Ad Astra – Chet Morrows Weg zu den Sternen, Neue Abenteuer 12: Der Malivia-Effekt - Thomas T. C. Franke - E-Book

Ad Astra – Chet Morrows Weg zu den Sternen, Neue Abenteuer 12: Der Malivia-Effekt E-Book

Thomas T. C. Franke

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Beschreibung

Chaos herrscht auf dem Planeten der Geierköpfe, das Hohe Nest, die neunköpfige Führung, ist einem Attentat zum Opfer gefallen, der Verantwortliche für den Anschlag, der amtierende Geheimdienstchef, ist ebenfalls tot, vergiftet von seiner Stellvertreterin. Denn sie ist die Oberste Hüterin, die Weibliche, die zugleich die Revolte anführt. Die Hüterinnen planen, die letzte Machtbasis der alten Krieger zu erobern, diese befindet sich in der großen Raumstation im Orbit. Die Menschen haben sich entschieden, auf Seiten der Hüterinnen einzugreifen. Während einer Aktion auf dem Planeten zuvor hatten die Menschen ein Schiff zurücklassen müssen, die Malivia. Das Schiff wird zur Raumstation gebracht, um dort untersucht zu werden. Auf diesen Moment, an dem das Schiff dort verankert wird, haben Menschen und Hüterinnen gewartet, sie starten ihren Angriff, helfen soll ihnen dabei der Malivia-Effekt ...

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Seitenzahl: 345

Veröffentlichungsjahr: 2024

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In dieser Reihe bisher erschienen

e601  Thomas T. C. Franke Ad Astra 01: Franke Schatten über dem Mars

e602  Thomas T. C. Franke Ad Astra 02: Die Kometenfalle

e603  A.N. O’Murtagh Ad Astra 03: Söldner der Galaxis

e604  Melanie Brosowski Ad Astra 04: Gestrandet in der weissen Hölle

e605  Thomas T. C. Franke Ad Astra 05: Jagt den Milan!

e606  Melanie Brosowski Ad Astra 06: Das Maki-Komplott

e607  Melanie Brosowski & Margret Schwekendiek Ad Astra 07: Hölle auf Eden

e608  Thomas T. C. Franke Ad Astra 08: Entscheidung auf Ceres

e609  Melanie Brosowski & Udo Mörsch Ad Astra 09: Die Aurora-Mission

e610  Melanie Brosowski & Udo Mörsch Ad Astra 10: Im Bann der Geierköpfe

e611  Thomas T. C. Franke Ad Astra 11: Geheimwaffe Dakota

e612  Thomas T. C. Franke Ad Astra 12: Der Malivia-Effekt

DER MALIVIA-EFFEKT

AD ASTRA – CHET MORROWS WEG ZU DEN STERNEN, NEUE ABENTEUER

BUCH 12

THOMAS T.C. FRANKE

Copyright © 2024 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier 

In Zusammenarbeit mit

Heinz Mohlberg Verlag GmbH, Pfarrer-Evers-Ring 13, 50126 Bergheim

Redaktion: Danny Winter

Titelbild: Mario Heyer unter Verwendung der KI Software Midjourney

Umschlaggestaltung: Mario Heyer

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

Die Printausgabe des Buches ist 2016 im Mohlberg-Verlag erschienen.

ISBN: 978-3-945416-55-6

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-68984-144-7

e612 vom 20.09.2024

INHALT

Was zuletzt geschah

Ein neuer Anlauf

Falsche Entscheidung

Im Unterschlupf

Im Zentrum des Chaos

Ein neuer Plan

Riskanter Einsatz

Countdown zum Einsatz

90 Minuten bis zum Einsatz

57 Minuten bis zum Einsatz

Überraschung in der Raumstation

Das Enterkommando

Das Chaos beginnt

Kampf um die Station

Am Ende des Einsatzes

Epilog

Über den Autor

WAS ZULETZT GESCHAH

Mit der Aktion Wundertüte hatten Menschen und Makis auf dem Planeten Aarknar Kontakt bekommen zu den Geierköpfen. Der Name hält sich hartnäckig, dabei ähneln die intelligenten Wesen eher räuberischen kleinen Dinosauriern als Vögeln. Die Mission ist beendet, die Menschen haben es ohne Verluste geschafft, Kontakt mit denjenigen herzustellen, die Frieden wollen und ein Ende der Kämpfe. Es sind die Hüterinnen, diese fordern, dass sich das Schwarze Volk wieder um sich selbst und vor allem um die bedrohte Umwelt auf ihrem Heimatplaneten kümmert. Dafür sollen die Kriege im Auftrag der Großen beendet werden.

Bei der Mission waren die Menschen mit Hilfe von einigen Geierköpfen in das wichtigste Gefängnis auf dem Planeten eingedrungen, dabei wurde der einzige menschliche Gefangene ebenso befreit, wie eine wichtige Hüterin. Der stellvertretende Geheimdienstchef, dem die Führung der Geierköpfe, das Hohe Nest, die Schuld an den Fehlschlägen im Kampf gegen die Menschen gab, sollte hingerichtet werden. Doch dieser hatte vorgesorgt für den Fall, er vergiftete die Anführer, schob die Morde dann den Menschen in die Schuhe. Seine Stellvertreterin Irikarr konnte ihn entlarven und vergiftete darauf ihn. Bevor er starb, enthüllte sie ihr Geheimnis: Sie ist die oberste Hüterin, die Anführerin der Revolte.

EIN NEUER ANLAUF

Die beiden noch sehr jungen Krieger hoben ihre Waffen, Rranriik, der alte Krieger, sah genau, dass die Jungen zitterten vor Furcht.

Dabei sind die Waffen nicht auf sie gerichtet, sondern zielen auf mich. Und alles nur, weil dieser verdammte Bodenbrüter Rrokran den Wachdienst übernommen hat.

Rranriiks einstiger Freund und Rivale, nun seit langem sein ärgster Feind, kam aus dem Verschlag, schaute ihn triumphierend an, seine Kopffedern hatten sich steil aufgestellt. Rrokran war im letzten Mondumlauf tief gesunken, er hatte sein Kommando verloren, weil es ihm und seiner Eingreiftruppe nicht gelungen war, die Pelzigen zu fangen, die sich mit einem Schiff ins System verirrt hatten. Und noch viel schlimmer: Das Militär hatte auf seinen Befehl hin Schiffe eingesetzt, diese hatten den Kampf gegen einen zahlenmäßig unterlegenen Gegner aber verloren.

Rrokran war nur mit viel Glück mit dem Leben davongekommen nach der Blamage. Der schlimmste Moment des Einsatzes: Die Pelzigen, die Rrokran mit seiner Truppe fassen sollte, hatten Unterstützung durch kampfkräftige Zweibeiner erhalten. Und der Einzige, der die Zweibeiner im letzten Moment hätte aufhalten können, er hatte versagte, weil er nicht kämpfen wollte.

