stalin die Invasion damit, dass Finnland lange Zeit zum alten Russland gehörte und er es von den Weißgardisten befreien will. Tatsächlich geht es dabei aber ausschließlich um eine Erweiterung des sowjetischen Machtbereichs. Doch Stalin sieht sich im winterlichen Finnland tapferen Verteidigern gegenüber, die ihr heiliges Vaterland nicht dem Sowjetimperialismus überlassen wollen. Unterstützt werden die Finnen von ihren deutschen Verbündeten, die Kaiser Wilhelm III heimlich ins Land einsickern ließ. Die deutschen Truppen stehen unter dem Oberbefehl der bewährten deutschen Generalstäbler von Ludendorff und von Stetten. Unter dem direkten Kommando von Stettens kämpft ein junger Offizier namens Hans von Dankenfels …
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Seitenzahl: 261
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Kaiserfront Extra
Band 4
Winterkrieg in Finnland
von
Christian Schwochert
Inhalt
Titelseite
Widmung
Vorgeschichte
Kapitel 1: Verhandlungen in Berlin und der Beginn des Krieges
Kapitel 2: Die Verteidigung der Mannerheim-Linie
Kapitel 3: Die Schlacht um Kotka
Kapitel 4: Friedensverhandlungen
Kapitel 5: Die Schlacht um Helsinki
Kapitel 6: Friedensschluss
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Impressum
Widmung
Dieses Buch widme ich Donald J. Trump, dem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.
Möge er sein Land und sein Volk ebenso tapfer und heldenhaft gegen die linken und kommunistischen Völkervergifter verteidigen, wie es die Soldaten in den Kaiserfront-Büchern tun.
Christian Schwochert
Berlin, 20.01.2017
Vorgeschichte
In den Jahren 1921 bis 1924 gelang es den Armeen des Deutschen Kaiserreiches, die britischen Kolonien in Afrika zu erobern. Es war ein harter und verlustreicher Kampf, aber am Ende waren sie siegreich und das Kolonialreich der Deutschen erstreckte sich von Alexandria bis Kapstadt. Die Eroberer, die von den Einheimischen als Befreier bejubelt wurden, ließen zum Zeichen ihres Sieges überall in Afrika prachtvolle Bismarcksäulen errichten. Die größte Säule stellten sie an der Küste von Kapstadt auf. Am 1. September 1924 unterzeichnete England einen Friedensvertrag, in welchem die britische Regierung akzeptierte, dass Deutschland nun alle ihre Kolonien in Afrika besaß. Damit war der Erste Weltkrieg zu Ende.
Bereits während des Afrikafeldzuges hatte sich Kaiser Wilhelm III. mit dem Aufbau eines Nordischen Bundes beschäftigt. Nachdem alle nötigen Vorbereitungen abgeschlossen waren, gründete das Deutsche Kaiserreich 1926 offiziell den Nordischen Bund. Dieser Bund sollte den Zweck haben, künftige Kriege zu verhindern und die Völker Europas näher zusammenzubringen, ohne jedoch ihre nationale Eigenständigkeit einzuschränken oder gar ihre Existenz zu gefährden. Außerdem sollte er dazu beitragen, dass man den Bedrohungen durch die ultrakapitalistische britische und linkskommunistische sowjetische Regierung gemeinsam mit Stärke entgegentreten konnte. Frankreich, das 1919 die Monarchie wiedereingeführt hatte, trat als erstes Land dem Bund bei. Anfang 1926 erfolgte der Beitritt von Belgien, den Niederlanden und Luxemburg. Der deutsche Kaiser, als Oberhaupt des Bundes, hieß die neuen Mitglieder herzlich willkommen und nahm ihren Staatsoberhäuptern persönlich den Treueeid ab. Es begannen auch erste Gespräche mit Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland über einen möglichen Beitritt. Aber während der Kaiser und der finnische Botschafter ihre ersten Gespräche führten, begann die Sowjetunion unter ihrem Führer Josef Stalin mit den Vorbereitungen für einen Eroberungskrieg gegen Finnland. Schon länger hatte der sowjetische Diktator ein Auge auf das erst vor wenigen Jahren unabhängig gewordene Finnland geworfen. Und als nun der Nordische Bund gegründet worden war, wusste Stalin, dass er schnell handeln musste, bevor Finnland diesem Bund beitrat und für lange Zeit außer Reichweite sein würde.
Also veranlasste Stalin im November 1926 den Einmarsch der Roten Armee in Finnland. Dies war der Beginn des finnischen Winterkrieges.
Kapitel 1: Verhandlungen in Berlin und der Beginn des Krieges
Berlin, 01.12.1926
Kaiser Wilhelm III. saß am frühen Morgen in seinem Büro und beriet sich mit dem Botschafter von Finnland. Vor der Tür warteten die Adjutanten der beiden Politiker. »Es freut mich, dass Sie bereit sind, mit uns über einen möglichen Beitritt unseres Landes zum Nordischen Bund zu verhandeln«, begann der finnische Botschafter die Unterhaltung, nachdem zuvor ein paar belanglose Höflichkeiten ausgetauscht worden waren.
