Würden die Theologen sich bitte setzen - David Bercot - E-Book

Würden die Theologen sich bitte setzen E-Book

David Bercot

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Beschreibung

Als das Christentum noch jung war, lag der Schwerpunkt auf Jesus Christus und seinem Reich - nicht auf der Theologie. Sicherlich gibt es grundlegende Lehren, die Christen schon immer als wesentlich für den Glauben angesehen haben. Aber irgendwie sind die Dinge, die als wesentlich angesehen werden, von ein paar Sätzen zu einer langen Liste von theologischen Lehren angewachsen, von denen viele den frühen Christen unbekannt waren. Am Anfang begriffen die Christen, dass das Wesen des Christentums eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung zu Jesus Christus ist. Dies war nicht irgendeine Beziehung, sondern eine Beziehung, die echte Früchte des Königreiches Gottes hervorbrachte. Doch dann geschah etwas: Theologen übernahmen die Kirche Gottes. Als sie die Macht übernahmen, verlagerte sich der Schwerpunkt von göttlicher Frucht auf »orthodoxe« (rechtgläubige) Theologie. Das Christentum wurde zum Lehrtum. In diesem provokanten Werk belegt Bercot anhand vieler konkreter Fallbeispiele, wie weit Geschichtsfälschung, falsche Lehren und Desinformation im Christentum verbreitet sind und welche Rolle Theologen, Reformatoren und deren Bibelkommentare dabei spielen. David Bercot liefert im Zuge dessen einen kurzweiligen, differenzierten Crashkurs in Kirchengeschichte ab und kommt zu dem Schluss, dass es an der Zeit ist, Jesus Christus endlich wieder durch die Texte der vier biblischen Evangelien sprechen zu lassen, ohne Seine Lehren durch die Leugnungen und die geistige Gymnastik der Theologen zu filtern. Es ist an der Zeit, dass die Kinder des Königreiches Gottes für Christus und das von Ihm gepredigte Evangelium eintreten - und dass die Theologen sich bitte setzen.

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Häufig zitierte Quellen:

Wenn nicht anders angegeben, kommen alle Bibelzitate aus der SCH2000. Bibeltext der Schlachter. Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft. Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.

LXX Deutsch bezeichnet die Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung, hg. v. Wolfgang Kraus und Martin Karrer, © 2008 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

BKV bezeichnet die Bibliothek der Kirchenväter im Internet allen frei zur Verfügung gestellt von der Universität Freiburg unter https://bkv.unifr.ch/ © 2022 Gregor Emmenegger

ANF bezeichnet die englischsprachige Bibliothek „Ante-Nicene Fathers“, ed. Alexander Roberts and James Donaldson, (Peabody, MA: Hendrickson Publishers, Inc.), erschienen als zehnbändige Buchreihe, digital auf CD-ROM und als PDF Download.

Inhaltsverzeichnis

1. „Lehrtum“ kontra Christentum

2. Die ersten Theologen

3. Der Sauerteig der Pharisäer

4. Wie Jesus die Theologen stürzte

5. Das Königreich der Kinder

6. Aber war Paulus nicht ein Theologe?

7. Die nächste Generation nach den Aposteln

8. Der Aufstieg der Theologen

9. Der erste theologische Schlagabtausch

10. DER Wendepunkt der christlichen Geschichte

11. Wenn Theologen regieren

12. Was geschah, während die Theologen stritten

13. Was sonst noch geschah wegen Nizäa

14. Das Problem mit dem Lehrtum

15. Luther: Theologe im Schafspelz

16. Wie sich die Theologen verschanzten

17. Kommentare, die Gottes Wort vernebeln

18. Lernen, sich gegen theologische Tyrannen zu wehren

19. Entlarvung der Blindheit der Theologen

20. Geschichtsfälschung

21. Wenn Fiktion als Fakt präsentiert wird

22. Männer sprachen nicht mit Frauen. Und andere Lügen

23. Keine Ahnung vom historischen Christentum

24. Die Früchte der Theologen

25. Zu welcher Religion gehören

Sie

?

26. Über den Autor

27. Literaturempfehlungen

1. „Lehrtum“ kontra Christentum

Caspar Zacher1 zitterte vor Angst als er in Ketten in den Gerichtssaal geführt wurde. Er schaute sich im Saal nach mitfühlenden Gesichtern um, aber er sah keines. Stattdessen erblickte er eine Reihe seiner Feinde - Stadtbewohner, mit denen er sich gestritten hatte. Verzweifelt suchte er im Gesicht des Richters nach Anzeichen der Sympathie, aber alles, was er sah, war eine strenge Miene. Caspar war überzeugt, dass ihm der sichere Tod bevorstand.

Wir schreiben das Jahr 1562. Der Ort war die Stadt Waiblingen im Südwesten Deutschlands. Die Anklage: Ketzerei. Es handelte sich um ein Szenario, das sich in Europa seit mehr als tausend Jahren unzählige Male zugetragen hatte. Die meisten dieser Ketzerprozesse wurden von den römisch-katholischen Behörden geführt. Die Behörden jedoch, denen Caspar nun gegenüberstand, waren lutherisch. Die Zeiten hatten sich geändert, nicht aber das Wesen der Christenheit.

