AGGRESSION  und DEPRESSION   als  ENTWICKLUNGSCHANCE - Hans-Albrecht Zahn - E-Book

AGGRESSION und DEPRESSION als ENTWICKLUNGSCHANCE E-Book

Hans-Albrecht Zahn

0,0

  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Äußerer Frieden und innere Zufriedenheit ist ein Sehnsuchtsziel aller Menschen. Krieg und innere Zerrissenheit machen sich aber in der Gesellschaft und auch im einzelnen Menschen immer wieder breit. Aggression und Depression, Gewalt und Gleichgültigkeit sind Seelengesten, die tief im Menschen verankert sind und mit denen es jeder Mensch immer wieder zu tun hat. Es gibt wohl kaum jemanden, der in seinem Leben nicht schon einmal depressive Zeiten erlebt hat und der nicht auch selbst immer wieder dazu beigetragen hat, dass andere Menschen sich verletzt oder zurückgestoßen gefühlt haben. In dieser Arbeit betrachte ich Aggression und Depression als eine Entwicklungschance. Es gilt egoistische Herrschsucht in mitmenschliche Unterstützung und Gleichgültigkeit in soziale Teilnahme zu verwandeln. Ich möchte Mut machen Aggression und Depression zu akzeptieren und deren verborgene Schätze zur Erscheinung zu bringen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 110

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



© 2019 Hans-Albrecht Zahn

Umschlaggestaltung: Hans-Albrecht Zahn

Lektorat: Anne Zahn

Verlag und Druck: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

Paperback:

978-3-7469-8532-9

Hardcover:

978-3-7469-8533-6

e-Book:

978-3-7469-8534-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

AGGRESSION und DEPRESSIONalsENTWICKLUNGSCHANCE

Auf dem Weg zu äußerem Friedenund innerer Zufriedenheit

Gewalt in Unterstützung und Gleichgültigkeit in Mitgefühlverwandeln

INHALT

EINSTIEG

1.  GRUNDLAGEN

1.1  SOZIALE UND ANTISOZIALE KRÄFTE

1.2  INDIVIDUALISIERUNG UND SOZIALISIERUNG

1.3  ENTWICKLUNGSDYNAMIK DER AGGRESSION

1.4  ENTWICKLUNGSDYNAMIK DER DEPRESSION

1.5  POLARE SPANNUNGSFELDER

2.  MACHT UND AGGRESSION

2.1  CHARAKTERISIERENDE BESCHREIBUNG

2.11  GRUNDGESTEN

2.12  ZWEIFACHE SELBSTERFAHRUNGSÜBUNG

2.13  FORMEN DER AGGRESSIVITÄT

2.2  PSYCHODYNAMIK DER AGGRESSION

2.21  DIE SICH SELBSTERFÜLLENDEN VORSTELLUNGEN

2.22  DER TEUFELSKREIS DES FEINDBILDES

2.23  DER TEUFELSKREIS DES MACHTKAMPFES

2.24  DER TEUFELSKREIS DER TRAUMATISIERUNG

2.25  DER TEUFELSKREIS DER AGGRESSIONSPHANTASIEN

2.26  DER TEUFELSKREIS DER SELBSTAGGRESSION

2.27  VOM REAGIEREN ZUM AGIEREN

2.3  VERWANDLUNG DER AGGRESSIVITÄT

2.31  SOZIALE GEMEINSCHAFTSBILDUNG

2.32  SOZIAL- UND KOMMUNIKATIONSGESTALTUNG

2.33  PERSÖNLICHE SELBSTERZIEHUNG

2.34  TRANSPERSONALE SELBSTERZIEHUNG

2.36 ÄUßERE MAßNAHMEN

3.  OHNMACHT UND DEPRESSION

3.1  CHARAKTERISIERUNG DER DEPRESSION

1.1  ERLEBNISBESCHREIBUNGEN

1.2  VERHALTENSBESCHREIBUNG

3.2  DEPRESSIVE ESKALATIONSSPIRALENUND IHRE LÖSUNG

3.21  DEPRESSIVE ESKALATIONSSPIRALEN

3.22  DIE ESKALTIONSSPIRALE DES VERLUSTES

3.23  DIE ESKALATIONSSPIRALE DER VERZWEIFLUNG

3.24  DIE ESKALATIONSSPIRALE VON LEID UND SCHMERZ

3.3  VERWANDLUNG DER DEPRESSION

3.31  DIE WIEDERGEWINNUNG DER SELBSTKONTROLLE

3.32  DIE WIEDERGEWINNUNG DES WELTKONTAKTES

3.33  DIE WIEDERGEWINNUNG DES SELBSTKONTAKTES

3.34  ÄUßERE MAßNAHMEN

3.35  UMGANG MIT KINDERN

4.  LEBENSKRISEN ALS ENTWICKLUNGSIMPULS

SCHLUSS

FürSALOME

Einstieg:

In der Aggression erleben wir unsere Macht. Wir bewirken etwas und können die Umwelt in unserem Sinn lenken und kontrollieren. Sie kann eine aktive und gestalterische Tätigkeit sein; aber mit Aggressionen kann man auch andere Menschen beherrschen, schwächen und verletzen.

Jeder hat in seinem Leben schon Aggression und Gewalt erfahren, sei es als Täter oder als Opfer. Wir tragen Aggressionspotential in uns und müssen lernen diese Kräfte sinnvoll in unser Leben zu integrieren. Wir brauchen aggressive Auseinandersetzungen, um unser individuelles Ich zu entwickeln. Jeder Erzieher weiß, dass das Kind Trotzphasen durchleben muss, um eine „Persönlichkeit“ zu werden.

Wenn Aggression und Gewalt zwischen Menschen in ihrer verletzenden Art auftritt, hat sie die Tendenz schlimmer zu werden. Sie „schaukelt sich auf“. Ein Mensch, der einen Mitmenschen körperlich oder seelisch verletzt, erzeugt bei diesem den Impuls „zurück zu schlagen“. Dies wiederum empfindet der erste als Angriff und wird umso heftigere Gegenmaßnahmen ergreifen. Eine eskalierende Psychodynamik entsteht. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von Eskalationsspiralen oder Teufelskreisen der Aggression und Gewalt.

Im Aggressionspotential stecken aber auch wertvolle Kräfte, wie Engagement, Initiative und Selbstbehauptung. Diese gilt es in positiver Weise frei zu legen.

Ähnlich ist es mit der Depression. Ohnmacht, Verzweiflung, Niedergeschlagenheit und schmerzvolle Verluste machen sich breit. Auch solche Momente kennen wir aus unserem alltäglichen Leben. Ohnmacht erleben wir, wenn wir das, was wir wollen, nicht durchsetzen können oder das, was wir nicht wollen, geschieht. Engagement und Gestaltungswille scheinen gelähmt.

Auch in der Ohnmacht und Depression stecken wertvolle Entwicklungsmöglichkeiten. Wir brauchen Erlebnisse der Verzweiflung und Ohnmacht, um über unser egozentrisches Ich hinaus zuwachsen. Erst wenn man loslässt, kann Neues ergriffen werden. In der Depression liegt die Möglichkeit einer Vertiefung und Öffnung für das Geistige. Menschen, die durch den Nullpunkt einer tiefen Lebenskrise gegangen sind, sind nach deren Überwindung reifer, tiefer und menschlicher geworden.

In der Depression liegt die Möglichkeit, Offenheit und Selbstlosigkeit zu entwickeln. Wenn dieser Prozess allerdings nicht ergriffen wird, kann man auch in der Selbstaufgabe und Gleichgültigkeit hängen bleiben.

Es ist sinnlos, gegen Aggression und Depression zu kämpfen. Zunächst einmal gilt es zu akzeptieren, dass solche Kräfte in uns wirken.

Die Kunst besteht darin, die verborgenen Schätze, die in der Aggression und Depression enthalten sind, zu erkennen und in Erscheinung zu bringen.

Die größte Lebensweisheit nützt einem nichts, wenn sie nicht zur eigenen Erkenntnis wird. Deshalb schildere ich in dieser Arbeit eine Reihe von Beispielen und Selbsterfahrungsübungen, welche den Leser auf seinem Weg in diesem Sinn anregen sollen.