»Aber sicher. Finnland ist schließlich ein Land, das sowohl kulturell als auch geografisch zu unserem Bund passen würde. Mit Norwegen, Schweden und Dänemark haben wir bereits gesprochen und auch diese möchten gerne beitreten. Da Island auch zu Dänemark gehört, wäre das nördlichste Land Europas auch dabei, sobald die Dänen bei uns eintreten. Nur gibt es eine Sache, die einem Beitritt Finnlands zum Nordischen Bund wohl im Wege steht«, erklärte der deutsche Kaiser.
»Welche Sache meinen Sie?«
»Das Problem ist folgendes: Alle Länder des Bundes sind Monarchien, aber Finnland nicht.«
»Dafür haben wir Carl Gustav Emil Freiherr von Mannerheim; unseren einstigen Reichsverweser und jetzigen Präsidenten. Er hat im finnischen Unabhängigkeitskampf die weißen Truppen siegreich gegen die finnischen Rotarmisten geführt, wurde durch Wahlen vom Volk in seinem Amt bestätigt und hat sich als Regent stets deutschfreundlich gezeigt. Schließlich hat er nicht vergessen, dass unser geliebtes Vaterland nicht zuletzt dank deutscher Unterstützung ein eigenständiger Staat wurde. Am Anfang stand er Deutschland eher kritisch gegenüber, aber diese Meinung hat er schon lange geändert. Er ist ein guter Präsident. Sein Land und sein Volk stehen für ihn als Staatsoberhaupt an erster Stelle. Er hat uns davor bewahrt, Teil eines gottlosen kommunistischen Superstaates zu werden, und er hat in Finnland alle roten Umtriebe erfolgreich zerschlagen. Und das alles tat er für viele unerwartet. Immerhin hat in den Prognosen vor der ersten Wahl im Juli 1919 niemand damit gerechnet, dass er sich gegen den Liberalen Kaarlo Juho Stahlberg durchsetzt. Alle Umfragen und Prognosen sahen seinen Gegner weit vor ihm, und trotzdem gewann er die Wahl und wurde vom Reichsverweser zum Präsidenten. Und dann wurde der Mann sogar wiedergewählt, worüber die meisten Finnen sehr froh sind«, fasste der finnische Botschafter zusammen.
»Ich stelle die Verdienste Ihres Präsidenten ja auch nicht infrage. Mir ist durchaus klar, dass Herr von Mannerheim ein großer Staatsmann ist und Herausragendes geleistet hat. Nur ist er eben kein Fürst oder König. Und in gewissen Belangen, besonders in Notsituationen, unterstehen die Könige des Nordischen Bundes dem deutschen Kaiser. Jetzt im Moment ist Herr von Mannerheim Präsident von Finnland. Aber was, wenn Finnland dem Bund beitritt und er nicht wiedergewählt wird? Und der nächste Präsident will die Bedingungen neu verhandeln oder sogar austreten? Was dann?«, fragte der Kaiser.
»Ein guter Regent schafft es immer, seine Pläne zum Wohle von Volk und Vaterland umzusetzen; egal ob er König, Kaiser oder Präsident ist. Er schafft es, auch wenn seine Amtszeit nur ein paar Jahre beträgt. Und wenn er seine Versprechen einhält, wird er wiedergewählt und kann weiter seinem Land und Volk dienen.«
»Sie müssen entschuldigen, aber eben da war bei uns in Deutschland der Wurm drin. Die Politiker waren nicht auf ihr Land und Volk bedacht, sondern nur auf die eigene Bereicherung und viele waren sogar dermaßen ideologisch verblendet, dass sie dem eigenen Volk das Messer in den Rücken rammten. Deswegen wurde dieser Demokratiequatsch auch bei uns abgeschafft und ich regiere praktisch ohne Wahlen«, erklärte der Kaiser.
»Das ist mir klar. Und bitte, verzeihen Sie mir den Vergleich, das tut Stalin im Kreml auch.«
»Falsch. Stalin regiert und täuscht Wahlen vor. Es gibt aber bloß eine Partei und einen wählbaren Herrscher. Und ich denke mal, Stalin ist der Hauptgrund, warum wir uns heute treffen. Die skandinavischen Länder haben ja verschiedene Gründe, warum sie unserem Bund beitreten wollen. Dänemark erhofft sich als direkter Nachbar Deutschlands wirtschaftliche und politische Vorteile, und Schweden und Norwegen sind schon immer sehr deutschfreundlich gewesen. Außerdem ist das Haus Hohenzollern mit allen Königshäusern dieser drei Länder verwandt. Finnland hingegen dürfte sich vor allem einen dauerhaften Schutz vor Stalin erhoffen. Denn Ihr schönes Land steht mit Sicherheit ganz oben auf der Speisekarte des Diktators. Besonders, weil es bis vor Kurzem noch zum alten Russland gehörte.«
»Sie haben recht. Der Hauptgrund, warum Finnland dem Nordischen Bund beitreten will, ist natürlich die permanente Bedrohung durch die kommunistische Sowjetunion. Aber dieser Bedrohung sind wir nicht allein ausgesetzt. Bedenken Sie, dass einst das Baltikum, Weißrussland und die Ukraine zum alten Russland gehörten und dass Stalin deswegen auch darauf ein Auge geworfen haben dürfte.«
»Richtig. Aber letzten Endes ist der Kommunismus eine Irrlehre, welche die Welt beherrschen will. Also kann man sagen, dass Stalin ein Auge auf die ganze Erde geworfen hat. Doch Sie haben recht: Ganz oben auf seiner Speisekarte steht wohl Finnland. Und an zweiter Stelle müssten dann die ehemaligen russischen Westgebiete kommen. Ich denke aber nicht, dass er sich allzu bald mit Deutschland anlegen wird. Besonders, nachdem wir den Großen Krieg gewonnen und die britischen Kolonien in Afrika erobert haben. Werfen Sie einmal einen Blick auf die Weltkarte.«
Der finnische Botschafter blickte die große Karte an und betrachtete die beiden Nachbarländer Deutschland und Sowjetunion. Beide Länder waren die Kolosse auf dem europäischen Kontinent, wobei die Sowjetunion aufgrund ihrer Gebiete in Asien um einiges größer war.