Caspar zitterte, als er an der Reihe war, vor den Richter zu treten. Die Anklage wurde verlesen. Er wurde der Ketzerei angeklagt, insbesondere der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die als „Wiedertäufer“ bekannt war. Als man ihn aufforderte, sich zu den Vorwürfen zu äußern, bestritt Caspar sie ausdrücklich.

„Ich bin ein guter Lutheraner“, beteuerte Caspar. „Ich habe nie etwas mit diesen schrecklichen Leuten zu tun gehabt!“

Der Staat trug dann systematisch seinen Fall gegen Caspar vor. Einer nach dem anderen Bürger trat in den Zeugenstand und sagte gegen Caspar aus. Mehrere Leute beschrieben ihn als einen neidischen Mann, der immer begehrte, was andere hatten. Nahezu alle sagten aus, dass Caspar äußerst streitsüchtig war und sich häufig mit anderen stritt und prügelte. Sie wiesen darauf hin, dass sie ihn oft in der Öffentlichkeit fluchen und schimpfen hörten. Einige Zeugen berichteten, dass er fast immer ein Messer oder ein Schwert bei sich trug, wenn er aus dem Haus ging. Die ganze Stadt hasste ihn.

Als die Zeugen ihre Aussagen beendet hatten, war Caspar sicher, dass er schuldig gesprochen werden würde. Er wusste, dass er den Wahrheitsgehalt der Zeugenaussagen nicht leugnen konnte. Der Richter sah Caspar direkt in die Augen, räusperte sich und begann zu sprechen:

„Nach Anhörung aller Beweise, die von den Zeugen der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurden, befindet dieses Gericht den Angeklagten Caspar Zacher für ... „

Caspar schluckte schwer und fürchtete sich vor dem nächsten Wort des Richters.

„... unschuldig.“

Caspar traute seinen Ohren kaum.

Der Richter begann mit seiner Urteilsbegründung: „Die Zeugen sagen übereinstimmend aus, dass du ein neidischer und streitsüchtiger Mensch bist. Du fluchst häufig in der Öffentlichkeit und gehst mit Waffen durch die Stadt. Du bist ein durch und durch unangenehmer Mensch, der zu Recht von seinen Mitbürgern gehasst wird. Aber zum Glück gehörst du offensichtlich nicht zu den verabscheuungswürdigen Ketzern, den Wiedertäufern. Denn das Leben, das du führst, ist genau das Gegenteil von dem, was diese führen. Sie würden dich niemals haben wollen. Du bist, wie du sagst, ein rechtgläubiger Christ.“ 2

Es war ein glücklicher Tag für Caspar Zacher, aber ein schwarzer Tag für die Christenheit. Ein Mann wurde von der Ketzerei freigesprochen, weil er ein gottloses Leben führte!

Was war nur aus der Kirche geworden, die Christus gegründet hatte, dass ein heiliges Leben mit Ketzerei und ein gottloses mit Rechtgläubigkeit gleichgesetzt wurde? In der Tat war viel mit der Kirche Christi geschehen - zumindest was den sichtbaren Leib der bekennenden Christen betrifft. Was geschehen war, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Das Christentum war zum „Lehrtum“ geworden.

Die Umwandlung des Christentums

Als das Christentum noch jung war, lag der Schwerpunkt auf Jesus Christus und Seinem Königreich - nicht auf der Theologie. Sicherlich gibt es grundlegende Lehren, die Christen schon immer als wesentlich für den Glauben angesehen haben. Aber irgendwie sind die Dinge, die als wesentlich angesehen wurden, von ein paar wenigen Sätzen zu einer langen Liste theologischer Lehren angewachsen, von denen viele den frühen Christen unbekannt waren.

Am Anfang verstanden die Christen, dass das Wesentliche des Christentums eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung zu Jesus Christus ist. Dies war nicht irgendeine Beziehung, sondern eine, die echte Früchte des Königreiches Gottes hervorbrachte. Das Christentum war ursprünglich vor allem eine Religion der Armen und Ungebildeten. Es gab keine Seminare und keine theologischen Schulen.

Doch dann geschah etwas: Die Theologen übernahmen die Kirche. Als die Theologen die Macht übernahmen, verlagerte sich der Schwerpunkt bald von der göttlichen Frucht auf die „orthodoxe“ (d.h. „rechtgläubige“) Theologie. Es dauerte nicht lange, bis ein gottgefälliges Leben die Menschen in den Verdacht brachte, Ketzer zu sein.

Interessanterweise bestand die Anweisung, die Jesus Seinen Nachfolgern am häufigsten gab, aus nur zwei Worten. Aber diese zwei Worte sollten die Welt auf den Kopf stellen: „Folge mir“ (besser übersetzt hieße es „folge mir nach“ aber dann wären es nicht mehr zwei Wörter wie im Englischen. Anm. des Übersetzers). Jesus stellte die theologische Klasse Seiner Zeit auf den Kopf und kündigte ein Königreich an, das von einfachen Menschen besser verstanden werden würde als von gelehrten Akademikern.

