Alles begann mit einem Rocksong (Die Rockstars-Serie) - Teresa Sporrer - E-Book

Alles begann mit einem Rocksong (Die Rockstars-Serie) E-Book

Teresa Sporrer

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Beschreibung

Mehr als 150.000 Leser*innen haben sich schon verzaubern lassen! Kunststudentin Charice staunt nicht schlecht, als plötzlich der halbnackte Gabriel Kramer vor ihr steht. Der attraktive Rockstarspross datet ihre Mitbewohnerin und bringt Charice nicht nur mit seinem selbstbewussten Auftreten, sondern auch mit seinem feixenden Charme ganz schön aus dem Konzept. Als sie ausgerechnet wegen ihm ihr Zimmer im Studentenwohnheim verliert, bleibt ihr keine andere Wahl, als in seine verrückte WG aus Rockstars und Künstlerinnen zu ziehen. Und unvermeidlich noch mehr Zeit mit dem Mann zu verbringen, der ihr Herz so aus dem Takt zu werfen vermag …  Es geht weiter mit den sensationellen Rockstars von Teresa Sporrer - gefühlvoll, frech und absolut süffig!  //Dieser Liebesroman überzeugt nicht nur die Fans der »Rockstar-Reihe«. Er kann auch komplett unabhängig gelesen werden und enthält eine in sich abgeschlossene Story. Weitere romantisch-rockige Romane der Autorin: -- Verliebe dich nie als Rockstar (Die Rockstar-Reihe 0) -- Verliebe dich nie in einen Rockstar (Die Rockstar-Reihe 1) -- Blind Date mit einem Rockstar (Die Rockstar-Reihe 2) -- Ein Rockstar kommt selten allein (Die Rockstar-Reihe 3) -- Rockstar weiblich sucht (Die Rockstar-Reihe 4) -- Der Rockstar in meinem Bett (Die Rockstar-Reihe 5) -- Rockstars bleiben nicht zum Frühstück (Die Rockstar-Reihe 6) -- Rockstars küssen besser (Die Rockstar-Reihe 7) -- Rockstars kennen kein Ende (Die Rockstar-Reihe 8) -- Rock'n'Love (Ein Rockstar-Roman) -- Liebe ist wie ein Rocksong (Die Rockstar-Reihe Spin-off) -- Alles begann mit einem Rocksong (Die Rockstar-Reihe Spin-off) -- Die MEGA Rockstars-E-Box: Band 1–8 der Bestseller-Reihe -- ROCKSTARS. Band 1–3 in einer E-Box -- Berührende Rocksong-Romantik im Sammelband (Die Rockstar-Reihe)// Die Rockstar-Reihe ist abgeschlossen. Alle Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden und haben ein abgeschlossenes Ende.

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Teresa Sporrer

Alles begann mit einem Rocksong

**Liebe in der Rockstar-WG**

Kunststudentin Charice staunt nicht schlecht, als plötzlich der halbnackte Gabriel Kramer vor ihr steht. Der attraktive Rockstarspross datet ihre Mitbewohnerin und bringt Charice nicht nur mit seinem selbstbewussten Auftreten, sondern auch mit seinem feixenden Charme ganz schön aus dem Konzept. Als sie ausgerechnet wegen ihm ihr Zimmer im Studentenwohnheim verliert, bleibt ihr keine andere Wahl, als in seine verrückte WG aus Rockstars und Künstlerinnen zu ziehen. Und unvermeidlich noch mehr Zeit mit dem Mann zu verbringen, der ihr Herz so aus dem Takt zu werfen vermag …

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Vita

Playlist

Danksagung

© privat

Teresa Sporrer hegte schon ihr ganzes Leben lang eine große Leidenschaft für Bücher: zunächst als Leserin, später auch als Bloggerin und mittlerweile ist sie selbst eine erfolgreiche Autorin. Ihre Reihe über verwegene Rockstars spielte sich in die Herzen vieler Leser*innen. Neben witzig-romantischen Lovestorys schreibt sie auch Fantasy-Romane über Antihelden wie chaotische Hexen und ruchlose Piraten.

Für alle Fans der Rockstar-Reihe:Danke für alles!

Prolog

Warum kommt mir das nur so bekannt vor?

Ich erinnere mich noch ganz genau an den Tag, an dem ich den Namen Gabriel Kramer zum ersten Mal hörte. Man möge mir bitte verzeihen, dass ich so ungebildet war und noch nie etwas von dem Sohn zweier weltberühmter Rockstars gehört hatte, der selber nichts vorzuweisen hatte, außer dass er sich selber wie ein ach-so-berühmter Rockstar benahm. Nein, Gabriel, du bist kein Rockstar, wenn du mit deiner Gitarre rumrennst und Frauen mit Liebesliedern den Kopf verdrehst. Du bist nur verzweifelt.

Doch wieder zurück zum Thema: Ich hörte Gabriels Namen zum ersten Mal aus seinem eigenen Mund. Als er halbnackt vor mir stand und ich ihm um ein Haar mit meiner Zahnbürste ein Auge ausgestochen hätte.

Dabei hatte der Tag gar nicht mal so schlecht … Okay, der Tag hatte richtig scheiße begonnen.

***

Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt die ganzen vier Wochen Semesterferien im Studentenwohnheim zu verbringen, bis ich erfuhr, dass meine Mutter und mein Vater für drei weitere Wochen im Ausland sein würden.

»Oh, du hast den ganzen Februar frei?«, hatte meine Mutter am Telefon gefragt. »Dein Vater und ich sind aber bis zum Zwanzigsten in Singapur. Wir kommen also nicht vor dem Dreiundzwanzigsten heim.«

»Schon gut.«

Ich hatte es meinen Eltern zwar schon zu Beginn des Semesters gesagt, aber es war nichts Außergewöhnliches, dass sie es inzwischen wieder vergessen hatten. Sie meinten es nicht böse. Sie hatten nur wie immer viel zu tun.