Stalin ist kein totaler Dummkopf. Wenn er auf Beutezug geht, greift er nicht gleich den anderen Giganten auf dem Kontinent an. Das hat Napoleon auch nicht getan. Wer erobern will, der schnappt sich zuerst die kleinen und mittelgroßen Staaten und erst zum Schluss den großen Koloss. Zumindest wenn es kleine und mittelgroße Staaten gibt, die er sich schnappen kann. Aber alle osteuropäischen Gebiete gehören zu Deutschland, alle südosteuropäischen Länder sind Vasallen des Kaiserreiches, und deshalb bleibt nur Finnland als mögliche Beute für Stalin übrig. Das bedeutet aber auch …, dachte der finnische Botschafter und sagte laut zum Kaiser: »Wenn Stalin Finnland angreifen würde und Erfolg hätte, würde ihn das darin bestärken, als sein nächstes Ziel Deutschland anzugreifen. Ist Finnland jedoch Mitglied des Bundes, wird Stalin es nicht wagen, uns anzugreifen, denn dann müsste er gleich auch noch gegen den ganzen Nordischen Bund Krieg führen, ohne sich vorher zusätzlich durch die Einverleibung einiger anderer Länder stärken zu können. Kommt Finnland also nicht in den Bund, wird Stalin früher oder später versuchen, unser Land zu erobern. Und Deutschland wäre dann als nächstes Land dran. Das würde neuen Krieg bedeuten; einen Krieg, der sich vermeiden lässt, wenn wir dem roten Teufel mit Stärke begegnen.«
All diese Dinge hatte sich der deutsche Kaiser natürlich auch längst durch den Kopf gehen lassen. Er wollte Finnland ja auch dabei haben, aber das Land hatte nun einmal keinen König. Also musste der Kaiser zusehen, dass es ihm gelang, den finnischen Botschafter zu überzeugen, es wäre besser, wenn Finnland einen Monarchen hätte. Eine schwierige Aufgabe. Denn auch wenn die Finnen ein sehr deutschfreundliches Volk waren, wechselte man nicht einfach die Staatsform. Aber der deutsche Kaiser musste es trotzdem probieren. Den Posten des Königs von Finnland würde dann logischerweise Präsident von Mannerheim bekommen. Der Kaiser wollte gerade weiter argumentieren, als es an der Tür klopfte. Ohne ein »Herein« abzuwarten, traten Adjutanten des Kaisers und des finnischen Botschafters ein. Missbilligend schaute Kaiser Wilhelm III. die zwei uniformierten Männer an und sagte: »Wir befinden uns gerade in einer wichtigen Besprechung. Ich hoffe, es ist wichtig.«
Dem finnischen Adjutanten fiel es schwer, Haltung zu bewahren. Trotzdem sprach er mit klarer und sicherer Stimme die für sein Volk entsetzlichen Worte: »Die Sowjetunion ist in unser Land eingefallen und hat uns den Krieg erklärt.«
Der Adjutant des deutschen Kaisers schaute seinen finnischen Kollegen mitfühlend an, während der finnische Botschafter nur sagte: »Gott steh’ uns bei.«
Lappeenranta, 01.12.1926
In der südöstlichen finnischen Stadt Lappeenranta läuteten alle Kirchenglocken und etliche Sirenen heulten, während es leicht schneite. Leutnant Väinämöinen Lassila hatte sich vor nicht einmal zehn Minuten noch damit beschäftigt, einem ausländischen Reisenden die Herkunft seines Vornamens zu erklären. Seine Eltern hatten ihm diesen Namen in Anlehnung an das finnische Nationalepos »Kalevala« von Eilias Lönnrot gegeben, und es war ihm immer wieder eine Freude, den Fremden von alten finnischen Heldensagen um Väinämöinen zu berichten. Schließlich war dies ein Teil des kulturellen Erbes seines Volkes.
Nun jedoch rannte Leutnant Lassila in seine Kaserne, um zu erfahren, was passiert war. Er hatte bereits eine ganz bestimmte Ahnung, wollte aber keine voreiligen Schlüsse ziehen. Vielleicht ist es ja nur eine Übung, hoffte er.
