Zwei Personen in einem Fahrkorb - Adrian S. Kostré - E-Book

Zwei Personen in einem Fahrkorb E-Book

Adrian S. Kostré

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Beschreibung

Wenn es eine Sprache gibt, deren Wortschatz man sich wirklich leicht aneignen kann, dann ist das Deutsch. Und dennoch: Man lernt nie aus! Dieses Buch ist meine Liebeserklärung an mein Mutterland.

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Für Olga

Kapitelverzeichnis

Einleitung

Auf Deutsch ist Verlass!

Was dem Linken recht ist…

Sie können mich mal…

Mensch Meier

Herr und Frau Schmidt

Von Meckern, Mosern und Motzen

Deutsch ist multikulturell

Von deutschem Humor und Charakter

GmbH

Aphohrismen

Russen sind alle Kroaten

Zwei Personen in einem Fahrkorb

Zugabe

EINLEITUNG Der Haustürschlüssel für die Mehrzweckhalle

DUDEN „Der Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache wird im Allgemeinen zwischen 300 000 und 500 000 Wörtern (Grundformen) angesetzt. Im Durchschnitt benutzt ein Muttersprachler oder eine Muttersprachlerin etwa 12 000 bis 16 000 Wörter, darunter sind rund 3500 Fremdwörter. Verstanden wird aber viel mehr: Mit mindestens 50 000 Wörtern ist der passive Wortschatz um ein Mehrfaches größer.“

*

Wenn es eine Sprache gibt, deren Wortschatz man sich wirklich leicht aneignen kann, dann ist das Deutsch. Warum das manchen Fremdsprachlern nicht gelingt, ist mir schleierhaft. An den gleichermaßen scheiternden Einheimischen verzweifle ich. Die faulen Ausreden zugereister Sprachmuffel wie in etwa „Ich bin erst seit wenigen Jahren hier“ oder „Deutsch ist viel schwerer als Englisch“ lasse ich nicht gelten. In unserer schönen Sprache wimmelt es mittlerweile von englischen Begriffen und viel wichtiger noch: Deutsch ist eine Komposita-Sprache.

Ja, die gängigste Art der Wortbildung der Deutschen gleicht einer Komposition. Unsere Wörter werden aneinandergereiht wie die Töne einer lieblichen Melodei. Und daraus ergibt sich, ob Sie es glauben wollen oder nicht, die folgende „Regel“, die als eine Art Haustürschlüssel für die Mehrzweckhalle der Sprache Deutsch dient:

Wenn sich jemand die Mühe machen würde, nur zwei deutsche Wörter zu erlernen, bekäme er für gewöhnlich ein drittes gratis dazu!

Hier ein paar Beispiele.

Lernen Sie die Wörter „Regen“ und „Bogen“ und sprechen dann diese zusammen aus, erhalten Sie den „Regenbogen“ geschenkt. Sobald Sie das System durchschaut und verinnerlicht haben, können Sie davon auch doppelt profitieren.

Wenn Sie einzig das Wort „Handfläche“ lernen, bekommen Sie die „Hand“ und die „Fläche“ umsonst dazu.

Denkbar, wenn auch nur bedingt sinnvoll, ist die Kombination aller der hier genannten Wörter. Es ergeben sich daraus die „Regenfläche“ und der „Handbogen“ oder „Handregen“ und die „Bogenfläche“ und sogar eine bislang noch völlig unbekannte „Handregenbogenfläche“.

Ja, selbst wenn Sie glauben, zwei Begriffe vor sich zu haben, die auf keinen Fall zusammenpassen, wie zum Beispiel „Hand“ und „Schuh“, wird im Deutschen ein „Handschuh“ daraus.

Manche Komposita sind jedoch irreführend.

Ein „Geigerzähler“ gibt keine Auskunft über die Anzahl russischer Straßenmusiker in Deutschland. Notabene: Wenn jemand den Bogen raushat, muss er kein Geiger sein.

„Fahrrad“ ist zwar gesund, aber keine Aufforderung.

Und mit „Bananenrepublik“ ist kein bestimmtes lateinamerikanisches Land gemeint. Denn das wäre dann ein Vorurteil.

Aber was ist ein „Vorurteil“? Hier ein Erklärungsversuch, der sich auf die Zusammensetzung dieses Wortes stützt!