»Was machen denn Matteo und Verona?«, hatte ich mit ein wenig Hoffnung in der Stimme nachgebohrt.

In meiner Hand hielt ich eine kleine Weltkugel. Ein Geschenk, das ich von meinen Eltern zum Studienbeginn bekommen hatte. Dabei handelte es sich um einen etwa tennisballgroßen Lapislazuli mit goldenen Gravuren. Er war teuer, keine Frage, aber er war von noch größerem emotionalem Wert. Ich hatte damit die ganze Welt in meiner Hand.

»Verona ist mit uns in Singapur und Matteo … Hm. Das musst du ihn selber fragen. Wir haben seit zwei Wochen nicht mehr mit ihm telefoniert. Er ist wohl schwer beschäftigt.«

Meine Zwillingsschwester lebte mit meinen Eltern das Globetrotter-Leben. Sie arbeitete als selbstständige Fotografin und Mediendesignerin und wenn meine Mutter für die Arbeit ins Ausland musste, war sie meistens mit Freude dabei. Sie war – bis auf die kreative Ader – das genaue Gegenteil von mir.

Mein großer Bruder machte mal dies und mal das. Mit seinem guten Aussehen, seiner Intelligenz und seinem Charme standen ihm beruflich nahezu alle Türen offen. Ihm war wichtig, dass seine Arbeit ihm nicht langweilig wurde. Dafür schmiss er schon mal drei Jobs und flog um die halbe Welt.

Dann gab es noch mich, Charice Desrosiers, die als erste in der Familie versuchte ein Studium an einem einzigen Ort durchzuziehen und vielleicht sogar dort zu bleiben.

»Du kannst doch schon mal nach Hause fahren«, meinte Mom.

»Kann sie nicht«, hörte ich Dad im Hintergrund einwerfen. »Das Haus haben wir gerade weitervermietet.«

»Kein Problem«, sagte ich und versuchte zu lächeln. Meine Mom konnte mich zwar nicht sehen, aber ich hoffte, dass ich mich dafür nicht so enttäuscht anhörte. »Dann bleibe ich die Ferien hier. Bezahlt habe ich ja dafür.«

»Du verstehst dich doch gut mit deiner Mitbewohnerin, oder?«, fragte meine Mom. »Bleibt sie auch hier?«

»Ja.«

Eigentlich hätte die recht einsilbige Antwort meine Mutter stutzig werden lassen, aber was ich so mitbekommen hatte, steckte sie mitten im Arbeitsstress. Mein Vater murmelte etwas davon, dass er die Dateien für den Beitrag nicht finden konnte, und im Hintergrund hörte ich eine Frauenstimme auf Englisch was von »putzen« und »Zimmer räumen« murmeln.

»Oh wie schön!«, meinte sie nur. »Du, wir schreiben uns später noch, oder? Wir müssen aus dem Hotelzimmer raus und ich finde mein Handy gerade nicht.«

»Das hast du in der Hand. Damit telefonierst du.«

»Oh … Oh! Danke!«, lachte sie. »Dann bis später, mein Schatz.«

»Tsch–«

Sie hatte bereits aufgelegt.

In fast demselben Moment kam meine Mitbewohnerin Naomi herein. Sie sah mich kurz mit purem Desinteresse in den dunkelbraunen Augen an, bevor sie so tat, als wäre ich nicht anwesend. Sie hatte Kopfhörer in den Ohren und telefonierte mit irgendjemandem.

»Heute treffe ich ihn wieder!«, erzählte sie der Person aufgeregt. Mir hatte sie ja den Rücken zugedreht. »Was soll ich bloß anziehen?«

Ich verdrehte die Augen.

Sie bandelte gerade mit irgendeinem Kerl an, der ihr bei dem ersten Treffen gleich mal ein Ständchen auf der Gitarre komponiert hatte.

Sie fand es süß.

Ich fand es total daneben.

Überlegt doch mal: Naomi hatte ihn in einem Club kennengelernt. Wer hatte da seine Gitarre dabei? Er war sicher nicht als Musiker auf der Bühne aufgetreten, sonst hätte Naomi noch leidenschaftlicher von ihm geschwärmt.

Fazit: Er hatte nur versucht jemanden auf eine sehr plumpe Weise aufzureißen und Naomi war ihm blindlings in die Falle getappt.

Wären wir befreundet, hätte ich sie vielleicht darauf hingewiesen oder wäre sogar mitgegangen, um ihren ominösen Verehrer genau unter die Lupe zu nehmen.

Aber so … Sie lebte ihr Leben und ich meins. Wenn ich mich einmischte, würde sie mich nur anblaffen oder noch schlimmer: einfach gar nicht reagieren. Darum blieb ich still auf meinem Bett sitzen und beobachtete meine Mitbewohnerin dabei, wie sie ihren Kleiderschrank ausräumte.

»Was denkst du, was ihm gefallen würde?«, fragte Naomi und knipste ein paar Fotos. »Er ist ein Rockstar. Da würde schwarz ganz sicher passen, aber ich habe nichts Schwarzes im Kleiderschrank!«

Ich schnaubte entnervt.

Ihr Date war mal ganz sicher kein »Rockstar«, sondern mit Sicherheit nur ein Kerl mit einer Gitarre, der in der Grundschule Gitarrenunterricht gehabt hatte und mit dreizehn eine Band in der Garage seiner Eltern gegründet hatte, um Mädchen zu beeindrucken. Jetzt war er arbeitslos und lebte immer noch in seinem alten Kinderzimmer.