Dass es sich um den Beginn eines Krieges gegen die Sowjetunion handelte, traute er sich gar nicht erst zu denken. Aber so oder so war ihm klar, dass er sich jetzt in der Kaserne einzufinden hatte. Unterwegs begegnete er einigen Kameraden, die ebenfalls dorthin eilten. Andere hingegen stürmten in die entgegengesetzte Richtung zu den Toren und Mauern der Stadt, um die dortigen Posten zu verstärken.
Als Leutnant Lassila angekommen war, gesellte er sich rasch zu seiner Einheit und musste nicht lange warten, bis der Stadtkommandant mit einer ebenso kurzen wie deutlichen Erklärung an sie alle begann: »Kameraden! Die Sowjetunion ist in unser Land eingefallen und hat uns den Krieg erklärt! Ganz recht – genau in dieser Reihenfolge! Sie haben damit zwar gegen geltendes Völkerrecht verstoßen, aber das wird ihrem Tyrannen Stalin mit Sicherheit völlig egal sein! Viele Tausend Rotarmisten sind auf dem Weg nach Lappeenranta! Eure Aufgabe ist folgende: Marschiert ihnen in euren weißen Winteruniformen entgegen und haltet sie auf! Für mindestens fünf Stunden, denn so viel Zeit benötigen wir, um Lappeenrantas Zivilbevölkerung zu evakuieren! Jede weitere Stunde, die ihr die roten Wölfe aufhaltet, verringert das Risiko, dass sie sich unsere Frauen und Kinder zur Beute machen können! Haltet aus, so lange es geht, und zieht euch dann zurück! Verschwindet in die Wälder und schlagt euch nach Nordwesten durch! Eure Kameraden, welche die Befestigungen der Stadt bewachen, werden nur den Rückzug der Zivilisten decken, denn die Stadt ist nicht zu halten! Abmarsch!«
Leutnant Lassila und seine Kameraden salutierten, gingen sich rasch umziehen, holten ihre Gewehre und machten sich auf, um den Feind aufzuhalten. Als sie die Kaserne verließen, sahen sie bereits etliche Zivilisten, die sich auf den Weg nach Nordwesten machten. Auch einige wertvolle Kunst- und Kulturgüter der Stadt versuchte man auf diesem Weg in Sicherheit zu bringen.
Bereits nach einer halben Stunde sahen sie die Vorhut der Roten Armee und warfen sich in den Schnee. Dank des finnischen Winters und der weißen Kleidung hatten sie nun wenigstens einen Vorteil gegenüber ihrem mächtigen Feind, für den sie so fast völlig unsichtbar waren. Als die ersten Sowjets nahe genug herangekommen waren, rief der Befehlshaber von Leutnant Lassilas Truppe laut: »Feuer!«
Damit begann das erste Feuergefecht im finnischen Winterkrieg.
Wieder und wieder feuerten der finnische Landser und seine Kameraden auf den herannahenden Feind.
Manch finnischer Soldat fragte sich, wie die Sowjets nur so unglaublich dumm sein konnten, Finnland zum einen im Winter zu überfallen und zum anderen dabei nicht einmal weiße Tarnkleidung, sondern die üblichen braunen Uniformen der Roten Armee zu tragen.
Moskau, 01.12.1926
Die Antwort auf die Frage der finnischen Soldaten stand im Kreml an einem Kartentisch und blickte auf eine Karte, welche die Gebiete an der finnisch-sowjetischen Grenze zeigte. Der Name dieses Mannes war Josef Stalin. Ein Adjutant kam herein und brachte die neuesten Meldungen vom Vorstoß der Roten Armee. »Sie sind also auf die erste Gegenwehr gestoßen. Das war zu erwarten, aber aufgrund ihrer bloßen Masse werden sie diese paar faschistischen Feinde bald überrannt haben. Und dann speise ich vormittags in einem Hotel in Helsinki und wohne am Nachmittag der Hinrichtung dieser weißen Bestie von Mannerheim bei. Danach gehört Finnland wieder zur ruhmreichen Sowjetunion und wird ein Teil unseres kommunistischen Arbeiterparadieses«, sagte Stalin zu den anwesenden Offizieren.
Einigen war bei den Vorbereitungen durchaus aufgefallen, dass Stalin nicht angeordnet hatte, der Roten Armee weiße Uniformen für den im Winter beginnenden Feldzug gegen Finnland zu geben. Aber keiner hatte sich getraut, es dem Diktator zu sagen. Sie alle hatten viel zu viel Angst vor ihm und fürchteten, wie er auf ihre Hinweise reagieren würde. Zum einen konnte er ja einfach nur dankbar für den Hinweis sein und ihn zur Kenntnis nehmen; aber das war sehr unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher war, dass er den hinweisgebenden Offizier zusammenschlagen und anschließend hinrichten lassen würde. Das Risiko war den Offizieren zu groß, weshalb sie lieber den Mund hielten.
