Zu den Sternen- Nur mit dir - Christine Stutz - E-Book

Zu den Sternen- Nur mit dir E-Book

Christine Stutz

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Beschreibung

Paula Moldurren hatte es nie leicht in ihrem Leben. Ihr Vater hasst sie, nur weil sie ein Mädchen ist. Ihren Zwillingsbruder Paulus dagegen, vergöttert der Mann. Seit ihrer Geburt nimmt Graf Moldurren keine Notiz von seiner starken, klugen und talentierten Tochter. Für ihn zählt nur der schwache und kränkliche Paulus. Seine Tochter dagegen wächst ungeachtet, im Verborgenen auf. Paulus soll die berühmte Ritter-Akademie besuchen. Ein Wunsch, dem Paula seit ihrer Kindheit nachjagt. Doch sie soll auf Befehl ihres Vaters in ein Kloster eintreten. Um ein für alle mal hinter dicken Mauern zu verschwinden. Paulus versagt und wird in der Akademie nicht aufgenommen. Das ist Paulas Chance. Sie nimmt der Platz ihres Bruders ein und besteht die Prüfung mit Bravour. Jetzt muss sie beweisen, dass sie das Zeug hat, ein guter Ritter zu werden. Und sie muss die Beste sein. Denn dann kann sie das berühmte Orakel treffen und sich einen Wunsch erfüllen lassen. Und dieser Wunsch steht seit Paulas Kindheit fest. Sie will ein Junge werden. Unbedingt. Damit ihr Vater auch auf sie stolz ist.

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Zu den Sternen- Nur mit dir

Zu den SternenEinführungVorwortProlog1 Kapitel2 Kapitel3 Kapitel4 Kapitel5 Kapitel6 Kapitel7 Kapitel8 Kapitel9 Kapitel10 Kapitel11 Kapitel12 Kapitel13 Kapitel14 Kapitel15 KapitelEpilogImpressum

Zu den Sternen

Nur mit dir

Einführung

Einführung

In einer Welt, ähnlich der unseren, läuft die Zeit anders. In dieser Welt ist man technisch viel weiter als bei uns. Der Mond wurde besiedelt und der Mars wird erkundigt. Die Menschheit ist bereit, Planet Erde zu verlassen und den Weltraum zu erobern.

Und doch gibt es auch noch große Vorurteile. Alt hergebracht, wie im Mittelalter. Es gibt Könige, Grafen und Ritter. Junge Kadetten, Mann oder Frau, werden zu Beschützern, Kundschaftern, Diplomaten oder Lehrern ausgebildet. Diese Ritter werden in einer Akademie ausgebildet. Die berühmteste ist die Akademie in der Hauptstadt. Wer dort einen Platz bekommt, ist besonders. Egal, ob Mann oder Frau. Wer es dort schafft, hat eine glänzende Zukunft vor sich.

Und doch gibt es die andere Seite. Etwas, dass sich seit Jahrhunderten nicht geändert hat. Denn trotz all dem Fortschritt hat der Vater in jeder Familie das Sagen. Er ist der absolute Herrscher. Der Mann kann bestimmen, was in seiner Familie geschieht. Sogar, welchen Partner seine Kinder zu heiraten haben. Oder welches seiner Kinder die Akademie besuchen darf. Der Mann ist der Patriarch und jeder muss ihm fügen. Frauen haben innerhalb der Familie eine untergeordnete Stellung. So besteht die Gesellschaft seit Jahrhunderten. Auch, wenn man an den Akademien versucht, einen Umbruch herbeizuführen, gibt es immer noch Männer, die an diesem Weltbild festhalten.

Vorwort

Vorwort

Mein Leben war schon immer anstrengend und ungerecht. Solange ich denken konnte, existierte ich für meinen Vater nicht. Oder nur, wenn ich großen Mist oder Ärger verursacht hatte. Ansonsten hatte Vater keine Tochter. Der mächtige Graf von Moldurren, reichster Mann des Reiches, hatte nur einen Sohn. Ein Erben, auf den er so stolz war. Meinem Zwillingsbruder Paulus.