GRUNDLAGEN

DER DOPPELASPEKT MENSCHLICHERENTWICKLUNG

Aggression und IchwerdungDepression und Loslassen

1. GRUNDLAGEN

1.1 SOZIALE UND ANTISOZIALE KRÄFTE IM MENSCHEN

Aggression und Gewalt werden zu Recht mit egoistischen und rücksichtslosen Handlungen in Verbindung gebracht. Es wird keine Rücksicht auf den Mitmenschen genommen; er wird verletzt oder missachtet.

R. Steiner spricht in diesem Zusammenhang von antisozialen und sozialen Trieben, die wir in uns tragen.1

In uns leben sowohl egoistische als auch altruistische Kräfte. Die sozialen Impulse sind auf die Gemeinschaft bezogen. Es gibt auch Hilfsbereitschaft und Unterstützung.

Im politisch-gesellschaftlichen Bereich zeigen sich aggressive, antisoziale Impulse z.B. in den Attacken verschiedener Terrorgruppen, in der Behandlung der Juden durch die Nazis in den Konzentrationslagern oder in den mittelalterlichen Hexenprozessen. Jeden Tag berichten Medien, wie Menschen andere Menschen verletzen, töten oder ungerecht behandeln. Auch innerhalb der Gesellschaft zeigen sich aggressive Übergriffe, wenn bespielweise Notärzte, Feuerwehrleute oder andere Helfer angegriffen oder in ihrer Arbeit behindert werden. Antisoziale Impulse leben innerhalb von Organisationen, Familien und auch in unserem eigenen Seelenleben.

Übung: Tragen Sie einige Beispiele zusammen, bei denen Sie antisoziale Impulse in Form von Gewalt und Aggression in der Welt, in ihrer persönlichen Umgebung oder in der eigenen Person erleben. Stellen Sie eine Sammlung auf.

Es lassen sich auch viele Beispiele sozialer Impulse finden. Da gibt es eine Menge großartiger sozialer Initiativen wie „Fair trade“, „attack“, „Umweltschutzinitiativen“, „Welthungerhilfe“, „Kindernothilfe“ usw. Auch im Arbeitsleben und der Familie erleben wir tagtäglich eine Fülle sozialer Verhaltensweisen, in denen Menschen sich gegenseitig unterstützen und helfen.

Übung: Suchen Sie Beispiele, bei denen Sie soziale Impulse in der Welt, in ihrer persönlichen Umgebung oder in sich selbst erleben. Stellen Sie eine Sammlung auf.

Manche Menschen erleben wir als großartige Vertreter einer sozialen Mitmenschlichkeit, wie z.B. Albert Schweizer, Gandhi oder Nelson Mandela. Andere leben in ihrer Biographie eher das Gegenteil. Dazu zählen z.B. Nero, Hitler, oder Stalin.

Indem wir Menschen und Geschehnisse als sozial oder antisozial, als aggressiv oder friedlich, als gut oder böse beurteilen, begeben wir uns auf einen zwiespältigen Weg. Als Bewusstseinswesen urteilen und bewerten wir laufend unsere Umgebung. Solche Urteile tendieren dazu, selbst polarisierend zu wirken. Wir machen damit die Welt nicht sozialer, sondern fixieren eher die Zustände, die wir als negativ empfinden.

„Nicht zu urteilen“ ist auch keine Lösung. Damit entziehen wir uns unserer Verantwortung. Es ist durchaus nötig, Stellung zu beziehen.

Die Kunst besteht darin, Urteile nicht absolut, im Sinne von Verurteilungen, zu fällen. Auch ein Nero oder Hitler waren Menschen, die allerdings auf einen Irrweg geraten sind.

Eine polarisierende Urteilsbildung kann vermieden werden, wenn der Entwicklungsaspekt und die gesamte Rahmensituation mit einbezogen wird. Auch wenn jemand verurteilungswürdige Handlungen getan hat, ist es wichtig, sich um ein Verständnis des Betreffenden zu bemühen. Man muss deshalb seine Taten nicht gut heißen.

Die polarisierende Wirkung von Urteilen wird entschärft, wenn es gelingt, in den „negativen Phänomenen“ eine „positive Entwicklungsmöglichkeit“ zu sehen.

Das betrifft sowohl die Aggression und Gewalt, als auch die Depression, Rückzug und Gleichgültigkeit. Diese Dinge lassen sich erst im Zusammenhang mit der Individualisierung und Persönlichkeitsentwicklung verstehen.

