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Chris Karlden

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Beschreibung

Manche Lügen werden mit dem Tod bestraft. Als Bestsellerautor Ole Sturm abends eine Veranstaltung verlässt, wird seine Vorfreude auf die hübsche Frau, die ihn zu einem Rendezvous auf seinem Hotelzimmer erwartet, jäh zerstört. Eine vermummte Gestalt springt aus der Dunkelheit und zwingt Sturm auf die Knie, um ihn anschließend erbarmungslos mit einem Samuraischwert zu enthaupten. Hauptkommissar Robert Bogner und sein Partner Adrian Speer von der Mordkommission für besonders grausame Gewaltverbrechen werden mit der Aufklärung des Falles betraut. Brisant: In einem von Sturms Thrillern köpft der Täter seine Opfer ebenfalls mit einem japanischen Schwert. Kurz darauf wird eine Autorin während einer Lesung mit einem Messer attackiert. Der Täter scheint Schriftsteller mit ihren eigenen Gewaltfantasien zu konfrontieren. Alle Bemühungen ihn zu überführen, enden in einer Sackgasse, bis Speer und Bogner ein Mordmotiv erkennen, das wesentlich schockierender und tiefgründiger ist als ursprünglich angenommen. Dabei ahnen sie nicht, wie viele Menschen noch auf der Todesliste stehen, für deren Rettung es bereits viel zu spät sein könnte.

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ZU TIEF GEFALLEN

THRILLER

CHRIS KARLDEN

INHALT

Über den Autor

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Nachwort

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ZU TIEF GEFALLEN

Copyright © 2021 by Chris Karlden

Alle Rechte vorbehalten

Chris Karlden

c/o COCENTER

Koppoldstr. 1

86551 Aichach

E-Mail: [email protected]

https://chriskarlden.de

Umschlaggestaltung: Artwize, https://cover.artwize.de/

unter Verwendung eines Fotos von Depositphotos.com

https://depositphotos.com/63242359/stock-photo-japanese-woman-with-katana.html - Urheberrecht: Dmyrto_Z

eines Fotos von images.unsplash.com

https://unsplash.com/photos/frGuFbVLJac

Urheberrecht: Keenan Constance

Lektorat: Philip Anton

Lektorat & Korrektorat: Heidemarie Rabe

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jedwede Verwendung des Werkes darf nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors erfolgen. Dies betrifft insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung.

Dies ist ein fiktiver Roman. Die Figuren und Ereignisse darin sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder tot, wäre zufällig und nicht beabsichtigt.

Für Lisa und Thomas

ÜBER DAS BUCH

Manche Lügen werden mit dem Tod bestraft.

Als Bestsellerautor Ole Sturm abends eine Veranstaltung verlässt, werden die vorweihnachtliche Stimmung und seine Vorfreude auf die hübsche Frau, die ihn zu einem Rendezvous auf seinem Hotelzimmer erwartet, jäh zerstört. Eine vermummte Gestalt springt aus der Dunkelheit und zwingt Sturm auf die Knie, um ihn anschließend erbarmungslos mit einem Samuraischwert zu enthaupten. Hauptkommissar Robert Bogner und sein Partner Adrian Speer von der Mordkommission für besonders grausame Gewaltverbrechen werden mit der Aufklärung des Falles betraut. Brisant: In einem von Sturms Thrillern köpft der Täter seine Opfer ebenfalls mit einem japanischen Schwert. Kurz darauf wird eine Autorin während einer Lesung mit einem Messer attackiert. Der Täter scheint Schriftsteller mit ihren eigenen Gewaltfantasien zu konfrontieren. Alle Bemühungen ihn zu überführen, enden in einer Sackgasse, bis Speer und Bogner ein Mordmotiv erkennen, das wesentlich schockierender und tiefgründiger ist als ursprünglich angenommen. Dabei ahnen sie nicht, wie viele Menschen noch auf der Todesliste stehen, für deren Rettung es bereits viel zu spät sein könnte.

ÜBER DEN AUTOR

Chris Karlden, geb. 1971, studierte Rechtswissenschaften und verfasste bereits während dieser Zeit Kurzgeschichten und Drehbücher. Nach seiner juristischen Ausbildung arbeitete er zunächst bei einem privaten Fernsehsender, für den er als Videojournalist tagesaktuelle Beiträge gestaltete. Im Anschluss nahm er eine Tätigkeit als Jurist auf, die er über viele Jahre hinweg ausübte. Daneben schrieb er mehrere Thriller, die er in Verlagen und als Selfpublisher veröffentlichte. Sein Psychothriller DAS MEDIKAMENT wurde als E-Book zum Nr. 1-Bestseller sowie zum BILD-Bestseller.

