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„Zwei Männer sind nicht genug“ von Renate Fabel jetzt als eBook bei dotbooks: „Herrliche Romane zum Gutfühlen“ – WELT Man sieht es der sympathischen Louise auf den ersten Blick nicht an – aber sie führt ein Doppelleben: Zu Hause kümmert sie sich um Ehemann Götz und die gemeinsame Tochter, bei den Dreharbeiten zu ihren neuen Filmen trifft sie sich mit ihrem Liebhaber Albert. Klingt verlockend? Ist anstrengend! Denn es ist schon schwer genug, einen Mann zu bändigen – aber zwei sind eine wirkliche Herausforderung … Als sich Louise dann auch noch in einem gemeinsamen Urlaub mit beiden Männern auf der dänischen Insel Fanö wiederfindet, weiß sie bald nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Doch damit nicht genug: Bei einer Fahrradtour lernt sie den attraktiven Henrik kennen – und das Chaos nimmt endgültig seinen Lauf … Die Presse über Renate Fabels Romane: „Fetzige Dialoge, Sprachwitz und göttliche Situationskomik!“ BRIGITTE Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Zwei Männer sind nicht genug“ von Renate Fabel. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 331
Über dieses Buch:
Man sieht es der sympathischen Louise auf den ersten Blick nicht an – aber sie führt ein Doppelleben: Zu Hause kümmert sie sich um Ehemann Götz und die gemeinsame Tochter, bei den Dreharbeiten zu ihren neuen Filmen trifft sie sich mit ihrem Liebhaber Albert. Klingt verlockend? Ist anstrengend! Denn es ist schon schwer genug, einen Mann zu bändigen – aber zwei sind eine wirkliche Herausforderung … Als sich Louise dann auch noch in einem gemeinsamen Urlaub mit beiden Männern auf der dänischen Insel Fanö wiederfindet, weiß sie bald nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Doch damit nicht genug: Bei einer Fahrradtour lernt sie den attraktiven Henrik kennen – und das Chaos nimmt endgültig seinen Lauf …
Die Presse über Renate Fabels Romane:
„Fetzige Dialoge, Sprachwitz und göttliche Situationskomik!“ BRIGITTE
Über die Autorin:
Renate Fischach-Fabel, geboren 1939 in Berlin wuchs in Bayern auf. Schon als Kind dachte sie sich Geschichten aus und wollte „Gedichterin“ werden. Mit 14 Jahren schrieb sie ihren ersten Roman über eine Reise nach Italien. Während ihrer Buchhändlerlehre beim Goldmann Verlag veröffentlichte sie zahlreiche Kurzgeschichten in Tageszeitungen und Frauenzeitschriften, unter anderem in der „Madame“. Dort arbeitete sie schließlich sogar als stellvertretende Chefredakteurin und verfasste viele weitere Romane.
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Originalausgabe August 2015
Copyright © 2015 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Redaktion: Christina Seitz
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Masson
ISBN 978-3-95824-378-1
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Renate Fabel
Zwei Männer sind nicht genug
Roman
dotbooks.
Wie immer hatte Albert gleich eine maßgeschneiderte Lösung zur Hand.
»Meeresluft und Wind. Ozon. Muscheln.« Euphorisch wühlte er mit seiner Gabel in den »moules marinière« auf seinem Teller herum. »Das ist genau das, was du brauchst. Etwas anderes kommt für dich nicht infrage. Keine brütende Hitze unter Palmen. Kein Sangria, keine Kokosmilchdrinks. Du brauchst ein Klima, das dir neue Kraft gibt. Kraft und Lebensfreude. Also«, er nahm schlürfend einen Schluck Weißwein, sah sie triumphierend an. »Knokke. Was sonst? Hier in Belgien vergisst du deine Krankheit im Handumdrehen.«
Louise schwieg eine Weile. Dann schüttelte sie den Kopf. Für alle passte die Idee eben doch nicht. Beziehungsweise – für Albert passte sie wie maßgeschneidert. Aber was war mit Götz? Mit Lois? Und damit auch mit ihr?
