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Heutige Bachelor- und Masterstudiengänge zeichnen sich durch eine spürbare Regulierung aus. Die Frei- und Zeiträume zur eigenständigen persönlichen Entwicklung in Verbindung mit akademischer Bildung sind begrenzt. Studierende passen sich diesen Bedingungen an und zeigen nicht selten Verhaltensmechanismen wie effizientes Prüfungslernen. Die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten gerät aus dem Blickfeld, ist jedoch spätestens bei der Durchführung der Bachelor- oder Masterarbeit gefragt und gefordert. Und dabei ist es doch gerade der mit der wissenschaftlichen Arbeit verbundene Gewinn an Erfahrung und Bestätigung, der ein Studium in besonderer Weise bereichert und ausmacht. Dieses Buch lädt zum Denken ein: zum Nach-, Voraus- und Querdenken über die eigene wissenschaftliche Arbeit. Wie ist die Bachelor- oder Masterarbeit anzugehen, was ist bei der Themen- und Betreuerwahl zu bedenken? Was ist bei der Organisation und Strukturierung des persönlichen Forschungsprojektes zu beachten? Dieses Buch rückt nicht die Arbeitstechniken wie Literatursuche oder Ergebnispräsentation in den Vordergrund, sondern die Leitgedanken, die für das wissenschaftliche Arbeiten unverzichtbar sind: keine Checklisten, sondern Denkanstöße und Ratschläge, insbesondere für Studierende der Ingenieurwissenschaften, die die Herangehensweise an das wissenschaftliche Arbeiten schärfen und die Aussicht auf Erfolg erhöhen sollen.
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Seitenzahl: 64
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Autor:
Prof. Dr.-Ing. Matthias Heinitz
Professor im Hochschulbereich für Angewandte Wissenschaften an der Universität der Bundeswehr München
Vorwort
Kapitel 1: Allroundtalente gesucht
Kapitel 2: Vom Geist der Wissenschaft
Kapitel 3: Die Sache mit der Kopfarbeit
Kapitel 4: Ein kleiner Schritt für einen Menschen
Kapitel 5: Lebensabschnittspartnerschaft
Kapitel 6: Ein Projekt – kein Abenteuer!
Kapitel 7: Ein Auftakt nach Maß
Kapitel 8: Vom Organisieren, Motivieren und Überleben
Kapitel 9: Zum guten Schluss
Anhang: Literaturverzeichnis
Anhang: Beispiel für ein Exposé
Dieses Buch zielt auf die Vermehrung Ihres Vermögens ab. Nein, es geht nicht um Ihr Geldvermögen oder mögliche Wertanlageformen Ihres Vermögens, sondern um Ihr Leistungsvermögen. Es geht um die Vermehrung Ihres Leistungsvermögens, eine wissenschaftliche Arbeit – eine Bachelor- oder Masterarbeit – durchzuführen. Um es klar und deutlich zu formulieren: Sie besitzen schon einiges von diesem Leistungsvermögen. Dieses Buch verfolgt das Ziel, dass Sie sich Ihr Leistungsvermögen bewusst vor Augen führen, es stärken und ausbauen, indem Sie über Ihre anstehende wissenschaftliche Arbeit intensiv nachdenken: wie Sie sie angehen, vorbereiten und strukturieren, wie Sie sie durchdenken und organisieren, so dass die Entwicklung und Durchführung Ihrer Arbeit mit recht hoher Wahrscheinlichkeit in einen Erfolg münden wird: einen wissenschaftlichen Erfolg, einen Prüfungserfolg und – am wichtigsten – einen persönlichen Erfolg! Letzteres ist der Kern wissenschaftlichen Arbeitens: die Herausbildung einer Persönlichkeit. Schon der italienische Schriftsteller und Wissenschaftler Umberto Eco wusste [Eco2010]:
„Eine solche Arbeit schreiben, bedeutet also zu lernen, in die eigenen Gedanken Ordnung zu bringen und Angaben zu ordnen: es ist das Erfahren der methodischen Arbeit; d.h. es geht darum, einen ‚Gegenstand‘ zu erarbeiten, der im Prinzip auch für andere nützlich sein kann. Und darum ist das Thema der Arbeit weniger wichtig als die Erfahrung, die sie mit sich bringt.“
Ich betreue Studierende der Ingenieurwissenschaften bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten bzw. Abschlussarbeiten seit mehr als 25 Jahren. Früher trugen diese Namen wie Studien- und Diplomarbeit. Heute sprechen wir von Projekt-, Bachelor- und Masterarbeiten. Die letzten 25 Jahre sind von enormen technischen Fortschritten geprägt gewesen, die auch das wissenschaftliche Arbeiten erleichtern oder gar beflügeln. Dank Suchmaschinen erfolgt die Literatursuche heute rasend schnell, die Mehrzahl der Literatur steht elektronisch zur Verfügung, muss nicht kopiert und kann kinderleicht auf Schlagwörter durchsucht werden. Es stehen leistungsfähige Softwareprogramme zur Verwaltung von Literatur und zur computergestützten Organisation der wissenschaftlichen Arbeit zur Verfügung. Textverarbeitungsprogramme sind heute praktisch frei von Abstürzen, die Gefahr eines weitreichenden Datenverlustes ist weitgehend gebannt. Und schließlich erfolgt die Archivierung der Arbeit und aller ihrer Materialien nicht mehr mühsam mit Diskettenstapeln, sondern kompakt mit Memory Sticks oder – quasi dematerialisiert – in der Datenwolke.