Chris Karlden widmet sich beruflich mittlerweile ausschließlich dem Schreiben von Spannungsromanen und lebt mit seiner Familie als freier Autor im Saarland. Er ist sehr am Austausch mit seinen Leserinnen und Lesern interessiert, die er insbesondere auf Facebook über seine Bücher auf dem Laufenden hält.

Neuigkeiten und Kontakt zu Chris Karlden erhalten Sie hier:

Homepage: https://www.chriskarlden.de

Facebook: https://www.facebook.com/c.karlden

https://www.facebook.com/chriskarlden.de

Instagram: https://www.instagram.com/chris.karlden

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1

Heute. Sonntagabend.

Ole Sturm folgte seinem Bodyguard Mario Richtung Ausgang. Den Aufpasser hatte er eigens für die beiden Buchmessetage engagiert. Der kahlköpfige Hüne trug einen dunklen Anzug, unter dem sich die Konturen seiner muskulösen Oberarme abzeichneten, und erfüllte auch sonst so gut wie alle Klischees eines Leibwächters.

Sturm war mit Marios Arbeit zufrieden. Er würde ihn im nächsten Jahr wieder für die Messe buchen. Neben dem Showeffekt, als Schriftsteller einen Bodyguard zu haben, hatte der Kraftprotz Sturm Bewegungsfreiheit verschafft, wenn seine Fans ihn zu eng umringt hatten, und ihm einen Weg durch die Menge gebahnt, wenn es für ihn kein Durchkommen mehr gab.

Mario hielt mit Sturm im Schlepptau zielstrebig an den Garderoben vorbei auf eine unscheinbare Tür zu. Dort postierte sich Mario seitlich davon und Sturm sah sich nach allen Seiten um. Die Menschenschlange, die vor dem Verlagsstand geduldig auf seine Signatur im neuesten Sturm-Thriller gewartet hatte, war beachtlich lang gewesen. Das hatte seinem Ego enorm geschmeichelt. Doch jetzt hatte er genug von der Aufmerksamkeit, die ihm von allen Seiten zuteilwurde. Er war nicht scharf darauf, dass ihn seine Leser auch noch bis ins Hotel verfolgten. Stattdessen wollte er unbeobachtet verschwinden.

Momentan schien niemand Notiz von ihm zu nehmen. Er nickte Mario zu, der daraufhin die Tür öffnete, einen Blick in den dahinter liegenden Trakt warf und Sturm bedeutete, dass er eintreten könne. Der hell erleuchtete Gang, der zum Hinterhof führte, war normalerweise nur dem Personal und den Lieferanten vorbehalten.

Wie immer hatte Sturm, der stramm auf die sechzig zuging, es vor allem genossen, in der Menge seiner vornehmlich weiblichen Fans zu baden. Die vielen Frauen, die ein Autogramm von ihm wollten, wirkten auf ihn wie ein Jungbrunnen. Gerne hatte er mit allen, die ihn darum gebeten hatten, ein Selfie aufgenommen. Doch nun freute er sich auf den krönenden Abschluss des Abends, den er in intimer Zweisamkeit in seinem luxuriösen Zimmer zu verbringen gedachte. Dort erwartete ihn eine knackige Mittdreißigerin, die ihn verehrte. Sie war ihm von Lesungen und Messen bekannt, auf die sie ihm durchs ganze Land hinterhergereist war.

Heute Mittag hatte er sie zur Seite genommen und ihr eine private Lesung aus seinem neuesten Buch inklusive Champagner auf seiner Hotelsuite angeboten. Gerne hatte sie seine Einladung angenommen und er hatte ihr eine Zutrittskarte zu seinem Zimmer überreicht.

Am Ende des Ganges öffnete sein Leibwächter die Tür, sah sich kurz um und stieg die Stahltreppe hinab, die in den Hinterhof führte. Ole Sturm folgte ihm nach. Der Wind peitschte ihm den Nieselregen ins Gesicht und er fröstelte leicht. Dennoch genoss er die kühle frische Luft draußen nach den Stunden in den aufgeheizten und sauerstoffarmen Messeräumen.

Der Wagen seines Bodyguards parkte auf der anderen Seite des Hofes im Schatten einer hohen Mauer.