»Bertie.« Sie tastete nach seiner für einen Mann sehr zierlichen weißen Hand. »Wie, bitte sehr, soll ich es meiner Familie erklären, dass ich vierzehn Tage ohne sie an der belgischen Küste verbringe? Wo sie gerade so viel Kummer mit mir gehabt hat.«
»Kummer?« Alberts schmale Lippen wurden noch schmaler. »Kummer habe ich genauso gehabt. Noch viel mehr als dein Mann. Aber er durfte in deiner Nähe sein, während ich …«
»Siehst du, jetzt fängst du wieder an.« Louise sah ihr Gegenüber unglücklich an. »Gerade habe ich meine Krankheit überwunden, bin, wie man bei uns so schön sagt, dem Tod nochmal von der Schippe gehüpft, da beginnen die Vorwürfe von Neuem. Krebs hat auch«, sie betonte jedes Wort, »seelische Ursachen.«
Albert machte ein erschrockenes Gesicht. »Ich weiß, ich weiß, aber ich bin wirklich nicht daran schuld. Im Gegenteil, mon chou. Seitdem ich dich liebe, bist du noch viel schöner, viel erfolgreicher geworden. Sei mir gegenüber einmal ehrlich, ich bitte dich. Was die anderen dort in Deutschland mit dir anstellen, kann ich nicht beurteilen. Du erzählst ja nichts. Jedenfalls tauchte mit einem Mal diese schreckliche Krankheit auf.« Immer noch äußerst schmallippig, begann er, was seiner ausgezeichneten Erziehung völlig widersprach, die schwarzgepfefferte Sauce mit Weißbrot aufzutunken.
»Meine Erholung«, erinnerte Louise leise. »Wir sprachen von einem Ort, wo ich regenerieren kann.« Warum war Albert nur so ungeheuer sensibel? Eine belgische Nationaleigenschaft? (Außer Georges Simenon und König Baudoin kannte Louise keine Belgier. Aber beide waren sie tot. Und was hieß schon kennen? Sie hatte etwas über sie gelesen. Und in einer Simenon-Verfilmung fürs Fernsehen hatte sie sogar ein Stubenmädchen gespielt. Yvette, die mit dem Mörder ein Verhältnis hatte. Sie hatte versucht, französisch zu wirken, aber irgendwie, erklärte der Regisseur, passte das nicht. Belgier sind anders.) Oder hing das damit zusammen, dass er so viel alleine war?
»Knokke«, wiederholte er starrköpfig, tunkte heftiger.
Louise seufzte. Leicht machte er es ihr nicht. »Knokke ist teuer. Extrem teuer sogar. Dass es dort einen Liebhaber mit einem wunderschönen Haus gibt, der alles für mich bezahlt, weiß Götz, mein lieber Ehemann, nicht. Und er soll es um Himmelswillen auch niemals erfahren. Viel glaubhafter wäre es, wenn ich mich für eine vierwöchige Kur in einen soliden deutschen Badeort einnisten würde.«
»Vier Wochen Kur?« Alberts grünliche Augen hinter den kreisrunden Brillengläsern glimmten gefährlich. »Du ganz allein? Mit einem Schwarm Verehrern?« Merkwürdig, welche deutschen Redewendungen er kannte. »Das könnte dir so passen. Oder nein – so schlecht ist die Idee gar nicht. Ich miete mich ins Nachbarhotel ein. Und wir sehen uns jeden Tag. Achtundzwanzig volle Tage. Das wäre herrlich. Oh!« Er seufzte. Es klang, als hätte ihn sein König zu einer ganz speziellen Ordensverleihung ins Schloss eingeladen. Albert war ganz verrückt nach »des médailles«, besaß seiner Ansicht nach längst nicht genug. Wenn man so viel wie er für sein Land geleistet hatte …
Auf Louises üppige Brust senkte sich eine Zentnerlast. Da hatte sie sich während des Krankenhausaufenthalts so unendlich auf Albert gefreut, den frühestmöglichen Zeitpunkt gewählt, um Götz etwas (mit kaum verheilter Wunde und noch ganz schwach) von Fernsehaufnahmen in der Nähe von Brüssel vorzuschwindeln – Götz in seiner Besorgnis wollte sie begleiten, aber da gab es Gott sei dank Lois, die beaufsichtigt werden musste –, und schon tauchten die alten Probleme wieder auf. Wie sollte sie so jemals wirklich gesund werden? »Und wenn meine Familie plötzlich auf der Schwelle steht, versteckst du dich. Oder wie? Das haben wir doch schon mal gehabt, Bertie. In Wien. Erinnerst du dich?