Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Der Einstieg in den Unterricht ist Ihre Visitenkarte: Sie zeigen den Schülern, was Sie in der Stunde planen und von ihnen erwarten, schaffen Transparenz und Zielorientierung, Sie wecken Neugier und Motivation! Dieses Praxishandbuch liefert eine Vielzahl an Methoden und konkreter Schritt-für-Schritt-Anleitungen für abwechslungsreiche, handlungsorientierte und motivierende Stundeneinstiege, die ohne großen Zeit- und Materialaufwand auskommen. Dabei finden sich sowohl allgemeine Stundeneröffnungsrituale und Einstiege in einzelne Stunden als auch Einstiege in neue Themenkomplexe oder Unterrichtseinheiten. Die meisten Ideen unterstützen das endeckend-problemorientierte, kooperative sowie handlungsorientierte Lernen. Doch auch klassische, lehrerzentrierte Einstiege, die Neugier wecken und informieren, fehlen nicht. Als schnelle Orientierungshilfe und zur konkreten Suche nach einzelnen Ideen sind alle Angebote in einem alphabetischen Verzeichnis sortiert. Ein gelungener Stundeneinstieg ist mehr als die sprichwörtliche "halbe Miete" - er ist entscheidend für den Stundenverlauf und der wichtigste Schritt zum Erreichen Ihrer Unterrichtsziele.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 182
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Impressum
Titel
77 motivierende Unterrichtseinstiege für die Grundschule
Autorin
Alexandra Ferrarÿ
Titelbildmotiv, Kapiteldeckblatt, Paginierung
© 23307704 – Fotolia.com (Würfel)
Illustrationen und Fotos im Innenteil
siehe Bildnachweis S.176
E-Book-Herstellung und Auslieferung readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net
Für meinen Mann Jürgen,
der mir während der Entstehung dieses Buches den Rücken freigehalten und mich in vielen Dingen unterstützt und entlastet hat.
Verlag an der Ruhr
Mülheim an der Ruhr
www.verlagruhr.de
Geeignet für die Klassen 1–4
Unser Beitrag zum Umweltschutz
Wir sind seit 2008 ein ÖKOPROFIT®-Betrieb und setzen uns damit aktiv für den Umweltschutz ein. Das ÖKOPROFIT®-Projekt unterstützt Betriebe dabei, die Umwelt durch nachhaltiges Wirtschaften zu entlasten. Unsere Produkte sind grundsätzlich auf chlorfrei gebleichtes und nach Umweltschutzstandards zertifiziertes Papier gedruckt.
Urheberrechtlicher Hinweis
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Der Verlag untersagt ausdrücklich das Herstellen von digitalen Kopien, das digitale Speichern und Zurverfügungstellen dieser Materialien in Netzwerken (das gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen), per E-Mail, Internet oder sonstigen elektronischen Medien außerhalb der gesetzlichen Grenzen. Keine gewerbliche Nutzung. Zuwiderhandlungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.
Bitte beachten Sie die Informationen unter www.schulbuchkopie.de.
Soweit in diesem Produkt Personen fotografisch abgebildet sind und ihnen von der Redaktion fiktive Namen, Berufe, Dialoge u. Ä. zugeordnet oder diese Personen in bestimmte Kontexte gesetzt werden, dienen diese Zuordnungen und Darstellungen ausschließlich der Veranschaulichung und dem besseren Verständnis des Inhalts.
Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle kann keine Haftung für die Inhalte externer Seiten, auf die mittels eines Links verwiesen wird, übernommen werden. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich.
© Verlag an der Ruhr 2013
E-Book ISBN 978-3-8346-2704-9
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Theoretische Grundlagen
Wozu benötige ich einen Unterrichtseinstieg – kann ich nicht einfach anfangen?
