39,99 €
Häufig suchen Adoptierte die Begegnung mit ihrer leiblichen Familie und forschen nach ihrer genealogischen Abstammung. Was genau motiviert sie dazu, ihre Herkunftsfamilie zu ermitteln? Aus welchen lebensgeschichtlichen Zusammenhängen heraus beginnen sie mit dieser Suche? Wie verarbeiten und bewerten sie die sich daraus ergebenden Prozesse bezüglich ihrer Identitätskonstruktion und ihres familiären Zugehörigkeitsgefühls? Peter Kühn geht diesen Fragen mit einem qualitativ-empirischen Ansatz nach und präsentiert in seinem vorliegenden Band die seit langen Jahren erste detaillierte wissenschaftliche Bearbeitung dieses spannenden Themenkomplexes. Narrativ-biografische Interviews mit Adoptierten bilden die empirische Grundlage. Als theoretischer Erkenntnisrahmen dienen die Bindungstheorie und der symbolische Interaktionismus, aber auch Rational-Choice-Ansätze, Identitätstheorien und die Feldtheorie Kurt Lewins fließen mit ein. Daneben werden umfangreiche statistische Daten zur Suche Adoptierter nach ihrer genealogischen Verwurzelung und zu Adoptionen in Deutschland vorgestellt. Im Ergebnis finden sich zahlreiche neue Erkenntnisse zu diesem sensiblen Thema, darunter ein feldtheoretisches Modell zur Erklärung der biografischen Aneignung der individuellen Adoptionsgeschichte durch die Betroffenen sowie Impulse zur wissenschaftlichen, rechtspolitischen und fachlichen Weiterarbeit.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 1278
ibidem-Verlag, Stuttgart
Ich möchte mich bei alldenen bedanken, die michwährend der Entstehung dieser Arbeitbegleitet und unterstützt haben.Dasindzuerstdie MitgliedermeinerFamilie, die die Zeit und die Ressourcen, die ich in diese Arbeit investierte, tolerierten und mir immer wieder Mut zugesprochen haben. Danken möchte ich den Interviewpartnerinnen und -partnern, die mir ihre Lebensgeschichte, ihr Deutungswissen, ihre Gedanken, Gefühle, Ängste, Hoffnungenund Vermutungenerzählten. OhneihrVertrauenwäre die Arbeit nicht zustande gekommen.
Die vorliegendeStudiewurde an Technischen Universität Dresden, Fakultät für Erziehungswissenschaften,im Jahr 2012 als Dissertation angenommen[1].HerzlichenDank an Prof. Dr.habil.Wolfgang Melzer von der TU Dresdenfür diezuverlässigeund wertschätzendeBetreuung der Dissertation.Ergab mir, besonders in der Schlussphase,viele hilfreicheImpulse für diese Forschungsarbeit. Prof. Dr. Harald Wagner von der Evangelischen Hochschule Dresden(EHS)hatüberdieJahredie Entstehung der nun vorliegenden Studieermutigendundempathisch,inspirierendund korrigierendbegleitet.Er warstetsoffenfür meine Fragen und Gedanken und standmirunterstützendzur Seite.Danke!
Daneben danke ich der Bundesarbeitsgemeinschaft Adoptierter (www.bargea.de) für die Unterstützung und das Vertrauen, ebensodenAdoptionsvermittlungsstellen, Ämtern, Archiven und Behörden, die mir die notwendigen Informationen gern bereitstellten und mit Interesse den Forschungsprozess verfolgten. Dankauch an die Kolleginnen und Kollegen aus den Doktorandenkolloquien der TU Dresden und der EHS. Ich habe vonihnenwichtigeHinweiseund konstruktive Kritik erhalten, die meinen Horizont erweiterten oder die Blickrichtung fokussierten.Vielen Dankauch andie Menschen, diemithalfen, der Arbeitden letzten Schliffzu verleihen. Sie unterstützten mich beistilistischen,gestalterischen,technischen und manchenanderenFragen. Genannt seien Steffi Baldow,Ingo Bochmann,Franziska Hofmann, Juliane Kühn,Manuela Lorenz,Petra Sprenger,Thorsten Stechow,Mary Tikalsky,Jörg Wagnerund Christine Winkler-Dudczig.Besonderer Dank giltProf.Henri Deparade(www.deparade-art.de), der mir eines seiner großartigen Bilder für die Covergestaltung zur Verfügung stellte.Die Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden (EHS) unterstützt die Veröffentlichung dieses Bandes. Auch dafür vielen Dank.