Das war genau der Typ Mann, den auch meine Schwester Verona bevorzugte, und sich dann immer wieder beschwerte, warum die Beziehung nicht lange hielt.

Ich biss mir auf die Lippen, damit ich meine Gedanken nicht laut aussprach. Kurz dachte ich auch daran, Naomi ein Kleid aus meinem Schrank für das Date anzubieten. Denn ich besaß eigentlich nur schwarze Klamotten. Das hatte vielerlei Gründe. Schwarz passte einfach zu jedem Anlass: Uni, Einkaufen, Date, na gut, außer vielleicht auf Hochzeiten, aber ich war ohnehin noch nie auf einer eingeladen gewesen. Schwarz war zudem immer modern. Und auf Schwarz sah man meistens keine Farbkleckse, wenn ich mich beim Malen wieder zu sehr ausgetobt hatte. Außer ich packte die Acryl- oder Ölfarbe aus. Dann konnte ich die Sachen gleich in die Tonne schmeißen.

»Ja klar ist die auch da«, sprach Naomi dann in ihr Telefon. »Aber warum sollte die mitgehen?«

Mir war sofort klar, wen Naomi mit »die« meinte.

Dieses Mal biss ich mir noch mehr auf die Lippen. Ich hörte nicht einmal auf, als ich warmes Blut in meinem Mund schmeckte.

Als ich mich für das Diplomstudium Bühnengestaltung an der Universität in Salzburg eingeschrieben hatte, hatte ich lange überlegt, ob ich mir im Studentenwohnheim ein Einzel- oder Doppelzimmer zulegen sollte. Letztendlich war ich über meinen Schatten gesprungen und hatte das Doppelzimmer und eine mir unbekannte Mitbewohnerin gewählt. Ich dachte, dass es ganz lustig werden konnte und ich nicht nur Geld sparen, sondern vielleicht auch eine neue Freundin finden würde.

Mann. Wie dumm war ich eigentlich?

Anfangs hatten Naomi und ich noch versucht uns miteinander anzufreunden. Sie war nur ein Jahr älter als ich und ebenfalls im ersten Semester, weil sie ein Jahr als Au-pair in Neuseeland gearbeitet hatte.

Aber schon am ersten Abend waren wir leicht aneinandergeraten. Dabei wollte ich zum Abendessen nur Pizza bestellen.

»Oh, ich esse nichts mit Kohlenhydraten«, hatte sie mir erklärt, während ich von einer schönen Pizza mit Käse und Schinken träumte. »Oder was aus tierischen Produkten gewonnen wird. Die Zeit in Neuseeland hat mich komplett verändert.«

Daraufhin hatte sie einen Smoothie-Mixer ausgepackt, der mehr Lärm als ein Betonbohrer von sich gab, und sich irgendeinen Saft gemixt, dessen Geruch allein mir den Appetit genommen hatte.

»Aber du kannst dir ja eine Pizza gönnen«, hatte sie später angemerkt und die Nase gerümpft. »Solange du an die armen Tiere denkst, die wegen deines Konsumverhaltens ausgebeutet werden.«

Ich hatte mir nie vorstellen können, dass man Pizza wie ein Schimpfwort aussprechen konnte, aber Naomi war in der Lage, alles wie eine Beleidigung klingen zu lassen.

Der richtige Clinch kam dann aber ungefähr einen Monat nach Semesterstart. Ich hatte mich von Naomi überreden lassen, mit ihren Studienkolleginnen auf eine Party für Erstsemester zu gehen. Sie hatte bereits einige Freundinnen gefunden, während ich froh war, wenn ich überhaupt meinen Kursraum fand und nicht zehn Minuten zu spät kam und mich stammelnd entschuldigen musste.

Als wir alle ein paar Drinks intus hatten, kam irgendwann die Sprache auf mein Studium.

»Bühnengestaltung«, hatte ich geantwortet und dabei sogar leicht gegrinst. Ich war mir am Anfang noch unsicher gewesen, ob das Studium zu mir passte, aber von Lehrveranstaltung zu Lehrveranstaltung schwand die Unsicherheit.

»Bühnengestaltung?«, hatte Naomi gegrinst. Sie wollte mich vor ihren Freundinnen blöd hinstellen. »Braucht man so etwas heutzutage überhaupt noch? Ich meine … Im Kino gibt es geile Effekte wie CGI.«

»Und du studierst auch nur Politikwissenschaft, damit du dir in einem Kurs einen reichen Typen aufreißen kannst«, dachte ich mir im Stillen.

Zumindest hatte ich gedacht, dass ich es nur in meinen Gedanken ausgesprochen hatte. Doch als ich in die Runde geblickt hatte, hatten mich alle mit weit aufgerissenen Augen angeglotzt und Naomis Mund war wutverzerrt gewesen.

Ja, das war es.

Ich kam nicht mit anderen Menschen klar und andere Menschen taten sich auch schwer mit mir.

Für das nächste Wintersemester hatte ich mir schon ein Einzelzimmer reservieren lassen. Blöderweise musste ich es noch ein ganzes Semester mit Naomi aushalten, da es Engpässe in der Zimmerverteilung gab. Wie es aussah, waren Einzelzimmer sehr beliebt.

»Weißt du was?« Naomis Stimme holte mich wieder in die Gegenwart zurück. »Ich kauf mir jetzt noch ein hübsches Kleid für heute. Kannst du in einer Stunde in der Altstadt sein? Ich brauch ein Outfit, das Gabriel umhaut!« Kurze Stille. Naomi bedachte mich erneut keines Blickes, als sie die Wohnung wieder verließ. Die vielen Klamotten, die allesamt ihre Eltern finanziert hatten, lagen immer noch auf ihrem Bett rum.