Definition Unterrichtseinstieg
Funktionen des Unterrichtseinstiegs
Didaktische Kriterien für einen guten Unterrichtseinstieg
Allgemeine didaktische Kriterien
Lernstandsdiagnosen
Formen des Unterrichtseinstiegs
77 motivierende Unterrichtseinstiege
Ideen 1-11 Stundeneröffnungsrituale
Ideen 12-17 Übungen zum stofflichen Aufwärmen
Ideen 18–19 Informierende Unterrichtseinstiege
Ideen 20–24 Spielerische Einstiege
Ideen 25–34 Problemorientierte Einstiege
Ideen 35–46 Objektorientierte Einstiege
Ideen 47–58 Kooperative Einstiege
Ideen 59–72 Assoziative Einstiege
Ideen 73–77 Kreative Einstiege
Ideenfinder
Alphabetisches Verzeichnis der Ideen
Literaturverzeichnis
Einleitung
Beim Schreiben dieses Werkes und der Recherche zu einzelnen Ideen fiel mir auf, wie schnell man in einen Einstiegstrott verfallen kann: Ich versuche, meinen Unterricht problem- und handlungsorientiert aufzubauen. Und dennoch: Mit der Zeit verfällt man darauf, selbst handlungsorientierten Unterricht mit einem informativen Einstieg zu beginnen und auf ein beschränktes Methodenrepertoire, das einem geläufig und angenehm ist, zurückzugreifen.
Dieses Werk soll Sie ermuntern sowie Hilfestellungen geben, diesen Trott zu durchbrechen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Welche Bedeutung ein Stundeneinstieg hat, erkennen Sie, wenn Sie zum ersten Mal vor eine Klasse treten. – Sei es als Student*, Referendar, Junglehrer oder nur, weil Sie eine neue Klasse übernehmen oder in einer Klasse vertreten.
Der Einstieg in die Stunde ist Ihre Visitenkarte (vgl. Meyer 2011 b, S. 130).
Sie zeigen damit der Klasse, wer Sie sind, was Sie können und was Sie wollen.
Aber auch, wenn Sie nicht zum ersten Mal vor der betreffenden Klasse stehen, ist der Stundeneinstieg sehr wichtig: Er kann bereits entscheidend für den weiteren Verlauf der Stunde oder Einheit sein. Gelingt es Ihnen, Interesse und Neugier zu wecken, die Kinder abzuholen und auf das neue Thema einzustimmen, wird der weitere Verlauf für sie einfacher sein.
Mit diesem Buch erhalten Sie eine Menge Ideen für abwechslungsreiche, handlungsorientierte und motivierende Stundeneinstiege, die meist ohne großen Aufwand und leicht durchführbar sind. Dabei finden sich sowohl Stundeneröffnungsrituale, Einstiege in einzelne Stunden als auch Einstiege in einen neuen Themenkomplex oder eine neue Unterrichtseinheit.
Viele Ideen unterstützen das endeckend-problemorientierte sowie handlungsorientierte Lernen. Allerdings habe ich der Vollständigkeit halber auch einige klassische, konservative Einstiege mit aufgenommen, da sie weit verbreitet sind oder in einigen Fällen durchaus ihre Legitimation haben.
Um Begriffe abzugrenzen und zu definieren sowie Grundlagen zu sichern, ist den Ideen ein kurzer theoretischer Teil vorangestellt.
Als Überblick, zur Orientierungshilfe und zur konkreten Suche nach einzelnen Ideen dienen der Ideenfinder sowie das alphabetische Verzeichnis im Anschluss an die beschriebenen Ideen.
Einige Ideen sind natürlich auch für andere Phasen des Unterrichts nutzbar und finden sich somit auch in anderen Werken oder Ideensammlungen wieder. Alle Ideen sind als Vorschlag gedacht. Durch Ihre eigene Kreativität können Sie sie passgenau für Ihre Bedürfnisse verändern.
Ich hoffe, Sie mit diesem Werk motivieren zu können, dem Unterrichtseinstieg (wieder) mehr Beachtung zu schenken. – In den meisten Fällen ist es wirklich leicht, den Einstieg in die Stunde oder Einheit spannend und abwechslungsreich zu gestalten.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen motivierende Stundeneinstiege, motivierte Schüler und daraus resultierend viel Motivation und Freude am Unterrichten!