Ich widme diese Arbeit meinen ElternKaren und Reinhard Kühn, ChristaBeloualiund JanosGál, sowiemeiner Frau Steffi undunserenKindern Juliane, Jonathan und Janita.
Peter G. Kühn
Wo komme ich her? Wer sind meine Wurzeln? Diese Fragen treiben Menschen um. Sie wollen mehr als nur eine Ahnung ihrer Herkunft gewinnen. Sie suchen nach Wurzeln für Talente, nach Quellen von Charaktereigenschaften, nach Ursachen ihrer Neigungen und Interessen. Häufig werden Kirchenbücher gewälzt, Standesämter befragt. Viele reisen an Orte, die eine besondere Rolle in der familiären Vergangenheit spielen. Computerprogramme zur Erstellung eigener Stammbäume haben Hochkonjunktur; Internet-Suchmaschinen liefern Anhaltspunkte. Seit Urzeiten definieren sich Menschen über Generationsfolgen. Exemplarisch stehen dafür Familienamen wie Hansson (Sohn des Hans) aus dem skandinavischen Bereich und der Zusatz „ben“ oder „ibn“ im Hebräischen bzw. Arabischen (jeweils: Sohn des...) mögen dafür als Beispiele dienen.[2]
Es istanscheinenddie leibliche Familie, um die sich alles dreht. „In der leiblichen Familie aufzuwachsen ist in unserer Kultur selbstverständlich. Ein Kind ist Teil seiner Verwandtschaft, letztes Glied von Generationen. Durch seine Familie weiß es, wer es ist, bekommt es seine Besonderheit, seinen Namen, seine Identität.“ (Krappel 1999, 62) Tyrell (1988, 147) spricht davon, dass „mitEheund(notwendig hinzutretend) Filiation exklusiv und vollständig die beiden Rekrutierungsprinzipienbenannt sind, die – unter Ehemann/Vater, Ehefrau/Mutter und Kind – die familiale Zusammengehörigkeit unabweisbar herstellen.“Was aber, wenn die leibliche Familie fehlt? Was bleibt jenen unter uns, die früh schon adoptiert worden sindund ihre genealogischen Wurzeln nicht kennen? Adoptierte haben keine Herkunft außerhalb ihrer Adoptivfamilie. Tatsächlich liegen dort ihre sozialen Wurzeln. Die biologische Herkunft jedoch ist abgerissen.Für die meisten Menschengehörenbiologische und soziale Elternschaft zusammen. Bei Adoptierten wird beides schon am Beginn des Lebensweges getrennt. Sicher ist das ansatzweise auch in Pflegefamilien oder so genannten „Patchworkfamilien“der Fall. Bei einer Adoption[3]sind jedoch die Verbindungen zu den leiblichen Eltern in besonders drastischer Weise gekappt. Fragen und Schwierigkeiten von Bindung oder Identität, die auch in anderen Konstellationen auftreten können, werden bei der Inkognito-Adoption am schärfsten auf den Punkt gebracht. So kann die Forschung an der verhältnismäßig kleinen Untersuchungsgruppe der Adoptierten Ergebnisse zutage bringen, welche auch für viele andere Bevölkerungsgruppen relevant sind. Die gewonnenen Erkenntnisse können auf weitere Familienarrangements übertragen und bei der sozialen Arbeit angewandt werden.
Adoption ist eine seit alters her bekannte Methode zur Nachwuchsgenerierung. Die Trennung von sozialer und biologischer Elternschaft beschäftigte sowohl die archaischen Mythen (z.B. Ödipus und Mose), als auch immer wieder die Literatur. In den letzten Jahrzehnten dringt das Thema der Suche Adoptierter nach ihrer Herkunft auch in Deutschland immer wieder durch Berichte, Talkshows und Filme in die mediale Öffentlichkeit. Diesem Phänomen widmet sich die vorliegende Arbeit. „Unklar ist, wie vieleAdoptierte Informationen über die leiblichen Eltern wünschen bzw. mit diesen zusammentreffen wollen. Für die Bundesrepublik Deutschland liegen keinerlei Zahlen vor. Befragungen älterer Adoptivkinder erbrachten unterschiedliche Angaben über den Anteil derjenigen, die eine Suche beabsichtigen: Die ermittelten Prozentsätze reichen von 45 Prozent über mehr als ein Drittel bis 20 Prozent.“ (Textor 1988, 456) Es ist anzunehmen, dass mit einer zunehmenden öffentlichen Thematisierung der Suche Adoptierter in den letzten 25Jahren der Prozentsatz inzwischen erheblich höher liegt. Genaue Zahlen sind jedoch immer noch nicht verfügbar.
