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"Eine Veröffentlichung zur rechten Zeit" (Karl Kardinal Lehmann). Beiträge des Theologen wie des Bischofs Klaus Hemmerle zum Thema "Kirche". Aus dem Inhalt: Der Ort der Kirche - Der Weg der Kirche - Die Sendung der Kirche - Das Amt in der Kirche - Die Zukunft der Kirche. "Leise, aber unüberhörbar, rücksichtsvoll, aber treffsicher, enthüllend, aber gerade so auch heilsam: Man ist erstaunt, wie die 35 Stücke von 1968 bis 1993 unsere unmittelbare Gegenwart und die aktuelle Stimmungslage treffen. Dies ist nur möglich, weil Klaus Hemmerle uns selbst heute in die Mitte und Tiefe unseres Lebens und Leidens trifft. Seine Worte aus ganz verschiedenen Situationen sind heilsame Medizin für Kirche und Gesellschaft: Goldkörner des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, eine Veröffentlichung zur rechten Zeit." (Karl Kardinal Lehmann)
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Seitenzahl: 61
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Klaus Hemmerle
ZUM THEMA »KIRCHE«
Hg. von Wolfgang Bader
Mit einem Geleitwort
von Karl Kardinal Lehmann
2012, 1. Auflage
© Alle Rechte bei Verlag Neue Stadt GmbH, München
Umschlagabbildung: Manuela Neukirch
Gestaltung und Satz: Neue-Stadt-Graphik
ISBN 978-3-87996-418-5
Bischof Klaus Hemmerle (1929–1994) fehlt uns. Er war so nah am Leben der Welt und des Wirkens in ihr. Aber da war kein plumpes Sich-Anpassen und keine rüde Verurteilung. Sein ruhiges, offenes, uneitles Wort richtete beides. Es war zugleich ein schonendes, ermutigendes Wort. Darum ließ man sich gerne von ihm etwas sagen.
Dennoch – er ist nicht einfach fort. Bei den Worten Klaus Hemmerles spürt man, wie nahe er noch ist: leise, aber unüberhörbar, rücksichtsvoll, aber treffsicher, enthüllend, aber gerade so auch heilsam.
Man ist erstaunt, wie die 35 Stücke von 1968 bis 1993 unsere unmittelbare Gegenwart und die aktuelle Stimmungslage treffen. Dies ist nur möglich, weil er uns selbst heute in die Mitte und Tiefe unseres Lebens und Leidens trifft.
Klaus Hemmerles Worte aus ganz verschiedenen Situationen sind heilsame Medizin für Kirche und Gesellschaft. Ich danke Wolfgang Bader für die geglückte Suche nach diesen Goldkörnern des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, dem Verlag Neue Stadt für die Veröffentlichung zur rechten Zeit.
Ich wünsche dem kleinen, kostbaren Buch viele Leser!
Mainz, im Advent 2011
Karl Kardinal Lehmann
Bischof von Mainz
ZUM GELEIT
MEINE KIRCHE
IN DER MITTE? AM RAND? DER ORTDER KIRCHE
WANDELBAR UND TREU. DER WEG DER KIRCHE
LEIDENSCHAFT FÜR DEN MENSCHEN. DIE SENDUNG DER KIRCHE
PRIESTER, BISCHÖFE. DAS AMT IN DER KIRCHE
DER HERR KOMMT. DIE ZUKUNFT DER KIRCHE
QUELLENHINWEISE
[ Um 1970 ]
Aus einem Vortrag, um 1970.
Etwas über die Kirche heute zu sagen ist einerseits beglückend und andererseits schwer. Schwer deswegen, weil die Kirche nicht nur von den anderen draußen, sondern auch von uns selbst immer wieder so schwer zu verstehen ist. …
Wenn man mich fragen würde, was ich am meisten in der Welt liebe, was mir das Kostbarste in der Welt ist, könnte ich wirklich nichts anderes sagen als: die Kirche! Allerdings, wenn man fragen würde, was das Vergänglichste in der Welt ist, was am meisten anders werden muss, müsste ich wiederum sagen: die Kirche!