Alexandra Ferrarÿ
* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir in diesem Buch durchgehend die männliche Form verwendet. Natürlich sind damit auch immer Frauen und Mädchen gemeint, also Lehrerinnen, Schülerinnen etc.
Wozu benötige ich einen Unterrichtseinstieg – kann ich nicht einfach anfangen?
Bei schnellem Hinsehen denkt man: Der Begriff Unterrichtseinstieg erklärt sich sofort selbst: Ein Unterrichtseinstieg ist der Einstieg in den Unterricht.
Einerseits stimmt diese Aussage, andererseits bleiben doch bei genauerer Überlegung einige Fragen offen: Wie definiere ich „Unterricht”? – Geht es um den Einstieg in ein bestimmtes neues Thema oder den Beginn einer Unterrichtsstunde? Hat der Unterrichtseinstieg immer zum Ziel, über Thema und Stundenziel zu informieren? Um diese Fragen zu beantworten, ist es nötig, den Begriff genauer zu definieren und abzugrenzen.
Definition Unterrichtseinstieg
Zuerst einmal bezeichnet der Begriff eine bestimmte Phase des Unterrichts. Anders als bei anderen Phasen, die teilweise vertauscht, verschoben oder weggelassen werden können, steht der Unterrichtseinstieg immer an erster Stelle. Dabei kann man zwischen einem Stundeneinstieg, der zu Beginn jeder Stunde erfolgt, und dem Einstieg in einen neuen Themenkomplex unterscheiden.
Ich denke, in der Definition gibt es einen großen Unterschied:
Für die Definition des Einstiegs in einen neuen Themenkomplex schließe ich mich Hilbert Meyer (2011 b) an:
Der Einstieg in einen neuen Themenkomplex soll – mit unmittelbarer oder mittelbarer Hilfe des Lehrers – die Schüler für das Thema und das Thema den Schülern erschließen.
Klafki (1963) beschreibt dies als einen „Prozess der doppelseitigen Annäherung“. Einerseits soll das Thema so aufbereitet werden, dass die Schüler in die Lage versetzt werden, es sich möglichst selbsttätig anzueignen; andererseits sollen sich auch die Schüler auf das Thema zubewegen und ihr Interesse daran geweckt werden (Meyer 2011 b, S. 123).
Für Stundeneinstiege muss die Definition erweitert werden, da es Stundeneinstiege gibt, die in keinster Weise zum Thema hinführen bzw. mit dem eigentlichen Stundenthema nichts zu tun haben. Insbesondere seien an dieser Stelle schon die „Stundeneröffnungsrituale“ genannt, die in diesem Werk eine eigene Ideengruppe bilden.
Der Stundeneinstieg kann sowohl eine Disziplinierungs- als auch eine Erschließungsfunktion haben. Stundeneinstiege können mit dem Stundenthema in Bezug stehen, müssen dies jedoch nicht.
Hat der Stundeneinstieg ausschließlich eine Disziplinierungsfunktion, muss ihm auf jeden Fall noch ein thematischer Einstieg folgen.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Länge des Einstiegs: Während der Einstieg in einen neuen Themenkomplex einen längeren Zeitraum, mitunter sogar eine oder mehrere Stunden, in Anspruch nehmen kann, sollte der Stundeneinstieg nur einen Bruchteil der zur Verfügung stehenden Stundenzeit einnehmen.
In diesem Werk werden sowohl Ideen, die sich zum Stundeneinstieg eignen, als auch Einstiege in neue Themenkomplexe, beschrieben.
Welche Ideen wofür genutzt werden können, zeigt Ihnen der Ideenfinder (S. 166–170).
Funktionen des Unterrichtseinstiegs
Wie im letzten Kapitel bereits angedeutet, kann der Unterrichtseinstieg verschiedene Funktionen haben. Im Folgenden nenne ich die Wichtigsten.
Ich beschränke mich dabei auf allgemeine Funktionen. Einzelne Einstiege können natürlich auch jeweils weitere spezielle Funktionen oder Ziele haben.