Mich, das Mädchen, das auch noch die Frechheit besaß, vor dem Thronfolger geboren zu werden, existierte in seiner Welt nicht. Schon vom Tage meiner Geburt wurde mir eingebläut, dass ich gefälligst auf den Thron zu verzichten hätte. Denn auf den Luxus- Gut, dem pompösen Grafenstuhl, durfte nur ein Mann sitzen. Auf keinen Fall durfte eine Frau den Stuhl erben. Frauen waren schwach, verliebten sich schnell und ließen sich manipulieren. Frauen waren das Werkzeug von machtgierigen Männern. Waren Frauen verliebt, hörten sie auf zu denken. Das war gefährlich für unser Reich. Vater würde nicht zulassen, dass sein Reich durch ein Weib, wie er gerne sagte, zugrunde ging.

Gerne hätte mein Vater damals die Geschichtsschreibung unserer Geburt, meiner und Paulus, geändert. Doch glücklicherweise war die Königinmutter zugegen und vermerkte die Reihenfolge unserer Ankunft genaustens. Die Frau wurde meine Patin und kämpfte für meine Rechte. Deswegen wurde ich schon früh darauf gedrillt, den Thron an Paulus abzutreten. Nun, kaum konnte ich schreiben, legte Vater mir ein Papier vor, dass meinen Bruder den Grafenstuhl sicherte. Mir war das egal. Denn mir lag nichts an dem Geld und dem Vermögen. Alles was ich wollte, war ein einziges, stolzes Lächeln der Anerkennung von meinem Vater.

Solange ich denken konnte, wollte ich zu den königlichen Guardians. Eine Armee von Rittern. Männer und Frauen, die eine spezielle Ausbildung erhielten. Darauf getrimmt, das Königreich zu beschützen. Nur die besten, stärksten, schnellsten und klügsten Männer und Frauen wurden in diese Gruppe aufgenommen. Und nur ein Bruchteil davon schafften es, bis zum Ende durchzuhalten. In diese Gruppe wollte ich. Denn dort bekam ich hoffentlich das erste Mal in meinem Leben Anerkennung. Für mich und meine Leistung. Das wäre etwas ganz Neues für mich.

Entschlossen suchte ich meinen Bruder Paulus auf, Ich hatte für ihn auf den Thron verzichtet. Jetzt musste er mir helfen, meinem Traum zu erfüllen.

Prolog

Prolog

„Es ist vollbracht, Hoheit. Eure Kinder wurden geboren. Ihr seid Vater einer gesunden, starken Tochter und eines Sohnes, Herr. Die Königinmutter schickt nach euch. Euer Sohn ist etwas schwächlich und benötigt eine erfahrene Amme, sagte die Königin. Eure Thronerbin ist eine starke Persönlichkeit.“ Erklärte die Hebamme stolz. Der Graf sprang aus seinem Stuhl und sah die Hebamme verwundert an. „Was redest du da für einen Unsinn! Bist du betrunken? Was interessiert mich das Mädchen! Ich habe einen Sohn! Ich habe einen Thronfolger. Nur das zählt. Wer von euch blöden Weibern kommt auf die Idee, dass das Mädchen eine Rolle spielt.“ Schrie der massige Mann wütend. „Erzähl mir nicht, das Mädchen hat sich bei der Geburt vorgedrängelt und meinem Erben damit den Thron gestohlen. Das lasse ich nicht zu.“ Schrie der Graf aufgebracht weiter. „Seit Beginn des Grafenstuhls, saß immer ein Mann auf dem Thron. Das wird sich heute nicht ändern!“ schrie der Graf weiter. Der fast fünfzigjährige Mann erhob sich schwer und drückte sein leicht krummes Kreuz durch. Auf diesen Moment hatte er so lange warten müssen. Endlich war er nach all den Jahren Vater geworden und musste sich dann noch mit einem Mädchen herumärgern. Das würde er umgehend ändern, dachte er grimmig. „Zeigt mir meinen Sohn, Hebamme. Ich will ihn meinen Gefolgsleuten präsentieren. Sie müssen wissen, dass das Geschlecht der Moldurren weiterbestehen wird.“ Ordnete der Graf finster an. „Endlich ein würdiger Nachkomme. Mein Sohn wird mir Ehre machen.“ Sagte er stolz. Keine Frage nach dem Wohlbefinden seiner jungen Frau oder dem niedlichen Mädchen. Die beiden interessierten nicht.