« Wo Götz mit der reizend aufgeputzten Lois an der Hand in ihrem Hotelzimmer aufgetaucht war – eine Geburtstagsüberraschung für die Mami –, während Albert unten in der Bar mit Champagner auf sie wartete. Niemals vorher und nachher hatte sie sich so beschämt gefühlt, wie eine Schwerverbrecherin. »Nein, keine Kur und auch nicht Knokke. Tut mir leid. Um die Wahrheit zu sagen: Lois möchte nach Skandinavien. Sie ist Astrid-Lindgren-Fan. Erst Pippi Langstrumpf, dann die Kinder von Bullerbü. Sie träumt davon, in einem roten Holzhaus zu schlafen und Heringstopf zu essen. Zusammen mit ihren beiden Elternteilen. Was ganz normal für eine Elfjährige ist.«
An den beiden Elternteilen schluckte Albert schwer, spülte beides mit einem besonders großen Schluck Weißwein herunter. Dann hellte sich seine Miene unerwartet auf. »Holzhaus? Rotes, sagst du? Damit kann ich dienen. Dänische Freunde besitzen genau so etwas auf der Insel Fanö, drängen es mir seit Jahren als Feriensitz auf. Mein süße kleine Mathilde«, seine Stimme wurde seidenweich, so, als hätte er Kreide geschluckt, »hat sich auf der Stelle in das Haus verliebt, als sie es auf einem Foto sah.«
»Also«, nahm Louise ihren ganzen Humor zusammen, strich sich mit beiden Händen das halblange schwarze Haar hinter die Ohren zurück, »fährst du mit deiner Enkelin auf die Insel Fanö, während ich mit meiner Familie die Hallig nebenan bevölkere. Wenn eine Sturmflut kommt, flüchten wir zu euch hinüber. Oder wir winken uns während eines Bootsausflugs – natürlich auf getrennten Booten – verstohlen zu.«
Sie schloss die Augen, sah die Szene in Einzelheiten vor sich. Sie in einem blauen Marinepullover und dunkelblauen Hosen, die Nase in den Wind gereckt, während Götz an seinem Fotoapparat hantierte und seinen beiden Frauenpersonen durch den Sturm zuschrie, doch verdammt noch mal zu lächeln. Hatte sie so eine Szene schon mal gespielt? Sie konnte sich nicht erinnern, war aber auf der Stelle bereit dafür. Wo war die Kamera? Herausfordernd warf sie den Kopf zurück.
Aber was war mit Albert? Er hatte die Hand an die Lippen gelegt, die Augen halb geschlossen – ein Zeichen, dass er nachdachte. So intensiv, dass er nicht einmal den Kellner bemerkte, der ihm die Dessertkarte reichte. Augenblicklich zog Louise wieder den Kopf ein, machte sich noch kleiner, als sie sowieso schon war. Sie kannte diese Art von Albertschem Nachdenken. Oft kam etwas Originelles, ja, fast Geniales dabei heraus (Albert war ein Meister der Fantasie), mindestens genauso oft war es aber auch eine Schnapsidee, die sie tief verschreckte, weil sie ihr ohnehin alles andere als leichtes Leben noch mehr komplizierte.
So auch diesmal. Sie hatte sich nicht getäuscht. »Nachbarinsel? Warum?« Sehr belgisch und auch etwas lehrerhaft wedelte Albert mit zwei aneinandergelegten Fingern hin und her. »Ja, warum bitte sehr denn Nachbarinsel? Das Haus meines Freundes ist ziemlich groß. Wir könnten dort alle zusammen Urlaub machen. Du mit – hmhm – deinem Mann und deiner Tochter und ich mit Mathilde. Gleich hinter dem Haus liegt ein verwilderter Golfplatz. Dort kann sich dein Mann mit seinem angeblich so fabelhaften Handicap den Tag über abrackern, während wir uns in den Dünen in den Armen liegen. Und Lois und Mathilde bauen gemeinsam Sandburgen. Ist das nichts?« Selten hatten seine Augen so euphorisch geleuchtet, zum ersten Mal an diesem Abend wirkte er richtig lebendig. Unruhig verschachtelte Louise unter dem steifen weißen Tischtuch die Knie ineinander. War dieser Mann, dieser ebenso herrliche wie schreckliche Mensch, dem sie aus unbegreiflichen Gründen ihr Herz und ihren Körper geschenkt hatte, ganz und gar verrückt geworden? Am liebsten hätte sie ihn auf die Hand geschlagen oder wenigstens am Ärmel geschüttelt, irgendetwas Gewalttätiges jedenfalls.