Der Unterrichtseinstieg soll
❐ die Schüler disziplinieren,
❐ ihnen helfen, ihre Sinne für das Kommende zu sammeln,
❐ Fragen hervorrufen,
❐ die Schüler neugierig machen,
❐ ihr Interesse am neuen Thema wecken,
❐ sie über das Kommende informieren,
❐ ihre Vorkenntnisse und Vorerfahrungen aktivieren,
❐ den Schülern eine Chance geben, die weiteren Schritte mitzuplanen und mitzubestimmen,
❐ eine Verknüpfung des schon Bekannten mit dem neuen Stoff herstellen.
Die von mir gewählte Reihenfolge hat dabei keine hierarchische Bedeutung.
Meist fallen einem Einstieg mehrere Funktionen zu.
Auf welchen Funktionen der Schwerpunkt des Einstiegs liegt, hängt häufig auch davon ab, welcher Didaktik der Unterrichtende nahesteht (vgl. Meyer, 2011 b): Ein Lehrer mit deduktivem Vorgehen wird eher mit begrifflich-abstrakten Vorerklärungen beginnen, während ein Lehrer mit induktivem Vorgehen eher mit Fällen oder Anwendungsbeispielen anfangen wird. Anhänger der lernzielorientierten Didaktik geben sich in der Regel mit einer einfachen Lernzielnennung zufrieden, während der Einstieg im erfahrungsbezogenen Unterricht mithilfe subjektiver Schülererfahrungen begonnen wird.
Da ich das entdeckende Lernen und damit verbunden problem- und handlungsorientierten Unterricht favorisiere, werden in diesem Werk viele Ideen vorgestellt, bei denen die Schüler handelnd tätig werden können oder bei denen sie angeregt werden, sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dementsprechend haben die Einstiege verschiedene Dimensionen: kognitive, affektive (Gefühle, Einstellungen und Werthaltungen betreffend) sowie psychomotorische (Verbindung von Kopf- und Handarbeit).
An Stellen, wo ich es für sinnvoll erachte, erläutere ich noch einmal, auf welcher Funktion der Schwerpunkt des beschriebenen Einstiegs liegt.
Didaktische Kriterien für einen guten Unterrichtseinstieg
Allgemeine didaktische Kriterien
Meyer (2011 b, S. 129) schlägt für die Planung und Beurteilung von Unterrichtseinstiegen fünf Kriterien vor, durch die sich ein guter Unterrichtseinstieg auszeichnet.
1. Der Einstieg soll den Schülern einen Orientierungsrahmen vermitteln. Dazu gehört, dass die Schüler über den Umfang, die Aspekte und Dimensionen der Stunde oder des neuen Themas informiert werden sollen. Außerdem sollte aufgezeigt werden, mit welchen Methoden und Verfahren am Thema gearbeitet werden kann.
Auf diese Weise erfahren die Schüler, was auf sie zukommt, sie können sich auf das Thema einstellen, sich in das Thema hineindenken und mitplanen. Vorerfahrungen der Schüler können abgefragt und mit eingebracht werden. Auch Änderungswünsche können ggf. berücksichtigt werden.
Aufgrund der lehrerzentrierten Planung des Themas übernimmt der Lehrer in dieser Phase in der Regel die führende und aktive Rolle. Hier muss darauf geachtet werden, dass die Schüler nicht durch eine zur Routine erstarrte, rein verbale Information über den weiteren Unterrichtsverlauf überfordert werden. Dementsprechend sollte die Orientierung so oft wie möglich zu einer ganzheitlichen, sinnlich-anschaulichen und/oder schüleraktiven Einführung genutzt werden (ebd., S. 131).
2. Der Einstieg soll in zentrale Aspekte des neuen Themas einführen.Er soll ins Zentrum des Sach-, Sinn- oder Problemzusammenhanges führen, den es neu zu erschließen gilt. Meyer warnt davor, den Einstieg wegen eines kurzen Motivationseffektes an ein interessantes, aber unwesentliches Detail zu knüpfen, da die Schüler dies schnell durchblicken und sich dadurch „verschaukelt oder getäuscht“ fühlen. Vielmehr soll der Einstieg auf das Exemplarische, das Elementare oder Fundamentale hinführen.