Es war Rranriik gewesen, der versehrte Krieger. Seine nie ganz ausgeheilte Knieverletzung, die ihn immer hindern würde, wieder ein normaler Krieger zu werden, die hatte ihm Rrokran zugefügt, als sie beide noch sehr jung gewesen waren, sie hatten damals um einen hohen Posten gekämpft.

Wegen des Versagens im Kampf gegen die Zweibeiner war Rranriik degradiert worden zum einfachen Krieger, doch für das Versagen musste auch Rrokran büßen, deswegen fand er sich nun als verdammter Bodensoldat wieder. Er würde nach dieser Schmach im Gefecht mit den Zweibeinern nie wieder ein Schiff kommandieren.

Für diese Demütigungen wollte Rrokran jemanden bestrafen, am besten töten! Rrokran gehörte zu den alten Kriegern, die nicht genug vom Geruch warmen Blutes bekommen konnten. Und jetzt sah Rrokran seine Chance gekommen, weil er Rranriik in die Fänge bekommen hatte.

„Du hast diesen Zweibeinern geholfen bei der Gefangenenbefreiung. Für diesen Verrat kann es nur eine Strafe geben, du verdammter Bodenbrüter!“ Er öffnete erwartungsvoll den Schnabel. Jetzt und hier würde er seine Rache bekommen. Er schaute seinen alten Rivalen fast mitleidig an, sah das zerrupfte Gefieder, es rührte nicht nur von der jüngsten Festnahme her, auch zuvor hätte Rranriik nicht für das Werbebild Der stolze Krieger posieren können. Dennoch war er im Dienst geblieben. Immer wieder waren sie sich bei Einsätzen begegnet, fast als ob sich Rranriik verschworen hatte, seinen alten Widersacher zu demütigen.

Damit ist es jetzt aber endgültig aus.

„Wie willst du das dem Oberkommando erklären?“ Rranriiks Stimme klang ruhig, als ob ihn nichts erschüttern könne.

„Ein Verräter versuchte, aus dem Gewahrsam auszubrechen, natürlich mussten wir ihn aufhalten. Leider wollte er sich nicht wieder ergeben. Da ...“

„ ... musstest du ihn töten?“ Rranriik neigte den Kopf leicht zur Seite, um Rrokran aus beiden Augen direkt anblicken zu können. „Oh, nein, nicht mal das bekommst du selbst hin, dafür brauchst du willige Vollstrecker.“ Rranriik blickte wieder zu den beiden jungen Kriegern, denen er ansah, wie unwohl sie sich fühlten. Sie sollten gehorchen, das bekamen sie in der Ausbildung an jedem einzelnen Sonnentag immer und immer wieder hören, sie mussten es zudem laut aussprechen. Doch ...

„Schon mal einen Unschuldigen und Unbewaffneten erschossen?“ Rranriik wandte sich direkt an die beiden Krieger, falls sie wirklich jeden Befehl ohne Zögern ausführen würden, blieben ihm nur noch wenige Atemzüge. Betteln um sein Leben würde er nicht, wenn er etwas bedauerte, dann nur, dass ihm nicht mehr Zeit mit Irrkra, seiner ... Gefährtin geblieben war. Er schaute auf die Wand oberhalb der Köpfe der beiden Krieger. Wo sich plötzlich ein kleiner roter Fleck abzeichnete, der nach unten wanderte, auf der Brust des einen Kriegers Halt machte, dieser ließ dann mit einem Aufseufzen die Waffe fallen, schon seufzte der zweite Krieger, beide fielen um. Das Klappern des Metalls auf dem steinernen Boden war wie ein Startschuss. Rranriik nahm den Kopf herunter, machte zwei Schritte und rammte Rrokran, traf dessen Magen. Der alte Krieger sackte zusammen, bewusstlos war er aber nicht, er wollte sich wieder aufrappeln. Dann aufstöhnte auch Rrokran, Rranriik hatte kurz zuvor einen weiteren roten Fleck gesehen, auf dem Körper des Kriegers.

Jemand schießt auf sie.

Er blickte zu dem winzigen Fenster, sah dort so etwas wie eine Hand. Rranriik bückte sich kurz, packte mit jeder Hand eine Waffe. Rrokran selbst hatte keine getragen.

Typisch für ihn. Immer müssen andere für ihn die Nester säubern.

Rranriik stürmte aus seiner Zelle, der Flur war leer, er rannte weiter in Richtung Ausgang, hörte nun Krieger brüllen, vor Wut oder Schmerz. Rranriik stürmte auf die Gitter zu, die die Zellen des steinernen Verlieses von der Wache trennten, der Krieger, der dort Wache hielt, wollte gerade in Richtung der Kampfgeräusche laufen, besann sich eines Besseren. Befehl war Befehl, er sollte den Gefangenen dort bewachen. Und jetzt erschrak der Krieger, als er Rranriik auf sich zulaufen sah, mit Waffen in den Krallen.

„Mach sofort auf.“ Rranriik brüllte, deutete mit der Waffe in der rechten Faust auf den Krieger, der reagierte aber anders als gedacht, er sprang zur Seite, Rranriik verlor keine Zeit, wollte das Gitter aufschießen. Doch die Projektile prallten ab, er spürte den Luftzug, ein Querschläger verfehlte ihn knapp.

Rranriik hörte den Krieger schreien. Verirrte Kugel? Nester, das wollte ich nicht.

„Nicht schießen.“ Der Krieger schob sich von der Seite her wieder vor das Gitter, mit den Krallen der linken Hand tippte er etwas unbeholfen, es war die richtige Kombination. Die Gittertür öffnete sich ruckartig in Richtung Rranriik, der brachte sich mit einem kurzen Hüpfer außer Reichweite, ehe er durch die offene Tür stürmte.

Der Krieger hielt sich den rechten Arm, hatte seinen Kopf furchtsam eingezogen, blickte sich um. Rranriik folgte dem Blick und sah … zwei kleine Zweibeiner in dunkelgrauen, robust wirkenden Raumanzügen. Beide Zweibeiner hielten Waffen in den Wänden. Ziemlich große Waffen. Der eine Zweibeiner klappte sein Helmvisier auf.

„Okay, großer Vogel? Die Kavallerie ist da! Also, können wir nun abhauen? Ahm ... da draußen haben wir ein paar Federbälle ziemlich sauer gemacht, also pronto!“

Rranriik sah den kleinen Menschen verblüfft an, er kannte ihn. Dokata so ähnlich nannte der sich, nein, es war eine Weibliche.