»Niemals«, presste sie heraus, wusste, dass sie in diesem Augenblick weder entzückend mädchenhaft noch hinreißend charmant wirkte, Eigenschaften, die ihr der Belgier in seiner blinden Verliebtheit im höchsten Maß zuschrieb. Furienhaft wäre passender gewesen. »Niemals im Leben, Bertie. Kommt nicht infrage. Sonst ist bei mir in Kürze die nächste Operation fällig. So völlig in Ordnung bin ich nämlich nicht. Und als Nächstes folgt die Chemotherapie.« Das klang nicht nur wie eine Drohung, sondern gleichzeitig ein bisschen ängstlich. Albert hob dramatisch die Hände und nutzte die Gelegenheit, um den verunsicherten Kellner herbeizuwinken. »Noch mal ins Krankenhaus? Nein, das will ich nicht. Nie, nie wieder. Die Chemotherapie kannst du ja vielleicht in einer Arztpraxis erledigen. Bon, verbringe deine Ferien, wo und mit wem du willst. Ich arrangiere mich schon. So wie immer.« Er verdrehte halb komisch, halb verzweifelt die Augen. »Letzte Woche hat eine alte Freundin angerufen. Ich kenne sie aus meiner Zeit an der Elfenbeinküste. Sie will mit mir unbedingt eine Schlössertour durch das Loire-Tal machen, dort gemeinsame Bekannte besuchen, Leute, die mich aus meiner Glanzzeit kennen, damals, als ich noch der große Präsident von Sofico war. Das waren Zeiten! O làlà. Jeder war voller Bewunderung, was ich für unser Unternehmen geleistet habe.« Versonnen drehte er sein Glas auf dem steifen Tischtuch hin und her.
Louise überlegte. Warum ging ihr Albert heute nur so auf die Nerven? Dabei war er immer derselbe gewesen – die drei Jahre, die sie ihn kannte, und wohl auch die siebenundfünfzig davor. Nein, so war das nicht richtig. Als er vor zwei Jahren seinen Posten als »président directeur général« eines internationalen Pharmakonzerns aufgegeben hatte (um, wie er es begründete, mehr Zeit für seine große Liebe Louise zu haben, was für ihn bedeutete, ihr an sämtliche Drehorte nachzureisen. In Wirklichkeit hatte es Schwierigkeiten mit dem Vorstand gegeben, und man hatte den unbequemen Präsidenten mit einer schwindelerregenden Summe frühzeitig in Rente geschickt), war die Zäsur erfolgt. Jetzt schwamm Albert in Geld, aber genauso in ungeheuren Mengen von Zeit und litt grässlich darunter, keine Aufgabe mehr zu haben. (Bis auf die, Louise zu lieben, aber so tagesfüllend war dies wegen Louises familiärer Bindungen eben nicht.)
Louise hatte ihm verschiedene Beschäftigungen vorgeschlagen, karitative, sportliche, politische, dachte sogar an eine Laienbühne, wo das schauspielerische Talent ihres Liebhabers endlich mal ein öffentliches Publikum fand, aber Albert lehnte alles dankend ab. Nein, nein, er fühlte sich sehr gut so. Was eine einzige Lüge war. Louise sah es ihm doch an der Nasenspitze an. Ihr Verhältnis zueinander komplizierte sich. Dabei liebte sie Albert aufrichtig. Ob mehr oder weniger als Götz, war schwer zu sagen. Götz war Gewohnheit, sehr liebe, manchmal auch ein klein wenig lästige Gewohnheit, Albert dagegen noch relativ neu und daher prickelnd. Jedenfalls hatte Albert Louises Leben um viele Variationen bereichert, neue Spannung hineingebracht.
Er war ein Geschenk, das sie sich nie gewünscht, gar kein Verlangen danach gehabt hatte. Das war wie mit einem Diamanten. Louise bewunderte ihn gern an anderen Frauen, interessierte sich persönlich aber nicht dafür. Aber jetzt, wo sie ihn einmal besaß (Albert, nicht den Diamanten. Den würde er ihr wahrscheinlich demnächst schenken), wollte Louise nicht mehr darauf verzichten. Sie konnte sich ein Leben ohne Albert gar nicht mehr vorstellen. Selbst wenn sie sich mit einem Liebhaber außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung stellte. Das, was sie tat, war einfach nicht anständig, schon gar nicht ihrem Ehemann und ihrer Tochter gegenüber. Aber die Moralwächter durften zufrieden sein – Louise bezahlte teuer dafür. Ausgesprochen teuer sogar.