In mir keimte die Wut wegen Naomis Verachtung immer noch. Na gut, dann würde ich heute auch mal ausgehen und wer weiß? Vielleicht ließ ich mir auch mal von einem Jungen mit Gitarre den Kopf verdrehen?

***

Ein paar Stunden später lag ich im Bett. In meinem Bett. Neben mir befand sich etwas Warmes, das himmlisch duftete. Hmm, die Pizza vom Lieferservice war immer noch warm.

Ich riskierte einen Blick auf mein Handy-Display: Es war kurz nach drei Uhr nachts.

Nun war also Tag zwei meiner Ferien angebrochen. Die App auf meinem Handy zeigte an, dass ich in den letzten Tagen gerade mal sechshundert Schritte getan hatte. Und das Traurige daran war, dass vorgestern Nacht wohl wieder jemand im Suff geduscht und die Tür zur Dusche offengelassen und somit den Feueralarm ausgelöst hatte. Ich liebte ja an den Badezimmern im Heim, dass es keinen Dunstabzug gab und man dort hübsch Schimmel züchten konnte. Wenn ich deswegen meinen Arsch nicht aus dem Zimmer bewegt hätte, wären es sicher noch weniger Schritte gewesen …

Ich weiß. Ich hatte vor wenigen Stunden noch vorgehabt auszugehen. Ich hatte mich sogar eine halbe Stunde lang aufgebrezelt, bis ich gesehen hatte, dass Netflix ein paar neue Filme hochgeladen hatte. Innerhalb weniger Augenblicke hatten sich meine Haare in einen lockeren Dutt verwandelt und ich hatte meine zwei Nummern zu große Schlafhose über meinem Partykleid an. Spontan konnte ich noch mein ganzes Leben lang sein. Es war mal wichtiger, dass ich Naomis Abwesenheit nutzte und mir ohne schlechtes Gewissen eine Pizza mit Extra-Käse bestellte.

Ich schlüpfte aus dem Bett. Naomi war immer noch nicht zurückgekehrt. Wahrscheinlich hatte sie Erfolg bei Gabriel gehabt und schlief bei ihm.

Mir war etwas schwindelig, als ich barfuß ins Bad tapste. Ich hätte die Finger von dem chinesischen Energy-Drink lassen sollen, da ich das Etikett nicht lesen konnte. Aber darauf waren Drachen abgebildet worden und wenn etwas ein schönes Design hatte, konnte ich einfach nicht Nein sagen.

Beim Zähneputzen hörte ich dann die Geräusche. Im Studentenwohnheim hörte man dank der dünnen Wände andauernd jemanden rumpoltern, aber das war anders. Es kam direkt von der Zimmertür. Aber es war nicht so, als würde jemand die Tür mit einem Schlüssel aufschließen, sondern es hörte sich ganz danach an, als würde jemand gewaltsam eindringen wollen. Immer wieder schlug etwas stumpf gegen die Zimmertür.

Bei den ganzen Feierwütigen am Ende des Semesters war es gar nicht mal so abwegig, dass jemand die Eingangstür offengelassen und somit einen Einbrecher eingeladen hatte.

Und ich Idiotin hatte meine Zimmertür auch nicht verschlossen.

Verdammt! Mein Handy lag auch noch auf dem Bett!

Mein Angriffsmodus war aktiviert. Ich schaltete das Licht im Bad aus und spähte aus der Tür. Ich umklammerte meine Zahnbürste wie ein Messer. Notfalls würde ich dem Dieb die Bürste ins Auge rammen und dann aus dem Zimmer flüchten.

Das war zumindest mein Plan gewesen.

Die Zimmertür wurde aufgerissen und ich konnte aus dem Bad heraus erkennen, dass es zwei Gestalten waren – und dass sie keine Einbrecher waren.

Naomi stöhnte laut, als sie sich an der zweiten Gestalt rieb. »Meine Mitbewohnerin ist eh nicht da.«

»Genau. Ich bin nicht da«, murmelte ich in meinem Versteck hockend.

»Mein Bett ist voll mit meinen Klamotten. Ich wollte nämlich perfekt für dich aussehen. Aber ihres …«

»Ihr treibt es jetzt nicht auf meinem Bett!«, schrie ich und stürmte aus dem Bad. Die Zahnbürste hatte ich drohend erhoben.

Mit dem Drücken des Lichtschalters erhoffte ich mir die kuschelige Atmosphäre zwischen Naomi und ihrem Macker zu zerstören.

Naomis Kerl und ich starrten uns eine ganze Weile perplex an: er, weil ich sicher gerade wie frisch aus dem Mülleimer gefischt aussah und ich, weil sein Nippelpiercing im Mondlicht wie zwei winzige Perlen glänzte.

Ja, richtig gehört: Ich war übernächtigt und etwas schlecht gelaunt, als ich die Brust von Gabriel Kramer wegen seines außergewöhnlichen Piercings eingehend musterte.

Ich fragte mich, warum man sich an so einer Stelle piercte. Das sah ja kaum ein Mensch. Aber warum trug er jetzt schon kein Hemd mehr?!

»Hey, meine Augen sind hier oben«, sagte Gabriel und gab ein raues Lachen von sich. »Toll, das endlich selber mal sagen zu dürfen.«

Ich konnte mich dank des blöden Spruches endlich vom Piercing losreißen. Vor mir stand ein zugegebenermaßen attraktiver Mann mit wuscheligen schwarzen Haaren und blauen Augen.

