Wissenschaftliches Arbeiten im Lehramtsstudium - Markus Roos - E-Book

Wissenschaftliches Arbeiten im Lehramtsstudium E-Book

Markus Roos

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Beschreibung

Dieses kompakte Lehrbuch führt Studierende des Lehramtes zielgenau in das gesamte Spektrum der wissenschaftlichen Arbeitsmethoden ein: von der ersten Recherche bis hin zur pädagogisch orientierten Bachelor- oder Masterarbeit. Hier erfahren Sie alles Wichtige über wissenschaftliches Lesen, Interpretieren, Exzerpieren und Zitieren. Zusätzlich begleitet Sie das Buch bei den ersten Schritten in der Forschung und vermittelt Ihnen die entscheidenden Basics zu Forschungsdesign, Beobachtung, Interviews, Fragebogenerhebung sowie qualitativer und quantitativer Datenauswertung. Für die dritte Auflage wurde der Text aktualisiert und mit einem Kapitel zur wissenschaftsbasierten Produktentwicklung ergänzt.

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Markus Roos

Bruno Leutwyler

Wissenschaftliches Arbeiten im Lehramtsstudium

Recherchieren, schreiben, forschen

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Wissenschaftliches Arbeiten im Lehramtsstudium

Markus Roos, Bruno Leutwyler

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Psychologie:

Prof. Dr. Guy Bodenmann, Zürich; Prof. Dr. Lutz Jäncke, Zürich; Prof. Dr. Astrid Schütz, Bamberg; Prof. Dr. Markus Wirtz, Freiburg i. Br.; Prof. Dr. Martina Zemp, Wien

Prof. Dr. Markus Roos

Dozent Bildungs- und Sozialwissenschaften

Co-Fachschaftsleiter Fachbereich Erziehungswissenschaften

Pädagogische Hochschule Zug

Zugerbergstraße 3

6300 Zug

Schweiz

E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Bruno Leutwyler

Prorektor Forschung & Entwicklung

Pädagogische Hochschule Zürich

Lagerstraße 2

8090 Zürich

Schweiz

E-Mail: [email protected]

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Hogrefe AG

Lektorat Psychologie

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel. +41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Dr. Susanne Lauri

Herstellung: René Tschirren

Umschlagabbildung: GettyImages/iBrave

Umschlaggestaltung: Claude Borer, Riehen

Satz: punktgenau GmbH, Bühl

Format: EPUB

3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2022

© 2011 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

© 2017, 2022 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96223-8)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76223-4)

ISBN 978-3-456-86223-1

https://doi.org/10.1024/86223-000

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Download-Materialien.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