Sturm nahm aus den Augenwinkeln eine schnelle Bewegung in der Dunkelheit neben dem Treppenaufgang wahr. Eine Gestalt erschien vor ihnen und richtete eine Pistole auf Mario, der wie sein Chef abrupt in der Bewegung erstarrte.

Sturm hielt den Atem an, sein Herz schlug schneller, Gedanken wirbelten durcheinander. Sein Leibwächter hob die Hände hoch und Sturm tat es ihm instinktiv nach.

Er stand auf der vorletzten Treppenstufe, sein Beschützer unten auf dem Asphalt. Der Angreifer trug einen schwarzen Regenmantel, der bis zu den Fußknöcheln reichte, die Kapuze bedeckte den Kopf bis tief in die Stirn. Mund und Nase verhüllte eine schwarze Maske. Der Bereich um die Augen war von der Kapuze beschattet und in Finsternis getaucht.

»Was soll das?«, fand Mario als Erster seine Sprache wieder.

Der Angreifer warf Handschellen vor die Füße des Bodyguards. »Leg deine Pistole auf den Boden und schieb sie mit dem Fuß weit von dir weg. Danach kettest du dich an das Treppengeländer.« Die Stimme war unheimlich. Ein elektronischer Stimmenverzerrer ließ sie hell röhrend und mechanisch klingen.

Mario reagierte nicht. Die Gestalt hob die Pistole, zielte auf die Stirn des Bodyguards und nickte mit dem Kopf in Sturms Richtung, ohne den Blick von dem Leibwächter zu nehmen. »Willst du für den da draufgehen? Entscheide dich schnell. Ich zähle bis drei. Danach erschieße ich dich ohne weitere Vorwarnung.«

Trotz der Kälte und seines dünnen Sakkos fing Sturm an, zu schwitzen. Er traute sich nicht, mit der Hand den Regen, der ihn nur noch verschwommen seine Umgebung wahrnehmen ließ, aus seinen Augen zu wischen. Dennoch blickte er sich verzweifelt um, nur um festzustellen, dass sie in dem schummrig beleuchteten Hinterhof allein mit dem Angreifer zu sein schienen.

Sollte er um Hilfe rufen? Oder all seinen Mut zusammennehmen und über die Treppe zurück zur Tür fliehen? Die Stimme des Angreifers hatte entschlossen geklungen. Vermutlich würde er nicht zögern und auf ihn schießen.

»Was soll das?«, brachte Sturm erneut stockend hervor.

»Eins«, zählte die Gestalt.

»Um Himmels willen«, rief Sturm.

Sein Leibwächter regte sich nicht. Doch Marios beschleunigtes und geräuschvolles Ein- und Ausatmen blieb Sturm nicht verborgen.

»Machen Sie Ihren Job!«, herrschte Sturm seinen Beschützer an. Zwischen Mario und der Gestalt lagen knappe zwei Meter. Es war nicht unmöglich, den Angreifer mit einem beherzten Sprung zu erreichen. Im Kampf würde Mario, der sicherlich doppelt so viel wog, bessere Karten haben. Selbst wenn der Leibwächter durch einen Schuss verletzt würde, standen die Chancen nicht schlecht, dass er den Fremden überwältigte. Zumindest würde er seinem Schützling dadurch die nötige Zeit für eine Flucht zurück in die Messehalle verschaffen.

»Zwei.« Sturms Armhärchen stellten sich auf. Mit ruhiger Hand hielt die Gestalt die Waffe auf die Stirn des Leibwächters gerichtet.

Der Regen nahm zu und trommelte laut hörbar auf die Dächer der Autos.

»Hören Sie auf«, flehte Sturm. »Was immer Sie wollen, ich gebe es Ihnen.«

»Drr…«

»Schon gut«, sagte Mario. Seine Schultern sackten nach unten. »Ich gebe auf.« Er sah zu Boden und sein Kopf neigte sich nach vorne.

Sturm wollte nicht glauben, was er da hörte. Sein Hals war so trocken, dass er nur ein gutturales Krächzen hervorbrachte.

Der Leibwächter senkte betont langsam seine rechte Hand, öffnete sein Jackett und schob es zur Seite, sodass die Waffe in seiner Gürteltasche zu sehen war. Mit Daumen und Zeigefinger zog er die Pistole am Griff hervor, legte sie auf den Boden, nahm die Handschellen und schob die Pistole mit dem Fuß in Richtung des Angreifers. Anschließend kettete er sich an das Stahlgeländer.

Sturm starrte den Mann, den er zu seinem Schutz engagiert hatte, fassungslos an. »Was machen Sie denn da!«

Mario reagierte nicht.