Der Verfasser selbst wurde als Kleinkind von seinen Eltern adoptiert und hat vor über fünfzehn Jahren die leiblichen Eltern zum ersten Mal getroffen. Als Insider hat er einen ganz besonderen Blick auf die Thematik. Das zeigt sich schon im schnellen Zugang zu Betroffenen, im raschen Herstellen eines Vertrauensverhältnisses. Dies kann besonders für die narrativen Interviews gewinnbringend sein. Gewiss birgt eine solche Position auch Risiken, wie zum Beispiel die Gefahr, dass das eigene Erleben die Forschungsergebnisse beeinflussen könnte und Zitate der Interviewpartner durch die eigene Geschichte hindurch interpretiert oder mit dieser ins Verhältnis gesetzt werden. Diese Risiken sind dem Verfasser bewusst und erstelltein allen Arbeitsphasensicher, sieweitgehendfernzuhalten. Das fiel umso leichter, da die eigene biografische Spannung dank mehrerer Kontakte und Begegnungen mit den leiblichen Eltern vor Jahren schon gelöst wurde.Methodisch dienten die Auswertung zentraler Interviewpassagen in einer Forschergruppe und die konsequente Reflexion der eigenen Position im Untersuchungsprozess dieser Sicherstellung.„Die Wissenschaftlichkeit der Soziologie hängt […] davon ab, dass die Forscherin und der Forscher ihre eigene Beteiligung an der sozialen Welt, ihre Einbindung, Interessen, Wertungen, Sichtweisen, Emotionen erkennen und von ihrem wissenschaftlichen Standpunkt abtrennen.“ (Krais/Gebauer 2010, 12f) Wenn dies gelingt, bietet sich dem Forscher, der zugleich Insider ist, ein besonderer Blickwinkel auf das sensible Forschungsfeld, sodass die hieraus erwachsenen Chancen weitaus gewichtiger betrachtet werden können,als mögliche Risiken.Die hier vorliegende Studie soll deshalb in besonderer Weise eine wissenschaftlich reflektierte Sicht des Phänomens der Herkunftssuche Adoptierter bieten. Insiderwissen war Ausgangspunktfür die Themenwahl und formt einen besonderen Blick auf die Problematik. Dennwissenschaftliche Beiträge, die den Prozess der Adoption und zum Teil auch die Herkunftssuche Adoptierter von außen betrachten, gibt es selbst im deutschen Sprachraum schon einige[4]. Diesen Studien sollen die hier erarbeiteten Ergebnisse zur Seite gestellt werden und so einen multiperspektivischen Blick ermöglichen. Der Standpunkt des Forschers im Geschehen ist in jedem Fall zu berücksichtigen. Durch die Anwendung qualitativ-empirischer Methodik ist der Forscher in jedem Fall direkt mit dem Geschehen verbunden, was ein Merkmal qualitativen Forschens ist. „Die Involviertheit des Forschers ist konstitutiver Bestandteil des Forschungsprozesses und damit auch des Ergebnisses dieses Prozesses.“ (Lamnek 2005, 23) In der vorliegenden Studiewirddie thematische Involviertheit desForschers gesehen,bei der Auswertungberücksichtigtundals Chance genutzt.