„Dokata, was ... wie ...“

„Keine Zeit, großer Vogel, jetzt bringen wir dich erst mal hier raus.“

Sie rannte los, hielt dabei die Waffe nach vorne gerichtet, wieder hörte Rranriik Stöhnen. Weitere Wachen waren auf die Zweibeiner gestoßen, es war ihnen nicht bekommen. Jetzt dröhnte von draußen ein Antrieb, es war ganz nah und klang nach einer unter Volllast landenden Maschine. Ein Klang, den Rranriik gerade jetzt willkommen hieß, so würden sie also entkommen. Der kleine Zweibeiner drehte sich noch mal kurz zu ihm um. „Und hey! Es heißt Dakota!“

FALSCHE ENTSCHEIDUNG

24 Stunden zuvor: Rranriik hatte sich entschlossen, unterzutauchen, so, wie es viele der Weiblichen hielten, die sich entschlossen hatten, für die Hüterinnen zu kämpfen. Ja, er war den Zweibeinern dankbar für die Rettung Irrkras. Aber er wollte nicht an Bord ihres Schiffes bleiben. Hier war ihm alles fremd.

Nein, er wollte zurück in seine Heimat. Schließlich gab es hier für ihn nun eine Aufgabe. Der Kampf gegen das Hohe Nest, der Einsatz für die Hüterinnen. Auch wenn sie ihm das ausreden wollten, die Menschen und auch Irrkra. Die Gefahr für ihn, schnell entdeckt und gefangen genommen zu werden, die erschien ihnen zu groß. Rranriik versuchte sie zu beruhigen. „Sie haben mich bestimmt nicht identifiziert.“ Das hatte er ihnen mehrfach versichert, selbst wenn er gar nicht so sicher war, dass das auch wirklich stimmte. Zumal er ja von seinem Posten verschwunden war, aber vielleicht war das in dem ganzen Chaos an diesem Abend, in dieser Nacht, nicht aufgefallen. Dutzende Krieger waren bei dem Chaos rund um das Hohe Nest und das Gefängnis beteiligt gewesen, vielleicht gar über Hundert. Bis alle verhört waren, aussagen konnten, das würde doch dauern. „Überhaupt, ich war ein guter Krieger. Vor meinem Verrat ...“

Er ließ das Wort im Mund zergehen. Die meisten Krieger würden ihn jetzt sicher einen Verräter nennen, wenn sie ihn auf den Vids erkannten.

Zuerst hatte er es zugelassen, dass die Zweibeiner, die Menschen diese Pelzigen retteten aus dem gestrandeten Schiff. Dabei hatte er zuletzt Auge in Auge gestanden mit einem dieser Menschen. Ohne ihn anzugreifen. Alle seine Vorgesetzten, die diese Vid-Sequenz kannten, hatten ihn beschuldigt, feige zu sein, kein wahrer Krieger.

Es war der schlimmste Vorwurf, den man Rranriik machen konnte, ausgerechnet Rrokran hatte das Desaster im Kampf mit dem kleinen Schiff der Menschen überlebt, und hatte natürlich nicht gezögert, alle Schuld auf Rranriik abzuwälzen.

Was den alten Krieger nach seiner Rückkehr alles gekostet hatte, was von seiner Karriere übriggeblieben war. Das Oberkommando hatte bewusst darauf verzichtet, ihn anzuklagen. Das hätte seine schnelle Hinrichtung bedeutet. Nein, sie wollten ihn demütigen, deswegen war er im Dienst geblieben, aber natürlich hatten sie ihn degradiert, öffentlich. Er war nun wieder einfacher Krieger, ein versehrter Krieger. Der nur noch dazu diente, dass sich andere über ihn lustig machten, oder ihn ständig demütigten.

Zudem hatten sie seine Gefährtin gefangengenommen, zu seinem Glück kannte niemand die Verbindung genau. Rranriik hatte ihr deswegen nahe sein können, in dem er sich als Wärter meldete. Und dann waren diese Zweibeiner nach der Rettung der Pelzigen erneut nach Aarknar gekommen, direkt zu ihm. Und er hatte nicht gezögert, ihnen diesmal gar aktiv zu helfen. Weil sie einen Gefangenen retten wollten, einen der ihren. Und dieser war in einer Zelle ganz nah seiner Gefährtin Irrkra untergebracht gewesen. Als die Menschen zudem erfuhren, dass Irrkra eine Hüterin war, hatten sie eingewilligt, auch sie zu befreien. Der waghalsige Plan hatte geklappt.

Menschen und ihre Helfer, darunter Rranriik, waren dann mit heiler Haut und allen Federn entkommen, mit einem Transmittersprung, auf das große Schiff der Menschen.

Weil Irrkra sich entschieden hatte, zurück auf den Planeten zu gehen, um ihren Kampf fortzusetzen, war Rranriik mitgekommen, in einem der kleinen Schiffe der Menschen waren sie wieder auf Aarknar gelandet, ohne den Streitkräften aufzufallen. Weder Patrouillenschiffe noch die Raumstation hatten sie bemerkt, als das Schiff im Morgengrauen gelandet war, nicht nur einfach auf Aarknar, nein ziemlich in der Nähe der Stadt Rran.

Rranriik wusste, was diese Menschen riskiert hatten, auch wenn ihr technischer Vorsprung gewaltig war gegenüber dem Schwarzen Volk. Ein großes Risiko blieb immer. Beim letzten Mal hatten die Menschen ein kleines Schiff zurücklassen müssen. Und erneut mit Hilfe des Transmitters zu flüchten, würde verdammt schwierig werden. Genauer: Es war unmöglich.

Noch einmal würden sich Wachen und Krieger nicht so übertölpeln lassen. Aber bestimmt hatten Zweibeiner und diese Pelzigen noch einige Tricks im Nest versteckt, da war Rranriik sicher. Er hatte es auf dem Schiff selbst erlebt, wie die Zweibeiner einiges ausprobierten. Ihre Krieger übten zudem fast ständig.

Sie hatten Rranriik sogar aufgefordert, mit ihnen zu trainieren, selbst waffenlosen Kampf. „Weißt Du, Rranriik, beim nächsten Mal möchten wir vorbereitet sein. Auf eure Art zu kämpfen.“ So hatte es dieser Dima gesagt. Rranriik vermochte es nicht, dessen weiteren Namen auszusprechen. Alles mit Sch war ein nahezu unmöglicher Laut für das Schwarze Volk.

Die kleine Kriegerin, diese Dakota, hatte merkwürdige Töne von sich gegeben, als er versucht hatte, ihr das zu erklären, jetzt wusste er, die Töne standen für große Heiterkeit, wobei die Menschen ganz unterschiedliche Töne produzierten, wenn sie sich amüsierten. Rranriik war zu zurückhaltend, um dazu eine Bemerkung zu machen. Womöglich gab es gar ein Tabu, darüber zu sprechen?

Die kleine Zweibeinige war jedenfalls mitgekommen, um Irrkra und Rranriik abzusetzen. Sie landeten in einem heruntergekommenen Viertel, voller verdreckter Ruinen einstiger Industrie-Anlagen. Auch das brachte ihm wieder deutlich vor Augen, wie schlimm es um das Schwarze Volk stand. Der Niedergang war offensichtlich, und jetzt war die Unterstützung der Großen versiegt.