Die alte, weise Hebamme hielt es für besser zu schweigen. Das hier war nicht ihr Ärger. Sollte die Mutter der Kinder und die alte Königin das mit dem Grafen ausmachen. Sie war nur eine einfache Frau des Volkes. Sie brauchte keinen Ärger. Stumm führte sie den Mann zum Geburtszimmer des Schlosses. Der Graf hatte sich nicht einmal nach dem Wohlbefinden seiner Gattin erkundigt, dachte sie bitter schluckend. Ihm war nur der schwächliche Knabe wichtig. Statt sich über die gesunde, kräftige Tochter zu freuen. Die Hebamme verbeugte sich als sie die Tür öffnete. Die Königinmutter stand mit dem Mädchen auf dem Arm, am Fenster. Lächelnd wandte sie sich herum als der Graf das Zimmer betrat. „Eure Thronerbin, Mathias. Ein wunderschönes Mädchen. Ihr könnt stolz darauf sein.“ Sagte die Frau sanft und hielt dem Mann das Baby entgegen. Doch der Graf schüttelte nur den Kopf und ging zum Bett. Dort lag seine geschwächte Frau und wiegte das andere Baby hin und her. Der kleine Junge weinte leise. „Was interessiert mich das Weib. Ich will nur den Knaben. Er wird meinen Thron erben. Nicht das Mädchen, Hoheit.“ Sagte er energisch und hob den kleinen Jungen auf. „Ich will, dass in den Büchern vermerkt wird, dass mein Sohn als erster geboren wurde.“ Forderte der Graf wütend. Dann wollte er mit dem Baby das Zimmer verlassen.

„Haltet ein, Graf! Das Buch wurde bereits beschrieben! Dort wurde vermerkt, dass eure Tochter die erste war und dass ihr der Grafenstuhl gebührt! Wahrheit muss Wahrheit bleiben. Oder wollte ihr euer eigenes Kind betrügen? Ist es nicht egal ob Junge oder Mädchen? Geht in euch und ändert eure Meinung, Graf. Wir leben nicht mehr im Mittelalter. Unser Volk ist weit fortschrittlich, was das angeht. Wir haben den Mond besiedelt und streben nach den Sternen. Doch eure Gesinnung ist aus dem finsteren Mittelalter.“ Sagte die Königinmutter streng. Verständnislos schluckte sie weitere, harte Worte herunter.

Doch Graf Mathias schüttelte nur seinen Kopf. Er konnte nicht schreien oder fluchen. Immerhin sprach er mit der Königinmutter. Das verlangte Respekt. Auch, wenn es ihm schwerfiel. „Ich interessiere mich nicht für das Mädchen. Es kann bei meiner Gattin bleiben und von ihr oder euch erzogen werden. Es ist mir egal. Ich werde mich des Knaben annehmen und einen würdigen Nachfolger aus ihn machen.“ Erklärte der Graf finster. Er griff nach der Tür. „Lasst mich mit dem kleinen Weib in Ruhe, Gattin. Habt ihr mich verstanden? Ich will es nicht bei mir haben. Oder ich werde das Kind weggeben. Es hätte nicht geboren werden dürfen.“ Sagte der Mann drohend. Mit Schwung warf er die Tür hinter sich zu.