Stalin hingegen begann nun einen Monolog: »Ich kann die Finnen ja verstehen.«
Bei diesen Worten staunten die Offiziere, die zwar in einem Land lebten, in dem angeblich alle gleich waren, aber mit der großen Gleichheit war es nicht weit her. Wer nicht in der KPdSU war, fand keine Arbeit und war sozial geächtet. Und über allem stand Stalin mehr und mehr als großer Führer, der sich bejubeln ließ und von dessen Geheimdienst jeder abgeführt wurde, der nicht lange genug jubelte. Was für ein Unterschied zum deutschen Kaiserreich, in dem es zwar kein dummes Gequatsche von wegen »Gleichheit« gab, in dem aber jeder Mensch seinem Stand gemäße Rechte und Pflichten hatte. Im Kaiserreich konnte man sagen, was man dachte, und vor allem zwang der Kaiser niemanden, ihn zu bejubeln. Der Kaiser war kein Führer, sondern der erste Diener seines Staates und Volkes; wie einst Friedrich der Große. Dafür liebten ihn die Deutschen, denn er sorgte für ihr Wohlergehen und ihre Sicherheit. Stalin hingegen liebte niemand, aber alle fürchteten ihn. Deshalb traute sich auch keiner seiner Offiziere, etwas zu sagen, als Stalin eine kurze Kunstpause eingelegt hatte, um die ersten Worte wirken zu lassen. Er lächelte ob der überraschten Gesichter und fuhr fort: »Damit meine ich natürlich die Tatsache, dass sie sich vom zaristischen Russland unabhängig gemacht haben. Für einen solchen Schritt habe ich durchaus Verständnis. Aber als wir dann die Macht übernommen hatten, hätten sie sich uns sofort anschließen müssen. Stattdessen hat die weiße Bestie von Mannerheim unsere roten Brüder in Finnland blutig niedergemetzelt und dann mit seinen weißen Verbündeten die Macht nie wieder hergegeben. Aber damit ist jetzt Schluss! Finnland wird wieder zurück in den Schoß der großen Sowjetunion kommen! Wir haben über 1.000.000 Soldaten für diesen Feldzug in den Kampf geschickt. 1.000.000 Rotarmisten! Und wie viele Einwohner hat Finnland?!«
Die Offiziere dachten zunächst, diese Frage wäre rein rhetorisch, doch als er sie nun fragend ansah, holte einer rasch sein Notizbuch hervor und las: »Etwas mehr als 4.000.000.«
»Hervorragend. Die finnische Regierung müsste schon ihr ganzes Volk bewaffnen, um diesen Krieg zu gewinnen. Manch einer von euch mag an meinem Entschluss, Finnland jetzt schon anzugreifen, gewiss zweifeln. Auch ich hätte gerne mehr Zeit für Vorbereitungen gehabt, aber wir mussten schnell handeln. Denn mir ist selbstverständlich nicht verborgen geblieben, dass Finnland plant, dem Nordischen Bund beizutreten. Und wenn das passiert, ist es für lange Zeit unerreichbar für uns. Denn wenn wir jetzt Krieg gegen Deutschland und die anderen Bundesmitglieder führen, ist der Ausgang ungewiss. Aber wenn wir Finnlands Beitritt verhindern, haben wir dem Bund zumindest eine ordentliche Breitseite verpasst. Natürlich habe ich auch in meine Überlegungen die Möglichkeit mit einbezogen, dass Finnland schnell noch während des Krieges diesem Bund beitreten könnte. Diese Möglichkeit halte ich jedoch für enorm unwahrscheinlich, denn die Länder des Bundes und vor allem das Deutsche Kaiserreich haben gerade erst einen Krieg hinter sich. Einen siegreichen Krieg zwar, aber trotzdem einen Krieg, von dem sich Volk und Armee erholen müssen. Außerdem glaube ich nicht, dass der Kaiser seine Soldaten überreden kann, für Finnland zu sterben.«
Stalin vergaß dabei, dass auch sein Land und sein Volk gleich zwei Kriege hinter sich hatten. Zum einen den großen Weltkrieg und zum anderen den darauf gefolgten russischen Bürgerkrieg.
Berlin, 01.12.1926
»Wenn Sie uns in den Nordischen Bund aufnehmen, könnten Deutschland und die anderen Nationen des Bundes zusammen mit uns in den Krieg gegen die Sowjetunion ziehen und diesen Feind schnell niederwerfen«, meinte der finnische Botschafter.
»So einfach ist das nicht«, antwortete Kaiser Wilhelm III.
»Wieso nicht? Sie sind doch auch der Meinung, dass Ihr Land auf der Speisekarte des Tyrannen Stalin steht, oder?«, fragte der Botschafter.
»Natürlich. Aber wir können nicht schon wieder Krieg führen. Wo soll das denn hinführen? Es muss für unser schönes Vaterland endlich auch wieder friedliche Zeiten geben. Ich denke noch mit Grauen an den letzten Krieg, der zeitweise für uns auf Messers Schneide stand. Und dann kommt mir der 30jährige Krieg in den Sinn. Eine ganze Generation von Deutschen kannte nichts anderes als Tod und Zerstörung. Und wenn wir jetzt Krieg gegen die Sowjetunion führen, besteht immerhin die Möglichkeit, dass die Briten auf die Idee kommen, sich mit Stalin zu verbünden und wie einst zu Zeiten Napoleons mit Russland als ihrem Festlandsdegen gegen uns vorgehen. Finnland in den Bund aufzunehmen, während Ihr Land im Krieg ist, kann ich nicht riskieren. Ich muss auch bedenken, dass einer unserer besten Generäle, der treue von Lindenheim, seit einiger Zeit mit seinem Flugzeug verschollen ist und wir ihn durch General von Stetten ersetzen mussten. Er führt jetzt die Kastrup an und …«
»Es tut mir ja leid um Ihren von Lindenheim, aber mein Land wird gerade überfallen! Und schauen Sie einmal auf Ihre Weltkarte! Sonderlich lange werden wir diesem roten Koloss nicht alleine standhalten können! Wenn wir keine Hilfe bekommen, werden wir überrannt!«, erklärte der finnische Botschafter mit zunehmender Erregung.