»Ein Birnensorbet«, lächelte sie dem Kellner zu. »Nur eine Kugel. Und einen Kaffee. Decaféiné.«
Während Albert sein Dessert bestellte – crème brulée und einen Mokka (was sie als Trotzreaktion wertete. Normalerweise bestellte er das Gleiche wie sie) –, überlegte Louise blitzschnell. Sie musste innerhalb der nächsten Minuten einen Kompromiss finden. Wenn nicht, würde sie für den Rest der Nacht einen tief beleidigten Albert neben sich haben, was ihrem angeknacksten Gesundheitszustand nur bedingt förderlich war. Die Operation lag knapp fünf Wochen zurück, dabei hatte sie sechs Kilo eingebüßt. Sämtliche Kleidungsstücke schlotterten.
»Ist das Haus wirklich so groß?«, nahm sie das leidige Thema wieder auf. »So groß wie Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt? Bertie, ich denke über deinen Vorschlag nach. Wirklich. Ein Golfplatz für Götz gleich hinter dem Haus wäre natürlich schön. Und für Lois eine Freundin, die französisch spricht – fantastisch. Aber Vorsicht, meine Tochter ist ein ziemliche Egoistin, ein typisches Einzelkind eben. Sie versucht zuerst immer, alle unterzubuttern. Und gibt im Augenblick ziemlich an. Außerdem muss es im Haus viele, viele Zimmer geben, damit wir uns nicht gegenseitig an die Kehle fahren. Ich meine, nicht du mir und ich dir – das täten wir natürlich nie –, aber ich Götz oder Lois Mathilde und … und … Ach, Bertie, im Grunde ist es unmöglich. Völlig unmöglich. Oder – ich habe eine bessere Idee – ihr fahrt vor uns nach Fanö, und wir kommen nach, verbringen zwei Tage zusammen oder auch nur einen … Das Ganze ist eine Farce, der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Übrigens – ist sie hübsch?«
»Wer?« Graziös zündete sich Albert einen Zigarillo an.
»Die Freundin von der Elfenbeinküste. Die dir nachläuft. Verheiratet?«
»Verheiratet nicht mehr, verwitwet.« Albert spitzte genüßlich die Lippen. »Aber hübsch schon, sogar schön. Ich weiß ja nicht, wie sie heute aussieht. Aber wirkliche Schönheiten altem nicht. Das, ma petite, wirst du eines Tages selbst erfahren.«
»Ach, Bertie.« Was stellt sie für dämliche Fragen? Was redete sie nur für einen Unsinn? In welche »merde« galoppierte sie hier mit Volldampf hinein? Hatte die Krankheit bereits ihr Gehirn ergriffen? Aber nein, der bösartige Tumor war lokalisiert und mit Stumpf und Stiel entfernt worden. Hatte wenigstens der blondbärtige Dr. Christoph Bessemer behauptet, der sie täglich einmal öfter als nötig besucht hatte. Aber davon durfte Albert nichts wissen. Er durfte eine ganze Menge nicht wissen von ihrem Leben in München, stand abseits mit seiner überwältigenden Liebe und Leidenschaft. Und natürlich litt er darunter. Louise sah die Trauer in seinen Augen. Deshalb musste sie ihm, was ihren Urlaub betraf, unbedingt entgegenkommen. Es ging gar nicht anders, war eine Frage der Fairness. Und dabei würde dieser ganze Urlaub nur in einer Riesenkatastrophe enden. Unvermeidlich. War von Anfang an vorprogrammiert. Das Leben ist nun mal kein Boulevardstück.