1.2 INDIVIDUALISIERUNG UND SOZIALISIERUNG

Der Mensch soll sich zu einer eigenen Persönlichkeit entwickeln. Er hat die Aufgabe sein Ich auszubilden. Er muss sich individualisieren und lernen aus sich heraus zu handeln. Es gilt, sich von dem Umfeld, in das er hineingeboren wurde, ein Stück weit abzusetzen. Dazu gehört es auch, Widerstand zu leisten und sich möglicherweise gegen Vereinnahmungen aufzulehnen. Oft muss er einen fremden Willen abwehren, um seinen eigenen Willen zu finden. Das geschieht durchaus mit einer gewissen Aggressivität und Auseinandersetzungskraft.

In natürlicher und harmloser Weise wird der Individualisierungsprozess in Spielen und Wettkämpfen geübt. Da wird das eigene Ich gespürt und gestärkt. Nach einem Wettkampf bedanken sich die beiden Gegner, dass sie einander die Möglichkeit gegeben haben, ihre Kräfte im spielerischen Kampf zu entwickeln.

Manche Menschen können und wollen nicht spielen. Sie betrachten jedes Spiel und Wettkampf als eine Art reale Gefährdung ihres Ich. Sie glauben ein verlorenes Spiel wäre eine „reale Entwertung“ ihrer Persönlichkeit. Sie entziehen sich dadurch selbst die Möglichkeit, ihr „Ich“ auf ganz alltägliche Weise zu stärken.

Der Individualisierungsprozess kann ins Egoistische und Antisoziale abgleiten. Dann gleitet die Aggression in eine gefährliche, destruktive Richtung ab. Dann möchte der Betroffene tatsächlich seinen Mitmenschen, „nieder zu machen“, schwächen, kontrollieren und beherrschen.

Wenn im Individualisierungsprozess das Soziale ganz aus den Augen verloren geht, führt das zu Verletzung, Ichblockierung und Ichentwertung.

Auch der Sozialisierungsprozess kann destruktiv sein und den Ichwerdungsprozess blockieren. Wenn die soziale Umwelt alles in die Hand nimmt, kann das Individuum selbständig nichts mehr tun. Eine falsch verstandene Sozialisierung wirkt ichzerstörerisch. Gleichmacherei, Fremdkontrolle und Manipulation machen sich breit. Die individuelle Kreativität wird erdrückt.

Der Sozialisierungsprozess in Form der Unterstützung der Mitmenschen ist nicht per se gut. Manche Mutter unterstützt die Unselbstständigkeit ihres Kindes, indem sie ihm alles abnimmt oder meint alles selber tun zu müssen.

Dazu kommt, dass man auch das Falsche unterstützen kann. Jemand, der einen in seiner Drogensucht, Verschwendungssucht, Unehrlichkeit usw. unterstützt, mag für den Betroffenen wie ein Helfer erscheinen und stört doch dessen Persönlichkeitsentwicklung.

Antisoziale Prozesse in Form von Widerstand und Auseinandersetzungen sind nicht generell negativ. Es kann auch antisozial sein, sich nicht zu wehren und etwas zuzulassen. Gegen Angriffe, Übergriffe, Unrecht und Unmenschlichkeit – gleichgültig ob sie einen Mitmenschen oder einen selbst betreffen- gilt es sich zu wehren.

Politisch und gesellschaftlich ist der Individualisierungsimpuls im Westen mehr verbreitet. In den USA ist der Kapitalismus, Liberalismus und das Konkurrenzdenken mehr zu Hause als im Osten. Das Ideal ist der Tellerwäscher, der es zum Millionär bringt. Die Rahmenbedingungen werden so geschaffen, dass sich der Einzelne stärker entfalten kann. Das aber geht oft auf Kosten anderer Mitmenschen. Im Westen herrscht vermehrt die individualistische Überzeugung „Jeder ist seines Glückes Schmied!“

Im Osten lebt mehr der Sozialisierungsimpuls. In Zeiten des kalten Krieges wirkte er gesellschaftlich in der ehemaligen UDSSR in der Form des Kommunismus. Das Ideal war der Held der Arbeit und das Aufopfern des Einzelnen für die Gesellschaft. Durch gleichmacherische Tendenzen wurde der Individualisierungsprozess aber eher verhindert als gefördert.