„Du bist ganz sicher, dass du nicht bei uns bleiben willst?“

Diese Dakota hatte ihn aus seinen Gedanken gerissen, sie sprach gerne mit ihm. Rranriik und Irrkra hatten inzwischen verstanden, dass es sich bei Dakota mitnichten um ein junges Exemplar der Menschen handelte, sie war kein kleiner Nestling, der wachsen würde. Nein, die Menschen besaßen sehr unterschiedliche Körpergrößen. Der Pilot, der sie gerade sanft auf dem Boden absetzte, war jedenfalls jünger an Sonnenumläufen als diese kleine Weibliche, dafür erreichte der Pilot leicht Rranriiks Körpergröße.

„Wir ... versuchen, auf euch aufzupassen. Aber ... es wird schwer.“

Die kleine Zweibeinige hatte zumindest Bruchstücke der Sprache des Schwarzen Volkes gelernt. Wenigstens bei der Fähigkeit, neue Sprachen zu lernen, waren die Menschen den Geierköpfen deutlich unterlegen. Rranriik und Irrkra taten sich jedenfalls leicht mit dem Erlernen der Menschensprache, so wie es zuvor schon Prr-Ho gelungen war. Auch wenn manche Aussprache der Worte in den Ohren der Menschen gewöhnungsbedürftig klang, und einige Laute das Schwarze Volk überforderten.

Nun war es Zeit zum Abschied, die Menschen ließen Rranriik und Irrkra aussteigen. Irrkra hatte das winzige Gerät dabei, mit dem sie künftig Kontakt halten konnte zu den Menschen, vorsichtig in ihren grauen Umhang gewickelt. Es war ein Gerät, das die Menschen EME nannten, Rranriik hatte sich darüber gewundert, dass die Bezeichnung für Erde-Mond-Erde stand.

„Wir Menschen haben es einst dafür genutzt, Signale direkt zu unserem Mond zu senden, der unseren Heimatplaneten umkreist, er ist über eine Lichtsekunde entfernt. Die Signale kamen dann zurück“, erklärte Dakota ihm. Und das Schwarze Volk sollte nicht in der Lage sein, die Botschaften mitzuhören. Oder aufzuzeichnen.

Normale Geräte des Schwarzen Volkes brauchten Satelliten, um einmal um den Planeten zu funken. Die Verwendung der Satelliten, um sich mit den Menschen auszutauschen, kam natürlich nicht in Frage. Deswegen dieses besondere Gerät, es war ein kleines unauffälliges schwarzes Kästchen.

Dazu brauchte Irrkra zudem Zugang zu einer besonderen Antenne, aber das war problemlos. Überall auf den großen Häusern in Rran standen die Empfangsanlagen für Satelliten.

Irrkra hatte bei der letzten Besprechung sehr energisch gewirkt. Immer wieder tippte sie mit einzelnen Krallen ihrer rechten Hand auf die Tischfläche. Die zum Glück aus einem sehr beständigen Kunststoff bestand.

„Jede Hüterin hat Zugang zu solchen Anlagen, das wird kein Problem. Wir verständigen uns allerdings über ein allgemein zugängliches Netzwerk. In der Flut der echten Mitteilungen für alte Freunde und ehemalige Mitnestlinge fallen die verschlüsselten Mitteilungen nicht auf. Weder die Krieger noch der Geheimdienst waren dazu bisher in der Lage. Und wenn ich in eurer Sprache sende, können sie es auch nicht entschlüsseln.“

Die Menschen hatten genickt – Rranriik wusste inzwischen, dass es ihr Zeichen für Ja, oder Verstanden war. Und so trennten sie sich auf der Oberfläche. Das kleine Schiff würde versteckt bleiben, um dann spätestens in einem Tag, in der Dunkelheit zu starten. Natürlich erst, wenn die Raumstation, die um Aarknar kreiste, das Gebiet nicht mehr mit Ortungsstrahlen erfassen konnte.

Rranriik hatte jetzt genug gesehen von der Technik dieser Menschen. Wenn sie wollten, könnten sie das Schwarze Volk vernichten, fürchten mussten sie allein die von den Großen stammenden Kreuzer. Aber auf einen offenen Kampf, so, wie es das Schwarze Volk liebte, darauf wollten es die Menschen gar nicht ankommen lassen, sie suchten Frieden. Deswegen setzten sie auf die Hüterinnen und wollten ihnen helfen. Wie weit diese Hilfe gehen würde?

Bislang hatten sich die Menschen jedenfalls nicht offen eingesetzt, vielmehr mit Täuschungen gearbeitet. Ihre kleinen Zweibeiner hatten sich gar getarnt, als Pelzige. Rranriik fragte sich, ob das nicht letztlich zu wenig war. Scheiterten die Weiblichen, dann würde ein neues Hohes Nest wohl das Heimatsystem der Menschen wieder angreifen wollen, auch ohne Unterstützung der Großen. Die alten Krieger kannten nur den blutigen Weg. Rranriik war entschlossen, alles zu tun, damit es nicht dazu kam. Denn dabei konnten sie alle nur verlieren.

Genau wie Irrkra wollte er also im Untergrund kämpfen, allerdings jeder für sich. Irrkra wollte Rranriik nicht an ihrer Seite haben, darauf hatte sie bestanden.

„Tapferer Rranriik. Du bist und bleibst ein Krieger. Wenn auch einer mit einem großen Herz. Auch für die Gegner. Du bist so anders als die Alten. Die kennen nur Blutvergießen. Aber so gut du dich auch auf den Kampf verstehst, vom Untergrund weißt du nichts. Und das sollst du auch nicht. Es ist nicht deine Welt.“

Irrkra war stur geblieben, so freundlich wie bestimmt hatte sie es abgelehnt, Rranriik auch nur zu verraten, wo ihr nächster Treff war, oder in welchem Viertel sie unterkommen wollte. Sie wollte ihn nicht dabeihaben.  Aber auch Rranriik war stur, hörte nicht auf Irrkras Argumente.

„Rranriik, je weniger du darüber weißt, desto besser. Bleib du bei deiner Geschichte: Die Zweibeiner haben dich dazu gezwungen, ihnen zu helfen. Und dich im Anschluss freigelassen. Weil du einen der Ihren verschontest.“

Sie sah ihn an. „Du weißt, wie brutal die Krieger sein können. Manche wollen dein Blut vergießen. Sie haben möglicherweise entdeckt, was du für mich getan hast. Deswegen halt dich besser gut versteckt.“

Doch Rranriik glaubte nicht, dass das Oberkommando wusste, welche Rolle er gespielt hatte, es war einfach zu viel Chaos gewesen, das die Zweibeiner angerichtet hatten. Beginnend mit dem Ausbruch der Pelzigen, der schiefgelaufenen Suche nach ihnen. Und zuletzt der Einbruch der Menschen ins Hohe Nest. Viel zu viele Krieger und Wachen waren dort gewesen, seine Rolle war bescheiden, beschränkte sich auf das Gefängnis. Und dort waren so viele andere Wachen gewesen.

Nein, die können nichts Genaues wissen.