Vorwort zur 3. Auflage

Vorwort zur 2. Auflage

Vorwort zur 1. Auflage

1 Einführung

1.1 Merkmale wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens

1.2 Wissenschaftliche Fragestellungen

1.3 Der Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens im Überblick

1.4 Aufbau dieses Buches und Struktur der einzelnen Kapitel

1.5 Zur Arbeit mit diesem Buch

1.6 Zielsetzungen dieses Buches und deren Relevanz für Lehrerinnen und Lehrer

1.7 Literatur

2 Wissenschaftliches Recherchieren

2.1 Einleitung

2.2 Allgemeine Hinweise zum Recherchieren

2.2.1 Schneeballprinzip

2.2.2 Umgang mit Quellen

2.3 Vorgehen beim Recherchieren

2.3.1 Suche vorbereiten: Was suche ich?

2.3.2 Suchdienst wählen: Wo suche ich?

2.3.3 Suche durchführen: Wie sichte und modifiziere ich?

2.3.4 Suche auswerten: Wie evaluiere ich die Suchergebnisse?

2.4 Recherchieren im Internet

2.5 Recherchieren in Bibliothekskatalogen

2.6 Zusammenfassung

2.7 Lernaufgaben

2.8 Literatur

3 Lesen und interpretieren wissenschaftlicher Texte

3.1 Einleitung

3.2 Aktuelle wissenschaftliche Texte

3.2.1 Gezieltes Lesen

3.2.2 Lesemethode SQ3R

3.3 Historische Texte

3.3.1 Hermeneutik als Wissenschaft vom Verstehen

3.3.2 Äußere Kritik

3.3.3 Innere Kritik/Quelleninterpretation

3.4 Arten von wissenschaftlichen Aussagen

3.5 Wissenschaftlicher Diskurs

3.6 Zusammenfassung

3.7 Lernaufgaben

3.8 Literatur

4 Thema eingrenzen und exzerpieren

4.1 Einleitung

4.2 Thema festlegen bzw. eingrenzen

4.3 Struktur von Exzerpten

4.3.1 Exzerptkopf

4.3.2 Gehalt der Quelle bezogen auf die Fragestellung

4.3.3 Persönliche Auseinandersetzung

4.4 Beispiel eines Exzerpts

4.5 Zusammenfassung

4.6 Lernaufgaben

4.7 Literatur

5 Zitieren

5.1 Einleitung

5.2 Grundsätze des Zitierens

5.3 Quellenverweise

5.3.1 Wörtliche Zitate

5.3.2 Sinngemäße Zitate

5.3.3 Zitate aus dem Internet

5.3.4 Sonderfälle

5.4 Literaturverzeichnis

5.4.1 Monografien

5.4.2 Werke mit mehreren Autoren und Autorinnen

5.4.3 Herausgeberwerke

5.4.4 Internet

5.4.5 Zeitschriften

5.4.6 Elektronische Datenträger

5.4.7 Unveröffentlichte Dokumente (Skripte, Bachelorarbeiten, Handouts)

5.4.8 Weitere Quellenarten

5.5 Softwarehinweis

5.6 Zusammenfassung

5.7 Lernaufgaben

5.8 Literatur

6 Struktur und Aufbau wissenschaftlicher Arbeiten

6.1 Einleitung

6.2 Eine Arbeit strukturieren

6.2.1 Schreibinhalte sammeln und auflisten

6.2.2 Schreibinhalte ordnen

6.3 Formaler Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit

6.3.1 Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit im Überblick

6.3.2 Die einzelnen Teile

6.4 Zusammenfassung

6.5 Lernaufgaben

6.6 Literatur

7 Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten

7.1 Einleitung

7.2 Schreibprozess

7.3 Verständlichkeit

7.3.1 Verständlichkeitshilfen

7.3.2 Leseführung

7.3.3 Sprache und Stil einer wissenschaftlichen Arbeit

7.4 Formale Regeln

7.4.1 Tabellen und Abbildungen

7.4.2 Struktur und Nummerierung der Kapitel

7.4.3 Sprachlicher Umgang mit den beiden Geschlechtern

7.4.4 Layout

7.5 Schlussredaktion

7.6 Zusammenfassung

7.7 Lernaufgaben

7.8 Literatur

8 Exkurs: Arbeitstechniken und Selbstmanagement

8.1 Einleitung

8.2 Motivation und Selbstdisziplin

8.3 Zeitplanung

8.3.1 Langfristige Planung

8.3.2 Kurzfristige Planung

8.4 Arbeitstechniken am Computer (Word)

8.5 Zusammenarbeit

8.6 Zusammenfassung

8.7 Lernaufgaben

8.8 Literatur

9 Der Forschungsprozess im Überblick: Einführung in den 2. Teil

9.1 Einleitung

9.2 Der Forschungsprozess im Überblick

9.3 Qualitative und quantitative Forschung

9.3.1 Qualitative Forschung

9.3.2 Quantitative Forschung

9.3.3 Gegenüberstellung von qualitativer und quantitativer Forschung

9.4 Gütekriterien empirischer Forschung

9.5 Der Operationalisierungsvorgang

9.6 Hypothesen

9.7 Zusammenfassung

9.8 Lernaufgaben

9.9 Literatur

10 Forschungsdesign

10.1 Einleitung

10.2 Stichprobenziehung

10.3 Stichproben qualitativer Studien

10.4 Stichproben quantitativer Studien

10.4.1 Zufallsstichproben

10.4.2 Klumpenstichproben

10.4.3 Geschichtete Zufallsstichproben

10.5 Quer- und Längsschnittstudien

10.6 Experimente

10.6.1 Design von Experimenten

10.6.2 Laboratoriums- vs. Feldexperimente

10.6.3 Experimentelle vs. quasiexperimentelle Untersuchung

10.7 Entscheid über das Datenerhebungsverfahren

10.8 Zusammenfassung

10.9 Lernaufgaben

10.10 Literatur

11 Beobachtung

11.1 Einleitung

11.2 Merkmale wissenschaftlicher Beobachtung

11.3 Kriterien guter Beobachtung

11.4 Arten der Beobachtung

11.5 Standardisierte Beobachtungen: Beobachtungspläne und -raster

11.6 Nicht-standardisierte Beobachtung

11.7 Nicht-reaktive Verfahren

11.8 Zusammenfassung

11.9 Lernaufgaben

11.10 Literatur

12 Interviews

12.1 Einleitung

12.2 Grundformen von Interviews

12.2.1 Strukturierte, halbstrukturierte und unstrukturierte Interviews

12.2.2 Einzelinterviews und Gruppeninterviews

12.3 Der Interviewleitfaden

12.4 Durchführen von Interviews

12.4.1 Planung und Vorbereitung eines Interviews

12.4.2 Das Interview führen

12.4.3 Abschluss des Interviews

12.4.4 Transkription

12.5 Zusammenfassung

12.6 Lernaufgaben

12.7 Literatur

13 Fragebogenerhebungen

13.1 Einleitung

13.2 Einsatz von Fragebögen

13.3 Arten von Items

13.4 Itemformulierung

13.5 Schwierigkeit von Items

13.6 Aufbau und Form des Befragungsinstruments

13.7 Online vs. Papier

13.8 Pre-Test

13.9 Erhöhung des Rücklaufs

13.10 Zusammenfassung

13.11 Lernaufgaben

13.12 Literatur

14 Quantitative Datenauswertung: Statistik

14.1 Einleitung

14.2 Skalenniveaus

14.3 Urliste und Codeplan

14.4 Deskriptive Statistik

14.4.1 Absolute und relative Häufigkeiten

14.4.2 Maße zur Beschreibung der zentralen Tendenz

14.4.3 Maße zur Beschreibung der Variabilität

14.5 Deskriptive statistische Funktionen mit Excel

14.6 Kreuztabellen

14.7 Exkurs: Korrelationen

14.8 Signifikanzen

14.9 Zusammenfassung

14.10 Lernaufgaben

14.11 Literatur

15 Qualitative Datenauswertung

15.1 Einleitung

15.2 Qualitative Datenauswertungen – ein Überblick

15.3 Qualitative Inhaltsanalyse

15.3.1 Datenmaterial sichten, auswählen und vorbereiten

15.3.2 Kategorien entwickeln – ein Suchraster vorbereiten

15.3.3 Codieren – Ordnung in die Vielfalt an Informationen bringen

15.3.4 Analysieren – geordnete Informationen auswerten

15.3.5 Darstellung der Analyse

15.4 Zusammenfassung

15.5 Lernaufgaben

15.6 Literatur

16 Ein wissenschaftsbasiertes Produkt entwickeln

16.1 Einleitung

16.2 Design-Based Research

16.3 Das Problem klären und eine Idee für ein Produkt entwickeln

16.4 Hintergrundwissen erarbeiten und Qualitätskriterien ableiten

16.5 Iterative Vorgehensweise bei der Produktentwicklung

16.6 Evaluation

16.7 Expertinnen- und Experteninterviews

16.8 Dokumentation von Prozess und Produkt

16.9 Zusammenfassung

16.10 Lernaufgaben

16.11 Literatur

17 Anhang

17.1 Checkliste Forschungsbericht

17.2 Vorgehen beim Verfassen einer empirischen (Studien-)Arbeit

17.3 Kriterien für gelungene wissenschaftliche Arbeiten

17.4 Glossar

Die Autoren

|13|Geleitwort

Warum sollen sich angehende Lehrerinnen und Lehrer mit wissenschaftlichem Arbeiten auseinandersetzen? Ich begrüße die Gelegenheit, diese Frage in einem Geleitwort zur dritten Ausgabe aus Sicht der Praxis und des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) zu erläutern.

Das Berufsleitbild des LCH hält fest, dass Lehrerinnen und Lehrer die Fachpersonen für Lehren und Lernen sind. Dazu gehört eine fortlaufende Weiterentwicklung der eigenen Unterrichtspraxis und Mitgestaltung in Projekten zur Schulqualität, was im weiteren Sinne zur Professionsentwicklung beiträgt. Dazu braucht es eine wechselseitige Verbindung zwischen forschungsorientierter Praxis und praxisorientierter Forschung.

Wissenschaftliche Erkenntnisse und wissenschaftliches Arbeiten sind für Lehrpersonen von mehrfacher Bedeutung. Erstens unterstützt eine forschende Grundhaltung Lehrpersonen bei der Bearbeitung berufsfeldbezogener Probleme und ermöglicht ihnen, ein geeignetes und begründbares Vorgehen zu wählen. Mit einer forschenden Haltung können Lehrpersonen Situationen des Schulalltags systematisch-objektiv angehen. Im Zentrum steht die Weiterentwicklung der Unterrichtspraxis. Die Lehrperson reflektiert ihre Unterrichtspraxis und arbeitet, individuell sowie im Team, an ihrer Weiterentwicklung, basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen und Erkenntnissen aus der Praxis.

Für Lehrpersonen gibt es dabei unterschiedliche Möglichkeiten, wissenschaftliche Herangehensweisen und Erkenntnisse für die eigene Unterrichtspraxis zu nutzen. Lehrpersonen können sich durch wissenschaftliche Publikationen und Weiterbildungsangebote auf dem Laufenden halten. Dieses Buch gibt wichtige Hinweise, wie wissenschaftliche Publikationen zielgerichtet recherchiert und verarbeitet werden können. Durch den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf die Schulpraxis kann eine forschungsgestützte Entwicklung der Unterrichtspraxis |14|gefördert werden. Eine andere Möglichkeit ist die Durchführung eigener Forschungsprojekte. Durch Aktionsforschung (englisch „action research“) führt die Lehrperson Experimente zur eigenen Unterrichtspraxis durch, z. B. durch den Vergleich verschiedener Unterrichtsmethoden. Dabei werden oftmals auch wissenschaftliche Beurteilungsinstrumente und Forschungszugänge eingesetzt, wie sie auch in diesem Buch beschrieben werden. Die Mitarbeit an Forschungs- und Entwicklungsprojekten bietet eine weitere Möglichkeit. Insbesondere bei Entwicklungsforschungsprojekten wird oftmals eine enge Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Forschenden aufgebaut. Ein gutes Beispiel für die synergetische Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis findet sich im Forschungsansatz „Design-Based Research“ (DBR). In dieser Form der Entwicklungsforschung arbeiten Lehrpersonen, Forschende und Entwicklerinnen und Entwickler gemeinsam daran, neue Lösungen für praxisbasierte Probleme zu entwickeln sowie zu einem vertieften theoretischen Verständnis beizutragen. Es ist sehr begrüßenswert, dass die dritte Auflage dieses Buches nun den Forschungsansatz „Design-Based Research“ in einem neuen Kapitel aufnimmt.

Zweitens ist wissenschaftliches Arbeiten für die Mitarbeit an datenbasierten Schulentwicklungsprojekten von Bedeutung. Das LCH-Berufsleitbild hält fest, dass sich Lehrpersonen für eine Schule engagieren, die ihre Qualität überprüft und weiterentwickelt. Die Ausgestaltung und Entwicklung ihrer Schule verstehen Lehrerinnen und Lehrer als gemeinsame Aufgabe und Verantwortung. Schulentwicklungsprojekte müssen gut strukturiert umgesetzt und ausgewertet werden, wobei oftmals Evaluationsinstrumente eingesetzt werden. Auch dafür bietet dieses Buch eine wertvolle Hilfestellung.

Drittens stellt wissenschaftliches Arbeiten eine wichtige Voraussetzung für die Laufbahnentwicklung von Lehrpersonen dar. Es gibt heute vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten für Lehrpersonen durch Weiterbildungsangebote und ein weiterführendes Studium. Dies erfordert die Durchführung eigener wissenschaftlicher Arbeiten, v. a. auf der Ebene Master und Doktorat. Wer sich mit Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens, wie sie in diesem Buch eingeführt werden, vertraut macht, dürfte eine gute Ausgangslage für solche weiterführenden Studien haben.

Es ist aus diesen Gründen sowohl für Ihr Lehramtsstudium als auch für Ihre zukünftige Berufstätigkeit grundlegend, wissenschaftlich denken, Forschungserkenntnisse verstehen, kritisch interpretieren und auf die eigene Praxis anwenden zu können.

Das Lehramtsstudium bereitet angehende Lehrpersonen darauf vor, wie man mit wissenschaftlichen Erkenntnissen umgeht (Produkte der Wissenschaft) und wie man wissenschaftliches Denken und Methoden in der eigenen Praxis anwen|15|den kann (Prozesse der Wissenschaft). Dies unterstützt Sie in Ihrer Berufstätigkeit als Lehrperson darin, die Qualität Ihres Unterrichts weiterzuentwickeln, Schulentwicklungsprozesse mitzugestalten, sich an Forschungsprojekten zu beteiligen und sich Türen für eine künftige Laufbahnentwicklung offen zu halten.

Dieses Buch legt eine praxisorientierte Einführung in wissenschaftliches Recherchieren, den Umgang mit wissenschaftlichen Texten und das Verfassen eigener wissenschaftlicher Arbeiten vor. Ich hoffe, dass dieses Buch angehende Lehrpersonen dabei unterstützt, sich mit wissenschaftlichem Denken, Arbeitsweisen sowie Forschungsergebnissen vertraut zu machen, um es dann für die Entwicklung der Unterrichts- und Schulqualität und darüber hinaus des Ansehens unseres Berufsstandes einzusetzen.

Beat A. Schwendimann,

Leiter Pädagogische Arbeitsstelle LCH

Dezember 2021

|17|Vorwort zur 3. Auflage

Von Studierenden und Dozierenden verschiedener Hochschulen erhalten wir immer wieder positive Rückmeldungen zum vorliegenden Buch. Offenbar überzeugt das Buch durch seine hohe Verständlichkeit und seinen Praxisbezug. Dies bestärkt uns darin, das Buch für eine dritte Auflage zu aktualisieren und weiterzuentwickeln. Für die dritte Auflage wurden Links überprüft, bei der weiterführenden Literatur neue Referenzwerke angeführt, Aktualisierungen von Quellen und Softwarehinweisen vorgenommen sowie kleinere Mängel behoben.

Die wesentliche Neuerung der dritten Auflage besteht aber im völlig neu verfassten Kapitel 16 zur wissenschaftsbasierten Produktentwicklung. In der Ausbildung zur Lehrperson, aber auch später im Lehrberuf, werden immer wieder Produkte entwickelt. Dabei kann es sich z. B. um Unterrichtsreihen, Aufgabensammlungen, Erklärvideos, Schultheater, Bilderbücher, diagnostische Werkzeuge, Informationsbroschüren, Handlungsleitfäden, methodische Vorgehensweisen oder Musicals handeln. So beliebt das Entwickeln solcher Produkte ist – bisher haben Studierende kaum systematische Vorgehensweisen gefunden, wie solche Produkte entwickelt werden könnten. Deshalb wird hier mit Anleihen beim Forschungsansatz „Design-Based Research“ (DBR) eine Vorgehensweise vorgeschlagen, wie solche Produktentwicklungen wissenschaftsbasiert angegangen werden können. Wir sind überzeugt, dass dieses Kapitel das Verfassen zahlreicher Studienarbeiten nachhaltig unterstützen wird. Konstruktive Rückmeldungen zu diesem Kapitel bzw. zum ganzen Buch haben wir insbesondere erhalten von Alexander Angst, Leonie Ambühl, Sinja Ballmer, Luzia Bürgi, Boris Eckstein, Henk Geuke, Claudia Haas, Kurt Hess, Roland Isler, Judith Kreuz, Erika Wagner und Karin Zehnder. Herzlichen Dank dafür.