»Jetzt noch dein Handy, wirf es weg!«, forderte die Gestalt.

»Du Schwein«, herrschte Sturm den Bodyguard wütend an, nachdem dieser sich gefügt hatte.

»Tut mir leid«, sagte Mario. »Mich erschießen zu lassen, hilft auch nichts. Man muss wissen, wann man verloren hat.«

»Komm runter zu mir!«, befahl der Fremde nun mit Blick auf Sturm. Dieser schüttelte den Kopf.

»Eins«, begann der Angreifer erneut zu zählen.

Sturms Beine zitterten und wurden weich, so dass er glaubte, sie würden jeden Moment unter ihm nachgeben.

»Zwei.«

Er setzte sich in Bewegung und betrat zaghaft den nassen Beton des Hinterhofes.

Plötzlich öffnete sich die Hallentür. Eine in einen Mantel gehüllte grauhaarige Frau verharrte mit der Hand noch an der Klinke im Türrahmen und starrte auf die Pistole, die auf Sturm gerichtet war. Dann zog sie die Tür wieder zu.

Sturm glaubte, in ihr eine der Garderobenfrauen erkannt zu haben. Sicher war sie auf dem Weg in den Feierabend gewesen. Bestimmt würde sie umgehend die Polizei alarmieren.

Vorsichtig bewegte die Gestalt sich rückwärts und forderte Sturm mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen. Sturms Glieder waren schwer wie Blei. Jeder Schritt bedeutete eine unsagbare Kraftanstrengung.

»Bleib stehen!«, befahl der Unbekannte, als sie in der Mitte des Hofes angekommen waren.

Sturm wimmerte. »Wollen Sie Geld? Sagen Sie irgendeine Summe. Ich kann sie auftreiben.«

»Hinknien«, befahl die Gestalt.

»Nein.«

Der Angreifer ließ die Pistole in der Jackentasche verschwinden. Sturm atmete auf und schöpfte Hoffnung.

Dann durchfuhr ihn ein noch größeres Grauen, als der Angreifer einen Säbel mit einer schmalen langen Klinge unter seinem Regenmantel zum Vorschein brachte. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.

Mit der Säbelspitze zeigte die Gestalt auf Sturm. »Hinknien!« Der Befehl ließ keinen Zweifel aufkommen, dass die Nichtbeachtung eine Bestrafung zur Folge haben würde.

Sturm, dessen Haare vor Nässe trieften, schüttelte wie ein Besessener den Kopf. »Nein, das mache ich nicht«, schrie er mit einem lauten Hilferuf, der all seine Todesangst und Verzweiflung in sich trug, der jedoch von dem niederprasselnden Regen fast verschluckt wurde.

»Sicher ist die Polizei jeden Moment hier«, brüllte Mario. »Die Frau eben hat gesehen, was hier abgeht. Hören Sie auf! Noch können Sie glimpflich aus der Sache herauskommen.«

Ungerührt machte die Gestalt einen schnellen Schritt nach vorn und führte die Klinge in einer fließenden Bewegung quer an Sturms Brust entlang. Mühelos trennte die Schneide Sakko und Hemd auf und drang ins Fleisch ein. Ein blutiger Spalt klaffte in Sturms Haut.

Er hielt sich die Hände vor die Brust und spürte das warme Blut zwischen seinen Fingern. Seine Beine gaben nach und er sackte auf die Knie. Er öffnete den Mund, um zu schreien. Doch die Verletzung schmerzte und schwächte ihn zu sehr, sodass er keinen Laut herausbrachte. Er beugte sich vor und stützte sich mit einer Hand ab, die andere drückte er auf die Wunde. Er hechelte nach Luft, war sich sicher, dass sein Kreislauf kollabieren würde.

»Warum?«, hauchte er.

»Denk nach!« Zwei Worte, die Sturm wie ein Hammerschlag in die Magengrube trafen. In der Roboterstimme seines Peinigers schwang eine tiefe Entschlossenheit mit.

Er war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Schmerzen waren unerträglich. Sein Blut tropfte in einem Rinnsal aus der Schnittwunde in seiner Brust auf den Boden und vermischte sich mit der Regenpfütze, die sich auf dem Beton gebildet hatte. Aber aus seinem Unterbewusstsein kam ihm plötzlich ein Verdacht, wer die Person mit dem Schwert sein könnte.

»Nein«, flüsterte er. Sein Tonfall barg tiefe Fassungslosigkeit. Das konnte nicht sein. Woher ...? Dann kam ihm ein grässlicher Gedanke.