Als dagegen die christlichen Theologen im vierten Jahrhundert an die Macht kamen, verlagerte sich der Schwerpunkt von „folge mir nach“ auf „studiere mich“. Gelehrte Theologen beanspruchten plötzlich für sich, besondere Einsichten und ein besonderes Verständnis der Heiligen Schrift zu haben. Vom Rest der Kirche wurde erwartet, dass sie sich zurücklehnte und akzeptierte, was die Theologen ihr sagten, was die Heilige Schrift wirklich bedeutete. Es war nicht mehr wichtig, Früchte des Königreiches Gottes zu bringen. Das Wesentliche war ab sofort, sich den „richtigen“ Lehren anzuschließen.

Theologen gegen das Königreich Gottes

Zur Zeit Jesu waren es vor allem die religiösen Autoritäten, die sich dem Königreich Gottes3 entgegenstellten, und so ist es bis heute geblieben. Wenn ich in diesem Buch den Begriff Theologe verwende, beziehe ich mich auf die elitäre Klasse der Gelehrten und ihrer Jünger, die sich selbst als offizielle Ausleger der Heiligen Schrift aufgestellt haben. Ich kritisiere oder verurteile damit keineswegs Christen, die alles lernen wollen, was Gott uns über Sich selbst, Jesus Christus, die Menschheit, die Erlösung, das Leben nach dem Tod und eine ganze Reihe anderer geistlicher Themen offenbart hat. Meine Kritik richtet sich vielmehr gegen jene Elitisten, die für sich selbst das Recht beanspruchen, die Heilige Schrift auszulegen, es aber anderen verweigern. Sie richtet sich auch gegen die arroganten Akademiker und kirchlichen Autoritäten, die sich einbilden, sie würden das Neue Testament besser verstehen als die Christen, die zur Zeit der Apostel gelebt haben.

Seit sie an die Macht gekommen sind, haben solche Theologen gegen die wahren Kinder des Königreiches Gottes Krieg geführt. Viele Jahrhunderte lang haben diese Theologen mit Feuer und Schwert gegen sie gekämpft. Jetzt kämpfen sie mit Worten gegen die Königreich-Kinder .

In vielerlei Hinsicht war der Krieg der Worte jedoch effektiver als der Krieg mit Feuer und Schwert. Viele Königreich-Christen4 sind von den heutigen theologischen Tyrannen eingeschüchtert. Sie haben die Theologie ihrer früheren Verfolger vollständig übernommen. Sie haben Angst, zu predigen oder in der Sonntagsschule zu unterrichten, ohne die Kommentare, theologischen Lehrbücher und Studienbibeln der Theologen zu Rate zu ziehen - aus Angst, sie könnten etwas „Falsches“ sagen.

Infolgedessen zerstören die Theologen das Königreich-Christentum effektiv von innen heraus. In der Tat würde es mich nicht überraschen, wenn die heutigen Königreich-Christen innerhalb von ein oder zwei Generationen den Großteil der Lehre Jesu vom Königreich Gottes verlieren würden.

Aber das muss nicht so sein. Wir Christen des Königreiches Gottes können lernen, den heutigen theologischen Tyrannen die Stirn zu bieten. Doch um dies wirksam tun zu können, müssen wir zunächst verstehen, wie das Christentum in seinen Anfängen aussah und wie die Theologen an die Macht kamen. Wir müssen auch die Mittel verstehen, die Theologen heutzutage einsetzen, um das Zeugnis des Königreiches Gottes zu unterdrücken.

Wenn wir diese Dinge verstanden haben, ist es nicht schwer, die meisten Theologen als die geistlichen Schwindler zu entlarven, die sie oft sind.

1 Der Bericht über den Prozess gegen Caspar Zacher wurde vom Landvogt von Waiblingen in einem offiziellen Schreiben an Herzog Christoph vom 12. Juli 1562 festgehalten.

2 Das ist eine dramatisierte Erzählung einer wahren Geschichte, die durch Gerichtsakten bezeugt und aufgezeichnet wurde in „Quellen zur Geschichte der Wiedertäufer“, 1. Band Herzogtum Württemberg, ed. Gustav Bossert (Leipzig, 1930), 216 f.

3 Anmerkung des Übersetzers: die deutschsprachigen Bibeln schreiben statt „Königreich“ meist nur „Reich“, was aber nicht der eigentlichen Bedeutung entspricht. Denn Jesus wird als König wieder kommen um in Seinem Königreich zu herrschen. „Christus“ ist ein Königstitel und Er erhebt den Anspruch auf den Königsthron. Deswegen ist das englische Wort „kingdom“ präziser und die deutsche Übersetzung „Königreich“ die treffendere. Außerdem ist das Wort „Reich“ in Europa belastet durch Adolf Hitlers Wortwahl. Er nannte sich „Reichskanzler“, gründete eine „Reichskirche“, bestellte einen „Reichsbischof“ und bezeichnete seine Bürger als „Reichsbürger“. Auch der Begriff „Reichschristen“ ist der Nomenklatur der Nazis entnommen. Ich verwende in diesem Buch diese Begriffe daher bewusst nicht, sondern die historisch korrekteren und inhaltlich passenderen wie „Königreich“, „Königreich-Christen“, „Königreich-Jünger“, „Königreich-Kinder“ und dergleichen.