Neu ist auch das Geleitwort von Beat A. Schwendimann, dem Leiter der Pädagogischen Arbeitsstelle des Dachverbandes „Lehrerinnen und Lehrer Schweiz“ |18|(LCH). Er zeigt in seinem Geleitwort auf, weshalb wissenschaftliche Erkenntnisse und wissenschaftliches Arbeiten für Lehrpersonen bedeutsam sind.

Wir sind gespannt auf die Rückmeldungen zur dritten Auflage und freuen uns sehr, wenn es uns gelingt, mit unserem Buch einen Beitrag zu leisten, die Ausbildung künftiger Lehrpersonen wissenschaftlich zu fundieren.

Bruno Leutwyler

Markus Roos

Januar 2022

|19|Vorwort zur 2. Auflage

Mit großer Freude haben wir zur Kenntnis genommen, dass die erste Auflage dieses Buches auf sehr positive Resonanz gestoßen ist. Dies bestärkt uns in unserem Zugang, die Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten für Lehrpersonen anders zu gestalten als für angehende Forscherinnen und Forscher. Die positive Resonanz hat uns auch darin bestärkt, ausgewählte Passagen dieser zweiten Auflage zu optimieren und zu aktualisieren. Zahlreiche Dozierende, Studierende und Lehrpersonen haben uns dazu Rückmeldungen gegeben – wir möchten ihnen an dieser Stelle ganz herzlich danken. Die umfassendste Überarbeitung erfuhr das Kapitel 5 zum Zitieren. Auch wenn die formalen Regelungen zum Zitieren nicht den Hauptaspekt wissenschaftlicher Qualität ausmachen, erfordert die korrekte Handhabung dieser Regelungen doch einigen Aufwand. Wir haben deshalb dieses Kapitel noch übersichtlicher gestaltet und eine Reihe von Fragen geklärt, mit denen wir immer wieder konfrontiert wurden.

Wir hoffen, dass auch diese zweite Auflage so positiv aufgenommen wird wie die erste – und dass sie das Verfassen vieler erkenntnisreicher Studienarbeiten unterstützt!

Bruno Leutwyler

Markus Roos

Februar 2017

|21|Vorwort zur 1. Auflage

„Wissenschaft ist ein integraler Bestandteil unserer Kultur. Es ist kein fremdartiger Geheimkult, betrieben von einer obskuren Priesterschaft, sondern eine der herrlichsten, intellektuellen Traditionen der Menschheit.“

Stephen Jay Gould

Einführungen in wissenschaftliches Denken und Arbeiten gibt es viele. Auch Einführungen speziell für pädagogische oder erziehungswissenschaftliche Studiengänge liegen inzwischen einige vor. Wieso also braucht es eine weitere Einführung? – Für eine Antwort müssen wir etwas ausholen: Seit in der Schweiz die Ausbildung von angehenden Lehrerinnen und Lehrern vor einigen Jahren auf Fachhochschulstufe angesiedelt wurde, bekommt das wissenschaftliche Arbeiten in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern ein deutlich höheres Gewicht als in der früheren seminaristischen Ausbildung. So erlangen Lehrpersonen der Schuleingangs- und der Primarstufe mit ihrer Ausbildung nicht nur die Lehrbefähigung, sondern auch den akademischen Bachelorgrad, Lehrpersonen der Sekundarstufe I den Mastertitel.

Die meisten Studiengänge fordern in Qualifikationsarbeiten deshalb auch wissenschaftliche Ansprüche ein und bereiten angehende Lehrpersonen in der einen oder anderen Form auf das wissenschaftliche Arbeiten vor. Viele Pädagogische Hochschulen bieten eigene Lehrveranstaltungen an, die in wissenschaftliches Arbeiten und in empirische Forschungsmethoden einführen. Allerdings verfolgt eine Einführung in wissenschaftliches Denken und Arbeiten bei angehenden Lehrpersonen eine andere Zielsetzung als bei angehenden Erziehungs- oder Bildungswissenschaftlern: Für Lehrerinnen und Lehrer haben wissenschaftliche Zugänge eine unterstützende Funktion. Wissenschaftliche Zugänge sollen dazu beitragen, die eigentli|22|chen Kerntätigkeiten – Lernen anzuregen, zu begleiten und zu unterstützen – zu optimieren. Für angehende Erziehungswissenschaftler oder Bildungswissenschaftlerinnen hingegen stellen wissenschaftliche Tätigkeiten die eigentlichen Kernprozesse dar. Damit versteht sich von selbst, dass Einführungen in wissenschaftliches Arbeiten für angehende Lehrpersonen anders zu gestalten sind als beispielsweise für angehende Forscherinnen und Forscher. Dabei geht es nicht nur um ein Mehr oder Weniger der gleichen Einführung, sondern um etwas qualitativ Anderes.

Die verfügbaren Einführungen in wissenschaftliches Denken und Handeln berücksichtigen diese Unterscheidung nicht in angemessener Form oder blenden die spezifische Perspektive der Lehrerinnen- und Lehrerbildung aus. Entsprechende Lehrbücher im Bereich der Pädagogik gehen deutlich weiter und tiefer, als es für Bachelorstudiengänge, die spezifisch auf einen Lehrberuf vorbereiten, erwartet werden darf. Sie haben nicht die „Flughöhe“, die für die Bachelorstudiengänge an Pädagogischen Hochschulen angemessen wäre. Das vorliegende Lehrbuch schließt diese Lücke: Es soll eine stufen- und berufsgerechte Einführung in wissenschaftliches Arbeiten und in empirische Forschungsmethoden bieten und angehende Lehrerinnen und Lehrer befähigen, eine pädagogisch orientierte Bachelorarbeit zu verfassen. Und es zeigt auf, wie einfache empirische Forschungsmethoden im Alltag von Lehrpersonen korrekt und gewinnbringend eingesetzt werden können.

Damit richtet sich das vorliegende Lehrbuch einerseits an Studierende Pädagogischer Hochschulen, die einen Bachelorstudiengang absolvieren (bspw. Lehrpersonen für die Schuleingangs- oder die Primarstufe). Andererseits richtet es sich an amtierende Lehrerinnen und Lehrer, die vielleicht in früheren seminaristischen Ausbildungen noch nicht so explizit mit wissenschaftlichen Arbeitsformen konfrontiert wurden und nun im Rahmen von Weiterbildungen wissenschaftlich orientierte Studienarbeiten verfassen müssen. Ziel dieses Lehrbuches ist es, Merkmale wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens aufzuzeigen und dafür zu sensibilisieren, wie diese für den konkreten Arbeitsalltag von Lehrpersonen nutzbar gemacht werden können.

Zum Manuskript dieses Buches oder zu einzelnen Kapiteln erhielten wir konstruktive Rückmeldungen von Kathrin Amrein, Cornelia Leutwyler, Christine Matter, Gabriela Näpflin, Rahel Schilter, Eva Schüpbach Roos, Monika Waldis und Esther Wandeler. Dafür danken wir ganz herzlich.

Bruno Leutwyler

Markus Roos

Januar 2011

|23|1  Einführung

„Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“

Teilhard de Chardin

Der Zweifel – wie ihn Teilhard der Chardin als Beginn der Wissenschaft charakterisierte – mag für Lehrerinnen und Lehrer nicht unbedingt erstrebenswert erscheinen. Gerade von der Ausbildung erwarten angehende Lehrpersonen durchaus zu Recht erste Sicherheiten für den Einstieg in einen anspruchsvollen Beruf. Auch mit einiger Berufspraxis sehnen sich amtierende Lehrpersonen wohl eher selten nach Zweifeln; dauernde Veränderungen in Schulen und ihrer Umgebung sowie die zum Berufsalltag gehörenden Ungewissheiten in Lern- und Bildungsprozessen erfordern ein hohes Maß an Flexibilität, sodass zusätzliches Anzweifeln von Gewissheiten eher absurd erscheinen mag.

Und dennoch: Anzweifeln drückt eine Denk- und Geisteshaltung aus, die sich mit der eigenen Sicht auf die Dinge nicht zufriedengeben will, die den Dingen auf den Grund gehen will, die immer wieder fragt: Könnte es auch anders sein? „Wissenschaft“ wird zwar häufig als das Bestreben verstanden, neues Wissen – und damit auch neue Gewissheiten – zu erschaffen, also neue Erkenntnisse zu gewinnen oder bestehende Erkenntnisse neu zu systematisieren. Der Weg zu diesem übergeordneten Ziel von Wissenschaft geht jedoch stark vom Zweifeln aus, indem bestehende Gewissheiten dafür infrage gestellt werden.1

|24|So wie das Anzweifeln von Gewissheiten einen Lebensnerv für die Wissenschaften charakterisiert, stellt das Anzweifeln von eigenen Sichtweisen auch bei angehenden und amtierenden Lehrpersonen eine Voraussetzung für Lernen und Entwicklung dar. Wer eigene Sichtweisen anzweifelt, lässt sich auf neue Perspektiven ein und ist offen für andere Zugänge zu einem Thema. Das ist auch in der Ausbildung zur Lehrerin oder zum Lehrer zentral. Ein solches Studium ist deutlich mehr als eine Anhäufung von Wissen. Es ist idealerweise auch eine Form der Persönlichkeitsbildung, eine intensive Auseinandersetzung mit neuen Themen, neuen Perspektiven, neuen Erfahrungen, neuen Theorien und neuen Fakten – kurz: eine Auseinandersetzung, welche die eigene Sichtweise auf die Dinge erweitern, anreichern, differenzieren und oftmals auch revidieren soll.