Das auf die Präposition „vor“ folgende Substantiv „Urteil“ hat nichts mit einer Uhr zu tun, obwohl diese Vermutung vom Wortklang und Definition her nachvollziehbar wäre. Es beschreibt eine verlässliche Feststellung als Ergebnis einer präzisen fachmännischen Überprüfung, das sich einem Uhrwerk gleich auf kleinteilige, komplexe Zusammenhänge stützt. Ich sehe schon, wie die Schweizer langsam, aber zustimmend ticken, Pardon, nicken. Das „vor“ davor weist darauf hin, dass es sich bei einem Vorurteil um eine unausgegorene Angelegenheit handelt.

Abschließend sei gesagt, dass die deutsche Sprache in ihrer Verlässlichkeit tatsächlich einem Schweizer Uhrwerk gleicht. Aber urteilen Sie selbst.

KAPITEL I Auf Deutsch ist Verlass!

Genau das brachte ein bekannter ausländischer Philologe seinen Studenten im Fach Germanistik bei. Auf die Nennung seines ohnehin nur schwer auszusprechenden Familiennamens verzichte ich aus Datenschutzgründen und beschränke ich mich auf den Anfangsbuchstaben „Z“, auf dem Sie sich gerne noch ein kleines „v“ vorstellen können - wenn Sie unbedingt wollen.

„Meine Damen und die wenigen Herren“, pflegte Professor Z seine neuen Studenten zu begrüßen, „Sie haben sich für Deutsch entschieden, und ich möchte Ihnen gleich anerkennend zurufen: Eine ausgezeichnete Wahl!

Bestimmt haben Sie schon davon gehört, wie melodiös die italienische Sprache sein soll, und das will auch ich nicht infrage stellen. Aber bitte, meine Damen, stellen Sie sich kurz vor, ein gut aussehender Italiener, dem gegenüber Sie keineswegs abgeneigt sind, würde Sie umwerben, und spätestens, wenn er Ihnen in Ihr Ohr seine Liebeserklärung flüstert, Ti amo, öffnet sich bei dem Klang dieser Worte, die sich wie ein Meeresrauschen den Weg in Ihre Ohrmuschel bahnen, vor Ihrem geistigen Auge eine warme mediterrane Landschaft mit einer leichten Brise und einem vorzugsweise blutroten Sonnenuntergang - jedoch Sie fragen sich zu Recht: Kann das wahr sein?

Aber auch wenn ein galanter Franzose, der angeblich die Sprache der Liebe beherrscht, mit berechtigtem Optimismus Ihr Herz zu erobern sucht und, von Ihrem Blick ermutigt, zum letzten Angriff ansetzt, indem er in Ihr Ohr flüstert, Je t'aime, so hören Sie schon die seidenen Laken knistern und sehen vor Ihrem geistigen Auge die großartige, mit dunkelroten Rosen geschmückte Liegestatt - jedoch Sie fragen sich zu Recht: Kann das wahr sein?

Und wenn Ihnen dagegen ein deutscher Mann, der Sie schon so oft ohne große Worte ausgeführt hat, dass Sie an seinen Beweggründen zu zweifeln beginnen, endlich sein Herz öffnet und ohne Umschweife sagt, Ich liebe dich, dann hören Sie sonst nichts, und Sie sehen sonst nichts, aber Sie wissen: Es stimmt!“

KAPITEL II Was dem Linken recht ist, ist dem Rechten link

Das Erlernen einer Komposita-Sprache hat gewiss auch Tücken. Hat man einmal begriffen, wie die deutsche Wortbildung funktioniert, wird man keine Schwierigkeiten haben, ein neues Kompositum oder zu Deutsch „Doppelwort“ zusammenzusetzen. Dieses heißt seltsamerweise auch dann so, wenn es sich aus drei oder mehr Wörtern zusammenfügt. Die Unkenntnis der eventuellen Doppeldeutigkeit der einzelnen Wörter lässt jedoch der Interpretationswut eines Anfängers auf deutschem Sprachboden freien Lauf.

Natürlich bedeutet Parkuhr nicht, dass in einem Park eine Uhr steht, obwohl das die nächstliegende Interpretation wäre.

Nicht jeder Landwirt, der ein Auto fährt, ist ein Autobauer.

Ebenso wenig steht Autobahn für einen Zugverkehr, bei welchem vornehmlich oder ausschließlich Pkws transportiert werden. Dabei ist „Personenkraftwagen“ keine Aufforderung an eine nicht näher definierte Gruppe von Menschen, den Einsatz ihrer geballten Kraft zu versuchen.

Und auf keinen Fall ist das Hohelied eins, das nur mit hohen Tönen gesungen werden muss.

Und das Augenlid wird gar nicht gesungen, da das „e“ fehlt. Egal, wie schön die Augen sind.