4 Mit dem Ausdruck „Königreich-Christen“ meine ich Christen, die sich auf die Lebensführung und Lehren Jesu konzentrieren und erkennen, dass Gottes Königreich in keiner Weise mit den Reichen dieser Welt verbunden ist. Solche Christen erkennen, dass Gottes Königreich eine gegenwärtige Realität ist, und sie erkennen, dass das Wesen des Christentums eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung zu Jesus Christus ist. Obwohl in dieser Welt lebend, leben Königreich-Christen als Bürger des Königreiches Christi.

2. Die ersten Theologen

Als Gott die Israeliten als Sein besonderes Volk auserwählte, gab Er ihnen das Gesetz Moses, das zusammen mit der Genesis5 den Anfang der Heiligen Schrift bildet. Nach dem Tod von Mose sagte Gott zu Josua:

Und das Buch dieses Gesetzes soll nicht aus deinem Mund weichen und du sollst dich Tag und Nacht in ihm üben, damit du verständig bist, alles Geschriebene zu tun; dann wirst du auf gutem Weg geführt werden und wirst deine Wege gut machen und dann wirst du verständig sein. (Josua 1,8 LXX Deutsch)

Obwohl die meisten Israeliten kein Exemplar der Heiligen Schrift in ihrem persönlichen Besitz hatten, bestand eine Aufgabe der Priester und Leviten darin, dem Volk die Heilige Schrift vorzulesen, damit es mit ihr vertraut war. 6

Gott hat den Priestern und Leviten jedoch nie gesagt, dass es ihre Aufgabe oder ihr Platz sei, die Heilige Schrift auszulegen. Gott richtete keine theologische Hierarchie ein, um die Heilige Schrift für das Volk auszulegen, und Er richtete auch keine Seminare oder göttlichen Schulen ein, um spezielle Lehrer oder Theologen in der „richtigen Bedeutung“ des Gesetzes auszubilden. Vielmehr sandte Gott fortwährend über die Jahrhunderte hinweg Propheten, um die Israeliten zu ermahnen und zu warnen, wenn sie von Gottes Wegen abwichen. Aber die Propheten waren keine Theologen, und Gott hat die Propheten nie als eine hierarchische Klasse eingesetzt.

Weil die Israeliten wiederholt nicht auf die Anweisungen Gottes hörten, erlaubte Er schließlich den Assyrern und Babyloniern, sie aus dem Land Israel zu vertreiben, sie in Gefangenschaft zu führen, und ihren Tempel zu zerstören. Jahrzehnte später kehrte ein kleiner Rest der Israeliten aus Babylon in das gelobte Land zurück und baute den Tempel in Jerusalem wieder auf. Der Zeitraum vom Wiederaufbau des Tempels bis zu seiner zweiten Zerstörung im Jahr 70 n. Chr. durch die Römer wird oft als die Zeit des Zweiten Tempels bezeichnet.

Während der Zeit des Zweiten Tempels begannen die Juden überall Synagogen zu errichten. Dies waren Versammlungsorte, an denen sich die Juden zum Gebet und zum Lesen der Heiligen Schrift treffen konnten. Da die Juden zu dieser Zeit über weite Teile des Mittelmeerraums verstreut lebten, konnten sie auf diese Weise sowohl ihre Identität als auch das Gesetz Moses bewahren, auch wenn viele von ihnen weit weg vom Tempel in Jerusalem lebten.

In jener Zeit traten verschiedene religiöse Führer auf, die sicherstellen wollten, dass das jüdische Volk nie wieder gegen das Gesetz Moses verstoßen und in Gefangenschaft geraten würde. Zu diesen Führern gehörten die Sadduzäer (eine priesterliche Gruppe) und die Pharisäer (die im Allgemeinen keine Priester oder Leviten waren). Es gab auch gelehrte Männer, die man Schriftgelehrte nannte.

Obwohl diese Gruppen religiöser Führer mit guten Absichten begannen, entwickelten sie sich von einfachen Hirten und Lehrern zu einer elitären, hierarchischen Klasse, die über dem einfachen Volk stand. Sie wurden von der rechten Hand Gottes zu Gegnern Gottes. Sie wandelten sich von echten geistigen Führern der Juden zu geistigen Meistern, die das Volk tyrannisierten. Sie erleuchteten das Volk nicht mehr, sondern hielten es in Unwissenheit. Zur Zeit Jesu wurden diese religiösen Führer mit dem Titel Rabbi angesprochen, was wörtlich „mein Großer“ bedeutet.7

Diese elitäre Klasse von Theologen bediente sich zweier grundlegender Methoden, um die einfachen Juden einzuschüchtern und den Eindruck zu erwecken, dass nur die Theologen die Heilige Schrift richtig verstehen konnten. Diese beiden Mittel der Kontrolle waren

1. ihre sprachlichen Fähigkeiten - insbesondere ihre Kenntnisse des Hebräischen - und

2. ihr Status als offizielle Ausleger des Gesetzes.