Trotz aller Erleichterungen dank des technischen Fortschritts ist das Wesen wissenschaftlicher Arbeiten für Studierende stets gleich geblieben: ein wissenschaftliches Projekt, das in seinem Kern aus einer eigenständigen gedanklich-intellektuellen Leistung besteht, dem Lernen und dem Aneignen eines Fachgebietes, aus wissenschaftlicher Arbeit und einer schriftlichen Ausarbeitung – und das alles muss gründlich geplant, organisiert, durchdacht und in einer prüfungsrechtlich vorgegebenen Zeitspanne erfolgreich durchgeführt werden. Es geht darum, ein Forschungsprojekt zu managen. Gerade diese genannten Bausteine einer wissenschaftlichen Arbeit lassen sich nur schwer automatisieren. Unser Kopf und unsere Kopfarbeit sind gefragt, sie stehen im Zentrum (Abb. 1). Trotz aller Unterstützung durch Computer und Software sind wir gefordert, die gedankliche Hoheit zu bewahren und den Überblick zu behalten. In der Wissenschaft sind die wissenschaftliche Fragestellung und die Methode, die zu Ihrer Lösung herangezogen wird, untrennbar miteinander verzahnt. Dies macht das intensive Nachdenken und die Kopfarbeit bei der wissenschaftlichen Arbeit über einen längeren Zeitraum unverzichtbar.
Abb. 1Bausteine einer wissenschaftlichen Arbeit
Der Eintritt in Ihre Bachelor- oder Masterarbeit stellt Sie vor besondere Herausforderungen: Viele neue Informationen und Eindrücke, natürlich die Neugier auf diese Aufgabe in Ihrem wissenschaftlichen Studium und viele technische Fragen. Dabei drohen wichtige übergeordnete Fragen zur Durchführung der Arbeit in den Hintergrund gedrängt zu werden. Jedoch ist es gerade sinnvoll, sich Gedanken über die Gedanken zu machen. Hier setzt dieses Buch an: Welches sind die Leitgedanken bei Ihrer Bachelor- oder Masterarbeit? Was ist von besonderer Bedeutung? Im Tennis spricht man gerne von big points. Dieses Buch ist kein Kompendium zum wissenschaftlichen Arbeiten. Es soll – in kompakter Form – zum Nachdenken anregen, Denkanstöße geben: An welchen Punkten bei Ihrer wissenschaftlichen Arbeit nehmen Sie wesentliche Weichenstellungen vor? Welche Aspekte sind hierbei zu bedenken? Machen Sie sich diese Aspekte und die dahinterstehenden Gedanken einmal bewusst: Denken Sie voraus, denken Sie nach, denken Sie „darauf rum“. Genau darum geht es bei Ihrer wissenschaftlichen Arbeit.