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Sechs Jahre später

Behände kletterte ich den Baum hoch und erreichte schnell die schmale Hängebrücke. Ich war nicht einmal außer Atem. Jetzt hätte ich einfach rüber klettern können. Dann wieder runter, über den Hügel und ab ins Ziel. Doch ich zögerte. Denn hinter mir, auf halber Höhe des Baumes, hing mein Zwillingsbruder Paulus. Mein geliebter Bruder kam einfach nicht den Baum hoch. Immer wieder rutschte er ab. Paulus war so schwach. Er litt an Atemnot und Höhenangst. Und trotzdem musste er diesen Hindernislauf schaffen. Das war wichtig, um Vaters Respekt nicht zu verlieren. Wenigstens er hatte Vaters Anerkennung, dachte ich leicht bitter. Nach sechs Jahren des Schattendaseins im Schloss, sollte ich mich langsam daran gewöhnt haben, dachte ich. Paulus, Paulus und wieder Paulus. Immer und überall stand mein Bruder im Mittelpunkt. Niemand nahm von Paula Notiz. Paula, das war ich. Das Kind, das verflucht war, als Mädchen geboren zu werden. Unbeachtet und ohne Interesse des Vaters. Nur wenn ich wieder Mal für Ärger sorgte, nahm Vater Notiz von mir. Nur, um mich hart zu bestrafen. Baute mein Bruder Mist, lachte Vater darüber und tat es als typisch Junge ab.

Paulus hing immer noch am Baum fest. Er würde es nie schaffen, das wusste ich. Seufzend kletterte ich zurück, um ihm zu helfen. Glücklicherweise bildete Paulus sich nichts auf seinen besonderen Stand bei Vater ein. Ganz im Gegenteil, fürchtete er sich vor unseren Erzeuger und suchte oft Schutz und Hilfe bei mir. Damit ich ihm heimlich half, Vaters Erwartungen zu erfüllen. So war Paulus. So mutig und furchtlos ich war, so ängstlich und unsicher war mein Bruder. Es war als seien wir zwei Seiten einer Medaille. Dafür war mein Bruder ein sehr heller und kluger Kopf, dachte ich grinsend. Leider etwas, das unseren Vater nicht beeindruckte. Erwischte er Paulus mit einem Buch, nahm er es ihm fort und drückte eine Waffe in seine kleinen Hände.

Ich reichte Paulus meine Hand und lächelte ihn aufmunternd zu. „Komm schon. Lass es uns hinter uns bringen. Oder Vater lässt uns den Kurs so lange machen, bis du das Ziel erreichst.“ Sagte ich streng. Mit ganzer Kraft zog ich meinen Bruder zu mir auf den Baum. Paulus weinte schon wieder. Das tat er oft. „Ich hasse das alles hier, Paula. Warum merkt Vater das nicht.“ Sagte Paulus jammernd. Wütend, weil ich das ewige Genörgel schon nicht mehr hören konnte, lief ich über die Hängebrücke und kletterte wieder auf den Boden. Ab jetzt musste Paulus allein klarkommen. Ich konnte ihm doch nicht immer helfen. Doch sofort meldete sich mein schlechtes Gewissen. Mutters ermahnende Worte fielen mir wieder ein. Wir waren Geschwister und ich war die Ältere und stärkere. Ich musste mich um Paulus kümmern. Also wartete ich auf ihn und half ihm vom Baum, nachdem er endlich die Hängebrücke gemeistert hatte. Ich zerrte meinen Bruder hinter mir her. Hand in Hand liefen wir dann über den Hügel ins Ziel des langen Hindernislaufes. Dort würden wir endlich etwas zu Essen und Trinken bekommen. Dort wartete gespannt unser Vater darauf, dass wir das alles noch vor Sonnenuntergang schafften. Nun, Vater wartete nur auf Paulus. Ich existierte in Vaters Welt nicht, dachte ich wieder bitter.

Und richtig. Vater sprang auf als wir durch das Ziel liefen. Doch nicht ich wurde von ihm bejubelt, sondern mein Bruder. „Gut gemacht, Paulus. Sehr gut. Du hast es beim ersten Mal geschafft. Das ist wunderbar!“ rief der massige Mann stolz. Er kam mit einem Krug Wasser und hielt ihn meinem Bruder an die Lippen. Durstig trank Paulus und wollte mir den Krug reichen. Doch schon schlug Vater den Krug in den Sand und hob Paulus auf. Das Wasser versickerte in der Erde und ich blieb durstig zurück. Ungeachtet davon, trug Vater stolz sein „einziges“ Kind zu seinen Gefolgsleuten. Ich blieb allein zurück. Inmitten der vielen, fremden Menschen.