Mit Sprachwissenschaft andere unterdrücken

Menschen mit Sprachkenntnissen können ihre Fähigkeiten zur Ehre Gottes und zum Nutzen Seines Volkes einsetzen. Sprachwissenschaftler können ihre Fähigkeiten aber auch dazu nutzen, sich selbst auf ein Podest zu stellen. Sie können ihr Wissen nutzen, um andere zu schikanieren, die nicht über solche Kenntnisse verfügen. Das ist genau das, was die jüdischen Theologen taten.

Zur Zeit Jesu konnten die meisten Juden das biblische Hebräisch nicht mehr fließend sprechen und verstehen.8Stattdessen war ihre Alltagssprache entweder Aramäisch oder Griechisch, je nachdem, wo sie lebten. Obwohl die meisten Menschen also kein Hebräisch mehr verstehen konnten, waren die Theologen dagegen, die Heilige Schrift in Sprachen zu übersetzen, die die Menschen verstehen konnten. Sie waren der Meinung, die Heilige Schrift sei zu heilig, um sie in andere Sprachen zu übersetzen. Die Heilige Schrift wurde auf Hebräisch geschrieben, und sie müsse Hebräisch bleiben! Deshalb gründeten die jüdischen Theologen Schulen, um zukünftige Theologen in der hebräischen Sprache auszubilden.

In den aramäischsprachigen Synagogen in Palästina, Babylon und anderen östlichen Ländern las ein ernannter Vorleser die Heilige Schrift auf Hebräisch vor. Während die Schrift gelesen wurde, erklärte ein Schreiber oder Synagogenvorsteher auf Aramäisch, was der Text bedeutete. Diese losen aramäischen Übersetzungen oder Paraphrasen wurden als Targume bezeichnet. Die Theologen verbaten jedoch, diese Targume aufzuschreiben. Folglich wurde keines dieser aramäischen Targume aufgeschrieben bis zur Zeit nach Christus. Als die Targume schließlich doch niedergeschrieben wurden, waren sie unter den einfachen Juden nicht weit verbreitet. Sie waren in erster Linie etwas für die Rabbiner zum Lesen und Studieren.

Daher waren die aramäisch sprechenden Juden in Bezug auf ihr Wissen über die Heilige Schrift fast vollständig von den jüdischen Theologen abhängig. Nur wenige gewöhnliche Juden hätten es gewagt, die Lehren der Schriftgelehrten und anderer Führer in Frage zu stellen, denn die Führer konnten immer sagen: „Nun, das Hebräische in diesem Abschnitt bedeutet dieses und jenes“, und der gewöhnliche Jude wäre nicht in der Lage gewesen, das zu bestreiten.

Glücklicherweise erging es den griechischsprachigen Juden besser - wenn auch nicht wegen der Theologen. Durch die Vorsehung Gottes lud Ptolemäus, der griechische Herrscher Ägyptens, im dritten Jahrhundert v. Chr. gelehrte Juden ein, nach Ägypten zu kommen um die hebräischen Schriften ins Griechische zu übersetzen. Er tat dies, weil er versuchte, eine Bibliothek zusammenzustellen, die die schriftliche Weisheit aller zivilisierten Völker der Erde enthielt. Durch Ptolemäus eröffnete Gott also einen Weg, die Theologen zu umgehen und die Heilige Schrift in einer Sprache verfügbar zu machen, die der größte Teil der Mittelmeerwelt verstehen konnte. Die griechische Übersetzung des Alten Testaments, die unter der Autorität von Ptolemäus entstand, ist heute als Septuaginta bekannt, was „siebzig“ bedeutet, weil siebzig Übersetzer an dem Projekt arbeiteten.

Bemerkenswert an der Septuaginta ist, dass sie nicht in das Literaturgriechisch der Klassiker übersetzt wurde. Stattdessen wurde sie ins Koiné-Griechisch übersetzt, also in das Griechisch, das die Menschen im Alltag sprachen. Das war zu jener Zeit ungewöhnlich, aber Gott wollte, dass die Heilige Schrift in der Sprache des einfachen Volkes verfasst wurde - und nicht in der Literatursprache der Eliten.

Auch wenn die Septuaginta die hellenischen Juden von den Sprachschikanen befreite, half sie ihren aramäisch sprechenden Mitjuden nicht. Überdies verfügten die jüdischen Theologen über ein weiteres Mittel, um die geistige Kontrolle sogar über Griechisch sprechende Juden aufrechtzuerhalten: ihren Status als die „offiziellen Ausleger“ des Gesetzes.

