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Werfen Sie einen ersten Blick in "Liebe mit zwei Unbekannten". Die XXL-Leseprobe zu Antoine Laurains Roman "Liebe mit zwei Unbekannten" enthält neben einer längeren Passage des Buches ein exklusives Interview mit dem Autor.
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Seitenzahl: 24
Antoine Laurain
Liebe mit zwei Unbekannten
XXL-Leseprobe
Aus dem Französischen von Claudia Kalscheuer
Atlantik
Als Laurent den Laden für seine Buchhandlung gekauft hatte, war der ein schlechtgehendes Café gewesen, Le Celtique, betrieben von einem älteren Ehepaar, das nur darauf wartete, in die Auvergne zurückzukehren, und für das Laurent zum unverhofften Retter wurde. Zu dem Café gehörte eine »Dienstwohnung« direkt darüber. Ein unleugbarer Vorzug, was die Entfernungen angeht, die ganz einfach verschwinden, der aber auch seine Kehrseite hat: Man lässt seinen Arbeitsplatz nie hinter sich.
Laurent ging um den kleinen Park herum, auf den Le Cahier Rouge, Das rote Heft, blickte, und bog in die Rue de la Pentille ein. Er hatte den letzten Roman von Frédéric Pichier unterm Arm, Mit dem Himmel als Gebälk. Der Autor würde in der nächsten Woche zu einer Signierstunde kommen, und Laurent wollte seine Randnotizen nachlesen, während er auf der Terrasse des Café de l’Espérance, das er bei seinen Morgenspaziergängen oft aufsuchte, einen doppelten Espresso trank. Das Buch erzählte vom Schicksal einer jungen Bäuerin im Ersten Weltkrieg. Es war der vierte Roman des Autors, der mit Tränen im Sand bekannt geworden war, der Geschichte eines Soldaten, der sich während der französischen Besetzung unter Napoleon in eine junge Ägypterin verliebt. Pichier hatte die Gabe, das Schicksal seiner Figuren mit den großen Momenten der Geschichte zu verbinden. Die Literaturkritiker wussten nicht recht, wie sie ihn einordnen sollten: War er einfach nur ein guter Geschichtenerzähler oder ein wahrer Schriftsteller? Die Frage war nicht entschieden. Jedenfalls verkaufte sich das Buch sehr gut, und die Signierstunde würde sicher großen Anklang finden. Während er weiterging, bekam er eine SMS von Maryse. Ihr Vorortszug war auf offener Strecke stehengeblieben, und sie würde es vielleicht nicht rechtzeitig zur Ladenöffnung schaffen. Halten Sie mich auf dem Laufenden, Maryse, antwortete Laurent, bevor er in die Rue Vivant Denon einbog. Bei der Hausnummer 6 blickte er hoch, um nachzuprüfen, ob seine Kundin Madame Merlier ihre Fensterläden geöffnet hatte. Die alte Dame, die eine begeisterte Leserin war und der verstorbenen Schauspielerin Marguerite Moreno erstaunlich ähnlich sah, stand immer sehr früh auf: »Wenn ich meine Fensterläden nicht geöffnet habe, Monsieur Letellier, dann heißt das, ich bin tot oder auf dem besten Wege dazu«, hatte sie eines Tages gemeint. Sie hatten vereinbart, dass Laurent die Notrufnummer wählen würde, wenn er die Läden geschlossen vorfände. Aber es war alles in Ordnung in Nummer 6, die Läden waren offen. Sie waren übrigens fast die einzigen – die Leute nutzten den Samstagmorgen, um auszuschlafen, und das Viertel war menschenleer. Er ging weiter in die Rue du Passe Musette. Das Café de l’Espérance