Er sah aus wie einer dieser Typen, der in den Neunzigern in der Grunge-Ära oder in den Emo-Zeiten der Nuller Jahre stecken geblieben war.

Es gab ja auch diese österreichische Band, in der der Leadsänger erschreckende Ähnlichkeit mit Gabe hatte. Verona hatte mal ein Poster von dem Lead-Sänger in ihrem Zimmer hängen gehabt, als wir uns ein Semester lang ein Zimmer im Internat geteilt hatten. Einmal hatte ich sie erwischt, wie sie mit dem Abbild rumgeknutscht hatte. Es hatte mich ein wenig traumatisiert, als ich gesehen hatte, wie meine Zwillingsschwester der Wand einen Zungenkuss geben wollte.

»Hi!« Gabriel grinste mich breit an und streckte seine Hand aus. »Ich bin Gabriel Kramer.«

Auf einmal stand er nicht mal eine Handbreit von mir weg und beugte sich zu mir runter.

»Du hast ja krasse Augen!«, staunte er mit offenem Mund.

Mein rechtes Auge war hellblau, mein linkes hellbraun.

»Wie heißt du?«, fragte mich Gabriel mit einem leichten Lächeln um die Mundwinkel.

»Charice.«

»Wie?«

»Charice.«

»Kannst du das buchstabieren?«

»C-H-A-R-I-C-E.«

»Ist das japanisch?«

»Französisch.«

»Bist du Französin?«

»Ja.«

Ich war zumindest in Frankreich geboren worden. Es war Jahre her, dass ich dort gewesen war.

»Parlez-vous français?«

»Ja.«

»Heißt das nicht ›Qui‹?«

»Ja.«

»Schreibt man das ›E‹ in Charice mit Akzent so wie in Pokémon?«

»Nein.«

»Gibst du auch Antworten, die mehr als nur ein Wort umfassen?«

»Ja.« Ich lächelte. »Nur nicht dir.«

Dieses Mal bereute ich nicht, dass ich so harsch zu jemanden war. Gabriel war verdammt unverschämt.

Jedoch grinste er mich nur begeistert an. »Schade.«

Naomi stellte sich neben Gabriel. »Was geht hier ab?«, fragte sie genervt. Wobei das schwer zu sagen war, da sie immer genervt war.

Das fragte ich mich auch gerade.

»Ich lern gerade Char … Charlize?«

»Charice.«

»Char hört sich besser an«, beschloss er kurzerhand. »Es ist kurz und ich kann es mir besser merken.«

Naomi stellte sich zwischen Gabriel und mich. Sie ließ ihre Finger über die Tattoos an seinen Armen und über seine nackte Brust gleiten. »Lass uns zu dir gehen, Gabriel«, schnurrte Naomi verführerisch.

»Willst du vielleicht mitmachen?«

»Hm?« Ich brauchte etwas, um Gabriels Worte zu kapieren: Das Date meiner Mitbewohnerin, das ich gerade einmal vier Minuten kannte, fragte mich, ob ich Lust auf einen Dreier hatte.

Ich fing an zu kichern. »Ich muss ja gestehen …«

Gabriel war attraktiv, aber das Blöde war, dass Gabriel selber wusste, wie er auf Frauen wirkte.

Ich war in diesem Moment so sauer, so blind vor Wut, dass ich Naomi mit einem Hüftschwung wegschubste und mich selber an Gabriels Brust warf.

»Ich muss ja gestehen, …«

Unter Naomis giftigem Blick streichelte ich mit den Fingern über Gabriels Wange und zog seinen Kopf näher an mich heran.

»Dass ich dich für einen absolut unverschämten Idioten halte!«

Dann schnellte ich mit den Kopf nach vorne. Eigentlich wollte ich ihm nur eine ordentliche Kopfnuss verpassen. Ich fand es äußerst unangebracht, ihm zwischen die Beine zu treten und ihm damit richtig wehzutun. Er sollte nur verstehen, dass er nicht jedes weibliche Wesen so bezirzen konnte, dass sie sich den BH vom Leib riss.

Ich dachte zumindest, dass ich ihm nur ein bisschen wehtun würde, aber dann vernahm ich ein wahnsinnig ekelerregendes Geräusch. Alles wurde auf einmal rot. Rot, das aus Gabriels Nase quoll, über seine Brust lief und den Teppichboden vollsaute.

»Du hast ihm die Nase gebrochen!«, kreischte Naomi. »Hast du sie nicht mehr alle?!«

»Scheiße!«, war Gabriels Reaktion darauf. »Nicht schon wieder.« Er hielt sich die Hand vor die Nase. »Ich geh dann mal ins Krankenhaus.«

»Warte, Gabriel!«, rief Naomi. »Ich geh mit, mein armes Baby.«

Ich war in einer solchen Schockstarre, dass ich nicht einmal einen blöden Spruch wegen dem »armen Baby« loslassen konnte.

Ich hatte einem Menschen wehgetan. Ich hatte jemandem die Nase gebrochen!

»Du bist das Letzte!«, zischte mich Naomi an, als sie Gabriel am liebsten aus dem Zimmer tragen wollte.

Ich tat das Einzige, was ich als verantwortungsvolle Erwachsene noch tun konnte: Ich rannte in mein Zimmer, zog die Decke über den Kopf und rollte mich im Bett zusammen. Doch mein schlechtes Gewissen ließ mich die ganze Nacht nicht zur Ruhe kommen.

1. Kapitel

All-you-can-Gabriel

Niemals hätte ich gedacht, dass mein Verhältnis zu Naomi noch eisiger werden konnte, aber natürlich machte die gebrochene Nase ihres Dates alles noch viel schlimmer.