Die offiziellen Ausleger der Heiligen Schrift

Viele Gebote des Gesetzes sind in der Heiligen Schrift nicht bis ins Detail ausgeführt. Zum Beispiel heißt es im Gesetz:

Sechs Tage sollst du Arbeiten verrichten, am siebten Tag aber ist ein Ausruhen, heilig ist es, Sabbat, Ruhe für den Herrn; jeder, der an ihm eine Arbeit verrichtet, soll sterben. Ihr dürft in keinem eurer Häuser am Tag des Sabbats Feuer entzünden; ich bin der Herr!«

Exodus 35,2+3 LXX Deutsch

Aber Gott gab den Israeliten keine genaue Definition, was „Arbeit“ ist. Tatsächlich nannte Er nur ein Beispiel dafür, was Arbeit ist, nämlich das Entzünden eines Feuers. Offensichtlich galten auch andere Tätigkeiten als Arbeit. Jeder vernünftige Israelit wäre zu dem Schluss gekommen, dass, wenn das Entzünden eines Feuers Arbeit ist, es auch das Pflügen eines Feldes, das Ernten von Feldfrüchten oder der Verkauf von Waren ist.

Aber das ließ immer noch eine große Grauzone offen. Was ist mit einem Spaziergang? Einen Brief schreiben? Sich um eine verletzte Person kümmern? Ein Bad nehmen? Einen Stein werfen? Ist eines davon „Arbeit“? Vielleicht sind sie es alle, vielleicht aber auch keines von ihnen. Wer kann das sagen? Nun, die Theologen erklärten, sie könnten es sagen. Sie stützten ihre Autorität auf die fiktive Behauptung, dass zusätzlich zum schriftlichen Gesetz Moses auch ein mündliches Gesetz von Mose über die Jahrhunderte hinweg durch die Theologen überliefert worden war. Dieses mündliche Gesetz füllte angeblich die Lücken im schriftlichen Gesetz, und nur jene, die an den rabbinischen Schulen studierten, kannten jenes mündliche Gesetz.

Was wäre zum Beispiel, wenn jemand wissen wollte, ob das Werfen eines Steins am Sabbat als Arbeit gilt? Nun, die Theologen hatten die passende Antwort:

Wer einen Gegenstand bis zu einer Entfernung von vier Ellen auf den Boden wirft, hat den Sabbat gebrochen. Wenn er jedoch einen Gegenstand innerhalb von vier Ellen wirft und dieser über vier Ellen hinausrollt, hat er den Sabbat nicht verletzt. Wenn er aber einen Gegenstand über vier Ellen hinaus geworfen hat und er aber in die vier Ellen-Grenze zurück rollt, ist er strafbar. Wer hingegen einen Gegenstand vier Ellen weit ins Meer wirft, ist von der Verletzung des Sabbats befreit. Wenn der Gegenstand jedoch in seichtes Wasser geworfen wurde und ein öffentlicher Weg durch das Wasser führt, ist derjenige, der vier Ellen weit wirft, haftbar. Aber was ist das Maß für Flachwasser? „Seicht“ bedeutet, es ist weniger als zehn Handbreit tief. 9

Dank der Theologen konnte ein Jude also wissen, was Gott über das Werfen von Steinen am Sabbat denkt! Wie wäre es, am Sabbat etwas zu schreiben - oder auch nur mit einem Stift zu kritzeln? Nun, auch darauf hatten die Theologen eine Antwort parat:

Wer aus Versehen zwei Buchstaben des Alphabets in einem Zug schreibt, macht sich des Sabbatbruchs schuldig. Wenn er aber mit Blut, Wasser, Milch, Honig, Fruchtsaft, Straßenschmutz oder mit irgendetwas, das keine bleibenden Spuren hinterlässt, schreibt, ist er von einem Verstoß befreit. Ebenso hat er den Sabbat nicht verletzt, wenn er mit dem Handrücken, mit dem Fuß, mit dem Mund oder mit dem Ellbogen geschrieben hat. Wenn er einen Buchstaben des Alphabets neben einen Buchstaben schrieb, der bereits [vor dem Sabbat] geschrieben wurde, ist er schuldlos.10

Ich könnte noch lange so weitermachen. Das Nähen von zwei Stichen verletzt den Sabbat, ebenso wie das Schneiden der Fingernägel. Das Einrenken eines Knochens verstößt gegen den Sabbat, ebenso wie das Töten eines Flohs.

Obwohl diese Theologen sich einbildeten, dass sie Gottes Werk verrichteten, arbeiteten sie in Wirklichkeit gegen Ihn. Sie verdarben das Denken des jüdischen Volkes mit einem bösen Sauerteig. Aber was genau war dieser Sauerteig der Schriftgelehrten und Pharisäer, der Theologen ihrer Zeit?

5 Name des ersten Buches in der Bibel, auch „1.Mose“ genannt.

6 2. Chronik 17,9.