Ich ergänze dieses Kriterium noch dahingehend, dass Aufwand und Nutzen in einem realistischen Verhältnis stehen sollten und dass die zeitliche Relation zwischen Einstieg und Durchführung beachtet werden sollte. Es kann sein, dass Planung und Durchführung des Einstiegs in ein neues
Thema sehr aufwändig und zeitintensiv sind. Hierzu wäre das Beispiel der Durchführung eines Planspiels zur Erläuterung der Demokratie zu nennen. Dennoch sollte kritisch reflektiert werden, bei welchen Themen sich solch ein Einstieg anbietet. Gerade der Einstieg in eine neue Stunde oder auch ein Stundeneröffnungsritual sollte so geplant werden, dass für Erarbeitung, Übung und Reflexion noch ein angemessener Zeitraum verbleibt.
3. Der Einstieg soll an das Vorverständnis der Schüler anknüpfen.Meyer ergänzt dieses fachliche Vorwissen durch situationsbedingte Geschehnisse, die die Vorkenntnisse beeinflussen. Hierzu zählt er u. a. Pausenstreitigkeiten, das Wohlbefinden einzelner Schüler oder eine schlecht ausgefallene Klassenarbeit. Er schlägt vor, unter dem Begriff Vorverständnis „das Gesamt an Vorerkenntnissen, Einstellungen, Interessenlagen und Haltungen der Schüler zu verstehen, das ihr Denken, Fühlen und Handeln im Unterricht steuert.“ Um dies zu erreichen, fordert er, auf folgende Punkte besonders zu achten:
❐ Der Lehrer soll sich auf die Vorkenntnisse der Schüler beziehen.
❐ Der Lehrer soll sich auf die Sprache, Denkweise und Weltbilder der Schüler beziehen (was nicht heißt, dass er die Sprache seiner Schüler imitieren, sondern dass er selbst sie erst einmal verstehen lernen soll).
❐ Der Lehrer soll sich in die Handlungslogik der Schüler hineindenken, aber dennoch deutlich machen, dass er eigene und für sinnvoll gehaltene Lehrziele verfolgt.
❐ Der Lehrer soll ein Unterrichtsklima schaffen, in dem sich die Schüler wohl- und angenommen fühlen, sodass sie bereit sind, ihr Vorverständnis zum neuen Thema zu artikulieren.
4. Der Einstieg soll die Schüler disziplinieren.In der „alten Schule“ vor der 68er-Bewegung kam diesem Einstieg unausgesprochen eine zentrale Bedeutung zu: Disziplinierungsrituale, insbesondere auch zum Stundeneinstieg, waren ein unangefochtener, nicht hinterfragter, fester Bestandteil. Mit aufkommender antiautoritärer Erziehung kippte dies. Disziplinierungsrituale wurden als schlecht verworfen.
Ich denke, gerade in der heutigen Diskussion über zunehmende Respekt- und damit verbundene Disziplinlosigkeit erhält dieses Kriterium eine ganz neue Aktualität und Brisanz.
Meyer (2011 b, S. 133) fordert dementsprechend nicht, dass der Einstieg die Schüler extrinsisch disziplinieren soll, sondern dass er eine disziplinierte Arbeitshaltung herstellen soll. Die Disziplin des Schülers hat eine äußere, beobachtbare und eine innere, nur aus dem Verhalten zu erschließende Seite. Bei der äußeren geht es um die ruhige, sachbezogene, manchmal auch neugierig-aufgeregte Bereitschaft, sich auf das Thema der Stunde einzulassen. Die innere Seite bezeichnet die innere Ruhe, Spannung und Neugier, das Sich-Öffnen gegenüber dem neuen Thema. Innere und äußere Seite zusammen ergeben das, was als „Arbeitshaltung des Schülers“ benannt wird.
Aufgabe und Ziel des Lehrers muss es also sein, die Fremddisziplin schrittweise in Selbstdisziplin zu überführen. Denn nur dann, wenn die Schüler von sich aus eine sachbezogene Arbeitshaltung entwickeln, kann der Lehrer seine Schüler zu Selbstständigkeit und Mündigkeit erziehen.