Warum liebe ich die Kirche über alles, was ich in der Welt habe? Deswegen, weil ich daran glaube, dass in dieser Kirche mit all ihren Mängeln, mit all ihrer Not, mit all ihrer Vorläufigkeit, mit all dem, was anders sein könnte an ihr, Gott zur Menschheit steht. Und wenn ich alle Menschen liebe, dann muss ich gerade, wenn es mir um die Menschen geht, die Kirche lieben. Denn Kirche ist nichts anderes als das Zeichen dafür, dass Gott Menschen, wie sie sind, in ihrer Armseligkeit, in ihrem Nichts, in ihrer Vorläufigkeit und Relativität angenommen und ernst genommen hat. Mein Ja zu allen Menschen ist also dadurch real und wirklich, dass ich sie hineinstelle in dieses Ja Gottes, in sein Handeln, in seine Gnade, in sein Erbarmen mit den Menschen. …
Freilich, diese Kirche ist auch furchtbar endlich, so endlich, wie Menschen es eben sind. Sie ist so endlich und relativ, wie es Geschichtliches eben ist. Kirche, das ist – wenn wir darauf schauen, was Jesus eigentlich bringen wollte, das Reich Gottes, die Herrschaft Gottes, in der die ganze Schöpfung eins ist in Gott – geradezu eine „Ironie“. Kirche, das ist Struktur, Institution, Amt, Sakrament, Grenze, Dogma, Endlichkeit, Trennung voneinander.
Aber es muss so sein, weil sonst die Endlichkeit, die Wirklichkeit, die jetzige Stunde, nicht ernst genommen würde. Kirche in all dem wird vergehen. Sie ist nicht ein Götzenbild, an dem wir uns festhalten dürfen, aber sie ist der Ort, an dem wir unser Ja zu Gott konkret sprechen können und an dem wir glauben können, dass Gott zu uns konkret ja gesagt hat.
[ 1968 ]
Aus der Ansprache, die Prof. Dr. Klaus Hemmerle als Geistlicher Direktor des Zentralkomitees der deutschen Katholiken am 4. September 1968 bei der Eröffnungsveranstaltung des 82. Deutschen Katholikentags 1968 in Essen gehalten hat. Das Leitwort dieses Katholikentags hieß: „Mitten in dieser Welt“.
Gott sei Dank, dachte ich, die Kirche will heraus aus ihrer Reißbrettstrategie, heraus aus ihrem Getto der Gewohnheiten und Überliefertheiten, sie will hinein in diese Welt. Und diese Welt, die können wir uns nicht konstruieren, diese Welt, die können wir nicht ableiten aus ewigen Wahrheiten und Werten allein, diese Welt, die verfehlen wir rettungslos, wenn wir nicht unsere Augen aufmachen und einfach hineinschauen, wie sie ist. Da muss die Kirche lernen, da muss die Kirche sich von der Welt etwas sagen lassen. Kirche lernt die Welt. …
Die Kirche hat es nicht ins Belieben der Welt zu stellen, ob und wo sie in dieser Welt ist; sie ist in die Welt gesandt, durch einen Willen, der so stark und so hart ist wie der Wille des Vaters über dem Sohn, den er in die Welt gesandt hat. Aber dies ist gerade der Wille des Vaters: Dem Sohn hat er die Wirklichkeit der Welt nicht erspart, sondern zugemutet. Und auch uns, auch der Kirche Christi kann die Welt, kann diese Welt nicht erspart werden, sie ist uns zugemutet: Diese Welt ist unsere Welt. …
Das kritische Wort ist für mich das erste, das Wort „mitten“. Kirche, meinst du also doch, du seiest die Mitte, meinst du also doch, du seiest die geheime Achse, um die sich alles dreht? … Gewiss hat es einen Sinn, so zu formulieren: mitten in dieser Welt. Ich wollte gar nicht, dass es anders formuliert wäre. Aber man muss den Finger darauf legen, damit es nicht zu einem fatalen Missverständnis kommt: … Wir alle und zumal wir als Kirche, wir sind nicht in der Mitte der Welt, wir sind irgendwo in ihr. Auch Bethlehem und auch Golgota waren nicht in der Mitte der Welt, sondern waren irgendwo in ihr.
Doch es wäre wiederum verhängnisvoll, wenn wir uns um des Namens Christi und um der Wahrheiten Christi willen schon dessen sicher wären, dass auch wir in Bethlehem oder auf Golgota unseren Stammplatz hätten. Die Kirche muss immer wieder neu und immer wieder schmerzlich und immer wieder unabsehbar sich auf den Weg machen, um dort zu sein, wo er ist, und er ist überall und nur und immer: unterwegs in dieser Welt. Mitten in dieser Welt, das darf nichts anderes heißen als eben dies: unterwegs in dieser Welt.
Unterwegs mit der Welt, umgeben von der Welt, eingegraben in die Welt, das ist das Schicksal aller Wege der Kirche, wenn sie die Wege Jesu gehen will. … Die Kirche soll demütig sein. Sie ist kein „Haus voll Glorie“. …
Dieses Unterwegssein heißt nicht nur mitmarschieren, es heißt zusammengehören im Aufeinanderhören. Nur eine hörende Kirche, nur eine Kirche, welche die Stimmen der Welt hört und welche die vielen Stimmen in ihrer eigenen Mitte hört, ist Kirche mitten in dieser Welt. …