Der Kaiser hatte Verständnis dafür, denn die Lage war sehr ernst. Er glaubte zwar, dass die Finnen sich durchaus auch alleine eine ganze Zeit lang würden halten können, aber trotzdem sagte er zu seinem Gast: »Wir werden Ihnen helfen. Allerdings nicht offiziell. Denn sonst geraten wir in diesen Krieg mit hinein. Bitte benachrichtigen Sie Präsident von Mannerheim, dass der deutsche Kaiser ihm 55.000 Soldaten zur Verfügung stellen wird. 5.000 davon werden Soldaten der Kaiserlichen Schutztruppe Kastrup sein. Einen weiteren großen europaweiten Krieg will ich vermeiden, also muss diese Aktion streng geheim bleiben. Das bedeutet, Finnland muss den deutschen Soldaten finnische Uniformen besorgen. Ich weiß, dass es für Ihr Vaterland ums Überleben geht. Aber das tut es auch für uns. Denn wenn Finnland fällt, wird Stalin im Siegesrausch anschließend versuchen, bei uns einzufallen. Wir lassen Sie nicht im Stich. Über einen Beitritt Ihres Landes zum Bund beraten wir, wenn der Krieg vorbei ist.«
Der finnische Botschafter bedankte sich und verschwand mit seinem Adjutanten in Richtung finnische Botschaft.
Der Kaiser befahl seinem Adjutanten, Ludendorff sowie von Stetten und von Hindenburg zu sich zu rufen. Es galt nun, Vorbereitungen für die Unterstützung Finnlands zu treffen.
Südöstlich von Lappeenranta, 01.12.1926
Leutnant Lassila feuerte aus der Deckung weitere Kugeln auf die Angreifer ab. Er riskierte einen kurzen Blick zur finnischen Wintersonne. Wie viele Angehörige seines nordischen Volkes war er sehr naturverbunden und konnte nicht nur die Uhrzeit von der Sonne ablesen, sondern notfalls wochenlang in den Wäldern Finnlands ohne Kontakt zur Außenwelt überleben. Aber er war sich nicht sicher, ob er den heutigen Tag überleben würde.
Von den fünf Stunden sind schon vier um. Mindestens eine Stunde müssen wir noch durchhalten. Und es kommen immer mehr Rotarmisten.
Schon wieder brachen weitere Rotarmisten durch die Wälder und schossen aus ihren Pistolen und Gewehren auf die Finnen. Sie erwischten zwar nur wenige von Lassilas Kameraden, aber zusammen mit den Verlusten der letzten Stunden wogen diese Ausfälle schwer. Plötzlich hörte der Leutnant den Lärm von Maschinengewehren. Aber sie waren weiter weg; hinter der Frontlinie, auf der Seite der Russen. Lassila hörte auch Schreie von dort. Auf wen schießen die da? Haben die etwa einige meiner Kameraden gefangen genommen? Oder knallen die ihre eigenen Soldaten ab? Das kann doch nicht sein.
Dem Leutnant lief es eiskalt den Rücken runter. Er hörte genau hin und meinte, die russischen Worte für »Nein« und »Gnade« zu hören. Aufgewachsen war Lassila, als Finnland noch zu Russland gehörte, weshalb er die russische Sprache verstand. Er teilte seinem Vorgesetzten, der nur ein paar Meter von ihm entfernt in Deckung lag, seine Vermutung mit, und dieser antwortete: »Gut für uns! Umso weniger müssen wir erschießen!«
Leutnant Lassila konnte das nicht von der Hand weisen. Es stimmt schon. Besser, sie setzen die Maschinengewehre gegen die eigenen Leute ein, als gegen uns.
Und die Sowjets richteten tatsächlich ihre Maschinengewehre nicht gegen die Finnen. Dafür aber setzten sie nun ihre Artillerie ein. Die ersten Geschosse schlugen etwa 50 Meter hinter den finnischen Linien ein und waren somit wirkungslos. Die nächste Salve schlug jedoch bereits nur gut 25 Meter hinter ihnen ein und die dritte traf mitten in die Reihen der Finnen und forderte einen hohen Blutzoll. Nun, wo die Russen die Feinjustierung raus hatten, blieb den Finnen nichts anderes übrig, als sich zumindest ein paar Meter zurückzuziehen. Schnell hatte Lassila sein Gewehr und die Pistole eines toten Rotarmisten genommen und war mit seinen Kameraden ein Stück nach Nordwesten gerannt. Während des taktischen Rückzuges hatte er die Pistole leergeschossen und zwei weitere Gegner getroffen. Erneut in Deckung, übersah Lassila das Schlachtfeld und stellte fest, dass der weiße finnische Schnee fast überall rot vom Blut der Russen und Finnen gefärbt war. Wenn das mal kein böses Omen ist, dass unser vom weißen von Mannerheim regiertes Finnland am Ende vom roten Stalin geknechtet wird, dachte der finnische Soldat.