Im Folgenden soll nun derAufbau der Forschungsarbeitbeschrieben werden. Zunächstwird die Ausgangsfrage für die Forschung formuliert und begründetunddamitdas Ziel der Forschung fokussiert und von anliegenden Bereichen abgegrenzt. Das erste Kapitel beleuchtet denthematischenHintergrundder empirischen Forschung. Hier gibt es grundlegende Informationen, welche zum Verständnis des Forschungsthemas relevant sind. Zunächst geht es um die Grundsätze und die Geschichte von Adoption: Welche Formen gab es und gibt es, was wird heute anders gehandhabt als früher? Was waren die ursprünglichen Intentionen von Adoption und wie ging die Entwicklung bis ins 21. Jahrhundert weiter? Danach werden wichtige Begriffe rund um das Adoptionsgeschehen und die Herkunftssuche beleuchtet, erklärt und interpretiert. Die heute möglichen Formen von Adoption werden beschrieben und auf die sich ergebenden unterschiedlichen Voraussetzungen für die Kontaktaufnahme mit der Ursprungsfamilie hin untersucht. Um die Rollen und Beziehungen im Adoptionsgeschehen nachvollziehbar zu machen, wirddasArbeitsmodell desAdoptionsvierecksvorgestellt. Die Seiten dieses Vierecks sind die Vermittlungsstelle, die Herkunftseltern, die Adoptiveltern sowie die Adoptierten.Es schließen sich statistische Zahlen zur Adoption in der alten Bundesrepublik und der DDR sowie teilweise bis heute im wiedervereinigten Deutschland an. Diesewerdenauf die Forschungsfrage hin untersucht und ausgewertet. Auch auf das Verhältnis zwischen Herkunftssuchen und den aktuell vermittelten Adoptionen wird eingegangen.In diesem statistischen Abschnitt sind einesteils Daten des statistischen Bundesamtes ausgewertet worden. Zum anderen werden Zahlen und Daten vorgestellt, die im Rahmen dieser Forschungsarbeit völlig neu erhoben oder erfasst wurden. Das betrifft die Adoptionszahlen der DDR sowie das aktuelle Verhältnis zwischen vermittelten Adoptionen und Herkunftssuchen.Die Würdigung des rechtlichen Rahmens ist der nächste Schritt. Die wichtigsten Aussagen des BGB und anderer Gesetze zur Adoption und der Suche nach den leiblichen Eltern werdendargestellt. Dabei wird auch auf die Gesetze und das Verfahren in der DDR eingegangen. Die Literaturrecherche zeigt, dass es wenig strukturiertes Material im deutschen Sprachraum zum konkreten Thema gibt. Neben einzelnen Büchern gibt es lediglich Artikel in Fachzeitschriften und Kapitel in Büchern über Adoption. Das Thema der Herkunftssuche Adoptierter wurde in der Sozialforschung im deutschen Sprachraum bisher nur sehr spärlich bearbeitet. Die meisten Fachveröffentlichungen stammen aus den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Dagegen sind auf dem aktuellen Markt mehrere Berichte von Betroffenen zu finden. Abschließend wird im ersten Kapitel ein exemplarischer Fall aus beobachtendem Blickwinkel vorgestellt, um die angesprochenen Frage- und Problemstellungen aus der Praxis heraus zusätzlich zu begründen.
Im anschließenden Kapitel wird dertheoretische Hintergrunddieser Studie vorgestellt und der heuristische Rahmen beschrieben. Für die Bearbeitung des Themas Adoption erweist sich die Bindungstheorie alsergiebig, da es hier um Beziehungen, Bindungen und Interaktionen sowiederenAuswirkung auf das Individuum geht. Der soziale Kontext ist für die Entwicklung einer persönlichen Identität von entscheidender Bedeutung. Die Anfänge der Formulierung der Bindungstheorie liegen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Der englische Psychiater und Psychoanalytiker John Bowlby sowie die kanadische Psychologin Mary Ainsworth sind hier als Pioniere zu nennen. Es schließt sich eine Diskussion über Identität, Identitätsfindung und –konstruktion an. Die Frage nach dem „Sein“ und „Werden“ scheint im Prozess der Suche nach der Herkunft zentral zu sein. Verschiedene Konzepte werdenkomparativnebeneinander gestellt und auf ihre Relevanz im Bezug auf das Thema untersucht. Neben verschiedenen Klassikern der Identitätsforschung, wie Erik H. Erikson und George Herbert Mead werden auch neuere Ansätze (Heiner Keupp, Stuart Hall) zu Wort kommen.Als handlungstheoretischer Ansatz wurde die Rational-Choice-Theorie nach Hartmut Esser,eine Theorie der erwarteten Folge einer bestimmten Handlung im Sinne einer Wert-Erwartungs-Theorie,gewählt. Obwohl das theoretische Interesse bei den direkten Akteuren liegt, ist „Rational-Choice“ ein soziologischer Ansatz. Um allgemeine Erklärungen zu finden, muss man nach Esser auf die Ebene der Akteure(also der Individuen)gehen und von daher eine Handlungstheorie entwickeln, die soziale Prozesse erklärt. Wenn man die Wahl einer Handlung der Individuen aufgrund einer theoretisch typisierbaren Situation erklären kann und weiterhin die Wirkung dieser Handlung auf das Entstehen einer nun neuen sozialen Situation beschreibt, hat man in der Gesamtheit eine Theorie sozialen Handelns und sozialer Prozesse. Ein vierter theoretischer Ansatz ist die Feldtheorie Kurt Lewins,welche sich im Verlauf der Forschung als zusätzlichesrelevantesBetrachtungsmuster für das zu untersuchende Phänomen ergab. Lewin entwickelte ein psychologisches Feldmodell in Anlehnung an die physikalische Feldtheorie.Kräfte mit anziehenden oder abstoßenden Gerichtetheiten beeinflussen das Feld, in dem sich die Person bewegt, um eine bestimmte Zielregion zu erreichen bzw. ein Ersatzziel zu finden.Dabei können Barrieren zwischen den Regionen des Feldes durchbrochen oder neu errichtet werden.Die Feldtheorie hat sich alswichtigerSchlüssel zum Verständnis der Herkunftssuche Adoptierter erwiesen.
ImfolgendenKapitelwird dasmethodische Vorgehenbeschrieben. Die empirischen Forschungsmethoden, das Experteninterview sowie das narrativ-biografische Leitfadeninterview,werdenvorgestellt. Dabei bildet die Grounded Theory (nach Strauss/Corbin 1996) die wichtigste Grundlage für die Auswertung. Es werdenzusätzlich weitere Methoden, wie die Auswertung des Adult-Attachment-Interviews oder ein gestalttheoretischer Blick auf die Interviewtexte(nach Rosenthal 1995), vorgestellt, welche in der anschließenden praktischen Auswertung angewandt werden, um eine umfassenden Blick auf das Thema zu erhalten.
Imempirischen Teil(Kapitel 4 und 5)fließen dieverschiedenenInterviews in diese Arbeit ein.Es wurde ein mehrstufiges Verfahren gewählt:Drei Experteninterviewsdientenvor allem der Exploration und Feldforschung,jedoch konnten in der Auswertung bereitserste inhaltlicheZwischenergebnissegeneriert werden. Darauf folgend wurdenzehn narrativ-biografische Interviews mit Betroffenen geführt, transkribiert und ausgewertet.Hier war ein vertieftes Eintauchen in die Problematik der Suche Adoptierter nach ihren genealogischen Wurzeln möglich. Es wurden weitreichende Erkenntnisse über die Motive und Barrieren für diesen Schritt gefunden.Die Auswertung nach verschiedenen Kriterien und unter Zuhilfenahme der im Theorieteil beschriebenen Ansätze nimmt den Hauptteil der Studie ein. Die Interviews werden dabei anhand der Forschungsfrage auf Ergebnisse und Erkenntnisse hin untersucht. Schließlichsindin Kapitel 6dieErgebnissein Form von theoretisch formuliertenEssentials der Forschungsarbeitfokussiert. Dabei wird ein feldtheoretisches Modell zur Motivation und zu den Barrieren der Suche Adoptierter nach ihrer leiblichen Familie entwickelt. Anschließend werden die Ergebnisse vor dem Hintergrund bisheriger Forschungen diskutiert, sowieHinweise für die praktische Relevanz dieser Studie gegeben.
