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Sturmfluten sind die Geißeln des Menschen, gegen die er seit Jahrtausenden ankämpfen muss, um sein Land vor der Macht des Wassers zu schützen und muss doch immer wieder feststellen, dass die Natur stärker ist als der Mensch.
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Der Deichgraf
Er fand, dass ihm ein Schimmel gut zu Gesicht gestanden hätte. Aber das war heutzutage ja nicht mehr zeitgemäß, also kontrollierte er seinen Deichabschnitt auf dem Fahrrad, ganz abgesehen davon, dass die Hufe eines Pferdes, auf dem noch ein übergewichtiger Deichgraf für zusätzliches Gewicht sorgte, die sowieso schon beschädigte Deichkrone noch mehr in Gefahr brachte. Er strampelte also keuchend gegen den Sturm an, um zu prüfen, wie hoch der Wasserstand war und was ihnen eventuell bevorstand. Die See war unruhig und kabbelig, aber noch nicht beängstigend, fand er.
Morgen sollte ein grosses Sommerfest stattfinden, wo es gar nicht angebracht war, die Deichtore zu schliessen, die das Fest quasi ins Wasser fallen liessen, da die Besucher durch die geöffneten Tore zum Siel hinauswandern, die malerischen Krabbenfischerboote mit den hochgezogenen weit ausholenden Fangnetzen bewundern und sich mit Krabben, Fischbrötchen und allerlei sonstigen Leckereien versorgen sollten. Dafür standen dann noch Verkaufsstände bereit, die außerdem geräucherte Aale, köstliche Kartoffelpuffer, Bier und Kööm anboten und für die Kinder Eis am Stiel, gebrannte Mandeln, Zuckerwatte und Cola, Fanta oder Sprite. Nahe gelegene Restaurants mit Blick auf das Meer luden ein zu zünftigen Gerichten, Vorspeise mit Krabbensalat, Hauptgericht fangfrischer Fisch mit glänzenden Bratkartoffeln, Nachtisch Vanilleeis mit Rumrosinen und als Abschluß einen leckeren Pharisäer - Kaffe mit Rum und Sahnehäubchen -.
Es war an alles gedacht. Nur an das Wetter dachte keiner. Es ist Sommer und der Sturm wird sich so schnell wieder verziehen, wie er gekommen ist. Um diese Jahreszeit waren Sturmfluten äußerst selten.