Dabei wollte ich mich sogar bei Gabriel entschuldigen. Am Tag nach dem Vorfall hatte ich meine Mitbewohnerin freundlich und vor allem vorsichtig nach Gabriels Telefonnummer gefragt. Mir tat ihr Date ja wirklich leid. Einerseits wegen der Nase und andererseits, weil er mit Naomi ausgehen wollte. Doch statt meine Bemühungen wertzuschätzen, hatte sie mir furchtbare Dinge an den Kopf geworfen, was ich mir natürlich nicht hatte bieten lassen. Das war in einen solchen Streit eskaliert, dass sogar die Heimaufseherin aufgetaucht war und versucht hatte zu vermitteln. Diese war allerdings im neunten Monat schwanger und die drei Stockwerke nach oben hatten sie schon völlig ausgepowert. Außer viel Geschnaufe hatte sie nicht viel kommuniziert. Naomi hatte daraufhin aber ein paar Sachen gepackt und war aus der Wohnung gestürmt. Die letzten zwei Tage hatte Naomi bei einer Studienkollegin geschlafen und heute würde sie nach Hause fahren und erst wiederkommen, wenn das neue Semester startete.

Fast hätte ich mich darüber gefreut. Wäre da nicht noch die Sache mit Gabriel Kramer, dem Sohn der bekannten Rockstars Zoey und Alex.

Ich hatte versucht Gabriels Telefonnummer oder Adresse im Internet rauszusuchen, um mich bei ihm höflich zu entschuldigen. Vielleicht hatte er ja einen Blog oder seine Band eine Homepage, hatte ich mir gedacht. Dabei war es mir dann Link für Link klarer geworden: Naomis Date war tatsächlich der Sohn der bekannten Rockstars! Das Pärchen hatte bereits im Teenageralter Weltruhm erlangt. Ihre Familie und ihre Freunde waren nicht weniger bekannt.

In meinen Kleiderschrank hatte ich ein Kleid von Maria Morgan hängen. Sie war eine der besten Freundinnen von Zoey. Mein Bruder hatte als Kind immer die »Let’s Plays« von Marias Mann Christian zusammen mit Zoeys Bruder Ian geschaut. Und meine Schwester hatte mit dem Alex-Poster rumgeknutscht. Zudem hatte sie Fan-Fiction über Alex mit seinem besten Freund und Schwager Brandon verschlungen.

Ich sah mich schon in miesen Fernsehprogrammen auftreten mit dem Untertitel: »Ich habe einem Z-Promi die Nase gebrochen, nun ist mein Leben ruiniert«. O Gott, hoffentlich wurde ich selber nicht zum Z-Promi. Ich hatte keine Lust auf Bachelor, Dschungelcamp oder – Gott bewahre! – Dancing Stars.

Jeden Tag konnte ein böser Brief von Gabriels Anwalt reinflattern.

Um mich etwas abzulenken hatte ich einen gratis Kunst-Workshop der Stadt Salzburg besucht. Da das Zimmer im Studentenwohnheim viel zu klein war, konnte ich nicht einmal eine ordentliche Staffelei aufstellen. Bei solchen Workshops konnte ich mich außerhalb der Seminare etwas austoben. Blöderweise hatte ich nicht ordentlich gelesen und war in einem Kurs für Schüler gelandet. Aber die Veranstalter waren so nett gewesen und hatten mich trotzdem mitmachen lassen. Die Kinder hatten bunte Blumenwiesen und m-förmige Vögel gemalt; ich hatte passend zu meiner düsteren Stimmung ein paar grobe Tintenskizzen angefertigt. Ein Mädchen, das mir immer neugierig über die Schulter geschaut hatte, hatte am Ende wegen meiner Kunst geheult. Ich wusste nicht, ob das nun gut oder schlecht war …

Mein Bild hatte ich vorsichtig in Packpapier eingewickelt, damit keine einzige Schneeflocke auch nur einen Strich verwischte.

So kehrte ich mit dem Bild, einem leeren Magen und völlig durchgefroren irgendwann am Nachmittag ins Wohnheim zurück. Wenn ich zeichnete, vergaß ich gern mal das Essen und Trinken. Ich würde sogar das Atmen vergessen, wenn meine Lungen das nicht automatisch machen würden.

Wenn Naomi ohnehin nicht da war, konnte ich das Bild vielleicht sogar aufhängen. Vorausgesetzt ich schaffte es einen Nagel gerade in die Wand zu schlagen.

Mir fiel sofort auf, dass unsere Zimmertür einen Spalt offenstand. War Naomi etwa zurückgekommen? Draußen lag etwas Schnee und es schneite seit gestern Abend konstant vor sich hin. So wie ich die österreichischen Bundesbahnen kannte, konnte da schon mal locker der ganze Bahnverkehr flach liegen.

Normalerweise hätte ich jetzt vorsichtshalber zum Pfefferspay gegriffen oder hätte die Situation länger beobachtet. Wenn man wie ich schon fast überall auf der Welt einmal gelebt hatte – inklusive einiger echt übler Orte – wurde man eben bereit. Darum hatte ich schon fünf Selbstverteidigungskurse besucht und sogar mal selbst einen Krav-Maga-Kurs für Anfänger geleitet. Zum Glück hatte ich nie auf mein Wissen und Können zurückgreifen müssen – bis auf das eine Mal, als ich ausgerechnet Gabriel Kramer die Nase gebrochen habe. Aber irgendwie wiederholte ich mich da.

Wie schon gesagt, normalerweise hätte ich anders reagiert, aber … O Himmel! Es duftete so herrlich nach Essen. Ich war so ausgehungert, dass ich ohne weiter nachzudenken in das Zimmer stürmte.