Eine solche Denk- und Geisteshaltung, die eigene Sichtweisen und bestehende Gewissheiten anzweifelt, wird in der „Wissenschaft“ ganz besonders kultiviert. „Wissenschaft“ strebt danach, den Dingen auf den Grund zu gehen und sich mit einem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Doch nicht jede intensive Auseinandersetzung ist eine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Was wissenschaftliches Denken und Arbeiten charakterisiert, wird im nächsten Abschnitt (Kap. 1.1) in einer ersten Annäherung skizziert. Darauf aufbauend lässt sich beschreiben, was wissenschaftliche Fragestellungen sind (Kap. 1.2) und wie der Prozess einer wissenschaftlichen Arbeit idealerweise abläuft (Kap. 1.3). Von diesem Prozess leitet sich auch der Aufbau dieses Buches ab, wie er in Kapitel 1.4 beschrieben ist. In Kapitel 1.5 folgen zudem einige Hinweise, wie mit diesem Buch am besten gearbeitet werden kann. Damit ist die Grundlage gelegt, um zum Abschluss dieses Einführungskapitels nach dem Sinn und Zweck zu fragen, warum es sich für Lehrpersonen lohnt, wissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen zu kultivieren (Kap. 1.6).

1.1  Merkmale wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens

Die grundlegende Frage an dieser Stelle lautet, was wissenschaftliches Denken und Arbeiten ist – und nicht, was „Wissenschaft“ insgesamt ist. Dass der Begriff „Wissenschaft“ bis anhin in Anführungs- und Schlusszeichen gesetzt wurde und nun auch an dieser Stelle nicht gebührend definiert wird, hat damit zu tun, dass es die Wissenschaft so nicht gibt. Viel eher gibt es eine große Vielzahl an unterschiedlichen Wissenschaften: So werden bspw. häufig Natur- und Geisteswissen|25|schaften unterschieden, in den letzten Jahrzehnten oft auch Sozial- und Kulturwissenschaften. Dabei wird der Begriff „Wissenschaften“ meist im Plural gebraucht. Damit wird deutlich, wie unterschiedlich das Verständnis von „Wissenschaft“ sein kann und dass es verschiedene Wissenschaften gibt. Doch das Verständnis davon, was „Wissenschaft“ ist, unterscheidet sich nicht nur zwischen Disziplinen, sondern auch zwischen Epochen und Kulturkreisen.

In allen Facetten von „Wissenschaft“ sind jedoch wissenschaftliches Denken und Arbeiten durch gewisse Merkmale gekennzeichnet. Dazu gehören die folgenden Merkmale (Bohl, 2008; Fromm & Paschelke, 2017):

Aufarbeitung bestehender Erkenntnisse und eigenständige Gedankenarbeit: Wissenschaftliches Arbeiten ist immer eine Kombination von Wiedergabe vorliegender Erkenntnisse und von intensiver eigenständiger Auseinandersetzung mit fremden Gedanken. Es ist nie nur „copy and paste“, obwohl das Wiederholen, Aneignen und Aufarbeiten von dem, was andere bereits zum Thema erarbeitet und erkannt haben, zu jeder wissenschaftlichen Arbeit gehört. Darüber hinaus gehört immer auch ein eigenständiges Weiterdenken zur wissenschaftlichen Arbeit, bspw. indem Zusammenhänge hergestellt, Begriffe und Definitionen verglichen und analysiert oder Argumentationen begründet kritisiert werden.

Systematisches und methodisch kontrolliertes Vorgehen: Wissenschaftliches Arbeiten ist zielorientiert; es ist systematisch, folgt einer inneren Logik und wird gelenkt durch einen dauernden Blick auf die leitende Fragestellung. Es geht nie nur um additive Auflistungen ohne inneren Zusammenhang. Wissenschaftliches Arbeiten ist methodisch kontrolliert und folgt meist expliziten Regeln und Methoden; das Verfahren zur Beantwortung einer Fragestellung wird begründet und bleibt auch für andere nachvollziehbar, sodass andere das Verfahren wiederholen und damit die Erkenntnisse überprüfen können.

Fundierung der Aussagen und Objektivierung: Beim wissenschaftlichen Denken und Arbeiten wird auf unbelegte oder oberflächliche Behauptungen und auf rein persönliche Erfahrungen verzichtet. Wissenschaftliche Argumentationen werden fundiert, indem die einzelnen Aussagen erläutert und begründet werden – insbesondere natürlich mit Verweisen auf theoretische Erkenntnisse oder auf Befunde, die von durchgeführten Studien ans Tageslicht gefördert wurden. Sie fokussieren auf die Sache selbst und streben meist nach Objektivität.

Überprüfbares und reflektiertes Argumentieren: Wissenschaftliche Aussagen sind grundsätzlich überprüfbar und unterscheiden sich damit klar von Glaubenssätzen. Die Grundlagen für die Überprüfung der Argumentation liefern Quellenangaben, wo auf bestehende Erkenntnisse verwiesen wird, sowie nach|26|vollziehbare Beschreibungen von Verfahren, wo eigene Erkenntnisse berichtet werden. Wissenschaftliche Aussagen unterscheiden theoretische Erklärungen, Beschreibungen von empirischen Befunden, eigene Interpretationen und Schlussfolgerungen sowie plausible Vermutungen und wertgeleitete Überzeugungen. Voraussetzungen für das eigene Denken und Argumentieren werden reflektiert und expliziert, bspw. indem theoretische, methodische, weltanschauliche oder normative Voraussetzungen offengelegt werden.

Präzises, eindeutiges und logisches Argumentieren: Wissenschaftliches Argumentieren erfordert eine gewisse Tiefe und ist entsprechend ausführlich. Es ist sachlich, präzise, eindeutig und berücksichtigt in angemessener Art die Fachsprache, weil damit die eigene Argumentation an den Stand der Forschung anschließt. Wissenschaftliche Argumente sind logisch, gut nachvollziehbar und widerspruchsfrei aufgebaut. Allfällige Ungereimtheiten oder Widersprüche werden ausdrücklich problematisiert.

Klare Begriffe: In wissenschaftlichen Argumentationen werden zentrale Begriffe geklärt und bewusst und sorgfältig verwendet. Bestimmte Begriffe sind oft Ausdruck theoretischer Konzepte oder aber sie werden in verschiedenen Kontexten unterschiedlich verwendet. Um sich theoretisch zu positionieren und um ein einheitliches Verständnis zu gewährleisten, werden die ganz zentralen Begriffe jeweils sorgfältig definiert.

Sorgfältige und einheitliche Darstellung: Wissenschaftliches Arbeiten ist sorgfältiges und umsichtiges Arbeiten. Dies zeigt sich nicht nur, aber auch in der formalen Darstellung, bspw. im Umgang mit Quellen, Abbildungen, Inhalts- oder Literaturverzeichnissen. Bei Qualifikationsarbeiten im Rahmen eines Studiums werden solche formalen Aspekte meist reglementiert, wobei sich der Detaillierungsgrad der Vorgaben je nach Organisation unterscheidet.

Redlichkeit: Nicht zuletzt ist wissenschaftliches Arbeiten auch redliches Arbeiten, sodass fremde Erkenntnisse, Gedanken und Ideen auch als solche gekennzeichnet werden (bspw. mit Quellenangaben). Plagiate als Diebstahl von geistigem Eigentum führen zur Ächtung in der Gemeinschaft der wissenschaftlich Tätigen (in der sogenannten „scientific community“) und werden strafrechtlich geahndet.

Diese Merkmale von wissenschaftlichem Denken und Arbeiten charakterisieren Grundhaltungen, die für eine Vielzahl von Arbeiten hilfreich sind und in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern gelebt werden. Im akademischen Tätigkeitsfeld – in dem Tätigkeitsfeld also, das gemeinhin mit „Wissenschaft“ gleichgesetzt wird – werden diese Grundhaltungen allerdings ganz besonders und bewusst kultiviert. |27|Die Aufzählung dieser Grundhaltungen macht aber auch deutlich, dass nicht jede wissenschaftliche Arbeit einfach eine gute oder schlechte wissenschaftliche Arbeit ist. Die genannten Merkmale können mehr oder weniger gut umgesetzt werden. Wie es in jedem Betrieb sehr gute und auch weniger gute Mitarbeitende gibt, tummeln sich auch in der „Wissenschaft“ verkannte Genies, überschätzte Selbstdarsteller, sorgfältige Rechercheure und kreative Originale. Entsprechend unterscheiden sich auch die Arbeiten, die von sogenannten Wissenschaftlern geschrieben wurden, und weisen je unterschiedliche Stärken und Schwächen auf. So kann bspw. eine Arbeit eine bestechende Übersicht über den Stand der Forschung in einem Themenkreis bieten, aber dennoch eine schwache Umsetzung eines eigenen Forschungsvorhabens beinhalten. Oder umgekehrt kann die Aufarbeitung der relevanten Theorien in einer Studie unvollständig und veraltet, der methodische Zugang zu einem Thema aber äußerst innovativ und produktiv sein. Eine kritische Überprüfung auch von wissenschaftlichen Argumentationen ist deshalb immer notwendig – sie ist selbst Bestandteil und Kennzeichen wissenschaftlichen Arbeitens.

1.2  Wissenschaftliche Fragestellungen

Wissenschaftliches Arbeiten ist aber nicht nur durch gewisse Merkmale charakterisiert, sondern auch durch die Art der Fragestellungen, die bearbeitet werden. Zwar scheint die Vielfalt an Themen, die wissenschaftlich untersucht werden, beinahe unerschöpflich. Auch das Erkenntnisinteresse kann sich deutlich unterscheiden und die ganze Bandbreite von theoretisch inspirierter Grundlagenforschung bis hin zur Anwendungsforschung in Bezug auf ungelöste praktische Probleme abdecken.2 Die Art und Weise aber, Fragen zu einem bestimmten Thema zu stellen, ist im wissenschaftlichen Kontext häufig vergleichbar. Grundsätzlich |28|richten sich wissenschaftliche Fragestellungen meist auf analytische oder empirische Auseinandersetzungen mit einer Thematik (Beller, 2016, S. 11). Im Gegensatz dazu sind Fragen, die bspw. mit einem einfachen Nachschlagen in einem Lexikon oder einem Lehrbuch beantwortet werden können oder die nach objektiven Werturteilen fragen (z. B.: „Was ist ein guter Mensch?“), keine wissenschaftlichen Fragestellungen.