IM UNTERSCHLUPF

Irrkra sah sich so unauffällig wie möglich um, ohne aufzufallen. Sie trug wieder ihr blaues Gewand, das sie als Mitarbeiterin eines medizinischen Labors auswies. Genau dies war auch auf ihrer Kennkarte vermerkt. Nur, dass diese Karte einer genauen Überprüfung nicht standhalten würde.

Ich muss so schnell wie möglich wieder unauffällige, normale Kleidung tragen. Aber vorher muss das Gerät der Zweibeiner im Versteck sein. Und zudem gut getarnt

Irrkra war hier, im Bezirk Kolarr einst geschlüpft. Viele die hier lebten, kamen aus nah verwandten Nestern. Irrkra fühlte sich hier geborgen, sie wusste nur zu gut, dass die meisten Weiblichen hier zumindest Unterstützer, wenn nicht gar Mitglieder der Hüterinnen waren. Das hatte einen einfachen Grund: Kolarr und die Umgebung hatten noch vor zwei Generationen zum grünen Gürtel der Stadt gehört. Hier war die Landwirtschaft zuhause gewesen, die die Stadt ernährte. Viele Nester bewirtschafteten Grünland, pflanzten, pflegten und ernteten die Pflanzen, die die Jäger bevorzugten. Denn es stimmte keineswegs, dass das Schwarze Volk sich allein von Fleisch ernährte. Zudem waren die Beutetiere schon vor Generationen knapp geworden.

Frisches Fleisch war allein wenigen regierenden Nestern vorbehalten. Wie es hieß, bekamen die Krieger auch noch Portionen ab. Allerdings nur geringe, dazu gab es Fisch. Erst die Großen hatten das Schwarze Volk gelehrt, auch Nahrung aus den Meeren zu holen.

Die einfachen Nestlinge waren seit Generationen auf das angewiesen, was die Erde hergab. Und das war durchaus reichlich gewesen, daran erinnerte sich Irrkras Nestmutter. Etwa an den wohlschmeckenden Karoll. Und die gelben Prannas waren angeblich schön dick gewesen, als sie die Weiblichen aus Kolarr zum Markt brachten. Irrkra kannte nur Bruchstücke, neben den Erzählungen gab es noch alte Vids zu sehen, von glücklich wirkenden Weiblichen bei der Arbeit mit ihren Nestlingen.

Heute herrschte auch in Kolarr die fast überall vorherrschende Farbe Grau, die sich nicht nur in Rran ausbreitete. Sand wehte durch die Straßen, die Ackerflächen waren dagegen fast alle verödet. Einzig Kraakna wuchs hier noch, der Brei der zähen Pflanze war zum Hauptnahrungsmittel der meisten Nester geworden. Es wuchs gerade genug, um nicht zu verhungern. Aber es war kein Vergleich mit einstiger Blüte. Und immer, wenn die alten Weiblichen bei den jährlichen Versammlungen darauf verweisen wollten, wurden sie von Kriegern daran gehindert. Nicht von den jungen, die alten Krieger wollten von der Jammerei wie sie es nannten, nichts hören.

Schließlich gehörten sie zu den Wenigen, die sich noch über Chi-Beeren und andere Köstlichkeiten freuen durften. Wenn auch dieses Angebot von einem Sonnenumlauf zum nächsten immer geringer wurde, bald völlig versiegen könnte, wenn die Ausbreitung der Dürre und die Versteppung der Böden so anhielt. Jedenfalls: Irrkra wusste sich hier in guter Gesellschaft. Ihre Angst vor Entdeckung war gering. Mehrfach hatte sie sich in diesem Bezirk versteckt, dort würde sie kein Nest verraten.

Innerhalb einer Einheit fand sie ein einfaches Quartier, es war kahl, aber praktisch. Niemand wollte ihre Identitätskarte sehen, damit jeder bei einer Kontrolle behaupten konnte: „Ich kenne keine Irrkra.“

Das Beste am neuen Quartier war allerdings die Lage: Im höchsten der vier Stockwerke gelegen besaß Irrkra von ihrem neuen Nest einen direkten Zugang zum flachen Dach des Gebäudes. Es dauerte nur zwei Einheiten, da hatte sie das Gerät der Menschen bereits angeschlossen an die Satellitenschüssel, die es hier, wie auch auf allen Nachbarhäusern gab. Es war einfach eine weitere Leitung, unauffällig auf den ersten Blick.

Irrkra richtete sich ein, was schnell genug ging, schließlich besaß sie ja keine Reichtümer, keine Möbel. Einige Uniformen zum Wechseln hatte sie bei einer Bekannten erhalten. Irrkra seufzte, Kraana war so gutmütig. Irrkra wusste, dass sie Kraana vorerst nicht wieder aufsuchen durfte, ihr schon gar nicht verraten durfte, wo sie jetzt lebte. Je weniger davon wussten, desto besser war es. Zugleich kreisten ihre Gedanken vor allem um einen reichlich zerzausten, aber tapferen Krieger.

Was Rranriik jetzt wohl macht?

* * *

Rranriik hatte sich nach der Trennung von den Menschen und Irrkra treiben lassen, war einfach dem Schnabel nach durch die Gassen gegangen, er musste dabei immer wieder eine Pause einlegen. Sein Knie schmerzte, sein Kopf war voller Gedanken, was er als Nächstes unternehmen sollte.

Unbewusst nahm er den Weg, den er nur zu gut kannte, stand plötzlich nur eine Gasse entfernt von den Schranken der Kasernenanlage, wo er zuletzt so oft selbst gestanden hatte, als Wachsoldat. Ganz genau konnte er die Soldaten nun sehen. Und die wiederum sahen nun ihn. Hastig umkehren, es würde höchst verdächtig wirken. Nur nicht auffallen.

So aufrecht wie möglich ging er langsam auf die Schranken zu, die den einzigen offiziellen Zugang zu der gewaltigen Anlage bildeten, die das Hohe Nest umfasste, das Kommando der Bodenstreitkräfte und das Hochsicherheitsgefängnis.

In dem Rranriik zuletzt vor gerade drei Tagen gewesen war. Als diese Zweibeiner ... Menschen ... verbesserte er sich, das Gefängnis gestürmt und Gefangene befreit hatten, darunter auch Irrkra, meine Gefährtin. Bis zu diesem Moment hatte er es nicht geschafft, dies Irrkra auch laut zu sagen.

Nur wenige des Schwarzen Volkes hätten so viel riskiert für eine Weibliche. Wenn sie es jetzt nicht merkt, ohne dass ich es laut ausspreche, wird es nie etwas mit uns.

Rranriik fuhr sich mit der rechten Hand nervös über den Kopf, strich die Federn glatt. Nicht, dass es dort noch viel von seinem Kopfschmuck gegeben hätte, als Erinnerung an einige seiner Gefechte hatte er viele Federn eingebüßt.

Ganz normal weitergehen. Wie jeder Soldat.