Mitten im Zimmer stand eine große schwarze Gestalt, welche ein riesiges Messer in der Hand hielt. Ein kleiner Schrei schlüpfte durch meine Lippen, bis ich das Essen auf dem Tisch erblickte.

Durch das Kreischen drehte sich die Person um. Es war tatsächlich nur Gabriel, der eine durchscheinende, aber doch auffällige Schiene mitten im Gesicht hatte.

Sofort bekam ich wieder ein schlechtes Gewissen. Irgendwie hatte ich ja noch gehofft, dass Gabriel nur Nasenbluten bekommen und Naomi übertrieben hatte.

»Gabriel? Was machst du hier?«

»Cha… Charizard!«

»Charice«, verbesserte ich ihn seufzend.

»Char!«, freute er sich. »Ich darf dich ja weiterhin Char nennen, oder?«

Seine Stimme klang etwas nasal. Wahrscheinlich kam das vom Nasenbruch.

»Was machst du hier?«, wiederholte ich mich.

Mein Blick fiel auf den mit Essen gedeckten Tisch.

Das Heimzimmer war spärlich eingerichtet: Es gab zwei Betten, zwei Regale und zwei Schränke. Das Badezimmer, den Fernseher und einen Schreibtisch musste ich mir mit Naomi teilen. Die Küche sogar mit der ganzen Etage.

Nun hatte Gabriel den Schreibtisch fast schon festlich gedeckt: Er hatte über den hässlichen Holztisch eine dunkelrote Tischdecke geworfen. Ein paar langstielige Kerzen standen auch noch drauf. Ich konnte sogar bis zu mir rüber den leichten Vanilleduft riechen. Dazu kam der Rosengeruch von den Blütenblättern, die er auf dem Tisch verteilt hatte.

Irgendwie war das ja total süß. Wie ich etwas beschämt zugeben musste, war ich in dem Moment sogar richtig neidisch auf Naomi. Egal, was Gabriel da in den Töpfen versteckte. Es roch so gut, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief.

»Ich wollte Naomi überraschen«, erklärte er mir. »Wir hatten nach unserem letzten Date kaum Kontakt miteinander.«

»Naomi ist aber nicht mehr da.«

»Wie meinst du das?«, fragte er mich verdutzt.

»Sie ist heute nach Hause gefahren.«

Gabriel nahm sein Handy aus seiner Hosentasche und runzelte kurz die Stirn. »Scheiße«, fluchte er dann. »Mein Handy ist schon so alt, es hat sich durch die Kälte vollständig entladen. Ich habe nicht mal gemerkt, dass es sich ausgeschaltet hat. Naomi ist also weg?«

Ich nickte.

Vorsichtig legte ich mein Bild auf mein Bett und schlüpfte erst danach aus meinem Wintermantel und den warmen Schuhen.

Ich erwartete, dass Gabriel seine Sachen wieder zusammenpackte, stattdessen fragte er mich locker: »Willst du dann mit mir essen?«

»Wie bitte?« Ich starrte den jungen Mann verblüfft an. »Ich habe dir die Nase gebrochen.«

»Ich weiß.« Er lächelte mich an, dann verzog er sofort das Gesicht. »Oh, das tat jetzt weh.«

»Willst du mich nicht verklagen?«

Jetzt war es wieder an Gabriel erstaunt zu sein. »Wegen was denn?«

»Wegen der Nase!«, schrie ich schon fast. »Ich habe dir das Nasenbein gebrochen, oder? Das muss höllisch wehgetan haben und du wirst jetzt noch einige Zeit darunter leiden.«

Gabriel seufzte. »Meine Schwester hat mir bereits mit acht die Nase gebrochen. Meine Cousine mit dreizehn, als sie meinte, mich von hinten anspringen zu müssen. Jetzt mit achtzehn war es irgendwie klar, dass es wieder passieren musste. Aber ich hatte auf meinen Schwager als Täter und eins seiner Bücher als Tatwaffe getippt.« Tatsächlich schien Gabriel seine Lockerheit bezüglich seiner Verletzung nicht zu spielen. Er deutete auf einen Stuhl. »Setz dich doch.«

Ich war drauf und dran sein Angebot auszuschlagen, einfach weil ich mich nicht wohl dabei fühlte, als mein Magen so laut knurrte, dass es sogar Gabriel hörte. Er grinste mich nur an.

»Schnell, ich habe gerade etwas gehört, das nach einem wütenden T-Rex geklungen hat«, spaßte Gabriel. »Nicht, dass er dich auffrisst.«

»Haha.« Ich verdrehte die Augen. »Ich habe heute noch keine Zeit zum Essen gehabt.«

Obwohl ich mich unwohl fühlte, setzte ich mich an den Tisch. Wenn ich noch länger hungern würde, wäre das noch viel unangenehmer.

»Was hast du denn gemacht?«

»Ich war in einem Zeichenworkshop für Kinder.«

»Du hast den geleitet?«

»Nein, ich habe überlesen, dass es nur für Kinder ist.« Ich seufzte schwer. »Ich bin manchmal ziemlich zerstreut.«

»Dann zeichnest du gerne? Bist du eine Künstlerin?«, wollte Gabriel neugierig wissen. »Studierst du das?«

Bevor ich antworten konnte, setzte mir Gabriel den ersten Gang vor.

»Blattsalat mit buntem Gemüse und Obst mit Joghurtdressing«, erklärte er mir. Es folget gleich der nächste Teller. »Rindssuppe mit herzhaften Profiteroles und Wurzelgemüse.«

Ich nahm mal an, dass die Teigstückchen in der Suppe diese Profi-irgendwas waren. Wo Gabriel das Zeug gekauft hatte? Es sah fast wie selbstgemacht aus. Aber jemand wie er, mit so berühmten Eltern, hatte sicher genug Geld sich das Zeug von einem Profikoch vorkochen zu lassen.