Er registrierte, dass die Tür zur Halle aufflog und gegen die Wand krachte. Zwei Securityleute trampelten lautstark die Treppe herunter. In der Ferne hörte er Polizeisirenen herannahen. Hoffnung auf eine Rettung in letzter Sekunde keimte für einen kurzen Moment in ihm auf. Doch als er mit gebeugtem Haupt aus den Augenwinkeln aufsah, machte die Gestalt einen schnellen Ausfallschritt und ließ die Klinge mit präziser Wucht auf ihn niedersausen.

2

Robert Bogner nahm den Anruf seiner Chefin entgegen und presste sein Handy ans Ohr. »Guten Abend, Frau Kriminalrätin«, begrüßte er sie.

»Ich schätze, gute Abende sehen anders aus«, antwortete Fernanda Gomez.

»Da muss ich Ihnen leider zustimmen.«

»Wie ist die Lage bei Ihnen und mit was genau haben wir es zu tun?« Die Stimme der Leiterin des Morddezernats klang zerknirscht. Bogner konnte sich ihren besorgten Gesichtsausdruck bestens vorstellen. Die Falten auf ihrer Stirn wurden von Jahr zu Jahr tiefer und dieser neue Fall würde das Seinige dazutun. Die groben Fakten kannte Gomez schon. Deshalb hatte sie auch Speer und ihm den Fall übertragen.

Bogner blickte auf den Tatort, der durch die aufgestellten Strahler inmitten der Dunkelheit in ein gleißend helles Licht getaucht war. »Ist eine ziemlich üble Scheiße. Der Täter hat dem Opfer den Kopf mit einem Schwert abgeschlagen. Die Leiche liegt in einem See aus Blut und Regenwasser, der Schädel einen halben Meter daneben. Das Bild zeugt von einem barbarischen Akt äußerster Brutalität.«

Gomez stieß einen tiefen Seufzer aus. »Das steht außer Frage. Eine Enthauptung mit einem Schwert ist krass und verstörend. Der Anblick kann hartgesottenen Charakteren den Magen umdrehen.«

Bogner zog ein gequältes Gesicht und wandte sich in die entgegengesetzte Richtung. Etwa hundert Meter entfernt mündete die Zufahrt zum Hinterhof in eine Straße. Vor dem Absperrband hatten sich zahlreiche Journalisten versammelt, vereinzelt flammten die Blitzlichter ihrer Kameras auf. Der Lärm, den sie veranstalteten, war bis hierher zu hören. Die Streifenpolizisten, die dort zum Schutz des Tatorts abgestellt waren, hatten ihre liebe Not, die Aasgeier am Durchkommen zu hindern.

»Danke, dass Sie und Speer so schnell zum Tatort gekommen sind. Ist schließlich Sonntagabend.«

Bogners Blick wanderte über den nassen Asphalt zurück zum Hinterausgang der Messehalle. Die Kollegen von der Spurensicherung, die durch ihre weißen Einwegoveralls hervorstachen, stellten mit Nummern versehene Markierungstafeln auf. Speer redete mit deren Leiter Martin Klamm. Der Regen hatte erst vor wenigen Minuten aufgehört. Bogner hatte seine Zweifel, ob noch verwertbares Beweismaterial vorhanden war.

»Ist wohl klar unser Zuständigkeitsbereich«, antwortete Bogner trocken.

Mit Hauptkommissar Adrian Speer und Oberkommissarin Tina Jeschke bildete er seit einigen Jahren ein kleines Team, das sich der Aufklärung ungelöster Fälle sowie besonders grausamer Gewaltverbrechen widmete.

»Absolut«, seufzte Gomez. »Sie hätten aber auch einfach den KDD seine Arbeit machen lassen und den Sonntagabend bei der Familie verbringen können.«

»Das wäre eine Möglichkeit gewesen«, stimmte ihr Bogner zu.

Er dachte an den enttäuschten und zugleich besorgten Ausdruck im Gesicht seiner Frau Laura beim Klingeln seines Diensthandys. Sie hatten gerade gemütlich auf der Couch gesessen und einen Film angeschaut. Zu ihrer Freude hatte sich sogar ihre Tochter zu ihnen gesellt, was äußerst selten vorkam. Julia war mittlerweile neunzehn und hatte im Oktober ihr Jurastudium an der Universität aufgenommen.

Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, Staatsanwältin zu werden und die Täter anzuklagen, die ihr Vater überführte. So sah es jedenfalls Bogner. Normalerweise verbrachte sie ihre Abende, wenn sie nicht ohnehin mit Freundinnen unterwegs war, lieber allein auf ihrem Zimmer. Bogner wusste nicht, warum Julia es an diesem Sonntagabend, dem Letzten vor dem ersten Advent, vorzog mit ihren Eltern fernsehzuschauen. Sie wirkte wie so oft in den letzten Tagen in sich gekehrt und traurig und hatte nichts zu Abend gegessen. Lauras und seine Fragen, ob sie sich nicht wohlfühle oder sonst etwas nicht in Ordnung sei, wiegelte Julia lapidar ab mit den Worten, sie sei einfach nur müde und erschöpft. Aber irgendetwas nagte an ihr, das spürte er. Bogner hoffte, dass Julia die Gelegenheit der intimen Nähe auf dem Wohnzimmersofa nutzen und ihre Mutter über den eigentlichen Grund ihres Stimmungstiefs einweihen würde, sobald er weg war. Bei Problemen hatte sich seine Tochter bisher immer vornehmlich an Laura gewandt. Wenn er Julias Blick, als er aufgestanden war, richtig gedeutet hatte, war sie froh darüber, gleich mit ihrer Mutter allein auf der Couch zu sitzen. Er ging hinauf ins Schlafzimmer, um seinen Anzug anzuziehen.

»Sind Sie noch dran?«, riss Gomez ihn aus seinen Gedanken.

»Ja, bin ich. Der Kriminaldauerdienst macht einen guten Job. Aber Sie wissen ja, dass Speer und ich uns gerne ein eigenes Bild vom Ort des Geschehens machen, solange die Spuren noch frisch sind.«

Bogner ging näher an den Tatort heran. Der Gerichtsmediziner war bereits wieder weg. Er hatte bestätigt, was der von dem Opfer engagierte Bodyguard und die beiden Securitymitarbeiter der Messe, die kurz vor dem Mord nach draußen gekommen waren, ausgesagt hatten. Ein kräftiger Hieb mit einer scharfen Klinge hatte dem Täter genügt, um die grausame Tat zu vollziehen. Die Beschreibung der Waffe deutete auf ein japanisches Samuraischwert, ein Katana, hin. Die Form der etwa sechzig Zentimeter langen Klinge, das wusste Bogner, ähnelte der eines Säbels. Im Gegensatz dazu war aber der Griff des Katanas zur stumpfen Seite hin gebogen und die Waffe wurde nicht ein-, sondern zweihändig geführt.

Speer umrundete das Terrain und machte Fotos mit seinem Smartphone. Vor der Hintertür, die zur Messehalle führte, stand ebenfalls ein Streifenpolizist. Plötzlich öffnete sich die Tür einen Spalt und eine Fotokamera kam zum Vorschein.

»Verdammte Reporter, hey«, rief Bogner, winkte dem Polizisten vor der Tür zu und machte ihm ein Zeichen, dass jemand hinter ihm war. Ein Blitzlicht erhellte die Szenerie. Der Beamte packte den Reporter, der im Begriff war zu verschwinden, und nahm ihm die Kamera ab.

Erneut hörte Bogner Gomez geräuschvoll ausatmen. »Was ist denn da los bei Ihnen? Brauchen Sie Verstärkung?«

»Die Situation ist geklärt. Wir kommen im Moment noch gut allein klar«, entgegnete Bogner.

»Haben Sie schon etwas für mich? Gibt es Zeugen?«

»Zwei Typen von der Hallensecurity sind einen Augenblick vor der Tat aus der Halle gekommen. Sie haben gesehen, wie der Täter das Opfer enthauptet hat. Sie waren zu geschockt und auch verängstigt, als dass sie dem Flüchtenden sofort hätten nachsetzen können.«

»Das müssen wir akzeptieren. Sonst noch was?«

»Das Opfer hatte einen Bodyguard engagiert. Die Kollegen haben bereits mit ihm gesprochen. Der Kerl ist entweder kein Vollprofi, oder er hatte einfach keine Chance.«

»Sie haben ihn noch nicht befragt?«

»Dazu sind wir noch nicht gekommen, machen wir aber noch, gleich nach unserem Telefonat.«

Bogner sah zu dem Leibwächter hinüber, der auf der Pritsche eines Rettungswagens saß. »Er ist zwar triefend nass, macht aber einen gefassten Eindruck.«

Eine Gesprächspause entstand.

---ENDE DER LESEPROBE---