Rranriik hatte die Schranken erreicht, die Wachen dort sahen ihn desinteressiert an. Niemand geriet in Aufregung oder machte Anstalten, eine Waffe auf ihn zu richten. Rranriik hielt das für ein gutes Zeichen. Über ihm schwebte einer der Tragschrauber langsam über die unsichtbare Grenze. Das waren bestimmt hochgestellte Krieger aus dem Oberkommando oder aus dem Hohen Nest ...

Rranriik sah aber deutlich, dass zumindest am Boden die Attacke der Menschen deutliche Spuren hinterlassen hatte, er konnte mit bloßen Augen mehrere Patrouillen sehen, innerhalb des Zaunes, wie auch auf der zivilen Seite, dort wurde nun jeder kontrolliert, der sich dem Zaun näherte, oder in einem Fahrzeug saß.

Zu spät.

Wäre Rranriik ein Mensch gewesen, er hätte jetzt breit über das Gesicht gegrinst, dazu war dieses Gesicht mit dem großen Schnabel nicht fähig. Aber Rranriik fühlte sich gut angesichts des Chaos. Zu dämlich hatten sich seine Vorgesetzten verhalten, ganz wie kopflose Bodenbrüter. Kein Wunder, dass das Schwarze Volk so viele Niederlagen in jüngster Zeit erlitten hatte, auch gegen die Menschen.

In der kurzen Zeit an Bord ihres großen Schiffes hatten sie ihm großzügig Zugang zu ihren Archiven gewährt, daher wusste Rranriik nun, dass einige an Bord bereits gegen das Schwarze Volk gekämpft hatten, auf ihrem eigenen Planeten. Und er wusste jetzt auch den Namen, den sie ihnen gegeben hatten: Geierköpfe.

Rranriik hatte Bilder dieser Kreaturen gesehen, mit denen die Menschen sie verglichen, dass der Vergleich nicht gerade schmeichelhaft ausfiel, Chet Morrow, dem Anführer der Menschen war es fast peinlich gewesen. Das hatte Rranriik gespürt, als er sich mit diesem Morrow unterhalten hatte.

Geier waren primitive Wesen, schon gar keine Jäger. Sie warteten einfach, bis sich ihre Beute zum Verrecken hinlegte. Ein bisschen schmerzte es Rranriik, wie diese Menschen sein Volk bisher gesehen, bisher bezeichnet hatten.

Als Ausgleich hatte Chet Morrow ihm Vids der Raptoren gezeigt, Dinosaurier nannte er sie. Die es leider nicht mehr gab auf der Erde. So wie das Schwarze Volk bewegten sich diese Wesen, die Rranriik sofort als Jäger erkannte, auf zwei kräftigen Beinen, auch die Krallen, die sie stolz trugen an den Beinen – und mit denen sie ihre Gegner attackierten, da bestanden große Ähnlichkeiten. Nur die Arme dieser Dinosaurier waren schrecklich kurz gewesen, mit diesen winzigen Stummeln wären sie kaum in der Lage gewesen, Waffen zu nutzen, oder Gebäude zu errichten.

Auch hatten einige der kleineren Raptoren Federn besessen, wenn auch nicht so ein prächtiges Kleid wie das Schwarze Volk. Und beim Kopf endeten die Ähnlichkeiten, wo das Schwarze Volk einen kräftigen Schnabel besaß, hatten die Raptoren Schnauzen besessen, allerdings voller gefährlicher Zähne.

Mit denen wollten sie uns nicht vergleichen.

Rranriik war es klar. Wer seinen Gegner mit einem äußerst gefährlichen Raubtier gleichsetzte, würde nur Ängste bei den eigenen Kriegern schüren. „Außerdem existierten sie vor vielen Millionen Jahren, sind inzwischen längst ausgestorben“, hatte ihm Chet Morrow verraten. „Ihre heutigen Nachfahren besitzen Gefieder und Schnäbel, genau wie ihr!“

„Die möchte ich mir gerne einmal aus der Nähe ansehen“, hatte Rranriik betont, Chet Morrow hatte seinen Mund verzogen, die Geste kannte Rranriik nicht. Aber die Stimme verriet, dass der Mensch nicht böse, oder geschockt war von Rranriiks Ansinnen, sondern ihm diesen Wunsch wohl gerne erfüllt hätte.

Vielleicht einmal. Wenn wir es denn schaffen, diese Krise ohne Krieg zu überstehen.

Die Menschen waren jetzt die beste Chance für die Hüterinnen, das Hohe Nest zu übernehmen. Rranriik hatte das Innere der Macht gesehen. Ganz kurz nur, und er war enttäuscht gewesen. Dunkler Fels, dazu höhlenartig. Das war es, was ihm vom Hohen Nest in Erinnerung blieb. Wer dort lebte, besaß keinen Kontakt zum normalen Volk, die Krieger konnten nicht wissen, wie es dem normalen Volk ging, vielleicht wollten sie es auch nicht wissen. Es hätte ja bedeutet, sich dem zu stellen, was die Nester bedrückte. Seit mehreren Generationen hatten sich die alten Krieger im Hohen Nest vor dem Volk verborgen, aber weiterhin Krieger losgeschickt für die Feldzüge der Großen, egal, was es kostete.

Rranriik spürte seine alte Verletzung nun richtig. Er war jetzt bereits seit dem frühen Morgen auf den Beinen, eine Pause reichte nicht mehr. Er brauchte unbedingt Kleidung, Nahrung, ein tragbares Vid. Und Geld. Und er wusste, wo er Letzteres finden konnte.

In meinem Nest.

Womöglich hatten es Agenten des Geheimdienstes oder Krieger der Bodenkommandos durchsucht, er wollte es riskieren. Natürlich passte er auf, ließ sich viel Zeit bei der Annäherung an das Gebäude. Er wartete, beobachte den Eingang. Kein Krieger weit und breit, auch keine Bodenfahrzeuge.

Natürlich könnten sie in meinem Nest auf mich warten.

Rranriik ließ sich Zeit. Dann folgte er einer jungen Weiblichen, die gar nicht bemerkte, dass er so nah hinter ihr war, als sie das Gebäude betrat. Er quetschte sich mit durch den Eingang, ehe sich die Tür schließen konnte, dann ging er zunächst langsam an der Tür seines Nestes vorbei. Horchte angestrengt.

Kein Ton drang heraus, er blieb dennoch vorsichtig, er verließ das Stockwerk. Kehrte erst nach geraumer Zeit zurück, die Tür zeigte nun deutliche Spuren. Kratzspuren.

Ungeduldige Krieger. Sie sind also hier gewesen.

Rranriik zögerte ein letztes Mal, setzte dann den elektronischen Schlüssel auf. Fast lautlos klickte das Schloss. Die Tür stand offen. Rranriik schnaufte laut durch, öffnete die Tür ganz. Zumindest auf den ersten Blick sah alles unangetastet aus. Aber Rranriik bemerkte doch, dass seine Uniformen durchwühlt worden waren. So schlampig legte er sie nie zusammen.