Adoptivkinder werden nach den aktuellen Adoptionsgesetzen vollständig in das Familiensystem der Adoptivfamilie integriert. Alle Verwandtschaftsverhältnisse, auch die Großfamilie, gehören dazu. Dies ist vom Gesetzgeber gewollt und dient dem Wohl des Kindes, das auf diese Weise in normalen Familienverhältnissen aufwachsen kann. Dennoch bleibt immer auch die andere Seite bestehen. Der unklare Beginn der eigenen Lebensgeschichte, die ursprüngliche Zugehörigkeit zu einer anderen Familie bzw. die Beschäftigung damit können dazu führen, so dass sich Adoptierte auf den Weg machen, ihre genealogischen Abstammung zu rekonstruieren und dabei Kontakt zur leiblichen Familie suchen.An dieser Stelle setzt die Forschungsarbeit ein. Es geht um das Verständnis und die Interpretation der Prozesse, die Adoptierte für den Schritt der aktiven Suche motivieren. Dabei sind diezuvor beschriebenenTheorien als grundlegenderheuristischerRahmenzu verstehen. Da der Forschungsansatz induktiv ist, müssen diese Theorieansätze dennoch zunächst vorläufiger Natur sein und ein Hinzuziehen anderer oder weiterer Theorien erscheint möglich. Ein Betrachten der Fragestellung von recht verschiedenen Denkansätzen her ermöglicht jedoch bereits zu Beginn ein breites Erfassen der auftretenden Phänomene.
Eine empirisch belegte Theorie speziell zur Suche Adoptierter nach ihrer Herkunft undder Rekonstruktionihrer Adoptionsgeschichte gibt es nicht. Ziel dieser Forschungsarbeit soll sein, eine solche Theorie zu entwickeln und zu begründen: Wie sehen die Lebensgeschichten, Bindungsrepräsentationen und Identitätskonstruktionen der Adoptierten, die auf die Suche gehen, aus? Welchen Einfluss hat der (geglückte oder missglückte) Kontakt mit der Herkunftsfamilie auf das Selbstbild der Betroffenen? Welchen individuellen Nutzen oder welche Befriedigung streben sie mit der Kontaktsuche an? Werden diese Erwartungen erfüllt? Welche typischen Situationen und Konstellationen führen zuder Entscheidung, die Suche nach der Herkunft tatsächlich in Angriff zu nehmen? Wie wirkt sich die (erfolgreiche oder erfolglose) Suche nach den leiblichen Eltern auf den sozialen Kontext der Betroffenen aus?Gibt estypisierbare, sich wiederholende Handlungs- oder Interpretationsmuster?
Das sich daraus ergebende Anliegen der Forschung lautet:Adoptierte und ihre Herkunftssuche verstehen.DiekonkreteForschungsfrageist:Was motiviert Adoptierte für die Suche nach ihrer Herkunftsfamilie und aus welchen lebensgeschichtlichen Zusammenhängen heraus beginnen sie mit dieser Suche? Wie verarbeiten und bewerten sie die sich daraus ergebenden Prozesse bezüglich ihrer Identitätskonstruktion und ihres familiären Zugehörigkeitsgefühls?Daraus abgeleitet ergibt sich folgende Zielstellung:Es gilt, eine Theorie zu entwickeln, die Motive, Hintergründe und Verläufe des Suchens nach der leiblichen Familie bei Adoptierten belegt und erklärt.Dabei sind verschiedene theoretische Ansätze zunutzenund mitdenempirisch ermittelten Forschungsergebnissen zusammenzuführen, um ein neues Erkenntnisniveau zu erreichen.
Die Forschungsfrage soll anhand einiger Rahmenbedingungen weiter eingegrenzt werden:Zielgruppe sindAdoptierte, die mindestens mit einem leiblichen Elternteil nach der Suche Kontakt haben oder hatten.Interessant wäre esauch, Lebensgeschichten suchender und nicht-suchender Adoptierter miteinander ins Verhältnis zu setzen. Das würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ebenfalls nicht betrachtet wird, wenn die Herkunftssuche zu keinem Kontakt mit den leiblichen Eltern geführt hat, die Suche als das Ziel nicht erreicht hat.Der Schwerpunkt der Fragestellung liegt bei den Adoptierten selbst.Die Blickwinkel der abgebenden Mütter und der Adoptiveltern sowie die Rolle der vermittelnden Stellen werdenergänzendin die Studie einfließen.