Analytische Fragestellungen erfordern eine Auseinandersetzung mit bestehenden Erkenntnissen zu einem Sachverhalt. Sie können in der Regel auf der Grundlage von Fachliteratur beantwortet werden und brauchen keine eigene Überprüfung von Sachverhalten in der Umwelt. Arbeiten mit analytischen Fragestellungen werden deshalb auch als Literaturarbeiten bezeichnet. Gerade bei Studienarbeiten wird dabei meist kein Anspruch gestellt, etwas Neues herauszufinden. Der Erkenntnisgewinn der durchgeführten Analyse liegt in diesem Fall hauptsächlich bei der Studentin oder dem Studenten, allenfalls auch bei betreuenden Dozierenden. Eine Erkenntnis, die für die „scientific community“ neu wäre, wird dabei nicht erwartet. Analytische Fragestellungen können jedoch sehr wohl auch für die „scientific community“ neue Erkenntnisse generieren, wenn bspw. vorliegende Studien im Lichte einer neuen Theorie interpretiert oder mehrere vorliegende Erkenntnisse zu einer allgemeingültigen Theorie verdichtet werden.3

Beispiele von analytischen Fragestellungen sind:

Wie unterscheidet sich der Intelligenzbegriff bei Gardners Konzept der multiplen Intelligenzen vom Intelligenzbegriff, der ausgewählten klassischen Intelligenztests zugrunde liegt?

Welche Erklärungsmodelle für den Zusammenhang von Schulleistung und familiärem Hintergrund gibt es? Wie lassen sich diese Erklärungsmodelle gruppieren?

Inwiefern lässt sich die Forderung nach offenen Lernformen lernpsychologisch begründen?

Empirische Fragestellungen erfordern eine eigene Überprüfung eines Sachverhaltes „draußen in der realen Welt“; d. h., sie können nicht ausschließlich mit bestehender Fachliteratur beantwortet werden. Eine Überprüfung eines Sachverhaltes in der Umwelt bedingt eine methodisch kontrollierte Erhebung von Daten (bspw. |29|über standardisierte Fragebögen, teilnehmende Beobachtung oder Leistungstests) sowie eine regelgeleitete Auswertung dieser Daten.

Beispiele von empirischen Fragestellungen sind:

Welche Vorstellungen von Intelligenz haben amtierende Lehrpersonen, die im Kanton Thurgau in der Primarstufe unterrichten? Welche Bedeutung schreiben sie der Intelligenz für den Schulerfolg zu?

Wie unterscheidet sich das Vorgehen beim Erledigen von Hausaufgaben zwischen Kindern mit unterschiedlichem familiärem Hintergrund?

Wie häufig werden in den deutschen Grundschulen offene Lernformen angewendet? Welche offenen Lernformen werden besonders häufig eingesetzt? Gibt es Unterschiede in der durchschnittlichen Häufigkeit zwischen Klassenstufen und/oder zwischen Bundesländern?

Die Fragestellung einer Arbeit bestimmt zu einem großen Teil die Qualität der Arbeit. Werden „gute“ Fragen gestellt – und dann auch angemessen beantwortet –, so wird eine „gute“ Arbeit entstehen.4 Die Qualität der Fragen zeigt sich an folgenden Merkmalen:

Relevanz: Gute Fragen behandeln theoretisch oder praktisch bedeutsame Aspekte eines Themas.

Sinnvolle Eingrenzung: Gute Fragen haben im Idealfall eine „mittlere Reichweite“. Sie zielen einerseits weder auf die letzten Rätsel der Welt noch auf zu umfassende Themenbereiche. Solche Fragen könnten in der gebotenen Zeit oder innerhalb des gebotenen Umfangs nicht ausreichend differenziert beantwortet werden. Andererseits zielen sie aber auch nicht auf einen allzu kleinen Ausschnitt bzw. ein Detail, das für sich uninteressant ist. Gute Fragen liegen irgendwo dazwischen.

Gehalt: Gute Fragen sind ergiebig. Sie ermöglichen eine produktive und gewinnbringende Auseinandersetzung mit einem Thema.

Klarheit: Gute Fragen sind klare, zielgerichtete Fragen, die einer Auseinandersetzung mit dem Thema einen eindeutigen Fokus geben.

Beantwortbarkeit: Die gestellten Fragen müssen mit den gegebenen Mitteln, in der gegebenen Zeit prinzipiell beantwortbar sein. Für eine angemessene Beantwortung von Fragen nach Wirkungen (X bewirkt Y) muss in der Regel ein so hoher Aufwand betrieben werden, dass sich nur versierte Forschende daran wagen sollten.

|30|Ferner hängt die Qualität von wissenschaftlichen Fragen auch maßgeblich vom Neuigkeitsgehalt („Ist die Bearbeitung dieses Zugangs wirklich neu?“) und vom Innovationspotenzial („Erschließen sich mit der Bearbeitung allenfalls neue Denk- und Suchrichtungen?“) ab. Für Studien- und Qualifikationsarbeiten sind diese beiden Ansprüche allerdings nicht immer sinnvoll. Häufig dienen Studienarbeiten dem Ziel, dass sich Studierende in eine Thematik vertiefen und dabei belegen, dass sie das Thema und das wissenschaftliche Handwerk beherrschen.

Für die Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung bietet sich ein Vorgehen in fünf Phasen an. Diese fünf Phasen werden im folgenden Abschnitt prototypisch beschrieben.

1.3  Der Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens im Überblick

Weil wissenschaftliches Arbeiten systematisches Arbeiten ist, folgt es in der Regel einem prototypischen Ablauf. Dieser Ablauf unterscheidet sich zwar zwischen Literaturarbeiten und empirischen Arbeiten; beide Zugänge durchlaufen jedoch fünf zentrale Phasen (vgl. Abb. 1):

|31|

Abbildung 1:  Der Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens im Überblick.

Fragestellung: Jede Auseinandersetzung mit einem Thema beginnt mit einer Frage, mit einem Problem, einer Irritation oder mit Neugier, etwas Neues oder Unbekanntes zu erkunden. Fragestellungen können sich aus der Praxis, aus der Auseinandersetzung mit der Theorie oder im Anschluss an andere Studien ergeben. Manchmal werden Fragestellungen auch von Dozierenden oder Auftraggebenden vorgegeben. Fragen dienen als Ausgangspunkt jeglicher Forschung. Ohne Frage hätte die wissenschaftliche Auseinandersetzung keine Zielrichtung, ohne Ziel bliebe eine Auseinandersetzung unsystematisch. Gerade die systematische Herangehensweise an ein Thema und die Zielorientierung aber sind wichtige Kennzeichen wissenschaftlichen Arbeitens (s. oben). Und dennoch werden gute wissenschaftliche Fragestellungen häufig erst im Laufe der Auseinandersetzung mit einem Thema entwickelt. Meist steht zu Beginn erst ein noch vages Interesse, allenfalls eine Fragestellung in Alltagssprache, die eine allgemeine Suchrichtung vorgibt.

Literaturstudium: Unabdingbar für jede wissenschaftliche Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit dem Stand des Wissens. Während des Literaturstudiums wird recherchiert, eingelesen, angeeignet, was andere bereits zu diesem Thema erarbeitet haben. Das Literaturstudium legt die Basis für die Qualität der Arbeit, indem es die Grundlagen bereitstellt, auf dem eine eigene Argumentation entwickelt wird und eine analytische oder empirische Beantwortung der Fragestellung erfolgt. Das Literaturstudium umfasst die Auseinandersetzung mit verschiedenen Theorien, mit Forschungsergebnissen, Evaluationsberichten und analytischen Aufsätzen zum Thema.

Wissenschaftliche Problemformulierung: Meist wird es erst nach einer längeren Einarbeitung in die Thematik möglich, einen besonders spannenden oder ergiebigen Aspekt zu benennen und daraus eine präzise, wissenschaftliche Fragestellung zu formulieren. Bei der wissenschaftlichen Problemformulierung wird die gewählte Problemstellung unter Verwendung der Fachsprache strukturiert und trennscharf von über- bzw. nebengeordneten Problemen abgegrenzt. Bei empirischen Fragestellungen werden wissenschaftliche Problemformulierungen häufig mit gut begründeten Hypothesen ergänzt, die in der Folge getestet werden. Weil die wissenschaftliche Problemformulierung der |32|weiteren Arbeit eine ganz zentrale Richtung vorgibt, ist diese Phase besonders entscheidend für die Qualität der Arbeit. Wer sich in einem Themengebiet noch nicht sehr gut auskennt, sollte in dieser Phase deshalb unbedingt den Austausch mit Fachpersonen suchen. Bei Studienarbeiten ist für die wissenschaftliche Problemformulierung eine enge Zusammenarbeit mit der Betreuungsperson empfehlenswert.

Analytische oder empirische Beantwortung der Fragestellung: Während die Beantwortung einer analytischen Fragestellung in Literaturarbeiten weniger klaren Regeln folgt und oft einer zielgerichteten Vertiefung des Literaturstudiums entspricht, folgen empirische Arbeiten speziellen methodischen Grundsätzen bei der Datenerhebung und -auswertung.