Einer der jüngeren Männer in schwarzer Kadettenuniform, hatte Mitleid und reichte mir sein Glas. Er sah zu, wie ich es weinend leerte. „Dein Vater ist so verblendet, Kind. Ich habe dich den ganzen Tag beobachtet. Ohne deinen Bruder wärst du schon vor Stunden hier gewesen. Noch wie sah ich ein Kind, egal ob Junge oder Mädchen, dass so stark und behände ist wie du. Wenn jemand das Zeug zum königlichen Ritter hat, dann du. Lass dir nie etwas anderes erzählen. Und höre nie auf, deinen Körper und deinen Geist zu trainieren.“ Sagte der Mann ernst. „Ich werde dich erwarten, wenn du alt genug für die Akademie bist. Enttäusche mich also nicht.“ Sagte er leise lachend. Dann ging er, bevor ich mich für seine netten Worte bedanken, oder seinen Namen erfahren konnte. Denn ich wurde abgelenkt. Vaters Stimme erscholl laut über dem Platz. „Mein Sohn ist eindeutig der Sieger. Ich habe genau gesehen, dass er als erster das Ziel erreicht hat! Wer etwas anderes behauptet, lügt!“ schrie Vater wütend. Anscheinend waren Unstimmigkeiten aufgetreten. Ich zuckte unter seinen Worten zusammen. Denn ich fürchtete Vaters Wut. Zu oft folgten solchen harten Worten eine schwere Strafe.

„Aber selbst ihr müsst doch gesehen haben, dass eure Tochter eindeutig die stärkere und schnellere war, Sir. Ihr habt da ein ganz besonderes Kind. Jeder der anderen Männer hier wäre stolz, das Mädchen sein Eigen Blut nennen zu dürfen.“ Sagte jetzt der junge Mann, der mir eben noch sein Glas reichte. Anscheinend kannte der Mann Vaters Einstellung zu dem Thema nicht, dachte ich mit meinen gerade Mal sechs Jahren verbittert. Es wäre besser, zu verschwinden, das wusste ich. Aus Vater Gesichtsfeld.

Trotzdem schlich ich mich neugierig zu der Männerrunde. Paulus saß verängstigt auf Vaters Schoss. Etwas, dass ich noch nie durfte. Mein Vater wurde noch lauter und sein Gesicht lief feuerrot an. „Ihr redet von einem Weibsbild, Sir Roland. Ihr seid noch sehr jung und unwissend, Sir. Welcher Mann, der etwas auf sich hält, ist stolz auf ein Mädchen. Weiber sind schwach und dumm. Sie verlieben sich, unterwerfen sich dem Manne und tragen unsere Erben aus. Zu mehr taugen sie nichts. Ich habe dem Mädchen nur erlaubt, heute hier mitzumachen, weil es das Gesetz verlangte. Jedes Kind muss diesen Hindernislauf absolvieren. Um seinen Wert in der Gesellschaft zu bestätigen. Aber damit ist jetzt Schluss. Das Mädchen wird meinem Sohn nie wieder das Leben erschweren. Das hat sie bereits seit der Geburt getan. Ab sofort wird das Mädchen auf ihre zukünftige Rolle erzogen.“ Schrie Vater außer sich vor Wut. Er sah sich nach Zustimmung heischend um. Keiner der Männer sah Vater an. Jeder dachte anscheinend anders darüber. Vater strich Paulus stolz über den Kopf und grinste teuflisch. „Ich habe beschlossen, dass das Mädchen mit zwanzig Jahren in ein Kloster geht. Sie wird Novizin werden. Sollen die Nonnen ihren sturen Kopf brechen. Ich werde sie so wenig wie möglich in die Nähe meines Thronfolgers lassen. Ihr unbändiges Wesen verdirbt Paulus Charakter.“ Sagte Vater dann zufrieden, den anderen Mann sprachlos gemacht zu haben.