7 „Rabbi“ Wikipedia, The Free Encyclopedia. 19 Mar 2009, 08:42 UTC

8 Einige moderne Experten behaupten, dass Hebräisch zur Zeit Jesu weiter verbreitet war, als man früher glaubte, weil die unlängst entdeckten Schriften der Qumran-Gemeinschaft in hebräischer Sprache verfasst waren. Ich finde ihre Behauptung jedoch nicht überzeugend, denn die Mitglieder der Sekte von Qumran (die wahrscheinlich Essener waren) waren keine typischen Juden. In vielerlei Hinsicht waren die Sektierer von Qumran pharisäischer als die Pharisäer selbst. Es ist nicht verwunderlich, dass sie Hebräisch als „heilige Sprache“ beibehielten.

9 Shabbat 11:3. The Mishnah, trans. Jacob Neusner (New Haven: Yale University Press, 1988), 193.

10 Ebd.

3. Der Sauerteig der Pharisäer

Jesus warnte Seine Jünger: „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer“ (Matthäus 16,6). Die Pharisäer und Sadduzäer waren zwei führende Gruppen von jüdischen Theologen. Als Jesus den Begriff „Sauerteig“ in Bezug auf diese Theologen verwendete, bezog Er sich auf ihre Lehre. Es handelte sich jedoch nicht um eine bestimmte Lehre an sich, sondern um ihre gesamte Herangehensweise an die Lehre und die Auslegung des Gesetzes. Und ihre Herangehensweise an die Heilige Schrift war böse in Gottes Augen. Vier Hauptübel kennzeichneten ihren Umgang mit der Schrift:

Sie übersahen das große Gesamtbild dessen, was Gott den Menschen sagen wollte.

Sie fügten der Heiligen Schrift menschliche Lehren hinzu.

Sie verneinten auch einige Gebote Gottes.

Sie machten die Heilige Schrift zu etwas, das nur die Elite richtig lesen und auslegen konnte.

Das große Ganze übersehen

Die Theologen verfehlten das große Ganze, weil sie sich auf die Kleinigkeiten des Gesetzes konzentrierten, statt auf die wichtigeren Dinge: Liebe, Barmherzigkeit, Glaube, Gerechtigkeit und Vergebung. Jesus beschrieb die Theologen perfekt, als Er sie anprangerte und sagte:

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler, dass ihr die Minze und den Anis und den Kümmel verzehntet und das Wichtigere im Gesetz vernachlässigt, nämlich das Recht und das Erbarmen und den Glauben! Dieses sollte man tun und jenes nicht lassen. Ihr blinden Führer, die ihr die Mücke aussiebt, das Kamel aber verschluckt! (Matthäus 23,23+24)

Indem sie das Gesetz zu sehr analysierten, verfehlten die Theologen schließlich den ganzen Sinn und Geist des Gesetzes.

Hätte man die Schriftgelehrten und Pharisäer gefragt, welches die beiden größten Gebote sind, hätten die meisten von ihnen wahrscheinlich die richtige Antwort gegeben:

1) Gott mit ganzem Herzen, ganzer Seele und ganzem Verstand zu lieben und

2) den Nächsten wie sich selbst zu lieben.

Es wäre jedoch eine akademische Antwort gewesen, die Art von Antwort, mit der sie bei einer Prüfung eine „Eins“ bekommen hätten. Sie kannten die Antwort mehr in ihrem Kopf als in ihrem Herzen.

Leider hatten die Kleinigkeiten, mit deren Auslegung die Theologen ihre Zeit verbrachten, selten etwas mit Liebe zu tun. Sie stellten keine detaillierten Vorschriften darüber auf, was es bedeutet, seinen Nächsten zu lieben oder barmherzig zu sein. Vielmehr betrafen die meisten ihrer Vorschriften Dinge wie das Halten des Sabbats, die Bemessung von Schadenersatz bei Fehlverhalten, sowie die für eine gültige Ehe oder Scheidung erforderlichen Formalitäten, das Nasiräer-Gelübde, den Zehnten und die Feier des Passahfestes. Kurz gesagt, sie stellten sich vor, dass die Rituale, Zeremonien und heiligen Tage die wichtigsten Teile des Gesetzes waren.

Die meisten jüdischen Theologen waren in der Lage, viele der Prophezeiungen des Alten Testaments über den kommenden Messias richtig zu erkennen. Doch als der Messias schließlich kam, erkannten sie Ihn nicht. Am Ende töteten sie Ihn sogar. Sie hatten viel Wissen, aber wenig Verständnis. Sie konnten nie das große Ganze sehen. Doch Tausende von Juden, die nur wenig von den Feinheiten des Gesetzes verstanden, hatten keine Schwierigkeiten, Jesus als den Messias zu erkennen, als Er auftrat.

Was sucht Gott?