Und wenn schon. Louise straffte den von verkrampftem Sitzen schmerzenden Rücken. Schließlich war sie Schauspielerin, musste es schaffen, schwierige Situationen zu bewältigen, um sie später vor der Kamera umsetzen zu können. Eine Künstlerin durfte kein Leben unter der Glasglocke führen (wenn das auch nicht unbedingt der Freifahrtschein für ihre eheliche Untreue war). Urlaub mit Onkel und Tante in einer sauberen Frühstückspension mit Lunchpaket mittags und Erdbeertorte um vier war einfach nichts für sie. Obwohl sie, Louise Lüders, im Grunde gar keine so umwerfende Schauspielerin war, eher Mittelmaß. Albert sah das allerdings anders. Er hielt seine Geliebte für eine zweite Romy Schneider oder auch Marlene Dietrich (die einzigen deutschen Schauspielerinnen, die er kannte), sagte ihr eine große Karriere voraus. (Aber wann würde das sein? Louise näherte sich mit Riesenschritten der Fünfzig. Doch sie neigte gern zur Übertreibung, im Augenblick war sie gerade mal zweiundvierzig.) Während Götz, der konservative Macho, die Ambitionen seiner Frau unter »Abart dieser völlig überflüssigen weiblichen Selbstverwirklichung. Aber mein Louisechen macht es wenigstens diskret« verbuchte. Ferien zu fünft … Louise schwindelte es. Doch bis zum Urlaubsbeginn waren es immerhin zwei Monate. Da konnte noch viel geschehen. Albert jedenfalls hatte den Köder geschluckt. Zufrieden zog er an seinem Zigarillo, trank seinen Kaffee in gewohnt kleinen, appetitlichen Schlucken, bestellte sich einen Cavaldos dazu. Ihm schien nach Feiern zumute sein.
»Ein richtig großer Familienurlaub. Mit den du Navry’s und den Heinleins. Gefällt mir, gefällt mir sogar sehr. Auf diese Weise lerne ich endlich mal dein kleines Mädchen kennen. Wollte ich immer schon. Damit ich mir vorstellen kann, wie du als Kind ausgesehen hast. Hat Lois die gleichen Saphiraugen wie du? Ich möchte mich viel mit ihr beschäftigen, mit ihr und Mathilde. Aber wehe, du bist zu freundlich zu diesem Götz. Dann werde ich zum reißenden Tiger.« Er formte seine Finger zu Krallen, fauchte leise. »Du bist meine Frau, wenn auch nicht offiziell, aber du gehörst zu mir. Zu mir, zu mir. Verstehst du?«
Louise nickte nicht ganz überzeugt, ließ das Sorbet auf der Zunge zergehen. »Alles, wie du willst, Liebling.« Insgeheim dachte sie voller Panik: »Was habe ich mir da bloß angetan? Bin ich von allen guten Geistern verlasen? Das ist doch Irrsinn. Aber sicher wird nichts aus diesem hirnverbrannten Plan. Götz mag keine Belgier. Und außer seinem eigenen kann er kein Kind ertragen. Also macht er da niemals mit.«
Albert dagegen kramte bereits in einem silbernen Etui mit den Visitenkarten, legte triumphierend – »da siehst du einmal, wie gut organisiert ich bin« – eine Karte mit dem steif eingeprägten Namen Anders Madsen auf den Tisch. »Gleich morgen werde ich mit Dänemark telefonieren.«
Als Louise Götz heiratete, fühlte sie sich so, als sei sie endlich in einen sicheren Hafen eingelaufen. Keine durchfeierten Nächte mehr, keine unglücklichen Affären, Schluß mit dem verzweifelten Schielen nach einer winzigen Rolle, die ihr im letzten Moment doch eine (raffiniertere) Konkurrentin vor der Nase wegschnappte. Und ebenfalls nicht ganz unwichtig Schluß auch mit der ewigen Geldknappheit.
Louise in Thüringen geboren und in einer schwäbischen Kleinstadt aufgewachsen, wo ihre Eltern ein Lederwarengeschäft betrieben war mit zweiundzwanzig Jahren nach München gekommen, um Film- oder wenigstens Fernsehkarriere zu machen. Vorher hatte sie, wie sich das für ein junges Mädchen aus gutbürgerlichem Hause gehört, ihr Abitur abgelegt, sogar eine kaufmännische Lehre absolviert. Aber sich in Metzingen zu verheiraten und später einmal das väterliche Geschäft übernehmen, das kam für sie nicht in Frage. Dazu war Louise erstens zu sehr von der Schauspielerei fasziniert und zweitens zu hübsch. Nicht, dass sich Louise viel auf ihr Aussehen einbildete sie wäre gern größer gewesen, mindestens einen Meter siebzig, hasste ihren viel zu üppigen Busen, schwärmte von wasserhellen Augen und weizenblondem Haar , trotzdem stand es von klein auf fest: Louise war etwas Besonderes. Das lag vor allem an ihren wie Veilchen leuchtenden Augen, die weniger aufgefallen wären, hätten sie zu einem Blondschopf gehört. Aber die kleine Louise hatte von ihrem Vater, dessen Aussehen an einen Zigeuner erinnerte, rabenschwarzes Haar geerbt, von der Mutter dagegen die helle Haut.
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