Berichterstattung: Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Thematik wird jeweils dokumentiert und die Fragestellung in einem Bericht abgehandelt. Häufig werden Forschungsberichte (bei empirischen Arbeiten) oder wissenschaftliche Abhandlungen (bei Literaturarbeiten) in „Journals“ (in wissenschaftlichen Zeitschriften), in Büchern oder im Internet publiziert und an Kongressen und Tagungen präsentiert. Studierende haben vielleicht Gelegenheit, ihre Arbeit im Rahmen einer Lehrveranstaltung oder eines Forschungstages vorzustellen. Ziel einer solchen Dissemination (Veröffentlichung und Verbreitung) ist, die neuen Erkenntnisse zur Diskussion zu stellen, der Kritik von Fachleuten auszusetzen und interessierten Kreisen zur Verfügung zu stellen.

Bei der konkreten Arbeit lassen sich diese fünf Phasen nicht immer so klar abgrenzen. So überschneiden sich bspw. die Suche nach einer guten Fragestellung (Phase 1) und das Literaturstudium (Phase 2) meistens. Oder häufig verläuft die schriftliche Dokumentation einer Auseinandersetzung (Phase 5) teilweise parallel zur analytischen Durchdringung der Thematik in Phase 4. Für eine gute wissenschaftliche Arbeit ist es allerdings unabdingbar, dass alle Phasen seriös bearbeitet werden.

1.4  Aufbau dieses Buches und Struktur der einzelnen Kapitel

Der Aufbau dieses Buches berücksichtigt die Unterscheidung von Literaturarbeiten und empirischen Arbeiten. Im ersten Teil werden die zentralen Tätigkeiten für Literaturarbeiten beleuchtet. Dazu gehören …

|33|das Recherchieren, das am Anfang jeder wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit einem Thema steht (Kap. 2),

das Lesen und Verarbeiten von wissenschaftlichen Texten (Kap. 3),

das Exzerpieren, also das Nutzbarmachen von Erkenntnissen, die im Laufe der Auseinandersetzung mit der verfügbaren Literatur gewonnen werden (Kap. 4),

das Zitieren, also das korrekte Einbinden von fremden Argumenten in die eigene Arbeit, sodass jederzeit genau nachvollziehbar bleibt, woher welche Ideen stammen und wo diese überprüft und nachgelesen werden können (Kap. 5),

das Strukturieren von Argumenten als zentrales Element der analytischen Auseinandersetzung mit einem Thema (Kap. 6),

die Berichterstattung, also das Verfassen eines Berichts (Kap. 7).

Weil das Verfassen wissenschaftlicher Berichte nicht immer nur als spannende und lustvolle Beschäftigung, sondern oft auch als anstrengendes Verfahren mit einigem Frustrationspotenzial oder gar mit scheinbar unüberwindbaren Hürden erlebt wird und weil wissenschaftliches Arbeiten hohe Anforderungen an eigenständiges Organisieren stellt, beinhaltet dieser erste Teil im Sinne eines Exkurses auch ein Kapitel zu Arbeitstechniken und zum Selbstmanagement (Kap. 8).

Der zweite Teil stellt die einzelnen Aspekte vor, die es bei der empirischen Beantwortung einer Fragestellung zu berücksichtigen gilt. Dazu gehören …

grundsätzliche Fragen zur Art des empirischen Zugangs, inwiefern sich eher quantitative, also vermessende und auszählende, oder eher qualitative, also ausführlich dokumentierende und interpretierende Verfahren, zur Beantwortung einer Fragestellung eignen (Kap. 9),

Fragen zum Forschungsdesign, also bspw. zur Stichprobe oder zu Erhebungszeitpunkten (Kap. 10),

verschiedene Verfahren der Datenerhebung, wie bspw. das Beobachten (Kap. 11), mündliche Befragungen in Form von Interviews (Kap. 12) oder schriftliche Befragungen in Form von Fragebögen (Kap. 13) sowie

angemessene Auswertungsverfahren, sowohl für quantitative Zugänge (Kap. 14) als auch für qualitative Zugänge (Kap. 15).

1.5  Zur Arbeit mit diesem Buch

Die einzelnen Kapitel sind nach einem identischen Muster aufgebaut. Zu Beginn wird jeweils in das Thema eingeführt und begründet, warum es für wissenschaftliches Arbeiten von Bedeutung ist. Im Anschluss daran finden sich im Sinne eines |34|Glossars zentrale Begriffe, die im entsprechenden Kapitel eingeführt werden. Sämtliche Begriffe finden sich zudem in alphabetischer Reihenfolge auch am Schluss dieses Buches, was ein schnelles Nachschlagen zentraler Begriffe ermöglicht. Immer zu Beginn der einzelnen Kapitel wird außerdem kurz beschrieben, welche Aspekte des Themas behandelt werden und welche Lernziele Sie nach der Bearbeitung erreicht haben sollten.

Die einzelnen Kapitel werden wiederum mit einem identischen Muster abgeschlossen. Eine Zusammenfassung benennt Qualitätsindikatoren: Damit können Sie beurteilen, ob Sie in einer eigenen Arbeit die Ansprüche an Wissenschaftlichkeit, wie sie im jeweiligen Kapitel eingeführt werden, einlösen konnten. Zudem werden jeweils Lernaufgaben formuliert, die Ihnen eine Kontrolle ermöglichen, ob Sie die zentralen Sachverhalte verstanden haben. Diese Lernaufgaben bieten auch Übungen und Fragen für vertiefende Diskussionen an. Antworten auf diese Lernaufgaben werden bewusst nicht aufgeführt. Einerseits existiert manchmal nicht einfach die richtige Antwort, andererseits zielen diese Lernaufgaben oft auch auf ein Problematisieren der eingeführten Themen. Dabei führt erst eine Diskussion mit Kolleginnen und Kollegen zur angestrebten Sensibilität dafür, was den Kern des wissenschaftlichen Arbeitens ausmacht.

Ein Fallbeispiel führt als Roter Faden durch das Buch. Es zeigt auf, wie sämtliche Aspekte, die in diesem Buch behandelt werden, für die alltägliche Arbeit in Schulen hilfreich sein können. Idealtypisch lässt sich dies an den anstehenden Arbeiten der Schule „Obertor“ illustrieren:

Schule „Obertor“ ist in einem lebhaften Quartier einer mittelgroßen Stadt gelegen und in einem altehrwürdigen Schulhaus untergebracht. An der Schule unterrichten 45 Lehrpersonen in unterschiedlichen Pensen. Seit einigen Jahren verfügt die Schule über eine Schulleitung, die schon einige Veränderungen in Gang gesetzt hat. So wurden etwa regelmäßige Teamsitzungen eingeführt, Arbeitsgruppen gebildet oder Schulprogramme entwickelt. Nun steht die Entwicklung eines neuen Schulprogramms für die nächsten drei bis fünf Jahre an. Aber in welche Richtung soll sich die Schule Obertor entwickeln? Und wie kann sie herausfinden, welches die richtige Richtung ist? Welche Fragen müssen gestellt und beantwortet werden? Gemeinsam mit der Schulleitung setzen sich gewisse Lehrpersonen dafür ein, dass diese Entwicklung professionell geplant wird. Aber was heißt hier eigentlich professionell?

|35|Was in diesem Zusammenhang mit „professionell“ gemeint sein könnte, werden Sie wissen, wenn Sie dieses Buch bearbeitet haben. Wir wünschen Ihnen dabei einen langen Atem und viel Spaß!

Ein langer Atem ist besonders dann nötig, wenn Ihnen unklar ist, was die Auseinandersetzung mit wissenschaftlichem Arbeiten bringen könnte. Deshalb soll im Folgenden kurz darauf eingegangen werden.

1.6  Zielsetzungen dieses Buches und deren Relevanz für Lehrerinnen und Lehrer

Oftmals fragen sich (künftige) Lehrerinnen und Lehrer, weshalb sie sich mit Wissenschaft und Forschung auseinandersetzen sollten. Antworten darauf gibt es viele:

Schulpraxis forschungsgestützt verbessern: Die Schulforschung bringt laufend neue Erkenntnisse an den Tag. Mit Hintergrundwissen über Wissenschaft und Forschung lassen sich solche Erkenntnisse besser verstehen und Folgerungen für den eigenen Unterrichtsalltag selbstständig ableiten.

Studienarbeiten verfassen: Während der Grundausbildung und während allfälligen späteren Nachqualifikationen müssen verschiedene Studienarbeiten verfasst werden. Dazu ist ein gewisses Handwerkszeug nötig, welches mithilfe dieses Buches erarbeitet werden kann.

Universitätsanschluss gewährleisten: Der Abschluss an einer schweizerischen Pädagogischen Hochschule entspricht in der Schweiz bei Kindergarten- und Primarlehrpersonen gemäß Bologna-Deklaration formal dem sogenannten Bachelor. Diese Qualifikation ermöglicht es, an einer beliebigen Universität weiterzustudieren. Dabei wird die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule von der Universität (ev. mit gewissen Einschränkungen) als Grundstudium anerkannt. Dies bedeutet jedoch, dass die Studieninhalte des Grundstudiums so weit wie möglich bereits an der Pädagogischen Hochschule bearbeitet werden müssen, so auch im Bereich Forschungsmethodik.

Schlüsselqualifikationen fördern: Viele Inhalte dieses Buches zielen auf Schlüsselqualifikationen, welche sich in verschiedensten Lebens- und Berufszusammenhängen einsetzen lassen. Sie können Studierenden auch nach einem Wechsel auf die Bank, ins Marketing, in die Politik oder in den Journalismus (usw.) dienlich sein. Berufliche Laufbahnen lassen sich heute kaum mehr vorhersehen.

|36|Schulstrukturen mitgestalten: Lehrpersonen haben (v. a. im Unterricht) einen großen Freiraum. Dennoch bleiben sie in lokale, regionale und nationale Strukturen eingebettet, welche permanenten Veränderungen unterliegen. Sollen diese Strukturen von Lehrpersonen mitgestaltet werden, so sind Grundkenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens nützlich. Mit anderen Worten: Eingaben von Lehrpersonen (-verbänden) bei der Schulleitung, der Schulbehörde oder Leserbriefe usw. haben eher Aussicht auf Erfolg, wenn sie formal korrekt und wissenschaftlich fundiert sind.