»Ich studiere Bühnengestaltung und oh …« Ich schloss die Augen. »O Gott! O Gott, ist das gut.«

Ich war zumindest so höflich gewesen mit dem Essen so lange zu warten, bis Gabriels Hintern den Stuhl berührte. Dann fiel ich aber schon über die Suppe her. Und es schmeckte einfach so so gut. Es war Jahre her, dass ich etwas so Leckeres gegessen hatte. Das Essen im Internat war zwar nicht schlecht gewesen, aber auch nicht gut.

In meinem eher neuen Studentenleben gab es meistens Sachen, die schnell gingen, wie Pizza aus der Tiefkühltruhe, Nudeln mit Pesto aus dem Glas und natürlich alles, was man im Vorbeigehen kaufen und essen konnte.

Als ich die Augen öffnete, sah ich Gabriels breit grinsendes Gesicht vor mir. War ja klar, dass ihm das gefiel.

»Sorry«, nuschelte ich und löffelte schnell die Suppe weiter.

Hoffentlich kam jetzt kein blöder Spruch.

»Glaub mir«, sagte er. »Solche Ausrufe höre ich oft, sehr oft.«

Ich hob den Kopf und starrte ihn böse an.

Er hielt sich beide Hände vors Gesicht. »Aber brich mir nicht schon wieder die Nase.«

»Entschuldigung«, sagte ich – und meinte es todernst. »Aber warum fragst du auch so etwas Bescheuertes?«, wollte ich wissen. »Denkst du, dass jede Frau mit dir ins Bett steigt, wenn du mit deinen Tattoos halbnackt vor ihr rumwackelst?«, geigte ich ihm mal ordentlich die Meinung. »Nur weil du gut aussiehst und stinkreich bist.«

»Ich bin nicht stinkreich«, stritt Gabriel ab. »Warum denkst du …« Er grinste sofort wieder. »Hast du mich gegoogelt oder wusstest du schon vorher, wer meine Eltern sind?«

»Gegoogelt«, murmelte ich schon fast in die Suppenschüssel. »Obwohl ich natürlich schon mal von deinen Eltern gehört habe.«

»Im Netz sind ein paar echt gute Fotos von mir«, sagte Gabriel nur. »Hast du dir eins ausgedruckt? Vielleicht sogar auf ein Kissen?«

»Nein.«

»Na komm, lächele doch ein wenig für mich, Char.«

Meine Mundwinkel wanderten noch weiter nach unten.

Es war ja ganz nett von Gabriel, mich zum Essen einzuladen, und das, obwohl ich ihm die Nase gebrochen hatte, aber ich würde trotzdem nicht zu einem seiner Fangirls mutieren. Jungs wie Gabriel, denen so extrem bewusst war, dass sie mit ihrem Aussehen und ihrer Art Frauen um den Finger wickeln konnten, waren gefährlich. Und wenn ich auf etwas keinen Bock hatte, dann waren das Probleme mit Männern.

Gabriel fuhr sich mit einer Hand über den Nacken. »Um auf deine Frage zurückzukommen. Du hattest damals ein schickes Abendkleid unter dem Pyjama an und dein Make-up war verschmiert. Dein Freund oder dein Date hat dich sitzen lassen, oder?«

»Äh, nein.«

»Nein?«

»Ich wollte eigentlich ausgehen, aber Netflix hat mich daran gehindert.« Ich zuckte mit den Schultern. »Kommt doch vor.«

Das kam bei mir zumindest oft vor.

»Dann hat dich niemand versetzt?«

»Wenn man niemanden datet, kann einen auch keiner versetzen«, stichelte ich. »Warte … Du wolltest, dass ich mit dir Sex habe, weil du dachtest, dass ich niedergeschlagen bin?«

»Sex mit mir bewirkt wahre Wunder«, klärte mich Gabriel auf. »Belegt sind die Heilung von Kopfschmerzen, Bauschmerzen und natürlich von schlechter Laune.«

Gabriel grinste schelmisch.

Sollte ich ihn jetzt etwa anlächeln? Er und sein angeblicher Wunderpenis verdienten nicht einmal eine hochgezogene Augenbraue.

»Also sollte ich mit dir und deiner Freundin ins Bett?«

»Ich date Naomi erstmal. Ich weiß noch nicht, ob ich eine Beziehung mit ihr will«, erzählte er mir.

Vielleicht besaß Gabriel mehr Grips, als ich ihm zugetraut hätte. Trotzdem …

»Also ist sie nur eine Fickbekanntschaft für dich?«

»Ich denke nicht immer an Sex, Char«, sagte er ernst.

Mein Blick fiel auf die Kondome auf dem Tisch. Wahrscheinlich hatte er sie für Naomi mitgebracht und während seiner Vorbereitung ausgepackt. Jetzt zeugten sie stumm davon, dass er zumindest oft genug an Sex dachte.

»Gut. Ich habe gedacht, dass heute zwischen Naomi und mir was läuft«, gab er ungeniert zu. »Das kann ich ja knicken. Soll ich dir ein Ballontier aus einem Kondom basteln?«

Er riss eins auf.

»Warum?«, fragte ich.

»Ich will nur, dass du mich magst, Char«, erklärte er mir.

Auch wenn ich mich wiederholte: »Warum?«

»Warum nicht?«, grinste er. »Ich finde dich nett und da wäre es ja nur fair, wenn du mich auch mögen würdest.«

»Das Leben ist aber nicht fair, Gabriel.«