Ein Zweck des Gesetzes war es, die Juden auf Christus und Sein Königreich vorzubereiten. Aber welche Art von Menschen wollte Gott zur Vorbereitung Seines Königreiches haben? Menschen, die in eine gehorsame Liebes-Glaubens-Beziehung mit Ihm eingetreten waren und die Früchte einer solchen Beziehung trugen. Wie Micha es ausdrückte:

Ist dir angesagt, Mensch, was gut ist oder was der Herr von dir fordert? - nichts, außer Recht zu tun und Erbarmen zu lieben und bereit zu sein, mit dem Herrn, deinem Gott zu wandeln! (Micha 6,8 LXX Deutsch)

Aber die Theologen bildeten sich ein, dass Gott Menschen sucht, die ihren Kopf mit Wissen aus der Heiligen Schrift und der jüdischen Tradition vollgestopft haben. Sie erfanden einen Weg zu Gott, der keine göttlichen Früchte erforderte - nur Kopfwissen und eine sklavische Unterwerfung unter menschliche Traditionen. Sie dachten, Gott wolle Menschen, die es besser wüssten, als am Sabbat einen Stein in die falsche Richtung zu werfen. Sie bildeten sich ein, dass sie Gott und Sein Wort ehrten, indem sie sich weigerten, den göttlichen Namen JHWH auszusprechen (der im Deutschen gewöhnlich mit HERR, seltener mit Jahwe oder Jehova übersetzt wird). Sie dachten, sie würden Gottes Wort respektieren, indem sie Vorschriften und Rituale für den richtigen Umgang damit machten: wie viel Platz man beim Abschreiben des Gesetzes zwischen den einzelnen Buchstaben lassen sollte, wie hoch und breit die Schriftrollen sein sollten, welche Rituale man befolgen sollte, nachdem man die heiligen Schriftrollen berührt hatte, und wie man Schriftrollen vergraben sollte, wenn sie abgenutzt waren.

Aber das war es nicht, was Gott suchte. Er suchte nach Früchten, nach Früchten wie Barmherzigkeit und Liebe zu den Mitmenschen. Früchte wie Unterstützung und Ehre für die eigenen Eltern. Gott sagte zu den Israeliten:

»Fällt ein gerechtes Urteil, übt Mitleid und Erbarmen, jeder gegenüber seinem Bruder. Und eine Witwe und ein Waisenkind und einen Hinzugekommenen und einen Bedürftigen unterdrückt nicht! Und keiner von euch soll im Herzen seinem Bruder etwas Böses nachtragen.«

Sacharja 7,9-10 LXX Deutsch

Und weiter:

„Wer den Schwachen unterdrückt, der lästert seinen Schöpfer, wer Ihn aber ehren will, der erbarmt sich über den Armen.“ (Sprüche 14,31)

Der Schrift menschliche Lehren hinzufügen

Das Neue Testament beschreibt das Gesetz als eine Last (Apostelgeschichte 15,28). Es war schon beschwerlich genug, ohne dass neue Gebote hinzukamen. Hätten die Schriftgelehrten und Pharisäer das Herz und die Gedanken Gottes wirklich verstanden, hätten sie das erkannt. Aber, wie wir gesehen haben, konnten sie das große Ganze nicht sehen. Sie stellten sich vor, dass das, was Gott gefiel, ein sklavischer, penibler Gehorsam gegenüber selbst imaginären Details des Gesetzes war. Also fügten sie dem, was Gott gegeben hatte, zusätzliche Gesetze hinzu.

Nun ist es ein Unterschied, ob man neue Gebote aufstellt oder ob man lediglich eine vernünftige Anwendung der bestehenden biblischen Gebote findet. Schließlich war die alttestamentliche Gemeinde für die Durchsetzung des Gesetzes Moses verantwortlich. Es war also vernünftig, dass sie das Gesetz sinnvoll anwendeten. Am Sabbat nicht zu arbeiten, bedeutete offensichtlich mehr als nur kein Feuer zu entfachen (die einzige von Gott festgelegte Anwendung). Ein Mann, der am Sabbat sein Feld pflügt, konnte nicht behaupten, er sei unschuldig, nur weil Gott das Pflügen nicht ausdrücklich als Arbeit definiert hatte. Anwendungen wie diese folgen dem gesunden Menschenverstand.

Als aber die Theologen Dinge wie das Einrenken eines gebrochenen Knochens oder das Flachdrücken von Unebenheiten in einer Strohmatratze, bevor man sich darauf legt, in die Definition von Arbeit aufnahmen, bürdeten sie den Menschen sinnlose, schwere Lasten auf. Sie schufen praktisch neue Gesetze.

Aber es gab noch einen zweiten Weg, auf dem die Theologen neue Gesetze schufen. Wie ich bereits erwähnt habe, fügten die Theologen Gottes Gesetze hinzu, indem sie behaupteten, dass es ein „mündliches Gesetz“ gab, das von Mose über die verschiedenen Generationen von Schriftgelehrten durch die Jahrhunderte überliefert wurde. Und dieses mündliche Gesetz enthielt angeblich zusätzliche Gebote, die im schriftlichen Gesetz nicht enthalten waren. Zum Beispiel verlangten die Theologen verschiedene rituelle Waschungen, die nicht in der Schrift zu finden sind (vgl. Mt. 15,1+2). Die Wahrheit ist, dass es ein solches mündliches Gesetz nie gab. Es war einfach eine Erfindung der Theologen.

Die Verneinung der Gebote Gottes