5. Der Einstieg soll den Schülern möglichst oft einen handelnden Umgang mit dem neuen Thema erlauben.Der handlungsorientierte Unterrichtseinstieg soll eine offene Unterrichtssituation schaffen, in der die Schüler das neue Thema an sich selbst erfahren können. Sie sollen erproben, was sie an dem Thema besonders interessiert, welche Stärken und Schwächen sie haben, wo sie Vertrautes in Erinnerung rufen oder Neues erlernen können. Um dieses Selbst-Erproben-Können zu erreichen, muss der Lehrer meist erst selbst aktiv werden und mögliche Umgangsformen mit dem Thema vormachen. Dazu soll er laut Meyer (ebd., S. 134) die üblichen Bahnen der rein verbalen Vergegenständlichung des Unterrichtsthemas verlassen und selbst aktiv werden, indem er möglichst oft
❐ vorspielt, vormacht, vorsingt,
❐ dramatisiert, experimentiert, zerlegt und zusammensetzt,
❐ Modelle, Landkarten, Friese, Wandzeitungen oder Collagen anfertigt,
❐ Experten ins Klassenzimmer holt oder zu Experten geht und das Klassenzimmer verlässt,
❐ verfremdet, provoziert oder vernebelt,
❐ aber auch anschaulich macht, vergrößert, vergröbert, überspitzt, verballhornt und verdreht.
Lernstandsdiagnosen
Zusätzlich zu den genannten didaktischen Kriterien sollte jeder neue Themenkomplex möglichst eine Lernstandsdiagnose enthalten.
Dabei sollte festgestellt werden, welches Vorwissen die Schüler mitbringen und an welche Erfahrungen der Lehrer anknüpfen kann. Auch die Lernvoraussetzungen sowie äußerliche und strukturelle Begebenheiten müssen berücksichtigt werden.
Paradies/Greving (2011, S. 21) schlagen dementsprechend in Anlehnung an Stern (2004, S. 39) folgende Fragen vor, die in Hinblick auf die Auswahl des Einstiegs berücksichtigt werden sollten:
❐ Welche Routinen müssen beherrscht werden?
❐ Welche Begriffe müssen verstanden und welche Fakten müssen bekannt sein, damit ein bestimmtes Lernangebot genutzt wird?
❐ Wo liegen die Quellen für Missverständnisse?
❐ Welche unterschiedlichen Möglichkeiten gibt es, einen bestimmten Sachverhalt auszudrücken?
❐ Welche Veranschaulichungsformen können angeboten werden?
Schon während der Einstiegsphase sollte der Unterricht so gestaltet werden, dass die individuellen Voraussetzungen der Schüler beachtet werden. Nichts ist demotivierender, als wenn ein Schüler, der ein richtiger Experte in Bezug auf das neue Thema ist, bereits zu Beginn der Einheit merkt, dass der Lehrer einzig und allein sein eigenes Expertenwissen weitergeben will und Vor- oder Spezialkenntnisse nicht berücksichtigt werden.
Formen des Unterrichtseinstiegs
Zur besseren Übersichtlichkeit habe ich die Ideen in verschiedene Arten eingeteilt. Teilweise ist es möglich, einzelne Einstiege mehreren Kategorien zuzuordnen. In diesem Fall habe ich mich an der Hauptkategorie orientiert.
Folgende Kategorien unterscheide ich:
❐ Stundeneröffnungsrituale
❐ Übungen zum stofflichen Aufwärmen
❐ Informierende Einstiege
❐ Spielerische Einstiege
❐ Problemorientierte Einstiege
❐ Objektorientierte Einstiege
❐ Kooperative Einstiege
❐ Assoziative Einstiege
❐ Kreative Einstiege
Ich charakterisiere die jeweilige Form des Einstiegs zu Beginn des jeweiligen Kapitels kurz und nenne deren Merkmale und typische Funktionen.
Ideen 1–11
Stundeneröffnungsrituale
Stundeneröffnungsrituale sind wiederkehrende, vom Thema unabhängige Einstiege.