Lassila riss sich zusammen und konzentrierte sich auf das, was sich genau vor ihm abspielte. Erneut war das Feuer der russischen Artillerie zu hören, diesmal wiederum schlugen die Geschosse 15 Meter vor den finnischen Reihen ein. Die finnischen Landser atmeten erleichtert auf. Ein weiteres Mal versuchte die Rote Armee es mit einem Sturmangriff ihrer Massen. Doch als auch dieser scheiterte, hörten die Finnen von der russischen Seite aus ein Sirenensignal und der Sturm kam zum Erliegen. Die Sowjets gingen in Deckung und belauerten die Finnen. Plötzlich trat ein Rotarmist mit einer weißen Fahne aus der Deckung hervor. Der Uniform nach zu urteilen handelte es sich um einen Politkommissar. Er rief den finnischen Soldaten in ihrer Sprache zu: »Soldaten der finnischen Armee! Ihr habt tapfer und ehrenhaft gekämpft! Ergebt euch und schließt euch uns an für den Kampf zur Befreiung eures Landes von der weißen Diktatur! Wir werden euch als Kameraden mit offenen Armen empfangen!«
Keiner der finnischen Soldaten war naiv genug, um darauf einzugehen. Aber da der Politkommissar unbewaffnet war und eine weiße Fahne hielt, schoss auch niemand auf ihn. Die Finnen ignorierten ihn einfach, bis er einsah, dass seine Ansprache nutzlos war. Der sowjetische Kommissar verschwand wieder und die Russen warteten ab, ob ihrer Aufforderung vielleicht doch noch jemand Folge leistete. Sollen sie ruhig warten, bis sie schwarz werden. Bald sind die fünf Stunden um und Lappeenranta ist evakuiert.
Bei diesem Gedanken musste Leutnant Väinämöinen Lassila leise lächeln.
Berlin, 01.12.1926
Von Hindenburg, Ludendorff und von Stetten hatten sich im Büro des Kaisers zur Beratung mit dem Herrscher des Reiches eingefunden. Es war inzwischen Vormittag und in Berlin fiel Schnee. Die vier Männer hatten jedoch keinen Blick dafür, die winterliche Pracht zu genießen.
»55.000 Soldaten haben Sie dem finnischen Botschafter also versprochen«, stellte Ludendorff fest.
»Genau. Ich wurde bereits benachrichtigt, dass von Mannerheim mein Angebot angenommen hat. Und bei der Auswahl der Soldaten gilt: Freiwillige vor«, fügte der Kaiser hinzu.
»Und wir sollen diese große Armee heimlich nach Finnland hineinschmuggeln, ohne das Stalin etwas davon merkt?«, fragte von Hindenburg.
Der Kaiser nickte. »Das wird nicht einfach. Aber machbar ist es schon. Wenn wir uns mit den Schiffen und Zeppelinen westlich halten, bekommen die Sowjets nichts mit. Wissen wir, mit wie vielen Soldaten die rote Bestie Finnland angegriffen hat?«, fragte Ludendorff.
Von Hindenburg, der eigentlich schon lange im Ruhestand war und lediglich als Berater fungierte, schaute Generalfeldmarschall von Stetten an. Auch Kaiser Wilhelm III. und Ludendorff sahen dem Nachfolger des brillanten Generalfeldmarschalls von Lindenheim fragend ins Gesicht. Dieser sagte daraufhin: »Nein. Eigentlich hatten Gehlens Leute die Rote Armee und auch die Parteizweigstellen der KPdSU unterwandert. Aber dann gab es eine Säuberungsaktion und diese hat uns viele unserer Kastrup-Spione gekostet.«
»Unsere Leute wurden enttarnt?«, fragte Paul von Hindenburg.
»Nein. Es gab einfach eine Säuberungsaktion, der zufällig viele unserer Männer zum Opfer gefallen sind. Aber von den Sowjets selbst hat es wesentlich mehr erwischt. Jede Truppe und jede Zweigstelle hatten eine vorgeschriebene Quote an Verrätern auszuliefern, sonst wäre die sowjetische Führung davon ausgegangen, dass alle dort Verräter sind«, erklärte von Stetten.
»Das sind ja abscheuliche Zustände!«, schimpfte von Hindenburg.
»Natürlich. Es ist ja auch ein kommunistisches Land. Unseren Berichten zufolge wurde die Sowjetunion nach und nach entchristianisiert. Allerdings nur oberflächlich, da man ja nicht in die Köpfe der Menschen schauen kann. Viele Leute glauben weiterhin an Gott und beten, dass sie eines Tages von Stalin befreit werden. Wenn die noch lebenden Spione sich weit genug hocharbeiten, können sie eines Tages sicherlich etwas zum Wohle dieser Menschen ausrichten. Aber im Moment sind sie auf zu unbedeutenden Posten, weswegen sie natürlich nichts von den Kriegsplänen erfahren haben«, erklärte von Stetten weiter.