In der vorliegenden Forschungsarbeit, die sich ausschließlich auf Deutschland bezieht, geht es nicht um Auslandsadoptionen (mit weiteren, kulturellen Schwierigkeiten der Begegnung mit der leiblichen Familie), sondern der Fokus liegt auf Inkognitoadoptionen innerhalbder Bundesrepublikbzw. der DDR.Stiefkindadoptionen[5]und Verwandtenadoptionen waren und sind ebenfalls ein wichtiger Teil der Adoptionsvermittlungsarbeit. Das Kind wird auf diese Art nahe an seiner Herkunftsfamilie untergebracht und aufgenommen.Dadurch wird jedoch der Blick in Hinsicht auf unsere formulierte Forschungsfrage getrübt, so dass dieser Teil der Adoptierten hier ebenfalls nicht untersucht wird undspezielle Probleme und Fragen aus diesem Bereich nicht imFokusstehen. Die Ergebnisse könnenjedoch sowohl in Richtung der Auslandsadoptionen, als auch bezüglich der Stiefkind- und Verwandtenadoptionausgewertet und durch Folgestudien erweitert werden.
Zielgruppe für die Untersuchung ist die Kohorte der Fremdadoptierten aus den Jahren 1950-1990. Bei dieser Zielgruppe sind die Voraussetzungen für das Vorhaben, nach der leiblichen Abstammung zu suchen, besonders gegeben. Der Beginn mit dem Jahr 1950 ergibt sich daraus, dass da die Zeit der Kriegswaisen undderenUnterbringung in Pflege- und Adoptivfamilien weitgehend abgeschlossen sein dürfte. Bei ihnen ist noch mal ein besonderer Blickwinkel durch den Krieg und den Verlust der Eltern gegeben. Eine Begegnung mit den leiblichenElternist nicht mehr möglich. Die Kinder, die aus Beziehungen mit Besatzungssoldaten entstanden sind, sind in der Untersuchungsgruppe weitgehend inbegriffen.Außerdem gibt es verlässliche statistische Zahlenerstnach der Gründung der Bundesrepublik, also ebenfalls erst ab 1950, so dass ab diesem Zeitpunkt belastbare Aussagen möglich werden.
Das Jahr 1990 ergibt sich aus einem inhaltlichen und einem praktischen Grund. Erstens istspätestensmit Beginn der 90er Jahre eine zunehmende Öffnung der Adoptionspraxis zu beobachten. Formen von halboffener und offener Adoption[6]werdenimmer mehr alltäglich. Damit erledigt sichoftdas Problem der Herkunftssuche, da die leiblichen Eltern zumindest teilweise,in irgendeiner Form bekannt sind. Bis 1990 kann mandagegensagen, dass sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland die Inkognitoadoption bei Fremdadoptionen infastallenFällenkonsequent angewandt wurde. Ein zweiter Grund ist praktischer Natur: Wenn 1990 als letztes Adoptionsjahr in diese Studie einfließt, sind alle Interviewpartner zum Zeitpunkt des Interviews mindestens 18 Jahre alt und können rechtlich selbständig Informationen über die Adoptionsvermittlungsstelle einholen. Zudem ist von jedem Interviewpartner ein gewisses Maß an Reflexionsfähigkeit zu erwarten (wobei das bei diesem sensiblen Thema stark variieren wird) und rechtlich können die Interviews geführt werden, auch ohne die ausdrückliche Erlaubnis der Adoptiveltern zu haben.
Untersucht werdenin dieser StudieBetroffene von Fremdadoptionen, die möglichst als Kleinkind oder Säugling zu ihrer Adoptivfamilie gekommen sind. Zeiten als Pflegekind bzw. Adoptionspflege / Anbahnungszeit werden dazu gerechnet, wenn anschließend eine Adoption erfolgte. Entscheidend für die Zugehörigkeitzur untersuchten Kohorte ist der Tag der Adoption, der zwischen dem 01.01.1950 und dem 31.12.1990 liegen soll.
In diesem Kapitel werden die relevanten geschichtlichen, strukturellen und rechtlichen Fragen, die mit der Herkunftssuche Adoptierter in Verbindung stehen, beleuchtet.Dabei wird das Adoptionsviereck als Arbeitsmodell erklärt.Daneben wird ausführlich auf die Adoptionsstatistiken der Jahre 1950-1990 in beiden deutschen Staaten, sowie im wiedervereinigten Deutschland bis zum Jahr 2012 eingegangen. Ein Exkurs über politisch motivierte Zwangsadoptionen in der DDR
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!