Sie haben einen hohen Disziplinierungscharakter und sollen häufig die Aufmerksamkeit der Kinder auf das Thema lenken bzw. die Kinder erst einmal für das Thema vorbereiten oder offen machen. Dazu werden ganz unterschiedliche Ansätze und Wege genutzt.
1 Begrüßung
Die Begrüßung ist wohl das banalste, aber auch am stärksten verbreitete Stundeneröffnungsritual. Aus diesem Grund soll sie an dieser Stelle eine kurze Erwähnung finden.
Ziele
Natürlich soll den Schülern mit der Begrüßung eine Höflichkeitsform vermittelt werden. Gleichzeitig hat sie auch zum Ziel, die Schüler zu disziplinieren und ihre Aufmerksamkeit auf den Lehrer und den beginnenden Unterricht zu fokussieren.
Vorbereitung
Für die meisten Formen der Begrüßung ist keine besondere Vorbereitung notwendig. Es gibt jedoch auch Begrüßungsrituale, für die bestimmte Materialien nötig sind.
So geht’s
Einfache Begrüßung
Die ursprünglichste Form ist wohl der einfache Morgengruß, der vom Lehrer begonnen und von den Schülern erwidert wird. Achten Sie hierbei darauf, dass die Klasse zur Ruhe gekommen ist, bevor Sie sie begrüßen. Warten Sie darauf, dass alle Kinder leise sind und mit Ihnen Blickkontakt haben.
Individuelle Begrüßung
Eine Variante ist die individuelle Begrüßung. Sie eignet sich besonders für geöffnete Phasen (vgl. Idee 11, Individueller, ritualisierter Tages- oder Stundeneinstieg). Hierbei wird das ankommende Kind individuell, eventuell sogar mit Handschlag, begrüßt. Der Lehrer nimmt sich Zeit, auf den Schüler einzugehen. Auf den Morgengruß kann ein kurzes Gespräch, z. B. über Erlebtes oder besondere Ereignisse, folgen. Diese Art der Begrüßung hat den Vorteil, dass Sie schneller individuelle Befindlichkeiten bemerken und gezielt darauf eingehen können. Außerdem stellt sie für das einzelne Kind einen hohen Grad der Wertschätzung dar und stärkt somit die Lehrer-Schüler-Beziehung, da seine individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Spezielle Begrüßungsrituale
Gerade in den unteren Klassen werden häufig besondere Begrüßungsrituale eingesetzt. Dies kann z. B. das Anschlagen einer Klangschale oder das Einspielen einer Melodie oder eines Liedes sein, das signalisiert, dass die Begrüßung beginnt.
Die Begrüßung kann auch durch einen besonderen Kehrvers, der durch Bewegungen unterstützt wird, erfolgen. Hierdurch lockern sich die Kinder noch einmal und werden aktiv, bevor sie die Konzentration auf den Lehrer lenken (müssen).
Eine Übung, die einen hohen Disziplinierungsfaktor hat, den meisten Kindern aber viel Spaß macht, ist das Klatschen eines bestimmten Rhythmus: Beginnen Sie damit und die Schüler stimmen im gleichen Rhythmus ein. Da die Kinder sich auf das Klatschen konzentrieren müssen, verstummen Gespräche quasi von selbst.
Eine weitere Möglichkeit ist es, zur Begrüßung einen speziellen Gruß weiterzuschicken. Dies kann im Stile der „Stillen Post“ geschehen. Allerdings darf hierbei nachgefragt werden, wenn der Gruß nicht verstanden wurde, da er auch bei der letzten Person richtig ankommen soll. Durch diese Art der Begrüßung üben die Schüler, einander zuzuhören. Ein Gruß kann auch im Kreis stehend über einen Händedruck weitergegeben werden.
Um das Miteinander der Schüler zu fördern und Höflichkeitsformen zu üben, ist es außerdem denkbar, dass sich Tischnachbarn besonders begrüßen.