Aktionsforschung fundieren: Eine Möglichkeit, wie Lehrpersonen ihre Professionalität weiterentwickeln können, ist die sogenannte Aktionsforschung (Altrichter & Posch, 2018). Dabei untersuchen Lehrpersonen ihren eigenen Unterricht nach bestimmten selber gewählten Fragestellungen, um anschließend Optimierungsmaßnahmen abzuleiten. Zu diesem Zweck sind Forschungskenntnisse nützlich.

Interne Schulevaluation fundieren: Schulen sind heute aufgefordert, interne Schulevaluationen durchzuführen, um Rechenschaft über ihr Tun abzulegen und die Schule weiterzuentwickeln (z. B. Befragungen von Schülerinnen und Schülern, Elternbefragungen usw.). Wenn einzelne Lehrpersonen fundiertere Kenntnisse über wissenschaftliche Forschungsmethoden mitbringen, kommt dies dem ganzen Team bzw. der ganzen Schule zugute.

Erkenntnistheorie verstehen: Eine nach wie vor wichtige Aufgabe der Lehrpersonen ist die Begleitung des Wissenserwerbs im Unterricht. Für Berufsleute, welche den Wissenserwerb professionell anregen und begleiten, ist es sinnvoll, sich auch vertieft mit der Entstehung von Wissen auseinanderzusetzen, um Grundprinzipien der Erkenntnistheorie zu verstehen.

Seriöse Beurteilungen von Schülerinnen und Schülern vornehmen: Beurteilungen von Schülerinnen und Schülern sollten mindestens in Ansätzen wissenschaftlichen Kriterien genügen. Um seriöse Schülerbeurteilungen vorzunehmen, sind also wissenschaftliche Grundkenntnisse nützlich.

Das vorliegende Buch soll ermöglichen, selber einfache Forschungsprojekte zu planen, durchzuführen und darüber zu berichten. Einerseits soll es als Handbuch dienen, in dem die zentralen Schritte beim Erarbeiten einer wissenschaftlichen Fragestellung nachgeschlagen werden können. Andererseits will es darüber hinaus aber auch dafür sensibilisieren, was wissenschaftliches Denken und Arbeiten ausmacht und was wissenschaftliche Arbeiten zu guten wissenschaftlichen Arbeiten macht. Oft hinterlassen Anleitungen zum Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten den Eindruck, wissenschaftliches Arbeiten sei auf formal korrektes Zitieren li|37|mitiert. Dem will dieses Buch entgegenwirken und aufzeigen, dass sich die wissenschaftliche Bearbeitung einer Thematik viel mehr in einer bestimmten Art des Denkens zeigt.

1

Ein heute weitverbreitetes Verständnis von Wissenschaft versteht die Falsifizierbarkeit als zentrales Kriterium von Wissenschaft: Der von Karl R. Popper (1934/1973) begründete „Kritische Rationalismus“ geht davon aus, dass sich die Wissenschaft vor allem dann weiterentwickelt, wenn bestehende Erkenntnisse falsifiziert werden. Erst wenn scheinbare oder vorläufige Gewissheiten widerlegt werden, entstehen neue, weiterreichende Erkenntnisse.

2

Die Unterscheidung zwischen Grundlagen- und Anwendungsforschung ist problematisch und umstritten. Eine klare Unterscheidung ist häufig nicht möglich. Tendenziell interessiert sich Grundlagenforschung eher für theoretische Probleme, leitet ihre Fragestellung aus Theorien ab und strebt einen Beitrag zur weiteren Entwicklung von Theorien an; z. B.: „Ist die Intelligenz ein einziger Faktor, der bei den einzelnen Menschen mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann, oder handelt es sich um mehrere ‚Teilintelligenzen‘ (wie z. B. räumliche Intelligenz, sprachliche Intelligenz), die bei einem Menschen ganz unterschiedlich ausgeprägt sein können?“ Demgegenüber interessiert sich Anwendungsforschung – auch „angewandte Forschung“ genannt – eher für Interventions- und Veränderungswissen, also für Erkenntnisse, die zur Bewältigung anstehender Herausforderungen beitragen; z. B.: „Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit das Erlernen einer Fremdsprache in den regulären Schulfächern (z. B. Mathematik, Sport, Geschichte) gefördert werden kann (sogenannter Immersionsunterricht)?“

3

Als Spezialfall von analytischen Fragestellungen werden hier auch hermeneutische Zugänge mit gemeint. Dabei geht es vor allem um die Auslegung und Interpretation von vorliegenden Texten (vgl. dazu Kapitel 3.3).

4

Was eine gute Arbeit auszeichnet, wird in diesem Buch am Ende jedes Kapitels in der Zusammenfassung anhand von einigen Qualitätskriterien aufgezeigt.

1.7  Literatur

Verwendete Literatur

Altrichter, H. & Posch, P. (2018). Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsevaluation durch Aktionsforschung (5., grundl. überarb. Aufl.). Bad Heilbrunn: Klinkhardt. Crossref

Beller, S. (2016). Empirisch forschen lernen. Konzepte, Methoden, Fallbeispiele, Tipps (3., überarb. & erw. Aufl.). Bern: Verlag Hans Huber.

Bohl, T. (2008). Wissenschaftliches Arbeiten im Studium der Pädagogik. Arbeitsprozess, Referate, Hausarbeiten, mündliche Prüfungen und mehr … (3., überarbeitete Aufl.). Weinheim: Beltz.

Fromm, M. & Paschelke, S. (2017). Wissenschaftliches Denken und Arbeiten. Eine Einführung und Anleitung für pädagogische Studiengänge (2., aktual. Aufl.). Münster: Waxmann.

Popper, K. R. (1934/1973). Logik der Forschung (5. Aufl., Nachdruck der 4., verb. Aufl.). Tübingen: Mohr.

|39|2  Wissenschaftliches Recherchieren

„Wissenschaftler lassen sich gerne vor dem Hintergrund eines Büchergestells fotografieren. Bücher symbolisieren wie kaum ein anderer Gegenstand die wissenschaftliche Tätigkeit. Nicht ganz zu Unrecht.“

Alexander Hunziker

2.1  Einleitung

Jede Auseinandersetzung mit einem Thema beginnt mit einer Frage, mit einem Problem, einer Irritation oder mit Neugier, etwas Neues oder Unbekanntes zu erkunden. Die erste Annäherung an ein Thema geschieht deshalb meist in Alltagssprache, ohne Bezug zu ausformulierten Theorien oder vorliegenden Forschungsbefunden.

Im Rahmen von wissenschaftlichen Arbeiten ist es aber unverzichtbar zu erkunden, was zum gewählten Thema schon bekannt ist. Es geht darum, den Stand der Forschung kennenzulernen: Welche Fragestellungen sind unbestritten und gelten als beantwortet, welche sind trotz aller Bemühungen noch offen, bei welchen streitet sich die Wissenschaft mit je unterschiedlichen Antworten? Den Stand der Forschung kennenzulernen, kann für Anfängerinnen und Anfänger in einer Thematik gleichzeitig anspruchsvoll und spannend sein. Häufig sind Studierende zu Beginn einer Studienarbeit mit dem Stand der Forschung noch wenig vertraut. Es lohnt sich deshalb, gut zu erkunden, zu welchen Fragen bereits Antworten gesucht oder gar gefunden wurden, und welche Fragen noch gar nicht gestellt oder mindestens noch nicht beantwortet sind. Deshalb beginnt jede wissenschaftliche Arbeit mit einer Recherche.

Wenn Sie zu Ihrem Problem eine passende alltagssprachliche Frage formuliert haben, verfügen Sie über eine gute Grundlage, eine gezielte Literaturrecherche |40|vorzunehmen. Das Literaturstudium hilft Ihnen, das Problemfeld einzugrenzen, zu strukturieren, die Fragestellung zu präzisieren und die für die Lösung des Problems zweckmäßigen Theorien und den aktuellen Stand der Forschung zu identifizieren und zu verstehen.

Schule „Obertor“ setzt sich im Hinblick auf das neue Schulprogramm mit dem Thema „Schulqualität“ auseinander und will die Qualität ihrer Schule evaluieren. Beim Entwickeln von Fragebögen zur Schulqualität haben sich nun aber verschiedene Fragen ergeben. So war plötzlich nicht mehr klar, was Schulqualität genau ist: ruhige Schüler, reibungslose Organisation, erledigte Hausaufgaben, wenig Absenzen, eine gelungene Theateraufführung, zufriedene Eltern oder gute Übertrittsquoten in weiterführende Schulen? Zur Klärung dieser Fragen setzt die Schulleitung eine Arbeitsgruppe „Schulqualität“ ein, die in Untergruppen der Frage nachgeht, was man eigentlich über Schulqualität bereits weiß. Außerdem sollen weitere Fragen geklärt werden, die sich bisher ergeben haben: Wie verhalten |41|sich Begriffe wie „Unterrichtsqualität“, „Qualitätsmanagement“ oder „Schulentwicklung“ zur Schulqualität? Was hat man früher unter einer guten Schule verstanden? Schule Obertor sucht Fachliteratur, um diese Fragen zu beantworten.

Bedeutung des Themas

Wissenschaftliches Arbeiten beginnt meist mit einer Recherche zum jeweiligen Thema. Eine solche Recherche dient dazu, den aktuellen Forschungsstand zu erkunden und die entsprechenden Theorien kennenzulernen. Es ist ein zentrales Prinzip des wissenschaftlichen Arbeitens, auf bestehenden Erkenntnissen aufzubauen und diese weiterzuführen. Deshalb ist sorgfältiges Recherchieren sehr wichtig. Die Relevanz und der Gehalt der benutzten Quellen machen die Qualität des theoretischen Fundamentes aus, auf dem Sie später die eigene Argumentation aufbauen. Es ist nicht vermessen zu behaupten, dass ohne gute Literaturrecherche keine gute wissenschaftliche Arbeit geschrieben werden kann. Kenntnisse über Recherchemethoden dienen Lehrpersonen aber auch im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung.