Also sind sie wohl hinter mir her, suchen mich. Na, wenn schon.

Er blickte sich um. Nur kurz hatte er in diesem Nest gelebt, Freunde besaß er hier auch keine.

Nur noch schnell ein paar Sachen packen, dann nichts wie raus.

Er verstaute alles in einem Bündel, das er sonst bei seinen Einsätzen dabeihatte, schnallte es sich auf den Rücken, ein letztes Mal blickte er sich in seinem Nest um, dann öffnete er die Tür …

„Festnehmen!“

Drei Krieger standen vor ihm, sie waren einen Moment so erstaunt wie er, offenbar hatten sie nicht damit gerechnet, dass er ihnen die Tür öffnete. Rranriik sah, dass die Krieger nicht mal bewaffnet waren, es waren einfache Wachen, die ihn wohl einfach deswegen gesucht hatten, weil er nicht zum Dienst erschienen war. Was für ein Pech!

Aber vielleicht gab es noch eine Chance, so wie es aussah, rechneten sie wohl mit einem Fahnenflüchtigen.

Ich muss versuchen, mich herausreden und später untertauchen.

Er hob vorsichtig die Arme, im Hintergrund schubste ein Krieger einen anderen zur Seite, kreischte dabei erneut. Und diese Stimme kannte Rranriik nur zu genau.

„Ergreift den Verräter. Wer sich weigert, teilt sein Schicksal.“

„Aber, Rrokran ...“ Es war offenbar sein Stellvertreter als Wachhabender, der den Widerspruch gewagt hatte. Der ältere Krieger stand ganz ruhig da, versuchte seinen Vorgesetzten zu beschwichtigen. Schließlich geschah alles in der Öffentlichkeit, schon öffneten sich auf dem Flur weitere Türen. Doch Rrokran ließ sich nicht bremsen. Wütend schlug er mit dem Handrücken dem anderen ins Gesicht.

„Was war an meinen Worten nicht deutlich?“

Worauf sich die restlichen beiden Wachen beeilten, sich auf Rranriik zu stürzen. Schon lag der alte Krieger auf den kalten Bodensteinen. Zwei Wachen knieten auf ihm, obwohl er sich nicht wehrte, erst, als er Hand- und Fußfesseln trug, rissen sie ihn hoch. Nun konnten sie gar nicht grob genug mit ihm umgehen, was wohl mehr der Angst vor Rrokran geschuldet war als ihrer Angst vor diesem zerrupften alten Krieger.

„Bringt ihn in das steinerne Quartier.“ Es war Name aller Krieger für die Zellen direkt neben der Wache, in der soeben Verhaftete auf Verhöre warten mussten. Rranriik spuckte kurz aus, es war Dreck, den er in seinen Schnabel bekommen hatte, als ihn die Wachen auf den Boden gedrückt hatten. Seine Spucke landete kurz vor den Füßen seines alten Feindes.

„Immer der alte Rranriik, nur keine Schwäche zeigen, was?“

Rrokran hatte sich wieder etwas gefangen, drehte sich um.

„Worauf wartet ihr? Bringt ihn zum Verhör!“

Dumm wie ein Bodenbrüter. So dumm hab ich mich angestellt.

Rranriik ärgerte sich die ganze Zeit, die es dauerte, ihn mit einem Bodenfahrzeug zur Wache zu bringen. Also nicht allzu lange. Schon schmiedete er wieder Pläne. Wenn er sein altes Nest einfach mitten in der Nacht aufgesucht hätte, wäre ihm nichts passiert, zumindest hätte er es gemerkt, wenn sich Wachen näherten. Und zu allem Unglück musste er ausgerechnet auf seinen alten Widersacher stoßen.

Was er jetzt wohl mit mir vorhat?

Rranriik erwartete nichts Gutes.

Aber sie müssen mich erst einmal verhören. Lange befragen über alles, was ich über die Zweibeiner weiß. Und in der Zeit würde es eine Möglichkeit geben, zu entkommen, Rranriik gab nicht einfach auf. Das Fahrzeug hielt vor der Wache, die rötliche Sonne Aarknars ging gerade unter, es wurde dunkel. Die Wachen beeilten sich, sie schleiften Rranriik in das Gebäude, stießen ihn dann in eine der Zellen. Die Zellen waren hier alle gleich: Ein Raum, in dem es nichts gab, außer nackten Stein, aus dem das Gebäude bestand, ein rundes Loch diente als Fenster, nicht einmal ein Nestling hätte sich hindurchwinden können.

Normalerweise diente es vorübergehend als Unterkunft, von hier aus wurden die Festgenommene dann verteilt. Ob an die Polizei, oder das Oberkommando, manchmal wollte auch der Geheimdienst mit Verhafteten sprechen. Das Gerücht besagte: Wen der Geheimdienst abholte, der sah nie mehr das Licht der Sonne.

Rranriik war es vorerst egal, vorsichtig lehnte er sich an die kühle, dunkle Wand, rutschte dann herunter. Bis er auf seinem Hinterteil saß. Unbequem für einen des Schwarzen Volkes. Aber er konnte er nicht ändern. Und er erwartete nicht, dass er hier lange ausruhen würde ...

In der Wache lief Rrokran gerade zur Höchstform auf, er brüllte seinen Stellvertreter erneut an, der nach dem Schlag völlig verschüchtert schien. „Die Freiwache soll antreten. In ...“ Er schaute auf das Chronometer an der Wand. Das Schwarze Volk unterteilte die Sonnentage in zehn Abschnitte. Da sich Aarknar schneller um seine Sonne drehte als die Erde, entsprach ein Abschnitt rund zwei Stunden.

„In einem halben Abschnitt steht die Wache, voll ausgerüstet, bewaffnet und mit Munition.“

„Warum ...“

Haulan, der alte Krieger, klang nicht aufsässig, ohne Zweifel wollte er keine weitere Bestrafung riskieren. Er wollte einfach nur wissen, was Rrokran vorhatte. Ihm kam ein fürchterlicher Verdacht. Aber er wollte, dass sein Vorgesetzter es laut aussprach.

„Natürlich, um diesen Verräter bestrafen zu können, du blöder Bodenbrüter.“

„Ihr wollt ihn doch nicht etwa ...  Haulan verstummte, Rrokran brüllte wieder. „Ich will diesen Verräter hinrichten. Eigentlich müssten wir ihn ja mit unseren Krallen zerfetzen. Aber als Krieger ...“

Er ist verrückt geworden.

Haulan war nicht der Einzige im Raum, der so dachte, auch die anderen Wachen wirkten geschockt. Beim abendlichen gemeinsamen Trinken in der Kaserne darüber schwadronieren, was man alles mit Feinden oder mit Verrätern tun würde, es war eine Sache. Aber hier sollten sie nun jemanden kaltblütig töten, nicht im Kampf, noch nach einem Urteil.

Sondern einfach, weil es ein Wachhabender so wollte?