Tipps
Ändern Sie die Begrüßung möglichst ab und zu in Tonfall, Sprachgeschwindigkeit oder Wortwahl. Dadurch verkommt sie nicht zu einem leeren Ritual („Gu-ten Mooooooor-gen, Frau Fe-rraaaaaa-rÿÿÿÿÿÿÿÿ“). Fügen Sie der Begrüßung von Zeit zu Zeit etwas Persönliches hinzu. Es gibt Tage, da kann es gut sein, den Kindern kurz mitzuteilen, wie Sie sich fühlen oder warum Sie sie heute überschwänglich oder gedämpft begrüßen. Auf diese Weise merken die Schüler, dass die Begrüßung wichtig ist. Sie signalisiert, dass ich den anderen wertschätze und mich auf ihn einlasse. Dementsprechend spreche ich auch Kinder gezielt an, die sich der Begrüßung entziehen oder diese nicht mitsprechen.
2 Lied
Eine Sonderform der Begrüßung stellt das Lied dar. Sie kommt insbesondere in den unteren Klassenstufen sowie im Fremdsprachenunterricht zum Einsatz.
Ziele
Ziel der Begrüßung durch ein Lied ist die Fokussierung auf das Unterrichtsgeschehen. Im Fremdsprachenunterricht kommt dazu noch die Einstimmung auf das Unterrichtsfach (ab jetzt wird in einer anderen Sprache gesprochen).
Vorbereitung
In der Regel ist keine spezielle Vorbereitung notwendig, es sei denn, Sie benötigen bestimmte Instrumente oder eine CD. Stellen Sie sicher, dass Sie das Lied gut kennen oder dass Ihnen der Text und/oder Noten vorliegen.
So geht’s
Zusammen wird ein bestimmtes Lied gesungen. Hierbei kann es sich entweder immer um das gleiche Lied handeln (meist im Fremdsprachenunterricht, z. B. der Titelsong zum Lehrbuch) oder Sie wählen es aus einem Fundus von Liedern aus.
Zu dem Lied können bestimmte Bewegungen durchgeführt werden. Dadurch lockern sich die Kinder noch einmal.
Tipps
Erarbeiten Sie mit den Kindern eine kleine Liedauswahl und lassen Sie die Schüler entscheiden, welches Lied gesungen wird. Auf diese Weise wirken Sie dem entgegen, dass die Schüler sich langweilen und das Lied nur „herunterleiern“. Außerdem sprechen unterschiedliche Lieder unterschiedliche Kinder an. Runden Sie das Stundeneröffnungsritual mit dem gleichen Ritual am Ende des Tages ab und verabschieden Sie sich ebenfalls mit einem Lied.
3 Aufstehen
Das Aufstehen ist ein nicht unumstrittenes Ritual. In den letzten Jahren habe ich jedoch beobachtet, dass es wieder eine zunehmende Popularität erlangt. Durch das Aufstehen wird der Phasenwechsel (Neuanfang) klarer. Tätigkeiten, die die Kinder bis jetzt durchgeführt haben, müssen unterbrochen werden.
Ziele
Ziel des Aufstehens ist eine eindeutige Disziplinierung und Fokussierung auf das Unterrichtsgeschehen.
Vorbereitung
Meist auf Ihr Zeichen oder seltener mit Ihrem Betreten des Raumes erheben sich die Schüler von ihren Plätzen, stehen still an ihrem Platz und warten auf Ihren Morgengruß. Nach dem Erwidern des Grußes nehmen sie ihre Plätze (unaufgefordert) wieder ein.
So geht’s
Wichtig ist, dass Sie den Kindern durch das Aufstehen nicht vermitteln, dass Sie der Diktator sind, nach dessen Pfeife sie tanzen müssen, dass Sie die Macht haben, sie aufstehen oder sitzen zu lassen.
Das Ritual ist, wie jedes Ritual, nur dann sinnvoll, wenn die Schüler erkennen, wozu es dient.
Eine Variante zum einfachen Aufstehen ist, die Kinder zu einem weiteren Ritual, z. B. einem Lied oder Bewegungsspiel, aufstehen zu lassen.
4 Kreis
Eines der populärsten Stundeneröffnungsrituale, insbesondere in den unteren Klassen, ist sicherlich der Stuhlkreis.