„Ist das euer Ernst, Graf? Soll ich das der Königinmutter, der Patin eurer Tochter, berichten? Die Hoheit erwartet einen genauen Bericht von diesem Tag und ich werde sie nicht belügen. Wir leben im zweiundzwanzigsten Jahrhundert! Wir haben mutige und starke Ritterinnen hervorgebracht. Frauen, die unserem Land Ehre machen. Ohne Frauen gäbe es eure Kinder nicht. Es ist einer Frau zu verdanken, dass wir den Mond besiedeln. Denkt darüber nach. Entschuldigt mich jetzt, Graf. Ich habe eine lange Reise zum königlichen Schloss.“ Sagte der Mann einen Moment später. Anscheinend musste er seine Wut erst unterdrücken, überlegte ich. Der Mann verbeugte sich kurz und ging zu dem wartenden Hubschrauber. Der Mann würde jetzt direkt zur Akademie fliegen. Heimlich folgte ich ihm und sah zu, wie der Mann seine Taschen packte.

„Komm raus, Paula, Grafentochter. Ich habe dich bemerkt.“ Forderte mich der Mann leise lachend auf. Er wandte sich zu mir herum. Dann beugte er sich, um mir in die Augen sehen zu können. Er sah den Trotz und die Trauer in meinem Blick. „Lass dich von deinem dämlichen Vater nicht unterkriegen, Kind. Du bist das Beste, was ich seit langem erlebt habe. Übe und trainiere so oft du kannst. Geist und Körper, wie ich bereits sagte. Und lass dich nicht in ein Kloster sperren. Dein Vater ist ein Narr, wenn er dein Talent nicht bemerkt. Ich wette, ich werde dich irgendwann bei den königlichen Kadetten sehen. Du wirst ein prima Ritter werden. Und wer weiß, vielleicht hast du das Zeug und gewinnst. Dann hast du die Chance, das Orakel zu treffen und dir einen Wunsch erfüllen zu lassen.“ Der Fremde lachte leise. „Sag, was würdest du dir wünschen?“ fragte er nachdenklich. Seine grauen Augen, die mich so intensiv ansahen, faszinierten mich. Noch nie sah ich so eine Augenfarbe. Er wollte wissen, was ich mir wünschen würde. Ich drückte meine Schultern durch und schloss meine Augen. Denn darüber musste ich nicht nachdenken. Etwas, dass ich mir schon ewig wünschte. „Ich würde mir wünschen, ein Junge zu sein. Damit Vater mich endlich lieb hat.“ Sagte ich leise. Ich sah den Schock im Gesicht des großen Mannes. Diesmal lachte er nicht als er in den Hubschrauber stieg und davonflog.

1 Kapitel

1 Kapitel

Dreizehn Jahre später

Ich stoppte mein Pferd und sprang mit einem Satz aus dem Sattel. Auch wenn man sich heute nur noch mit Gleitern fortbewegte, so liebte ich das Reiten unwahrscheinlich. Ich mochte das Gefühl, von Stärke umgeben zu sein. Und mein Pferd gab mir das Gefühl. Ich hate die nördlichen Grenzen unserer Grafschaft abgeritten. Heute war das möglich. Denn Vater war mit Paulus in die Hautstadt geflogen. Um sich dort die berühmte Ritterakademie anzusehen. Wieder kamen mir die Tränen. Vater wollte Paulus dort anmelden. Aus Paulus sollte ein Ritter werden. Wie Generationen von Grafen vor ihm.

Ausgerechnet meinen Bruder, dachte ich bitter. Denn es hatte sich in all den Jahren nichts geändert. Paulus war immer noch so ängstlich und unsicher. Seine Furcht vor Vater war nur noch stärker geworden. Paulus wagte nicht, dem herrischen Mann zu widersprechen und ihm zu sagen, dass er nicht auf die Akademie wollte, dass er lieber studieren und Rechtswissenschaftler werden wollte.