Neben der Auseinandersetzung mit dem Stand der Forschung ermöglicht Ihnen das Recherchieren auch, sich Fachbegriffe und einschlägige Konzepte als „gedankliche Instrumente“ (Hunziker, 2020, S. 53) anzueignen. Begriffe und Konzepte sind für wissenschaftliches Arbeiten zentral, weil sie eigene Gedanken strukturieren und die Welt in Dinge teilen, die zu einem Begriff gehören, und in solche, die eben nicht dazugehören. Begriffe und Konzepte sind deshalb Werkzeuge, welche die eigene Wahrnehmung und die eigene Arbeit in einer Thematik maßgeblich steuern (ebd.). Theorien, Modelle und einschlägige Forschung dazu kennenzulernen, ist deshalb ein wesentliches Ziel der Literaturrecherche.

Informationskompetenz als Fähigkeit, zielgerichtet und effizient mit einer Vielfalt an Informationen umzugehen und für sich Relevantes zu identifizieren und zu nutzen, ist grundsätzlich als Schlüsselkompetenz zu verstehen, die Sie nicht nur beim wissenschaftlichen Arbeiten nutzen können. Informationskompetenz ist in modernen Gesellschaften grundsätzlich eine zentrale Fähigkeit und für lebenslanges Lernen fundamental. Dazu gehören die Fähigkeiten, den Informationsbedarf zu erkennen, passende Suchstrategien zu entwickeln, geeignete Informationsquellen zu kennen und zu nutzen, sich entsprechende Informationen zu beschaffen und diese schließlich zu evaluieren und zu verarbeiten.

|42|Wichtige Begriffe

Recherche

Gezieltes Suchen nach Informationen

Schneeballprinzip

Grundlegende Recherchestrategie, bei der im Literaturverzeichnis einer aktuellen relevanten Publikation nach weiteren interessanten Quellen und daraufhin in den Literaturverzeichnissen dieser Quellen wiederum nach weiterer Literatur gesucht wird

Monografie

Eigenständige Abhandlung einer Thematik in Buchform von einem Autor, einer Autorin oder einer kleinen Gruppe von Autorinnen und Autoren, die gemeinsam für das ganze Buch verantwortlich zeichnen

Herausgeberwerk

Sammelband, in welchem Beiträge von verschiedenen Autorinnen und Autoren enthalten sind

Scientific community

Gemeinschaft aller Forschenden in einem Themengebiet

Peer-Review-Verfahren

Verfahren, bei dem anerkannte Expertinnen und Experten eines Fachgebietes die Qualität eines wissenschaftlichen Beitrags vor der Publikation beurteilen

Suchmaschine

Programm zur Suche von Inhalten oder Dokumenten. Suchmaschinen für das Internet suchen das World Wide Web nach Informationen ab

Webkatalog

Von Menschen zusammengestellte Listen zu bestimmten Schlagwörtern. Die Suche in Webkatalogen berücksichtigt ausschließlich ausgewählte und vorsortierte Inhalte

Fernleihe

Möglichkeit, sich eine in der lokalen Mediothek nicht verfügbare Quelle aus einer anderen Bibliothek zuschicken zu lassen

|43|Plagiat

Übernahme von ganzen Abschnitten oder zentralen Gedankengängen aus Quellen, ohne den Ursprung offenzulegen; Plagiate sind Diebstahl geistigen Eigentums und können juristische Konsequenzen haben

Was Sie erwartet

Zu Beginn finden Sie in Kapitel 2.2 einige allgemeine Hinweise zum Recherchieren. Dabei wird eine besonders einfache und effiziente Suchstrategie vorgestellt, die einen idealen Einstieg in die Literaturrecherche ermöglicht: das Schneeballprinzip. Zudem finden Sie einige Hinweise zum Umgang mit gefundenen Quellen, die späteren Ärger vermeiden helfen. Ein systematisches Vorgehen beim Recherchieren in vier Schritten wird in Kapitel 2.3 beschrieben: Dieses Vorgehen zielt darauf, die Suche nach Informationen so zu strukturieren, dass Sie aus der unüberschaubaren Menge an verfügbaren Quellen nicht nur zufällig einzelne Quellen herauspicken, sondern dass Sie die Auswahl wohlüberlegt und begründbar treffen. Dazu gehört erstens die Vorbereitung der Suche, bei der das gesuchte Thema eingegrenzt und genauer bestimmt wird (Kap. 2.3.1), zweitens die Frage nach den geeigneten Suchmaschinen oder Suchorten (Kap. 2.3.2), drittens die Durchführung der Suche mit einer gezielten Sichtung und Modifizierung der ersten Treffer (Kap. 2.3.3) sowie viertens eine eigentliche Evaluation der Suchergebnisse anhand bestimmter Kriterien (Kap. 2.3.4).

Da dem Internet beim Recherchieren ein entscheidender Stellenwert zukommt, thematisiert das Kapitel 2.4 anschließend einige Chancen und Risiken bei der Nutzung von Suchmaschinen und Webkatalogen. Es stellt nützliche Webseiten speziell für das Recherchieren im Bereich pädagogischer Fragestellungen vor und beschreibt Suchbefehle, die Ihnen in den meisten Suchmaschinen und Webkatalogen die Recherche effizienter zu gestalten helfen. In Kapitel 2.5 finden Sie schließlich einige Hinweise für die Recherche in elektronischen Bibliothekskatalogen.

Ziele: Was Sie lernen sollen

Nach der Bearbeitung dieses Kapitels können Sie …

wissenschaftliche Quellen in Bibliotheken und im Internet gezielt aufspüren,

bei Bedarf die Suche systematisch ausweiten oder einengen,

die gefundenen Quellen sichten und die Glaubwürdigkeit der Resultate einschätzen.

|44|2.2  Allgemeine Hinweise zum Recherchieren

Bei der Suche nach Informationen ist das Internet zu einer wichtigen Quelle geworden. Das Anwählen einer Suchmaschine im Internet ist deshalb ein häufig genutzter und bequemer Einstieg zur Informationsbeschaffung. Doch die unüberschaubare Menge an Informationen, die gar nicht verarbeitbar ist und deren Qualität und Verlässlichkeit oft unklar sind, verleitet zu einer wenig systematischen und etwas zufälligen Auswahl von Informationen. Allerdings ermöglicht erst ein systematisches Recherchieren gut fundierte wissenschaftliche Arbeiten. Dafür ist es unabdingbar, vor der eigentlichen Recherche die Suche gezielt vorzubereiten.

Um sich einen ersten Überblick über ein noch wenig bekanntes Thema zu verschaffen, kann auch ein Besuch in einer Mediothek oder in Bibliotheken hilfreich sein. Dort gibt es verschiedene Hilfsmittel wie Übersichtstafeln oder verschiedene Computerdatenbanken. In Bibliotheken sind auch meist Personen verfügbar, die Ihnen bei Bedarf bei der Bedienung von Datenbanken Unterstützung bieten.

Eine systematische Recherche für eine wissenschaftliche Arbeit beansprucht in jedem Fall viel Zeit. Es gehört dazu, erste gefundene Quellen zu sichten, auf ihre Brauchbarkeit hin auszuwerten und die Suchstrategien anzupassen. Zudem sind vielleicht wichtige Quellen gerade ausgeliehen und es dauert einige Wochen, bis diese wieder verfügbar werden. Oft wird dieser Aufwand unterschätzt und die Zeit für das Recherchieren zu knapp eingeschätzt. Unter Zeitdruck jedoch lassen sich selten relevante, aktuelle und aussagekräftige Quellen finden.

2.2.1  Schneeballprinzip

Sehr geeignet für einen Einstieg in die Literatursuche ist das Schneeballprinzip: Sie suchen zuerst ein möglichst aktuelles, allgemeines, einführendes Buch zu Ihrem Thema. Im Literaturverzeichnis am Ende dieses Buches finden Sie dann eine ganze Liste verwandter Literatur, um auch in diesen Büchern, Zeitschriftenbeiträgen und anderen Quellen wiederum das Literaturverzeichnis nach weiterer Literatur zu durchforsten. So fahren Sie immer weiter, bis genügend aussagekräftige Literatur gefunden wurde. Mit diesem Vorgehen wird auch rasch ersichtlich, welche Quellen als Schlüsselbeiträge gelten. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn in den verschiedenen Quellen immer wieder auf die gleichen Quellen verwiesen wird. Zu einer gut abgestützten Arbeit gehört es, solche Schlüsselbeiträge und die entsprechenden Autoren und Autorinnen in der eigenen Arbeit zu berücksichtigen, weil sie den Diskurs zu einer Thematik prägen.

|45|Besonders geeignet für einen ersten Überblick und für ausführliche und gut ausgewählte Literaturverzeichnisse sind Handbücher oder fachspezifische Nachschlagewerke, wie sie in praktisch allen Hochschulbibliotheken verfügbar sind. In solchen Handbüchern geben Expertinnen und Experten einen Überblick über Themengebiete und weisen darin die relevanten theoretischen und empirischen Quellen aus.

2.2.2  Umgang mit Quellen

Haben Sie Literatur gefunden, so reicht es nicht, wenn Sie die interessantesten Seiten aus dem Buch herauskopieren. Sie müssen zwingend auch alle Angaben zum Buch (Erscheinungsjahr, Autor, Titel, Verlag, Erscheinungsort usw.) notieren oder aus dem Buch herauskopieren. Die entsprechenden Angaben sind meist auf den ersten Seiten zu finden. Nur so ist das Buch später in wissenschaftlichen Arbeiten zitierfähig. Und nur so schützen Sie sich vor ungewollten Plagiaten. Das genaue Festhalten aller Angaben schützt Sie davor, Einsichten und Ideen aus benutzten Quellen später (ungewollt) als eigene Einsichten darzustellen.