Warum wird der Fokus gemäß Buchtitel auf die Ingenieurwissenschaften gelegt? In den unterschiedlichen Fächern kann die Wissenschaftskultur durchaus leicht variieren. In den geisteswissenschaftlichen Fächern steht beispielsweise das Arbeiten mit dem Text sehr stark im Vordergrund. Hingegen ist der Forschungsgegenstand in den Ingenieurdisziplinen häufig ein konkretes technisches System, ein Messaufbau, eine Hardware- oder Softwareumgebung. Diese Tatsache hat vielerlei Auswirkungen, so auch auf die Strukturierung und den Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit.
Aufgrund meiner akademischen Ausbildung und meines beruflichen Werdegangs bin ich durch die Ingenieurwissenschaften nachhaltig geprägt, so dass davon auszugehen ist, dass sich meine Überlegungen sehr stark an dieser Disziplin orientieren und – unbewusst und ungewollt – durchaus bedenkenswerte Aspekte anderer Fächer übersehen werden. Gleichwohl lassen sich die in diesem Buch dargelegten Gedankenwege nahezu ohne Einschränkung auf andere Wissenschaftsdisziplinen übertragen.
Dieses Buch speist sich aus zwei Quellen: Ich habe viele Studierende bei ihren Arbeiten begleiten und beobachten dürfen, insbesondere ihre Herangehensweise und ihren Reifungsprozess während ihrer wissenschaftlichen Arbeiten. Diese praktischen Erfahrungen und Erlebnisse gebe ich in einem Seminar für wissenschaftliches Arbeiten weiter, das ich seit 2011 anbiete. Die vielfältigen Erkenntnisse aus dem dortigen Austausch mit den Studierenden haben ebenso Eingang in dieses Buch gefunden. Es richtet sich daher schwerpunktmäßig an folgende Zielgruppen:
Für Studierende in ingenieurwissenschaftlichen und technischen Bachelor- und Masterstudiengängen an Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, die in Kürze ihre wissenschaftliche Arbeit angehen, soll dieses Buch ein kompakter Ratgeber sein, der zum Nachdenken über die eigene wissenschaftliche Arbeit anregt.
Es sollen Lehrende, Ingenieure, Naturwissenschaftler und Techniker angesprochen werden, die Studierende bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten betreuen.
Ich wünsche Ihnen gute Gedanken und eine erfolgreiche Bachelor- oder Masterarbeit, an die Sie auch später jederzeit gerne zurückdenken.
Neubiberg im September 2018
Matthias Heinitz
Der Volksmund weiß: „Man muss die Dinge vom Ende her denken.“ Lassen Sie uns diese Weisheit einmal auf Ihre bald anstehende Bachelor- oder Masterarbeit übertragen. Auf welche Erfahrungen und Eindrücke möchten Sie als Studierende/r nach Abgabe Ihrer – hoffentlich erfolgreichen! – wissenschaftlichen Arbeit zurückblicken? Es sollte ein motivierendes Thema gewesen sein. Klar. Sie wollen etwas gelernt haben. Natürlich. Und die Erstellung der Arbeit soll Ihnen über weite Strecken Freude bereitet haben, weil Sie die Aufgabenstellung umfassend bearbeitet und neue Lösungen gefunden1 haben. Sicher. Und, ach ja, seien wir ehrlich, zu dieser Aufzählung gehört auch: Eine gute bis sehr gute Bewertung der Arbeit wäre natürlich sehr willkommen.
Die naheliegende Frage ist: Wie müssen Sie vorgehen, damit Sie zu einem solch positiven Rückblick auf Ihre Arbeit kommen? Befragt man Studierende, was es zum erfolgreichen Gelingen einer solchen wissenschaftlichen Arbeit braucht, erhält man häufig folgende Nennungen:
Geeignetes Thema und geeigneten Betreuer
2
finden
Motivation aufbauen und aufrecht halten
Klare Ziele verfolgen
Zeitmanagement anwenden
Strukturiertes und fokussiertes Arbeiten
Verständliche schriftliche Ausarbeitung erstellen
Die genannten Punkte spielen eine wichtige Rolle – und einige mehr. Die erfolgreiche Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit verlangt eine Vielzahl von Fähigkeiten und Fertigkeiten. Woher kommt das?
Die Auswahl und die Durchführung einer Bachelor- oder Masterarbeit entsprechen der Definition eines Projektes. Ein solches wissenschaftliche Projekt zeichnet sich durch seine Einzigartigkeit (Aufgabenstellung) aus und wird mit begrenzten Ressourcen (Zeit,