Aber keine der Wachen brachte den Mut auf, etwas zu unternehmen, bis auf einen, Haulan! Er wagte es trotz der Einschüchterung. Allerdings informierte er keinen unmittelbaren Vorgesetzten, auch nicht das Oberkommando. Es musste ja schnell gehen. Und er brauchte Hilfe von einer Seite, die keine Angst vor den Bodenkriegern hatte. In seiner Not fiel ihm nur eine Möglichkeit ein.

IM ZENTRUM DES CHAOS

Noch immer ging es in der Geheimdienstzentrale zu, wie in einem Nest, wenn sich der ganze Clan traf, um das Schlüpfen zu beobachten. Es war ein Kommen und Gehen. Und jeder Kommende musste seinen Kommentar dazu abgeben, was passiert war, dass man selbst natürlich lange davor gewarnt hatte. Irikarr beschloss, sich zurückzuziehen, an einen ruhigen Ort, um einen Moment zu verschnaufen.

Es sollte nicht sein. Ein junger Agent hätte sie beinahe umgerannt, als er ins Büro der Stellvertreter stürmte, von denen allerdings derzeit niemand greifbar war, bis auf Irikarr. Der junge Agent schnaufte hörbar, Irikarr sah ihn tadelnd an, worauf er sich sichtlich zusammenriss.

„Agent Amakin. Ich … wir haben ... eine unglaubliche ...“

Irikarr schaffte es mit nur zwei Anläufen, eine vernünftige Meldung aus dem Agenten herauszuholen. Ein älterer Krieger war also verhaftet worden, statt ihn zu verhören, wollte der Wachhabende ihn einfach ... beseitigen?

Was für ein dummer Bodenbrüter.

„Und dieser Krieger, der es gemeldet hat, ist ganz sicher?“ Ihr Tonfall hörte sich mehr als skeptisch an.

„Oh, ja. Ist er. Und ... wie es scheint, will der Wachhabende persönlich Rache nehmen. Deswegen will er, dass Blut fließt.“

Irikarrs Gedanken rasten, dann hatte sie sich gefangen. „Nehmen Sie eine Gruppe von der Bereitschaft. Und einen Schweber. Schnell! Ich verständige die Zentrale. Und Sie holen Sie mir diesen Gefangenen da raus. Lebend!“

„Aber ...“

Der Agent sah sie unsicher an, es war kein Scherz gewesen, dies sah er an der unbewegten Miene der Stellvertreterin. Er riss sich sein tragbares Vid vom Gürtel, während er in Richtung Ausgang sprintete, rief er schon die Bereitschaft. Irikarr sah ihm nach.

Guter Agent. Aber ihr werdet es womöglich nicht rechtzeitig schaffen, da braucht es andere.

Sie lief in ihr kleines Abteil, direkt neben Cha-Ras Büro. Irikarr glaubte nicht an Geister, aber in den Räumen ihres so plötzlich ums Leben gekommenen Vorgesetzten fühlte sie sich nicht mehr wohl. Schließlich trug sie die Schuld daran, dass Cha-Ra seine Machtträume nicht umsetzen konnte, sie hatte ihn vergiftet, um zu verhindern, dass er Oberster aller Nester wurde …

Irikarr informierte ihre Kontakte über das Netz, Angst vor Entdeckung hatte sie nicht.

Wer sollte es schon wagen, mich zu überwachen? Ich bin derzeit die oberste Überwacherin.

Allerdings war sie fest entschlossen, künftig so eine Machtkonstellation nicht mehr zuzulassen. Dafür mussten die Hüterinnen aber selbst die Macht in ihren Krallen halten. So, wie es vor dem Eingreifen der Großen einst auf Aarknar gewesen war.

Es dauerte ein paar Atemzüge, bis erste Antworten auf Irikarrs Botschaft eintrafen. Wer die Nachrichten entzifferte, würde sich höchstens darüber wundern, mit wie vielen Mitnestlingen Irikarr jetzt noch korrespondierte, dann sah Irikarr eine Kennung und wusste: Die aus der Haft befreite Hüterin war wieder online. Genau darauf hatte Irikarr gesetzt.

Hoffen wir, dass diese Zweibeiner so gut sind wie ihr Ruf.

Einen Moment kamen ihr Zweifel.

Und wenn sie diesmal nicht eingreifen, weil es nur um einen einfachen Krieger geht?

Sie drückte kurz auf den Alarmknopf. Alle höheren Agenten in der Zentrale, dazu die ihr gleichgestellten Stellvertreter des unbetrauert verstorbenen Cha-Ra, würde es von ihren Hockern reißen.

Tut ihnen gut, so ein bisschen Bewegung.

Sie beeilte sich, in die Zentrale zurückzulaufen. Um dort alle von der neuen Entwicklung zu informieren, sowie von ihrer schnellen Reaktion. Solche Botschaften überbringt man besser persönlich.

Und die ganze Zeit musste sie an den gefangenen Krieger denken.

* * *

Als eine ihrer ersten Besorgungen hatte sich Irrkra ein gebrauchtes Tablet besorgt, damit besaß sie endlich wieder Zugang zum Netzwerk der Hüterinnen. Denn dieses geheime Netzwerk versteckte sich keineswegs. Es brauchte keine besonderen Geräte, es war einfach getarnt, als Vid-Nachrichtenbörse für ehemalige Nestlinge, die als Erwachsene so mit ihren ehemaligen Mitnestlingen im Kontakt bleiben konnten.

Irrkra wusste, 99,9 Prozent aller Botschaften waren echte Mitteilungen, verfasst, um alte Freundschaften zu pflegen. Nur ganz wenige Texte enthielten eine versteckte und verschlüsselte Mitteilung. Der Geheimdienst würde bei einer Überwachung in der Flut echter Mitteilungen ertrinken. Das hoffte sie jedenfalls, bislang hatte es funktioniert.

Irrkra ging online, meldete sich als Besucherin an, mit ihrem echten Profil würde sie natürlich auffallen. So durfte sie zwar keine eigenen Botschaften verfassen, konnte aber nachsehen, was während der Zeit ihrer Haft und der Flucht alles verbreitet worden war, wie es ihren Mitkämpferinnen ging. Sie las gerade die ersten beiden Botschaften für ihre Zelle, als eine neue Mitteilung angezeigt wurde, eine wichtige!

Irrkra atmete tief durch. Die Anhänge der Botschaft waren bedeutungslos, Bilder und Vid-Sequenzen mit den Querverweisen sollten eventuelle Überwacher täuschen. Sie überzeugen, dass es tatsächlich um das nächste Treffen von einem großen Nest ging, zu dem auch Irrkras Familie gehörte. Doch die wahre Botschaft, kaum entschlüsselt, entsetzte Irrkra.

Rranriik! Bei allen Nestern! Er darf nicht sterben.

Sie überlegte keine zwei Herzschläge, dann packte sie das gerade in einem Loch in der Nasszelle versteckte und gut verpackte Gerät der Menschen wieder aus.

Sie müssen ihn retten. Sie müssen es einfach.