Der Prozess der Individualisierung und Sozialisierung wird auch in verschiedenen Schöpfungsmythen geschildert. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Verlust der geistigen Welt, der im Zusammenhang mit der Persönlichkeitswerdung (Erschaffung des Menschen) im Vordergrund steht.

Zunächst lebt der Mensch im Paradies mit allen Lebewesen in Harmonie und Frieden. Er ist aufgehoben in einer friedlichen Gemeinschaft. Mit dem Sündenfall, bei dem der Mensch seinen eigenen Willen entwickelt, kommt es zu einer Trennung von der geistigen Welt und einem Gegeneinander der Lebewesen. Unfrieden, Aggressivität und Gewalt, macht sich breit. Der Sündenfall ist aber gleichzeitig die Voraussetzung für eine Menschheitsgeschichte, in der das Ich sich entwickeln kann.

Der Individualisierungsprozess rutscht in einen destruktiven Egoismus, Narzissmus und Aggressivität ab, wenn er nicht in einen Impuls der Liebe und Verbindung verwandelt wird. Dieser Impuls geschieht durch den Christus. Durch ihn wird die egozentrische Verstrickung in eine positive Richtung gelenkt. Die Überwindung des Selbstbezugs zu einer Vereinigung mit der Natur, der geistigen Welt und den Mitmenschen wird wieder möglich. Die Hoffnung nach dem Verlust des Paradieses wieder in eine Welt der Liebe und Harmonie eintreten zu können, wird in dem Bild des „neuen Jerusalems“ beschrieben.

In den Märchen wird der Prozess von Trennung und Verbindung mit etwas anderen Begriffen geschildert. Da gibt es zunächst den geschützten Rahmen eines bestehenden, alten Königreiches. In diese werden die Märchenprinzen und Prinzessinnen hineingeboren.

Nach einiger Zeit wird dieses Königreich bedroht. Der Märchenheld muss es verlassen. Er ist ganz auf sich allein gestellt. Er kann aber ein neues Königreich erwerben, wenn er selbst aktiv wird.

Die Krise (der Nullpunkt) ist nötig, wenn etwas Neues entstehen soll. Die Entwicklungsmöglichkeiten gilt es „ichhaft“ zu ergreifen. Ansonsten bleibt der Betroffene in der Krise hängen.

Mensch ist man nicht - Mensch wird man! In allen Kulturen hat man sich Gedanken über die Entwicklung von Mensch und Erde gemacht, die in den Schöpfungsmythen einen Niederschlag gefunden haben. Jede lebendige Entwicklung birgt Gefahren, aber auch Möglichkeiten und Chancen in sich.

Auch Aggression und Gewalt unterliegen einer Entwicklungsdynamik, die entsprechend ergriffen werden muss.

1.3 ENTWICKLUNGSDYNAMIK DER AGGRESSION

Der Individualisierungsprozess ist die Basis der Aggression und ihrer Verwandlung. Wir bilden unser „Ich“ aus, indem wir lernen uns auseinander zu setzen, Widerstand zu zeigen, zu kämpfen und unsere Fähigkeiten zu entwickeln.

Individualisierung ist verbunden mit dem Erwerb persönlicher Macht. Das beginnt in der Biographie damit, dass das Kleinkind seinen Körper beherrschen lernt. Es beginnt selbständig zu essen, zu laufen und sich zu bewegen oder etwas handwerklich zu gestalten. Mit dieser Selbstständigkeit kann man aber auch jemanden beißen, treten oder schlagen. Mit der Fähigkeit des Sprechens kann man sich mit jemandem verständigen und kommunizieren, man kann ihn aber auch nerven, beleidigen und beschimpfen.

In Aggression und Macht stecken wertvolle Kräfte und Fähigkeiten. In erster Linie sind das Initiative, Schöpferkraft und Gestaltungswille. Diese gilt es aus dem Egoismus heraus in eine überpersönliche Richtung zu lenken.

Das Ich des Menschen entwickelt sich zunächst als „Ego- Ich“. Dabei ist der Selbstbezug ganz selbstverständlich. Erst muss man die Herrschaft über sich selbst gewinnen, wenn man die Umwelt formen will.