»Dann hoffen wir, dass ihre Tarnungen nicht auffliegen. Und jetzt lassen Sie uns einen Plan ausarbeiten, welche Strecke die Schiffe und Zeppeline nehmen sollen, damit unsere finnischen Freunde nicht auch um eine Befreiung von der Terrorherrschaft Stalins beten müssen«, sagte der Kaiser und breitete eine Karte der Ostsee vor sich und seinen Kameraden aus.
Während sie die Route koordinierten, beugte sich der Kaiser zu Generalfeldmarschall von Stetten vor: »Ich würde mich übrigens sehr freuen, wenn Major Hans von Dankenfels bei dieser Unterstützung der Finnen dabei wäre. Es ist bestimmt gut für die Kampfmoral der Soldaten, wenn sie sehen, dass dieser heldenhafte junge Mann dabei ist. Immerhin ist allgemein bekannt, was er in Afrika alles geleistet hat.«
Von Stetten nickte zustimmend und die beiden uniformierten Männer konzentrierten sich wieder auf die Karte der Ostsee.
*
Während in Finnland bereits gekämpft wurde und in Moskau, Helsinki und Berlin die Befehlshaber über ihren Kartentischen saßen und Pläne machten, befand sich der junge Major Hans von Dankenfels ebenfalls in der Hauptstadt des Deutschen Kaiserreiches. Er hatte es sich gerade in einem Restaurant gemütlich gemacht und genoss die Blicke, welche die Damen am Tisch gegenüber dem Kastrup-Offizier zuwarfen, als ein Zeitungsjunge das Lokal betrat. Der Junge nickte dem Restaurantbesitzer zur Begrüßung freundlich zu, was dieser wiederum mit einem Handzeichen beantwortete und dem Jungen somit erlaubte, den Gästen die Zeitungen anzubieten. Daraufhin rief der Junge laut und im ganzen Lokal hörbar: »Extrablatt! Extrablatt! Die Sowjetunion erklärt Finnland den Krieg!«
Das Interesse der jungen Frauen am Offizier der Kastrup war nun völlig verschwunden. Alle waren erfüllt von der Sorge, wohin dieser Krieg führen könnte.
Der Zeitungsjunge verließ das Lokal bereits nach kurzer Zeit wieder und hatte alle seine Blätter verkauft. Auch Hans von Dankenfels hatte ein Exemplar des »Berliner Reichsblatts« erworben. Das Erste, was ihm auffiel, waren die Bilder von Mannerheims und Stalins, die einander gegenübergestellt waren. Im Artikel wurde dann berichtet, dass starke russische Verbände die finnische Südgrenze überschritten hätten und es wurden Vermutungen aufgestellt, was Stalin wohl vorhatte.
Ich weiß jedenfalls, was ich vorhabe. Mein guter Freund Generalfeldmarschall von Stetten ist meines Wissens auch in Berlin. Bestimmt hat ihn der Kaiser zu sich bestellt, um über diese Situation zu beraten. Ich gehe zum Berliner Stadtschloss und melde mich bei von Stetten. Sicherlich braucht er meine Hilfe und möglicherweise will er von mir auch wissen, ob wir die in Fort Charles gefundene Technologie bereits verwenden können, um etwas gegen die rote Gefahr zu unternehmen.
Mit diesen Gedanken im Kopf bezahlte von Dankenfels seine Rechnung für die Fassbrause, die ihm vor der erschreckenden Nachricht serviert worden war und die er in einem Zug geleert hatte. Dann machte er sich auf ins Berliner Stadtschloss, den ebenso prachtvollen wie bescheidenen Sitz der Hohenzollernkaiser. Von Dankenfels beschloss, nicht zu Fuß zu gehen, sondern sich aufgrund der Dringlichkeit und des Ernstes der Lage ein Taxi zu nehmen. Also stellte er sich an den Straßenrand und winkte eines herbei. Nicht einmal zehn Minuten dauerte die Fahrt zum Stadtschloss. Als der Major bezahlen wollte, winkte der Fahrer ab und sagte: »Ihr Jungs von der Kastrup könnt bei mir umsonst mitfahren. Dank euch haben wir den Großen Krieg gewonnen und wenn es keine außergewöhnlich lange Fahrt ist, übernehme ich die Kosten immer gerne.«
Hans von Dankenfels bedankte sich, verließ das Taxi und betrat das Schloss. Er wies sich bei den Wachen am Eingang aus und erklärte den Grund seines Erscheinens, woraufhin ihn ein grau uniformierter Soldat in ein Wartezimmer führte. »Generalfeldmarschall von Stetten befindet sich momentan in einer wichtigen Besprechung mit dem Kaiser. Ich werde ihn über Ihre Anwesenheit unterrichten«, sagte der Soldat zu dem Major der Kastrup, der es sich daraufhin im Wartezimmer bequem machte.
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Inzwischen hatten der Kaiser und seine ranghöchsten Offiziere die Besprechung der Pläne für die Finnlandhilfe beendet und die Feldherren Ludendorff und von Stetten machten sich daran, ebendiese umzusetzen. Beim Verlassen des kaiserlichen Büros wurde von Stetten mitgeteilt, dass der Major von Dankenfels auf ihn wartete. Das trifft sich gut